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Full text of "Bericht Der Lehranstalt Für Wein , Obst Und Gartenbau Zu Geisenheim A. Rh. V. 1903 1905"

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Bericht 


der 

Königl. Lehranstalt für Wein-, 
Obst- und Gartenbau 

ZU 

Geisenheim a. Rh. 


für das Etatsjahr 1903 

erstattet von dem Direktor 

Prof. Dr. Julius Wortmann. 



BERLIN. 

Verlagsbuchhandlung Paul Parey. 

Verlag für UadatrtMhiA, Oft—beq oad Fentw— mm. 

SW., Hedemannstraft*« 10. 

1904 . 


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Übersetzunirsrecht Vorbehalten. 


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Inhalt 


I. Sehulnaehrichten. 

Seite 

1. Veränderungen im Lehr- und Beamten personal. 1 

2. Frequenz. 2 

3. Chronik. 4 

4. Ausflüge und Studienreisen. 6 

5- Periodische Kurse. 8 

6. Gesellige Vereinigungen der Lehrer und Schüler. 9 

7. Bauliche Veränderungen. 9 

8. Neuerwerbungen. 9 

9. Bibliothek, Sammlungen; Geschenke.10 

II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 

A. Weinbau. Von Weinbaulehrer Seufferheld. 12 

Bericht der Reben Veredelungsstation Eibingen-Geisenheim. Von Assistent 

Zs JÜUg. 20 

B. Obstbau. Von Obergärtner E. Junge.f)2 

Bericht der Obst Verwertungsstation. Von Obergärtner E. Junge . . . 04 

C Gartenbau. Von Garteninspektor Glindem ann.70 

I. Pflanzenkulturen.70 

II. Obsttreiberei. ... 75 

III. Park. S1 

IV. Dünguug8versuche . 84 

V. Anderweite Versuche. 80 

III. Tätigkeit der Anstalt naeh außen .... 87 -97 

IV. Die Versuchsstationen. 

Bericht über die Tätigkeit der pflanxenphysiologischen Versuchsstation . Von 

Dirigent Dr. Karl Kroemer 98 

A. Wissenschaftliche l&tigkeit.98 

B. Sonstige Tätigkeit der pflanzenphysioiogischen Versuchsstation . . 117 

Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. Von Assistent Dr. R. 

Schänder. 118 

A. Tätigkeit der Station im Verkehr mit der Praxis.119 

B. Wissenschaftliche Tätigkeit.123 

C. Sonstige Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 133 



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IV 


Inhalt. 


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Seite 

Bericht über die Tätigkeit der oenochemisehen Versuchsstation. Von Dirigent 


Dr. Karl Windisch.134 

A. Wissenschaftliche Tätigkeit. 134 

B. Sonstige Tätigkeit der Versuchsstation .... 173 

Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchestation. Von 

Dirigent Dr. Gustav Lüstner. .175 

A. Wissenschaftliche Tätigkeit. 175 

B. Bekam pfungsversuche... . 192 

C. Das Bergersche Mittel. 194 

Bericht über die Tätigkeit der meteorologischen Station während des Etats¬ 
jahres 1903. Von Dr. G u s t a v L ü s t n e r.199 


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I. Schulnachrichten 


1. Veränderungen im Lehr- und Beamtenpersonal. 

Durch Ministerial-Erlaß vom 7. April 1903 wurde vom 1. April 
1903 ab ein erweitertes Kuratorium für die Königliche Lehranstalt 
geschaffen. In dasselbe wurden berufen: 

der Geheime Ober-Regierungs- und Vortragende Rat im 
Königlichen Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten 
Dr. Traugott Mueller in Berlin als Vorsitzender, 

der Ober-Regierungsrat Pfeffer von Salomon in Wies¬ 
baden als stellvertretender Vorsitzender, 

der Direktor der Königlichen Lehranstalt, Professor Dr. Wort¬ 
mann hierselbst, 

der Landes-Ökonomierat Goethe in Darmstadt, 
der Graf von Ingelheim hierselbst, 
der Weingutsbesitzer Burgeff hierselbst und 
der Gartenbaudirektor Siebert in Frankfurt a/M. als Mit¬ 
glieder. 

Die an hiesiger Anstalt offene etatsmäßige Stelle eines wissen¬ 
schaftlichen Lehrers wurde vom 1. April 1904 ab endgültig dem 
Assistenten Dr. K. Kroemer verliehen, welchem damit zugleich die 
Leitung der hiesigen pflanzenphysiologischen Versuchsstation definitiv 
übertragen ist. 

Die durch den Etat für 1904 neu geschaffene etatsmäßige 
Bureaubeamtenstelle an der Lehranstalt wurde durch Erlaß des 
Herrn Ressortministers vom 25. März 1904 dem seit dem 1. Juli 
1902 im Dienst der Anstalt stehenden Spezialbommissions-Bureau- 
diätar Rohde aus Cassel unter gleichzeitiger Ernennung zum 
Sekretär verliehen. 

Dem Dr. Zang aus Gießen wurde vom 1. April 1904 ab die 
neu geschaffene Stelle eines wissenschaftlichen Assistenten an der 
pflanzen pathologischen Versuchsstation der Anstalt übertragen. 

Dr. Voß aus Marburg trat am 1. April 1904 als wissenschaft¬ 
licher Assistent bei der hiesigen Rebenveredelungsstation ein. 

Als Assistent des Anstaltsdirektors wurde am 1. April 1904 
der bisherige Assistent der Hefereinzuchtstation, Dr. Schänder, an¬ 
genommen; als Nachfolger des letzteren trat Dr. Bötticher aus 
Göttingen ein. 

(msenhoimer Bericht 1Ü03. 


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2 






i: 


'Schulnachi ichten. 


Anstaltsgärtner Baumann blickte am 1. März 1904 auf eine 
25jährige Tätigkeit an der Anstalt zurück. Das Lehrerkollegium, 
die Anstaltsgärtner, sowie eine Deputation der ehemaligen und 
jetzigen Schüler hatten sich au diesem Tage zusammengefunden, um 
durch Ansprachen und Geschenke dem Jubilar gegenüber ihre 
Freude und Anerkennung für die langjährige Wirksamkeit Ausdruck 
zu verleihen und ihm die herzlichsten Glückwünsche auszusprechen. 

Am 1. Dezember 1903 schied der Anstaltsgärtner Nordmann 
aus und übernahm die Stelle eines Obstbaulehrers an der Gärtner¬ 
lehranstalt in Wittstock (Dosse). — Sein Nachfolger wurde der 
frühere Anstaltsschüler Giebelhausen. 

Weinbauschüler Lozeron aus Auvernier in der Schweiz wurde 
vom 15. Mai 1903 bis 31. Januar 1904 als Gehilfe bei der hiesigen 
Rebenveredelungsstation beschäftigt. 


2. Frequenz. 

Das Schuljahr 1903 wurde ausweislich des letzten Jahres¬ 
berichtes mit 30 Eleven, 27 Gartenbauschülern, 5 Obst- und Wein¬ 
bauschülern und 6 Praktikanten, insgesamt mit 68 Personen eröffnet. 
Hierzu traten im Laufe des Schuljahres noch 29 Praktikanten, so- 
daß die Gesamtzahl der Schüler und Praktikanten 97 betrug. Aus¬ 
geschieden sind im Laufe des Schuljahres 1 Eleve, 3 Gartenbau¬ 
schüler, sowie ferner bis zum Jahresschluß 30 Praktikanten. Nach 
Ablauf des Schuljahres 1903 und nach einigen in demselben er¬ 
folgten Verschiebungen zwischen den Gartenbau- und Obst- und 
Weinbauschülern verließen 40 Schüler, nämlich 13 Eleven, 20 Garten¬ 
bauschüler und 7 Obst- und Weinbauschüler die Anstalt, so daß in 
das Schuljahr 1904 nach inzwischen noch erfolgtem Übertritt von 
4 Schülern in den Elevenkursus, übernommen wurden: 18 Eleven 
und 5 Praktikanten. 

Am 15. März 1904, dem Beginn des neuen Schuljahres, traten 
hinzu: 16 Eleven, 27 Gartenbauschüler, 8 Obst- und Weinbau¬ 
schüler (insgesamt 51 Personen). Mithin konnte das Schuljahr 1904 
mit 34 Eleven, 27 Gartenbauschülern, 8 Obst- und Weinbauschülern 
und 5 Praktikanten, insgesamt mit 74 Personen, eröffnet werden. 

Nachstehend folgt das Verzeichnis derjenigen Schüler, die im 
Schuljahr 1903 die Anstalt besucht haben: 


1. Bender, Philipp 

2. Böbbis, Wilhelm 

3. Kretzdorn, Conraa 

4. Pfeiffer, Ferdinand 

5. Wolff, Ernst 


6. Brockmöller, Wilhelm 

7. Outzeit, Alfred 


a) Ältere Eleven. 

(Obst- und Weinbau): 

aus Geisenheim 
., Soest 
,, Karlsruhe 
., Sigmaringen 
„ Straßburg 

(Gartenbau): 

aus Tlamburg 
., Paterswalde 


Hessen-Nassau. 

Westfalen. 

Baden. 

Hech.-Signmringen. 

Elsaß. 


Hamburg. 

Ostpreußen. 


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2 . Frequenz. 


3 


8. Hermann, Franz 

aus Ettelbriick 

Luxemburg. 

9. Hoffmann, Franz 

., Wiesbaden 

Hessen-Nassau. 

10. Luserke, Wilhelm 

„ Tempelhof 

Brandenburg. 

11. Steinberger, August 

„ Mainz 

Großh. Hessen. 

12. Warlich. Hans 

„ Herzberg a. H. 

Hannover. 

13. Zelle, Wilhelm 

„ Hannover 



b) Jüngere Eleven. 

(Obst- und Weinbau): 


14. Carstensen, Peter 

aus Midlum 

Schleswig. 

15. Fischer, Josef 

,, Schwäbiishausen 

Baden. 

16. Hintze, Ernst 

„ Carolinenhof bei Pettau 

Steiermark. 

17. Stanojevits, Miiivoje 

„ Vrazogrnatz 

Serbien. 

18. Tiede, Friedrich 

„ Sören 

Schleswig. 

19. Weiner, Albrecht 

„ Chemnitz 

Kgr. Sachsen. 


(Gartenbau): 


20. Degenkolb, Werner 

aus Leipzig 

Kgr. Sachsen. 

21. Fleith, Richard 

„ Wiesbaden 

Hessen-Nassau. 

22. Fueß, Johannes 

„ Altencelle 

Hannover. 

23. Hartnauer, Richard 

Berlin 

Brandenburg. 

24. Huber. Lorenz 

„ Landshut 

Bayern. 

25. Lobe, Gerhard 

„ Lucka 

Sachs.-Altenburg. 

26. Schein, Paul 

„ Göttingen 

Hannover. 

27. Schwarz, Josef 

„ Hückelhoven 

Rheinprovinz. 

28. Tribius, Wilhelm 

,, Halle a. S. 

Prov. Sachsen. 

29. Velten, Friedrich 

„ Kreuznach 

Rheinprovinz. 

30. Winter, Richard 

„ Schmolz 

Schlesien. 

31. Walther, Otto 

„ Windecken 

Hessen-Nassau. 

c) Obst* und Weinbauschfller. 


32. Böckel, Fritz 

aus Mittel bergheira 

Elsaß. 

33. Karmann, Wilhelm 

„ Bredeney 

Rheinprovinz. 

i» 

34. Meyer, Heinrich 

„ Schermbeck 

35. Raels, Georg 

„ Kolmar 

Elsaß. 

36. Schumann, Karl 

,, Hattenheim 

Hessen-Nassau. 

37. Simon, Max 

„ Kirn 

Rheinprovinz. 

38. Weber, Michael 

„ Ellenz 

ii 


d) Gartenbauschüler. 


39. + Bäthge, Ernst 

aus Steglitz 

Brandenburg. 

40. Butz, Ludwig 

„ Hattenheim 

Hessen-Nassau. 

41. Chronussow, Demetrius 

„ Kasan 

Rußland. 

42. Fenger, Cornelius 

„ Cöln 

Rheinprovinz. 

43. Fuhrmann, Georg 

„ Breslau 

Schlesien. 

44. Grieger, Martin 

„ Wasserjentsch 

ii 

45. Haß, Ernst 

„ Pinneberg 

Schleswig. 

46. Hollenbach, Otto 

„ Binewalde 

Brandenburg. 

47. Kemp, Adam 

„ Honnef 

Rhein provinz. 

48. Krug, Bertram 

„ Berlin 

Brandenburg. 

49. Kühn, Willy 

„ Halle a. S. 

Prov. Sachsen. 

50. Kühnast, Max 

„ Karlsruh 

Schlesien. 

51. Leuchtenberger, Ferdinand „ Steinkunzendorf 

ii 

52. Lindner, Martin 

„ Burgstädt 

Prov. Sachsen. 

53. Neuerburg, Jakob 

,, Wittlich 

Rheinprovinz. 

54. Oppermann, Richard 

„ Diemitz 

Prov. Sachsen. 

55. Ott, Theodor 

„ Hamburg 

Hamburg. 

56. Pieper, Heinrich 

„ Detmold 

Lippe-Detmold. 

1* 

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4 


I. Schulnachrichteu. 


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57. Probst, Rudolf 

58. Roth, Peter 

59. Schäfer, Hermann 

60. Sieh, Georg 

61. Stahl, Karl 


aus Bornstedt 
„ Bargteheide 
„ Steinfeld. 

., Neumünster 
,, Weinböhla 


Brandenburg. 
Schleswig. 
Rheinprovinz. 
Schleswig. 
Kgr. Sachsen. 


3. Chronik. 

Ara 24. April 1903 wurde die Anstalt von dem Direktor der 
Großherzoglichen landwirtschaftlichen Versuchsanstalt Augustenberg, 
Herrn Professor Dr. Behrens, in Begleitung des technischen Refe¬ 
renten im Ministerium für Hochbau, Herrn Baurat Professor Levy 
aus Karlsruhe besucht 

Am 4. Mai 1903 fand unter dem Vorsitze des Herrn Geheimen 
Ober-Regierungsrat Dr. Mueller-Berlin zum ersten Male die münd¬ 
liche Prüfung für das Staatsexamen statt. Derselben unterzogen 
sich die Kandidaten Rocholl aus Uerdingen und Jancke aus 
Berlin. Beide bestanden das Examen. 

Am 5. und 6. Mai 1903 fand die erste Sitzung des erweiterten 
Kuratoriums der Lehranstalt statt, zu welcher die nachstehend auf¬ 
geführten Herren erschienen waren: 

Geheimer Ober-Regierungsrat Dr. Mueller-Berlin, Vor¬ 
sitzender des Kuratoriums, 

Ober-Regierungsrat Pfeffer von Salomon-Wiesbaden, 
stellvertretender Vorsitzender, 

Professor Dr. Wortmann, Direktor der Königlichen Lehr¬ 
anstalt, 

Landes-Ökonomierat G o e t h e - Darmstadt, 

Graf von Ingelheim-Geisenheim, 

Gartenbaudirektor Sieb er t-Frankfurt a/M. 

Am 13. August 1903 besuchten die Schüler der Provinzial- 
Wein- und Obstbauschule in Kreuznach unter Führung des Lehrers 
Wengerod die Anstalt 

Am 14. August 1903 besichtigte der Herr Vorsitzende des 
Kuratoriums der Anstalt, Geheimer Ober-Regierungsrat Dr. Mueller 
eingehend die Anstaltsanlagen. Im Anschluß daran fanden Kon¬ 
ferenzen wegen baulicher Neuanlagen statt. 

Am 20. August 1903 fand durch die Preußische Reben- 
veredelungs - Kommission eine Besichtigung der hiesigen Reben¬ 
veredelungsstation statt 

Am 30. August 1903 wurde in dem Hörsaale der pflanzen¬ 
physiologischen Versuchsstation eine Dekorations- und Bindekunst¬ 
ausstellung abgehalten, auf welcher ausschließlich auf Grund eines 
probeweise eingeführten Unterrichtgangs über Bindekunst angefertigte 
Schülerarbeiten zur Ausstellung gelangten. Infolge der großen An¬ 
erkennung, welche dieser Ausstellung von seiten der zahlreichen 
Besucher gezollt wurde, fand am 31. Oktober und 1. November 1903 
in der Aula der Anstalt eine, mit Blumenbinde- und Dekorations¬ 
arbeiten verbundene, umfangreiche Chrysanthemum- und Herbst- 
blumen-Ausstellung statt. Dieselbe wurde eingeleitet durch einen 


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3. Chronik. 


5 


Vortrag des Obergärtners Glinde mann über »die Kultur der 
Chrysanthemum«. — Auch diese Ausstellung erfreute sich eines 
sehr zahlreichen Besuches sowohl aus Geisenheim wie auch aus der 
Umgegend. Am 1. November nachmittags besichtigten über 2000 Per¬ 
sonen die Ausstellung. 

Eine Ministerial-Kommission, bestehend aus dem Herrn Mini- 
sterial-Direktor, Wirklichen Geheimen Ober-Regierungsrat Dr. Thiel, 
der Herren Geh. Ober-Regierungsräte Dr. Mueller und Praetorius, 
sowie Herrn Geh. Ober-Baurat Böttger aus Berlin, der Herren Ober- 
Regierungsrat Pfeffer von Salomon und Landes-Ökonomierat Cz6h 
aus Wiesbaden, hatte sich am 23. Oktober 1903 zur Besichtigung 
des von der Kgl. Domänen-Verwaltung in Wiesbaden erworbenen 
und der Lehranstalt zur Administration übergebenen 7,8329 ha 
großen Jannsehen Weingutes eingefunden. 

Am 24. Oktober fand in der Anstalt die zweite Kuratoriums- 
sitzung statt. Es waren anwesend die Herren: 

Geh. Ober-Regierungsrat Dr. Mueller, Berlin, Vorsitzender 
des Kuratoriums, 

Ober-Regierungsrat Pfeffer von Salomon, Wiesbaden, 
stellvertretender Vorsitzender, 

Professor Dr. W T ortmann, Direktor der Königlichen Lehr¬ 
anstalt, 

Landes-Ökonomierat Goethe, Darmstadt, 

Graf von Ingelheim, Geisenheim und 

Gutsbesitzer J. Burgeff, Geisenheim. 

Am 26. Oktober 1903 empfing die Anstalt den Besuch zahl¬ 
reicher Studierender der landwirtschaftlichen Akademie Bonn-Poppels¬ 
dorf, welche unter Führung des Herrn Geh. Regierungsrats, Professor 
Dr. Wohltmann sowie des Herrn Professor Huppertz aus Bonn 
die Anstalt in ihren sämtlichen Teilen eingehend besichtigten. Herr 
Oberlehrer Dr. Christ hielt dabei einen Vortrag über die klima¬ 
tischen und geologischen Verhältnisse des Rheingaues. Am Abend 
fand in dem Saale des Deutschen Hauses ein gemütliches Bei¬ 
sammensein der Lehrer und Schüler der Anstalt mit den Poppels- 
dorfer Gästen statt. 

Am 22. Dezember 1903 wurde wie alljährlich das Weihnachts¬ 
fest mit theatralischen Aufführungen, Gesängen, Deklamationen und 
musikalischen Aufführungen gefeiert. 

Am 27. Januar 1904, vormittags 11 Uhr, fand zur Feier des 
Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers und Königs ein Festaktus 
in der Aula der Anstalt statt. Die Festrede hielt Dr. Lüstner 
über das Thema »Die Aufgaben des Pflanzenschutzes«, nachdem der 
Schülerchor die Feier mit einem dem Tage entsprechenden Liede 
eröffnet hatte. 

In der Zeit vom 11. bis 13. Februar 1904 unterzogen sich die 
vorgenannten älteren Eleven der schriftlichen Prüfung, wobei die 
Obst- und Weinbaueleven in Weinbau, die Gartenbaueleven in 
Landschaftsgärtnerei, beide Abteilungen gemeinschaftlich in Physik 
und Pflanzenanatomie geprüft wurden. 


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I. Schulnachrichten. 


Die Themata waren folgende: 

1. »Die jährlichen Arbeiten im tragbaren Weinberge vom 
Schnitte bis zur Lese«; 

2. »Entwurf nebst Bepflanzungsplan und Erläuterungsbericht 
zu einer gärtnerischen Anlage«; 

3. »Inwiefern ist die Elektrizität für den modernen Landwirt 
von Interesse und Bedeutung?«; 

4. »Der Bau der Laubblätter«. 

An der mündlichen Prüfung, welche am 15. und 16. Februar 
1904 in Gegenwart der Mitglieder des Kuratoriums, der Herren 
Ober-Regierungsrat Pfeffer von Saloraon aus Wiesbaden, Landes¬ 
ökonomierat Goethe aus Darmstadt, Gartenbaudirektor Siebert aus 
Frankfurt a/M., Graf von Ingelheim und Weingutsbesitzer Burgeff 
aus Geisenheim stattfand, nahmen sämtliche Schüler teil. Die 
Prüfungen erfolgten in folgenden Fächern: 

Pflanzenkrankheiten, Pflanzenphysiologie, Physik, anorganische 
Chemie, Chemie des Weines, Bodenkunde, Obstverwertung, Keller¬ 
wirtschaft, Landwirtschaft, Gehölzzucht, Obsttreiberei, Landschafts¬ 
gärtnerei, Gemüsebau, Buchführung, Wechsellehre und kaufmännische 
Korrespondenz. 

Am 20. Februar 1904 schloß der Direktor das Schuljahr mit 
einer Ansprache an die Schüler, indem er ihnen nach Schluß der¬ 
selben die Zeugnisse überreichte. Chöre eröffneten und schlossen 
die Feier. 

Mit Ermächtigung des Herrn Ressortministers wurden die bis¬ 
her an der Anstalt abgehaltenen Winzerkurse aufgehoben. Vorträge 
und praktische Demonstrationen über Weinbau- und Kellerwirtschaft 
sollen in Zukunft im Ansclduß an die Kurse über Weingärung 
bezw. Weinuntersuchung stattfinden. 


4. Ausflüge und Studienreisen. 

Im Berichtsjahre wurden folgende Ausflüge und Studienreisen 
unternommen: 

a) seitens der Gartenbauschüler: 

Am 2. April: Die Eleven unter Führung des Obergärtners 
Glindemann nach Rüdesheim a/Rh. zur Besichtigung der Sturm- 
schen Gewächshäuser. 

Am 30. April: Die Eleven unter Führung des Obergärtners 
Glindemann nach Schlangenbad und Georgenborn zur Besichtigung 
der Kuranlagen und der Baron von Krauskopfschen Besitzung. 

Am 17. Mai: Eleven und Schüler unter Führung des Ober¬ 
gärtners Glindemann nach Wiesbaden zur Besichtigung der Nero¬ 
talanlagen, des Formobstgartens von Holle, der Handelsgärtnerei 
von Weber & Co., der Baumschule von Hirsch und der Kur¬ 
anlagen. 

Am 2. Juli: Eleven und Schüler unter Führung des Ober¬ 
gärtners Glindemann nach Nieder-Walluf zur Besichtigung der 


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4. Ausflüge und Studienreisen. 


7 


Staudenkulturen und Baumschulen von Goos & Koenemann, der 
Rosenschulen von Kreis und Keim. 

Die Gartenanlagen des Herrn Freiherrn von Lade in Geisen¬ 
heim wurden im verflossenen Jahre sowohl von den Eleven wie 
auch von den Schülern unter Führung des Obergärtners Glinde¬ 
mann wiederholt besucht. 

In der Zeit vom 24. bis 30. September 1903 unternahmen 
22 Schüler unter Führung des Obergärtners Glinde mann eine 
Studienreise nach Süddeutschland, die folgenden Verlauf nahm: 

1. Tag: Besichtigung der städtischen Anlagen und Handels¬ 
gärtnereien von Stuttgart 

2. Tag: Besichtigung der städtischen Anlagen von Augsburg. 

3. Tag: Besuch der Königlichen Schlösser Hohenschwangau 
und Keuschwanstein. Fußtour bis Ammerwald. 

4. Tag: Besichtigung von Linderhof. 

5. Tag: Fußtour bis Walchensee, Aufstieg auf den Herzogen- 
stand, sodann Weiterreise nach Kochelsee. 

6. und 7. Tag: Besichtigung der städtischen Anlagen, Fried¬ 
hofsanlagen, des botanischen Gartens usw. in München. Rückfahrt. 

Obergärtner Junge unternahm mehrere Ausflüge mit Schülern 
und Kursisten in die Umgegend von Geisenheim zur Besichtigung 
von Obstanlagen. Am 28. September wurde ein Ausflug nach 
Königstein und Schloß Friedrichshof mit den Schülern ausgeführt. 

b) Seitens der Obst- und Weinbanschüler. 

Am 23. April: Besuch der Weinversteigerung der Basser- 
mann-Jordanschen Gutsverwaltung in Deidesheim. 

Am 25. Mai: Besichtigung der Fürstlich von Metternich- 
schen Gutsverwaltung in Johannisberg. 

Am 17. Juni: Besichtigung der Imprägnieranstalt Avenarius, 
Gaualgesheim und der Oppelschen Gutsverwaltung Westerhaus bei 
Ingelheim. 

Am 22. Juni: Besichtigung der Weinberge und Kellereien der 
Firma Hütwohl in Steeg und der Schaumweinkellereien von 
G. Geiling in Bacharach. 

Am 7. Juli: Besichtigung der Weinbauschule, der Filterfabrik 
Seitz und der Purizellischen Gutsverwaltung in Kreuznach. 

Am 29. Juli: Besichtigung des Mustergeflügelhofes der Land¬ 
wirtschaftskammer für den Regierungsbezirk Wiesbaden in Rlidesheim. 

Am 28. August: Besichtigung der Kellereien der Zentrale für 
die Rheingauer Winzergenossenschaften zu Eltville und der Schaum¬ 
weinkellereien von M. Müller in Eltville. 

Am 12. September: Besichtigung der Stumm-Halbbergschen 
Gutsverwaltung in Rüdesheim. 

Ara 14. September: Besichtigung der Prinz Albrechtschen Guts¬ 
verwaltung in Erbach. 

In der Zeit vom 22. bis 31. September fand unter Führung 
des Weinbaulehrers Seufferheld eine Studienreise nach Baden und 
Elsaß statt, welche folgenden Verlauf nahm: 


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I. Schul nachrichten. 


1. Tag: Fahrt nach Bühl. 

2. Tag: Besichtigung der Weinberge von Bühl und Umgebung 

3. Tag: Besichtigung der Weinberge von Offenburg, Durbach, 
Staufenberg, Hespengrund und Zell. 

4. Tag: Besichtigung der Weinberge von Müllheim und Nieder¬ 
weiler, Ausflug nach Badenweiler. 

5. Tag: Besichtigung von Freiburg, Kaiserstuhl, Fahrt nach 
Kolmar; Besichtigung der Kolmarer Rebanlagen und der Kaiserlichen 
V ersuchsstation. 

6. Tag: Besichtigung der Weinbergslagen von Rufach, West¬ 
halten und der Ackerbauschule Judenmatt. 

7. Tag: Ausflug in die Vogesen, Mezeral, Hoheneck, Münster. 

8. Tag: Besichtigung von Straßburg, einer Konservenfabrik in 
Schiltigheim, Besichtigung der Weinbergslagen von Dürkheim in 
der Pfalz. — Rückkehr. 


5. Periodische Kurse. 

a) Kursus über Weingärung, Anwendung von Hefen, Krankheiten des 

Weines usw. 

Dieser Kursus fiel in diesem Jahre wegen Wechsel in der 
Person des Vorstandes der pflanzenphysiologischen Versuchsstation aus. 

b) Kursus über Weinuntersuchung und Weinbehandlung 
vom 15. bis 27. Juni 1903. 

An demselben nahmen 48 Personen teil. (Siehe auch Bericht 
der oenochemischen Versuchsstation. 

c) Nachkursus zum Obstbau- und Baumwärterkursus 
vom 17. bis 22. August 1903. 

An dem Obstbaunachkursus beteiligten sich 34, am Baum- 
wärtemachkursus 13 Personen. 

d) Obstverwertungskursus für Frauen vom 24. bis 29. August 1903. 
An demselben nahmen 26 Personen teil. 

e) Obstverwertungskursus für Männer vom 31. August bis 
5. September 1903. 

Er wurde von 25 Personen besucht. 

f) Reblauskurse. 

Am 18. und 19. Februar 1904 wurde für die hieran inter¬ 
essierten Schüler, 36 an de*- Zahl, ein Kursus abgehalten. 

In der Zeit vom 22. bis 24. Februar fand ein öffentlicher 
Reblauskursus statt, den 27 Personen besuchten. 

g) Obstbaukursus vom 22. Februar bis 12. März 1904. 

Er wurde von 37 Personen besucht. 

h) Baumwärterkursus. 

Derselbe fand in der nämlichen Zeit statt wie der vorher¬ 
gehende Kursus und zählte 30 Teilnehmer. 


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6. Gesellige Vereinigung. 7. Bauliche Veränderungen. 8. Neuerwerbungen. 


9 


i) Kursus über Herstellung und Behandlung der Obstweine 
vom 14. bis 24. März 1904. 

Hieran nahmen 15 Personen teil. (Siehe auch Bericht der 
oenochemischen Versuchsstation.) 

Die Gesamtzahl aller Schüler und Kursisten, welche die An¬ 
stalt seit ihrer Eröffnung besuchten, beträgt nun bis zum 31. März 
1904 gerechnet 7313, wovon 1387 eigentliche Schüler bezw. Prakti¬ 
kanten und 5926 Kursisten sind. 

6. Gesellige Verein (gongen der Lehrer und Schüler. 

In dem großen Saale des Deutschen Hauses fanden Unter¬ 
haltungsabende statt mit geselligem Beisammensein der Lehrer, Be¬ 
amten und Schüler der Anstalt. Dieselben wurden eingeleitet durch 
fachwissenschaftliche Vorträge, an denen sich Lehrer und Schüler 
in gleicher Weise beteiligten. Diese Abende haben sehr dazu bei¬ 
getragen, Lehrer und Schüler auch im persönlichen Verkehr ein¬ 
ander näher zu bringen. Es wurden folgende Vorträge gehalten von: 

1. Professor Dr. Wortmann über: »Die pflanzlichen Meeres- 
bewobner«; 

2. Weinbauschüler Neumann über: »Herkunft, Gewinnung 
und Verwendung des Rafiabastes«; 

3. Dr. Windisch über: »Die verschiedenen Konservierungs¬ 
arten« ; 

4. Weinbaueleve Bender über: »Bienenzucht«; 

5. Obergärtner Junge über: »Das Färben der Früchte und 
Konserven«; 

6. Dr. Kroemer über: »den Hausschwamm«; 

7. Oberlehrer Dr. Christ über: »Die Entstehung der Erde«; 

8. Obergärtner Glindemann über: »Die Kultur einiger 
tropischer Pflanzen«; 

9. Dr. Lüstner über: »den roten Brenner der Reben«; 

10. Weinbaueleve Fischer über: »Die Weinbaureise 1903 
(1. Teil)«; 

11. Weinbaueleve Pfeiffer über: »Die Weinbaureise 1903 
(2. Teil)«. 

7. Bauliche Veränderungen. 

1. Bau eines Weintreibhauses (siehe Bericht des Obergärtners 
Glindemann). 

2. Vergrößerung der Obstverwertungsstation (siehe Bericht des 
Obergärtners Junge). 

3. Erweiterung des Maschinenhauses und der Akkumulatoren- 
Anlage. 

8. Neuerwerbungen. 

1. Erwerb und Angliederung des Jannschen Weingutes — 
Dominialgut. 


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10 


I. Schulnacbrichteu. 


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2. Erwerb eines 7 ha großen Weinberggeländes am Fuchsberg. 

3. Erwerb des 4 ha großen, westlich an den Muttergarten der 
Anstalt grenzenden Schlitzschen Ackers. 

9. Bibliothek, Sammlungen; Beschenke. 

1. Sammlungen. 

A. Gekauft: Geologisches Reliefprofil, Granit-Durchbruch dar¬ 
stellend; Leitfossilien; eine Kollektion Spinnen; Glasschultafel. 

B. Geschenkt: Von Freiherr Ed. von Lade-Geisenheim: ein 
Relief-Mondglobus nebst Tischchen, Gebrauchsanweisung und Be¬ 
schreibung. 


II. Bibliothek. 

A. Gekauft: 

Schmiedeknecht, Opuscula Ichneumonologica (Fortsetzung). 
Raben hörst, Kryptogamen-Flura (Fortsetzung). 
Engler-Prantl, die natürlichen Pflanzenfamilien (Fortsetzung), 
v. Hochstetter, geologische Bilder der Vor- und Jetztwelt. 
Brückner, die feste Erdrinde. 

H aeckel, Kunstformen der Natur (Fortsetzung). 

Beißner, Handbuch der Laubholz-Benennung. 

Hollrung, Jahresbericht über die Neuerungen und Leistungen 
auf dem Gebiete der Pflanzenkrankheiten 1901. 

Koch, Jahresbericht über die Gärungs-Organismen 1901. 
Statistisches Jahrbuch für das deutsche Reich 1903. 
Schultze-Naumann, Kulturarbeiten. 

Viala-Vermorel, Amp61ographie, Tome V. 

König, menschliche Nahrungs- und Genußmittel 4. Aufl. 
Schneider,- dendrologische Winterstudien. 

Hartwig, Gehölzbuch. 

Gesundheitswesen des preuß. Staates 1901. 

Natur und Schule Jahrg. 1903. 

Graetz, Elektrizität. 

Schumann, Kakteen. 

Lindner, Atlas der Gärungskunde. 

Arbeiten der biologischen Abteilung des Kais. Gesundheitsamtes. 
Warming, Pflanzengeographie. 

Engler-Goetze, Vegetationsbilder. 

Karsten-Schenck, Vegetationsbilder. 

Wohltmann, Kultur- und Vegetationsbilder aus unseren 
deutschen Kolonien. 

Wohltmann, Pflanzung und Siedlung auf Samoa. 
Stenographische Lesebücher. 

B. Geschenkt: 

Vom Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten: 


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9. Bibliothek, Sammlungen; Geschenke. 


11 


Jahresberichte über die Fortschritte auf dem Gesamtgebiete 
der Agrikulturchemie 3. Folge, Band IV und V. 

Annales de l’institut central ampölologique royal Hongrois, 
Tome II 1902. 

Powell and Fulton, the apple in gold storage; Washington 
1903. 

G. M. Oliver, the propagation of tropical fruit trees and 
other plants. 

C. S. Scofield, the description of wheat varieties. 

Statistisches Jahrbuch'für den preuß. Staat 1903. 

Denkschrift betr. die Bekämpfung der Reblauskrankheit 1902 
und 1903. 

Von der Königl. Regierung, Abteil, für Kirchen- und Schulwesen 
zu Wiesbaden: 

Deutsches Gärtner-Liederbuch. 

Giesenhagen, unsere wichtigsten Kulturpflanzen. 

Vom Kaiserl. Gouvernement von Deutsch-Ostafrika zu 
Dar-es-Saläm im Tauschverkehr: 

Berichte über Land- und Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika. 
Von der Königl. landwirtschaftl. Hochschule zu Berlin: 

Büchner, Beziehungen der Chemie zur Landwirtschaft. 

Vom Landwirtschaftsrat: 

Verhandlungen des Landwirtschaftsrates von Elsaß-Lothringen 
Session 1902 und 1903. 

Von Landesökonomierat Goethe zu Darmstadt: 

Pflanzenpathologische wissenschaftliche Arbeiten. 

Pomologische Aufzeichnungen, Beschreibungen und Abbildungen 
seit 1860, also alles, was Goethe seitdem auf pomologischem 
Gebiete gearbeitet hat. 

Durch Ankauf und Schenkung kamen zur Bibliothek 215 Bände 
hinzu. Daselbst liegen 38 Zeitschriften zur Benutzung für die Lehrer 
und zu einem gewissen Teile auch für die Schüler auf. Über die 
von den Versuchsstationen und technischen Betriebe der Lehr¬ 
anstalt beschafften wichtigeren Sammlungs- und Bibliotheksgegen¬ 
stände siehe die Berichte dieser Ressorts. 


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12 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


A. Weinbau. 

1. Jahresfibersicht. 

Der Winter 1902/1903 war vorwiegend mild. Während des 
Monats Januar trat Kälte ein, die aber nur bis auf 11° C stieg und 
so die Rigolarbeiten und sonstigen Winterarbeiten keineswegs hin¬ 
derte. Ende Januar machte die Kälte einer warmen regnerischen 
Witterung Platz und hielt diese bis Mitte Februar an, worauf einige 
Tage (16.—20. Februar) mit bis 8° C Kälte und Schneegestöber 
folgten. Das Holz kam überall gut durch den Winter und war gut 
ausgereift. März und April zeigten meist nur kalte regnerische 
Tage, so daß der Schnitt und die sonstigen Frühjahrsarbeiten (Sticken 
usw.) nur langsam vor sich gingen und sich zum Teil bis Ende 
April und sogar in den Mai hinein hinzogen. Die Witterung des 
Monates Mai war der Entwicklung des Stockes nicht sehr günstig. 
Nur langsam ging der Austrieb von statten, und konnte so der in 
der Nacht vom 19. auf 20ten eingetretene Frost nur in den niederen 
Lagen nennenswerten Schaden anrichten. Das Thermometer sank 
in dem Versuchsweinberge Fuchsberg einer niederen Lage bis auf 
—iy 2 ° C. Auch im Juni ließ das Wetter noch sehr zu wünschen 
übrig, so daß die Traubenblüte erst verhältnismäßig spät begann. 
Jedoch konnte dieselbe, da nun warme für die Blüte sehr günstige 
Witterung eintrat, rasch und gut von statten gehen. Ein Durch¬ 
fallen von Gescheinen konnte so nur ausnahmsweise beobachtet 
werden. Der Fruchtansatz war bei allen Sorten ein sehr guter. 


Die Blüte verlief bei den einzelnen Sorten in 
einberge Fuchsberg folgendermaßen: 

dem Versuchs- 

Sorte 

Begiun der Blüte 

Hauptblüte 

Ende der Blüte 

Portugieser 

18. Juni. 

26. Juni. 

2 Juli. 

Sylvaner 

22. 

28. „ 

2 

Burgunder 

20. " 

26. .. 

1 .. 

Elbling 

22. 

28. „ 

2 

Riesling 


30. „ 

4 


Bei diesem normalen raschen Verlauf der Blüte konnte der 
Heuwurm, der besonders in einzelnen Lagen wieder überaus stark 
auftrat, keinen solch großen Schaden anrichten, wie in den Jahren 
vorher. Einzelne Lagen, die besonders spät zur Blüte kamen, hatten 
kaum darunter zu leiden, und standen so nach Beendigung der Blüte 
die Ernteaussichten sehr gut. 

Das Oidium trat schon sehr früh und heftig Anfang Juni auf 
und wurde schon den 5. Juni mit der Schwefelung begonnen. 


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A. Weinbau. 2. Die Lese. 


13 


Bald darauf den 13. Juni zeigte sich auch zum ersten Male die 
Peronospora, ohne jedoch weiter um sich zu greifen. Da jedoch 
durch die heftigen und häufig aufeinander folgenden Gewitterregen 
die Bekämpfungsmittel, besonders der Schwefel bald abgewaschen 
waren, mußte eine 2. und 3. Bespritzung und Schwefelung rasch 
hinterher folgen. Das Oidium griff bei der ihm so günstigen 
Witterung überaus stark um sich, und richtete, wo man nicht gleich 
mit der Schwefelung zur Hand war, großen Schaden an. 

Die Entwicklung der Stöcke und Trauben während des Juli 
war eine sehr gute, da die Witterung sehr günstig war. Erst gegen 
Ende des Monats trat ein Umschwung ein, der nasses kühles Wetter 
brachte. So konnte nun leider der massenhaft auftretende Sauer¬ 
wurm große Verheerungen anrichten, da dieses Wetter noch bis 
weit in den August hinein anhielt. In einzelnen Lagen vernichtete 
der Wurm die ganze Ernte. Mitte Juli trat noch einmal das Odium 
und die Peronospora auf und breiteten sich rasch aus. Da wieder 
starke Regengüsse dazwischen kamen, mußte verschiedene Male ge¬ 
spritzt und geschwefelt werden. So kam es, daß im Jahre 1903 in 
manchen Weinbergen 4 mal gespritzt und 5- zum Teil sogar 6 mal 
geschwefelt werden mußte, um die beiden Krankheiten unterdrücken 
zu können. 

Die Bespritzung erfolgte mit einer 1 prozent. Kupferkalkbrühe 
und die Schwefelung mit 85—90 % geblasenem Schwefel mit bestem 
Erfolge. 

August und September ließen in ihrem ganzen Witterungs¬ 
verlauf sehr zu wünschen übrig. Wenn einige schöne heiße Tage 
da waren, so folgten rasch kühle nasse hintennach. So machten 
die Trauben in ihrem Reifeprozesse nur langsame Fortschritte, und 
obgleich sich den 4. August schon gefärbte Früh-Burgunder, den 
26. gefärbte Spät-Burgunder, den 24. die ersten weichen Sylvaner 
und den 4. September helle weiche Rieslinge zeigten, waren Ende 
September die Aussichten auf einen brauchbaren Wein sehr gering. 
Die ganze Hoffnung wurde nun, da die Weinberge, wo richtig ge¬ 
spritzt wurde, noch sehr schön im Laube standen, auf den Oktober 
gesetzt Aber obgleich schöne Tage vorhanden waren, war doch 
auch dieser Monat im ganzen zu kühl, um noch eine große Quali¬ 
tätsverbesserung hervorzurufen. Trotzdem wurde bei dem noch 
schönen grünen Stande der Weinberge die Lese, solange noch irgend 
eine Verbesserung der Trauben zu erwarten war, hinausgeschoben. 

2. Die Lese. 

Die Lese begann den 18. September mit der des Frühburgun¬ 
ders, dann folgte den 25. Oktober der Spätburgunder, den 27. der 
Elbling, den 29. der Sylvaner, den 3. November der Riesling 
und zog sich die Rieslinglese bis Ende November hin; ja. in zahl¬ 
reichen Betrieben wurde noch bis zum 8. Dezember gelesen. 

Der Behang war in dem Versuchsweinberge Fuchsberg ein 
guter — sehr guter und scheint so die energische Bekämpfung des 


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14 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


Heu- und Sauerwurms in den Jahren 1901, 1902 und dem Berichts¬ 
jahre hier doch gut gewirkt zu haben. Weniger aber ist dies leider 
in Eibingen der Fall, wenn dort auch der Behang besser war als 
in den Vorjahren und den Nachbarn gegenüber, so hatte doch der 
Sauerwurm wieder */ g der Ernte vernichtet. 

Frühburgunder und Spätburgunder gaben nur verhältnismäßig 
geringe Erträge, besonders der Spätburgunder. Es liegt dies daran, 
daß beide Quartiere stark im Rückgang begriffen sind. Eine eigen¬ 
artige Krankheit macht sich sowohl bei Früh- wie Spätburgunder 
immer mehr geltend. Dieselbe besteht darin, daß plötzlich mitten 
im Sommer die einzelnen Stöcke den Trieb einstellen und nur noch 
kümmerlich weiter vegetieren oder ganz zu Grunde gehen. 

Die Erträge, pro Morgen (*/ 4 ha) berechnet, waren folgende: 
Frühburgunder 200 1 Most 

Spätburgunder 300 „ „ 

Sylvaner 1300 ,, ,, 

Elbling 3400 ,, „ 

Riesling Fuchsberg 900 „ „ 

Riesling Eibingen 300 „ „ 


Die Mostgewichte waren durchschnittlich höher wie 1901 und 
1902, trotz der höheren Erträge. 


Mostgewicht v. Öchsle 

Säure °, 

Frühburgunder 

81,1 

9,2 

Portugieser 

67,4 

11 

Spätburgunder 

76 

12,3 

Müllerrebe 

68,9 

. 11,7 

Elbling 

49,4 

14,8 

Sylvaner 

68 

11,1 

Riesling Fuchsberg 

78,5 

11,7 

Riesling Flecht 

88 

12,8 

Riesling, kriechende Reben 

67,4 

15,6 

Riesling, Drahterziehlung 

73,5 

12,9 


Die kriechenden Reben haben auch in diesem Jahre guten 
Ertrag gegeben, aber wie Mostgewicht und Säure zeigt auch wieder 
recht geringe Qualität, während die verbesserte Art am Drahte bei 
gleichem Ertrage wesentlich bessere Qualität lieferte. 

Die Moste kamen alle gut zur Durchgärung und fing der 
Jungwein an sich rasch zu klären; und da die Weine bei weiterem 
Lagern auf der Hefe nichts mehr gewinnen konnten, mußte zeitig 
mit dem Abstich begonnen werden. Der erste Abstich begann 
Ende Dezember und war auch mit den besseren Fässern schon An¬ 
fang Januar beendet. Die Weine haben sich weiter gut ausgebaut 
und sind alle sauber und reintönig. Sie haben von Säure nur 
Spuren verloren, so daß sie noch immer durchschnittlich als hart 
und sauer bezeichnet werden müssen. Trotzdem aber kann der 1903er, 
den 1901 und 1902em vorangesetzt werden, da er doch mehr Körper 
und Blume hat, wie diese. 


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A. Weinbau. 3. Versuche über die Dauerhaftigkeit des Pfahlmaterials. 15 


3. Versuche ttber die Dauerhaftigkeit des Pfahlmaterials nach 
verschiedenen Methoden imprägniert. 

Mit diesen Versuchen wurde im Jahre 1877 begonnen und 
sind dieselben bislang fortgefübrt worden. 20 verschiedene Impräg¬ 
nierungsmittel- und Arten kamen zur versuchsweisen Verwendung 
und wurden auf ihre Dauerhaftigkeit geprüft. Die einzelnen Ver¬ 
suche sind nun, da das Versuchsfeld zu anderen Zwecken verwendet 
werden soll, abgeschlossen worden und wird nun im folgenden eine 
Zusammenstellung der einzelnen Versuche gegeben werden. 


Imprägnierungsarten, resp. 
Methoden. 

Die Pfähle wurden imprägniert 
mit: 

Jahr 

des Ver¬ 
suchs¬ 
beginnes 

Jahr 

des Ver¬ 
suchs¬ 
schlusses 

Von 100 
gesteckten 
Pfählen 
standen 
noch auf 
der ersten 
Spitze 

Anzahl 

der 

Versuchs¬ 

jahre 

Teeröl . 

1877 

1904 

80 

27 

Spitzen gebrannt. 

Zinkchlorid, die Pfähle gerissen 

1881 

1896 

0 

16 

und grün imprägniert .... 
Kupfervitriol, Pfähle gerissen und 

1881 

1900 

o 

20 

grün. 

1881 

1904 

68 

23 

Kupfervitriol, Pfähle geschnitten 

1881 

1904 

56 

23 

Fettsäure. 

1881 

1892 

0 

12 

Sublimat. 

1881 

1904 

75 

23 

Zinkchlorid. 

1881 

1900 

0 

20 

Nicht imprägniert (Kontrolle) . . 

1881 

1896 

0 

16 

Kalkmilch und Schwefelsäure . . 

1884 

1897 

9 • 

1 

14 

Sidäriert. 

1884 

1897 

38 

14 

Kiefernpfähle in Teer gekocht . . 

1887 

1904 

68 

17 

Eichenholzpfähle in Teer gekocht 
Eichenholzpfähle mit Teer ange- 

1887 

1904 

50 

17 

gestrichen. 

1887 

1904 

20 

17 

Unimprägniert (Kontrolle) . . . 

1887 

1898 

0 

12 

Metvlviolett 1 : 1000 . 

1891 

1904 

4 ! 

13 

Metylviolett 1 : 500 . 

1891 

1904 

0 

13 

Metvlviolett 1: 250 . 

Kupfervitriol (kieferne Rundstämm- 

1891 

1904 

14 

13 

chen). 

1891 

1904 

87 

13 

Paraffin. 

1891 

1904 

20 

13 

Nichtimprägniert (Kontrolle) . . 

1891 

1904 

7 

13 

Chlormagnesium. 

1894 

1904 

21 

10 

Formaldehyd. 

1894 

1904 

45 

10 


Die Versuche wurden in dem Versuchsweinberge Fuchsberg 
in mildem, lehmigem Boden angestellt. In diesem Boden ist die 
Haltbarkeitsdauer des Kahlmaterials unimprägniert eine durchschnitt¬ 
lich normale, so daß der Versuchsweinberg für die Durchführung 
dieser Versuche sehr geeignet war. Betrachtet man die einzelnen 
Imprägnierungsmittel nach ihrer Wirksamkeit, so fällt sofort die 
hohe Haltbarkeit der mit Teeröl imprägnierten Pfähle in die Augen. 


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16 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


80 Pfähle stehen noch von 100 nach 27 Jahren auf derselben Spitze. 
Keine der anderen Methoden kommt dieser gleich. Leider ist in 
keinem der früheren Berichte angegeben, welcher Art dieses Teer¬ 
öl ist, ob wir es hier mit Kreosot oder Carbolineum zu tun haben. 
Es dürfte dies jedoch auf die Bedeutung des Versuches für die 
Praxis keinen Einfluß haben, da durch neuere Versuche festgestellt 
ist, daß beide Teerölarten Carbolineum und Kreosot in ihrer kon¬ 
servierenden Wirkung ziemlich gleich sind. Einer rückhaltslosen 
Empfehlung dieser Imprägnierungsart mit Teerölen steht nur die 
eine unangenehme Eigenschaft derselben entgegen, daß derart im¬ 
prägnierte Pfähle sehr leicht ihren eigenartigen prägnanten Geruch 
an die Trauben abgeben, und so die Weine völlig verdorben werden 
können. Durch eingehende Versuche hat sich gezeigt, daß diese 
Geruchs- und Geschmacksabgabe um so leichter und stärker vor sich 
geht, je weniger lang und intensiv das Pfahlmaterial mit Teeröl im¬ 
prägniert wurde. Es sollten deshalb nur in Teeröl mindestens 2 Stun¬ 
den lang gekochte Pfähle verwendet werden. Diese Anforderung ist 
um so mehr zu stellen, da nur mit geringer Wärme oder gar kalt 
behandelte Pfähle, auch eine viel geringere Haltbarkeitsdauer haben. 
Während die in Teeröl gekochten Pfähle nach 20 Jahren nur 10% 
Abgang zeigten, geben solche, die nur kalt behandelt waren, in dem¬ 
selben Zeitraum einen Abgang von 76%. Um die Gefahr einer 
Aufnahme von Geruchs- und Geschmacksstoffen seitens der Trauben 
bei Verwendung von mit Teeröl behandelten Pfählen zu beseitigen, 
ist das Lagern der fertigen Pfähle 1—2 Jahr vor dem Gebrauche 
und die Verwendung derselben hauptsächlich in Jungfeldern an¬ 
gezeigt. 

Auf das Teeröl folgt in der Haltbarkeitsdauer die Impräg- 
uierungsmethode mit Sublimat (Quecksilberchlorid). 75 Pfähle stehen 
hier von 100 gesteckten nach 23 Jahren noch auf derselben Spitze. 
Es steht somit das Sublimat in seiner konservierenden Wirkung dem 
Teeröl kaum nach. Nicht vergessen werden darf, daß die Versuche 
insofern nicht ganz einwandsfrei sind, weil nicht bei jeder Versuchs¬ 
reihe genau dasselbe Phahlmaterial verwendet worden ist, was aber 
bei dem zeitlich so sehr auseinander liegenden Beginn der einzel¬ 
nen Versuche nicht einzurichten war. Es sollen deshalb aus dieser 
Versuchsreihe nun die besten Methoden herausgegriffen und diese 
noch einmal einer eingehenden genauen Prüfung unterzogen werden. 
Bei der Imprägnierungsmethode mit Sublimat hat. sich ebenfalls heraus¬ 
gestellt daß es von größter Wichtigkeit ist daß die Pfähle genügend 
lang imprägniert werden. Ein Imprägnieren der ganzen Pfähle von 
der Spitze bis zum Fuße ist nicht unbedingt notwendig, aber dort 
angezeigt, wo beide Seiten des Pfahles verwendet werden sollen. 

Auch Kupfervitriol zeigt noch eine sehr gute Wirkung. Während 
bei Sublimat und Teeröl das Holzmaterial fast ausschließlich in 
trockenem Zustande behandelt wird, kann K\ipfervitriol mit gutem 
Erfolge nur bei grünem Holze verwendet werden und zwar am 
besten bei sogenannten Stangen pfählen oder Erdstämmchen, wie 
folgender Versuch beweist: 


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17 


A. Weinbau. 4. Verwendung von Kalkblüte. 

Kiefem-Pfähle gerissen grün imprägniert nach 13 Jahren noch 80% 
Kieferne Kundpfähle grün „ 13 ,, ., 87 „ 

Kieferne gesägte Pfähle 13 ., „ 65 ,, 

Unimprägnierte kieferne Pfähle „ 13 ., 43 ., 

Die Imprägnierungsmethode mit Kupfervitriol hat gegenüber 
derjenigen mit Sublimat und Teeröl den großen Vorzug, daß die¬ 
selbe jedermann zu Gebote steht, da sie leicht und einfach auszu¬ 
führen ist Die Haltbarkeitsdauer kann, wenn sie auch nicht so 
hoch ist, wie bei den beiden erstgenannten Mitteln, doch als eine 
gute und in vielen Fällen, wenn man die Preise der einzelnen Im¬ 
prägnierungsarten ins Auge faßt, als eine völlig genügende bezeichnet 
werden. 68 % stehen nach 23 Jahren noch auf derselben Spitze, 
während die unimprägnierten Pfähle schon nach 16 Jahren ganz 
ausgefallen sind. 

Als letztes brauchbares Mittel folgt noch mit 68 % guten 
Pfählen nach 17 Jahren der Teer. Soll der Teer als Imprägnierungs¬ 
mittel für Holzmaterial verwandt werden, so ist ebenfalls wie bei 
Teeröl ein Kochen der Pfähle in demselben unbedingt notwendig. 
Eine kalte Behandlungsweise oder gar nur ein Teeranstrich ver¬ 
leihen dem Holze nur geringe Dauer, wie folgende Zahlen zeigen: 

Kiefern pfähle in Teer gekocht noch 68% brauchbar nach 17 Jahren 
Kiefernpfähle angestrichen ,, 25 „ „ ..17 ,, 

Eichen holzpfähle in Teer gekocht noch 50 ,. „ ., 17 „ 

Eichenholzpfähle angestrichen „ 20 „ ., „ 17 „ 

Eichenholzpfähle unimprägniert,, 0 „ ,, ,, 12 

Die Imprägnierungsdauer muß sich bei kochendem Teere auf min¬ 
destens 2 Stunden belaufen. Auch diese Methode ist bei richtiger An¬ 
wendung noch gut brauchbar für die große Praxis, da sie ebenfalls 
den Vorzug der Einfachheit und Billigkeit hat und von jedem 
Praktiker angewandt werden kann. Teer kann nur bei ganz trockenem 
Holze verwendet werden und sollten die Pfähle ebenfalls nach der 
Imprägnierung ein Jahr lagern, ehe sie zum Gebrauche kommen. 

4. Verwendung von Kalkblüte zur Herstellung der Borde¬ 
laiser Brühe. 

Die Langsurer Kalkwerke in Langsur bei Trier bringen eine 
Kalkblüte in den Handel, die sich besonders gut zur Herstellung 
der Knpferkalkbrühe bei Bekämpfung der Peronospora eignen soll. 
Da es für den Winzer eine große Erleichterung bei Herstellung der 
Bordeauxbrühe wäre, wenn er stets ein billiges gutes Kalkpräparat 
von jahraus jahrein gleichmäßiger Beschaffenheit bekommen könnte, 
wurde die Langsurer Kalkblüte im Berichtsjahre einer genauen 
praktischen Prüfung unterzogen. 

Diese Kalkblüte wird nach Angabe der Firma aus bestem aus¬ 
gesuchtem Stückkalk gewonnen, welcher durch ein besonderes Ver¬ 
fahren hvdratisiert und staubfein gesiebt wird. Es stellt also dieses 
Produkt keinen gemahlenen Kalk dar. 

Oetaefiheinier Bericht 1900. 2 


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18 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


J 


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Nachdem nun die Kalkblüte während des Sommers 1903 in 
Verwendung war, hat es sich gezeigt, daß dieselbe gegenüber dem 
Stückkalk und dem gelöschten Kalke wesentliche Vorteile hat, die 
in folgendem bestehen: 

Infolge der großen Gleichmäßigkeit und Reinheit der Kalkblüte 
genügt eine Zugabe gleicher Mengen Kalk, wie Kupfervitriol zuge¬ 
geben wird, also für 1 prozent. Mischung 1 kg Kupfervitriol und 
1 kg Kalkblüte. Eine Prüfung der Spritzflüssigkeit mit Lakmus 
oder Phenolphtaleinpapier kann so in Wegfall kommen. Die Hand¬ 
habung mit der Kalkblüte ist eine einfache und bequeme. Die ein¬ 
zelnen Brühen werden bei der Kalkblüte in ihrer Zusammensetzung 
gleichmäßiger, wie bei Stückkalk, resp. gelöschtem Kalke. Das so 
lästige Verstopfen der Spritzen kommt hier fast völlig in Wegfall. 
Es kann so die Langsurer Kalkblüte zur Verwendung in der Praxis 
nur bestens empfohlen werden. Nicht unerwähnt bleiben darf, daß 
auch die Kalkblüte mit der Zeit sich in ihrer Beschaffenheit ver¬ 
ändert und man sich deshalb tunlichst nur den Bedarf für eine 
Saison auf Lager legen sollte. Die Veränderung ist allerdings eine 
viel langsamere als bei dem gewöhnlichen Kalk, man wird aber 
immerhin nach längerem Lagern bei Bemessung der Kalkmenge 
darauf Rücksicht nehmen müssen. Die Aufbewahrung des Präparats 
geschieht am besten auf einem trockenen Speicher. 

5. Schwefelschnitten mit Metalleinlage. 

Die Firma Drexhage, Wiesbaden, sandte der Lehranstalt eine 
neue Art von Schwefelschnitten. Dieselben weichen von den 
bislang gebräuchlichen insofern ab, als an Stelle einer Papier- oder 
Tucheinlage ein feines Drahtnetz dem Schwefel als Unterlage dient. 
Der Erfinder will damit zweierlei bezwecken. Er will einmal den 
so lästigen Geruch des verbrennenden Papieres oder gar des Tuches 
völlig entfernen und dann weiter durch dieses Drahtnetz ein stärkeres 
Verbrennens des Schwefels und ein geringeres Abtropfen desselben 
herbeiführen. Beide Zwecke sind ihm in seinem Fabrikate gelungen. 
Diese neuen Schwefelschnitten tropfen dadurch bedeutend weniger 
ab, wie gewöhnliche Schnitten, daß der heiße, herunterlaufende 
Schwefel über das glühende Drahtnetz streicht und so weiter ver¬ 
brennt. Infolge dieser guten Verbrennung des Schwefels können 
diese Schwefelschnitten auch kleiner sein, wie die gewöhnlichen, so 
daß der Preisunterschied kein sehr großer ist. 

6. Versuche mit Hagelraketen. 

Nach dem durch Dr. Vidal aus Hyeres, Frankreich gemachten 
Erfahrungen sollen Raketenschüsse gegen Hagel sicherer wirken 
als Kanonenschüsse. Demzufolge hat der Straßburger Pyrotechniker 
Sch erd 1 in sich mit der Herstellung solcher Wetterraketen befaßt 
und auch eine Rakete (Fig. 1) in den Handel gebracht, die den an sie 
gestellten Anforderungen gerecht werden soll. Die Raketen sind 30 cm 


Gck igle 


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A. Weinbau. 6. Versuche mit Hagelraketen. ]<) 

lang und bestehen aus einer Auftriebladung aus Pulver und einer 
Sprengladung in der spitzen Kuppe, welche in einer bestimmten 
Höhe durch ihre Explosion die Erschütterung und Teilung der 
Wolken hervorrufen soll. Die Rakete wird an einen langen Stab 
von 2 m angebunden, welcher ihr als Steuer und Regulator beim 
Auftriebe dient An den einzelnen Schie߬ 
stationen wird ein 2,50 m hoher Pfahl ein¬ 
gerammt, an welchem die Rakete mittels zweier 
angebrachter Nägel oder Ösen aufgehenkt wird. m 
An der Rakete befindet sich eine lange Zünd¬ 
schnur, die dem Anzünder erlaubt sich genügend ■< 
weit zu entfernen. Das Anzünden der Schnur 
geschieht am besten wegen des meist rasch ein¬ 
tretenden Regens mit einer kleinen Fackel, Sturm¬ 
hölzer usw. versagen meist zu leicht. Um nun 
diese Hagelraketen auf ihre Leistungen zu prüfen, 
wurden letzten Sommer bei verschiedenen starken 
Gewittern solche zur Anwendung gebracht. Bei 
keinem der Gewitter konnte ein wesentlicher 
Erfolg beobachtet werden, was allerdings auch 
daran liegen mag, daß eine ganze Reihe von 
Raketen im entscheidenden Moment entweder 
ganz versagten oder aber nur wenige Meter hoch 
stiegen. Der Verfertiger gibt an, daß die Raketen 
600—700 m steigen. Eine solche Höhe konnte 
hier niemals auch nur annähernd beobachtet 
werden. Von 20 aufgebrauchten Raketen sind 
nur 5 annähernd 3—400 m gestiegen, 5 haben 
gänzlich versagt, 3 sind direkt nach dem Ab¬ 
brennen des Zünders, nachdem sie nur wenige 
Meter gestiegen, geplatzt, so daß die Sache nicht 
ganz ohne Gefahr für die Umstehenden war, 
und 8 sind regellos bald etwas höher bald 
niedriger gestiegen, ohne aber auch nur halb¬ 
wegs die angegebene Höhe von 600 nr erreicht 
zu haben. Es kann so nach den hier und auch 
anderwärts gemachten Erfahrungen gesagt werden, Flg-1- Wetterrakete, 
daß die Scherdlinschen Hagelraketen noch nicht 
genügend zuverlässig hergestellt sind und die Bekämpfung schwerer 
Gewitter mit solchen Raketen zur Zeit wohl kaum gelingen dürfte. 

Auf dem Gebiete des Weinbaues und der Kellerwirtschaft 
wurden im Berichtsjahre noch eine Reihe Kulturversuche verfolgt. 
Dieselben konnten wegen starker Inanspruchnahme des Bericht¬ 
erstatters infolge der Übernahme des DomanialWeingutes nicht zu 
Ende geführt werden. Über dieselben wird im nächsten Jahre aus¬ 
führlich Bericht erstattet. 

Seufferheld. 


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20 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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Bericht 

der Rebenveredelungsstation Eibingen-Geisenheim. 


1. Die Frühjahrs Veredelung. 

Wie in den Vorjahren kam auch im Betriebsjahr wieder eine 
größere Anzahl Wurzel- und Blindreben (.‘1500 Wurzel- und 3100 
Blindreben) im Frühjahr, und zwar in der Zeit vom 29. April bis 
11. Mai zur Veredelung und wurde die Hauptmasse dieser Verede¬ 
lungen wie in den Vorjahren behandelt und vorgetrieben. Kleinere 
Versuche wurden dabei angestellt bez. der Verwendung von Körben 
anstatt Kisten zum Einschichten und Vortreiben, der Anwendung 
von Holzkohle als Deckschicht, des Vortreibens ohne Verband, des 
Stiftveredelns usw., Versuche, über welche weiter unten ausführlich 
berichtet sei. 

Die Herstellung und das Vortreiben der Veredelungen verlief 
ohne weitere Störung. Beim Abhärten jedoch trat der Mangel eines 
genügenden Abhärtungskastens zu Tage, ein Umstand, welcher um 
so unangenehmer fühlbar wuide, als die Witterung im Mai un¬ 
gewöhnlich lange Zeit kühl blieb und die Veredelungen länger als 
sonst unter Glas gehalten werden mußten. Es zeigte sich hierbei 
recht deutlich, welch ein wichtiger Faktor beim Gelingen der Reb- 
veredelung das rechtzeitige Abhärten ist und wie notwendig es ist, 
die Veredelungen nicht länger in dem Treibraum zu lassen, als bis 
die Verwachsung gerade vor sich gegangen ist und die Triebchen 
zu spitzen beginnen. 

Mit dem Auspflanzen der Wurzelreben wurde am 3. Juni, mit 
dem der Blindreben Mitte Juni begonnen. Die Witterung war nach 
dem Auspflanzen der Blindreben heiß und trocken, so daß ein 
Schattieren der jungen Triebe durch Beistecken von Tannenreisig 
notwendig wurde. Trotzdem ging ein Teil der Triebe infolge der 
Trockenheit zurück, und wenn auch davon die Mehrzahl durch Bei¬ 
augen wieder austrieb, so entstand in der allgemeinen Entwicklung 
ein erheblicher Schaden. Um dem vorzubeugen, sollen im kommenden 
Jahre Versuche mit einem regelrechten, dichten Schattieren an¬ 
gestellt werden. 

Ein allgemeines und regelrechtes Bewässern der eingeschulten 
Veredelungen fand nach den in den Vorjahren gemachten Beobach¬ 
tungen nicht mehr statt. Schien doch die Ansicht, daß dadurch 
das Wachstum der Triebe infolge erleichterter und vermehrter 
Bildung von Wurzeln aus dem Pfropfreis wohl gefördert, die Pro¬ 
duktion eines guten, kräftigen Verwachsungsgewebes aber benach¬ 
teiligt wird, nur allzu begründet und wurde durch einen in diesem 
Jahre durchgeführten vergleichenden Versuch bestärkt. 


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Bericht der Rebenveredelungsstation Eibingen-Geisenheim. 


21 


Wirkung der Bewässerung. Es wurden 4 Zeilen der Wurzel¬ 
holzveredelungen während der Monate Juni und Juli regelmäßig 
bewässert. Die spätere, andauernd feuchte und regnerische Witte¬ 
rung machte ein Wässern überflüssig und wirkungslos. Trotz dieser 
kurzen Bewässerungsperiode zeigte sich in der zweiten Hälfte des 
Juli beim Aufdecken der Verwachsungsstelle, daß diese Veredelungen 
in auffallend stärkerem Maße Wurzeln aus dem Pfropfreis gebildet 
hatten als die nicht bewässerten Pfröpflinge. Ob sich auch in dem 
Grad der Verwachsung ein Unterschied findet, wird erst bei Her¬ 
ausnahme der Veredelungen im kommenden Jahr festgestellt werden 
können. 

Bis auf weiteres sollen noch sämtliche Veredelungen, soweit 
sie nicht notwendig für die Versuchspflanzungen zu Hochheim und 
Braubach gebraucht werden, an Ort und Stelle in der Rebschule 
belassen werden, um eine Störung der Bewurzelung möglichst zu 
vermeiden und eine Kräftigung der Veredelungen durch Weiterkultur 
in der Rebschule zu erzielen. Eine genaue und endgültige Fest¬ 
setzung der Verwachsungsprozente ist infolgedessen zur Zeit nicht 
möglich. Nachstehende Liste gibt nur eine vorläufige Übersicht 
über das Ergebnis des Pfropfens, soweit sie nach einer im Herbst 
stattgehabten Zählung der Veredelungen zusammengestellt werden 
konnte. 


Wurzelreben: Liste I. 






g - 





> 


3* "** 





3 

•J3 

O 

c 

W_ 

5 Ol. cf 



Pfropfsorte 

Unterlage 

S 

OTS 

C 

~ 3- 

2 

3- S£: c- 

0 

. 0 




cro’ 

or^ 

ST £12 





cf- 









QTQ 



Riesling 

Riparia Gloire. 

50 

28 

21 

42 



„ Geisenheim . . . 

80 

63 

48 

60 



0 2. 

249 

154 

139 

56 

Kop.ohn.Verb. 



260 

195 

159 

61 

.. mit ,, 


M .. 

260 

181 

149 

57 

Stiftvercdol. 



200 

134 

116 

58 



Riparia-Rupestris G 12 . . 

62 

49 

36 

58 



Rupestris-Riparia St. M. d. 

123 

101 

1 36 | 

! 29 



Cordifolia-Rnpestris G 19 . 

109 | 

107 

49 | 

45 



Durchschnitt 

1393 

— j 

! 753 ! 

! 54 


Sylvaner 

Riparia G 2. 

345 

301 

269 i 

i 81 



G 64. 

18 

15 

11 

61 

. 


G 60 . 

20 

20 i 

i 18 ! 

90 



G 72 . 

25 

25 i 

1 19 i 

76 



G 74 . 

20 

20 

1 19 | 

95 



G 78 . 

27 

27 

25 

93 



G 180 . 

18 

18 , 

i 16 i 

1 89 



G 188 . 

9 

9 

! 6 1 

1 67 



Durchschnitt 

482 

— 

383 | 

| 80 



Rupestris HG 9 .... 

30 

30 ! 

12 

40 



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22 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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Pfropfsoite 

Unterlage 

Angefertigt 

Eingelegt 

Vorhanden 
bei der Zählung 
im Herbst 

°l 

10 



Riparia-Rupestris G 11 . . 

134 * 

119 

100 

75 



G12 . . 

33 

28 

13 

40 



G13 . . 

155 

131 

105 

67 



G 14 . . 

16 

14 

9 

56 



„ G 15 . . 

178 

138 

130 

73 



G 81 . . 

17 

15 

7 

41 



G 88 . . 

31 

22 

15 

48 



Rupestris-Riparia St. M. c . 

102 

80 

53 

52 



Durchschnitt 

666 

— 

432 

65 



Cordifolia-Rupestris G 17 . 

70 

53 

45 

64 



G 19 . 

126 

95 

78 

61 



Solonis. 

140 

52 

34 

46 

Kop. mitZang© 


. 

140 

127 

65 

24 

Stiftveredel. 


Cabernet-Rup. 33a MG.. . 

49 

38 

23 

48 



Solonis-York Madeira G 159 

27 

27 

20 

74 



Riesl.-Solonis G157 . . . 

31 

31 

18 

58 



Solonis-Gutedel G 96 . . . 

21 

20 

16 

76 



„ G197 . . 

25 

21 

16 

64 



Solonis-Riparia G177 . . 

17 

17 

15 

89 



Riparia-Trullinger G37 . . 

27 

27 

13 

48 



„ G 55 . . 

22 

19 

14 

63 



„ G56 . . 

28 

28 

11 

40 



Trullinger-Riparia G 51 . . 

65 

63 

39 

60 



„ G 98 . . 

44 

41 

34 

77 



„ G 145 . 

50 

40 

34 

68 



Durchschnitt bei sämtlichen 







Sylvaner. 

2060 


1302 

63 


Spät¬ 

Riparia Gloire. 

50 

6 

3 

! 6 


burgunder 

„ Geisenheim . . . 

78 

29 

29 

i 37 



Rupestris-Riparia St. M. d . 

82 

| 39 

32 

1 39 


Blindreben: 




Riesling 

Riparia Gloire. 

910 

774 

1 260 

29 



Rup.-Rip. St. M. d ... 

150 

93 

1 32 

22 



Rupestris monticola . . . 

50 

45 

9 

18 



Aj*amon-Riparia 143 MG. . 

75 

55 

36 

48 



Cabernet-Rupestris 33a MG. 

60 

31 

7 

12 



Cordifolia-Rupestris G 20 . 

50 

49 

: s 

16 



Durchschnitt 

1295 

— 

352 

27 


Sylvan er 

Riparia Gloire. 

300 

210 

! 87 

29 



Rip.-Rup. G 11. 

500 

454 

128 

26 



Rup.-Rip. St. M. e ... 

300 

5 

5 

2 



Cordifolia-Rup. G 17 . . . 

75 

1 75 

41 

41 



G 19 . . . 

75 

! 41 

23 

30 



G 20 . . . 

75 

j 17 

17 

23 



Cabernet-Rup. 33a MG . . 

40 

' 12 

6 

15 



Durchschnitt 

1365 

| — 

i 307 

23 


Spät- 

Riparia Gloire. 

500 

f 425 

! 22 

4 


burgunder 



1 





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Bericht der Rebenveredelungsstation Eibingeu-Geisenheim. 


23 


Wie aus dieser Liste ersichtlich, ist das Ergebnis bei Wurzel¬ 
holzveredelungen verhältnismäßig gut und darf wohl als befriedigend 
angesehen werden. Bei den Blindholz Veredelungen jedoch ist teil¬ 
weise ein erheblicher Ausfall zu verzeichnen, welcher bei den in 
größerer Zahl angefertigten Burgunder-Veredlungen am meisten her¬ 
vortritt. Es war dieser Ausfall bereits beim Vortreiben zu be¬ 
merken und ist größtenteils auf das zu den Edelreisern verwandte, 
nicht fehlerfreie Holz zurückzuführen. Des weiteren hat sich bei 
den Blindholzveredelungen, wie bereits eingangs erwähnt, das zu 
lange Vortreiben und die ungünstige Witterung nach dem Einschulen 
nachteilig geltend gemacht. 

Über die beim Veredeln und Vortreiben vorgenommenen Ver¬ 
suche sei Nachstehendes berichtet: 

Vortreiben in Körben. Durch österreichische Mitteilungen 
auf die Verwendbarkeit von Körben anstatt der schweren Kisten 
aufmerksam gemacht, wurden 4 Körbe versuchsweise eingestellt. 
Dieselben hatten eine Größe von 60 X 50 X 50 cm. Beim Einlegen 
der Veredelungen wurden sie auf die hohe Kante gelegt. 

Das Vortreiben ging in den Körben vortrefflich von statten, 
obgleich ein dichter Verschluß, wie bei den Kisten üblich, liier weg¬ 
fallen mußte und die Veredelungen eben nur mit einer leichten 
Moosschicht bedeckt worden waren. Die Durchlässigkeit des Korb¬ 
geflechtes läßt die Wärme beim Vortreiben leicht in das Innere des 
Korbes eindringen, wodurch ein Vorteil bei Verwendung der Körbe 
entsteht. Dagegen besitzen dieselben den Nachteil, daß sie, wenn 
gefüllt, wenig fest und stabil sind, die Wände sich leicht biegen 
und dadurch Erschütterungen und Verrutschungen der Veredelungen 
herbeigeführt werden. Aus diesem Grunde dürften die Kosten für 
den größeren Betrieb den Vorzug behalten. 

Anwendung feiner Holzkohle als Deckschicht. Beim 
Vortreiben tritt häufig der Fall ein, daß die jungen Triebchen, so¬ 
lange die Veredlungen noch in der feuchtwarmen Atmosphäre des 
Treibhauses sich befinden, zu faulen beginnen. Um diesem Um¬ 
stande vorzubeugen, wurde, nachdem die Veredelungen ca. 6 Tage 
vorgetrieben, versuchsweise die feuchte, auf dem Drahtgitter ruhende 
Moos-Deckschicht entfernt und durch reine Holzkohle ersetzt. Auch 
wurden die Augen der Edelreiser mit fein pulverisierter Holzkohle 
überstreut. Dadurch wurde die weitere Entwicklung der Ver¬ 
edelungen in keiner Weise beeinträchtigt ein Faulen der Triebe 
aber erfolgreich verhindert 

Vortreiben mit und ohne Verband der Veredelungs¬ 
stelle. Die Beobachtungen Kohors (Mitteilungen d. Ver. z. Sch. 
d. österr. Weinbaus 1903, S. 2220), welcher einen Verband beim 
Vortreiben für geradezu nachteilig hält und sich dahingehend äußert, 
daß der ungehinderte Zutritt von Luft zur Entwicklung des Gallus 
unbedingt notwendig jscL gaben Veranlassung, einen vergleichenden 
Versuch mit und ohne Verband nochmals anzustellen, nachdem 
bereits in den Jahren lß99 und 1900 diese Erage an hiesiger Station 
behandelt worden_war. Seinerzeit konnte kein wesentlicher Unter- 


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24 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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schied zwischen verbundenen und nicht verbundenen Veredelungen 
festgestellt werden; ein kleiner Vorteil lag zu Gunsten des Ver¬ 
bandes. Es waren nämlich seinerzeit gewachsen: 

bei nicht verbundenen Veredlungen 30%, 
bei verbundenenen Veredlungen 33 %. 

Es wurde dieser Versuch im vergangenen Frühjahr wiederholt, 
wobei besonders auf möglichst gleichmäßiges Unterlagsmaterial und 
gleich gute Edelreiser geachtet wurde. Auch wurden die Vered¬ 
lungen beider Versuchsreihen von ein und demselben Veredler aus¬ 
geführt, um eine möglichst gleiche Ausführung und Behandlung 
zu erzielen. 

Es ergab sich nun: 

a) bei 249 Wurzelreben von Riparia G2 ohne Verband: 56%, 

b) „ 260 „ „ „ „ mit „ : 61%. 

Als Verband diente hierbei der bekannte Papier-Baumwachs¬ 
verband. (Dünnes Pprgamenfpflpipr mit wa rmfliissig om Baumwachs 
bestächen.) 

Dieses Resultat deckt sich im allgemeinen mit dem im Jahre 
1900 gefundenen; es steht jedenfalls den Beobachtungen Kobers, 
nach \velehen ein Verband -auf- die. Verwachsung nachteilig, wirkt, 
ent geg en. Der ungehinderte,.freie Zutritt von Luft zur Verwachsungs¬ 
stelle scheint demnach zur Callusbildung keineswegs in dem -Maße 
notwendig zu sein, wie Kober annimmt. 

Ob der bei obigem Versuch gefundene Unterschied zu Gunsten 
des Verbandes tatsächlich diesem letzteren zuzuschreiben ist, bleibe 
noch dahingestellt, da andere Faktoren, wie Beschaffenheit des 
Holzes, der Edelreiser usw. leicht geringe Ungleichheiten im Resultat 
solcher Versuche verursachen können. Immerhin bleibt die Mögliche 
keit nicht ausgeschlossen, daß ein-Verband neben deoLiesten Halt, 
den er der Veredelung gibt, gerade durch den Luftabschluß. unter 
Umständen ein Vertrocknen der Schnittflächen verhütet und so 
günstig auf die Verwachsung wirken -4»nn. Dieser Fall dürfte vor 
allem dann hervortreten, wenn es sich um ein -langes Stratifizieren 
der Veredelungen handelt. Wenn aber, wie beim Vortreiben, die 
Callusbildung rasch bewirkt wird, dann berechtigen die obigen Ver¬ 
suche zu dem Schluß, daß der Verband überhaupt nur eine neben¬ 
sächliche Rolle spielt. 

In südlichen Ländern, z. B. Italien, woselbst zur Zeit der An¬ 
fertigung der Veredelungen die Außen- und Bodentemperatur bereits 
hoch genug ist, um eine rasche Callusbildung hervorrufen zu können, 
scheint der gleiche Fall einzutreten. Wenigstens berichtete Herr 
Landes-Ökonomierat Goethe im vergangenen Jahr aus Italien, daß 
man dort zwar vielfach mit Bast verbindet, ohne Verband aber 
gleich gute Resultate erzielt. 

Veredelungen von Sylvaner auf Sylvanerunterlagen. 
Um Aufschluß darüber zu bekommen, wie sich die Verwachsung 
bei Rebveredelungen dann gestaltet, wenn die Pfropf Verwandtschaft 
(Affinität) zwischen Pfropfreis und Unterlage die denkbar größte ist, 
wurde eine Anzahl Veredelungen von Sylvaner auf den gleichartigen 


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Bericht der Rebenveredelungsstation Eibingen-Geisenheim. 


25 


Unterlagen hergestellt Es wurde erwartet, daß in diesem Falle die 
Veredlungsfähigkeit die denkbar beste, der Verwachsungsprozeutsatz 
der höchste sein würde. Das Ergebnis widerspricht aber dieser 
Voraussetzung, denn von 70 Veredelungen wuchsen nur 34, also 
49 %, was weniger als der Durchschnitt bei Amerikanerunterlagen 
ist Es scheint demnach die spezifische Veredelungsfähigkeit in vielen 
Fällen beim Gelingen der Rebenveredelung nicht die Rolle zu spielen, 
die man ihr seither beizumessen geneigt war. Vielmehr dürfte in 
weitaus den meisten Fällen das Ge- oder Mißlingen einer Reb- 
veredlung in der Beschaffenheit des Holzes der Unterlage und des 
Pfropfreises, der Ausführung der Veredlung und der Behandlung 
beim Vortreiben und Einschulen zu suchen sein. 

Veredeln mittels Anplatten (Greffe Plessard-Plaine). 
Diese Veredelungsmethode ist bereits in den Jahresberichten 1899/1900 
und 1900/01 ausführlich beschrieben und deren Ausführung durch 
Abbildung im Jahresbericht 1899/1900 Seite 40 verdeutlicht worden. 
Die Ausführung beruht darauf, daß das oberste Auge der Unterlage 
durch ein entsprechend zugeschnittenes Auge des Propfreises er¬ 
setzt wird. 

Es wurden auf diese Art und Weise wiederum eine Anzahl 
Veredelungen hergestellt und ein gleich guter Erfolg erzielt wie in 
den Vorjahren. War auch der Prozentsatz der Verwachsungen nicht 
höher wie beim englischen Kopulieren, so bleibt doch nicht aus¬ 
geschlossen, daß mit obiger Methode vielleicht bessere, kräftigere 
Verwachsungen erzielt werden. Ein Urteil wird erst bei Heraus¬ 
nahme der Veredelungen im nächsten Jahre gewonnen werden können. 

Das Stittpfr-opfen (Stiftveredelung). Laczay-Szabo ver¬ 
öffentlichte bekanntlich .lMü_-(Wemlaubc.S. 531). eine neue Pfropf¬ 

methode, welche infolge ihrer Eigenart berechtigtes Aufsehen erregte. 
An Stelle des seither allgemein üblichen festen Aneinanderfiigens 
der Schnittflächen von Pfropfreis und Unterlage ließ er eine Lücke 
zwischen beiden und sorgte nur durch einen in das Mark ein¬ 
geführten Holzstift für den mechanischen Halt der ganzen Veredelung. 

LAfizay-^ging- hierbei-.-von--folgender Theorie aus: Der das 
Verwachsen der Veredelung zuwege bringende Stoff ist der Callus, 
dessen Substanz zuerst leicht-flüssig, später, gallertartig und zuletzt 
mehr oder weniger fe st is t. Je mehr Callus sich in der ersten 
Periode der Verwachsung bildet und je gleichmäßiger sich dieser 
an den Schnittflächen der Unterlage wie des Pfropfreises lagert, 
desto gesicherter ist das fehlerlose Verwachsen der Veredelungen. 
Den größten Antrieb zur Verwachsung der beiden Teile gibt aber 
nach Laczay der Druck, den die durch ihre Vermehrung sich 
häufenden Callusmassen aufeinander ausüben. Je. mehr Callus sich 
anhäuft^-desto- größer wir d, dieser Druck. 

Bei der innigen Berührung der Schnittflächen wird nun der 
Callus-nach dem Rande zu, nach außen gedrängt, wo er funktionslos 
wird. Daher soll nach Laczay das feste Aneinanderpressen der 
Schnittflächen nicht nur die Verwachsung nicht fördern, sondern 
im Gegenteil hindern. Darum ließ Laczay, um dem Callus mehr 


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26 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


Raum zur Entwicklung zu geben, zwischen Pfropfreis und Unterlage 
eine Lücke. 

Versuche über die Lückejivßredeluug sind seit einigen Jahren 
an der Rebveredelungsstation Engers mit dem Ergebnis ausgeführt 
worden, daß der Yemachsaxngsprozentsatz hierbei eio-rec ht geringer 
ist, die wfijiige a gewach senen Veredlungen aber allerdings eine gute 
und feste Verbindung „zwisch en Pfro pfreis und Unterlage zeigen. 
(Der große Vorteil, den der Theorie nach diese Methode gegenüber 
/der englischen Kopulation geben sollte, ist bis jetzt wenigstens noch 
„nicht eingetroffen. Wenn trotzdem noch weitere Versuche mit 
dieser Methode angestellt wurden, so geschah es im Hinblick auf 
die gegenüber der englischen Kopulation viel leichtere und ein¬ 
fachere Ausführung dieser Methode, woraus ein Vorteil entspringt, 
an den Laczay selbst wohl ursprünglich nicht gedacht hat. 

Bei den nachstehend erwähnten Versuchen wurde nun die 
Laczay sehe Methode noch in der Weise abgeändert, daß das 
Pfropfreis nur lose auf die Unterlage aufgesteckt wurde, die be¬ 
lassene Lücke also nicht so groß war, wie sie Laczay vorschreibt. 
Vielleicht ist es diesem Umstande zuzuschreiben, daß die Zahl der 
Verwachsungen gegenüber den in Engers gemachten Versuchen hier 
verhältnismäßig hoch gekommen ist. 

Zur Verwendung kam der wagrechte und der schräge Schnitt. 
Es ergab sich: 

1. bei schrägem Schni tt: 

von 2ÜD Wurzelholzveredelungen von Riparia G 2 mit Stiftveredelung: 
57 % An wachs; 

von 260 Wurzelholzveredelungen von Riparia G 2 mit Kopulations- 
schnitt mit Zunge: 61% Anwachs; 

2. bei wagrechtem Schnitt: 

von 140 Solonis-Wurzelholzveredelungen mit Stiftveredelung: 46 % 
An wachs; 

von 140 Solonis-Wurzelholzveredelungen mit schrägem Kopulations¬ 
schnitt mit Zunge: 24% Anwachs. 

Beim schrägen Schnitt tritt hiernach ein Vorteil der Stift¬ 
veredelung prozentual gegenüber den Vergleichsveredelungen nicht 
hervor, jedoch ist der Unterschied in der Zahl der Verwachsungen 
nicht erheblich. Beim wagrechten Schnitt ist der Vorteil gegenüber 
der althergebrachten Kopulationsmethode auffallend. Er ist -dadurch 
erklärlich, daß beim wjgj-echten Schnitt die Schnittfläche auf das 
kleinstmögliche Maß beschränkt und infolgedessen zur Verwachsung 
nur so wenig wie möglich.-CaUus beansprucht wird. 

Vorausgesetzt, daß das obige Resultat sich bei weiteren ver¬ 
gleichenden Versuchen bestätigt, so würde künftighin in der Ver¬ 
wendung des wagrechten Schnittes mit Stift ein nicht unerheblicher 
Vorteil entstehen. Weitere diesbezügliche Versuche sollen im 
kommenden Jahr angestellt werden. 


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Bericht der Rebenveredeluogsstation Eibiogen-Geisenheim. 


27 


' 2 . Callusbildung bei verseliieden zugcsehnittenein Pfropfreis. 

Von Seite mancher Praktiker und Veredeler wird der Lage des 
Pfropfschnittes zu dem darüber befindlichen Auge eiue gewisse Be¬ 
deutung bei dem mehr oder weniger guten Verwachsen der Ver¬ 
edelungen zugeschrieben. So äußerte sich z. B., wie im Vorjahr 
bereits berichtet, F. Richter aus Montpellier gelegentlich eines Be¬ 
suches der hiesigen Station dahin, daß der Schnitt des Pfropfreises 
am besten seitlich zu dem darüber befindlichen Auge zu führen sei, 
da alsdann die Callusbildung am gleichmäßigsten sich vollziehe. 

Nachdem bereits bei dem im Vorjahre daraufhin angestellten 
Vercdelungsversuch ein negatives Resultat erzielt worden war, sei 
auf Grund der nachfolgenden Probe berichtet, daß ein Einfluß der 
Stellung des Auges auf die Callusbildung absolut nicht beobachtet 
werden konnte. 

Je 25 Edelreiser wurden 

1. schräg vom Auge weg, 

2. schräg nach dem Auge zu, 

3. schräg seitlich zum Auge und 

4. horizontal gerade 

zugeschnitten. Beim schrägen Schnitt war die Callusbildung stets 
am untern Ende am stärksten, am gleichmäßigsten aber war sie 
beim wagrechten Schnitt. (Fig. 2.) Es gilt auch bei der Rebe der 



Fig. 2. Callusbildung. 


Satz: Je kürzer der Schnitt, desto kleiner ist die Wundfläche und 
desto gedrängter und gleichmäßiger die Callusbildung. 

Das gute Resultat, welches bei der Stiftveredelung mit wag¬ 
rechtem Schnitt erzielt worden ist, dürfte hierauf zurückzuführen sein. 

3. Versuche mit Okulation der Reben. 

Bereits im Sommer 1902 wurden auf Anregung des Herrn Landes¬ 
ökonomierat Goethe Versuche mit dem Okulieren grüner Augen im 
Sommer angestellt, einer Veredelungsmethode, welche in Südfrank- 


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28 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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reich namentlich dann Verwendung findet, wenn es auf eine schnelle 
Vermehrung neuer Sorten, von denen noch wenig Holz vorhanden 
ist, ankommt. Nach Baltet findet die Methode in Frankreich auch 
zur Veredelung ganzer Weinberge Verwendung. 

Das Okulieren wird ausgeführt zur Zeit, zu der man die Grün- 
veredclung vorzunehmen pflegt Die Unterlage muß noch grün, das 
einzusetzende Auge aber kann bereits ausgetrieben sein. 

Leider ergaben die Versuche von 1902 ein ebensowenig gutes 
Resultat, wie es seither mit der Grün Veredelung erzielt worden war. 
Nur wenige Okulationen wuchsen weiter, während in weitaus den 
meisten Fällen die Augen vertrockneten. 

Von der Voraussetzung ausgehend, daß vorjährige, bis zur 
Verwendung im Keller stratifizierte Augen widerstandsfähiger und 
infolgedessen besser sein könnten, wurden im vergangenen Jahr bei 
Solonis 800, bei Riparia 900 derartige Okulationen vorgenommen, 
leider aber auch diesmal ohne Erfolg. Ein besseres Resultat wurde 
jedoch an einer marmen Mauer mit 56 Okulationen mit grünen 
Augen erzielt, von denen 10 weiter wuchsen. Dieser Erfolg dürfte 
der geschützten Lage an der Mauer zuzuschreiben sein. 

Im allgemeinen ergibt sich aus den Okulationsversuchen der 
beiden Jahre 1902 und 1903, daß diese Veredelungsmethode in 
unseren klimatischen Verhältnissen zur Erzielung sicherer Resultate 
ebensowenig geeignet ist wie die Grünveredeluug. Nur an besonders 
günstig gelegenen, warmen Stellen kann das Okulieren bei günstigen 
Witterungsverhältnissen mit einiger Aussicht auf Erfolg Verwendung 
finden. 


4. Vermehrung und Bewurzelung der Unterlagsrcben. 

Es wurden 16 620 Blindreben der verschiedensten Unterlags¬ 
sorten zur Bewurzelung eingelegt, einesteils, um Wurzelreben zur 
Anlage neuer Schnittweingärten und zur Veredelung zu gewinnen, 
andern teils, um weitere Anhaltspunkte über die Vermehrungsfähigkeit 
noch nicht genügend geprüfter Sämlinge und neuer Hybriden zu 
erhalten. Auffallend neue Anhaltspunkte ergaben sich hierbei nicht 
Ara schlechtesten bewurzelten sich wiederum Berlandieri und Aesti- 
valis, mit Ausnahme von Aestivalis G 134, welche sich bereits im 
Vorjahre besser als die anderen vermehrt hat. Beachtenswert ist, 
daß die Rupestris sich im allgemeinen reichlich und zahlreich be¬ 
wurzelten, obgleich ihre Holzreife seither zu wünschen übrig ließ. 
Desgleichen vermehrte sich Solonis diesmal besser als in den Vor¬ 
jahren. 

Beim Eiuschulen von Riparia G 2 wurde ferner versucht, durch 
frisches Anschneiden der unteren Schnittflächen einen größeren 
Prozentsatz zur Bewurzelung zu bringen, ein Versuch, welcher mit 
Erfolg begleitet war. 

Von 514 Reben, nicht frisch angeschnitten, wuchsen 186, also 36%. 
Von 878 Reben, frisch angeschnitten, wuchsen 400, also 45 %. 


Gck igle 


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Bericht der Rebenveredeiungsstation Eibiugen-Geisenheim. 


29 


Es dürfte demnach lohnen, in allen den Fällen, in denen es 
sich tim Vermehrung besonders wertvoller und seltener Hölzer 
handelt, die Mühe des frischen Abschneidens beim Einschulen nicht 
zu scheuen. 

Liste II. 



1 

Eingelegt 

Heraus¬ 

genomnien 

0 / 

0 


Eingelegt 

Heraus- 

genonunen 

0 

0 

Kiparia Gloire de Mont- 




Amurensis G 132 . . . 

22 

18 

81 

pellier. Ältere Stöcke 




„ G 133. . . 

7 

7 

100 

vom Babnstüek . . 

824 

562 

68,2 

G 163 . 

19 

4 

21 

Jüngere Stöcke aus 




G 164 . . . 

21 

20 

95 

dem Muttergarten . 

945 

617 

65,2 

G165 . . . 

22 

17 

76,3 

Riparia Geisenheim . . 

298 

137 

45,9 

G 166 . . . 

20 

14 

70 

„ unterer Teil 




G167. . . 

23 

15 

65 

der Reben. 

ISO 

109 

72,6 

G168. . . 

27 

21 

81 

„ oberer und 




G169 . . . 

17 

14 

83 

mittler. Teil 

422 

242 

57,3 

Riparia-Rupestris G 11 . 

249! 190 

76,3 

G 2 . . . . 

514 

186 

36,1 

G 12 . 

380 : 265 

70,5 

„ „ unteres Ende 




. „ G13 . 

913 540 

59 

b. Einlegen 




! G 14 . 

32 

28 

87 

frisch einge- 




G 15 . 

476 

4o8 

96 

schnitten . . 

878 

400 

45,6 

G 66 . 

86 

79 

92 

G 64 

45 

31 

68,9 

,. G 81 . 

24 

13 

54 

,. G 68 . . . . 

34 

25 

73,5 

0 88 . 

71 

56 

79 

G 65 . . • 

35 

23 

65,7 

G 107 . 

40 

16 

40 

G 69 . . . . 

62 

52 

83,9 

G 174 . 

16 

13 

81 

G 72 . . . . 

102 

56 

54,9 

G 175 . 

30 

25 

83 

« G73 . . . . 

47 

38 

80,9 

101 14 MG 

48 

43 

89 

,, G 74 . 

79 

57 

78,2 

108 „ 

143 

119 

83 

.. G 75 . . . . 

38 

24 

63,1 

3 HG. . 

84 

76 

90 

., G 78 . 

60 

55 

91^,6 

3309 Coud. 

52 

25 

48 

G 79 . . . . 

48 

37 

7 ( 

; Rupestris-RipariaSt.M. b 

23 

5 

21,8 

G 80 . . . . 

61 

44 

72,1 

c 

23 

2 

8,7 

„ G 86 . . . . 

46 

24 

52,1 

d 

27 

9 

33,3 

G176 . . . . 

43 

25 

58.1 

e 

21 

17 

i 8o 

G180 . . . . 

51 

32 

62,7 

Cordifolia-Kupestris G 16 

44 

13 

30 

G 181 ... . 

52 

38 

73 

G 17 

250 

161 

64,4 

G182 . . . . 

43 

31 

72,1 

,. G19 

46 

19 

41 

„ G183 ... . 

44 

35 | 

| 79,6 

G 90 

38 

25 

66 

,, splendeue . . 

106 

60 

j 56 

Riparia-Trollinger G 37 

89 

55 

62 

Kapestris monticola . . 

83 

59 

! 71 

G 55 

53 

34 

62 

„ HG 9 . . . 

95 ! 

; 44 

i 46,3 

,, G 56 

71 

40 

56 

G9 . . . . 

51 

! 34 

66,6 

Trollinger-Riparia G 47 

38 

29 

74 

G 186 . . . 

39 : 

35 

! 89 

G 49 

73 

54 

74 

G187 . . . 

25 

24 

; 96 

G 51 

88 

46 

52 

G192 . . . 

26 

21 

; 80.7 

G 97 

73 

51 

70 

G193 . . . 

26 

21 

i 80,7 

G 98 

60 

36 

GO 

Berlandieri G 137. . . 

11 

o 

18 

G 110 

49 

27 

55 

.. G 171. . . 

5 

—' 

— 

„ Gill 

46 

35 

76 

G 173. . . 

6 

1 

13 

G 112 

87 

67 

77 

Aestivalis G 134 . . . 

10 

9 

90 

G 145 

105 

53 

50 

,. G 135 . . . 

12 

— 

— 

G 151 

74 

50 

67 

G136 . . . 

6 I 

— 

— 

G 202 

68 

46 

70 


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Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 















30 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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Heraus- 
genom nion 

Eingelegt 

% 

i 

j 

Eingelegt 

» "l 

3 fP, 

§ 5 o; 

3 p , Io 

5 ? s 

D 1 

Trollinger-Riparia G 203 

75 | 58 

i i 

Riesling-Solonis G 154 . 

46 

37 i 80 

„ G 204 

83 : 71 

85 

G 158 . 

49 

25 51 

Riparia-Gutedel G 43 

84 , 65 

< < 

G 155 . 

22 

14' 63 

„ 0 45 . 

92 | 60 

65 

G 156 . 

39 

261 66 

G 201 . 

94 | 53 

56 

G 157 . 

25 

22 88 

Gutedel-Riparia G 199 . 

60 i 40 

66.2 

! Riesling - Solonis - Früh- 


| 

G 200 . 

79 | 57 

72 

| burgunder G 95 . . 

71 

311 44 

Riparia-Riesling G 194 . 

36 1 26 

72 

: Riesling-York 


i 

Rieslmg-Riparia G 23 . 

32 | 14 

43 

Madeira G 189 . . . 

29 

20! 69 

G 208 . 

43 20 

! 46 

! „ G 190 .. . 

19 

13 68 

„ G 209 . 

37 ! 21 

! 57 j 

! „ G 191 . . . 

17 

15| 88 

G210 • 

23 ■ 1 

43 ! 

j York Madeira • Riparia 


i 

Solonis-Riparia G 177 . 

85 I 56 

1 66 

! G 188. 

26 

11 42 

„ G 178 . 

8 . 6 

75 i 

| Arauion-Rupestris2Ganz. 

255 

1151 45 

SoloDis-Gutedel G 96 

51 ' 32 1 

62 j 

i Aramon-Riparia 143 MG. 

56 

35 62 

G 196 . 

33 i 6 j 

19 1 

Cabernet - Rupestris 33 a 


| 

G 197 . 

29 : 18 

62 1 

| MG. 

145 

135 i 93 

G 198 . 

30 ; 16 

53 1 

Mourvklre-Rupestr.1202 



Riesling-Solonis G 131 . 

46 28 , 

60 

Coud. 

28 

17 60 

„ G 152 . 

33 22 

66,6 j Solonis-Ripar. 1616Coud. 

36! 

291 80 

G 153 . 

29 21 | 

73 | Solonis. 

500020671 41 


5. Entwicklung und Stand der gepfropften Reben auf der 

Lcidcck. 

Die allgemeine Entwicklung der gepfropften Reben war eine 
normale. Der kräftige Wuchs der Stöcke, der bedeutend größere 
Fruchtansatz gegenüber den ungepfropften Reben der Nach bar Wein¬ 
berge und der größere Ertrag ließen die schon seither erkannten 
Vorteile der gepfropften Reben wieder in vollem Maße erkennen. 
Insbesondere sind die ältesten Quartiere I und II (Riesling auf 
Riparia, Solonis und York Madeira und Svlvaner auf Riparia), wel¬ 
che nunmehr bereits seit 10 bezw. 12 Jahren bestehen, durchaus 
gesund. Ein Rückgang der Stöcke, welcher hier am ehesten zu 
erwarten ist, ist ebensowenig wie irgendwelche anormale Verände¬ 
rung in Bezug auf Blattform und Gestalt der Trauben zu bemerken. 

Ein merklicher Unterschied der Reben im Wachstum auf den 
verschiedenen Unterlagen trat mit einer Ausnahme nicht hervor. 
Diese Ausnahme bildeten die Solonis-Veredelungen auf Quartier VIII. 
Dieselben zeigten gegenüber den Riparia-Veredelungen ein schwächeres 
Wachstum, was namentlich in dem trockenen Frühsommer deutlich 
zu Tage trat, eine Erscheinung, welche weder in den früheren 
Jahren beobachtet worden war, noch in den oberen Quartieren sieb 
zeigte. Im Spätsommer, welcher sehr viel Niederschläge mit sich 
führte, ging der Unterschied bis zu einem gewissen Grade zurück. 

Ursache dieser Erscheinung ist vermutlich in der Trockenheit 
des hiesigen Bodens zu suchen. Nach dem, was jetzt über das An- 


Gck igle 


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Bericht der Rebeaveredelungsstation Eibingen-Geisenheiui. 


31 


passungsvermögen der Solonis-Unterlage bekannt ist, verlangt die¬ 
selbe zu ihrem guten Gedeihen einen feuchten, wasserhaltigen Boden. 
Diese Bedingungen scheinen ihr auf der Leideck nicht in genügen¬ 
dem Maße gegeben zu sein. So läßt sich wenigstens erklären, warum 
die Veredelungen im Spätsommer, welcher viel Niederschläge mit sich 
brachte, wieder ein kräftigeres Wachstum zeigten. Auffallend ist aber, 
daß die Solonis-Veredelungen auf den oberen Quartieren keinen 
Unterschied im Wachstum auf wiesen. 

Wenn die Annahme, daß der Leideckboden für Solonis zu 
trocken, richtig ist, so muß sich die Erscheinung in kommenden, 
trockenen Sommern wiederholen, in feuchten Sommern aber nur 
schwach oder gar nicht zum Ausdruck kommen. 

Die Blüte der Reben verlief bei günstiger Witterung überaus 
schnell. Sie trat ein 

bei Frühburgunder am 21. Juni 
„ Sylvaner „ 25. ,, 

„ Riesling „ 28. „ 

Bei den ungepfropften Reben der Nachbarweinberge begann 
Sylvaner am 27. Juni, Riesling am 1. Juli die Gescheine zu 
öffnen. Also auch diesmal zeigte sich, daß die gepfropften Reben 
in der Blüte einen Vorsprung haben. Wenn der Unterschied dies¬ 
mal weniger als sonst vorhanden war, so liegt der Grund hierzu in 
der in diesem Jahr überaus raschen Entwicklung der Reben zur 
Zeit der Blüte. 

Pilzkrankheiten, Oidium und Peronospora, traten infolge der 
anhaltend feuchten Witterung in den Monaten August und Septem¬ 
ber sehr verheerend in den Nachbarweinbergen der Leideck auf, 
so daß trotz regelmäßigen Schwefelns und Spritzens Infektionen 
nicht völlig abgehalten werden konnten. Doch griffen die Krank¬ 
heiten nicht erheblich um sich, so daß weder für die Trauben noch 
das Holz Schaden erwuchs. 

Ebenfalls schadete der Heu- und Sauerwurm nur wenig. 

Die Lese begann beim Spätburgunder am 20. Oktober, beim 
Sylvaner am 2. und beim Riesling am 13. November. Die Quali¬ 
tät des Mostes war, wie bei den ungünstigen Witterungsverhält¬ 
nissen nicht anders zu erwarten, eine geringe: das Mostgewicht 
schwankte bei Riesling zwischen 65,2 und 76,2° Öchsle, bei Syl¬ 
vaner zwischen 65,5 und 70,6° und bei Spätburgunder zwischen 
73,8 und 74,8°. 

Was Quantität anbetrifft, so kann das Ergebnis als durchaus 
zufriedenstellend bezeichnet werden. Es wurden geerntet 
bei Riesling 30.77 1 

,, Sylvaner 36,655 „ 

,, Spätburgunder 2,325 „ 

Insgesamt 69,750 1 oder 

3487,5 kg auf einer Fläche von 

ca. 77 a tragbarem Weinberg. 


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32 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


Auf den Morgen berechnet, ergibt dies: 
bei Riesling 927,5 kg 

„ Sylvaner 1575 

„ Spätburgunder 565 „ 

Der Ertrag, Mostgewicht und Säure auf den einzelnen Unter¬ 
lagen ergibt sich aus folgender Liste. 


pro Morgen 


Liste III. 



Zahl der Stöcke 

Menge der ge¬ 
ernteten Trau¬ 
ben in kg. 

Durchschnitt¬ 
licher Ertrag 
per Stock 

Mostgewicht in 

0 Öchsle 

Säure °/ 00 

Quartier I. 






Kiesling auf Kiparia. 

346 

234,5 

0,677 

76,1 

14,6 

,, v Solonis. 

‘200 

113 

0,565 

72,2 

15,6 

v ,, York Madeira .... 

72 

32 

0,451 

69,3 

12,3 

Quartier 11. 






Kiesling auf Kiparia. 

318 

339,8 

1,067 

71 

15,4 

Sylvaner „ ,, . 

260 

230 

0,885 

70,6 

10,5 

Quartier VII. 






Kiesling auf Solonis. 

480 

121 

0,252 

69 

15 

,, „ Kiparia. 

120 

57,5 

0,480 

72,5 

16,1 

Sylvaner „ Gutedel-Kiparia . . . 

— 

-- 

— 

65,8 

* 10,8 

Quartier VIII. 






Sylvaner auf Kiparia . 

284 

231,7 

0,817 

69,5 

11 

v ,, Solonis . 

482 

418 

0,867 

66,8 

12 

Quartier IX. 






Spätburgunder auf Kiparia .... 

2f)2 

71,5 

0.284 

74,8 

13,7 

„ „ Solonis .... 

Riesling auf Kiparia. 

155 

44,75 

0,289 

73,8 

12,7 

128 

1 42,5 

! 0.332 ! 

66,5 

13,5 

„ ,, Solonis. 

168 j 

53 

1 0.316 j 

67 1 

14,5 

,♦ ,, Gutedel - Kiparia. . . . 

84 

10,5 

0,130 

65,2 ; 

13,2 

Quartier X. 

i 


■ | 

1 


Kiesling auf Kupestris. 

138 

* 74.5 

0 540 | 

69,2 ! 

13,4 

„ ,, Kupestris metallica. . . 

i»0 

46,5 | 

0,517 1 

66.3 . 

14.2 

„ Kiparia-Kupestris . . . 

1>0 1 

32,5 

0,361 

65,2 ; 

13,1 

„ „ Solonis . 

480 , 

268,5 ! 

0,56 1 

73,5 

15.3 

Kiparia . 

_ 1 

_ 

_ i 

■ 

16,2 

Kiparia-Geisenheim . . 

_ 

_ 

_ 

( 3,o : 

15,2 

,, Taylor „ ... 

— | 

1 

“ ! 

“ 1 

69,2 1 

15,1 

Quartier XI. 

| 



j 


Sylvaner auf Kiparia . 

788 | 

671 1 

0,852 

66,5 1 

12,4 

„ „ Kupestris . 

2G1 

173 ! 

0,663 1 

65,5 1 

11,2 


Gck igle 


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Bericht der Rebenveredelungsstation Eibingen-Geisenheim. 


33 


6. EinfluPs der Unterlage anf Mostgewicht und SSnre. 

Wie sehr das Mostgewicht der gleichen Edelsorte auf der 
gleichen Unterlage, nur bei verschiedenem Standort und Alter der 
Stöcke innerhalb des gleichen Herbstes schwankt, geht aus obiger 
Liste zur Genüge hervor. Hiernach hatte Riesling auf Riparia: 
auf Quartier I der Leideck 76,2° Öchsle 



II „ 

„ 

71 


VII „ 


72,5 


IX ,. 


66,5 

r ? 

X ., 


7 0.) 

1 — i -* v 

und Riesling auf Solonis 



auf Quartier I 


72,2° Öchsle 


VII 


69 

,, 

IX 


67 

V 

X 


73,5 ,. 


Das Mostgewicht auf Riparia hat hierbei sowohl den höchsten 
wie den niedrigsten Stand, während Solonis in der Mitte rangiert. 
Ein konstanter Einfluß der Unterlage tritt hierbei also in keiner 
Weise hervor imd es scheint, daß die Beobachtungen französischer 
und anderer ausländischer Fachleute (Millardet, Guillon, Ravaz 
und andere), welche einen diesbezüglichen Einfluß gewisser Unter¬ 
lagen konstatiert haben, bei genannten Unterlagen in unseren Ver¬ 
hältnissen nicht zutreffen. 

Das gleiche Resultat ergibt sich bei einer Zusammenstellung 
von Mostgewicht und Säure in Jahren 1897, 98, 99, 1900, 1901 
und 1903 auf dem ältesten Quartier (I) der Leideck. (Siehe Fig. 3.) 
Auch hier sieht man, daß bald Riparia, bald Solonis höher steht. 
Anders dagegen bei York Madeira. Hier tritt das Mostgewicht gegen 
die beiden andern Unterlagen stets, wenn auch nur um wenige 
Grade, zurück. 

Im Säuregehalt tritt dieser ungünstige Einfluß der York Ma¬ 
deira weniger konstant hervor. Doch ist auch hierbei in den mei¬ 
sten Jahren York Madeira am geringsten, während Solonis und Ri¬ 
paria einander abwechseln und bald die eine, bald die andere Unter¬ 
lage den meisten Säuregehalt zeigt 

Hiernach ist nicht zu verkennen, daß wenigstens bei Riesling- 
Veredelungen in unseren Klimaten York Madeira eiuen ungünstigeren 
Einfluß als Riparia und Solonis auf die Qualität des Mostes ausiibt. 

7. Efnflufs der Erziehung der Unterlagsrebcn auf Beschaffen¬ 
heit des Holzes. 

Die Erkenntnis der außerordentlich großen Bedeutung, welche 
die Beschaffenheit und die Reife des Rebholzes bei Gelingen der 
Veredelung bat macht die Beschaffung von möglichst gut aus¬ 
gereiftem Unterlagsholz zu einer der größten Notwendigkeiten zur 
erfolgreichen Weiterführung der Versuche mit Amerikanerreben in 
unseren Klimaten. Die Beschaffenheit des Holzes wird nun wesent- 

Geisenheimor Bericht 1908. 


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Original fro-m 

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34 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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Original ftom 

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Bericht der Rebenveredelungsstation Eibingen-Geisenheim. 


35 


Jich durch Lage und Boden wie auch durch die Erziehungsart be¬ 
einflußt Bekanntlich war es in den preußischen Veredelungs- 
Stationen seither üblich, den Amerikanerreben eine hohe Erziehungs¬ 
art zu geben, d. h. die Triebe wurden so geleitet, daß sie eine mehr 
oder weniger senkrechte Stellung bekamen. Eine solche Lage ist 
für ein möglichst schnelles Längenwachstum der Triebe zwar über¬ 
aus günstig, für die Ausbildung eines engknotigen, an Reserve¬ 
stoffen reichen Gewebes aber weniger vorteilhaft Vielmehr wäre 
hierfür eine mehr oder weniger wagerechte Stellung der Reben nütz¬ 
licher. Vom theoretischen Standpunkte aus betrachtet müßte das 
Wachstum dadurch mäßiger, der Trieb engknotiger und das Speicher¬ 
gewebe reicher mit Reservestoffen gefüllt werden. 

Nach einem Bericht des Herrn Landes-ökonomierat Goethe 
findet nun die wagerechte Erziehung der Amerikanerreben in süd¬ 
lichen Ländern, namentlich Italien, Frankreich, Schweiz, bereits in 
ausgedehntem Maße statt. Die Reben werden dort entweder einfach 
am Boden hinkriechend oder an horizontalen Drähten gezogen. Um 
über die praktische Durchführung solcher Erziehungsarten unter 
unseren klimatischen Verhältnissen und über den Einfluß auf die 
Beschaffenheit des Holzes gegenüber der üblichen Stangenerziehung 
Aufschluß zu bekommen, wurden auf Anregung des oben Ge¬ 
nannten an mehreren Stellen vergleichende Versuche zur Ausführung 
gebracht. 

I. Versuch bei Riparia G 2. Als Versuchsobjekt diente 
eine Reihe (30 Stöcke) von Riparia G 2 auf Quartier V der Leideck. 
Ein Drittel davon wurde in der seither üblichen Art an senkrechten 
Stangen behandelt, bei 10 weiteren Stöcken wurden die Triebe ohne 
jede Stütze auf den Erdboden kriechen gelassen, während bei dem 
letzten Drittel die Reben an 3, in 40, 70 und 100 cm Entfernung 
vom Erdboden horizontal gespannten Drähten erzogen wurden (System 
Auvemier). 

ln sämtlichen Fällen wurden die Triebe während des Sommers 
mehrmals entgeizt, was namentlich bei der Erziehung am Boden 
sehr notwendig, da die Geizbildung hier eine besonders starke war. 
Es ist hierbei auch notwendig, daß man den Trieben eine gleiche 
Richtung gibt, um ein wirres Durcheinanderwachsen zu vermeiden. 

Im Winter wurde das Holz von den 3 Versuchsreihen getrennt 
geschnitten, wobei sich bezüglich der Menge ergab von je 10 Stücken: 

1. bei Stangenerziehung .... 647 Blindreben, 

2. bei wagerechter Drahterziehung 350 

3. bei kriechenden Reben . . . 507 „ 

Ferner wurde gezählt: durchschnittliche 

Länge eines 
Internodiuins 

im Fall 1 auf 4129 lfde. m Holz 292 Internodien. . 14.109 cm 

.. 2 ., 6392 . 473 ,. . . 13,51 „ 

.. ., 3 ., 3666 „ „ ..281 ,. . . 13,049 „ 

Es ergab sich also bei der senkrechten Stangenerziehung das 
meiste, aber auch das weitknotigste Holz, während die horizontal 

3* 


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36 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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gezogenen Reben zwar eine geringere Quantität, aber dafür weniger 
mastiges, engknotiges Material lieferten. 

II. Versuch bei Riparia Gloire de Montpellier. Noch 
auffälliger als bei Riparia G 2, welche an sich ein mäßiges Wachs¬ 
tum hat, trat der Unterschied in der Länge der Internodien bei 
einem Versuche mit der sehr stark wachsenden Sorte Riparia Gloire 
de Montpellier hervor. Die Drahterziehung kam hierbei jedoch nicht 
zur Anwendung, so daß der Vergleich nur zwischen den horizontal 
kriechenden und den senkrecht an Stangen gebundenen Reben ge¬ 
zogen werden konnte. 

Es betrug von je 22 Reben die 

durchschnittliche Länge 
der ganzen Reben der Internodien 
m m 

bei Stangenreben .... 4,28 18,60 

bei kriechenden Reben . . 4,22 15,07 

Das Holz der beiden obigen Versuche wird getrennt auf¬ 
bewahrt und soll ebenfalls getrennt im kommenden Frühjahr zur 
Bewurzelung eingelegt werden. Falls ein Unterschied in der Qualität 
des Holzes vorhanden ist, wie zu erwarten, so muß ein solcher als¬ 
dann in der Bewurzelung wie auch im Trieb der Wurzelreben zum 
Ausdruck kommen. 

Allem Anschein nach ist die wagerechte Erziehung der Ameri¬ 
kanerreben auch in unseren Verhältnissen in der einen oder anderen 
Weise mit Vorteil durchzuführen und dürfte hauptsächlich bei großen 
Schnittweingärten der Stangenerziehung in Zukunft vorgezogen werden. 

Zur Kontrolle sollen die obigen Versuche im kommenden Jahr 
wiederholt werden. 

8. Einflurs des Schnittes auf Quantität und Qualität des Holzes. 

Die Voraussetzung, daß nicht allein die seitherige senkrechte 
Erziehung, sondern auch der bisher geübte kurze Rückschnitt Ur¬ 
sache des vielfach gewonnenen, mastigen Holzes ist, führte zu ver¬ 
gleichenden Versuchen, mittels eines geeigneten Schnittes das Wachs¬ 
tum der Amerikanerreben zu dämpfen und weniger mastiges Holz 
zu erzielen. Ist es doch eine einem jeden Winzer bekannte Tatsache, 
daß durch einen langen Schnitt der Trieb gemäßigt und das Holz 
engknotiger und fester wird, eine Erscheinung, welche sich infolge 
der größeren Verteilung des Saftdruckes auf eine größere Anzahl 
entfernt voneinander stehender Augen resp. Triebe erklären läßt. 
Wie groß der Einfluß aber ist, der durch den Schnitt auf das 
Wachstum der Triebe und auf die Beschaffenheit des Holzes geübt 
werden kann, sollte durch einen Versuch mit Taylor Geisenheim 
(auf Quartier V der Leideck) festgestellt werden, bei welchem sich 
vorläufig folgendes ergab. 

Es lieferten: 

1 . 4 Stöcke mit 2 großen, ca. 2 m langen Bog- 

reben, bei Stangenerziehung. 250 Schnittreben 


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Bericht der Rebenveredelungsstation Eibingen-Geisenheim. 


37 


2 . 4 Stöcke mit 2 kleinen, ca. 1 ra langen Bog- 


reben, bei Stangenerziehung. 275 Schnittreben 

3. 4 Stöcke mit 2 kleinen, ca. 80 cm langen 

Streckern, bei Stangenerziehung. 350 „ 

4. 4 Stöcke mit Zapfen.159 ,, 

5. 4 Stöcke mit Zapfen, Erziehung an wagrechten 

Drähten.128 „ 


Hiernach ist der Strecker, was Menge des Holzertrages an¬ 
betrifft, am geeignetsten. Beim Bogenschnitt wird allem Anschein 
nach der Holztrieb bereits über Gebühr in Anspruch genommen. 
Es treiben eine große Anzahl von Augen aus, die entstehenden 
Triebe aber bleiben in ihrem Wachstum zu schwach. Beim Zapfen¬ 
schnitt hingegen kommt dei ganze Saftdruck einigen wenigen, günstig 
gestellten Trieben zu gute, welche sich infolgedessen außerordent¬ 
lich schnell entwickeln, dabei aber markreich, weitzellig und mastig 
bleiben. Der Strecker bietet also den Mittelweg. 

Über die Qualität des Holzes sei zur Zeit noch kein Urteil 
gefällt. Die Reben werden wie bei den im vorigen Kapitel be¬ 
schriebenen Versuchen getrennt auf bewahrt und eingeschult und 
wird daun im kommenden Jahr aus dem Prozentsatz der bewurzelten 
Reben, der Bewurzelung selbst und der Entwicklung der Triebe 
ein Schluß auf die Beschaffenheit des Holzes zu ziehen möglich sein. 

Versuch 5, die Erziehung an wagerechten Drähten betreffend, 
gehört nicht mit in obiges Versuchskapitel, wurde aber hier mit 
angeschlossen, um mit Versuch 4 zusammen eine Kontrolle für den 
im vorigen Abschnitt besprochenen Versuch bei Riparia G 2 mit 
verschiedenen Erziehungsarten zu bilden. Das hier gefundene 
Resultat deckt sich mit den dortigen: die wagerechte Stellung der 
Triebe hatte auch hier eine Verkürzung derselben und infolgedessen 
eine geringere Menge des erzielten Schnittrebenmaterials zur Folge. 


9. Versuche bez. der zweckmftfsigsten Aufbewahrung 

des Rebholzes. 

Da es beim Frühjahrsveredeln darauf ankommt, das Rebholz 
bis Ende April, Anfang Mai in einem gesunden Zustande zu er¬ 
halten, ohne dabei die Augen zum Austreiben zu bringen, so ist 
eine geeignete Aufbewahrung des Holzes von großer Bedeutung. 
Hierzu dient meistens ein Keller, worin das Holz entweder frei 
oder in einem Einschlag aufbewahrt wird. Hierbei ist nun zweierlei 
zu beachten: 

1 . die Beschaffenheit des Rebkellers und 

2 . die Beschaffenheit des Einschlagmateriales. 

Die Beschaffenheit des Rebkellers ist in erster Linie von Be¬ 
deutung. Derselbe darf weder zu trocken noch zu feucht sein, 
muß vielmehr einen gleichmäßigen, mittleren Feuchtigkeitsgehalt 
besitzen. Der an hiesiger Station erbaute Rebkeller erwies sich an¬ 
fangs als zu feucht: das Holz schimmelte darin und wurde schwarz, 
ein Zeichen, daß es seine Lebensfähigkeit verliert. Durch Ableitung 


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38 11. Tätigkeit der Austalt nach innen. 

des Tropfwassers und geeignete Ventilation an den Türen ist die 
Beschaffenheit des Kellers bedeutend verbessert worden, so daß zu 
erwarten steht, daß derselbe den Anforderungen jetzt voll und ganz 
genügt. Die Kellertemperatur beträgt durchschnittlich 5—6 0 C, 
der Luftfeuchtigkeitsgehalt ca. 70—80 % relative Feuchtigkeit. 

Der Frage, inwieweit die Beschaffenheit des Einschlagmaterials 
einen Einfluß auf die Erhaltung des Rebholzes ausübt, war seither 
noch nicht näher getreten worden. Um darüber Aufschluß zu er¬ 
halten, wurden gleiche Posten — je 150 Stück — von dem gut 
ausgereiften Holz von Taylor Geisenheim und von dem infolge der 
Melanose schlecht ausgereiftem Holz von Kiparia Geisenheim auf¬ 
bewahrt in 

a) reinem Torf, 

b) Torf mit Sand, zur Hälfte gemischt, 

c) reinem Sand, 

d) */ 5 Sand mit */ 5 zerkleinerter Holzkohle, 

e) Sand, so, daß die oberen Augen der Reben frei blieben. 

f) Sand, so, daß nur die unteren Schnittflächen auf Sand 
ruhten, die Reben sonst aber frei standen. 

Sämtliche Reben wurden im Januar geschnitten, im Mai aus 
dem Aufbewahrungsraum herausgenommen und in der Rebschule 
eingeschult. Die Herausnahme der bewurzelten Reben im jetzigen 
Frühjahr ergab nun folgendes: (Siehe Tabelle S. 39.) 

Hieraus geht hervor, daß die Aufbewahrung in reinem Torf 
bei schlecht reifem Holz geradezu ungünstig, bei gut reifen Reben 
am wenigsten günstig wirkt, im übrigen aber die Aufbewahrung in 
Torf -{- Sand, reinem Sand und Sand -f- Holzkohle gleich gut 
erscheint. 

Die ungünstige Wirkung des Torfes dürfte auf die Bildung 
von Humussäuren zurückzuführen sein. Diese konnten das schlecht 
ausgereifte Riparia-Holz erheblich angreilen, während das gut reife 
Holz von Taylor infolge des dichten, geschlossenen Peridermringes, 
welches das gut reife Holz schützt, widerstandsfähiger war. 

Im übrigen ist es interessant, aus obiger Zusammenstellung 
zu erfahren, wie sehr der Unterschied in der Bewurzelung zwischen 
dem gut und dem schlecht ausgereiften Holz in sämtlichen Fällen 
zum Ausdruck kommt und welch außerordentlich wichtige Rolle 
demnach die Beschaffenheit des Holzes (Holzreife) bei dem Be- 
wurzelungsprozeß spielt. 

Des weiteren ergibt sich aus obigen Versuchen bei Ver¬ 
gleichung der Bewurzelungsprozente beim oberen, mittleren und 
unteren Teil der Reben, daß bei dem Tavlor-Holz kein wesentlicher 
Unterschied vorhanden ist, bei Riparia sich aber in sämtlichen 
Fällen das untere Holz am besten bewurzelt hat. 

10. Kreuzungen und Sämlinge. 

Die Kreuzungsversuche der letzten Jahre wurden fortgesetzt 
und hierbei wie im Vorjahre das Hauptgewicht auf Erzielung von 


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Bericht der Rebenveredelungsstation Eibingen-Geisenheim. ■{{) 


Liste IV. 


Das Holz war stratifiziert in 

4® 

Eingelegt 

36 ! 

Ri paria 
Geisenheim 

D3 , 03 

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S 1 ß 

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Stück * °/ 0 

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Durchschnitt ^ 

f 0. 

49 

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50 

36 

. .. 

72 

i 

a) Torf. { m. 

50 

4 

8 i 


50 

28 

56 


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50 I 

5 i 

10 


50 1 

1 36 

72 



149 

9 1 


6 

150 

100 


66,6 

( 0. 

50 

19 

38 

1 

50 

39 

78 


b) Torf -f Sand ...-cm. 

50 

20 

40 


50 

| 38 

76 


1 u. 

50 

18 

l 36 


50 

42 

84 

1 


150 

57 


38 

150 

119 


I 79 

f 0. 

50 

7 

14 


50 

43 

86 


c) Sand.1 in. 

50 

18 

36 

i 

50 

39 

78 

i 

1 u. 

50 

20 

, 40 


50 

44 

1 88 



150 

45 

1 

30 

150 

126 

i 

i 

84 

( 0. 

50 

3 

6 

1 

1 

50 

35 

: 70 


<1) Sand 4- Holzkohle . < m. 

50 

; 12 

24 

! 

50 

43 

j 86 


1 u. 

50 

1 23 

46 


50 

i 41 

I 82 



150 

38 


i 25,3 

150 

119 


79 

f 0. 

50 

2 

4 

1 

1 

50 

37 

74 


e) Sand, oberer Teil frei «! in. 

48 

— 

— 

1 

50 

1 40 

80 


U 

50 

9 

18 


50 

| 42 

84 



148 

11 

1 

7,4 

150 

119 


! 79 

f) Sand, aber nur untere ( o. 

50 

_ 

i _ 


50 

38 

76 


Schnittflächen auf- ] m. 

50 

14 

28 


50 

42 

84 


stehend. ( u. 

50 

25 

| 50 


50 

45 

90 



150 

39 

1 

i 26 

150 

i 125 


83 


Zeichen-Erklärung: 

o. = Oberer Teil der langen Reben 

m. — Mittlerer.. 

u. = Unterer ,, 

Berlandieri-Hybriden mit unseren hiesigen Züchtungen gelegt. Der 
dazu benötigte frische Pollen von Vitis Berlandieri wurde aus 
Frankreich bezogen und sei an dieser Stelle Herrn F. Richter in 
Montpellier, welcher die Liebenswürdigkeit hatte, uns mit Blüten¬ 
staub zu versorgen, Dank gesagt. Der Versand des Pollens geschah 
in paarweise aufeinander passenden Uhrgläsern, die mit Gummi ver¬ 
schlossen wurden. Die Gläser waren außerdem nach CasteJschem 
Muster innen mit einer feinen Schellackschicht überzogen, um da- 


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40 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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durch die am Glas leicht adhärierende Feuchtigkeitsschicht zu be¬ 
seitigen und ein vorzeitiges Keimen der Pollen zu verhüten. 

Das Resultat der Kreuzungen mit Berlandieri war trotzdem 
wenig günstig. Nur ein kleiner Teil der befruchteten Gescheine 
haben bei Riesling, Riesling-Riparia und Trollinger-Riparia angesetzt 
und Frucht gebracht. 

Von den Kreuzungen von 1902 kamen im vergangenen 
Frühjahr zur Aussaat: 

Trollinger-Riparia G 110 X Muskatgutedel 
„ „ G112 x Riesling 


G 110 

Riesling-Riparia G 23 
Riesling Leideck 


Muskatgutedel 

Bl. Muskateller 
Muskat St. Laurent 


X Bl. Muskateller 
X Berlandieri Lafont No. 9 
X „ „ No. 1 

X Riesling-Riparia G 194 
X Trollinger-Riparia G 110 
X „ „ G 51 

X Berlandieri Lafont 9 
X Riesling-Riparia G 208 
X G 208 


,, ,, X Weiß. Burgunder 

Black Harnburgh X Taylor 

Weiß. Burgunder X Muskat St. Laurent 

Ein Studium der Kerne dieser Kreuzungen ließ teilweise einen 
Einfluß der Kreuzung in der Form der Kerne wie besonders in 
Form und Lage des Keimfleckes erkennen, vor allem bei den 
Kreuzungen. 

Trollinger-Riparia G110 X Muskatgutedel 
„ ., G112 X Riesling 

,, .. G 110 X „ 

Riesling Leideck X Riesling-Riparia G 194 

,, „ X Trollinger x Riparia G 110. 

Fig. 3 zeigt die Veränderung der Kernform bei der Kreuzung 
Trollinger-Riparia G 110 X Muskatgutedel. 

Die Keimkraft der Kreuzungen war gering, namentlich bei 
den Berlandieri-Hybriden. Die wenigen Sämlinge, welche hervor¬ 
gingen, waren so schwach, daß sie trotz sorgsamer Pflege nicht er¬ 
halten werden konnten. 

Außer obigen Kreuzungen kamen zur Aussaat Kerne von 
» Pröcoce Caplat« und Vitis capensis, welche Herr Landes-Ökonomie- 
rat Goethe der Station zur Verfügung gestellt hatte. 

Pr6coce Caplat ist eine aus Japan stammende Rebe, welche 
von M. Caplat in Damigny bei Alen<;on 1884 aus Samen erzogen 
wmrde. Sie soll sich durch außerordentliche Widerstandsfähigkeit 
gegen Witterungseinflüsse und frühe Reife der Trauben auszeichnen. 
In der Beschreibung, welche J. Carriöre in Revue horticole 1892 
gibt, wird sie als sehr starkwachsend bezeichnet. Blätter sollen 
groß, bis 50 cm lang, Trauben 15—30 cm lang, Beeren dichtstehend, 
blauschwarz, mit stark färbendem Safte gefüllt werden. 


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Bericht der Rebenveredelungsstation Eibingen-Geisenheim. 


41 


Vitis capensis ist eine in den Küstendistrikten des Kaplandes 
vorkommende Rebe von außerordentlich üppigem Wuchs. Die Kerne 
wurden Herrn Landes-ökonomierat Goethe von Herrn Professor 
Hahn, South African College, Cape Town, geschenkt, ebenso wie 
ein Alkoholpräparat der sehr interessanten großen Früchte. 

Aus den erhaltenen Kernen sind leider nur 2 Pflanzen dieser 
seltenen, soweit bekannt, in keiner anderen Rebsammlung Europas 
vorhandenen Vitis hervorgegangen. 

Die Kreuzungen von 1901, welche im Sommer 1902 recht 
schwach geblieben und infolgedessen im folgenden Frühjahr nicht 
verpflanzt worden waren, haben sich im vergangenen Sommer zu 


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Fig. 4. 

1. Riparia. 2. Trollinger-Riparia G110. 3. Trollinger-Riparia x Muskatgutedel. 

4. Muskatgutedel. 

meist kräftigen Pflanzen entwickelt, so daß sie nunmehr in die 
Sämlingsquartiere der Rebschule versetzt werden können. Be¬ 
achtenswert ist bei diesen Sämlingen eine Reihe von Kreuzungen 
zwischen Taylor Geisenheim mit Riesling, Rupestris metallica, Riparia 
Leideck und Taylor selbstbefruchtet. Im letzteren Falle war das 
Geschein zur Blütezeit mit Gaze umhüllt worden, so daß der Pollen 
anderer Trauben keine Befruchtung herbeiführen konnte. Es war 
auffällig, wie schwach diese Sämlinge gegenüber den anderen 
Hybriden geblieben waren. 


11. Über «las Wurzelsystem der Amerikanerrcben. 

Wenig oder fast gar keine Beobachtung wurde früher der 
Entwicklung des Wurzelsystems der Amerikanerreben geschenkt. 


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42 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


Erst seitdem erkannt worden war, wie außerordentlich verschieden 
die Anpassungsfähigkeit derselben in den verschiedenen Weinbergs¬ 
böden ist, wandten einige französische Forscher diesem Studium 
ihre Aufmerksamkeit zu, in der Voraussetzung, daß die unterschied¬ 
liche Anpassungsfähigkeit zum guten Teil in einer spezifisch ver¬ 
schiedenen Entwicklung des Wurzelsystems begründet sei. Je tief- 



Fig. 5. 
Kupestris, 



Fig. ü. 
Kiparia. 


gehender z. B. das Wurzelwerk einer Rebe ist, desto eher vermag 
letztere Trockenheit im Obergrund zu ertragen. Es ist also das tief¬ 
gehende Wurzelsystem gewissermaßen eine Anpassung an trockene, 
steinige Böden, in welchen die nötige Feuchtigkeit im Untergrund 
zu suchen ist, während das flachgehende Wurzelwerk einem humosen, 
mehr oder weniger wasserhaltigen Boden angepaßt ist. Demnach 
müßte z. B. Riparia, welche in der Heimat in humosem Waldboden 
vorkommt, ein diesem angepaßtes Wurzelsystem besitzen, während 
Kupestris, welche in der Heimat auf steinigem, kiesigeligem Boden 


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Bericht der Rebeuveredelungsstation Eibingen-Geiseuheini. 48 

gedeiht, viel tiefgehendere Wurzeln aufzuweisen hätte. Daß tat¬ 
sächlich ein dementsprechender Unterschied in der Entwicklung des 
Wurzelsystems der genannten Amerikanerreben vorhanden ist, ergab 
die im vergangenen Jahr gemachte Beobachtung bei Sämlingen von 
Riparia und Rupestris, worüber beifolgende Photographien Fig. 4 
und 5 ein sprechendes Bild geben. 

Hieraus ist ersichtlich, wie wichtig es ist, über die Entwicklung 
des Wurzelsystems unserer Unterlagsreben genau orientiert zu sein. 
Zu diesem Zwecke wurden größere vergleichende Versuche ein¬ 
geleitet und zwar soll versucht werden, die Richtung der Wurzeln 
im Boden selbst durch Drahtnetzkörper zu fixieren. Nach Heraus¬ 
nahme dieses Drahtnetzkörpers und vorsichtigem Abschlemmen der 
Erde würde dann die Richtung der Wurzel deutlich zu erkennen 
sein. Da diese Versuche aber noch ein weiteres Jahr im Boden 
gelassen werden sollen, kann ein Urteil über die Durchführbarkeit 
dieser, soweit bekannt, neuen Methode erst im kommenden Jahr 
gefällt werden. 

Erwähnt sei, daß Guillon in Cognac vergleichende Versuche 
über das Wurzelsystem der Amerikanerreben mit Hilfe von Wasser¬ 
kulturen angestellt hat. (Revue de Viticulture 1901 No. 406. 407.) 
Es wird interessant sein, zu beobachten, inwieweit sich die mit 
obiger Methode zu erlangenden Resultate mit den Ergebnissen 
Guillons decken werden. 

1*2. Beobachtungen Uber den Einflufs einer einseitigen Ver¬ 
wachsung auf die Entwicklung des Pfropfreises. 

Die Herausnahme älterer, abgängiger Rebveredelungen in den 
Versuchspflanzungen zu Hochheim und Bretzenheim gab Anlaß, 
eine größere Zahl sowohl gut und gesund gewachsener als auch 
kümmerlich und mangelhaft gediehener Veredelungen auf Beschaffen¬ 
heit der Veredelungsstelle und den Grund der Verwachsung zwischen 
Pfropfreis und Unterlage hin zu prüfen. Die Vornahme dieser 
Untersuchungen erschien erforderlich, nicht allein, um über das 
Vorhandensein schlechter Verwachsungen und deren Einfluß auf 
das kümmerliche Wachstum mancher Veredelungen in genannten 
Versuchspflanzungen Aufschluß zu erhalten, sondern auch, um ein 
Urteil zu bekommen, inwieweit eine schlechte Verwachsung die 
gesunde, normale Entwicklung des Pfropfreises überhaupt zu beein¬ 
trächtigen vermag. Die Ansicht-ist-vorbreitet, daß eine durchaus 
voll komm en e _ Verwachsung zur gesunden__Weiterentwicklung des 
Pfropfreises notwendig sei; aber exakte Angaben darüber, inwieweit 
denn eigentlich eine mangelhafte Verwachsung das. weitere Gedeihen 
beeinträchtigt, -fehlten. Von diesem Gesichtspunkte aus dürften die 
folgenden Angaben über einseitige Verwachsungen von Interesse sein. 

Einseitige—Vajwaohsnng bei jungen Veredelungen. 
Bereits bei jungen, vorgetriebenen Veredelungen wurde im ver¬ 
gangenen Frühjahr die Beobachtung gemacht, daß eine ganz schwache 
Verbindung von Pfropfreis und Unterlage genügt, um den Trieb des 


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44 JI. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 

Pfropfreises wenigstens bis zu einem gewissen Grade weiterwachsen 
zu lassen. Die Fig. 7 zeigt, in welcher Lage sich in drei Fällen 
Edelreis und Unterlage zueinander befanden. Die 
Veredelungen .waren in dieser Stellung vorgetrieben. 

Trotz der schwachen Verbindung hatten-sich, die .Trebe 
des Pfropfreises durchaus normal entwickelt und 
wuchsen, in Nährlös ung gestellt, innerhalb 4 Wochen 
bis zu 18—20 cm Länge normal aus. 

Ein ähnlicher Fall wurde an einer allerdings 
nicht gepfropften Rebe in einem Gewächshaus be¬ 
obachtet. An einem zweiarmigen Rebcordon war da¬ 
selbst der eine Arm abgebrochen und hing nur noch 
lose mit dem Hauptstock in Verbindung. Trotzdem 
entwickelte sich dieser Teil durchaus normal weiter 
und die Augen trieben ebenso kräftig aus wie an Fig. 7. 
dem anderen nicht verletzten Arm. E s gen iigte also 
iauch hier allem Anschein nach die geringe Verbindung, um die 
[nötige Saftzirkulation herzustellen. 




Fig. 8. 

Einseitige Verwachsung einer älteren Rebveredelung. 
X Veredelungsstelle. 


Go igle 


Original frum 

UMIVERSITY OF CALIFORNIaJ 




Bericht der Hebenveredelungsstation Ei bi ngen-G eisen heim. 


45 


KLfrfreüi ge Verwac hsung und normale Entwicklung: 
t£.i.alteren Veredelungen. Einen interessanten diesbezüglichen 
Fall stellt Fig. 8 dar. Es ist eine Veredelung von Sylvaner auf 
Riparia und, wie ersichtlich, an der Veredelungsstelle Jiur_-iuir-Hälfte 
vetwachsen. Trotzdem hat sich das Pfropfreis durchaus kräftig 
entwickelt. 

Einseitige Verwachsung und schwaches Wachstum 
bei älteren Veredelungen. Die obigen Fälle lassen vermuten, 
daß eine ringsum geschlossene Verwachsung zwischen Edelreis und 
Unterlage überhaupt nicht erforderlich ist und auch eine einseitige] 
Verbindung zur normalen Entwicklung des Pfropfreises durchaus 
genügt. Beobachtungen bei älteren Veredelungen in BretzenheinJ 
zeigen aber, daß dieser Schluß nicht allgemein aufgefaßt werden darf. 

ln Bretzenheim handelte es sich um eine Pflanzung von Ries¬ 
ling, Sylvaner, Spätburgunder und Eibling auf verschiedenen Riparia, 



SerienläDgsschnitte durch die Veredelungsstelle. 

Rupestris, Solonis und einigen andern Unterlagen. Der Wuchs der 
Stöcke war im allgemeinen ein schlechter, jedoch zwischen den ein¬ 
zelnen Stöcken sehr wechselnd. Die Veredelungen waren vielfach 
stark chlorotisch, ebenso wie die vorhandenen ungepfropften Riparia. 
Solonis und Rupestris. Hieraus ergab sich, daß die vorhandenen 
Unterlagen für den stellenweise sehr kalkhaltigen, feuchten und 
schweren Lößboden nicht geeignet waren, so daß die Rebveredelungs- 
Kummission die Herausnahme der Pflanzung beantragte. Die bei 
dieser Gelegenheit vorgenommene Untersuchung der Verwachsungs¬ 
stelle ließ erkennen, daß die Verwachsung in fast allen den Fällen, 
in denen es sich um besonders kümmerlich wachsende Stöcke 
handelte, eine schwache, eine mangelhafte war. Verschiedentlich 
war das Gewebe der Verwachsungsstelle von Fäulnis angegriffen, 
welche, von der Unterlage ausgehend, eine allmähliche weitere Zer¬ 
störung der Verwachsungsstelle herbeiführen mußte. Es \vjULnicht 
zu—verkennen, daß hier das schlechte Gedeiheu der Unterlagen 
mit der mangelhaften Verwachsung Hand in Hand_ging, um ein 


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Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 





II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


4(i 


Kümmern und schließlich ein allmähüchßs_Ah&lerben des Pfropf¬ 
reises zu bewirken, während auf den gleichen Unterlagen daneben 
stehende Veredelungen mit ein er besseren Verwac üstmgssteüe—eine 
viel kräftige r e Entwickl ung zeig ten. Ähnliche Fälle kamen in 
Hochheim bei Herausnahme der dortigen Versuchspflanzung vor, 
nur waren die Stöcke dort im allgemeinen kräftiger entwickelt, die 
Verwachsungen aber auch bessere. 

Tadellos ringsum verwachsene Veredelungen fanden sich sowohl 
in Hochheim wie in Bretzeuheim selten. Zumeist war an der 
oberen oder unteren Spitze des ursprünglichen Kopulationsschnittes 
eine schmale, kanalförmige Lücke geblieben, welche von außen bis 
ins Mark reichte. (Fig. 9.) Ein dadurch ohne weiteres hervor¬ 
gerufener nachteiliger Einfluß auf das Wachstum der Rebe konnte 
nicht beobachtet werden. Aber der Nachteil kann in indirekter 
Weise entstehen. Die Winkel und Grübchen, welche durch die 
Lücken gebildet werden, sind unter Umständen willkommene An¬ 
griffspunkte für Fäulnisbakterien und Schimmelpilze. Wohl kann 
die gesunde Rebe sich durch Rinden- und Korkbildnngen dagegen 
schützen. Wird aber das Wachstum der Unterlagsreben durch 
mangelnde Anpassung an den Boden oder andere Umstände ge¬ 
schwächt und sind die Lücken womöglich nicht nur an einer, son¬ 
dern an 2, 3 oder 4 Stellen vorhanden, dann kann der Fall ein- 
treten (wie in Bretzenheim), daß die Kraft der Rebe nicht mehr 
ausreicht, sich in genügender Weise zu schützen und die Fäulnis 
überhand nimmt. 

I Nach diesen Beobachtungen schadet zwar pinn lückenhafte 
IVerwachsung, wenn sie sonst ausreicht, um die Verbindung zwischen 
Edelreis und UnterlageJierzustellen, dem Wachstum der Veredelung 
nicht. Treten aber ungünstige Faktoren, wie mangelnde An¬ 
passungsfähigkeit der Unterlage, Bodenfeuchtigkeit, Chlorose oder 
auch krankhafter Wuchs des Edelreises ein, dann sind es die lücken¬ 
haft verwachsenen Veredelungen, welche am ehesten leiden und im 
Wachstum zurückgehen. Für die Praxis ist hieraus der Schluß zu 
ziehen, daß die Prüfung der Veredelungen bei Herausnahme aus 
der Rebschule aufs genaueste und sorgfältigste vorzuuehmen und 
nur das am besten verwachsene Material weiter zu verwenden ist, 
um soweit als möglich Mißerfolgen von dieser Seite aus vor¬ 
zubeugen. 

Die Beobachtungen an der Verwachsungsstelle, über welche 
vorstehend berichtet worden ist, sind an serienweisen Längs- und 
Querschnitten vorgenommen worden. Die Herstellung derselben, 
welche in der gewünschten Weise mit der Hand auszuführen nicht 
möglich war, erfolgte auf einer schmalen, Kreissäge, wie sie für 
mechanische Arbeiten verwendet werden. Berichterstatter hatte 
Gelegenheit, eine solche in der mechanischen Werkstätte des physi¬ 
kalischen Institutes der technischen Hochschule zu Darmstadt be¬ 
nutzen zu können. Für die dabei geleistete Hilfe seitens des dor¬ 
tigen Mechanikers, Herrn Stink, sei an dieser Stelle bestens gedankt. 

Zeißig. 


Difitized by 


Gck igle 


r: 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



Bericht der Rebenveredelungsstation Eibingen-Gei.seuheim. 


47 


13. Untersuchung der BOden aus den Yersuchspflanzungen 
mit amerikanischen Reben. 

Auf Anregung der staatlichen Veredeluugs-Kommission wurden 
in den letzten 2 Jahren die Böden der sämtlichen Versuchs¬ 
pflanzungen mit amerikanischen Reben in der Provinz Hessen-Nassau 
und der Rheinprovinz einer mechanischen wie chemischen Analyse 
unterzogen. 

Durch die mechanische Bodenanalyse wird die quantitative 
Ermittelung des Mengenverhältnisses der gröberen bis zu den feineren 
Bestandteilen der Böden bezweckt. Es wird hierbei der Boden 
zerlegt in 

1. Körner von mehr als 3 mm Durchmesser 

2 . 2-3 

3 . .. 1—2 ., 

4 . ., ,, 0,5—1 ,, 

5. -i u ,) j, 0,25 0,5 ,, ., 

6. Feinsand, welcher durch das 0,25 mm Sieb geht. 

7. Abschlämmbare Bestandteile, die mit dem Kühnschen 
Schlämmzylinder von dem Feinsand getrennt werden. 

Die chemische Analyse des Bodens bezweckt die quantitative 
Bestimmung der chemischen Elemente, welche den Pflanzen zur 
Ernährung dienen. 

Zur Untersuchung gelangten hierbei die Bodenbestandteile, 
die durch das 3 mm Sieb gehen. 150 g lufttrockener Boden wurden 
hierbei mit 300 ccm Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,15 über¬ 
gossen, 1 Stunde lang gekocht, filtriert und bis zum Nachlassen der 
sauren Reaktion ausgewaschen. Die Lösung, welche zur Unter¬ 
suchung diente, wurde genau auf 1 1 eingeengt. 

Bestimmt wurden Phosphorsäure, Kali, Kalk, Tonerde und 
der Gehalt an Eisenoxyd. Im Boden selbst wurde der Gehalt an 
Stickstoff nach der Methode Kjeldahl bestimmt. Ferner wurde 
noch die absolute Wasserkapazität nach A. Meyer festgestellt. 

Die Untersuchungen wurden unter Leitung des Herrn 
Dr. Windisch in der oenochemischen Versuchsstation vorgenommen 
und von dem Assistenten Dr. Böhm begonnen, von Dr. Ph. Schmidt 
weitergeführt und beendet. 


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Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 





48 


If. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 





Mechan 

i s c h e Zusammen- 

r 

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Es blieben 

auf deu Sieben von Maschen¬ 
weite : 

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Kies 

Ge- 

Grobsand 

Ge¬ 

samt- 



3 

mm 

0/ 

Jo 

o 

mm 

0/ 

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samt- 

Kies 

0/ 

Io 

1 

mm 

0/ 

Io 

0,5 

mm 

0/ 

lo 

0,25 

nun 

% 

Grob¬ 

sand 

O' 

0 

1. 

Hochheim. Cannelborn. Obergrund 

0,80 

0.80 

1,60 

4,54 

24,17 

16,50 

45,21 

2^ 

Untergrund. 

0,26 

0,30 

0,56 

4,00 

24,81 

20,99 

49.80 

3. 

Dechanei. Obergrund .... 

0,58 

0.46 

l.ol 

1,72 

8,17 

2,08 

11,97 

4. 

Untergrund. 

0,64 

1,00 

1,64 

4,00 

18,96 

8,77 

31,73 

5. 

Cannelborn. Frisch angelegt. 

Obergrund. 

0,18 

0.20 

0.38 

2,70 

17,84 

17,93 

38,47 

6. 

Untergruud. 

0,14 

0,24 

0.38 

2.56 

16,71 

20,18 

39,45 

7. 

Geisenheim. Rebschule. Loch 
1. u. 2. Obergrund . . . 

3,53 

1,02 

4,55 

2.63 

21,01 

24,87 

48,51 

8. 

Untergrund. 

4,64 

1,00 

5,64 

2,87 

29,60 

25,89 

58,36 

9. 

Loch 3. u. 8. Obergruud . . 

2,14 

C.45 

2.59 

1,34 

36,12 

11,91 

49,37 

10. 

Untergrund. 

2,46 

0,70 

3,16 

1.72 

31,00 

21,49 

54,21 

il 

Loch 9. u 10. Obergrund . 

0.40 

0.15 

0,55 

0,47 

8,90 

29.29 

38,66 

12. 

Untergruud. 

0,46 

0,20 

0,66 

0,58 

9,08 

36.18 

45,84 

13. 

Leideck. Obergrund. 

7,(50 

1.20 

8,80 

1,70 

3.30 

19.20 

24.20 

14. 

Untergrund. 

11,70 

1,30 

13,00 

2,00 

5,70 

10.92 18,62 

15. 

Kleiner Steinberg. Übergiund . 

5,00 

1.60 

6,60 

4,00 

13,60 

25,60 43,20 

16. 

Untergrund. 

5,00 

3.62 

8.62 

45.00 

4.20 

13.80 

19,60 

37,60 

17. 

Domäne Büdesheim. Obergrund 

39,00 

6,00 

6.60 

8,36 

10,00 

24,96 

18. 

Untergruud. 

46.00 

5,80 

51.80 

7.00 

6,00 

10,20 

23.20 

19. 

Aßmannshausen. 

51,70 

3,00 

54.70; 

8,00 

10,80 

8,42 

27.22 

20. 

Bacharaeh. V. R. 1. Obergrund 

51,62 

5,46 

57,08 | 

7,16 

7,79 

7,18 22,13 

21. 

V. R. 2. Untergrund . . 

64,80 

4,44 

69,24 

5,34 

5,34 

5,38 

16,06 

22. 

V. R. 3. Obergrund . . . 

64,98 

3,66 

68,64 

4,42 

4,84 

2,21 

11,47 

23. 

V. R. 4. Untergrund 

58,74 

3,56 

62,30 

5,26 

5,36 

6,17 

16,79 

24. 

Braubach. 1 Obergruud . . . 

43,80 

6,80 

50,60 

7,00 

6,82 

4,50 

18,32 

25. 

1. Untergrund ... 

47,00 

5,00 

52,00 

6,82 

5,24 

7,60 19,66 

26. 

2. Obergrund ..... 

47,20 

5,00 

52,20 

8,50 1 

1,40 

9.14 

26,04 

27. 

2. Untergrund. 

45,52 

6,50 

52,02 10.00 

9.60 

11,80' 31,40 

28. 

Friedrichberg b. Sayn. Obergrund 

11,02 

5,50 

16,52 

8,30 

8,501 

6,50 23.30 

29. 

Untergrund. 

17,20 

7,00 

24,20 

9.80 

7,00, 

5.10 21.90 

30. 

Eugers Rebveredelungsstatiou. 

Obergrund. 

9,60 

2,00 

11.60 

4,50 

8,04' 

18,10 30.64 

31. 

Untergrund. 

8,00 j 

2,00 

10.00 

3,12 

7,30 

14,26 24,68 

32. 

Kopp- Be ndorf. V e rsu eh sw e i u be rg. 
Obergrund. 

45,40 

3,10 

48,50 

6,00 

6,80 

28,90 41,70 

33. 

Untergrund ..... 

44,00 

2.82 

46,82 

4,20 

6,00 

32,00 42,20 

34. 

Brost - Weiler - Euler. Versuchs¬ 
weinberg. Obergruud. . . 

41.40 

3,40 

44.80 

4,00 

5,60 

25,00 34,60 

35. 

Untergrund. 

33,60 

4,02 

37,62 

6,50 

11,00 

13,70 

31.20 


Digitized by Google 


Original ffom 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA _ 
















Bericht der Rebenveredelungsstation Eibingen-Geisenheim. 


49 


Setzung 


Feinerde 


Chemische Zusammensetzung 

100 Teile Erde enthalten (in heißer konz. 
Salzsäure löslich) 


Fein- 





i 

1 

sand 

Ab- 


Phos- 


1 

durch 

0,25 

schlamra- 
i bar 

Stick¬ 

stoff 

phor- 

siiure 

Kali 

Kalk i 

mm 

! 





0 

0 

0/ 

0 

0/ 

0/ 

0 

! 

: o 

10 

• 0 

.0 

5,63 

47,56 

0,3235 

0,3506 

0,3479 

i 1,1360 

4,19 

45,45 

0,2934 

0,2219 

! 0,2297 

0,8480 

0.54 

86.45 

0,2653 

0,1609 

0,6148 

,22,1600' 

4,71 

61,92 

0,2394 

i 0,2085 

, 0,6249 

i 10.6000 | 


Eisen¬ 

oxyd 


Absolute 

Wasser¬ 

kapazität 

des 

Bodens 

nach 

A. Mayer 


1,8099 


3,0134 23,1056 

2,9040 20,6627 

6,2602 28,4175 

5,8080 26,9216 


| für die chemische Analyse gestrichen 


0,2504 0,2007 I 0,2939 4,4186 ! 0,8142 2,7984 

0,2067 , 0,1869 0,3141 2,3866 1 0,9824 2,8360 

0,2013 0,2550 1 0,4324 1,9893 0,8164 2,7146 

0,1758 ; 0,1992 | 0,5471 j 1,8666 j 0,8127 1,7347 

| für die chemische Analyse gestrichen 

0,1475 : 0,2405 , 0,3342 ! 6,5576 | 2,6875 | 5,8133 
0,1159 0,2472 I 0,4155 1,0480 3.0860 6,0813 

0,1346 ' 0,2728 0,3378 1,2800 , 1,1690 3,6248 

0,1316 | 0.2298 0,3648 1,2160 ! 0,8393 3,3142 

0,2481 ! 0,1875 1 0,4594 1,5200 1,2640 ! 3,4285 

0,2163 0,2046 0,3736 1,7333 I 1,1782 3,9238 

0,1368 0,2387 1 0,3108 , 3,7866 1 1,6976 3,8503 

0,0965 0,3060 0,3263 | 1,2666 1,8996 6,0344 

0,1097 . 0.3162 0,2871 0,6933 1,7491 5,8813 

0,1227 | 0,2634 0.3851 i 0.6266 i 2,8946 6,7886 

0,0998 1 0,2974 t 0,3513 | 1,0266 2,9388 7.7504 

0.2551 0,4247 0,1499 0.6667 2,5885 | 5.3334 

0.2264 0,3582 0,1587 I 0,7067 2.5369 j 6,1715 

0,1871 0,2643 0,1148 i 0,5067 3,4918 l 4,6705 

0,1736 | 0,2528 0,1047 0,5733 i 3.1757 4,6248 

0,1311 | 0,2558 0.4155 1 4,9000 0,9922 4,7520 

0,1148 1 0,1619 0,3831 4,2933 2,7834 i 5,7213 


0,1875 

0,2046 

0,2387 

0,3060 

0,3162 

0,2634 

0,2974 

0,4247 

0,3582 

0,2643 

0,2528 

0,2558 


0,1148 1 0,1619 


5,8133 

6,0813 

3.6248 
3,3142 
3,4285 
3,9238 
3,8503 
6,0344 
5,8813 
6,7886 
7,7504 
5.3334 
6,1715 
4,6705 

4.6248 
4,7520 
5,7213 


0,2680 

0,2431 

0,0805 

0,0935 

0,1984 

0,1580 


0,3751 

0,4349 

0,2728 

0,2200 

0,2131 

0,2012 


0,3371 

0,3614 

0,3025 

0,3381 

0,4189 

0,4662 


1,2746 1,9829 1 6,0953 

1,1200 i 1,4841 j 5,6010 


5,2933 

5,2000 

2.5546 

1,3600 


1,8530 

2,0069 

1,8707 

2,3588 


3,5275 

4,6477 

5,6762 

6,4000 


20,6135 

19,6670 

30,8758 

28,3954 


22,2976 

27,7477 

25,1470 

25,3734 

20,1949 

27,9233 

27.3635 

23,3884 

19,5731 

18,0834 

21,9692 

20,6315 

19,9678 

20,7581 

16,4159 

21,1817 

19,8115 

23,0777 

19,9201 

18,5162 

14,2509 

18,4930 

17,0007 


tiei&enhcimer Bericht 11*03. 


Difitized by Gougle 


Original frnm 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 





50 II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 





M echac 

ische Zusam 

m e n- 

E 

c 


Es blieben 

auf den Sieben von Maschen¬ 
weite : 

d 

© 

o 


Kies 

Ge- 

Grobsan 


Ge- 
sam t- 



3 

mm 

0/ 

Io 

2 1 

mm 

Ol 

0 

samt- 

Kies 

7. J 

1 

mm 

0/ 

Io 

0,5 
mm | 

0 > 

Io 1 

0,25 

nun 

0/ 

Io 

Grob¬ 

sand 

Ol 

IO 

36. 

Domäne Ockfen. Loch 1. u. 2. 









Ober- und Untergrund . . 

44,46 

5,70 

50,16 

7,92 

10,40 

8,56 

26,88 

37. 

Loch 3. u. 4. Ob.- u. Untergrund 

70,74 

2,&5 

73,59 

4,20 

0,95 

3,88 

9,03 

38. 

Loch 5. u. 6. Ob - u. U ntergrund 

59.00 

3,68 

62,68 

4,74 

4,90 

6,78 

16,42 

39. 

Trier. Obergrund. 

26,00 

2,40 

28,40 

4,40 

12,00 

34,40 

50,80 

40. 

Untergrund. 

15.28 

2,40 

17,68 

6,00 

15,60 

33,40 

55,00 

41. 

Temmels. Obergrund .... 

7,40 

0.'.*.’ 

8,32 

1,62 

6,00 

17,60 

25,22 

42. 

Untergrund. 

4,00 

0,80 

4,80 

2.00 

7,50 

16,82 

26,32 

43. 

Cues. Rebveredelungsschule. Ober¬ 
grund . 

4,20 

1,60 

5,80 

2,80 

13,60 

34,60 

51,00 

44. 

Untergrund. 

5,02 

1,16 

6,18 

2,24 

7,90 

37,64 

47,78 

45. 

Versuchsweinberg. Ober¬ 
grund . 

40,60 

4,40 

45.00 

6,44 

8,12 

7,80 

22,36 

46. 

Untergrund. 

43.40 

5,00 

4S.40 

6,20 

6,50 

7,60 

20,30 

47. 

RebVeredelungsstation. Ober¬ 
grund . 

15,64 

2,14 

* 

17,78 

3,84 

6,90 

28,60 

39,34 

48. 

Untergrund. 

28,82 

2,22 

31,04 

4,00 

6,00 

22,00 

32,00 

49. 

Oelpenich-Linz. Versuchs Wein¬ 
berg. Obergrund .... 

19,40 

0,20 

19,60 

0,80 

3,70 

12,10 

16,60 

50. 

Untergrund. 

9.42 

0,80 

10.22 

0,90 

3,20 

17.60 

21,70 

51. 

Armenstift-Ahrweiler. Obergrund 

21,24 

2.80 

24,04 

4,02 

4,32 

6,70 

15,04 

52. 

Untergrund. 

23,20 

2.80 

26,00 

3.62 

44,00 

11,60 

19,22 

53. 

Vicarie Dernau. Obergrund . . 

43,72 

7,42 

51,14 

8.82 

7,82 

7,00 

24,24 

54. 

Untergrund. 

46,00 

7,60 

53.00 

7,50 

5,60 

i 7,36 

-".-16 

55. 

D ri m bo rn- A h r weile r. Obergnind 

35,00 

3,00 

38,00 

5,62 

7,40 

17,40, 30,42 

56. 

Untergrund. 

23.20 

4,00 

27,20 

5,00 

5,60 

10,92 

21.52 

57. 

Bretzenheim. V. N. 5. Obergrund 

2,08 

0,34 

2,42 

0,67 

4,57 

3,80 

! 9,04 

58. 

V. N. 6. Untergrund. . . 

3.46 

0,37 

3,83 

0,72 

5,34 

23,76 

29,82 

59. 

V. N. 7. Obergrund . . . 

0,94 

0,23 

1,17 

0,54 

2,63 

32.51 

35,68 

60. 

V. N. 8. Untergrund. . . 

1.00 

0,28 

1 1,28 

0,50 

3,96 

32,41 

36.86 

61. 

Kreuznach im Brückes. Obergrund 

11,00 

2,00 

1 13,00 

3,20 

5.60 

13.50 

22,30 

62. 

Untergrund ...... 

7,40 

1.80 

9,20 

2,60 

j 6,30 

23,10! 32,00 

63. 

Salinental. Obergrund .... 

38,82 

3,20 

42,02 

5.60 

5,40 

11,00 

22,00 

64. 

Untergrund. 

27,48 

5,00 

32.40 

7,20 

5,60 

15,70 

28,50 

65. 

Niederhausen a. d. Nahe. 1. Ober¬ 
grund . 

4,21 

4,37 

8,58 

5,53 

8,79 

26,98 

41.30 

66. 

2. Untergrund. 

1,23 

0.94 

2,17 

2,96 

23,68 

11,46 

38,10 

67. 

3. Obergrund. 

7.96 

4,03 

11,99 

26,11 

23,63 

13,70 

62,44 

68. 

4. Untergrund. 

6,31 

2,58 

8,89 

3,97 

24,26 

19,37 47,60 

69. 

5. Obergrund. 

1,40 

0,89 

2,29 

1,99 

13,74 

24,34 

40,07 

70. 

6. Untergrund. 

7,73 

6,32 

14,05 

9,38 

14,52 

27,84 

I 51,74 


Original frnm 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 


Digitized by Google 

















Bericht der Rebenveredelungsstation Eibingen-Geisenbeim. 


51 


Setzung 


Chemische Zusammensetzung 


Feinerde 


100 Teile Erde enthalten (in heißer konz. 
Salzsäure löslich) 


Fein¬ 

sand 

durch 

0.25 

mm 

0 

0 

] 

Ab- 

; schlamm¬ 
bar 

! % 

Stick¬ 

stoff 

0/ 

,0 

Phos¬ 

phor- 

saure 

! °o 

Kali 

0/ 

1 0 

i 

1 T r 

erde 

i 1 1 

0 1 O ' 

j .0 0 

0,08 

21,98 

0,1806 

0,1869 

0,3479 

I 

1 , 1333 ! 3.6129 

3.90 

13,48 

0,1683 

0,1242 

0,3648 

0,9066 2,6089 

1,23 

19,67 

0,1779 

0.1242 

0,37)67 

1,4666 3,3900 

6,60 

14.20 

0,1192 

0,6054 

0,2939 

1,1600 1,2921 

7,58 

19.74 

0,0981 

0,5204 

0,2216 

0,8373: 1,3615 

7.80 

58.66 

0,1197 

0,1305 

0,8513 

10.6373 l 2,9386 

9.80 

59,08 

0,1121 

0,1449 

; 0,7601 

, 9,8880 3,0366 

7,60 

35,60 

0,1616 

0,1699 

' 0,2972 

3,0000 1,6395 

8,70 

37,34 

0,1614 

0,2814 

0,3162 : 

i 6,4666: 1,1376 ! 

1 1 

7,60 

25,04 

0,1740 

0,2080 

0,3276 

3,7333! 1,4617 

2.00 

29,30 

0,1626 

0,1687 

i 0,2584 

3,4533 1,4825 

8,18 

34,72 

0,1730 

0,1415 

: 0,2702 

1,0866 1,1346 

7.60 

29,36 

0,1686 

0,1279 

| 0,2956 

1,2400; 1,0434 

28,40 

45,40 

0,3748 

0,2047 

0,8749 

11,2400 ! 1,7533 

28,00 

40,08 

0,2707 

0,2114 

0,7195 

12,0133 1,9891 

15.70 

45,22 

0,2489 

0,2899 

0,2601 

0,4400 1,5463 

3,40 

51.38 

0.2373 

0,3240 

0,2432 

0,6800 1,3604 

7,60 i 

17,02 

0.0988 

0,4587 

0,2938 

0,5626 ' 1,1759 

4,80 

21,14 

0,0978 

0.4861 

1 0,3128 

0,5413! 1.3749 

3,82 

27,76 

0.1565 

0,5969 

; 0,1925 

3,2400 0,9696 

8,50 

42,78 

0,1343 

0,5543 

0,1081 

2,7866 0,7904 

26,35 

62,19 

0,2116 

0,1104 

0,4493 

13,0000' 1,2991 

13,40 

52,95 

0,1989 , 

0,1041 

| 0,5134 

15,4000 1.2692 

5,60 

57,55 

0,1966 | 

0,0765 

i 0,4695 

15,6000 1,3710 

8,46 

53,40 

0 ,ia r >6 j 

0,0849 

1 0,5371 

14,2000 1,1523 

24.90 

39,80 

0,2037 | 

0,3479 

0,2648 

4.6533 3,4728 

17,60 

41,20 

0,2005 

0 3667 

0,2107 

6,0133 2,3040 

9.42 

26,56 

0.0871 

0,6038 

0,2736 

0,8373 0,6289 

15,60 

23,50 

0,0852 

0,6567 

0,2094 

1,0800 0,7497 

15,90 

34,22 

0,1516 

0,2626 

0.3986 

1,1306 1,2574 

22,24 

37,49 

0,1333 

0,2899 

0,3135 

5,7733 1,1538 

9,65 

15,92 

0,0552 

0,3070 

0.2256 

0,7706' 1,0834 i 

23,64 

19,91 

0.0859 

0,3240 

0,2905 

0,5466 0,9802 

34,37 

24,27 

0,0871 

0,2712 

0,2534 

3,1040 1,4659 

16,05 

18.16 

0,0762 

0,3667 

0,3446 

1,9466: 1.029 ) 


Eisen¬ 

oxyd 


Absolute 

Wasser¬ 

kapazität 

des 

Bodens 

nach 

A. Mayer 


9,3335 

10,5335 

10,2858 

4.2571 
4,1714 
8,9373 
8,4038 

3.2572 
5,9810 

7,5969 

7,0954 

4,6572 

5,1620 

5,8286 

5,8741 

5.7904 
4,8382 
6,8125 
6,2245 
5.0401 
5,0819 

5.7905 
5,6533 
5,6858 
5,4826 
4,0459 
3,7105 
2,8419 
2,7962 

7.0933 
6.7429 
6,1029 
6,4611 
7,3029 
7,1800 
4* 


21.3513 

22,3797 

23,3104 

17,6936 

16,0585 

20,5986 

23,8856 

24,9817 

17,1019 

23,5731 

23,9313 

20,1264 

20,0158 

23,2373 

22,3041 

25,0832 

22,4543 

21,1167 

19,0453 

24,8819 

22,3845 

23,6291 

22.2646 
23,7799 
21,8677 
16,3909 
22,0043 

22.2647 
19,0181 

26,5586 

18.2646 

20,0315 

21,4186 

22,6735 

21,4614 


Difitized by Gougle 


Original frurn 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 




52 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


Digitized by 


B. Obstbau. 

Erstattet von Obergärtner E. Junge. 

Das Jahr 1903 muß für den Obstbau als ein wenig be¬ 
friedigendes bezeichnet werden. Während der Blüte der Aprikosen 
herrschte günstiges Wetter, doch setzte alsbald naßkalte Witterung 
ein, die ohne Unterbrechung annähernd drei Wochen anhielt. Da 
gerade zu dieser Zeit die Pfirsiche, Zwetschen, Pflaumen, Mira¬ 
bellen. Reineclauden und Süßkirschen in Blüte standen, so konnte 
eine Befruchtung nicht eintreten und die Aussichten auf eine gute 
Obsternte waren bei diesen Obstarten von vornherein vernichtet. 
Von den Birnen blühten gerade die frühblühenden Sorten, wie 
Clairgeaus B. B., Pastorenbirne, Josephine von Mecheln und Liegeis 
Winter-Butterbirne, die infolgedessen auch keine Erträge lieferten. 
Dagegen setzten die Spätblüher, welche gerade mit dem Eintritt besserer 
Witterung ihre Blüten zur Entfaltung brachten, recht gut an. Dies 
kann besonders von folgenden Sorten gesagt werden: Esperens 
Bergamotte, Hardenponts Winter B. B., Holzfarbige B. B., Regentin 
u. a. m. Die Apfelblüte verlief recht gut. 

Die während des Sommers lange anhaltende feuchte und kühle 
Witterung wirkte im allgemeinen nicht günstig auf die Ausbildung 
der Früchte ein. Wenn auch die Größe nichts zu wünschen übrig 
ließ, so fehlte doch bei vielen Sorten die schöne Färbung und das 
Aroma. Letzteres trat besonders bei den Aprikosen hervor. Durch 
das kühle Wetter war die Reife der Früchte bei dieser Obstart auch 
eine sehr ungleichmäßige; die Sonnenseite zeigte bereits weiches 
Fleisch, während dasselbe auf der Schattenseite noch vollkommen 
hart war. Demgemäß war auch die Färbung des Fruchtfleisches 
eine ungleichmäßige. Dieser Übelstand tritt besonders unangenehm 
bei dem Einmachen der Aprikosen zu Tage, da nur bei Verwendung 
von gleichmäßig reifen Früchten ein tadelloses Produkt erzielt werden 
kann. Die anfangs guten Aussichten auf eine reiche Aprikosenernte 
wurden während des Sommers dadurch bedeutend geschmälert, daß 
infolge der kühlen Nächte während der Steinbildung ein großer 
Teil der Früchte herunterfiel. 

Am 11. September richtete der furchtbare Sturm wie an anderen 
Orten so auch in den hiesigen Obstanlagen großen Schaden an. Es 
wurde über 80 Ztr. Fallobst aufgelesen. Begreiflicherweise sind 
es gerade die großen Früchte, die zuerst fallen, während die kleineren 
hängen bleiben. Das Fallobst wurde zum größten Teile zu Wein 
verarbeitet. Da die meisten Früchte beschädigt waren, lohnte es 
sich nicht, dieselben auf Lager zu bringen. Die Früchte spät¬ 
reifender Sorten wären auch gewelkt, da sie noch nicht die nötige 
Ausbildung erlangt hatten. 

Bei dieser Gelegenheit wurden Beobachtungen darüber angestellt, 
welche Sorten die gute Eigenschaft besitzen, daß die Früchte fest 
im Winde hängen. Leider mußte hierbei festgestellt werden, daß 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



B. Obstbau. Veränderungen in den Obstanlagen der Anstalt. 


53 


man bei vielen Sorten in der Empfehlung hierfür zu weit geht. 
Freilich muß zugegeben werden, daß diese Empfehlung nicht für 
derartige schwere Stürme berechnet sein dürfte. Um so beachtens¬ 
werter erscheint es, daß bei folgenden Sorten nur verhältnismäßig 
wenig Früchte zum Fallen gebracht wurden: Große Kasseler Reinette, 
Champagner Reinette, Kgl. Kurzstiel; und von Birnen: Bosc’s 
Flaschenbime. 

Bei den Hochstämmen war der Verlust ein bedeutend größerer 
als bei den Formbäumen. Von letzteren büßten die freistehenden 
Formen, wie Pyramiden und Spindeln, wieder mehr Früchte ein, 
wie die an besonderen Gestellen gezogenen, da diese den Bäumen 
mehr Halt gewährten. Bei hohen Spaliergestellen fielen die Früchte 
an den oberen Teilen der Formen stärker herunter, da der Sturm 
auf diese mehr einzuwirken vermochte. Es sollte dies für die Spalier¬ 
züchter eine Mahnung sein, die Spaliergestelle nicht zu schwach und 
nicht zu hoch herrichten zu lassen. Der im allgemeinen geringere 
Verlust an Früchten bei den Formbäumen dürfte sehr zu Gunsten 
derselben sprechen. Das auf Lager gebrachte spätroifende Tafelobst 
stammte fast ausschließlich von den Form bäumen, denn die Erträge 
der Hochstämme waren nicht nennenswert. 

Das Gesamtresultat der Ernte stellte sich im Berichtsjahre 
wie folgt: 

Äpfel: befriedigend. 

Birnen: mittelmäßig. 

Kirschen: mittelmäßig. 

Pflaumen und Zwetschen: fehlend. 

Aprikosen: befriedigend. 

Pfirsiche: mittelmäßig. 

Beereuobst: sehr gut. 

Auffällig war, daß das Obst trotz des kühlen Sommers sich 
auf dem Lager nicht lange hielt; manche Sorten, wie Regentin, 
welkten auch und gelangten nicht zur vollen Ausbildung. Besonders 
stark zeigte sich bei einer großen Zahl von Apfelsorten die"Stippen- 
bildung: Es trat dies namentlich zu Tage bei der Kanada-Reinette, 
Coulons Reinette und der großen Kasseler Reinette. 

Da die Ansichten über die Ursache der Stippenbildung zur 
Zeit noch auseinander gehen, so ist vorgesehen, in Zukunft genauere 
Beobachtungen hierüber anzustellen, um zu geeigneten Vorbeugungs¬ 
maßregeln zu gelangen. 

Veränderungen in den Obstanlagen der Anstalt. 

Größere Neuanlagen wurden im Berichtsjahre innerhalb der 
Anstalt nicht ausgeführt; nur kam vor dem Spaliergarten eine 
Fläche von 320 qm Größe zur Bepflanzung. Die Apfel, als einjährige 
Veredelungen gepflanzt, sollen in Spindelform gezogen werden. Es 
wurden 3 Sorten gewählt: Minister von Hammerstein. Wintergold¬ 
parmäne und Cox’s Orangen-Reinette. Dieselben vertragen gut den 
kurzen Schnitt und lassen sich auch infolgedessen in Spindel- 


Digitized by 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



54 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


form ziehen. Die Bäume sind in einem Abstand von 2 m von¬ 
einander gepflanzt, so daß von jeder Sorte, in zwei Reihen stehend, 
32 Stück nötig waren. Zu jeder Seite der Baumreihen sind Erd¬ 
beeren als Zwischenkultur angepflanzt; es wurde hierfür nur die 
Sorte »Belle Alliance« verwendet. Dieses Quartier soll zu Zwecken 
der Rentabilitätsberechnungen dienen (vergl. Aufstellung von Obst¬ 
baumertragsbüchern auf S. 60). 

Die Wintermonate wurden fleißig dazu verwendet, im Mutter¬ 
garten die Hochstammquartiere einer gründlichen Säuberung zu 
unterziehen. Die alten, im Absterben begriffenen Sortenbäume von 
Kirschen, welche bisher zum Reiserschneiden verwendet waren, sind 
entfernt, ebenso sind eine ganze Anzahl älterer, abgängiger Bäume 
in den Hochstamm- und Pyramidenquartieren beseitigt. 

Gleichzeitig wurde mit einem gründlichen Ausputzen der Bäume 
begonnen, wobei man besonderes Augenmerk auf die Bekämpfung 
der verschiedenen Schädlinge richtete. 

In den Vorjahren sind den jungen Bäumen bei Nachpflanzungen 
keine Baumpfähle gegeben. Es hat sich jedoch herausgestellt, daß 
auch im Muttergarten trotz der im allgemeinen windgeschützten 
Lage die Pfähle nicht entbehrlich sind, denn eine ganze Anzahl 
mehrjähriger Bäume ist windschief geworden. Diese wurden, soweit 
dies noch möglich war. an starke Pfähle gerade gezogen; bei 
größeren Bäumen mußte jedoch zur Geradestellung ein Verankern 
ausgeführt werden. Bei dem Einschlagen der Pfähle leistete der 
Hubert’sche Baumpfähler, welcher in dem Jahresbericht 1901 be¬ 
schrieben ist, recht gute Dienste. 

Die Zeit reichte nicht aus, um alle Quartiere in Stand zu 
setzen, so daß noch ein gut Stück Arbeit für den kommenden 
Winter übrig geblieben ist. 

Anlage einer Gemelndepflanzung für die Stadt Rfideslieim. 

Um Schülern und Kursisten Gelegenheit zu bieten, sich mit 
allen Arbeiten vertraut zu machen, die zur Ausführung und Unter¬ 
haltung einer größeren geschlossenen Obstanlage gehören, wurde 
für die Stadt Rüdesheim auf dem sogenannten Ebentale eine größere 
Pflanzung ausgeführt. 

Das Grundstück ist 42 Morgen groß und liegt 175 m über 
dem Rheinspiegel. Die Lage ist eine freie, den Winden ausgesetzte 
und der Boden zeigt die verschiedenartigste Zusammensetzung. Es 
war für die Schüler recht interessant, sich am Ort von der wechselnden 
Beschaffenheit des Erdreiches zu überzeugen. Im allgemeinen 
herrschte ein tiefgründiger, schwerer Lehmboden vor; an einzelnen 
Stellen trat der Fels zu Tage, so daß diese von der Bepflanzung 
ausgeschaltet werden mußten. 

Trotzdem das Grundstück hoch gelegen ist, so weist dasselbe 
reichlich Feuchtigkeit auf; ja, an einer etwas tief gelegenen Stelle 
war eine Entwässerung nötig. 

Für die Anpflanzung wurden Apfelhochstämme gewählt, da 


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B. Obstbau. Praktische Maßnahmen zur Bekämpfung der Schädlinge. 55 

dieses den Wünschen der Gemeinde entsprach und erfahrungs¬ 
gemäß Apfelbäume in nächster Nähe des Grundstückes auch am 
besten gedeihen. Auch bezüglich der Sortenwahl hielt man sich 
an die am Ort gemachten Erfahrungen. Von den 600 Hochstämmen 
wurden 300 Schafsnasen, 75 Großer Bohnapfel, 75 Landsberger 
Reinette, 75 Schöner von Boskoop und 75 Boikenapfel gewählt. 
Die Schafsnase zeichnet sich hier besonders durch gesundes Wachs¬ 
tum sowie durch reiche und regelmäßige Tragbarkeit aus. 

Der Reihenabstand wurde auf 12 m festgelegt und der Ab¬ 
stand der Bäume in den Reihen beträgt 10 m. Ein 1,50 m breiter 
Baumstreifen bleibt liegen, der für sich von seiten der Gemeinde 
Rüdesheira bearbeitet und gedüngt wird. Die Parzellen zwischen 
den Baumreihen werden verpachtet, damit das Land nicht brach 
liegen bleibt, sondern den Bäumen die Bearbeitung und Düngung 
des Landes zu gute kommt Durch das Anbringen der Baumstreifen 
wird außerdem eine Beschädigung der Bäume durch Ackergeräte 
verhindert; doch soll vorsichtshalber zu jeder Seite des Baumes noch 
je ein starker Holzstückel eingeschlagen werden. 

Das Ausheben der Baumlöcher sowie der Bezug der Bäume 
erfolgte im Herbste. Während des Winters wurde eine Boden¬ 
verbesserung in der Weise vorgenommen, daß der Aushub aus 
Straßengräben herbeigefahren und unter die Pflanzerde gemischt 
wurde. 

Die Pflanzung erfolgte in diesem Frühjahre durch die Schüler 
der Anstalt. Bei der Pflanzung wurde Torfmull verwendet, der 
vorher mit Jauche durchtränkt war. 

Diese Obstanlage wird in Zukunft als Demonstrationsobjekt 
dienen. Für die ständige Überwachung wird ein Baurawärter an¬ 
gestellt, der nach den Anweisungen der Anstalt die nötigen laufenden 
Arbeiten besorgen wird. 

Praktische Maßnahmen zur ßekflinpfimg tierischer und 
pflanzlicher Schädlinge. 

Der Bekämpfung tierischer und pflanzlicher Schädlinge wurde 
im Berichtsjahre erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt. Vor allem 
galt es der Blutlaus energisch auf den Leib zu rücken, welche 
sich in den letzten Jahren im ganzen Rheingau in ganz bedenk¬ 
licher Weise vermehrt hat. 

Da die Bekämpfung der Blutlaus während des Sommers in be¬ 
laubtem Zustande der Bäume schwierig und umständlich ist, so 
wurde besonderes Gewicht darauf gelegt, in unbelaubtem Zustande, 
ira zeitigen Frühjahre vor dem Austreiben und im Herbste nach 
dem Laubabfalle geeignete Bekämpfungsmaßregeln zu ergreifen. 
Bei dieser Gelegenheit kamen verschiedene Mittel, welche der An¬ 
stalt zur Prüfung übermittelt waren, zur Anwendung, über die an 
dieser Stelle kurz berichtet werden soll. 

Von seiten der Landwirtschaftskammer für die Provinz Branden¬ 
burg war zur Begutachtung eine Flüssigkeit eingesandt, welche zum 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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größten Teile Carbolineum enthält. Stellen, welche man mit dem 
unverdünnten Mittel mittels Pinsel bestrich, wurden von den Blut¬ 
läusen nicht wieder befallen. Auf die verholzten Teile der Bäume 
bat das Mittel bis jetzt keinen nachteiligen Einfluß ausgeübt. Im 
belaubten Zustande der Bäume darf die Flüssigkeit jedoch nicht 
aufgetragen werden, da Blätter und krautartige Triebe durch dieselbe 
zerstört werden. 

Ebendasselbe wurde bei dem von der Firma Avenarius in 
Stuttgart in den Handel gebrachte Vertilgungsmittel festgestellt. 
Auch dieses Mittel wurde unverdünnt mit dem Pinsel in unbeläubtem 
Zustande der Bäume aufgetragen. 

.Recht gut hat sich die Harzölseife der chemischen Fabrik 
in Emmendingen bewährt. Dieselbe wurde mit Wasser im Ver¬ 
hältnis 1: 10 verdünnt und richtete in diesem Zustande weder an 
Blättern noch an den jungen Trieben Schaden an. Die Harzölseife 
kann deshalb auch ohne Bedenken im Sommer zum Vertilgen der 
Blutläuse benutzt werden. 

Die Blutlaussalbe von Zahn in Oberingelheim wurde zum 
Verstreichen der von den Blutläusen befallenen Stellen benutzt. 
Bei Anwendung derselben im Sommer ist jedoch große Vorsicht 
nötig, da Blätter, welche mit der Salbe in Berührung kommen, 
abfallen. 

Nach den gemachten Erfahrungen hat sich im Berichtsjahre 
die Harzölseife am besten bei der Blutlausvertilgung bewährt, denn 
das Mittel ist im Vergleich zu den übrigen am billigsten und kann 
zu jeder Zeit ohne Schaden für den Baum angewendet werden. 

Bei den sorgfältig ausgeführten Bekämpfungsarbeiten trat 
jedoch wieder deutlich zu Tage, daß das Mittel allein nicht aus¬ 
schlaggebend für den Erfolg ist, sondern daß vor allem ein 
öfteres und gründliches Nachsehen der Bäume nötig ist, 
um der Blutlaus allmählich Herr zu werden. Besonders 
sind es die eigentlichen Blutlausherde, die mau ständig 
unter scharfer Kontrolle haben muß. Da sich die Blutläuse 
mit Vorliebe am Wurzelhals der Doucin- und Paradies-Unterlagen 
einnisten, wurden sämtliche Bäume im Laufe des Sommers und 
Herbstes zweimal am Wurzelhals aufgeräumt und die sich stellen¬ 
weise in großer Zahl vorfindenden Läuse vertilgt. 

Bei der starken Verbreitung der Blutlaus im Rheingau dürfte 
eine gänzliche Vertilgung der Blutlaus fraglich erscheinen; doch 
steht zu erwarten, daß bei der weiteren Durchführung dieser Be¬ 
kämpfungsmaßregeln die Blutlaus immer mehr aus den Anlagen der 
Anstalt zurückgedrängt wird. 

Massnahmen zur Bekämpfung der Diaspis fallax an Birnbäumen. 

Diese Schildlausart hat in den letzten Jahren derartigen Schaden 
hervorgerufen, daß eine energische Bekämpfung derselben dringend 
nötig wurde. Diese Schildlaus befällt vorzugsweise Birnbäume; die 
Schilder sind bedeutend kleiner wie diejenigen der bekannten runden 


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B. Obstbau. Praktische Maßnahmen zur Bekämpfung der Schädlinge. 57 

und kommaförmigen Schildlaus und sind sehr fest auf der Rinde 
aufgekittet. Diaspis fallax ruft ganz charakteristische Vertiefungen 
der Triebe und Zweige hervor. Von sämtlichen Schildlausarten 
dürfte diese die gefährlichste sein, denn die Vertiefungen und Ver¬ 
krümmungen der Zweige, ja selbst des Hauptstarames bis auf den 
Boden herab, geben deutlich zu erkennen, daß die Bäume sehr 
schwer darunter leiden. Stark befallene Bäume bilden keine Triebe 
mehr, das Laubwerk ist klein und auch die Ausbildung der Früchte 
geht immer mehr zurück. 

Leider stoßen wir auch bei der Bekämpfung dieses Schäd- 
linges auf große Schwierigkeiten, da derselbe sich gerade in den 
Vertiefungen fest einnistet und die Schilder nur schwer zu be¬ 
seitigen sind. Da im belaubten Zustande der Bäume eine Ver¬ 
tilgung nicht gut ausgeführt werden kann, so wurde gerade die 
Winterszeit hierfür verwendet. Es kommt vor allem auf ein 
sorgfältiges und gründliches Abbürsten der befallenen 
Teile des Baumes an und wurde hierfür mit gutem Erfolge 
Schmierseife verwendet. Dieselbe in Wasser aufgelöst (1 Pfd. auf 
20 1 Wasser) löste die Schilder recht gut. 

Günstigen Erfolg versprechen wir uns auch von der Be¬ 
handlung der Bäume mit der Harzölseife, die mit Wasser im Ver¬ 
hältnis 1:10 verdünnt, mit dem Pinsel auf die Zweige aufgetragen 
wurde. 

Ein bestimmtes Urteil über dieses Verfahren kann erst in dem 
kommenden Jahre abgegeben werden. 

Bei einigen Bäumen, welche besonders stark befallen waren, 
kamen versuchsweise das auch für die Blutlausbekämpfung ange¬ 
wendete Mittel von Avenarius und das von der Landwirtschafts¬ 
kammer für die Provinz Brandenburg übersandte zur Anwendung. 
Die Schildläuse sind durch beide Mittel, die mittels Pinsel ohne 
Verdünnung aufgetragen wurden, vollständig beseitigt, auch zeigte 
sich bis jetzt wider Erwarten keine nachteilige Einwirkung auf die 
Rinde. Unser Urteil über diese beiden Mittel soll hiermit jedoch 
noch nicht abgeschlossen sein, vielmehr werden diese Versuchsbäume 
auch im kommenden Jahre sorgfältig beobachtet werden. 

In den nächsten Jahren sollen auch Beobachtungen angestellt 
werden, ob Diaspis fallax nicht bestimmte Birnsorten bevorzugt, 
andere ganz verschont. So wurde bereits festgestellt, daß die 
Weilersche Mostbirne, die Hofratsbirne und Amanlis B. B. 
nicht befallen werden, während fast alle bessere Tafelobstsorten 
nicht verschont bleiben. Letzteres gab Veranlassung, daß die 
Weilersche Mostbirne mehr wie bisher als Stammbildner bei nach¬ 
zupflanzenden Hochstämmen im Muttergarten verwendet wurde und 
daß bei Formbäumen der Hofratsbirne für Zwischenveredelung der 
Vorzug vor der Pastorenbirne gegeben wurde, da letztere regelmäßig 
die Schildlaus stark aufweist. — 

Auch der Bekämpfung der Monilia-Krankheit an Stein¬ 
obstbäumen wurde erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt. Dieselbe trat 
im Berichtsjahre weniger an den Kirschen, etwas stärker jedoch an 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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den Aprikosen auf. Alle befallenen Triebe sind im Laufe des 
Sommers sofort abgeschnitten und verbrannt; die zum Faulen 
neigenden Flüchte wurden rechtzeitig gesammelt und tief unter¬ 
gegraben, so daß nach dem Laubabfall keine Fruchtmumien mehr an¬ 
zutreffen waren. 

Daß man wohl im stände ist, durch geeignete Maßnahmen, 
die strikte durchgeführt werden, gegen Obstbaumschädlinge mit Er¬ 
folg anzukämpfen, dafür liegen Beweise bereits vor. So sei u. a. 
nur auf die erfolgreiche Bekämpfung des Frostnachtschmetterlinges 
hingewiesen, der infolge des regelmäßigen Anlegens der Raupenleim¬ 
ringe auf den Bäumen des Muttergartens nicht mehr anzutreffen ist. 
Durch das Anlegen der Madeufallen ist auch bereits eine erfreuliche 
Abnahme der Schädigungen des Apfelwicklers zu verzeichnen. Leider 
wird es nicht möglich sein, denselben gänzlich aus den Obstanlagen 
der Anstalt fernzuhalten, da die Bekämpfung nicht überall durch¬ 
geführt wird und der Schädling von einer Pflanzung in die andere 
zu gelangen vermag. 

Auftreten der Okuliermade in der Baumschule. 

Nachdem bereits im Vorjahre dieser Schädling an den Oku- 
lanten in der Baumschule vereinzelt Schaden angerichtet hatte, trat 
derselbe im Berichtsjahre sehr stark auf und bevorzugte die am 
Boden okulierten Steinobstarten, namentlich Aprikosen und Pfirsiche. 
Die Versuche des Vorjahres, die eingesetzten Augen durch Über¬ 
streichen mit Kollodium zu schützen, wurden fortgesetzt, jedoch 
stellte sich dabei heraus, daß dasselbe bald spröde wird und ab¬ 
blättert, so daß die Okuliermade nachträglich ihre Eiablage besorgen 
kann. Bessere Resultate wurden mit dem Überstreichen der Augen 
mit dünnflüssigem Baumwachs erzielt, welches gut haftete. 

Von besonderer Wichtigkeit ist noch, daß das Verstreichen 
der Augen sofort nach dem Einsetzen und Verbinden derselben zu 
erfolgen hat. denn nur kurze Zeit genügt dem Schädling zu seiner 
Eiablage. 

Einige Bemerkungen zu den Obatncukeiten der Anstalt: 
Apfel „Minister von Hammerstein“ und Birne „Frau Luise 

Goethe“. 

Von den seitens der Anstalt in den letzten Jahren heraus¬ 
gegebenen Obstneuheiten nehmen die beiden obigen Sorten das 
meiste Interesse der Obstzüchter für sich in Anspruch, was aus Zu¬ 
schriften von verschiedenen Seiten hervorgeht. 

Wenn auch in einzelnen Punkten die Ansichten über den 
Wert der Früchte beider Neuheiten auseinander gehen, so darf doch 
wohl aus allen der Schluß gezogen werden, daß sowohl der „Minister 
von Hammerstein 1, als auch „Frau Luise Goethe“ zu den wert¬ 
vollen Neuheiten des letzten Jahrzehntes gezählt werden dürfen. 

Doch es bleibt noch die Prüfung des Baumes beider Sorten 
aut Wuchs, Tragbarkeit und Widerstandsfähigkeit übrig, um ein end- 


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B. Obstbau. Einige Bemerkungen zu den Obstneuheiten. 


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gültiges Urteil über den Anbauwert derselben fällen zu können. 
Wenn auch die an der Anstalt in dieser Hinsicht gesammelten Er¬ 
fahrungen nicht maßgebend sein können — dazu gehören auch die 
Beobachtungen aus anderen Gegenden — so dürfte es doch von 
Interesse sein, wenn dieselben an dieser Stelle bereits veröffentlicht 
werden, denn sie enthalten für jeden, der in Zukunft die Sorten 
zum Versuch anpflanzen will, beachtenswerte Winke. 

Der „Minister von Hammerstein 4 * ist jetzt, in den Obst¬ 
anlagen der Anstalt in allen Formen angepflanzt und er zeichnet 
sich durch frühzeitige, reiche und regelmäßige Tragbarkeit aus. Als 
Beispiel hierfür mögen 10 wagerechte Kordons dienen, welche im 
Jahre 1894 mit dieser Sorte umgepfropft wurden. Dieselben brachten 
im Jahre 1896: 17, 1897: 95, 1898: 62. 1899: 233, 1900: 194, 
1901: 276, 1902: 62, 1903: 410 Früchte in bester Ausbildung. 

Infolge des mäßigen Wachstums und der willigen Fruchtholz¬ 
bildung verträgt die Sorte den kurzen Schnitt recht gut und kann 
mit Vorteil noch in den kleinsten Formen, wie als senkrechter 
Kordon, wagerechter Kordon und Spindel angepflanzt werden. Auch 
als Hochstamm scheint sie gut zu gedeihen. Der Baum hat sich 
widerstandsfähig gegen Krankheiten gezeigt; von Fusicladium war 
er bis jetzt nur wenig befallen. Neben reichlichem Fruchtholz bildet 
die Sorte kräftige Triebe mit üppigem Laubwerk, was wesentlich 
zur Gesunderhaltung und guten Ausbildung der Früchte beitragen 
dürfte. 

Für die ganz kleinen Formen, wie senkrechte und wagerechte 
Kordons beansprucht die Sorte die Paradies-Unterlage, für größere 
Formen wie Pyramiden ist Doucin erforderlich. 

„Frau Luise Goethe 44 läßt dem ganzen Äußeren des Baumes 
nach eher auf eine kleine, wenig wertvolle Sorte schließen, weshalb 
jeder durch die bedeutende Größe der Früchte überrascht wird. 
Das Wachstum ist ein sehr lebhaftes; der Baum bildet lange, zu¬ 
weilen nach unten gekrümmte Triebe mit auffällig kleinen Blättern. 

Die Sorte wurde bisher in allen Formen angepflanzt, wobei 
sich herausstellte, daß sie erst nach Verlauf einiger Jahre zur 
Fruchtholzbildung neigt. Für die Zwergbaumzucht verlangt „Frau 
Luise Goethe 44 unbedingt die Quitten-Unterlage. um das Wachstum 
zu mäßigen. Die Verlängerungen dürfen nicht zu lang geschnitten 
werden, da die unteren Augen nicht gern austreiben; dagegen sind 
die Fruchtruten, auch wenn sie etwas lang sein sollten, zu schonen, 
denn die Sorte trägt besonders gern an den Enden derselben. 
Hieraus geht hervor, daß „Frau Luise Goethe* 4 als Formbaum ge¬ 
zogen eine sorgfältige und aufmerksame Behandlung beansprucht. 
Die Früchte erreichen jedoch am Spalier eine außergewöhnliche 
Größe und sie halten sich — sicherlich infolge der dicken Schale 
— recht lange auf dem Lager, ohne zu welken. Hoffentlich können 
wir in den nächsten Jahren auch über eine gute Tragbarkeit be¬ 
richten, so daß alsdann die Sorte auch nach dieser Richtung hin 
den Anforderungen genügt. 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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Zur Taxation von Obstbitumen. 

In dem vorhergehenden Jahresberichte ist darauf hingewiesen, 
daß seitens der Anstalt unter Mitwirkung von Obstbausachverständigen 1 ) 
einheitliche Grundsätze für die Taxation von Obstbäumen aufgestellt 
wurden, um die Mängel der bisherigen Methoden auf diese Weise 
zu beseitigen. Diese allgemeinen Grundsätze sind in kurzen Zügen 
in dem Jahresbericht 1903 erläutert. 

Eine willkommene Gelegenheit, um die Ansicht weiterer Kreise 
über die aufgestellten Grundsätze zu hören, bot die Kommissions¬ 
sitzung des Deutschen Pomologenvereins, die bei Gelegenheit der 
Wanderausstellung der D. L. G. in Hannover stattfand. Bericht¬ 
erstatter referierte daselbst über das bisherige Ergebnis der Be¬ 
ratungen und die Methode als solche fand allseitige Zustimmung. 

Um nun die Taxationsmethode fertig zu stellen, setzte sich 
Berichterstatter mit dem Oberlehrer Dr. Christ in Verbindung, da 
es sich noch um die eigentliche Wertberechnung handelte. Man 
kam zu dem Entschluß, die Berechnung nach denselben Grund¬ 
sätzen vorzunehmen, wie solche schon seit Jahren im Forstfache bei 
der Bewertung von Waldbäumen allgemein aufgestellt und als richtig 
anerkannt sind. Diese genaue Berechnung — es handelt sich um 
eine Rentenrechnung — kann jedoch ohne weitere Hilfsmittel nur 
bei Kenntnis der Logarithmen ausgeführt werden. Da dies die Ein¬ 
führung und praktische Anwendung der Taxationsmethode jedoch 
bedeutend erschweren, wenn nicht unmöglich machen würde, so 
werden von dem 'Oberlehrer Dr. Christ für die eigentliche Be¬ 
rechnung noch Tabellen aufgestellt, mit deren Hilfe jeder in der 
Lage sein dürfte, die Berechnung des eigentlichen Wertes des 
Baumes vornehmen zu können. 

Vorbedingung bleibt jedoch hierbei, daß der .Taxator mit den 
allgemeinen Grundsätzen der Taxation vollkommen vertraut ist, denn 
die eigentliche Berechnung schließt sich erst der Prüfung und Be¬ 
urteilung aller vorher in Betracht kommenden Fragen an. 

Es liegt die Absicht vor, nach Fertigstellung der Taxations¬ 
methode dieselbe in Gestalt einer Broschüre weiteren Kreisen zu¬ 
gängig zu machen. 

Aufstellung von ObstbaumertragsbUchern. 

Schon seit einer Reihe von Jahren werden die Erträge des 
Spaliergartens sowie die Ausgaben für die Unterhaltung desselben 
gebucht, um auf diese Weise festzustellen, inwieweit sich die 
Spalierzucht als rentabel erweisen wird. 

Um noch des weiteren zur Klärung der Frage der Rentabilität 
der Obstkultur unter den verschiedensten Verhältnissen beizutragen, 

*) Von auswärts haben mitgewirkt: Obstbauinspektor Schulz-Bonn, Kreis¬ 
sekretär Kirsch-Limburg, Obstbaubeamter Schindler-Halle, sowie die Kreis- 
obstbauteehniker Schäfer-Mainz und S u rin a-< <i ölige rau. 


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B. Obstbau. Beobachtungen über das Wurzelwachstum. 


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wurden auf eine Anregung des Amtsgerichtsrat Eleemann in 
Hadamar bin für besondere Obstbaumpflanzungen außerhalb der 
Anstalt sowie für einzelne Quartiere des Muttergartens Obstbaum¬ 
ertragsbücher angelegt, in denen regelmäßige und sorgfältige 
Aufzeichnungen über die Entwicklung der Bäume, den Obstertrag, 
die Unterhaltungskosten sowie über die durch die verschiedenen 
Unterkulturen sich ergebenden Ausgaben und Einnahmen gemacht 
werden. Für die übersichtlichen Aufzeichnungen ist das Obstbaum¬ 
ertragsbuch, welches von Amtsgerichtsrat Kleemann in Hadamar 
und Kreissekretär Kirsch in Limburg herausgegeben wurde, zu 
Grunde gelegt. 

Um das Bild möglichst vielseitig zu gestalten, wurden folgende 
Pflanzungen für diesen Zweck ausgewählt: 

1. Die Feldpflanzung auf dem Domanial-Grundstück auf der 
Windeck (81 Bäume in 9 Sorten). 

2. Die Halbstammpflanzung auf der Leideck (55 Bäume in 
15 Sorten). 

3. Die in diesem Frühjahre ausgeführte Obstbaumpflanzung für 
die Gemeinde Büdesheim (600 Bäume in 5 Sorten). 

Bei diesen 3 Pflanzungen sind den Reihen entlang Baum¬ 
streifen liegen geblieben, die für sich bearbeitet und bebaut werden. 

4. Das neu angelegte Buschobstquartier von Äpfeln im Mutter¬ 
garten mit Zwischenpflanzung von Erdbeeren und Spargoln (100 Bäume 
in 10 Sorten). 

5. Das Birnspindelquartier vor dem Spaliergarten ohne jeg¬ 
liche Unterkultur (72 Bäume in 2 Sorten). 

6. Das nebenan liegende Quartier Apfelspindeln mit Unter¬ 
kultur von Erdbeeren (90 Bäume in 3 Sorten). 

7. Das mit Spindeln und Pyramiden bepflanzte sogenannte 
»Dreieck« im Muttergarten mit Unterkultur von Gemüsen (200 Bäume 
in ca. 50 Sorten). 

Außerdem steht zu erwarten, daß auch verschiedene Besitzer 
kleinerer und größerer Obstanlagen im Rheingau in derselben Weise 
sorgfältige Aufzeichnungen vornehmen. Auch der Nass. Landes¬ 
obstbauverein wird das ganze Material, welches hierfür von seinen 
Zweigvereineu gesammelt wird, im Laufe der Jahre der Anstalt zur 
weiteren Verarbeitung zur Verfügung stellen. Die Resultate dieser 
Aufzeichnungen werden in gewissen Zeiträumen im Jahresbericht 
veröffentlicht werden. 

Beobachtungen Aber das Wurzelwachstum der Obstbftume. 

In dem Jahresberichte 1903 wurde der nachteilige Einfluß des 
Zutiefpflanzens auf das Wachstum der Bäume im allgemeinen ge¬ 
schildert und dabei durch Abbildungen die hierdurch hervorgerufene 
mangelhafte Ausbildung der Wurzeln sowie der Krone vor Augen 
geführt. 

Bei dem sorgfältigen Herausgraben der Versuchsbäume wurden 
auch Beobachtungen über das Wurzelwachstum im allgemeinen an- 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


gestellt. Zwei Versuchsbäume, welche in Figur 10 mit ihren Wurzeln 
bildlich, nach Photographie gezeichnet, wiedergegeben sind, waren 
besonders interessant und verdienen wohl einer kleinen Betrachtung. 

Beide Bäume standen mit ihrem Wurzelhalse 40 cm zu tief 
in dem Erdreiche. Betrachten wir uns die Ausbildung der Wurzeln 
genauer, so finden wir, daß an den untersten Teilen junge Wurzeln 
fast gar nicht gebildet wurden. Die mehr oben befindlichen Wurzeln 
zeigen mehr oder weniger das Bestreben, nach der Erdoberfläche zu 
zu wachsen; ein Beweis, daß sie in den unteren Erdschichten nicht 
die für ihre Entwicklung nötigen Bedingungen, Nahrung und vor 
allem genügend Zutritt von Luft vorfanden. 

Diese Beobachtung wurde nicht allein bei diesen beiden 
Bäumen gemacht, sondern bei fast sämtlichen zu tief gepflanzten 



Exemplaren. Die Abbildung spricht deutlich dafür, daß eine gute 
Durchlüftung des Bodens von äußerst günstigem Einflüsse auf das 
Wurzel Wachstum ist und umgekehrt. 

Auffällig ist bei den Bäumen noch weiter die vollkommen 
einseitige Ausbildung des Wurzelwerkes. Diese Erscheinung ist 
darauf zurückzuführen, daß ein Teil der Versuchsbäume in der 
Baumschule dicht auf die Grenze eines Hochstammquartieres ge¬ 
pflanzt war. Da die Wurzeln der jungen Hochstämme das Über¬ 
gewicht hatten, sahen sich die Versuchsbäume genötigt, ihre Wurzeln 
nach der entgegengesetzten Richtung zu senden, woselbst ihnen 
das Erdreich ungehindert zur Verfügung stand. Auch diese Er¬ 
scheinung trat bei den meisten Bäumen, welche dem Hochstamm¬ 
quartiere entlang gepflanzt waren, deutlich zu Tage und sie lehrt, 
daß bei diesem Kampfe ums Dasein der Schwächere dem Stärkeren 
und unter besseren Verhältnissen sich entwickelnden weichen mußte. 


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B. Obstbau. Prüfung neuer Geräte. 


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Gelegenheit zur Anstellung ähnlicher Beobachtungen bietet 
sich des öfteren in der Praxis: sie sollte nur mehr wahrgenommen 
werden, denn sie liefern uns interessante Aufschlüsse über das 
Wurzelleben und geben dem Obstzüchter wertvolle Winke für die 
sachgemäße Pflanzung und Pflege der Bäume. 

Prfifting neuer Gerate. 

Der Anstalt wurden im Berichtsjahre eine Anzahl Geräte zur 
Begutachtung übermittelt, die auch auf ihre Brauchbarkeit hin ge¬ 
prüft wurden. Das Resultat ist folgendes. 

Baumsäge Iduna. Dieselbe kann als ein recht brauchbares 
Instrument bezeichnet werden. Die Säge zeichnet sich im Ver¬ 
gleich zu anderen Systemen besonders durch einen recht glatten 
Schnitt aus, welcher durch die abwechselnde Stellung der Zähne 
hervorgerufen wird. 

Dittmarsche Säge mit leicht verstelIbarem Blatt. Auf 
den ersten Blick scheint die Säge etwas Gutes und Neues zu sein, 
denn das Verstellen des Sägeblattes geht schnell von statten. Wir 
glauben jedoch, daß die Konstruktion öftere Reparaturen erfordert. 

Ein endgültiges Urteil können wir über beide Sägen noch 
nicht fällen, da dieses erst nach mehrjährigem Gebrauch derselben 
möglich ist. Vorläufig geben wir noch der seit einer Reihe von 
Jahren an der Anstalt eingeführten Säge den Vorzug, die sich vor 
allem durch größte Dauerhaftigkeit auszeichnet und bei welcher 
trotz ständigem Gebrauches Reparaturen sozusagen ausgeschlossen 
sind. Das Blatt läßt sich auch sehr leicht und schnell verstellen. 

Ein neues Geißfußmesser. Schon seit langer Zeit be¬ 
mühen sich einzelne Fachleute ein Instrument zu erfinden, welches 
eine leichte Ausführung der Geißfußveredelung ermöglichen soll. 
Die bisherig aufgetauchten Instrumente entsprechen den An¬ 
forderungen jedoch nicht, weshalb im praktischen Betriebe, zumal 
in den Baumschulen, fast ausschließlich die Veredelung mit dem 
einfachen Messer ausgeführt wird. Es dürfte überhaupt schwer 
halten, ein Instrument zu erfinden, welches die geschickte Hand¬ 
arbeit dauernd ersetzt. 

Dies bestätigt auch wieder einmal das neue Instrument von 
Wolf in Solingen, welches sich von den bisherigen nur dadurch 
unterscheidet, daß es derart kompliziert zusammengesetzt ist, so daß 
es überhaupt schwer fällt, sich zunächst das richtige Bild von der 
Handhabung desselben zu verschaffen. 

Mit Hilfe dieses Geißfußmessers ist man in der Lage, an der 
Unterlage Schnitte von verschiedener Tiefe anzubringen; das Edel¬ 
reis muß nachträglich mit dem gewöhnlichen Messer zugeschnitten 
werden. Nach mehrmaligem Gebrauche des Instrumentes war der 
Schnitt jedoch nicht mehr glatt, sondern faserig, was sehr zu Un¬ 
gunsten desselben spricht Da mit dem Messer auch ein schwer¬ 
fälliges Hantieren ist, so wird sich dasselbe auch nicht in der 
Praxis ein bürgern. 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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Eisenstäbe mit einfacher Befestigung im Boden. 
Schlossermeister Pott aus Niederlahnstein sandte der Anstalt zur 
Begutachtung eine neue Art von Eisenstäben ein, die für Spaliere, 
Zäune usw. Verwendung finden sollen. Das Feststellen dieser Stäbe 
geschieht durch eine bewegliche breite Eisenplatte, welche nach 
dem Eintreiben der Stäbe selbst in den Boden geschlagen wird. 

Wir haben Stäbe für Kordons und Himbeeren zur Probe auf¬ 
gestellt und sind mit dem [Resultat zufrieden. Das Aufstellen geht 
sehr schnell von statten, die Stäbe bieten genügend Halt und lassen 
sich auch schnell wieder aus dem Boden herausnehmen. In sehr 
leichtem und aufgeweichtem Boden läßt der nötige Halt jedoch etwas 
nach, auch dürfte für höhere Spaliergestelle diese Art der Befestigung 
nicht mehr ausreichen. 

Aluminium-Etiketten. Von verschiedenen Seiten wurden 
dieselben der Anstalt zur Begutachtung eingesandt. Bei denselben 
werden die Namen der Sorten von der Fabrik nach Angabe ein¬ 
geschlagen, so daß dieselben ohne Zweifel dauernd zu erkennen 
sein werden. Doch geben wir den an der Anstalt seit Jahren ein¬ 
geführten Etiketten, von Kißling-Vegesack bezogen, den Vorzug, 
denn diese entsprechen weit eher allen Anforderungen, welche an 
ein gutes Etikett gestellt werden. Von einem solchen verlangt man: 
gefälliges und sauberes Äußere, eine von größerer Entfernung her 
gut sichtbare, scharfe Schrift, die von möglichst langer Haltbarkeit 
ist, dazu ein mäßiger Preis. 

Der Preis der Porzellan-Etiketten beträgt 10 Pf. das Stück, 
derjenige der Aluminium-Etiketten 7V 2 —9 Pf., so daß bei den 
ersteren die geringen Mehrkosten durch die bedeutenden Vorzüge 
wieder ausgeglichen werden. 


Bericht der Obstverwertungsstation. 

Erstattet von Obergärtner E. Junge. 

Im Berichtsjahre erfolgte der Umbau und die hiermit ver¬ 
bundene Vergrößerung der Obstverwertungsstation, über welche im 
nachfolgenden eingehender berichtet werden soll. 

Die Veranlassung zu dem Umbau gab die bisherige innere 
Einrichtung der Station, welche sich im Laufe der Jahre in ver¬ 
schiedener Hinsicht als verbesserungsbedürftig erwiesen hatte. Um 
ein möglichst klares Bild geben zu können, sei zunächst die bis¬ 
herige Einrichtung kurz geschildert. 

Die Station wies 4 besondere Räume auf: A. Den eigentlichen 
Arbeitsraum, B. den Aufbewahrungsraum, C. die Garderobe und 
D. die Aborte. Die Mitte des großen Arbeitsraumes nahm ein 
großer Schornstein ein, um welchen gruppiert waren: der Dampf¬ 
kessel, der Kochherd, die 2 Geisenheimer Dörren, sowie ein Obst- 
einkochkessel. An der Ostseite standen folgende Apparate, welche 


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Bericht der Obstverwertungsstation. 


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vorn Kessel aus mit Dampfleitung versehen waren: ein Dämpfkasten, 
ein Geleekessel, drei Marmeladenkessel und ein großes Wasserbad 
zum Kochen von Konserven. Auf der Südseite war dem Dampf¬ 
kessel noch ein Destilierapparat angescldossen und ein Ryderscher 
Dörrapparat hatte ebendaselbst Aufstellung gefunden. Auf der West- 
und Nordseite fanden sich die Keltern, Passirmaschinen und sonstigen 
HUfsgeräte vor, während der freigebliebene Raum für die Aufstellung 
der Arbeitstische diente. 

Im Laufe der letzten Jahre hatte sich herausgestellt, daß durch 
den in der Mitte befindlichen Schornstein sowie die um denselben 
aufgestellten Apparate die Übersicht über den ganzen Betrieb er¬ 
schwert wurde. Auch fehlte die Möglichkeit, die vorhandenen 
Hilfsgeräte zweckentsprechend aufzustellen und neue zu beschaffen, 
da es an Platz mangelte. Bei den Arbeiten machte sich der Dampf¬ 
kessel dadurch imangenehm bemerkbar, daß sich die Hitze in dem 
Raume fast zu einer unerträglichen steigerte. Daß das Vorhanden¬ 
sein des Dampfkessels im Arbeitsraume selbst, welcher bis auf 5 
Atm. Druck geprüft war, der Anstalt schließlich eine große Ver¬ 
antwortung auferlegte, liegt sehr nahe. 

Doch auch der Aufbewahrungsraum entsprach nicht den An¬ 
forderungen. Da derselbe nach der Südseite zu lag, war die Tem¬ 
peratur im Sommer eine zu hohe. Im Winter kühlte sich der 
Raum zu stark ab und das Heizen machte Schwierigkeiten, da der 
Raum nach dem darüber befindlichen Speicher zu nicht gut abge¬ 
schlossen werden konnte. Die Temperaturverhältnisse waren somit 
in dem Raume dauernd recht ungünstige. 

Daß der Eingang‘zu den Aborten von dem Arbeitsraume aus 
zu erfolgen hatte, ergab sich auch als unpassend. 

Aus diesen Gründen erschien ein Umbau der Station dringend 
nötig, um den geschilderten Übelständen abzuhelfen. 

Die einem hohen Ministerium für Landwirtschaft unterbreiteten 
Pläne und Vorschläge betr. Umbau der Station wurden genehmigt 
und die für denselben erforderlichen Mittel bewilligt. In dankenswerter 
Weise erklärte sich gleichzeitig der Verein der Deutschen Zuckerin¬ 
dustriellen, dessen Sitz in Berlin ist bereit, für die Komplettierung 
der inneren Einrichtung sowie den weiteren Ausbau der Station eine 
einmalige Unterstützung zu gewähren. Diese ansehnliche Beihilfe 
ermöglichte es, die Station noch bedeutend zu vergrößern, und auch 
die maschinelle Einrichtung derart zu treffen, daß ein Vorbild im 
kleinen für den gewerbsmäßigen Betrieb geschaffen werden konnte. 
Dem Verein der Zuckerindustriellen sei auch au dieser Stelle der 
Dank der Anstalt für ihre Unterstützung ausgesprochen. 

Mit dem Umbau wurde gleich nach Beendigung der Kurse 
im Herbste 1903 begonnen und derselbe wurde einschließlich der 
inneren Einrichtung im Frühjahre 1904 fertig gestellt. Der Plan 
in Figur 11 gibt den Grundriß der Station in ihrer jetzigen Gestalt 
wieder. Zur näheren Erläuterung des Planes mögen folgende An¬ 
gaben dienen. 

Geisenheimer Bericht 1903. 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


Die Obstverwertungsstation setzt sich aus folgenden Räumen 
zusammen: 

A. Der große Arbeitsraum mit den Dampfkochapparaten, 

B. die Dörrabteilung, 

C. das Bureau des Leiters der Station, 

D. Treppenhaus für den Keller und den Speicher, 

E. Sammlungsraum, 

F. Garderobe, 

G. Demonstrations- und Lehrsaal, 

H. Kesselhaus, 

I. Aborte. 



Fig. II. 


Sämtliche Räume sind mit elektrischem Licht versehen, auch 
wurde ein Elektromotor aufgestellt, der zum Inbetriebsetzen einiger 
Maschinen und Hilfsgeräe dient. 

Der große Arbeitsraum hat durch die Entfernung des 
Schornsteines und der um denselben angeordneten Apparaten ganz 
bedeutend an Übersicht und Platz gewonnen. Die Dampfkoch- 
Apparate auf der Ostseite sind in der bisherigen Weise belassen 
und an die Stelle des Destillierapparates, welcher in einem Raume 
des Kellereibetriebes untergebracht ist, trat ein Vakuumapparat. Der 
Elektromotor hat Aufstellung oberhalb des Dämpfkastens gefunden. 
Die Transmissionsanlage befindet sich über den Dampfkochkesseln 
und wurden derselben zunächst der Vakuumapparat, die Dosen¬ 
verschlußmaschine sowie zwei Passirmaschinen angeschlossen, welche 
in einer Reihe, 2‘/ 2 m von den Dampfkochapparaten entfernt auf- 
gestellt sind. Um einem Unglück möglichst vorzubeugen und un¬ 
berufene Personen von diesen Apparaten während des Betriebes 
fernzuhalten, soll dieser Teil des Arbeitsraumes durch eine Schutz- 


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Bericht der Obst verwert ungsstation. 


67 


Vorrichtung abgegrenzt werden, die jedoch jederzeit leicht und schnell 
entfernt werden kann. 

Auf der Nordseite des großen Arbeitsraumes ist ein größerer 
gemauerter Herd mit 2 besonderen Feuerungen aufgestellt, der zum 
Blanchieren von Früchten usw. dienen soll. Der vordere Teil wird 
in erster Linie von den Arbeitstischen eingenommen. Außerdem 
haben hier die Keltern, ein Obsteinkochkessel sowie noch einige 
kleinere Hilfsgeräte Aufstellung gefunden. 

Der Raum B dient ausschließlich dem Dörrbetriebe. In 
nächster Nähe des Schornsteins befinden sich die Geisenheimer 
Dörrapparate, sowie ein Kochherd, während der Rvdersehe Trocken¬ 
apparat die Ostseite dieses Raumes einnimrat. Der Dörrraum steht 
mit dem großen Arbeitsraume durch einen Durchgang von 3 m 
Breite in Verbindung, so daß eine gute Übersicht über beide Ab¬ 
teilungen auf diese Weise geschaffen ist. 

Von dem Bureau C aus vermitteln 2 Türen den direkten 
Zugang zu allen Räumen der Station, auch kann durch ein Fenster 
nach dem großen Arbeitsraum zu eine ständige Kontrolle über alle 
Vorgänge von dem Leiter ausgeübt werden. 

Von dem Raume D, welcher gleichzeitig den Zugang zu dem 
Bureau bildet, gelangt man auf den Speicher, der in erster Linie 
zur Aufbewahrung von leeren Behältern für die verschiedenen Ver¬ 
wertungsprodukte dient. Unter dem ganzen Anbau (B, C, D) be¬ 
findet sich ein Keller, zu dem aus dem Raume D eine Treppe führt. 
Der Keller ist in 2 Abteilungen geteilt; unter C werden die Kon¬ 
serven aufbewahrt, während die größere Abteilung unter B für die 
Aufbewahrung von Gemüsen dienen soll, wofür bisher geeignete 
Kellerräume fehlten. 

Der Sammlungsraum E sowie der Demonstrations- und 
Lehrsaal G werden im Laufe des Sommers eingerichtet werden, 
so daß bestimmte Angaben über die innere Einrichtung derselben 
an dieser Stelle noch nicht gemacht werden können. Es dürfte den 
Kursisten sowie den Schülern zum großen Vorteil gereichen, daß 
die theoretischen Erläuterungen mit den praktischen Demonstrationen 
und Arbeiten am Ort Hand in Hand gehen können. Dies war auch 
der Grund, der bei dem Umbau der Station zu der Einrichtung 
eines Sammlungs- und Demonstrationssaales Veranlassung gab. 

In dem Raume H hat ausschließlich der Kessel Aufstellung 
gefunden. Der Dampfkessel ist wiederum mit allen Sicherheits¬ 
vorrichtungen versehen, um allen Gefahren vorzubeugen. Zur Kon¬ 
trolle ist ferner in dem Hauptarbeitsraume ein Manometer sowie 
mehrere Ablaßhähne für den Dampf angebracht, so daß auch von 
dieser Stelle aus jederzeit eine Orientierung über den Stand des 
Kessels möglich ist. 

Versuch Ober die Herstellung von Obsts&ften. 

Bei der Herstellung von Obstsäften in größeren Mengen ge¬ 
langte bisher fast ausschließlich nur das Kuli sch sehe Verfahren 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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zur Anwendung. Dasselbe, in dem Jahresbericht 1896 eingehend be¬ 
schrieben, besteht darin, daß der abgepreßte Rohsaft zunächst einer 
Gärung unterworfen wird, wobei alle Vorsichtsmaßregeln zu be¬ 
achten sind, die bei der Gärung der Obst- und Beerenweine zur 
Anwendung kommen. Nach der Klärung wird der Saft von dem 
Trübe abgezogen und mit Zucker kurze Zeit eingekocht Die Auf¬ 
bewahrung geschieht in Flaschen. 

Die auf diese Weise hergestellten Obstsäfte zeichnen sich durch 
einen guten Geschmack, schöne Farbe und vor allem dadurch aus, 
daß dieselben dauernd klar bleiben. 

Von verschiedenen Seiten wurden in letzter Zeit Bedenken 
gegen diese Methode laut, daß durch die Gärung das Aroma leiden 
müßte. Auch ginge der Zucker, den die Früchte enthielten, durch 
die Gärung verloren, und an die Stelle desselben träte Alkohol, den 
doch eigentliche Obstsäfte nicht enthalten sollten. 

Was den letzteren Punkt anbetrifft, so muß zugegeben werden, 
daß der Zucker, den die Früchte geliefert haben, durch die Gärung 
verschwindet, denn es bildet sich aus demselben Alkohol und Kohlen¬ 
säure. Letztere entweicht, während der Alkohol zurückbleibt. Die 
Menge dieses Alkohols ist jedoch eine verhältnismäßig geringe, auch 
ist zu berücksichtigen, daß der größte Teil desselben durch das 
Kochen wieder zum Entweichen gebracht wird, so daß die Bedenken 
betr. Vorhandensein von Alkohol in dem Safte hierdurch genommen 
werden. 

Um festzustellen, inwieweit ein Verlust an Aroma durch die 
Gärung zu verzeichnen ist, wurde ein kleiner Versuch mit Himbeeren 
angestellt, der bereits interessante Aufschlüsse über diese Frage gab. 

Ein Teil des Himbeersaftes wurde durch vorhergehende Gärung 
gewonnen, während bei einem zweiten Teile folgendes Verfahren zur 
Anwendung kam. Die Himbeeren wurden durch die Beerenmühle 
getrieben und der Rohsaft durch Abpressen gewonnen. Den Saft 
füllte man sofort auf Flaschen, verkorkte dieselben und nahm als¬ 
bald ein Sterilisieren des Inhaltes vor. Das Sterilisieren wurde bei 
75° auf eine halbe Stunde ausgedehnt. Die Flaschen wurden aufrecht 
stehend aufbewahrt, damit bei der eintretenden Klärung alle festen 
Substanzen sich auf den Boden niedersetzen konnten. Sobald der 
Saft über dem Trub glanzhell erschien, wurde derselbe vorsichtig 
abgegossen und sofort mit Zucker eingekocht. Auf 1 1 Saft rechnete 
man 675 g Zucker. Das Einkochen erfolgte solange, bis sich kein 
Schaum mehr bildete. Die Weiterbehandlung war dieselbe, wie bei 
den durch Gärung gewonnenen Säften. 

Die in diesem Frühjahre mit beiden Säften angestellte Kost¬ 
probe ergab, daß bei den sterilisierten Säften das Aroma bedeutend 
stärker hervortrat, wie bei den durch Gärung gewonnenen. Freilich 
stellte sich in einzelnen Flaschen nachträglich eine kleine Trübung 
ein, die sich alsbald in Gestalt eines feinen Bodensatzes niederschlug. 

Der kleine Vorversuch lehrte alsbald deutlich, daß bei den¬ 
jenigen Säften, bei welchem es vor allem auf die möglichst voll¬ 
ständige Erhaltung des Aromas ankommt, das Verfahren der Durch- 


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Bericht der Obstverwertungsstation. 


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gärung nicht immer zweckmäßig erscheint. Die erzielten Resultate 
geben zur Einleitung weiterer Versuche Anregung, die auch bei 
anderen Obstarten angestellt werden sollen. 

Prflfting neuer Obstpflücker. 

Fast in jedem Jahre tauchen neue Obstpflücker auf, welche 
die bisherigen bei weitem übertreffen sollen. Die meisten derselben 



Fig. 12. 


entsprechen jedoch den Anpreisun¬ 
gen nicht; dem einen oder an¬ 
deren liegt wohl eine gute Idee zu 
Grunde, aber sie genügen nicht 
den Anforderungen der Praxis. 

Nur diejenigen Obstpflücker 
sind als zweckentsprechend zu be¬ 
zeichnen, die eine Arbeit leisten, 
welche der einer geübten Hand 
möglichst nahe kommt. An einen 
guten Obstpflücker müssen des¬ 
halb folgende Anforderungen ge¬ 
stellt werden: 

1. Erhaltung der Frucht in 
tadellosem Zustande, wozu auch 
die vollständige Erhaltung des 
Fruchtstieles gehört; 

2. Schonung des Fruchtholzes; 

3. schnelles und beciuemes 
Arbeiten. 



Fig. 13. 


Nach den an der Anstalt gemachten Erfahrungen entspricht unter 
den älteren Obstpflückern nur der von der Firma Schneider in 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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Hachenburg in den Handel gebrachte diesen Anforderungen am 
meisten. Derselbe in Figur 12 bildlich wiedergegeben, hat in der 
Praxis bereits die weiteste Verbreitung gefunden und dürfte allen 
Obstzüchtern bekannt sein. 

Auf dem Lande trifft man noch vielfach den in Figur 13 ab¬ 
gebildeten Pflücker an, der sich jedoch weniger bewährt hat, da 
häufig der Fruchtstiel trotz aller Vorsicht beschädigt wird, wodurch 
Tafelfrüchte bedeutend an Wert verlieren. Auch das Abreißen von 
Fruchtholz kann nicht immer vermieden werden. 

Im verflossenen Jahre wurde der von der Firma E. von Man- 
stein-Würzburg in den Handel gebrachte neue Obstpflücker auf 
seine Brauchbarkeit hin geprüft und waren die Ergebnisse recht 
zufriedenstellend. Der eigentliche Pflücker besteht aus zwei löffel¬ 
artigen Teilen, von denen der untere kleine durch eine Ziehvorrich¬ 
tung, die von dem unteren Ende des 2 m langen Stabes in einfacher 
Weise in Tätigkeit gesetzt wird, nach dem oberen Teile zu in Be¬ 
wegung gebracht werden kann und so die loszulösende Frucht fest¬ 
hält. Durch leichtes Bewegen des Pflückers löst sich der Stiel von 
der Ansatzstelle los, so daß eine Beschädigung desselben sowie auch 
des Fruchtholzes ausgeschlossen ist. Die Frucht ruht bei dem Her¬ 
unterholen sicher in der löffelartigen Vertiefung und gelangt un¬ 
verletzt in den Pflückkorb. 

Der Mansteinsche Obstpflücker ist recht leicht gearbeitet — 
ein Vorzug im Vergleich zu manchen anderen —, so daß die Ar¬ 
beit mit demselben nicht ermüdet; auch kann derselbe leicht mit 
einer Hand bedient werden. Der Preis von Mark 2,75 das Stück 
ist als ein mäßiger zu bezeichnen. 


C. Gartenbau. 

I. Pflanzenkultnren. 

Allgemeines. 

Das Bestreben, die Pflanzensammlungen der Gewächshäuser 
immer mehr zu bereichern und für die Schüler der Lehranstalt 
lehrreicher zu gestalten, ist auch im letztverflossenem Jahre be¬ 
achtet und neben zahlreichen Geschenken ist die Sammlung durch 
Ankauf wesentlich vergrößert worden. Auf die Kultur der Pflanzen 
selbst wird die größte Sorgfalt gelegt, um möglichst bestkultivierte 
Pflanzen, soweit dieses in den vorhandenen Häusern möglich ist, 
den Schülern zu zeigen. 


Orchideen-Kultur. 

Die weiteren Beobachtungen über den Versuch, diese Pflanzen 
in einer reichlich mit grobem Flußsand vermischten, halbverrotteten 


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C. Gartenbau. I. Pflanzenkulturen. 


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Buchenlauberde zu kultivieren (siehe Jahresbericht 1901, Seite 7S) 
haben ergeben, daß das Wachstum der Pflanzen auch im ver¬ 
flossenen Jahre als ein recht gutes bezeichnet werden kann. In 
dieser Erde wurden neben den Cvpripedien auch Dendrobien, Laelien, 
Oncidium usw. mit gleich gutem Erfolge kultiviert. Es darf hier 
nicht unerwähnt bleiben, daß bei der Anwendung der reinen Laub¬ 
erde auf eine genügende Drainage der Töpfe und auf einen reichen 



Fig. 14. Fig. 15. 

Zusatz von Flußsand ein besonderer Wert gelegt werden muß, um 
einem Versauern des Erdreichs vorzubeugen. 

Die Abbildungen Fig. 14 und 15 zeigen Coelogynen in Laub¬ 
erde kultiviert und in voller Blüte stehend. 

Kultur der Chrysanthemum. 

Die in diesem Jahre fortgesetzten Versuche in der Bespritzung 
der Chrysanthemum mit der Kupferkalklösung haben gezeigt, daß 
die bespritzten Pflanzen nicht nur üppiger im Wachstum standen, 
sondern auch dunkelgrünere Blätter zeigten als die nicht bespritzten 
Pflanzen; ebenso hatten die bespritzten Pflanzen nur vereinzelt und 
auch nur in geringem Maße unter dem Rostpilz zu leiden. 

Wer die Kupferkalklösung für obige Zwecke verwendet, sollte 
die Bespritzung vornehmen, so lange die Pflanzen noch klein sind, 
damit die oberen Blätter, die sich nach der Bespritzung bilden, rein 
und die Pflanzen dadurch ansehnlicher bleiben. 

Für die erste Bespritzung nimmt man auf 100 1 Wasser 
1 kg Kupfervitriol und 2—2 1 / 2 kg Kalk, während für die zweite 
Bespritzung, die 2 — 3 Wochen später erfolgen kann, die doppelteu 
31engen dieser Stoffe auf 100 1 Wasser verwendet werden können. 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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Beobachtungen Ober verschiedene Veilchen Sorten. 

Über die Eigenschaften der vielen im Handel befindlichen 
Veilchensorten herrschen vielfach Unklarheiten, weshalb ein Sorti¬ 
ment der bekannten Veilchensorten angekauft und auf deren Brauch¬ 
barkeit geprüft wurde. 

Die Beobachtungen erstreckten sich auf folgende Sorten: 

1. Russisches Veilchen 

2. Kaiserin Augusta Victoria 

3. Kaiser Friedrich-Veilchen 

4. Augusta-Veilchen 

5. Pariser-Veilchen 

6. Germania-Veilchen 

7. Oalifornica-Veilchen 

8. Princesse de Galles-Veilchen. 

1. Russisches Veilchen. Blüht ira Herbst wenig, im Früh¬ 
jahr zeitig und sehr dankbar. Die Blüten sind tief dunkelblau, 
ziemlich groß und werden auf langen Stielen getragen. Gegen die 
rote Milbenspinne widerstandsfähig. Sehr zu empfehlendes Veilchen. 

2. Kaiserin Augusta Victoria-Veilchen. Im Herbst 
(Oktober-November) wie auch im Frühjahr reich und dankbar 
blühend. Blüte von mittlerer Größe, lebhaft blau in der Färbung, 
etwas kurzstielig. 

3. Kaiser Friedrich-Veilchen. Weniger dankbar blühend, 
werden die ziemlich großen dunkelblauen Blüten auf langen Stielen 
getragen. Im Herbst erscheinen die Blüten nur vereinzelt, wie auch 
der Frühjahrsflor ein nur mäßiger zu nennen ist. 

4. Augusta-Veilchen. Im Herbst wie im Frühjahr überaus 
dankbar blühend und unter den angeführten Sorten wohl das dank¬ 
barblühendste Veilchen. Leider werden die Blüten nur auf kurzen 
Stielen getragen. Wertvoll für Topftreiberei und Topfverkauf. 

5. Pariser Veilchen. Blüht nicht dankbar genug, wie auch 
die tief dunkelblauen Blüten auf zu kurzen Stielen getragen werden. 
Unter den angeführten Sorten hatte das Pariser Veilchen am aller¬ 
meisten unter der roten Milbenspinne zu leiden, weshalb dieso Sorte 
aus dem Sortiment entfernt wurde. 

6. Germania-Veilchen. Blüht ira Herbst wie auch ira 
Frühjahr nicht dankbar genug und kann deshalb nicht empfohlen 
werden. 

7. Californica-Veilchen. Im Herbst blüht dieses Veilchen 
nicht, doch um so dankbarer im Frühjahr. Die großen, schön 
dunkelblau gefärbten Blüten sitzen auf langen Stielen, sind sehr 
wohlriechend und recht haltbar. Für Kastentreiberei sehr geeignetes 
Veilchen. 

8. Princesse de Galles. Ein sehr wertvolles und dankbar 
blühendes Veilchen, welches seinen Flor im zeitigen Frühjahr ent¬ 
wickelt und besonders für die Kultur in Kasten geeignet ist. Die 
Blüten sind groß, tief dunkelblau und werden auf langen straffen 
Stielen getragen. 


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C. Gartenbau. I. Pflanzenkulturen. 


73 


Prüfung von Pflanzenneuheiten. 

Die Prüfung der in den Handel gegebenen Pflanzenneuheiten 
hat hier folgendes Resultat ergeben: 

1. Fuchsien 

in folgenden Sorten: 

Tientsin. Eine besonders dankbar blühende Sorte von 
niedrigem Wuchs. Die Blüten sind locker gebaut, leicht gefüllt 
und weinrot in der Färbung. Obgleich reichblühend ist die Farbe 
der Blüten wenig ansprechend. 

Profusion. Sehr schwach wachsend, zeichnete sich diese 
Sorte durch einen reichen Blütenflor aus. Die ziemlich großen, 
gefüllten Blüten weisen ein eigenartiges Farbenspiel auf, welches 
leider nicht wirkungsvoll genug hervortritt. 

Sarah Bernhardt. Überaus reichblühend, weist diese Sorte 
einen leichten gleichmäßigen Bau der Pflanze auf. Die großen, 
gefüllten Blüten im lebhaften Farbenspiel sind überaus zierend. 
Eine sehr empfehlenswerte Sorte. 

Krüger. Besonders starkwachsend, bringt diese Sorte sehr 
große, dicht gefüllte Blüten zur Entfaltung, die sich durch ein 
zartes Rosa in der Färbung auszeichnen. Eine empfehlenswerte 
Sorte. 

Voltaire. Reichblühend und besonders starkwachsend, zeigt 
diese Sorte einen recht sparrigen Wuchs und ist aus diesem Grunde 
weniger empfehlenswert 

Victor Hugo. Die sehr vollen, gefüllten Blüten weisen ein 
recht lebhaftes Farbenspiel auf, doch blüht die Pflanze selbst leider 
nur recht mäßig. 

Baron de Ketteier. Die auffallend großen Blüten dieser 
Sorte weisen eine schöne, abgerundete Form auf und sind durch 
ein schönes Farbenspiel ausgezeichnet Neben starkem Wachstum 
blüht diese Sorte sehr dankbar. 

Mad. Eva Boeg. Die langgestreckten einfachen Blüten sind 
sehr lebhaft gefärbt und erscheinen an den Pflanzen in großer Fülle. 
Für den Marktverkauf und für die Bepflanzung von Blumenbeeten 
scheint diese Sorte sehr wertvoll zu sein. 

2. Pelargonien zonale 

in folgenden Sorten: 

Cuvier. Etwa 40 cm hoch werdend bringt diese Sorte dunkel 
kirschrote, halbgefüllte Blüten zur Entfaltung. Für Gruppenpflanzung 
weniger geeignet, scheint sie für Topfkultur wertvoll zu sein. 

Herzensdame. Sehr dankbar blühend, bringt diese Sorte 
besonders große Blüten, die sich durch ein leuchtendes Rosa aus¬ 
zeichnen und angenehm in der Wirkung sind. Für Gruppenpflanzung 
wertvolle Sorte. 

Perle von Hildesheim. Starkwachsend, 40—45 cm hoch 
werdend bringt diese Sorte nur kleinblumige, leicht gefüllte, rosa 


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II. Tätigkeit der Austalt nach innen. 


gefärbte Blüten mit weißer Mitte zur Entfaltung. Wenig empfehlens¬ 
werte Sorte. 

Mad. Girardin. 30—35 cm hoch werdend, bringt diese Sorte 
reinweiße, gefüllte, große Blüten zur Entwicklung, die ziemlich zahl¬ 
reich erscheinen. Für Topfkultur wertvoll, scheint sie für Gruppen¬ 
pflanzung nicht geeignet zu sein, indem' die Blüten bei feuchtem 
Wetter sehr leiden. 

Pikfein. Die großen, hell fliederfarbigen Blüten dieser Sorte 
sind sehr wirkungsvoll und apart. Für Topfkultur wertvoll, waren 
die im Freien ausgepflanzten Pflanzen sehr empfindlich. 

Jlad. Camichon. Starkwachsend, 40—45 cm hoch werdend, 
bringt diese Sorte verhältnismäßig kleine Blüten in blauroter Fär¬ 
bung zur Entfaltung. Wenig empfehlenswerte Sorte. 

Helene Rosenberg. Für Topfkultur unter Glas geeignet, 
hat sich diese Sorte im Freien kultiviert nicht bewährt. Die leb¬ 
haft rosa gefärbten Blüten erscheinen an den Pflanzen nur recht 
sparsam. 

Flamboyant. Blüten dunkelscharlach, leicht gefüllt, sehr 
zahlreich erscheinend. Für Gruppenpflanzung eine empfehlenswerte 
Sorte. 

Candace. Niedrig im Wuchs, bringt diese Sorte dunkel- 
blutrot gefärbte Blüten, die recht großblumig sind. Vorzüglich für 
Gruppenpflanzung wie auch für Topfkultur. 

Morgenrot. Eine niedrig bleibende, schwach wachsende 
15—20 cm hoch werdende Sorte mit leuchtend zinnoberroten 
Blüten. Überaus dankbar blühend, ist diese Sorte für Gruppen¬ 
pflanzung zu empfehlen. 

E. Berlot. Undankbar in der Blüte, bringt diese Sorte ziem¬ 
lich dichtgefüllte, dunkelpurpurrote Blüteu und zeigt ein üppiges 
Wachstum. Nicht zu empfehlende Sorte. 

Mad. Andrö Charmet. Die sehr zahlreich erscheinenden 
lebhaft scharlachroten, leicht gefüllten Blüten und der niedrige 
Wuchs machen diese Sorte für Gruppenpflanzung wertvoll. 

Hildesia. Wird etwa 30 cm hoch, blüht leuchtend rosa, 
überaus dankbar und bringt besonders große Blütendolden. Für 
Gruppenpflanzung sehr wertvoll. 

Golden Glory. Die leuchtend gelborange gefärbten Blüten 
verleihen dieser Sorte ein eigenartiges Farbenspiel. Niedrig im 
Wuchs, blühen die Pflanzen sehr dankbar. Eine schätzenswerte 
Gruppensorte. 

Anne Marie. Zeichnete sich durch ein kräftiges Wachstum 
aus und brachte große, rosa lachsfarbige Blüten in großer Fülle. 
Für Gruppenpflanzung wertvoll. 

Sattler & Bethge. Der reiche Blütenflor dieser Sorte, die 
großen leuchtend rot gefärbten Blüten, mit weißem Auge und der 
niedrige Wuchs der Pflanzen machen diese Sorte für Topfkultur 
und zur Gruppenpflanzung gleich wertvoll. 


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C. Gartenbau. II. Obsttreiberei. 


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3. Chrysanthemum 

in folgenden Sorten: 

Ben Wells. Die Blüten sind gilt gebaut, groß, reinweiß in 
der Färbung und rosa angehaucht. Die etwas späte Blüte macht 
diese Sorte gegenüber anderen frühblühenden wertvoll, dabei ist 
die Blüte weniger empfindlich. Eine sehr gute Sorte. 

Mrs. Alexander Mc. Kinley. Blüten etwas leicht gebaut, 
leuchtend in der Färbung, Altgold mit matt terrakotta. Der niedrige 
Wuchs dieser Sorte und die sich gut entwickelnden Blüten machen 
diese Sorte für den Topfverkauf wertvoll. 

Mrs. T. W. Pockett. Bringt vollkommene schön mattgelb 
gefärbte große Blüten. Der zeitige Blütenflor und der gedrungene 
Wuchs macht auch diese Sorte als Topfpflanze wertvoll. 

Durbans Pride. Die großen, schön gebauten, rosa gefärbten 
Blüten zeigen ein eigenartiges Farbenspiel und liefern für Dekoration 
ein wertvolles Material, so daß diese Sorte für Schnittzwecke zu 
empfehlen ist. 

H enry Barness. Diese Sorte zeigt ein starkes Wachstum, 
bringt verhältnismäßig kleine Blüten, die eine dunkel blutrote Fär¬ 
bung zeigen. 'Die Sorte ist nicht zu empfehlen. 

Guy Hamilton. Blume sehr groß, schön gebaut, rein weiß 
mit grünlicher Tönung und wertvolles Material für Binderei und 
Dekoration liefernd. Für Schnittzwecke ist diese Sorte sehr zu 
empfehlen. 

Geschenke. 

Auch die Pflanzensammlung wurde im letzten Jahre wiederum 
durch Geschenke bereichert und zwar erhielt die Lehranstalt: 

1. Vom Großherzogi. botanischen Garten in Gießen ein Sorti¬ 
ment winterharter Sedum und Sempervivum. 

2. Von der Stadtgärtnerei Frankfurt a/M. verschiedene Blatt¬ 
pflanzen und Knollengewächse. 

3. Von der Stadtgärtnerei Freiburg i/B. ein Sortiment Blüten- 

canna. 

4. Von der Königl. Hofgärtnerei Sanssouci-Potsdam einige 
schöne Koniferen. 

Außerdem erhielt die Lehranstalt von der Großh. bad. Hof¬ 
gärtnerei Mainau verschiedene schöne und seltene Koniferenzapfen 
namentlich von Pinus und Abies. 


II. Obsttreiberei. 

1. Allgemeines. 

Das im Jahre 1888 erbaute Weintreibhaus mußte, weil sehr 
baufällig geworden, im Frühjahr des verflossenen Jahres abgerissen 
und durch ein neues Haus ersetzt werden. Nebenstehend ist dieses 
neuerbaute Haus im Grundriß (Fig. 16) und in einer Profilzeichnung 


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76 


il. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


(Fig. 17) wiedergegeben. Das Haus weist eine Verschmelzung von 
Holz und Eisenkonstruktion auf, indem das Gerippe aus Eisen, 



Fig. 16. 


die Dachsprossen aus Holz, dem amerikanischen Pitch-pine-Holz 
hergestellt sind. Ein besonderer Wert ist auf eine reichliche 



Fig. 17. 

Neues Weintreibhaus der Kgl. Lehranstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau. 


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C. Gartenbau. II. Obsttreiberei. 


77 


Lüftung des Hauses sowohl am Boden, wie auch auf eine solche 
am First gelegt worden. Die Vorderwand des Hauses ist, um den 
Wurzeln der Reben mehr Raum für die Entwicklung zu bieten, 
durchbrochen gebaut, indem in Abständen von 2 zu 2 Meter Back¬ 
steinsockel errichtet sind, auf denen T - Eisenschienen liegen, die 
wiederum die flache Vordermauer tragen. 

Das Haus ist sehr hell und luftig und verspricht sehr gute 
Erfolge in der Rebentreiberei *zu liefern. 

Zur Bepflanzung des Hauses sind die Sorten: 

Black Alicante und Barbarossa verwendet worden. 

2. Gesammelte Erfahrungen über Tomatensorten für Treib¬ 
zwecke und Freilandkultur. 

Bereits im Jahresbericht 1902, Seite 110 wurden einige 
Tomatensorten beschrieben, welche unter Glas gezogen sich vorzüg- 



1 II 

Fig. 18. 

lieh entwickelt und reiche Ernten geliefert hatten. Diese Sorten 
wurden auch im letzten Jahre im Freien angepflanzt, um hier die 
Brauchbarkeit zu prüfen. Zu den bereits vorhandenen 3 Sorten 
sind noch einige andere hinzugekommen, die sowohl unter Glas 


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78 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


wie auch im Freien gezogen wurden und die hierbei gesammelten 
Erfahrungen sind die folgenden: 

a) Laxtons Early Prolific. Die Pflanze zeigt mäßiges 
Wachstum, verhältnismäßig kleine Belaubung, bringt Früchte mitt¬ 
lerer Größe. Die Früchte selbst sitzen in Form von Trauben, sind 
gleichmäßig rund gebaut, lebhaft rot gefärbt, von vorzüglich mildem 
Geschmack und kommen früh zur Reife. Die Versuche, diese Sorte 
im Freien zu ziehen, waren recht befriedigend, indem neben reicher 
Tragbarkeit, früher Reife, Früchte bis zu 120 g im Gewicht ge¬ 
erntet wurden. 



III VI 

Fig. 19. 

b) Matchless. Eine starkwachsende Sorte mit großer Belau¬ 
bung und sich durch große Tragbarkeit auszeichnend. Die Frucht 
ist groß, erreicht unter Glas gezogen ein Gewicht bis zu 220 g, 
ist gleichmäßig rund im Bau, von tief dunkelroter Färbung und 
etwas säuerlichem Geschmack. 

Diese Sorte hat im Freien angebaut nicht nur reich getragen, 
sondern auch vollkommene, schöne reife Früchte gebracht, die ein 
Gewicht bis zu 180 g erreichten. 

c) Up-to-date. Eine der ertragreichsten Sorten. Die Frucht 
ist ziemlich groß, regelmäßig glatt und rund gebaut, schön rot in 
der Färbung und von feinem Geschmack. Die Pflanze wächst üppig 


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G. Gartenbau. II. Obsttreiberei. 


79 


und zeigt eine ziemlich große Belaubung. Für die Topfkultur sehr 
geeignet. Ebenso wertvoll erscheint diese Sorte auch für die Frei¬ 
landkultur, indem die hier angebauten Pflanzen die Früchte zeitig 
zur Reife brachten und ein Gewicht bis zu 170 g erreichten. 

d) Ham Green Favourite. Die Pflanze zeigt kräftiges 
Wachstum, große Belaubung, ist überaus reichtragend und bringt 
Früchte bis zu 180 g im Gewicht. Die Früchte selbst sind lebhaft 
rot gefärbt, gleichmäßig rund gebaut und besitzen einen angenehm 
säuerlichen Geschmack. Auch im Freien angepflanzt hat sich diese 




VII 

Fig. 21. 

Sorte unter den hiesigen Verhältnissen recht gut bewährt, indem 
neben reichem Ertrag auch die Früchte sich durch Färbung und 
Größe auszeichneten. 

e) Golden Jubilee. Wohl eine der feinsten Tomatensorten 
sowohl für die Kultur unter Glas, wie auch im Freien stehend. 
Die Pflanze ist überaus tragbar und bringt Früchte von auffallender 
Größe zur Entwicklung, welche unter Glas gezogen ein Gewicht bis 
zu 310 g und im Freien ein solches bis zu 240 Gramm erreich¬ 
ten. Die Frucht ist gleichmäßig rund gebaut, auffallend goldgelb 
in der Färbung und besitzt einen angenehmen, feinen, milden Ge¬ 
schmack. 


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80 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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f) Frogmore Selected. Es darf mit Recht gesagt werden, 
daß diese Sorte sowohl für die Kultur unter Glas wie namentlich, 
soweit hier die Erfahrungen gesammelt wurden, auch für Freiland¬ 
kultur zu empfehlen ist. Überaus reichtragend bringt diese Sorte 
schöne, gleichmäßig gebaute, dunkelrot gefärbte Früchte zur Reife, 
die unter Glas gezogen ein Gewicht bis zu 210 g und im] Freien 
bis zu 140 g erreichten. Der Geschmack der Frucht ist milde und 
fein säuerlich. 

g) Chiswick Peach. Neben reicher Tragbarkeit und mäßigem 
Wachstum, zeigen die Pflanzen dieser Sorte eine feine Belaubung. 
Die Früchte sind mittelgroß, und erreichten unter Glas ein Ge¬ 
wicht von 90 g, im Freien ein solches von 70 g. Die Frucht 
ist rund gebaut, hat einen angenehm säuerlichen Geschmack und 
besitzt eine weißlich gelbe Färbung, die leider wenig anspricht. 
Im Freien gezogen waren die Pflanzen dieser Sorte etwas emp¬ 
findlich. 

Die Abbildungen (Fig. 18—21) zeigen photographische Auf¬ 
nahmen von im Freien gezogene Pflanzen mit vollem Fruchtbehang. 
No. I Ham Green Favourite 
No. II Frogmore Selected 
No. III Chiswick Peach 
No. IV Golden Jubilee 
No. Y Matchless 
No. VI Up-to-date 
No. Vll Laxtons Early Prolific. 

3. Kultur der Tomaten unter Glas und im Freien. 

Nachdem sowohl in diesem, wie auch im vorjährigen Jahres¬ 
bericht auf einige wertvolle Tomatensorten hingewiesen worden ist, 
erscheint es angebracht, auch kurz die Kultur dieser Pflanze selbst 
zu schildern, wie solche hier in Anwendung kommt. 

Die Aussaat des Saatgutes erfolgt im zeitigen Frühjahr, An¬ 
fang bis Mitte Februar, auf mit sandiger Erde gefüllte Töpfe oder 
Schalen. Warm gestellt und gleichmäßig feucht gehalten zeigen 
sich nach kurzer Zeit die jungen Sämlinge, die, wenn genügend er¬ 
starkt, pikiert werden. Haben sich die Pflanzen genügend gekräftigt, 
so pflanzt man dieselben einzeln in kleine Töpfe. Zieht man bei 
der weiteren Behandlung die Topfkultur vor, so muß im Laufe des 
Frühjahrs und Sommers ein wiederholtes Verpflanzen in größere 
Töpfe vorgenommen werden. Bei der Freilandkultur werden die 
jungen Pflanzen Mitte Mai reihenweise in 60 cm Entfernung in 
der Reihe und Reihenweite ausgepflanzt. Ob im Topf kultiviert 
oder im Freien gezogen, ist gleich, man lasse an jeder Pflanze nur 
oinen, den Haupttrieb zur Entwicklung kommen, während die sich 
in den Blattwinkeln des Haupttriebes entstehenden jungen Neben¬ 
triebe rechtzeitig weggeschnitten werden. Den Haupttrieb ent- 
spitzt man in einer Höhe von 1,20 m, indem man die Spitze ab- 
schneidet. Ebenso notwendig ist es, die sich etwa an den Frucht- 


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C. Gartenbau. III. Park. 


81 


ständen entwickelnden jungen Triebe rechtzeitig zu entfernen. 
Sorten, die eine große Belaubung haben, werden, wenn die Früchte 
genügend in der Entwicklung vorgeschritten und sich zu färben 
beginnen, so behandelt, daß man die Blätter auf y 2 oder 2 / s der 
Länge einkürzt, wodurch die Früchte freier zu stehen kommen, 
früher reifen und bessere Färbung annehmen. 

Zur besseren Entwicklung der Früchte trägt auch ein recht¬ 
zeitiges Ausschneiden derselben bei, indem man an jedem Frucht¬ 
stande nur 3—5 Früchte sitzen läßt, die übrigen und vorwiegend 
die in der Entwicklung zurückbleibenden wegschneidet. Eine 
■wöchentliche Düngung mit abgestandener Jauche, Hornspähnewasser 
oder Fäkalextrakt befördert das Wachstum der Pflanzen und Früchte. 
Fäkalextrakt verwendet man in dem Verhältnis, daß auf 10 1 Wasser 
650 g gerechnet werden. 

4. Pfirsichtreiberei. 

Die Entwicklung der Pfirsichbäume war im letztverflossenen 
Jahre eine sehr gute, wie auch recht gute Erträge erzielt wurden. 
Besonders dankbar trugen die Sorten: Frühe Alexander, Frühe 
Rivers und Königin der Obstgärten, wovon die letztere Sorte als 
ganz besonders dankbar tragend hervorgehoben werden muß. 

Die im Jahresbericht 1902 Seite 112 angegebene Bekämpfung 
der Pfirsichmotte hat sich als vorteilhaft erwiesen, indem in diesem 
Jahre auch nicht ein einziger Schädling an den Bäumen beobachtet 
worden ist. 

5. Weintreiberei. 

Um das Austreiben schlafen gebliebener Augen, wie dieses 
nicht selten an Reben vorkommt, wo der Verlängerungstrieb etwas 
lang angeschnitten worden ist, zu erreichen und dadurch kahlen 
Stellen am Rebstock vorzubeugen, wurden oberhalb und zwar dicht 
über dem Auge halbmondförmige Schnitte angebracht Der Erfolg 
war ein sehr guter, indem alle Augen zum Austreiben gebracht 
wurden. 


III. Park. 

Allgemeines. 

Die Krankheit der Platanen in der Hauptallee (siehe Jahres¬ 
bericht 1902, Seite 112) hat auch in diesem Jahre weiter um sich 
gegriffen, so daß man sich veranlaßt sah, auch die zweite Reihe 
Bäume zu entfernen und durch Krimlinden, Tilia euchlora, zu er¬ 
setzen. Gleichzeitig sind auch die zwischen den Platanen stehenden 
Taxushecken entfernt worden. An Stelle letzterer steht jetzt zwischen 
je 2 Lindenbäumen 1 Rose Crimson Rambler, die in Form von 
Festons hoch gezogen werden soll und die zur Zeit der Blüte der 
Parkanlage gewiß einen schönen Schmuck verleiht. 

Gei^enheimer Bericht 1903. 


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82 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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Darwin-Tulpen für den späten Frühjahrsflor und zur Aus¬ 
schmückung von Haus- und Villengärten. 

Im Jahresbericht 1901, Seite 78 wurde bereits auf die Ver¬ 
wendung der Darwin-Tulpen zur Ausschmückung von Gartenanlagen 
hingowiesen. Von den hier zur Anpflanzung gekommenen Sorten, 
können die nachstehenden besonders empfohlen werden. 


No. 

Name 

Höhe 

cm 


Bemerkung 

1 

Bridesmaid .... 

40 

matt rosa 


2 

Pride of Haarlem . . 

50-60 

leuchtend rot 


3 

Beyerink. 

50 

matt losa 


4 

Kate Gellnoway . . . 

40-50 

weiß mit blauem Anflug 


5 

Clara Butt .... 

40 

lebhaft rosa 


6 

Gustave Dore . . . 

50-60 

rosa 


7 

Rev. Henry Ewbank . 

60 

magenta 


8 

Ed. Andre. 

50-60 

lebhaft magenta 


9 

Nauticus. 

60 

leuchtend dunkel rosa 


10 

Europa. 

50-60 

feurig rot leuchtend 


11 

Ny mph. 

40-50 

rosa mit weißem Anflug 

kleinblumig 

12 

William Capland . . 

50 

lebhaft magenta 

großblumig 

13 

William Pitt .... 

50 

feurig rot lebhaft 


14 

Reve de Jeaunette . . 

60—70 

magenta 

großblumig 

lö 

Parthenape .... 

40-50 

rosa, hell gerandet. 

extra 

16 

La Candeur .... 

50-60 

weiß 


17 

Harry Veitch.... 

40—50 

dunkel blutrot 

extra 

18 

Königin Wilhelmina . 

40-50 

rosa mit dunkel verwaschen 


19 

Landelle. 

40-50 

lebhaft rosa 

großblumig 

20 

Gretchen. 

40-50 

schwarzrot 

extra 

21 

Suzanna . 

40 

magenta 


22 

Galata. 

50-60 

lebhait rosa 

extra 

23 

Joseph Israels . . . 

50 

tief schwarzrot 

extra 

24 

General Köhler . . . 

50-60 

feurig rosa 

extra 

25 

Fra Angeliea .... 

30-40 

rosa mit weißem Anflug 

großblumig 


Die Darwin-Tulpen können, da die Blüten auf langen straffen 
Stielen getragen werden und die Blütezeit sich auf mehrere Wochen 
erstreckt, für Schnittzwecke sehr empfohlen werden. 

Für den späten Frühjahrsflor können außerdem noch besonders 
empfohlen werden 

1. Tulipa retroflexal mit schwefelgelben Blüten, 

2. Tulipa La Meroille mit mattroten Blüten, 

3. Tulipa Picote, Blüte reinweiß mit rosa Rand. 

Bepflanzung von Blumenbeeten. 

Das reichhaltige Pflanzenmaterial, welches in den Gewächs¬ 
häusern und Frühbeetbästen herangezogen wird, findet zur Be¬ 
pflanzung der Blumenbeete in den Parkanlagen der Lehranstalt 
vielfache Verwendung. Bei der Zusammenstellung der Bepflanzung, 
die alljährlich wechselt, haben sich die folgenden Anordnungen als 
recht wirkungsvoll gezeigt: 


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C. Gartenbau. III. Park. 


<S3 


Beet 1. Lilium tigrinum, Hyacinthus candicians, Gladiolen 
in scharlachroten Farben, Montbretia crocosmiaeflora und Grevillea 
robusta in leichter unregelmäßiger Zusammenstellung mit einer 
scharfen Einfassung von Calceolaria rugosa und Coleus Verschaffelti. 

Beet 2. Pelargonium zonale Meteor und Henry Jacobi und 
Abutilon Sawitzers Ruhm in leichter unregelmäßiger Zusammen¬ 
stellung und einem Untergrund von Coleus Hero, sowie einer 
scharfen Einfassung von Altemanthera nana aurea und Antennaria 
tomentosa. 

Beet 3. Calceolaria rugosa gemischt mit rosa und blau¬ 
blühenden Verbena hybrida und einer Einfassung von Gnaphalium 
miniatum. 



Beet 4. Calceolaria rugosa, Pelargonium zonale Meteor und 
Salvia patens in gemischter Anordnung. 

Beet 5. Lobelia fulgens und Grevillea robusta mit einem 
Untergrund von Cineraria maritima und einer Einfassung von Coleus 
Hero und Altemanthera paronichioides. 

Beet 6. Swainsonia coronillaeflora mit Plurnbago capensis 
und einer Einfassung von Begonia semperflorens graciiis. 

Beet 7 (Fig. 22). 

Nr. 1. Altemanthera sessilis mit einigen Pflanzen von 
Centaurea candidissima. 

No. 2. Cerastiuni tomentosum. 

No. 3. Coleus Hero. 

No. 4. Cineraria maritima. 

No. 5. Leichte, unregelmäßige Anordnung und Zusammen¬ 
stellung von Salvia splendens »Ruhm von Stutt¬ 
gart«, Abutilon Sawitzers Ruhm, Salvia patens und 
Veronica Hendersoni variegata. 


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84 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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Die Wirkung des Beetes war zur Zeit der Blüte von Salvia 
splendens (Juli bis September) eine ganz vorzügliche. 

Beet 8, Teppichbeet (Fig. 23). 

No. 1. Alternanthera paronychiodes. 

No. 2. Antenaria tomentosa. 



No. 3. Alternanthera amoena spectabilis mit einem Mittel¬ 
punkt von Echeveria metallica glauca. 

No. 4. Canna President Jules Faivre mit Cyperus nata- 
lensis und Coleus Max Heßdörfer. 

No. ö. Alternanthera aurea nana mit einem Mittelpunkt 
von Dracaena indivisa. 


IV. Düngungsversuche 

mit Rasendünger Marke R. D. von der Düngerfabrik A. u. E. Albert 

in Biebrich a. Rhein. 

Zum Versuch wurden auf einer gleichmäßigen Fläche 6 ver¬ 
schiedene Parzellen von je 30 qm Flächeninhalt eingeteilt und in 
folgendem Verhältnis gedüngt: 


Parzelle I . . . 

.• . 150 

g 

n. . . 

. . 300 


,. III . . . 

. . 450 


.. IV . . . 

. . 600 

V 

„ V . . . 

. . 750 


„ VI . . . 

. . 900 



Der Dünger wurde am 28. April 1903 bei leichtem Regen¬ 
wetter gleichmäßig ausgestreut und die ausgeführten Versuche zielten 
darauf hin zu erfahren, welche Düngermenge ausreichend ist, um 
einen guten dunkelgrünen Rasen zu erzielen. Die Beobachtungen 
während der Sommerzeit haben ergeben, daß die Düngung der 
Parzelle IV unter den hiesigen Bodenverhältnissen ein genügend 


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C. Gartenbau. IV. Düugungsversuche. 


85 


üppiges Wachstum zeigte und daß, um dieses Wachstum bei¬ 
zubehalten, die angegebene Düngung von 4 zu 4 Wochen wiederholt 
werden muß. Die Düngung der Parzelle I, II und III erscheint 
zu gering und die von V und VI als zu reichlich bemessen. 

Diinguiijg von Topfpflanzen 

mit Marke W. G. von A. u. E. Albert, Düngerfabrik in Biebrich a. Rh. 
und Fäkalextrakt aus der bayerischen Guanofabrik in Augsburg. 

Als Versuchspflanzen dienten für diese Zwecke 3 Gruppen 
von Poinsettia pulcherrima. 



I II III 

Fig. 24. 

1. Gruppe. Pflanzen gedüngt mit Fäkalextrakt im Verhältnis 
60 : 1000 und nicht verpflanzt. 

2 . Gruppe. Pflanzen ungedüngt und 2 mal in größere Töpfe 
verpflanzt 


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HÜ II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 

3. Gruppe. Pflanzen gedüngt mit Marke W. G. und nicht 
verpflanzt 

Wie sich aus der beigefügten Abbildung Fig. 23 erkennen 
läßt, hat die Düngung einen überaus günstigen Einfluß auf das 
Wachstum der Pflanzen ausgeübt wobei die Düngung der Gruppe 1 
mit noch besseren Erfolgen in den Vordergrund tritt. 

Beide Dünger können für die Praxis in dem gegebenen Ver¬ 
hältnis angewendet sehr empfohlen werden. Erwähnt sei noch, daß 
mit der Düngerlösung die Pflanzen täglich, je nach Bedarf, ge¬ 
gossen wurden. 


V. Anderweite Versuche. 

1. Ideal-Rechen D. R. G. M. 192 855 
von Glaser & Schmidt, Limburg a. Lahn. 

Als Gras- und Heurechen recht brauchbar, weist derselbe 
gegenüber anderen Rechen verschiedene Vorteile auf und hat sich 
hier gut bewährt. 

2. Kugellager-Rasenmäher „Ideal“ 

von Job. Fuchs, Frankfurt a. M., Oberlindau 17. 

Leichter, ruhiger Gang des Mähers, gleichmäßiger Schnitt der 
Rasenflächen und sorgfältige Arbeit zeichnen diesen Rasenmäher 
besonders aus. Hier in der Lehranstalt hat sich der Ideal-Rasen¬ 
mäher recht gut bewährt. 

3. Sturmsicherer Mistbeetlüfter „Sanltas“ 

von Behrmann & Sander in Stade-Hannover. 

Hier in Anwendung gebracht, hat sich diese Lüftungsvorrich¬ 
tung nicht bewährt. Glindemann, 

Königl. Garten-Inspektor. 


Gemüsebau. 

Im Vergleich zu den Vorjahren haben sich die Gemüse im 
allgemeinen recht gut entwickelt. Der an Regen reiche Sommer 
hat besonders günstig auf die Ausbildung der Kohl- und Salat¬ 
gewächse eingewirkt, auch die Wurzelgewächse ließen in der Ent¬ 
wicklung nichts zu wünschen übrig, während Gurken und zum Teil 
auch die Bohnen nur einen sehr mäßigen Ertrag lieferten. Infolge 
der zeitig einsetzenden kühlen Witterung starben die Gurken fast 
ohne Ausnahme vor dem Beginn der Haupternte ab. Die zum Über¬ 
wintern bestimmten Gemüse waren bis zum Eintritt des Frostes 
fertig ausgebildet, so daß sie sich auch gut bis in das Frühjahr 
hinein gehalten haben. 

Als eine neue Einrichtung, welche allgemein Anklang fand, 
verdient die Anlage besonderer Demonstrationsbeete für die einzelnen 


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C. Gartenbau. V. Anderweite Versuche. 


87 


Gemäsearten hervorgehoben zu werden. Auf diesen Beeten werden 
die wichtigsten Sorten nebeneinander angebaut, damit bequem Ver¬ 
gleiche über das Wachstum, die Ausbildung sowie den Eintritt der 
Ernte angestellt werden können. 

Die Beete liegen neben einander, die Sorten sind genau eti¬ 
kettiert, auch ist die Zeit der Aussaat und des Auspflanzens an¬ 
gegeben, so daß Schüler und Besucher der Anstalt in der Lage sind, 
sich über die einzelnen Sorten zu orientieren. 

Die in den letzten Jahren in den Handel gebrachten Neu¬ 
heiten wurden neben älteren, bisher bewährten Sorten auf ihre 
Brauchbarkeit hin geprüft und kann hierüber folgendes berichtet 
werden. 

Weißkraut. Die Frühkulturen im freien Lande wurden zum 
Teil auf mehr freigelegenen Flächen ausgeführt, teilweise auf einem 
älteren Pyramidenquartiere. Dabei stellte sich der bedeutende nach¬ 
teilige Einfluß der zu starken Beschattung durch die Baumkronen 
heraus, denn nicht nur, daß die Ausbildung der Köpfe im allgemeinen 
zu wünschen übrig ließ, sondern die Ernte konnte auch erst 14 Tage 
bis 3 Wochen später vorgenommen werden, wie auf den freien 
Flächen. Dieselbe Beobachtung wurde auch bei den Frühsorten von 
Wirsing und Rotkraut gemacht. Für die Frühkultur gelangten die 
alten Sorten: »Johannistag« und »Erturter Markt« zum Anbau; 
als Spätkraut das »Braunschweiger« und »Magdeburger«. Die 
neue Sorte »Ruhm von Enkhuizen« wurden zum ersten Male auf 
ihren Wert hin geprüft; das Resultat war ein recht befriedigendes. 
Sie bildet ziemlich große und dabei recht feste Köpfe, hat keine zu 
starken Rippen und platzt nicht leicht, was bei dem »Braunschweiger« 
öfter zu beobachten war. 

Im allgemeinen entwickelte sich das Spätkraut infolge der 
regelmäßig feuchten Witterung recht schnell, so daß wider Erwarten 
früher wie in den Vorjahren zur Ernte geschritten werden mußte. 

Wirsing. Neben den bekannten Frühsorten »Johannistag« 
und »Kitzinger« wurde als Neuheit »Granatkopf« angebaut, die 
sich recht gut bewährte. Die Köpfe erreichen nur mittlere Größe, 
zeichnen sich jedoch durch eine recht gefällige B'orm und durch 
schön gekräuselte Blätter aus. Von Spätsorten wurden die bekannten 
»Vertus« und »Friedberger« mit Erfolg kultiviert. Der »Rote 
Delikateß-Wirsing«, eine Neuheit, welche in dem letzten Jahre 
viel von sich zu reden machte, befriedigte weniger. Von einer 
roten Barbe kann eigentlich keine Rede sein, auch sind die Blätter 
nicht zart und fein gekräuselt, sondern sie erinnern mehr an Rot¬ 
oder Weißkraut. Man kann somit die Sorte nicht gut zum Wirsing 
zählen. Beim Kochen liefern die Blätter ein unansehnliches Pro¬ 
dukt von unbestimmter, mehr grauer Farbe. Die Sorte ist zu früh 
dem Handel übergeben; sie hätte vorher durch sorgfältige Zucht 
noch mehr vervollkommnet werden müssen. 

Blumenkohl. Wenn auch die Frühkultur befriedigende Er¬ 
träge lieferte, so schlug die Spätkultur vollkommen fehl. Trotz des 
günstigen Wetters, trotz reichlicher Düngung und üppigen Wachs- 


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88 


II. Tätigkeit der Austal t nach innen. 


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tums setzte der frankfurter Riesen«, der hierfür benutzt wurde, 
keine Blütenscheiben an. Die Ursache war in ganz minderwertigem 
Saatgute zu suchen und dieser Mißerfolg zeigte recht deutlich, 
welchen empfindlichen Schaden eine schlechte Bedienung hervor- 
rufen kann. 

Kohlrabi. Als Frühkohlrabi wurde die Neuheit »Weißer 
Delikateß« zum ersten Male angebaut. Die Sorte übertrifft an 
schneller Entwicklung alle bisher angebauten Frühsorten, denn sie 
konnte ca. 10 Tage früher als die zu derselben Zeit ausgesäten und 
ausgepflanzten anderen Sorten geerntet werden. Die Knolle ist glatt 
und das Laubwerk verhältnismäßig klein. Nach Abschluß der Ent¬ 
wicklung muß jedoch gleich zur Ernte geschritten werden, da die 
Knolle schnell hart wird. Die späten Sorten »Goliath weiß und 
blau« lieferten enorme Erträge; einzelne Knollen von 10 Pfund 
Schwere waren keine Seltenheit 

Salat. Der Anbau einer größeren Anzahl von Sorten auf den 
Versuchs- und.Demonstrationsbeeten bot Gelegenheit zu interessanten 
Vergleichen. Von den Frühsorten bewährten sich »Vorläufer« und 
»Admiral« recht gut; die als Frühsorte empfohlene Neuheit »Riesen- 
goldherz« hat den Erwartungen jedoch nicht entsprochen. Diese 
Sorte entwickelte sich viel zu langsam, erwies sich als zu grob und 
starkrippig im Blatt und fault im fertigen Zustande auch leicht von 
innen heraus. Die bisher als gut befundenen Sommersorten »Gen ez- 
zana« und »Fürchtenichts« haben im Berichtsjahre unseren Er¬ 
wartungen wieder entsprochen. Auch die Frühsorte »Primus« hat 
sich für diesen Zweck noch als recht tauglich erwiesen. Zum Über¬ 
wintern wurde die gute alte Sorte »Brauner Trotzkopf« benutzt. 

Mangold. Für die Überwinterung hat sich der »breitrippige 
grüne« am besten bewährt, während der gelbe »Schweizer Man¬ 
gold« die Sommerhitze am besten verträgt. Zum Überwintern eignet 
sich die letztere nicht, da sie empfindlich gegen Kälte ist. Der 
»rosarippige Mangold« ist weniger zu empfehlen, da die Blatt¬ 
stiele zu schmal sind. 

Spinat. Es gelangten einige neue Sorten zum Anbau. »Erste 
Ernte« wächst wohl sehr schnell, besitzt ein großes Blatt, muß 
aber bald geerntet werden, da er sehr leicht in Samen übergeht. 
»Victoria Riesen« wächst bedeutend langsamer, hält sich aber 
auch länger. Der »Mombacher allerfrühste« hat ein viel zu 
kleines Blatt und schießt sehr leicht. Eine Verbesserung stellen 
diese Sorten im Vergleich zu den alten »Victoria«, »Viroflay« 
und »de Gau dry« nicht dar. 

Endivien. Als Sorten, die besonders für die Überwinterung 
geeignet sind, werden seit einigen Jahren der »grüne und gelbe 
Eskariol« in größeren Mengen angebaut. Der letztere neigt jedoch 
bei trübem, regnerischem Wetter nach dem Zusammenbinden leicht 
zum Faulen. Die Überwinterung erfolgte in Mistbeetkästen, in denen 
sie sich recht gut bis Februar gehalten haben. 

Kohlrüben. Die neue Sorte »Perfection«, welche neben 
der alten »Gelben Schmalz« und »engl. Monarch« angebaut wurde, 


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C. Gartenbau. V. Andenveite Versuche. 


SD 


lieferte befriedigende Resultate. Sie bildet wenig Laubwerk und 
der Geschmack ist sehr zart. 

Rote Rüben. Versuchsweise kamen die beiden Neuheiten 
»Kamerun« und »karmoisinrote Kugel« zum Anbau. »Kamerun« 
kann allen Gemüsezüchtern empfohlen werden, denn sie übertrifft 
bezüglich der dunklen Laub- und Wurzelfärbung alle anderen Sorten. 
Die »karmoisinrote Kugel« hat zu helle Färbung, so daß sie in Zu¬ 
kunft nicht wieder zur Anpflanzung gelangt. 

Radies. Die Sorte »Eiszapfen« hat sich auch im Berichts¬ 
jahre wieder ausgezeichnet für die Freilandkultur bewährt, denn sie 
widersteht der Trockenheit noch am ehesten, bleibt lange zart und 
schießt auch nicht so leicht durch. Die neue Sorte »Goliath«, 
welche mehr zur Treiberei empfohlen wurde, hat sich auch im freien 
Lande ganz gut entwickelt, so daß sie in Zukunft in dem Sortiment 
mit aufgenommen zu werden verdient. 

Sellerie. Wenn auch der »Prager Riesen« die größten 
Knollen liefert, so wird jetzt bei dem Anbau in größeren Mengen 
dem kleineren »kurzlaubigen Apfel-Sellerie« mehr der Vorzug 
gegeben, denn er besitzt ein reinweißes Fleisch und läßt sich recht 
lange überwintern, ohne im Innern schwarz zu werden. Der 
»Erfurter Kopf« zeigte eine zu starke Wurzelbildung, worunter 
die Entwicklung der Knollen Not gelitten hat. 

Zwiebeln. Recht gute Erfolge wurden mit der Aussaat im 
Mistbeet erzielt, von wo die jungen Pflanzen ins freie Land aus¬ 
gesetzt wurden. Die einzelnen Zwiebeln erreichten wohl die fünf¬ 
fache Größe im Vergleich mit denjenigen, welche direkt ins Freie aus¬ 
gesät waren. Für diesen Zweck war die »Pariser silberweiße« 
und die »Braunschweiger dunkelrote« verwendet. Zum Anbau 
im großen kam die alte bewährte »Zittauer Riesen«. 

Bohnen. Außer der bekannten »Kaiser Wilhelm« hat sich 
die neuere Sorte »Unerschöpfliche« als recht tauglich für die 
Frühkultur erwiesen; sie zeichnet sich besonders durch reichen Er¬ 
trag aus. Von den gelben Buschbohnensorten verdienen lobend 
hervorgehoben zu werden: »Wachs-Dattel« und »Goldregen«; 
letztere wurde im vorigen Jahre zum ersten Male angebaut Von 
neueren Stangenbohnensorten scheinen »Avantgarde« und »Zehn¬ 
wochen« die Beachtung der Gemüsezüchter zu verdienen. 

Erbsen. Zum versuchsweisen Anbau gelangten »Laxtons 
Korbfüller«, »Dr. Mc. Lean« und »Triumph«, über die jedoch 
erst nach einem wiederholten Versuch berichtetet werden kann. 

Gurken. Die Erträge waren im allgemeinen sehr gering, da 
die Pflanzen infolge der naßkalten Witterung sehr früh zurückgingen. 
Recht gute Ernten lieferten noch diejenigen Pflanzen, welche im 
Mistbeet in Töpfen vorkultiviert und Mitte Mai mit Wurzelballen 
ausgepflanzt waren. Der Ertrag stellte sich bei diesen auch be¬ 
deutend früher ein, als bei den direkt ins freie Land ausgesäten. 
Es ist diese Kulturmethode denjenigen zu empfehlen, welche früh 
ernten wollen. 


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90 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


Tomaten. Nach den in der Anstalt gemachten Erfahrungen 
kann die Kultur derselben unter günstigen Verhältnissen als eine 
recht lohnende bezeichnet werden. Die einzelnen Pflanzen liefern 
durchschnittlich 8—12 Pfd. Früchte. Da dieselben beim Verkauf 
mit 6—10 Pf. pro Pfund bezahlt werden, so bringt die einzelne 
Pflanze 0,60 —1,20 M ein. Auf einer Fläche von 350 qm wurden 
im Betriebsjahre 30 Ztr. Früchte geerntet; der Zentner zu 6 M 
berechnet, ergibt eine Einnahme von 180 M. Neuere Sorten ge¬ 
langten nicht zum Anbau, sondern es wurden hierzu die alten 
»Ficarazzi«, »Star allerfrühste«, »Königin der Frühen«, 
»König Humbert« und die »Geisenheimer frühe« verwendet. 
Auf die Vorzüge der letzteren Sorte wurde in den letzten Berichten 
wiederholt hingewiesen. 


Außer den in> obigen angeführten Sorten wurden von sämt¬ 
lichen Gemüsearten Mombacher Lokalsorten zum Versuch an¬ 
gebaut, um ein Urteil über den Wert derselben zu gewinnen. 
Mombach, eine Ortschaft in der Nähe von Mainz, ist berühmt durch 
seine Gemüsekulturen, und die Produkte finden nicht nur in Mainz 
und Wiesbaden flotten Absatz, sondern sie werden auch — be¬ 
sonders die Frühgemüse — in größeren Mengen rheinabwärts nach 
den großen Städten des Industriegebietes versandt. Sicherlich sind 
außer rationeller Kultur auch gute Sorten für den Erfolg aus¬ 
schlaggebend. 

Dem hiesigen Anbauversuch lag nun der Gedanke zu Grunde, 
festzustellen, ob und inwieweit diese Lokalsorten auch unter den 
Verhältnissen des Muttergartens gute Eigenschaften aufweisen. Das 
Resultat war ein überraschend schlechtes, denn fast keine einzige 
der ca. 60 Sorten verschiedener Gemüsearten entsprach den Er¬ 
wartungen; meistens ließen dieselben im Ertrag zu wünschen übrig. 
Ob das Saatgut zum Teil geringwertig war, oder ob diese Mißerfolge 
ausschließlich auf die hiesigen Bodenverhältnisse zurückzuführen 
sind, ist schwer zu entscheiden. Das Saatgut war uns von einem 
der ersten Gemüsezüchter Mombachs geliefert, so daß wir annehmen 
dürfen, daß die Lieferung eine gute war. Der Versuch soll noch 
einmal wiederholt werden, um zu einem bestimmten Urteil zu gelangen. 

Resultate der Anbauversuche mit verschiedenen Oemflsesorten 
für die Mistbeettreiberei. 

Im Anschluß an die vorjährige Aufzählung der für die Frei¬ 
landkultur unter den hiesigen Verhältnissen geeigneten Sorten, sollen 
an dieser Stelle diejenigen Sorten namhaft gemacht werden, welche 
sich in den letzten Jahren besonders für die Treiberei in Mistbeeten 
bewährt haben. Es sind dies folgende: 

Blumenkohl: »Erfurter Zwerg-«; 

Wirsing: »Wiener Treib-«. 

Kohlrabi: »Blauer Treib-« und »Weißer Delikateß-«. 

Salat: »Kaiser-Treib-«. Derselbe eignet sich auch recht gut 
für Gurkenkästen als Zwischenfrucht, da er sich schnell entwickelt. 


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C. Gartenbau. V. Anderweite Versuche. 


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Außerdem verdient »Gelber Steinkopf« Erwähnung. Für die spätere 
Treiberei ist »Pariser Rotrand« recht geeignet. Da er große Köpfe 
bildet, verlangt er weiteren Abstand; in warmen Kästen bleibt der 
Kopf zu locker. 

Radies. »Non plus ultra« für die ersten Kästen; für kalte 
Kästen »Eiszapfen«, welches jedoch weiten Abstand verlangt. 

Karotten. Die echte »Pariser Markt-«. 

Bohnen. »Osborns Treib-« und für spätere Treiberei »Kaiser 
Wilhelm«. 

Gurken. »Königsdörfer Unermüdliche«, »Noas Treib-« und 
»Juwel von Koppitz«. 

Melonen. »Berliner Netz-« und »Ananas-Melone«. 

Diese Resultate werden von den an anderen Orten gemachten 
nicht wesentlich abweichen. Es ist dies auch begreiflich, da in 
deu Mistbeeten die künstlich geschaffenen Verhältnisse nicht viel 
voneinander abweichen werden. Mißerfolge werden bei obigen 
Sorten nur dann zu verzeichnen sein, wenn die Anlage und Wartung 
der Kästen nicht die richtige war, oder das Saatgut bezüglich Rein¬ 
heit, Echtheit und Keimfähigkeit zu wünschen übrig ließ. 


Ausnutzung der Mistbeetkästen im Spätherbst. 

Ein Teil der Kästen wurde im Herbst zum Auspflanzen von 
Salat sowie zur Aussaat von Radieschen verwendet. Die Aussaat 
des Salates erfolgte Mitte August und die jungen Pflanzen wurden 
Mitte September auf kalte Mistbeete ausgepflanzt. Es ist darauf zu 
achten, daß die einzelnen Köpfe bis zum Eintritt des Frostes fertig 
ausgebildet und auch gut abgehärtet sind, damit sie der Kälte und 
Feuchtigkeit eher widerstehen. Sobald Frost eintritt, werden die 
Fenster aufgelegt, und nun hat man durch Verwendung geeigneten 
Deckmaterials dafür zu sorgen, daß der Frost nicht in den Kasten 
eindringt. Bei strengerer Kälte muß ein guter Mistumschlag um 
den Kasten angebracht werden. 

Die Kultur von Radieschen unterscheidet sich von der obigen 
nur dadurch, daß die Aussaat direkt in dem Kasten vorgenomraen 
wird, in welchem die Pflanzen bis zur Ernte stehen bleiben. Auch 
hier müssen die Knollen bis zum Eintritt des Frostes fertig aus¬ 
gebildet sein. Sowohl bei Salat als auch bei den Radieschen müssen 
die Pflanzen genügend weit voneinander stehen und im Kasten muß 
die peinlichste Sauberkeit herrschen, damit, wenn derselbe längere 
Zeit zugedeckt bleibt, ein Faulen der Blätter möglichst vermieden 
wird. Aus demselben Grunde ist übermäßige Feuchtigkeit aus dem 
Kasten fernzuhalten. 

Diese Kulturmethode wird sich stets als recht lohnend er¬ 
weisen und es soll durch weitere Versuche festgestellt werden, ob 
nicht auch bei anderen Gemüsearten ähnliche Erfolge zu erzielen sind. 

E. Junge. 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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Bienenzucht. 

Am Schlüsse des vorangegangenen Jahresberichtes ist der 
Hoffnung Erwähnung getan worden, daß das Jahr 1903 ein gutes 
Bienenjahr werden würde, weil die Bienen gut durch den Winter 
gekommen seien und im März wegen der guten Witterung schon 
hätten arbeiten können. Leider sind unsere Hoffnungen nicht in 
Erfüllung gegangen. Die Witterung war namentlich im Monat 
April derartig kalt, daß die Bienen ihre Brut größtenteils aus den 
Zellen herausnahmen und aus ihren Wohnungen heraustrugen. 

Die schwachen Volker mußten in der Zeit vom 8.—27. April 
tüchtig gefüttert werden, um sie vor Verhungern zu bewahren. 
Brutansatz war nicht vorhanden. Die Witterung blieb bis zum 
2. Mai kalt; erst am 3. Mai hatten wir den ersten warmen Tag. 

Der 12. Mai war .ein für die Geisenheimer Bienenzüchter 
harter Tag. Gegen 1 Uhr hatten wir ein schweres Gewitter, ver¬ 
bunden mit starken Hagelniederschlägen, das sich bei ziemlicher 
Wärme langsam und ohne Wind unverhofft näherte. Die Apfel¬ 
bäume standen in der Blüte. An diesem verhängnisvollen Tage 
waren die meisten Bienen in unserer ausgedehnten Gemarkung auf 
der Weide verbreitet, so daß die Tiere infolge des jählings ein¬ 
tretenden Hagels zu Boden geschlagen wurden. Der Verlust war 
bei allen Völkern ein recht großer, was am nachfolgenden Tage be¬ 
obachtet werden konnte. Einige Völker hatten dadurch so stark ge¬ 
litten, daß sie ihre Brut aus den Zellen herauszogen und aus den 
Wohnungen heraustrugen, weil sie diese nicht mehr pflegen konnten. 

Am 17., 18. und 19. Mai hatten wir sehr unfreundliches 
Wetter, viel Sturm und Regen. Den nur sehr spärlich eintretenden 
Sonnenschein nutzten die Bienen trotzdem fleißig aus; viele von 
ihnen kamen jedoch infolge des häufig schnell umscblagenden 
Wetters nicht mehr zurück. Sie erstarrten beim Suchen nach 
Pollen und Honig auf den Blüten. 

Während des Monats Mai war der 22. der schönste und für 
die Bienen ergiebigste Tag. Schon des Morgens um 6 Uhr aus¬ 
fliegend, haben sie fleißig Pollen und Honig eintragen können. Sie 
arbeiteten bis zum späten Abend so emsig, daß es den Anschein 
hatte, als wollten sie an diesem Tage ihre ganze Wohnung füllen. 

Während des Blütenstandes der Himbeeren wurden diese in 
den Tagen vom 27.—31. Mai von den Bienen sehr besucht. Da 
jedoch diese Tage zu heiß und trocken waren, konnten die Tiere 
trotz eifrigen Sucbens den gewünschten Blütensaft nicht finden. 
Bei feuchtwarmem Wetter hingegen ist die Himbeere infolge ihrer 
ausgiebigen Blütensäfte eine recht gute Bienenpflanze. 

An den beiden heißen Pfingsttagen sind die Akazien in die 
Blüte getreten. Schon freute sich der Rheingauer Bienenzüchter, 
denn mit der guten Vorblüte der Akazien war eine gute Honig¬ 
ernte zu erhoffen. In dieser Zeit hat der Züchter meist kräftige 
Völker und leicht tragen die Bienen in fünf Tagen alle Honigräume 
voll. Seine Freude war aber nicht von langer Dauer gewesen. 


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C. Gartenbau. V. Anderweite Versuche. 


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Am 2. Juni nämlich bekamen wir nachmittags mehrere schwere Ge¬ 
witter mit starkem Sturm, wodurch die schweren Akazienblüten 
teils niedergeschlagen, teils geknickt wurden, so daß sie welkten 
und am folgenden Tage von keiner Biene mehr aufgesucht wurden. 

Am 23. Mai haben wir den ersten Schwarm bekommen. Dieser 
Stock hat am 30. Mai einen ganz schönen Nachschwarm gegeben. 
Um etwas frisches Blut auf den Bienenstand zu bringen, wurde am 
11. Juni noch ein Nachschwarm gekauft. 

Nach Eintritt der Lindenblüte, am 15. Juni, waren die ersten 
Blütentage nicht lohnend. Erst die warm werdenden Tage vom 
18—21. Juni waren für den Bienenzüchter günstig, da die Linden¬ 
blüte in diesen 3 Tagen recht stark besucht wurde. 

Sobald die Lindenblüte vorüber ist, gibt es im Rheingau für 
die Bienen nichts mehr zu tun, da dann hier keine blühenden 
Pflanzen, welche Honig liefern, aufzuweisen sind. Mit Rücksicht 
hierauf muß der Bienenzüchter alljährlich selbst noch für etwas 
Weide sorgen. Wir haben dies durch eine am 16. Mai vor¬ 
genommene Aussaat von Phacelia tanacetifolia, die am 7. Juli in 
die Blüte kam und alsdann sehr stark von den Bienen besucht 
wurde, getan. Beim Sammeln des Nektars haben die Bienen zu¬ 
erst die Staubgefäße zusammengeschoben und abgeleckt, dann erst 
den Kelch entleert. Es gibt wohl keine Pflanze, die soviel Honig 
spendet wie die Phacelia. Noch nie wurde unsererseits eine so 
große Menge von Hummeln beisammen gesehen wie auf diesen 
Blüten, wo alle Größen und die verschiedensten Farben vertreten 
waren. Da jedoch die Phacelia auch als Gründüngung dienen sollte, 
mußte sie schon am 29. Juli untergeackert werden. An ihr saßen 
an diesem Tage noch recht viele Blüten. 

Neben der Phacelia blühte um dieselbe Zeit x / 2 Morgen Senf, 
den die Bienen nur an den Vormittagen aufsuchten. Soviel wir 
beobachten konnten, wurde hiervon nur Blutenstaub eingesammelt. 

Zur Schaffung einer dauernd guten Weide für die Bienen 
wird die Aussaat von Phacelia zu verschiedenen Zeiten em¬ 
pfohlen, wodurch die Gewinnung vielen und guten Honigs zu er¬ 
warten steht. 

Infolge der fast täglich regnerischen und sehr kühlen Witterung 
trugen die Völker in der Zeit vom 17. Juli bis 4. August im Rhein¬ 
gau fast nichts ein. Die drei Schwärme, welche gefallen waren, 
mußten vom 10. August ab schon gefüttert werden, da sie bereits 
keinen Honig mehr besaßen. Jeder Stock bekam drei Flaschen 
Kandiszuckerwasser, das sie in zwei Nächten in ihre Wohnungen 
trugen. — Vom 7.—12. September wurde der Winterbedarf gereicht, 
damit die Bienen das Futter noch deckeln konnten. Mit Rücksicht 
auf den für den Winter so spärlich eingebrachten Honig mußte 
jedem Stocke 6—8 1 Kandiszuckerwasser gegeben werden. 

Je 1 kg Kandiszucker wird in s / 4 1 Wasser etwas aufgekocht, 
wobei mit dem Schaumlöffel der sich bildende Schaum oben et¬ 
was abgehoben wird. Sobald die Flüssigkeit ein wenig abgekühlt 
ist, wird sie in Flaschen oder Gläser gefüllt und noch im warmen 


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III. Tätigkeit der Anstalt nach außen. 


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Zustande den Bienen gereicht, was aber nur gegen Abend ge¬ 
schehen darf, weil am Tage Räuberei entstehen würde. Damit 
beim Blätterstock die Bienen nicht ertrinken, wird das Zucker¬ 
wasser derart gereicht, daß in den Honigraum Zinktellerchen, die 
mit Stroh ausgelegt sind, gestellt werden. Alsdann wird eine 
Flasche umgekehrt in dieses Gefäß gestellt. Aus dieser Flasche 
läuft nicht mehr Zuckerwasser als die Bienen aus dem Gefäße 
tragen, was durch ein gutes Volk schon in 2 Stunden geschehen 
kann. In einer Nacht würde ein solches Volk zwar zwei und 
mehr Flaschen voll Zuckerwasser forttragen können; es empfiehlt 
sich aber, diesem nicht mehr wie eine Flasche zu geben. Andern¬ 
falls würden sich die Bienen zu sehr anstrengen und am folgenden 
Tage zu schwerfällig fliegen. 

Bei Strohkörben, die oben eine weite Öffnung haben, werden 
zum Füttern zweckmäßig Konservengläser verwendet Sobald das 
Glas mit Kandiszuckerwasser gefüllt, dessen Öffnung oben mit 
einem weißen Papierblatt verschlossen und letzteres mit einer 
Nadel gut durchlöchert ist, wird es umgekehrt auf die Strohkorb¬ 
öffnung gestellt. Bereits am nächsten Morgen werden die Bienen 
den Inhalt des Glases in ihre Wohnung getragen haben. Damit 
kein Tropfen in dem Glase verbleibt, dringen die Tierchen nach 
völliger Durchlöcherung des Papiers in dasselbe ein. Nach ver¬ 
gangener, nicht zu kühler Nacht ist am folgenden Morgen das 
Glas dicht mit Bienen besetzt, die leicht durch etwas Rauch in 
die Wohnung zurückgetrieben werden können. Die Futtergefäße, 
die am Abend gegeben werden, werden am folgenden Morgen 
entfernt, um die Bienen am Tage nicht zu beunruhigen und um 
Räuberei zu vermeiden. Damit dieselben sich nicht auf das 
Naschen legen, werden beim Füttern die Fluglöcher zweckmäßig 
ganz eng gestellt 

Wir haben 13 Völker eingewintert. Am 6. und 11. Dezember 
sind die Völker aus ihren Holzwohnungen geflogen, um sich zu 
reinigen. Aus den Strohkörben hat sich dagegen keine Biene an 
diesen Tagen sehen lassen. 

Im nächsten Jahresbericht wird hinsichtlich der Überwinterung 
der 13 Völker berichtet werden. Bau mann. 


III. Tätigkeit der Anstalt nach aufsen. 

1. Der Direktor leitete als 1. Vorsitzender der »Vereinigung 
Vertreter der angewandten Botanik« die am 15. April in Berlin 
stattgefundene Jahresversammlung der Vereinigung. 

Er beteiligte sich an dem vom 2. bis 9. Juni in Berlin ab¬ 
gehaltenen v. internationalen Kongreß für angewandte Chemie. 

Am 15., 16. und 17. August fand in Mainz der 21. Deutsche 
Weinbau-Kongreß statt Von seiten der Anstalt wurden in den 


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III. Tätigkeit der Anstalt nach außen. 


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Sitzungen desselben drei Vorträge gehalten und zwar von: Professor 
Dr. Wortmann über »Das Bitterwerden der Rotweine«, Dr. Kroemer 
über »Das Wurzelleben der Rebe«, Dr. Lüstner über »Die neuesten 
Erfahrungen bezüglich der Bekämpfung des Oidiums sowie der 
Peronospera«. 

Im Anschluß an den Weinbau-Kongreß fand eine von dem 
Direktor geleitete Sitzung der anwesenden Vertreter der »Ver¬ 
einigung der angewandten Botanik« statt, in welcher Direktor 
Wortmann einen Vortrag hielt über »ein in neuester Zeit in 
Frankreich eingeführtes Pasteurisierungsverfahren für Traubenmoste«. 
Assistent Dr. Schänder berichtete über seine »Untersuchungen 
über die Wirkung der Bordeaux-Brühe«. 

Als Mitglied der Kommission für Weinstatistik nahmen der 
Direktor sowie Dr. Windisch teil an den am 11. und 12. September 
in Kolmar i. E. stattgefundenen Sitzungen dieser Kommission. 

Der Direktor beteiligte sich als Kommissionsmitglied an den 
Reisen und Besichtigungen der Preußischen Reben-Veredelungs- 
Kommission am 20., 21. und 22. August nach Geisenheim und 
Engers, sowie vom 14. —20. September nach der Provinz Sachsen. 

Der Direktor leitete als 1. Vorsitzender den nassauischen 
Landes-Obst- und Gartenbau-Verein, sowie als Vorsitzender den 
Rheingauer-Verein für Wein-, Obst- und Gartenbau und nahm teil 
an der am 9. und 10. Oktober in Homburg v. d. Höhe abgehaltenen 
Generalversammlung und Vorstandssitzung des ersteren Vereins. 

Als Mitglied des Beirates des Kaiserlichen Gesundheitsamtes, 
Abteilung für Land- und Forstwirtschaft, besichtigte der Direktor 
in der letzten Oktoberwoche die Versuchsfelder der biologischen 
Abteilung des Gesundheitsamtes in Dahlem bei Berlin. 

Der Direktor beteiligte sich an der am 9. und 10. Oktober 
stattgefundenen Feier des 25 jährigen Dienstjubiläums des Mit¬ 
gliedes des Kuratoriums der Anstalt Königlichen Gartenbaudirektors 
A. Siebert in Frankfurt a. M. — Er wohnte ferner am 27. Novem¬ 
ber der Ausschußsitzung der Landwirtschaftskammer für den Re¬ 
gierungsbezirk Wiesbaden bei und nahm als Kommissionsmitglied 
teil an der am 7. und 8. Januar in Berlin tagenden Konferenz der 
Reichskommission für Rebenveredelung. 

2. Obergärtner Glindemann verrichtete das Amt eines 
Preisrichters auf der Gartenbau- und Gemüse-Ausstellung in Ober¬ 
rad bei Frankfurt a. M. und auf der Chrysanthemum-, Herbst¬ 
blumen- und Obstausstellung in der Flora zu Cöln a. Rh. — Der¬ 
selbe hielt in Geisenheim a. Rh. einen öffentlichen Vortrag über 
»Heimat, Einführung und Kultur der Chrysanthemum«. 

3. Obergärtner Junge hielt einen Vortrag über die »Taxa¬ 
tion von Obstbäumen« auf der Kommissionssitzung des Deutschen 
Pomologen-Vereins in Hannover, ferner einen Vortrag über »Zwerg¬ 
obstbau im Hausgarten« bei Gelegenheit des Vortragskursus der 
Landwirtschaftskammer für die Rheinprovinz in Bonn. — Derselbe 
war bei mehreren Ausstellungen als Preisrichter tätig und wurde 
des öfteren zu der Taxation von Obstbäumen zu Rate gezogen. — 


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$6 III. Tätigkeit der Anstalt nach außen. 

Er leitete die Zeitschrift »Geisenheimer Mitteilungen über Obst¬ 
und Gartenbau«, die in einer Auflage von 17 200 Exemplaren 
erscheint. 

4. Anstaltsgärtner Baumann verwaltete gelegentlich der 
vom 19. bis 22. September im Stadtgarten zu Offenbach und der 
im Oktober veranstalteten Obst- und Gartenbau-Ausstellung zu 
Eschersheim bei Frankfurt a. M. das Amt eines Mitgliedes der Obst¬ 
bestimmungskommission. 

5. Vom Landes-Obstbaulehrer Winkelmann, der am 1. August 
1903 die Geschäfte des nach Halle a. S. verzogenen Herrn Schindler 
übernahm, wurden folgende Vorträge gehalten: 

1 über: »Pflanzung der Obstbäume und Beschaffung des 

Pflanzmaterials.« 

2 ., »Düngung der Obstbäume.« 

1 „ »Verpacken und Versand des Obstes.« 

2 ,, »Obstbaumpflege.« 

1 „ »Rationellle Bewirtschaftung des Gemüsegartens.« 

1 ,, »Zwerg- und Buschobstkultur im Hausgarten und 

Erziehung des Weinstockes an Häuserwäuden.« 

1 „ »Verjüngen und Umpfropfen der Obstbäume.« 

Außerdem wurden von ihm 7 Obstbaumpflegekurse von je 
0 tägiger, 1 Obst- und Gemüsebaukursus von 6 tägiger, 1 Spalier¬ 
zuchtkursus von 3 tägiger imd 2 Obstverwertungskurse von je 
3 tägiger Dauer abgebalten. 

Gelegentlich des Obstbaukursus für Lehrer usw. und des¬ 
jenigen für Baumwärter an der Königlichen Lehranstalt gab er in 
mehreren Fächern theoretische und praktische Unterweisungen. 

Im Unterwesterwaldkreis wurde durch ihn eine etwa 20 Morgen 
große Gemeinde-Obstanlage ausgeführt. Er besichtigte mehrere Ge¬ 
meindeländereien, um sie auf ihre Brauchbarkeit für Obstanlagen 
zu prüfen und hatte wiederholt Rat zu erteilen bei Ausführung 
kleinerer oder größerer Privatpflanzungen. Auch war er des öfteren 
in Obstbau-Taxationsangelegenheiten tätig. 

Die Geschäftsführung des etwa 8000 Mitglieder zählenden 
Nassauischen Landes-Obst- und Gartenbau-Vereins lag ihm ob. Er 
verarbeitete die Resultate der Gemüseanbau versuche, beschaffte das 
neue Saatgut und führte den Edelreiserversand aus. 

6. Landes-Wein- und Obstbaulehrer Schilling hielt im Be¬ 
richtsjahre folgende Vorträge, Kurse, praktische Unterweisungen und 
Revisionen ab: 56 Vorträge, davon: 

5 über Weinbau und Kellerwirtschaft. 

1 über: »Die Anlage der Weinberge.« 

1 „ »Die Bekämpfung der Rebenkrankheiten.« 

1 »Die Lese und die Behandlungen der gemosteten 

Trauben.« 

1 »Die Behandlung der Weine.« 

1 »Die Bekämpfung des Springwurmes.« 


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III. Tätigkeit der Anstalt nach außen. 


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37 über Obstbau. 

2 über: »Obstbaumkrankheiten und Obstbaumfeinde.« 

3 „ »Verjüngen und Umpfropfen.« 

6 „ »Pflege älterer Bäume.« 

2 ., »Der Kronenschnitt.« 

6 ,. »Zwergobstzucbt.« 

2 .. »Die Kultur der Beerenobstarten.« 

2 .. »Einträgliche Obstsorten für das Rheintal des Kreises 

St. Goarshausen.« 

4 »Die Düngung der Obstbäume.« 

2 .. »Anzucht von Frühobst.« 

3 ., »Das Pflanzen junger Bäume.« 

3 .. »Beseitigung verschiedener Baumübel.« 

2 .. »Zur Hebung des Obstbaues im Dietzhölztale.« 

9 über Obstverwertung. 

2 über: »Die Obstverwertung im Haushalte.« 

2 .. »Die Bereitung der Beerenobstweine.« 

3 .. »Ernte, Aufbewahrung und Versand des Obstes.« 

1 ,. »Die Herstellung von Dörrobst.« 

1 .. »Die Frischhaltung von Obst in Gläsern, Büchsen 

und Krügen.« 

5 über Gemüsebau und Gemüseverwertung. 

2 über: »Gemüsebau im Garten und auf dem Felde.« 

2 „ »Bodenbearbeitung und Düngung.« 

1 „ »Überwinterung der Gemüse im frischen Zustande.« 
Außerdem wurden von demselben abgehalten: 

2 Weinbaukurse von je 6 tägiger Dauer, 

3 Weinbausommerkurse von je l tägiger Dauer, 

7 Obstbaumpflegekurse von je 6 tägiger Dauer, 

1 Pfropfkursus von 3 tägiger Dauer, 

5 praktische Unterweisungen im Obstbau von je 1 tägiger Dauer, 

8 Obstverwertungskurse, davon 6 von je 3 tägiger Dauer und 
2 von je 2 tägiger Dauer, 

2 Gemüsebau- und Gemüseverwertungskurse von je 2 tägiger 
Dauer. 

Weiterhin besichtigte derselbe: 

1 Seminarbaumschule, 

52 Gemeindebaumschulen, 

53 Gemeindeobstanlagen, 

170 km mit Obstbäumen bepflanzte Yizinalwege, 

48,6 „ „ ., ., Bezirksstraßen, 

1 fiskalische Obstanlage, 

für die Rebenveredelungsstation 1 Grundstück in St. Goarshausen, 
für den Kreis St. Goarshausen die Drieschländer der Gemeinde 
Fachbach, 

für den Kreis Oberwesterwald 22 Schulhäuser, welche mit 
Spalierobstbäumen bepflauzt werden sollten und nahm im Aufträge 

Geisenhoimer Bericht lflna. 7 


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f)8 IV. Die Versuchsstationen. 

der Gemeinde Obernhof a. Lahn die Taxation von Wildschäden in 
Weinbergen vor. 

Im Aufträge des Unterlahnkreises bestimmte er auf 2 Obst- 
raärkten in Diez a. Lahn die Sorten und beaufsichtigte die mit 
Staatszuschüssen in Obernhof und Weinähr anzulegenden Weinberge. 

Er beteiligte sich an der Vorstandssitzung und General-Ver¬ 
sammlung des »Nassauischen Landes-Obst- und Gartenbauvereins« 
und an dem »Deutschen Weinbaukongresse in Mainz«. Außerdem 
unternahm derselbe eine Weinbaustudienreise in das Gebiet der 
Mosel und Saar. 

In Diez hielt er eine Baumwärterversammlung ab. An der 
Königlichen Lehranstalt gab er praktischen und theoretischen Unter¬ 
richt im Baum Wärterkursus. 

Auf seine Veranlassung werden in Lorch Bekämpfungsversuche 
gegen den Springwurm von seiten der Landwirtschaftskammer für 
den Regierungsbezirk Wiesbaden unternommen und ist ihm die Mit¬ 
beaufsichtigung dieser Arbeiten von obengenannter Behörde über¬ 
tragen worden. 

Schließlich ist derselbe noch vielfach um Rat angegangen 
worden und war auch schriftstellerisch für Fach- und Lokal¬ 
zeitungen tätig. 


IV. Die Versuchsstationen. 

Bericht 

nber die Tätigkeit der pflanzenphy Biologischen Ver¬ 
suchsstation. 

Erstattet von Dr. Karl Kroemer, Dirigenten der Versuchsstation. 

A. Wissenschaftliche Tätigkeit. 

1. Untersuchungen über die Saugwurzeln der Kulturpflanzen. 

Unsere Kenntnisse über das Wurzelleben der Kulturpflanzen 
muß man noch als lückenhaft bezeichnen. Es fehlt an der ge¬ 
nügenden Zahl zuverlässiger Beobachtungen über den feineren Bau, 
die Entwicklung, das Wachstum und andere wichtige Lebens¬ 
erscheinungen der Wurzel, so daß selbst das nötige Tatsachen¬ 
material, welches uns erst zur genaueren Kenntnis der feineren 
Vorgänge des Wurzellebens verhelfen könnte, zur Zeit nicht völlig 
vorhanden ist Es erklärt sich das allerdings sehr leicht aus dem 
Umstande, daß die Wurzeln als unterirdische Organe nicht so offen 
zu Tage liegen und der Untersuchung nicht so leicht zugänglich 
sind wie die oberirdischen Teile der Pflanze. Bei der großen all¬ 
gemein anerkannten Bedeutung der Wurzeln für den Stand und 
Ertrag unserer Kulturen, die nach vielen Erfahrungen eher uuter- 
als überschätzt wird, ist es aber gerade hier erforderlich, mit neuen 


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Arbeiten einzusetzen. Aus diesem Grunde’ würden die ’Wurz’el- 
untersuchungen, die der Berichterstatter schon früher angestellt und 
die er im letzten Jahre zum Teil auch abgeschlossen hatte, weiter 
ausgedehnt. Bei der ersten Inangriffnahme der Arbeiten war es 
dem Berichterstatter zweckmäßig erschienen, vorerst die feinere 
Anatomie der Wurzeln genau festzulegen, um so zunächst die Grund¬ 
lage zu schaffen, auf der weitere Untersuchungen über die Physio¬ 
logie, insbesondere die Ernährungserscheinungen der Wurzel sich 
aufbauen können. Ausgegangen wurde von der Überlegung, daß in 
erster Linie nur der Bau der Saugwurzeln, denen die Nährstoff¬ 
aufnahme allein zugewiesen ist, interessieren kann. Wenn auch die 
Anatomie dieser Wurzeln im allgemeinen bekannt war, so bestanden 
doch Unklarheiten über manche Einzelstrukturen, deren Bau, Be¬ 
deutung und Verbreitung genauer zu erforschen waren. Besondere 
Beachtung schienen gewisse Zellschichten der Saugwurzelrinde zu 
erfordern, die sich durch besondere Struktur auszeichnen und da¬ 
durch anzeigen, daß sie besondere Leistungen im Dienste der 
Wurzel zu erfüllen haben, nämlich 1. die äußerste Zellschicht der 
Binde, die Wurzelhaut, 2. die unter der letzteren liegende Schicht, 
die Hypodermis und ß. die an der Innenseite der Wurzelrinde an 
der Grenze des Leitbündels liegende Innenhaut der Rinde, die so¬ 
genannte Endodermis. Von diesen Geweben waren die Wurzelhaut 
und die Endodermis noch verhältnismäßig am besten untersucht. 
Man wußte, daß sie bei jeder Wurzel vorhanden sind und kannte 
im allgemeinen auch ihren morphologischen Bau. Hinsichtlich der 
Hypodermis dagegen waren die Angaben spärlicher und weniger 
zuverlässig. Nur für einzelne Fälle waren ihr Vorkommen und 
ihre Struktur nachgewiesen, jedoch gaben die vorliegenden Unter¬ 
suchungen keineswegs ein klares Bild von ihrer Verbreitung und 
ihrem feineren Bau. Was die feineren Struktureigentümlichkeiten 
anbelangt, so bestanden auch hinsichtlich der beiden anderen ge¬ 
nannten Scheiden noch Unklarheiten, die eine Neubearbeitung sehr 
wünschenswert machten. Besonders aber war diese letztere geboten, 
weil man von keiner der drei Scheiden die Entwicklungsgeschichte, 
das Verhalten in verschiedenen Altersstadien der Wurzeln kannte. 
Unter diesen Verhältnissen schienen auch die früher ausgesprochenen 
Ansichten über die Bedeutung der genannten Scheiden nicht sicher 
genug begründet. Hinsichtlich der Wurzelhaut stand es allerdings 
fest, daß diese Schicht in erster Linie die Nährstoffaufnahme zu 
besorgen hat. Der Wurzolhypodermis und Endodermis glaubte man 
dagegen hauptsächlich mechanische Leistungen und Schutzfunktionen 
zuschreiben zu müssen. Gegenüber dieser Anschauung wurde die 
Ansicht vertreten, daß auch die inneren Rindeuschichten der Wurzel 
in erster Linie ernährungsphysiologisch arbeiten, indem sie den 
Nährstoffverkehr in der Wurzel regulieren und dafür sorgen, daß 
die letztere keinen Stoffverlust durch eventuelles Auswandern der 
Nährsalze innerhalb der die einzelnen Zellen trennenden Membranen 
erleidet. Als eine Einrichtung, welche die Scheiden vorzüglich zu 
dieser Leistung befähigt, wurde nach der von Arthur Meyer ver- 

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.1\\ Die Versuchsstationen. 


trelerien‘Auffassung* 'die Verkorkung ihrer Zellwände angesehen. Es 
wurde angenommen, daß durch die bei der Verkorkung in die Zell¬ 
wände eingelagerten fettartigen Korkstoffe die Wände gewissermaßen 
gegen Lösungen von Sal/en und Nährstoffen abgedichtet werden, 
so daß diesen letzteren der Austritt durch die Wandpartien der 
Scheide erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht wird. Notwendig 
mußte man bei dieser Anschauung folgern, daß auch der Eintritt 
der Nährlösungen in die Wurzel durch eine derartige Einrichtung 
bis zu einem gewissen Grade gehemmt werden kann. Es lag weiter 
nahe, anzunehmen, daß die Wurzeln auch fähig sein könnten, diese 
Einrichtung der Verkorkung in verschiedenem Grade in Wirksam¬ 
keit zu setzen, je nachdem ihre äußeren und inneren Lebensverhält¬ 
nisse wechseln, daß sie also z. B. mit Hilfe einer Strukturänderung 
der Regulierschichten sich an gewisse Bodenverhältnisse anpassen, 
ja sich vielleicht sogar gegen ungünstige Standortseinflüsse durch 
die mit der Verkorkung gegebene relative Unwegsamkeit der Innen¬ 
scheiden direkt schützen könnten. Es durfte z. B. vorausgesetzt 
werden, daß sich namentlich unter dem Einfluß wechselnder Feuchtig¬ 
keit und wechselnder Nährstoffkonzentration des Bodens die Wurzel¬ 
scheiden verschieden ausbauen würden. 

Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet wurden die drei 
genannten Gewebe direkt zum Gegenstand lebhaften praktischen 
Interesses, denn für den Fall, daß sich die ausgesprochene Auf¬ 
fassung bewahrheiten sollte, war zu erwarten, daß für die Praxis 
aus der Beobachtung der Regulierschichten der Wurzel wertvolle 
Aufschlüsse über die unter den verschiedenen Verhältnissen not¬ 
wendigen Methoden der Bodenkultur, der Düngung, Wurzelbehand¬ 
lung usw. resultieren würden, daß sich vielleicht im Speziellen 
daraus auch der jeweilige Zustand der einzelnen Wurzel — bis zu 
einem gewissen Grade — würde ableiten lassen. 

Sollte die Berechtigung dieser Ansichten geprüft werden, dann 
mußte zunächst die feinere Anatomie der Schichten und ferner ihr 
Entwicklungsgang, ihr Verhalten in verschiedenen Alterszuständen 
einer Wurzel genauer erforscht werden. Außerdem waren die 
Wechselbeziehungen zwischen den drei Schichten und vor allen 
Dingen auch die Verbreitung der einzelnen Scheidenformen sicher 
festzustellen. Erst wenn diese Untersuchungen zum Abschluß ge¬ 
bracht waren, konnte daran gedacht werden, mit Hilfe des physio¬ 
logischen Experimentes bei geeigneter Versuchsanstellung den 
direkten Beweis für die Richtigkeit der oben ausgesprochenen An¬ 
sichten zu erbringen. Durch die im verflossenen Jahre zum Ab¬ 
schluß gebrachten und in einer größeren Abhandlung (Bibliotheca 
botanica, Heft 59) veröffentlichten Untersuchungen des Bericht¬ 
erstatters wurde dieses erste Erfordernis bis zu einem gewissen 
Grade erfüllt. Die notwendigen Feststellungen mußten zunächst 
mehr allgemein für die Wurzeln aller höheren Pflanzen durchgeführt 
werden. Erst nachdem auf diesem Wege größere Klarheit über die 
in Frage kommenden Verhältnisse gewonnen war, wurden die 
Wurzeln der Kulturpflanzen speziell auf die ermittelten Tatsachen 
hin eingehender geprüft. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzeii|ihysiolügi»cl/ea Vers*uc:bsstaf>o>i. 101 

Die Untersuchungen erstreckten sich*annächst auf die feinere 
Anatomie der Absorptionsschichten der Saugwurzeln. Am zweck¬ 
mäßigsten faßt man diese Gewebe unter der Bezeichnung »Wurzel¬ 
haut« zusammen und versteht darunter alle die äußeren Zellschichten 
der Saugwurzeln, die als Hauptleistung die Aufnahme von Wasser 
und Bodensalzen zu besorgen haben. Im allgemeinen ergab sich, 
daß die Wurzelhaut überall in erster Linie an diese obengenannte 
Arbeit der Nährstoffabsorption angepaßt ist, für andere Funktionen, 
speziell solche der oberirdischen Epidermen dagegen weniger ge¬ 
eignet erscheint Immer sind die Einrichtungen so getroffen, daß 
die Bodenlösung leicht in ihr Gewebe eindringen und innerhalb 
desselben auch leicht verkehren kann. Genauere Untersuchungen 
erwiesen es, daß in der Mehrzahl der Fälle die Stoffwanderung auch 
innerhalb der Wände der Wurzelhaut mit besonderer Leichtigkeit 
vor sich gehen kann, weil Vorkehrungen, welche die Membranen 
minder wegsam machen würden, oft gänzlich fehlen. In geringerer 
Zahl konnte aber auch schwache Kutisierung einzelner Wurzelhaut¬ 
wände, d. h. Imprägnierung der letzteren mit fettähnlichen Stoffen 
nachgewiesen werden, woraus zu schließen wäre, daß die Wurzel¬ 
haut unter Umständen auch in stärkerem Grade an der Eindämmung 
der gelösten Inhaltsbestandteile der Wurzel arbeiten muß. Zur 
Übernahme erheblicher Schutzleistungen für das innere Wurzel¬ 
gewebe ist die Wurzelhaut nur sehr selten befähigt und auch dann 
nur in älteren Lebensstadien, wenn infolge zunehmenden Alters 
der von ihr bedeckten Wurzelzonen und damit erfolgender morpho¬ 
logischer Veränderungen der ihr benachbarten Schichten ihre Haupt¬ 
funktion erlischt. 

Die speziellen Untersuchungen führten dazu, mehrere Typen 
von Wurzelhäuten aufzustellen, die in Verschiedenheiten der Struktur 
begründet sind und auf besondere Lebensbedürfnisse der zugehörigen 
Pflanzen schließen lassen. Man kann drei Arten von Wurzelhäuten 
unterscheiden, 1. das Epiblem, welches aus einer einzigen ober¬ 
flächlichen Schicht lebender Zellen besteht, 2. das mehrschichtige 
Epiblem. zusammengesetzt aus mehreren Schichten lebender Zellen 
und 3. das ein- oder mehrschichtige Velamen, welches sich zum 
Unterschied von den Epiblemen aus toten, verholzten Zellen aufbaut 
Die hauptsächlichste Form, die bei den Erdwurzeln der meisten 
Pflanzen vorkommt, ist das normale, einreihige Epiblem. Da die 
meisten Kulturpflanzen mit dieser Form der Wurzelhaut versehen 
sind, erscheint es zunächst nicht notwendig, einzelne Fälle des Vor¬ 
kommens namhaft zu machen. Die Epibleme unterscheiden sich in 
allen Fällen durchgreifend von den Epidermen der oberirdischen 
Pflanzenteile, mit denen man sie früher noch manchmal verglichen 
hatte. Ihr Gewebe bildet eine von keiner Lücke oder Spaltöffnung 
durchbrochene Haut, die dem Wurzelkörper dicht angeschlossen 
aufliegt Charakteristisch ist für die Epibleme, daß ihre Zellen fast 
ausnahmslos ungemein dünne Wände führen, wie solche sonst nur 
an den Bildungsherden der Pflanze, den Meristemen und Kambien 
vorzukommen pflegen. Die. Dicke der Wände wurde durchgehends 


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102':*. 


V" : ;•*: Jv. Die Versuchsstationen. 


0«r:kuets\«*'rvt4V/o*o© 1,I ” n ) gefunden. Daneben wurden aber auch 
Epibleme von geringerer Wandstärke beobachtet, z. B. wurde die 
Wanddicke der Epibleme von Amorphophallus Rivieri zu 0.3 /«, 
Tropaeolum majus zu 0,4 /<, Canna indica zu 0,5 /<, vom Mais, 
anderen Getreidearten, Gräsern, Obstbäumen durchschnittlich zu 
0,5—1 ermittelt. Nur vereinzelt wurden dickere Wände, wie bei 
manchen Schwertlilien, nachgewiesen. Besonders interessant war das 
Studium der chemischen Beschaffenheit der Aufzellwände. Es konnte 
festgestellt werden, daß in der Mehrzahl der Fälle die Membranen 
von fettähnlichen, korkartigen Körpern völlig frei sind. Meist be¬ 
stehen sie der Grundmasse nach aus Cellulose, in die ihrer che¬ 
mischen Beschaffenheit nach unbekannte Schutzstoffe nicht fettartiger 
Natur eingelagert sind, z. B. gilt das für die Epibleme der meisten 
Getreidepflanzen, der Kohlarten und der meisten Obstgehölze. Öfter 
sind die Wände auch verholzt und dadurch etwas widerstandsfähiger 
gegen äußere Einflüsse. An der Außenseite der Zellen finden sich 
in vielen Fällen, aber durchaus nicht immer, Schleimschichten vor, 
die beim Mais, Weizen und vielen anderen Gräsern leicht zu be¬ 
obachten sind. Gegenüber früheren, unklaren Angaben wurde nach¬ 
gewiesen, daß eine echte Kutikula, die bei den oberirdischen Epi¬ 
dermen so allgemein vorkommt, daß sie zu einem äußerst wichtigen 
Charakteristikum der letzteren geworden ist, beim Epiblem in keinem 
einzigen bisher genauer untersuchten Falle sicher aufgefunden wurde. 
Es ist daher zu folgern, daß eine Ausrüstung des Epiblems mit 
einer Kutikula überhaupt allgemein unterbleibt. Die Struktur und 
chemische Beschaffenheit, die an der Wand der eigentlichen Zelle 
vorgefunden wurde, ließ sich fast ausnahmslos auch an der Membran 
der zu den Zellen gehörigen Wurzelhaare nachweisen. Da die 
letzteren bekanntlich nur durch Ausstülpung der Aufzellen ent¬ 
stehen, so hatte diese Erscheinung nichts Befremdendes an sich. 
Über den Entwicklungsgang des Epiblems mag zunächst nur be¬ 
merkt werden, daß die Zelleu ihre normale Form und Ausbildung 
durchgehends schon in einer Wurzelzone von ca. 2 cm Spitzen¬ 
abstand zeigten und bis in Regionen von 10—15, ja sogar von 
25 cm Spitzenabstand lebend blieben. In den Abstand zwischen 
beiden Regionen hätte man die nährstoffaufnehmende Zone der 
Wurzeln zu verlegen. 

Über die zweite, oben genannte Form der Wurzelhaut, das 
mehrschichtige Epiblem, war bisher fast nichts bekannt. Sie wurde 
im Laute dieser Untersuchungen bei einzelnen Gewächshauspflanzen 
aus der Familie der Liliaceen und Amaryllidaceen nachgewiesen. 
Besonders stark ausgebildet ist sie bei dem heute viel kultivierten 
Asparagus Sprengeri. Von dem normalen Epiblem unterscheidet 
sich das mehrschichtige im wesentlichen nur durch die größere Zahl 
von Zellschichten. Schon im Meristem der Wurzelspitze spaltet sich 
hier die zunächst einschichtig angelegte Wurzelhaut in zwei oder 
mehrere Zellschichten, die durch die übereinstimmende Beschaffenheit 
ihrer Einzelelemente auch in älteren Entwicklungszuständen ihre 
Zusammengehörigkeit noch anzeigen. , Die Einheitlichkeit dieser 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen physiologischen Versuchsstation. 103 


mehrreihigen Wurzelhäute in Bezug auf die Entstehung und die 
Leistungen der verschiedenen, unter dem einen Begriff zusammen¬ 
gefaßten Schichten geht auch daraus hervor, daß diese Gewebe sich 
von dem übrigen Teil des Wurzelkörpers stets durch eine sehr cha¬ 
rakteristisch ausgebildete verkorkte Hypodermis abgrenzen, die 
überall, wo sie auftritt, den Abschluß der Wurzelrinde gegen die 
Absorptionsschichten bildet. Die Zellen dieser Gewebe gleichen im 
Bau völlig den Zellen der normalen einschichtigen Epibleme; sie 
sind plasmaführende lebende Elemente, deren Wände relativ zart, 
jedoch im allgemeinen etwas stärker und widerstandsfähiger sind als 
die Membranen der Aufzellen einschichtiger Epibleme. Meist neigen 
die Wände der Zellen hifer etwas zur Verholzung, die sich an älteren 
Zellen dann auch fast immer, wenn auch manchmal nur in schwachem 
Grade, einstellt. Wurzelhaare bilden die mehrschichtigen Epibleme 
ebenfalls, jedoch ist selbstredend hierzu nur die äußerste Schicht 
befähigt. Die Funktionsdauer der mehrschichtigen Epibleme scheint 
mit der der normalen Epibleme ziemlich übereinzustimmen. Hin¬ 
sichtlich der Bedeutung der mehrschichtigen Aufzellgewebe ist 
fast das Gleiche zu sagen wie beim normalen Epiblem. Wurzelhäute 
der eben besprochenen Form finden sich bei den nachfolgend ge¬ 
nannten Gewächshauspflanzen: Lycoris radiata, Valiota purpurea, 
Crinum giganteum, Asparagus Spiengeri. 

Die dritte Form der Wurzelhaut bilden die länger bekannten 
Velamen, die aus toten Zellen bestehen und ein- oder mehrschichtig 
sind. Für die Luftwurzeln der epiphytischen Orchideen und Araceen 
waren die Velamen schon länger nachgewiesen und eingehend be¬ 
arbeitet Weniger gut bekannt waren dagegen die Velamen der 
Erdwurzeln, die sich bei einzelnen in Kultur befindlichen Zier¬ 
pflanzen vorfinden. Von den Epiblemen weichen die Velamen im 
Bau und der Art ihrer Arbeitsverricbtung dadurch ab, daß ihre 
Zellen frühzeitig zu plasmaleeren, verholzten und mit spiraligen oder 
netzartigen Aussteifungen oder ähnlichen Strukturen versehenen 
Elementen werden, die das Wasser wie ein Schwamm aufsaugen und 
festhalten. Bei diesen Formen der Wurzelhaut ist es besonders 
zweckmäßig und in gewisser Beziehung auch notwendig, daß sie 
stets an verkorkte Hypodermen angrenzen, welche die Hauptmasse 
der Kinde von dem mit Wasser stark durchtränkten Außengewebe 
abschließen. Erdwurzelvelamen wurden nachgewiesen u. a. bei Hy- 
menocallis, Crinum, Clivia, Aspidistra und Agapanthus. 

Das größte Interesse beanspruchte bei den oben angegebenen 
leitenden Gesichtspunkten der Arbeit die Untersuchung der Hypo¬ 
dermen. Es konnte gezeigt werden, daß die letzteren viel weiter 
verbreitet sind, als man bisher anzunehmen pflegto; auch wurde 
nachgewiesen, daß sie in mehreren verschiedenen Formen auftreten, 
die zur Aufstellung einer Reihe von untereinander abweichenden 
Hypodermistypen nötigen. Damit war noch stärker als bei der 
Untersuchung der Wurzelhäute hervorgetreten, daß unsere Kultur¬ 
pflanzen in der Ausrüstung ihrer Saugwurzeln weit weniger ein¬ 
heitlich sind, als man bisher gemeinhin glaubte. Es war das ein 


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104 IV. Die Versuchsstationen. 

neuer Hinweis auf die von physiologischer Seite schon wiederholt 
betonte Notwendigkeit, bei Kulturversucben auch die spezifische Be¬ 
schaffenheit der Saugwurzeln der in Frage kommenden Pflanzen in 
Betracht zu ziehen. Im Laufe der Untersuchungen wurden vier 
unter sich verschiedene Hypoderniistypen aufgestellt, von denen der 
Typus der verkorkten Hypodermen wieder in vier Unterarten ein¬ 
geteilt werden mußte. Unter diesen Hypodermistypen sind die für 
die Praxis bedeutungsloseren wohl diejenigen, welche, ohne die 
Fähigkeit der Verkorkung zu besitzen, augenscheinlich nur für 
mechanische Leistungen eingerichtet sind. Größere Beachtung er¬ 
fordern die verkorkten Hypodermen, die sogenannten Interkuten, 
die auf einem mehr oder minder großen Teil ihrer Fläche verkorken 
können. Genauere Untersuchungen über den Verlauf dieser Ver¬ 
korkung förderten neue Tatsachen zu Tage, die mit den früher ver¬ 
tretenen Ansichten über die Bedeutung der Interkuten nicht in 
Einklang zu bringen waren, dagegen sehr für die Richtigkeit der 
eingangs erwähnten Anschauungen sprachen. Die betreffenden Ver¬ 
hältnisse werden bei der Einzelbesprechung der verschiedenen Inter- 
kutisformen am besten hervortreten. Es wurden folgende Interkutis- 
formen gefunden: 

1. Einheitliche Interkuten. Dieselben sind ein- oder mehr¬ 
schichtige, lückenlose Gewebe aus unter sich gleich gestalteten, lang¬ 
gestreckten Zellen. Kleinere oder größere Partien, im extremsten 
Falle fast alle Teile dieser Interkuten, sind verkorkt, dabei aber 
lebend und plasmaführend. Im allgemeinen erfolgt die Verkorkung 
derart, daß in den Interkutisregionen der jüngeren Wurzelteile un- 
verkorkte Zellkomplexe in größerer oder geringerer Ausdehnung 
zwischen verkorkten Partien erhalten bleiben, während in den älteren 
Wurzelstrecken, soweit nicht die allerjüngsten, noch unvollkommen 
entwickelten Wurzeln in Frage kommen, die Interkutis fast ohne 
Ausnahme auf ihrer gesamten Fläche verkorkt. Besonders ist dabei 
zu beachten, daß mit zunehmendem Alter das Verhältnis zwischen 
verkorkten und unverkorkten lnterkutiszonen sich gewöhnlich zu 
Gunsten der verkorkten Teile ändert. Es mag auch schon hier be¬ 
tont werden, daß nach einigen vorläufigen Versuchen auch äußere 
Verhältnisse die Art der Verkorkung beeinflussen können. Nach¬ 
gewiesen wurden einschichtige Interkuten der beschriebenen Art 
bei den Getreidepflanzen, bei der Kartoffel, bei der Erle, Buche, 
Eiche, Rebe; bei vielen Zierpflanzen, z. B. bei der Hyazinthe und 
der Tulpe. Mehrschichtige Interkuten dieser Art finden sich bei 
den Wurzeln der Palmen und Bromeliaceen, ferner auch bei vielen 
Gräsern. 

2. Kurzzelleu-Interkuten. Dieselben sind immer einschichtig 
und besonders dadurch charakterisiert, daß in ihnen neben längeren* 
verkorkten Zellen regelmäßig verteilt besonders geformte, kürzere, 
unverkorkte Elemente Vorkommen, die offenbar die Durchgangs¬ 
pforten für die vom Boden kommende Nährstofflösung bilden. Die 
Verkorkung der längeren Zellen erfolgt hier in allen Fällen schon 
in den Interkutisregionen der jüngsten, ca. 1—2 cm hinter der 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. ] ()•> 


Spitze liegenden Wurzelzonen; die kürzeren Zellen bleiben dagegen 
immer unverkorkt. Ein Abschluß der Kurzzellen gegen den Rinden¬ 
körper wird jedoch dadurch zuweilen bewirkt, daß die unmittelbar 
unter den Kurzzellen liegenden Elemente verkorken und die ersteren 
sozusagen mit einem Pfropfen verschließen. Es konnte gezeigt 
werden, daß diese früher nur für die Luftwurzeln besser bekannten 
Interkuten auch bei den Erdwurzeln von Kulturpflanzen Vorkommen. 
Sie finden sich z. B. bei Allium Cepa, Allium Schoenoprasum, Funkia, 
Convallaria, Aspidistra, Clivia, Hedera Helix, Primula, Syringa, Jas- 
minum und ganz allgemein bei den Orchideen. 

3. Gemischte Interkuten. Dieser Typus steht in der. Mitte 
zwischen den beiden vorhergenannten, denn er umfaßt Interkuten, 
die gewissermaßen eine Vereinigung von Kurzzellen-Interkuten mit 
einheitlichen Interkuten bilden. Es sind immer mehrschichtige Ge¬ 
webe, deren äußerste, unmittelbar unter der Wurzelhaut liegende 
Zellage den Bau einer Kurzzellen-Interkutis zeigt, während ihre 
inneren Schichten ganz und gar mit einheitlichen Interkuten über- 
einstimmen. Die Verkorkung verläuft bei diesen Interkuten derart, 
daß in den Interkutisteilen der jüngsten Wurzelzonen die äußere 
Schicht sich nach Art der Kurzzellen-Interkuten ausbildet, während 
die inneren Zellagen noch ganz unverkorkt bleiben. Erst in den 
älteren Wurzelzonen verkorken diese letzteren völlig und schließen 
damit die äußeren Gewebe gegen den Nährstoffverkehr völlig ab. 
Interkuten dieser Art finden sich z. B. bei bestimmten Wurzeln 
des Spargels, bei Hemerocallis, Iris u. a. 

4. Verstärkte Interkuten. Sie bestehen aus Interkuten und 
damit verbundenen mechanisch wirksamen, meist sklerenchymatischea 
Zellschichten, die sich an die Innenseite der ersteren dicht anlegen. 
Von mehrschichtigen einheitlichen Interkuten sind die verstärkten 
Interkuten nicht prinzipiell unterschieden. Sie verhalten sich hin¬ 
sichtlich der Ausbreitung der Verkorkung diesen gleich. Verstaute 
Interkuten finden sich u. a. bei den Wurzeln von Palmen und 
manchen Gräsern. 

Weniger verbreitet als die Interkuten sind bei den Kultur¬ 
gewächsen die oben angedeuteten anderen Hypodermisarten. Da 
diesen letzteren auch eine besondere ernährungsphysiologische Wirk¬ 
samkeit gegenüber den anderen Zellschichten der Rinde augen¬ 
scheinlich nicht beizumessen ist, so können die mit solchen Hypo- 
dermen ausgerüsteten Pflanzen in gewisser Hinsicht denjenigen 
Nutzpflanzen gleichgeachtet werden, welche eine Hypodermis über¬ 
haupt nicht zur Ausbildung bringen. Daß dieser letztgenannte Fall 
bei einer ganzen Reihe von Kulturgewächsen auftritt, war sehr not¬ 
wendig zu wissen. Es konnte ermittelt werden, daß namentlich bei 
vielen Gemüsepflanzen die Ausbildung einer Interkutis oder einer 
anderen Hypodermisform unterbleibt, so z. B. nach den bisher vor¬ 
liegenden Beobachtungen bei den Kohlarten, bei Sellerie, Petersilie, 
Kümmel, Karotte, Bohne, Erbse. Auch bei den Wurzeln von Klee 
und Lupine und anscheinend allen anderen Leguminosen, sowie 
beim Buchweizen fehlt eine Hypodermis. 


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10(5 IV. Die V ersuchsstationeo. 

Im allgemeinen ergab sich also aus den Beobachtungen über 
die Hypodermen die sehr beachtenswerte Tatsache, daß die Pflanzen, 
insbesondere auch die Kulturgewächse, diese Schichten der Wurzel 
ebenfalls sehr verschieden ausrüsten. 

Untersucht wurden ferner die Endodermen der Wurzeln, also 
diejenigen einschichtigen Gewebe, welche in Form von überall dicht 
geschlossenen Cylindem die Rinde vom Leitbündel der Wurzel ab¬ 
grenzen, aus spezifisch gebauten Zellelementen bestehen und in sehr 
vielen Fällen in ähnlicher Weise wie die Interkuten auf kleineren 
oder größeren Strecken verkorken. Da die Endodermen bei keiner 
Wurzel fehlen, sie andrerseits aber stets an ihren Zellwänden Ein¬ 
richtungen besitzen, die im Sinne der bei der Untersuchung ma߬ 
gebenden Ansicht stoffregulierend wirken könnten, so mußten auch 
diese Gewebe, die früher wiederholt von anderen Gesichtspunkten 
aus untersucht worden waren, einer eingehenden Bearbeitung unter¬ 
zogen werden. Die spezifischen Struktureigentümlichkeiten der Endo¬ 
dermen bestehen zunächst bekanntlich darin, daß sie schon in jungen 
Entwicklungsstadien ihrer Zellen an den Radialwänden einen mittleren 
schmalen Streifen, der wie ein in sich geschlossener Rahmen jede 
Zelle ununterbrochen umgibt, stofflich in besonderer Weise aus¬ 
bilden. Der Streifen, nach seinem Entdecker Caspary »Casparyscher 
Streifen« genannt, besteht durch und durch aus Substanzen, die von 
den in der übrigen Wand enthaltenen Körpern völlig verschieden 
sind. Früher hielt man den Streifen für verkorkt oder kutisiert; es 
zeigte sich aber im Laufe dieser Untersuchungen, daß dies nicht 
der Fall ist. Der Streifen erinnert in seinen Eigenschaften an die 
offenbar sehr undurchlässigen Zellhautmodifikationen, die bei den 
meisten Pflanzen in der nächsten Umgebung von Wundrändern 
durch stoffliche Umbildung der vorhandenen, zuvor normalen Mem¬ 
branen — vermutlich unter Einlagerung einer Art Holzgummi — 
zu* entstehen pflegen. Der charakteristische Wandstreifen der Endo¬ 
dermen ist höchstwahrscheinlich ebenfalls sehr undurchlässig uud 
gerade deswegen für die stoffregulierenden Aufgaben der Zelle von 
Vorteil. Neben dieser Einrichtung besitzen viele Endodermen noch 
die Fähigkeit, ihre Wände im ganzen Umkreis der Zellen zu ver¬ 
korken, und schließlich können manche Endodermen diese bei der 
Verkorkung nicht erheblich stärker gewordenen Membranen durch 
Anlagerung von verholzten Wandschichten auch noch stark ver¬ 
dicken. Die genannten Einrichtungen sind an bestimmte Ent¬ 
wicklungszustände der Zelle gebunden. Der Caspary sehe Streifen 
entsteht immer nur unmittelbar nach Bildung der Membran, so¬ 
lange dieselbe noch sehr jung ist. Die Verkorkung erfolgt nur an 
noch nicht verdickten, mit dem Streifen versehenen Zellen, und die 
Verdickung endlich tritt stets erst nach der Verkorkung der Wand 
auf. Es existieren also auch drei verschiedene Entwicklungsstadien 
der Endodermzellen, nämlich: 1. der sogenannte Primärzustand, in 
dem die unverdickte und unverkorkte Zelle als spezifisches Charakte¬ 
ristikum nur den Caspary sehen Streifen aufweist, 2. der sogenannte 
Sekundärzustand, in dem die Zelle relativ dünnwandig, aber ver- 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 107 

korkt, und mit dem Casparyschen Streifen versehen ist und 3. der 
sogenannte Tertiürzusland, in dem die Zelle außer durch die zuvor ge¬ 
nannten Einrichtungen auch noch durch starke Verdickungsschichten 
charakterisiert ist. Beachtet man die Anzahl der in einer Endo- 
dermis möglicheu Entwicklungszustände der Zellen und ferner die 
Art der Verteilung dieser verschiedenen Zellstadien, so ergeben sich 
daraus sehr gewichtige Momente, nach denen sich die Endodermen 
bestimmt charakterisieren lassen. Dabei zeigt sich dann, daß man 
zweckmäßig vier verschiedene Bautypen von Endodermen unter¬ 
scheidet. Typus I umfaßt Endodermen, die stets nur Primärstadien 
von Zellen enthalten, die also stets relativ dünn und unverkorkt 
bleiben. Beim Typus II besteht die Endodermiszone der jüngeren 
Wurzelteile nur aus Primärstadien; die älteren Teile enthalten neben 
Primärstadien mehr oder minder zahlreich Sekundärstadien, die 
immer an die Siebteile grenzen. Typus III unterscheidet sich von 
Typus II nur dadurch, daß die zugehörigen Endodermen nur auf 
einer sehr kleinen Zone ganz aus unverkorkten Zellen bestehen. 
Beim Typus IV befindet sioh die Endodermis in den jüngsten 
Wurzelregionen völlig im Primärzustand. In den nächstälteren 
Wurzelteilen führt sie neben Primärstadien auch Sekundärstadien 
vou Zellen, und in den basalen, ältesten Teilen der Saugwurzeln 
besteht sie ausschließlich aus verkorkten und daneben zuweilen noch 
stark verdickten Zellen. 

Der zuletzt charakterisierte Endodermentypus ist am weitesten 
verbreitet. Er wurde u. a. beobachtet an den Wurzeln von Getreide¬ 
arten und Gemüsepflanzen. Zu bemerken ist zu diesem Typus noch, 
daß die Länge der einzelnen Endodermzonen je nach dem Alters¬ 
zustande der Wurzel variiert und zwar derart, daß die völlig ver¬ 
korkten Strecken mit fortschreitendem Alter der Wurzel an Aus¬ 
dehnung zunehmen. 

Das wichtige Resultat dieser Beobachtungen war die Ermittelung 
einer Reihe von anatomischen Merkmalen, die eine genauere Charakte¬ 
risierung der unterirdischen Ernährungsorgane der Pflanzen ermög¬ 
lichen. Es zeigte sich, daß die Organisation der Wurzeln weniger 
einheitlich ist, als man bisher anzunehmen pflegte, daß sie vielmehr 
auf eine Anzahl unter sich verschiedener Wurzeltypen hinweist. 
Auf Grundlage des Baues und der gegenseitigen Beziehungen der 
drei in Rede stehenden Zellschichten der Wurzelriude ließen sich 
denn auch 14 verschiedene Typen von Saugwurzeln aufstellen. Wie 
sich bei den weiteren Spezialuntersuchungen zeigte, treten fast alle 
diese verschiedenen Wurzelformen bei den Kulturpflanzen auf. Be¬ 
sonders weit verbreitet erscheinen diejenigen Wurzeln, welche eine 
oder beide Innenscheiden der Rinde, also die Hypodermis bezw. 
Endodermis, möglichst allseitig verkorken können. So findet sich 
bei sämtlichen Getreidearten eine Wurzelform, bei der beide ge¬ 
nannten Scheiden nach und nach völligen Abschluß durch Ver¬ 
korkung erlangen können. Bei den meisten Gemüsepflanzen treten 
Wurzeln auf, die nur eine Scheide, nämlich die Endodermis, führen, 
die mit zunehmendem Alter ebenfalls völlig verkorkt. Auch andere 


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108 


IV. Die Versuchsstationen. 


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hier nicht näher anzuführende Wurzeltypen scheinen relativ häufig 
unter den Kulturpflanzen vorzukornmen. Wir dürfen also die 
Wurzeln der verschiedenen Nutzpflanzen nicht ohne weiteres als 
durchaus einheitlich gebaute Organe ansehen, sondern werden immer 
auf die spezifischen Charaktere der einzelnen Wurzeln achten müssen. 
Das wird um so mehr notwendig sein, als die morphologischen 
Merkmale, die jeden einzelnen der oben angedeuteten Wurzeltypen 
charakterisieren, bedeutungsvoll genug erscheinen, um auch auf eine 
durch die Verschiedenartigkeit der Organisation bedingte Differenz 
der physiologischen Vorgänge bei den einzelnen Wurzelarten schließen 
zn lassen. 

2. Untersuchungen über die Bewurzelung der Rebe. 

Aufgabe der Versuchsanstalten ist es, der Praxis Methoden an 
die Hand zu geben, welche geeignet sind, die Ertragsfähigkeit der 
Nutzpflanzen zu erhöhen. Dieses Ziel ist nur zu erreichen, wenn 
die Bedingungen, von denen Wachstum und Ertrag der Pflanze ab¬ 
hängig sind, festgestellt werden und gezeigt wird, unter welchen 
Verhältnissen diese ermittelten Wachstumsfaktoren das Optimum des 
Gedeihens ermöglichen. Einer der vielen, auf diesem Wege ge¬ 
fundenen Wachstumsfaktoren ist die Bodenernährung der Pflanze. 
Sie ist von jeher als besonders wichtig für den Ertrag angesehen 
und infolgedessen auch für die meisten, auf eine Steigerung des 
Nutzwertes unserer Kulturpflanzen hinzielenden Versuche zum Aus¬ 
gangspunkt genommen worden. Seit Jahrzehnten beruhen die be¬ 
treffenden Versuche zum großen Teil auf dem Bestreben, durch 
stärkere Nährstoffzufuhr zum Boden das Optimum der Ernährung 
der Pflanze herbeizuführen. Unzweifelhaft hat man auch durch 
derartige Düngungsversucbe, namentlich seit Anwendung der so¬ 
genannten künstlichen Düngemittel, große Erfolge auf dem Gebiete 
des Pflanzenbaues erzielt. Das tritt besonders hervor, wenn man 
die Kultur der Feldfrüchte und die heute dabei gewonnenen Erträge 
mit den früher vorhandenen Verhältnissen vergleicht Aber nicht 
in allen Fällen ist der Nutzen solcher Versuche ohne weiteres 
sichtbar geworden. Als es sich darum handelte, auch im Weinbau 
die Erträge durch Anwendung der sogenannten Kunstdünger zu 
heben, zeigte sich zwar, daß die einzelne Rebe bei Topfkultur im 
stände ist, diese Düngemittel auszunutzen, bei größeren Versuchen 
im Weinberg selbst aber ließ sich ein Erfolg mit der gleichen 
Sicherheit nicht immer feststellen. Infolgedessen konnte auch die 
Einführung der sogenannten künstlichen Düngung im Weinbau in 
größerem Maßsstabe noch nicht erfolgen. Da es sich aber hierbei 
um ein Verfahren handelt, welches die größte Bedeutung für die 
Praxis erlangen kann, so sind notwendig weitere Untersuchungen 
in der Frage anzustellen. Sicher wird es für die ferneren Arbeiten 
auf diesem Gebiete zweckmäßig sein, wenn auch physiologische 
Forschungen über die Rebe, speziell über ihre Ernährungsorgane 
in Angriff genommen werden. Wie schon wiederholt von anderer 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 109 


Seite betont wurde, muß man nämlich stets im Auge behalten, daß 
die Versuche mit einem lebenden Organismus angostellt werden, 
der die Nährstoffaufnahme nach seiner spezifischen Beschaffenheit, 
nach seiner jeweiligen Konstitution, nach den jeweilig vorliegenden 
äußeren Verhältnissen bis zu einem gewissen Grade selbsttätig 
reguliert und durchaus nicht immer auf eine Vermehrung der 
Bodennährstotfe auch mit einer intensiveren Ausnutzung der Dung¬ 
stoffe antwortet, der sogar auf eine stärkere Düngung — unter Um¬ 
ständen — mit einer Verminderung der Nährstoffaufnahme reagieren 
kann. Für die Lösung der Düngungsfrage ist es daher ohne Zweifel 
vorteilhaft, wenn die spezifischen inneren und äußeren Eigenschaften 
der Bebe und der Verlauf ihrer Ernährungsvorgänge unter dem 
Einfluß der verschiedenen Außenbedingungen eingehender unter¬ 
sucht werden. Der Berichterstatter hat sich zunächst die Aufgabe 
gestellt, die Organisation des Wurzelsystems der Rebe genauer zu 
erforschen. Da es bekannt und durch andere Untersuchungen des 
Berichterstatters von neuem erwiesen ist, daß die Wurzeln unserer 
Nutzpflanzen recht verschieden organisiert sind, und andrerseits 
feststeht, daß der Grad der Düngerausnutzung zu einem sehr wesent¬ 
lichen Teile durch die besondere Organisation des im einzelnen 
Falle in Wirksamkeit tretenden Wurzelsystems bestimmt wird, so 
ist gerade diesen Verhältnissen besonderes Interesse zuzuwenden. 
Schon wenn man an der Hand der bekannten Tatsachen die 
Wurzeln der bisher erfolgreich mit Kunstdüngern behandelten 
Feldpflanzen mit den Wurzeln der Rebe vergleicht, erkennt man, 
daß hier Verschiedenheiten bestehen müssen, die zu einem Teile 
recht wohl die auffallende Differenz der Versuchsresultate erklären 
könnten. 

Unsere Feldpflanzen sind fast durchgehends einjährige Ge¬ 
wächse, die ihr gesamtes Leben im Zeitraum von mehreren Monaten 
durchlaufen, ein Umstand, der eine für die Anwendung der so¬ 
genannten künstlichen Düngung äußerst vorteilhafte Lage und Be¬ 
schaffenheit der Wurzeln mit sich bringt. Bnld nach der Düngung 
entwickelt sich hier das System der Saugwurzeln gerade in den mit 
Nährstoffen angereicherten Bodenschichten, in seinem Wachstum be¬ 
günstigt durch die physikalischen Eigenschaften der leicht zu be¬ 
arbeitenden obeien Ackerkrume. Mit anderen Worten ist hier bei 
jeder Düngung auf eine neu entstehende, leistungsfähige Wurzelmasse 
zu rechnen, die infolge ihrer Lage die Dungstoffe nicht nur er¬ 
reichen, sondern sie unter dem Einfluß der in den oberen Boden¬ 
schichten oft nahezu optimalen Bedingungen auch in weitgehender 
Weise verwerten kann. Der Zeit nach liegt dieses kräftig arbeitende 
Wurzelsystem in den gedüngten Bodenschichten gerade dann, wenn 
die Pflanzen in der Periode des stärksten Wachstums stehen und 
dementsprechend besonders viel Nährstoffe beanspruchen. Durch 
äußere Eingriffe, wie sie die Kulturmethode etwa mit sich bringen 
könnte, werden die Wurzeln fast niemals gestört, so daß ihre ge¬ 
sunde, normale Entwicklung während /1er ganzen Lebensdauer der 
Pflanze auch ungehemmt vor sich gehen kann. Es sind das alles 


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110 


IV. Die Versuchsstationen. 


Verhältnisse, die sehr viel zu dem Erfolg einer sogenannten künst¬ 
lichen Düngung beitragen. 

Man vergleiche damit die Verhältnisse bei der Rebe. Sie ist 
eine ausdauernde, langlebige Pflanze, die es auch in der Kultur auf 
ein Alter von mehreren Jahrzehnten bringt. Selbst wenn sie aus 
einem Sämling gezogen wird, muß sie nach kurzer Zeit ein ganz 
anderes Wurzelsystem erhalten wie eine einjährige Pflanze. Im 
ersten Jahre würde in diesem Falle der Unterschied nicht so stark 
hervortreten, obwohl sich auch die Wurzeln der Sämlingsreben in 
zweckmäßiger Ausgestaltung für ihre Leistungen in den späteren 
Jahren vermutlich anders orientieren als die Wurzeln der annuellen 
Nutzpflanzen. Ganz sicher wird aber einige Jahre nach der Pflanzung 
eine aus Samen hervorgegangene Rebe ein Wurzelsystem besitzen, 
das in seiner Ausdehnung und Lage mit einem Wurzelsystem einer 
gewöhnlichen einjährigen Feldpflanze kaum noch zu vergleichen ist. 
Mit zunehmendem Alter der Rebe muß dieser Gegensatz immer 
größer werden, das fortschreitende Wachstum der Rebe bedingt eine 
stetige Vermehrung der Wurzeln. Diese geht einher mit einer 
jährlich steigenden Dickenzunahme der vorhandenen Wurzeläste 
und vermehrten Anlage von Wurzelzweigen, die sieb wahrscheinlich 
vorzugsweise an den äußersten Spitzen der älteren Wurzeln ein¬ 
stellen werden, weil die älteren, stark verdickten und stark ver¬ 
korkten Wurzelzonen die Fähigkeit zur Neubildung von Seiten¬ 
wurzeln verlieren dürften. Da vermutlich an den älteren Wurzelteilen 
gleichzeitig die vorhandenen schwächeren Wurzelzweige nach und 
nach abgestoßen werden, so muß auch an einem sich aus Samen 
natürlich entwickelnden Rebstock das Wurzelsystera schließlich eine 
Form erlangen, wie sie an keiner einjährigen Nutzpflanze aufzufinden 
ist. Die Saugwurzeln werden aller Wahrscheinlichkeit nach weit 
vom eigentlichen Standort des Stockes fortgerückt und, was sehr wesent¬ 
lich ist. in Bodenschichten von wechselnder, zum Teil sehr großer 
Tiefe versenkt sein. Bei den Kulturreben wird sogar schon im ersten 
Jahre die Bewurzelung von derjenigen der Annuellen abweichen. Die 
an der Setzrebe sich bildenden Wurzeln bringt schon die Stellung 
der Rebe zum größeren Teil in tiefere Bodenschichten. Später nach 
dem Einsetzen der Rebe in den Weinberg liegen ihre eigentlichen 
Hauptwurzeln, nämlich der Komplex der Fußwurzeln, ganz in den 
unteren Bodenlagen und nur von da aus können sie sich seitlich und 
nach der Tiefe zu weiter entwickeln. Die Bewurzelung in den 
oberen Bodenschichten verhindert die Erziehungsart meist völlig, 
indem sie für die Beseitigung der Tauwurzeln sorgt. Die von diesem 
Eingriff nicht direkt betroffenen Wurzeln werden in ihrer organischen 
Entwicklung durch eine andere Methode der Rebkultur, durch den 
jährlichen Schnitt der Triebe, gehemmt und die Folge muß sein, 
daß der gesunde normale Ausbau des Wurzelsystems künstlich ver¬ 
ändert wird. Es kommt noch hinzu, daß die vorhandenen Wurzeln 
der kultivierten Reben vermutlich in den tiefen, der Bearbeitung 
unzugänglichen Bodenschichten oft nicht die physikalischen Be¬ 
dingungen finden dürften, die für den günstigen Verlauf des Wachs- 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen physiologischen Versuchsstation. 1 j [ 

tums und des Ernährungsprozesses notwendig sind. Da im übrigen 
die Wurzelentwicklung durch dieselben wirkenden Ursachen be¬ 
stimmt wird, die sich auch bei den natürlichen (wilden) Reben 
geltend machen, so müssen die kultivierten Reben einen Wurzel¬ 
apparat von ganz besonderer Eigenart erlangen. 

Diese Überlegungen zeigen allein schon, daß man bei der An¬ 
wendung der sogenannten Kunstdünger im Weinbau mit ganz an¬ 
deren Bedingungen zu rechnen hat wie im gewöhnlichen Feldbau. 
Im Weinberg ist die obere Bodenschicht, in welche die künstlichen 
Dünger gewöhnlich eingebracht werden, an Saugwurzeln mindestens 
sehr arm; die letzteren liegen sehr weit vom eigentlichen Stock ab 
und vermutlich daneben meist so tief, daß ihre Versorgung mit 
Mineraldüngern sehr erschwert und die rationelle Verwertung der 
letzteren bei der üblichen Düngungsmethode so gut wie ausgeschlossen 
ist. Dazu kommt, daß der durch die Kulturmethode bewirkte eigen¬ 
artige Wuchs der Wurzeln und die Periodizität der Saugwurzel¬ 
bildung vielleicht ebenfalls eine besondere Handhabung der Düngung 
verlangen. Unberücksichtigt dürfen auch andere artliche und 
individuelle Eigenschaften der Rebe nicht bleiben, vor allem nicht 
die spezifische innere Organisation ihrer Saug wurzeln. 

Man ersieht aus solchen Erwägungen jedenfalls, wo ein Teil 
der Ursachen für das öfter beobachtete Ausbleiben einer be¬ 
friedigenden Wirkung der Kunstdünger zu suchen ist Gleichzeitig 
erkennt man, wie wichtig es für die Lösung der Düngerfrage sein 
muß, die angedeuteten Erscheinungen des Wurzellebens wissen¬ 
schaftlich festzulegen. Vom Berichterstatter sind daher im Hinblick 
auf diese Verhältnisse im verflossenen Jahre Untersuchungen auf 
dem in Rede stehenden Gebiete eingeleitet worden, die einerseits 
die Erforschung der äußeren Ausgestaltung des Wurzelsystems, 
andrerseits die genaue Klarstellung der feineren inneren Organi¬ 
sation der Rebenwurzeln zum Ziele haben. 

Soweit der erste Teil dieser Untersuchungen in Frage kommt, 
wurden eine Reihe von Beobachtungen über die Art des Wurzel¬ 
wachstums und die Entwicklung der Wurzeln an den Setzreben, 
sowie über die Ausbreitung und Ausdehnung der Wurzeln im Wein¬ 
berg unter verschiedenen Bodenverhältnissen angestellt. Besonders 
wurde geachtet auf die Art der Saugwurzelproduktion und mit der 
Feststellung von Daten für eine zeitliche Bestimmung der Perio¬ 
dizität dieser Erscheinung begonnen. Außerdem wurde auch Wert 
gelegt auf die Untersuchung der örtlichen Verteilung der Saug¬ 
wurzeln in verschiedenen Wejnbergslagen, wobei u. a. wiederholt 
interessante Anordnungen dieser Wurzeln beobachtet wurden. Über 
die Resultate der betreffenden Arbeiten kann erst in den nächsten 
Jahren berichtet werden, da zur Zeit die Untersuchungen noch im 
Anfangsstadium stehen. 


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112 


IV’. Die Versuchsstationen. 


3. Untersuchungen Aber die inatomie der Rebenwurzel. 

Neben den Beobachtungen über die Wachstumserscheinungen 
der Rebenwurzeln wurden auch über die feinere Anatomie dieser 
Wurzeln Untersuchungen angestellt, die infolge der eingangs be¬ 
richteten Ergebnisse anderer Arbeiten des Berichterstatters besonders 
wünschenswert geworden waren, um so mehr als ältere Beobach¬ 
tungen über den Gegenstand nicht mehr als ausreichend für die 
Beurteilung der Rebenwurzeln angesehen werden konnten. 

Die Untersuchungen des Berichterstatters erstreckten sich zu¬ 
nächst auf die Anatomie der Saugwurzeln verschiedener Rebsorten. 
Es wurden Wurzeln von Riesling, Elbling, Sylvaner, Trammer und 
Gros-Colman genauer studiert und dabei namentlich die Primär¬ 
stadien der an der Setzrebe direkt entstehenden stärkeren Wurzeln 
mit den später von den älteren Wurzelästen erzeugten dünneren 
Saugwurzeln verglichen. Der Bautypus der Saugwurzeln ist im 
allgemeinen bei allen untersuchten Sorten gleich. Die Saugwurzeln 
der Rieslingrebe, wie sie sich an älteren Stöcken in tieferen Boden¬ 
schichten bilden, sind durch nachfolgende Struktur charakterisiert. 

Die äußerste Zellschicht, die Wurzelhaut, ist ein normales 
Epiblem, das aus etwas langgestreckten Zellen gebildet wird, deren 
äußerst dünne Wände nicht verkorkt sind. An das der Nährstoff¬ 
absorption dienende Epiblem schließt sich lückenlos eine einheitliche, 
einschichtige Interkutis an. Dieselbe findet sich anscheinend bei 
den Saugwurzeln aller Rebsorten und zwar sowohl bei einheimischen, 
wie auch bei Amerikaner-Reben. Die Zellwände der Interkutis- 
zellen sind in den jüngeren Wurzelstadien fast alle unverkorkt. 
Mit zunehmendem Alter der Wurzelstrecken erhalten dagegen an¬ 
fangs einige, nach und nach aber alle Zellen der zugehörigen Inter¬ 
kutis verkorkte Membranen, so daß an älteren Saugwurzeln die 
Interkutis die lebende Rinde nach außen hin völlig abschließt. In 
älteren Wurzelstadien kommt es zuweilen auch vor, daß hier und 
da einige Zellen der unmittelbar der Interkutis anliegenden Rinden¬ 
schicht verkorken und dadurch den Abschluß der Rinde verstärken. 
Die letztere ist charakterisiert durch mehrere Schichten dünn¬ 
wandiger normaler Parenchymzellen und die bekannten großen 
Raphidenzellen. Die innen die Rinde gegen das Leitbündel ab¬ 
schließende Endodermis ist eine dünnwandige Scheide vom Endo¬ 
dermentypus 3. (Siehe dies. Ber. S. 80.) Sie ist in den jüngsten 
Stadien der Wurzel ganz unverkorkt. Mit zunehmendem Alter ver¬ 
korkt sie zunächst teilweise und schließlich völlig, so daß in den 
ältesten Partien der Saugwurzeln die Rinde beiderseitig durch ver¬ 
korkte Scheiden begrenzt ist. Das von der Endodermis umschlossene 
Leitbündel ist bei den dünnsten Wurzeln zweistrahlig. Besondere 
Beachtung verdienen die drei hier kurz besprochenen Rindenscheiden, 
weil ihre Beschaffenheit für die Leistungsfähigkeit der einzelnen 
Wurzeln und vermutlich auch für die Lebensbedürfnisse der letzteren 
charakteristisch ist. Über den feineren Bau dieser Scheiden, sowie 
über die Funktionsdauer des Epiblems und den Verlauf der Ver- 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. H3 


korkung in den beiden Innenscheiden wurden deswegen genauere 
Beobachtungen angestellt, über die anderweitig ausführlich berichtet 
werden soll. Die Untersuchungen werden fortgesetzt und zwar soll 
besonders der Einfluß äußerer Verhältnisse auf den Verlauf der 
Verkorkung der beiden Rindenscheiden weiter verfolgt werden. 

4. Die Atmungstätigkeit reifer Trauben. 

Auf Anregung von Herrn Professor Wortmann wurden vom 
Berichterstatter neue Versuche angestellt über das Verhalten der 
Trauben nach dem Absterben des Laubes. Die dabei in Frage 
kommenden Erscheinungen sind in praktischer Hinsicht deswegen 
bedeutungsvoll, weil von ihrem Verlauf die Bestimmung des richtigen 
Zeitpunktes der Lese abhängt. Neben anderen Prozessen sind es 
namentlich die Atmungsvorgänge der reifen Trauben, die in dieser 
Beziehung Beachtung verdienen. Sie vermindern den Zuckergehalt 
der Beeren und die Annahme ist nicht von vornherein abzuweisen, 
daß sie dadurch unter Umständen, wenn andere, die Nachreife be¬ 
stimmende Verhältnisse ungünstig liegen und die Lese sehr spät 
erfolgt, den Ertrag der Weinberge relativ stark im Werte herab¬ 
setzen. daß sie also mit anderen Worten den etwaigen Vorteil einer 
Spätlese wieder aufheben, ja ihn eventuell sogar in das Gegenteil 
umkehren können. Die Atmung ist allerdings während der ganzen 
Entwicklung der Truuben im Gange — in den ersten Stadien sogar in 
besonderer Stärke —, jedoch wird bei den unreifen Trauben nach den 
Beobachtungen Müllers-Thurgau bekanntlich der durch die Atmung 
bewirkte Verlust immer wieder ausgeglichen und weit übertroffen durch 
die starke Zuckerzuleitung zu den Trauben von seiten der Blätter. 
Im Spätherbste nach dem Absterben des Laubes erlischt jedoch diese 
Leitung und die Trauben können höchstens noch während einer 
sehr kurzen Zeit durch Entleerung der Trauben- und Beerenstiele 
und eventuell der benachbarten jüngsten Triebe ihren Zuckervorrat 
etwas anreichern. Auch die Neubildung von Zucker durch die 
Traube selbst wird mit fortschreitender Reifung fast völlig auf¬ 
gehoben, so daß also schließlich der zuckerverbrauchenden Atmung 
kein anderer Prozeß mehr entgegenwirkt. Die Entscheidung darüber, 
ob dieses Verhalten nun in der Tat nachteilig für den Ertrag werden 
kann, hängt wesentlich von der Feststellung der Intensität der in 
den reifen Trauben vor sich gehenden Atmungsprozesse ab. Die 
Beobachtungen des Berichterstatters erfolgten daher zunächst in 
dieser eben angedeuteten Richtung. Es wurden im letzten Herbst 
eine größere Reihe von Atmungsversuchen mit Riesling- und Syl- 
vanertrauben verschiedenen Alters angestellt, indem nach bekannten 
Methoden die Menge der von einer Traube abgegebenen Kohlen¬ 
säure bestimmt wurde. Im allgemeinen ergaben die betreffenden 
Versuche ähnliche Resultate, wie sie Müller-Thurgau früher bei 
einzelnen Untersuchungen gefunden hatte. Es zeigte sich wieder, 
daß die Atmungstätigkeit bei reifen Trauben weniger intensiv ist 
als bei jungen, in der ersten Entwicklung stehenden Trauben. 

Ooisenhcttnor Bericht 1903. N 


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114 


IV. Die Versuchsstationen. 


Immerhin ist die Atmung noch rege genug, um einen gar nicht un¬ 
wesentlichen Zuckerverbranch zu veranlassen. Ein Versuch, der 
am 15. Oktober mit Riesiingtrauben angestellt wurde, ergab z. B., 
daß 1 kg dieser ziemlich reifen Trauben in kohlensäurefreier Luft 
bei einer Temperatur von 15—18° C. während 24 Stunden 1,1 g 
Zucker veratmete. Wenn man annimmt, daß die Atmung in gleicher 
Stärke einige Tage weiter besteht, so kann man den Zuckerverlust, 
den 100 kg dieser Trauben im Laufe von 10 Tagen erleiden, auf 
annähernd 1,1 kg schätzen. Da nach einem genau durchgeführten 
Versuch 100 kg der betreffenden Trauben 73 kg Most lieferten, so 
würde sich die Zuckermeuge, die im Laufe von 10 Tagen auf ein 
Halbstück Most verloren geht, annähernd auf 9—10 kg berechnen. 
Innerhalb von 20 Tagen würde unter den angegebenen Verhältnissen 
der Zuckerverlust für ein Halbstück schon etwa 18—20 kg be¬ 
tragen. Die später, Ende Oktober und Anfang November angestellten 
Versuche hatten allerdings nur zum Teil annähernd dasselbe Resultat. 
In einzelnen Fällen zeigte sich, daß die Atmung bei weiter fort¬ 
geschrittener Reifung noch etwas schwächer geworden war. Die 
Versuche werden im nächsten Jahre fortgesetzt und in mehrfacher 
Hinsicht erweitert werden. Ausführlicher wird über die bisherigen 
Ergebnisse später zu berichten sein. 

5. Untersuchungen Aber die Bakterien der Obst- und 
Gemüse-Konserven. 

Die Verwertung unserer Obst- und Gemüsesorten durch Her¬ 
stellung von Konserven wird nicht selten durch den mehr oder 
minder hohen Prozentsatz der dabei nachträglich sich einstellenden 
Zersetzungen, insbesondere durch das Auftreten der sogenannten 
Bombagen, benachteiligt. Man weiß, daß dieser sich leicht zeigende 
Übelstand meist durch Bakteriengärungen hervorgerufen wird, ist 
auch durch einige Untersuchungen über die Art der dabei wirk¬ 
samen Bakterien unterrichtet, ohne jedoch Zahl, Mannigfaltigkeit und 
Lebenserscheinungen dieser Erreger so genau zu kennen, wie es im 
Interesse der Praxis wünschenswert wäre. Weitere Beobachtungen 
auf diesem für die wissenschaftliche Bearbeitung allerdings schwierigen 
Gebiete könnten wertvolle Aufschlüsse geben über die Art des im 
einzelnen Falle einzuhaltenden Herstellungsverfahrens: sie hätten zu 
zeigen, in welcher Weise dem nachträglichen Zustandekommen von 
Zersetzungen entgegenzuarbeiten ist, und müßten die nötigen Er¬ 
fahrungen aufbringen, mit deren Hilfe an die Ausarbeitung eines 
wirklich nützlichen KontrollverfahreDs für die Konserven gedacht 
werden könnte. Wenn schon im Hinblicke auf diese Verhältnisse 
die Inangriffnahme von Untersuchungen über die Bakteriengärungen 
vegetabilischer Konserven wünschenswert war, so wurde sie es noch 
vielmehr in Anbetracht der im laufenden Jahre erfolgenden erheb¬ 
lichen Vergrößerung der Obstverwertungsstation und der hierbei zu 
erwartenden Anhäufung von geeignetem Untersuchungsmaterial. 
Seit dem verflossenen Jahre gehören infolgedessen zum Arbeitsplan 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen physiologischen Versuchsstation. H5 

der Station ständige Beobachtungen über die im Betriebe der Obst¬ 
verwertungsstation sich zeigenden Bakterienzersetzungen von Kon¬ 
serven. Das in dieser Beziehung der Versuchsstation überwiesene 
Material wird sofort nach der Einlieferung auf die Art der in ihm 
enthaltenen Bakterien untersucht und die Herstellung einer Rein¬ 
kultur der letzteren in die Wege geleitet. Unter geeigneten Vor¬ 
kehrungen bleiben die in Zersetzung begriffenen Konserven dann 
noch eine Zeitlang sich selbst überlassen, worauf nochmals in 
gleicher Weise verfahren wird. Die auf diesem Wege gewonnenen 
Reinkulturen bieten das Ausgangsmaterial für die weiteren Be¬ 
obachtungen, bei denen zunächst auf die morphologischen Eigen¬ 
schaften der Vorgefundenen, in Nährmedien von möglichst konstanter 
Zusammensetzung kultivierten Bakterien geachtet und die Fest¬ 
stellung der Spezies versucht wird. Vorgesehen ist im weiteren 
die Untersuchung des Entwicklungsganges, insbesondere die eventuelle 
Sporenbildung und der für sie nötigen Nebenumstände, ferner auch 
die Untersuchung der Widerstandsfähigkeit der einzelnen Lebens¬ 
formen der isolierten Bakterien. Bisher sind Beobachtungen über 
die Erreger der Zersetzung der Konserven von Spargel und grünen 
Erbsen weiter gediehen. Durch Bakterienwirkung verdorbene Spargel¬ 
konserven wurden namentlich im letzten Jahre in der hiesigen 
Obstverwertungsstation und im Hausbetrieb häufiger beobachtet. 
Die betreffenden Konserven zeigten einen unangenehmen, durch¬ 
dringenden Geruch und auffallend mürbe Konsistenz der Spargel¬ 
stücke, die durch eine teilweise erfolgte, mit Hilfe des Mikroskops 
erkennbare Isolierung des zarten Gewebes in seine Einzelzellen 
.hervorgerufen war. Die Konservierungsflüssigkeit solcher Konserven 
war stark getrübt durch reiche Entwicklung von auch den Spargeln 
selbst anhaftenden Bakterien. Unter diesen fanden sich 3 an¬ 
scheinend untereinander verschiedene Spezies, sämtlich mit Geißeln 
versehene, schwärmende Stäbchen, die zur Sporenbildung befähigt sind. 

Die eingelieferten in Zersetzung übergegangenen Blechkonserven 
von grünen Erbsen waren sogenannte Bombagen, die durch eine 
mit lebhafter Gasentwicklung verbundene Bakteriengärung hervor¬ 
gerufen waren. Der Umstand, daß die betreffenden durch Lötung 
geschlossenen Konservenbüchsen gasdicht waren, was sich durch die 
bei der Einlieferung noch zunehmende Auftreibung der Büchsen 
durch das von innen wirkende Gas bemerkbar machte, legte die 
Vermutung nahe, daß die Bombagen in diesem Falle verursacht 
seien durch anaerobe Spezies. Die Untersuchungen wurden auch 
unter dieser Voraussetzung aufgenommen; sie sind jedoch noch 
nicht soweit fortgeschritten, daß über sie eingehend berichtet 
werden kann. Bei den weiteren Arbeiten wird auf das Vorkommen 
von anaeroben Formen unter den Konservenbakterien besonders 
geachtet werden, denn es ist sehr wahrscheinlich, daß gerade diese 
Arten, die zum Teil sehr widerstandsfähige Sporen besitzen, und die 
in den luftdicht geschlossenen Konservenbüchsen relativ gute Lebens¬ 
bedingungen finden, die meisten Bombagen verursachen. Besonders 
verdienen sie heute eine eingehende Untersuchung, weil nach den 

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116 


IV. Die Versuchsstationen. 


vorliegenden Angaben auch der Darmstädter Vergiftungsfall durch 
anaerobe Bakterien verursacht ist. Über Einzelheiten der be¬ 
sprochenen noch weiter fortzusetzenden Arbeiten wird später be¬ 
richtet werden. 

6. Über die Entstehung von Sehalenpunkten and Rostflecken 

beim Kernobst. 

Über diese für die Obstsortenkunde und in vielfacher anderer 
Hinsicht interessanten Erscheinungen des Kernobstes wurden vom 
Berichterstatter Untersuchungen angestellt, welche Veranlassung 
gaben zu weiteren ira Gange befindlichen Beobachtungen über die 
Anatomie der in Frage kommenden Fruchtepidermen und deren 
Verhalten in verschiedenen Reifestadien. Aus den bisherigen 
Untersuchungen ging hervor, daß die sogenannten Schalenpunkte, 
matte weißlich glänzende Flecken und Streifen auf der Oberhaut 
mancher Kernobstsorten, verursacht werden durch lufterfüllte Inter¬ 
cellularen, die zwischen der Fruchtepidermis und der nächst an¬ 
grenzenden hypodermalen Zellschicht liegen und eine kleinere oder 
größere Zahl von Oberhautzellen völlig von der Verbindung mit 
dem tiefer liegenden Gewebe abschneiden. Das Zustandekommen 
des weißlichen Aussehens derartiger Stellen erklärt sich durch be¬ 
kannte physikalische Gesetzmäßigkeiten. Verursacht werden die in 
Rede stehenden Intercellularen aller Wahrscheinlichkeit nach durch 
die mit dem fortschreitenden Wachstum der Früchte unvermeidlich 
eintretende starke Dehnung und Zerrung ihrer oberflächlichen Zell¬ 
schichten. Das Auftreten der Rostpunkte scheint wenigstens in 
einzelnen Fällen mit der Bildung der Schalenpunkte in nahem Zu¬ 
sammenhänge zu stehen. Es konnte nämlich wiederholt beobachtet 
werden, daß in der Mitte einzelner Schalenpunkte schon äußerlich 
erkennbare braune Pünktchen liegen, die sich bei mikroskopischer 
Untersuchung als der Anfang einer Rostbildung anzeigten. Die 
letztere besteht aus einer lokal eng begrenzten Korkbildung, die 
ihren Ausgangspunkt von den unterhalb der Intercellularen liegenden 
Parenchymzeilen nimmt und sich anscheinend nach und nach in 
der Ausdehnung des Intercellularraumes seitlich ausbreitet. Das 
Auftreten von Korkbildungen an diesen Stellen ist höchstwahrschein¬ 
lich nur eine Folge mangelhafter Schutzwirkung der hier von dem 
übrigen Gewebe abgetrenhten Epidermis. Die Zufuhr von Wasser 
und Nährstoffen aus den tiefer liegenden Geweben zu den in Frage 
kommenden Epidermispartien wird nach der Isolierung der letzteren 
so gut wie aufgehoben; damit aber werden die Epidermiszellen 
schwer geschädigt, denn, wie ihr Bau zeigt, sind sie vorzugsweise 
auf die Ernährung durch die tiefer gelegenen Gewebe angewiesen. 
Ihre Innenwand ist relativ zart, dagegen sind die Seiten wände ab¬ 
norm verdickt, so daß ein seitliches Zufließen von Nährstoffen und 
Wasser aus den überdies abnorm englumigen Nachbarzellen in 
nennenswertem Maße kaum erfolgen dürfte. Die durch Intercellular¬ 
bildung isolierten Zellkomplexe sind daher der Gefahr ausgesetzt, 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen physiologischen Versuchsstation. ] 17 

ganz 'abzusterben. Jedenfalls dürfte ihr Protoplast stark benach¬ 
teiligt und die Leistungsfähigkeit der ganzen Zelle als Schutzorgan 
herabgesetzt werden. Die Stelle eines Schalenpunktes dürfte unter 
diesem Umstande auf die angrenzenden, lebenden Zellen des Frucht¬ 
fleisches fast wie eine direkte Verwundung der Epidermis wirken, 
und der Rostpunkt wäre in physiologischer Hinsicht als eine Art 
Wundkork anzusehen. 

In den weiteren Untersuchungen über diesen Gegenstand wird 
auch auf die Möglichkeit anderer Entstehungsarten der Rostflecken 
geachtet werden. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Korkbildung 
auch durch direkte Zerreißung der tangential gedehnten Epidermis 
vielleicht an Stellen von besonderem morphologischem Baue ver¬ 
anlaßt wird. 


B. Sonstige Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 

1. Kurse in der Versuchsstation. 

Um Personen, welche bereits mit der nötigen Vorbildung ver¬ 
sehen sind, Gelegenheit zu geben, sich über in das Gebiet des 
Wein-, Obst- und Gartenbaues einschlagende wissenschaftliche Fragen 
zu informieren, bezw. weiter auszubilden, oder aber selbständige 
wissenschaftliche Untersuchungen auszuführen, sind in der Ver¬ 
suchsstation sogenannte Laborantenkurse eingerichtet. Im Laufe des 
verflossenen Etatsjahres arbeiteten als Laboranten die Herren: 
R. H. Hengstenberg aus Eßlingen a. Neckar, K. Protzen aus 
Wusterhausen a. d. Dosse, J. Räder aus Hönningen a. d. Ahr, 
W. Pechstein aus Hannover. 

2. Vorträge. 

Der Berichterstatter hielt folgenden Vortrag: 

„Das Wurzelleben der Rebe.‘‘ Auf dem 21. deutschen Wein¬ 
baukongreß in Mainz. August 1903. 


3. Neuanschaffungen. 

Von wertvolleren Neuanschaffungen sind zu nennen: 1 großes 
Arbeitsmikroskop von Seibert-Wetzlar, Stativ 4 mit homog. Immer¬ 
sion y i2 ; 1 homog. Immersion, Fluoritsystem, 1,8 mm von Winkel- 
Göttingen; 1 homog. Immersion 1,9 mm von Winkel-Göttingen; 
3 Kompensations - Okulare; 1 Zeichenapparat neuer Konstruktion 
nach Abbe von Seibert-Wetzlar; 1 Wärmtisch nach Arthur 
Meyer. 

Die Handbibliothek wurde durch nachstehende Werke ver¬ 
mehrt: 

Detmer, Pflanzenphysiologisches Praktikum. 

Möb ius, Botanisch-mikroskopisches Praktikum. 

Schmeil, Lehrbuch der Botanik. 


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118 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Hueppe, Methoden der Bakterienforschung. 

Strasburger, Botanisches Praktikum IV. Aufi. 

Nietzki, Chemie der organischen Farbstoffe. 

Jörgensen, Die Mikroorganismen der Gärungsindustrie. 

Freidenfeldt, Studien über die Wurzeln krautiger Pflanzen. 

Arthur Meyer, Bakteriologisches Praktikum. 

Fischer, Vorlesungen Uber Bakterien EI. Aufi. 

Kirchner, Loew, Schröter, Lebensgeschichte der Blüten¬ 
pflanzen Mitteleuropas. 

Wissenschaftliche Jahrbücher für Botanik. 

Flora. 

Adolf Meyer, Lehrbuch der Agrikulturchemie V. Aufi. 

L. Jost, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie. 

4. Wissenschaftliche Publikationen. 

Der Berichterstatter veröffentlichte im Laufe des Etatsjahres: 

K. Kroemer, Wurzelhaut, Hypodermis und Endodermis der 
Angiospermenwurzel. Bibliotheca botanica. Stuttgart, Nägele, 1903. 
Heft 59. 

K. Kroemer, Das Wurzelleben der Rebe. Weinbau und 
Weinhandel 1904. No. 9. 

K. Kroemer, Blüte und Frucht der Rebe. Mitteilungen über 
Weinbau und Kellerwirtschaft 1904, No. 2. 

Der Assistent der Station veröffentlichte: 

R. Schulz, Monographie der Gattung Phyteuma. Geisen¬ 
heim a. Rh. 1904. 


5. Personalvcränderungen. 

Nach Ernennung des früheren Dirigenten, des Herrn Professors 
Dr. J. Wortmann, zum Direktor der Anstalt, wurde die Leitung 
der Station am 1. April dem Berichterstatter übertragen. Am 1. Juni 
trat Dr. R. Schulz, bisher Assistent am chemisch-pharmaz. Institut 
Breslau, als Assistent in die Station ein. 


Bericht 

über die Tätigkeit der Hefereinznchtstation. 

Erstattet von Dr. R. Schänder, Assistent der Station. 

Die Hefereinzuchtstation war seit dem Jahre 1896 mit der 
pflanzenphysiologischen Station vereinigt. Die Übernahme des Direkto¬ 
rates der Lehranstalt durch den bisherigen Dirigenten beider Stationen 
machte es notwendig, diese voneinander zu trennen und die Hefe- 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 


119 


reinzuchtstation selbständig zu stellen. Sie wurde in den Räumen 
des 1. Stockwerkes der pflanzenphysiologischen Station, welche von 
dem Eingänge zum Hörsaal aus zugänglich sind, untergebracht. 

Gleichzeitig fand ein Wechsel des Personals statt. Die Leitung 
der Station blieb dieselbe. An Stelle des am 1. April 1903 aus¬ 
geschiedenen Assistenten Freiherm v. Ritter, versah der jetzige 
Dirigent der pflanzenphysiologischen Station Dr. Kroemer bis zum 
1. August den Dienst eines solchen. Am 1. August trat der Be¬ 
richterstatter als Assistent in die Station ein. Der bisherige 
Korrespondent trat in den Dienst der pflanzenphysiologischen Station 
über. Seit dem 1. August ist Fräulein Padberg als Korrespondentin 
angestellt. 


A. Tätigkeit der Station im Verkehr mit der Praxis. 

1. Geschäftsverkehr. 

Die Zahl der eingegangenen und erledigten brieflichen Anfragen 
betrug im verflossenen Etatsjahre 2012 gegenüber 1919 im Vorjahre. 
Hiervon hatten Bezug auf Umgärung fehlerhafter Weine 604, Ver¬ 
gärung von Traubenmosten 528, von Obst und Beerenmosten 542, 
auf Herstellung von Schaumweinen 106, während der Rest ver¬ 
schiedene nicht gärungsphysiologische Dinge betraf. 

Die Zahl der Ausgänge betrug 2523 gegenüber 2327 im Vor¬ 
jahre. 


2. Vergärung von Obst- und Traubenmosten. 

Die Zahl derjenigen, welche schon die Vergärung des Mostes 
durch Reinhefe bewirken, wird von Jahr zu Jahr eine größere. Die 
Vorteile dieses Verfahrens, welche in einer glatten Durchgärung, 
schnellerem Fertigwerden des Weines und in der Erzielung eines 
reintönigen Produktes bestehen, sind eben so auffallende, daß jeder 
Winzer, welcher einmal versuchsweise Reinhefe in der richtigen 
Weise verwendete, es jedes Jahr wieder tut. Dabei ist das von der 
Station empfohlene Verfahren weder mit größeren Ausgaben noch 
vermehrter Arbeit verbunden. Ein Fläschchen Reinhefe zum Preise 
von 5 M. genügt, wenn dieselbe in der vorgeschriebenen Weise 
weitergezüchtet wird, um die größte Crescenz zur Vergärung zu 
bringen. Die Abgabe von Reinhefe zum Zwecke der Mostvergärung 
war deshalb auch im vergangenen Herbste eine bedeutend größere 
wie im Vorjahre. 

Auch zur Vergärung von Beerenmosten war die Nachfrage 
nach Reinhefe eine große. Da die Beerenweine vielfach in Gegen¬ 
den hergestellt werden, welche weitab vom eigentlichen Weingebiet 
liegen, und in denen die echte Weinhefe infolgedessen in geringerer 
Menge vorkommt, sind bei ihnen die Erfolge, welche man bei An¬ 
wendung der Reinhefe erzielt, besonders auffallende. Gern wird sie 
zur Herstellung von Heidel- und Preißelbeerwein verwendet (Schweden 


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120 


IV. Die Versuchsstationen. 


und Norwegen), da sie hier besonders durch Beschleunigung der 
Gärung die Möglichkeit einer Erkrankung sehr verringert. 

Zur Herstellung von Apfel- und Birnenweinen wurden im ver¬ 
gangenen Jahre verhältnismäßig wenig Hefen abgegeben, was offen¬ 
bar in der geringen Ernte dieser Früchte begründet lag. 

3. UmgSrung von Weinen, Schaum weinbereitung nnd Durch- 
gärung von Weinen mittels Beinhefe. 

Die Verwendung von Reinhefe zum Zwecke der Umgärung 
war im vergangenen Sommer eine verhältnismäßig geringe. Dies 
hatte wohl seinen Grund darin, daß die 1902 er Weine gut und 
schnell vergoren hatten, sich als Jungweine schnell klärten und gut 
ausbauten. Die Beschaffenheit der Trauben im Herbst 1903 ließ 
aber schon vermuten, daß sich die 1903 er Weine anders verhalten 
würden. Diese zeigten denn auch teilweise eine verzögerte lang¬ 
same Gör und hatten sich bis zum 1. Abstich wenig entwickelt. 
Die Folge davon war, daß die Nachfrage nach Umgärungshefen in 
den Monaten Januar, Februar eine recht bedeutende wurde. Nach 
unseren Erfahrungen wird aber von dieser sehr bewährten Methode 
von der Praxis noch viel zu wenig Gebrauch gemacht Wenn 
Weine, welche eine verzögerte Durchgärung zeigen oder beim 
1. Abstich in ihrer Entwicklung noch sehr zurück sind, sofort einer 
Umgärung unterzogen bezw. mit Reinhefe versetzt würden, so wür¬ 
den derartige Weine nicht nur viel schneller fertig werden, sondern 
auch gesünder bleiben und weniger leicht zu Krankheiten neigen 
als diejenigen, bei welchen durch die jetzt üblichen Kellermethoden 
versucht wird, diesen bei der Gärung sich zeigenden Fehler mit 
Gewalt zu beseitigen. 

Das geringe, teilweise sehr faulige Traubenmaterial, welches der 
letzte Herbst lieferte, veranlaßte viele Weingutsbesitzer, das von der 
Station empfohlene Verfahren, die Moste, welche einer Verbesserung 
bedürfen, zunächst ohne jeden Zusatz mit Reinhefe vergären zu lassen, 
nach beendeter Gärung abzustechen, auf Gehalt an Alkohol und Säure 
zu untersuchen, dementsprechend zu verbessern und nun nochmals, 
wiederum mit Reinhefe, zur Vergärung zu bringen, anzuwenden. Wo 
diese Methode in der richtigen Weise durchgeführt wurde, war sie 
von recht gutem Erfolge begleitet. Die Weine zeigten sich im 
März weiter entwickelt und probten sich reintöniger als diejenigen, 
welche gleich gezuckert und ohne Reinhefe vergoren waren. Einige 
Mißerfolge, welche dieses Verfahren vielleicht in Mißkredit bringen 
könnten, veranlassen uns, auf einige Fehler hinzuweisen, die bei der 
Umgärung solcher Weine selbst in größeren Kellereien gemacht 
wurden. 

Geringere Weine, welche ohne jeden Zusatz vergoren werden, 
besitzen natürlich einen oft sehr geringen Gehalt an Alkohol. Sie 
sind also Infektionskrankheiten, wie Kahmigwerden und Essigstich 
leicht ausgesetzt. Noch mehr wird dies der Fall sein, wenn, wie 
es vorgekommen ist, solche Moste mit Wasser versetzt werden, da da- 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstatioo. 


121 


durch nicht nur der Alkoholgehalt noch mehr verringert, sondern 
auch der Gehalt an Säure herabgesetzt wird. Deshalb darf ein Zu¬ 
satz von Wasser erst dann erfolgen, wenn die Weine gezuckert und 
mit Reinhefe versetzt werden. Bis dahin bedürfen derartige Weine 
überhaupt der größten Sorgfalt. Sie müssen nach dem ersten Ab¬ 
stich, wie es eigentlich selbstverständlich ist, gut spundvoll gehalten 
werden und dürfen nicht zu warm stehen. Der Raum, in welchem 
sie gehalten werden, soll höchstens 10—12° C. zeigen. Ein Ein¬ 
schwefeln ist natürlich zu vermeiden, da dadurch die Umgärung 
behindert oder gar unmöglich gemacht wird. Die Zuckerung hat 
möglichst sofort nach dem Abstich, aber auch erst dann zu erfolgen, 
wenn die nötige Menge Reinhefe herangezüchtet worden ist Da 
dies bei größeren Quantitäten umzugärenden Weines 8—14 Tage 
erfordert, muß das Ansetzen der Reinhefe rechtzeitig, wenn 
notwendig, vor dem Abstich erfolgen. 

Bei der Herstellung des Hefeansatzes wurden von der Praxis 
aiich im vergangenem Jahre zwei schon in früheren Jahresberichten 
genannte Fehler gemacht. Entweder war der Ansatzwein beim Zu¬ 
setzen der Hefe nicht genügend abgekühlt oder zu wenig gekocht. 
Im ersteren Falle wurde die Reinhefe abgetötet, der Ansatz kam 
überhaupt nicht zur Gärung und wurde nach längerem Stehen im 
warmen Raume krank. Wird der Wein aber nicht genügend ge¬ 
kocht, — er soll 20—30 Minuten stark wallen, damit der Alkohol 
möglichst vertrieben wird, — so ist der Gehalt an letzterem ein 
so großer, daß es der Reinhefe nicht möglich ist, sich genügend zu 
entwickeln. 

öfter wurde auch Reinhefe zum Auffrischen alt und matt ge¬ 
wordener Weine verwendet. So weit uns bekannt ist, war ein 
solches Verfahren stets von den besten Erfolgen begleitet. 

Zur Schaumweinbereitung wurden die Heferassen Steinberg 
1892 und Champagne (Ay) viel verlangt, auch die Verwendung 
von Reinhefe zum Durchgären von stecken gebliebenen Weinen 
kam vielfach mit gutem Erfolge zur Anwendung. 

4. Untersuchung und Behandlung kranker Weine. 

Da sich die Station vornehmlich mit den Krankheiten des 
Weines beschäftigt, welche sich auf physiologische Ursachen zurück¬ 
führen lassen, waren es meistens durch Kahm, Essig oder Bakterien 
im Geschmack geschädigte oder trüb gewordene Weine, welche zur 
Untersuchung kamen. 

Von den Erkrankungen durch Bakterien fielen diejenigen auf, 
bei denen die Weine nicht blank werden wollten und dabei recht 
grobe Geschmacksfehler, vom geringen Hefegeschmack bis zu einem 
direkt fauligen den Wein vollkommen ungenießbar machenden Ge¬ 
ruch und Geschmack, im Gefolge hatten. Als Ursache stellte sicli 
meist heraus, daß diese Weine zu stark gezuckert und dann bei zu 
hohen Temperaturen der Vergärung ausgesetzt worden waren. Bei 
derartigen Weinen muß der Gärverlauf besonders sorgfältig beob- 


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122 


IV. Die Versuchsstationen. 


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achtet werden. Bei Temperaturen über L7° C. treten leicht die 
oben beschriebenen Krankheiten ein, während diese Weine bei Ver¬ 
gärung bei zu niederen Temperaturen leicht stecken bleiben und 
dann nur schwer hell zu bringen sind. In allen diesen Fällen 
wurde Umgären der Weine empfohlen, welches Verfahren auch meist 
vom besten Erfolge begleitet war. Besonders zahlreich war auch 
die Einsendung solcher Weine, welche durch nachträgliche Gärung 
oder durch Ausscheidungen getrübt worden waren. In früheren 
Berichten wurden derartige Trübungen näher beschrieben und dar¬ 
auf hingewiesen, daß ihre Natur mit Hilfe des Mikroskopes leicht 
festzustellen ist und daß sie je nach ihrer Art auf ganz verschiedene 
Weise beseitigt werden müssen. Im ersteren Falle, welcher beson¬ 
ders bei Süßweinen eintritt, läßt man die Weine ruhig fertig ver¬ 
gären oder befördert die Vergärung durch Zusatz von Reinhefe. 
Bei Trübungen, welche durch nachträgliche Ausscheidungen orga¬ 
nischer Natur aus dem Weine entstanden sind, hilft eine Behand¬ 
lung durch Filtration oder Schönung erst dann, wenn die Weine 
fertig sind, d. h. aufgehört haben, derartige Substanzen auszuscheiden. 
Auch in Schaumweinen treten beide Arten von Trübungen, wie 
mehrere Einsendungen im vergangenen Jahre zeigten, nicht selten 
auf. Bei Trübungen, welche durch Ausscheidungen hervorgerufen 
werden, empfiehlt es sich, die Weine solange auf der Flasche lagern 
zu lassen, bis Proben derselben, filtriert und hell gemacht, weder 
bei niederen noch bei höheren Temperaturen erneute Ausscheidungen 
zeigen und dann zu degorgieren. 

Trübungen durch sprossende Hefe entstehen nicht selten bei 
der Herstellung von Äpfel- oder Birnenschaumwein. Dieser wird 
durch Inprägnation von Kohlensäure hergestellt und enthält neben 
viel Zucker oft nur 5 — 6 g Alkohol. Da der verwendete Wein 
meist noch lebende Hefezellen enthält, tritt leicht eine erneute Gärung 
nach Zusatz des Likörs ein und ist diese nur durch größte Sorgfalt 
und Aufmerksamkeit zu vermeiden. Die verwendeten Weine müssen 
gut abgelagert sein und gut unter Schwefel gehalten werden. Die 
Mischung darf nicht lange stehen, sondern soll immer erst kurz 
vor dem Füllen der Flaschen hergestellt werden, da sie 
sonst in dem Apparate in Gärung gerät. Ist die geringste Entwick¬ 
lung der Hefe vorhanden, welche sich im Apparate nicht durch 
Trübung zu erkennen geben braucht, so arbeitet die Hefe in der 
Flasche weiter, hier in kürzerer oder längerer Zeit Trübungen her¬ 
vorrufend. Ist dagegen in der Mischung keine Gärung eingetreten, 
ehe sie auf die Flasche kommt, so wird eine solche auch auf der 
Flasche durch die Kohlensäure und den vorhandenen hohen Druck 
verhindert. 


5. Prüfung von Apparaten. 

Von der Kellereimaschinenfabrik von Franz Frenay in 
Mainz wurde der Station ein Korkendämpfapparat zur Beurteilung ein¬ 
geschickt. ln ihm werden die Korke durch heißen Wasserdampf 
erweicht. Der Apparat besteht aus einem auf Füßen stehenden 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuelitstation. 


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emailliertem Topfe, einem Einsatz aus Weidengeflecht und einem 
Spiritusbrenner. Zur Erprobung dieses Verfahrens wurde es mit 
dem an der Station bisher üblichen, bei welchem die Korken in 
heißem Wasser weich gemacht werden, verglichen. Zur Verwen¬ 
dung kamen möglichst gleich große Gefäße, gleiche Mengen Wasser 
(je V* Liter), gleiche Erwärmung und eine gleiche Anzahl Korken. 
Nachdem das Wasser kochte, wurden die Korke in dasselbe hinein¬ 
getan bezw. in dem Weidenkorbe in den Wasserdampf gesetzt. In 
dem Wasser hatten die Korke binnen 2 Minuten die zum Ver¬ 
stopfen geeignete Beschaffenheit, während im Dampfe 3—4 Minuten 
dazu notwendig waren. Die Probe zeigte, daß die Korken im 
Wasser sehr ungleichmäßig erweicht waren und mehr oder weniger 
Wasser enthielten. Sie erhielten sich in diesem Zustande, selbst 
wenn sie aus dem Wasser herausgenommen worden waren, längere Zeit. 

Die mit Dampf erweichten Korken zeigten sehr gleichartige 
Beschaffenheit und enthielten kein Wasser. Da nach früheren an 
der Station ausgeführten Untersuchungen angenommen werden muß, 
daß der Korkgeschmack durch Erweichung der Zellmembranen der 
Korkzellen und nachträgliche Auslaugung des Zellinnern durch den 
Wein hervorgerufen werden kann, muß diese Eigenschaft der ge¬ 
dämpften Korken als günstig bezeichnet werden. 

Dagegen zeigte das Verfahren den Nachteil, daß die Korken 
schnell hart wurden und sich nicht mehr verstopfen ließen, wenn 
die Dampfentwicklung aufhörte. Es ist deshalb notwendig, den 
Apparat während der ganzen Zeit des Stopfens der Flaschen in 
Tätigkeit zu erhalten, was seine Verwendung in der Praxis sehr er¬ 
schweren dürfte. 


B. Wissenschaftliche Tätigkeit. 

1. Untersuchungen Uber Saccharomyces apiculatus Rees. 

Jeder Traubenmost enthält neben den echten Saccharomyces- 
Arten auch mehr oder minder zahlreich Apikulatushefen. Ebenso 
sind diese in jedem Obstmoste enthalten; hier treten sie besonders 
in Gegenden, in welchen kein Weinbau betrieben wird, oft so zahl¬ 
reich auf, daß sie den Charakter des Gärproduktes bestimmen. Da 
sie wegen ihrer typischen Gestalt leicht ins Auge fallen, sind sie 
schon öfter Gegenstand eingehender Untersuchungen gewesen, bei 
denen sich herausstellte, daß sie sowohl den Gärverlauf als auch 
das Gärprodukt ungünstig beeinflussen. 

Die Station besitzt 24 Apikulatushefen in Reinzucht, welche 
einer vergleichenden Untersuchung unterworfen wurden, deren Ergeb¬ 
nisse im folgenden im Auszuge mitgeteilt werden. Die äußere Gestalt 
der Apikulatushefen ist eine sehr verschiedenartige; im allgemeinen 
herrschen zwei Formen vor. Die einen sind kurz und dick und 
typisch zitronenförmig (Fig. 25), die anderen dünn und langgestreckt, 
die Zitronenform weniger deutlich hervortreten lassend (Fig. 26). 
Ebenso verschieden ist auch ihre Größe. 


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IV. Die Versuchsstationen. 


Auf Most-Gelatine wachsen sie ziemlich langsam, zarte, wenig 
scharf gezeichnete dunkle Kolonien bildend, die meist von einem 
helleren Randsaum umgeben sind. Die Strichkulturen zeigen unter- 



Fig. 25. Apiculatus No. 5 (4 Tage alt). 



Fig. 26. Apiculatus No. 11 (4 Tage alt). 

einander wenig Unterschiede; mit Mühe lassen sich zwei Typen 
unterscheiden, von denen die eine glatt und glänzend, die andere 
matt, zart gezeichnet und mit einem feingenarbten Randsaum ver¬ 
sehen ist. 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 


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Bei den runden Kulturen treten die beiden Typen deutlicher 
hervor. Typus 1 zeigt tief in die Gelatine eingesenkte Formen. 
Um einen hervortretenden Kern lagern sich die Schichten, wenig, 
sehr zarte Zeichnung zeigend, ringförmig an. Sie besitzen eine 
glänzende Oberfläche und einen nur wenig eingebuchteten Rand. 
Typus 2 erinnert mehr an die Riesenrundkulturen der echten Hefe, 
ist wenig eingesenkt, fast flach, aber nicht erhaben. Die Oberfläche 
ist matt und durch radiale Querleisten, meist 5, in einzelne Felder 
zerlegt Der Randsaum ist schwach genarbt. 

Rheinhessischer Traubenmost wurde durch alle 24 Apikulatus- 
hefen mehr oder minder stark entfärbt, von einigen derart, daß das 
Gärprodukt die Farbe eines hellen Bieres angenommen hatte. 

Ebenso verschiedenartig wie die Menge des gebildeten Trubes 
war auch die Beschaffenheit desselben. Meist war er schleimig, 
wenig zusammenhaltend, bei der geringsten Erschütterung der Flasche 
die über ihm stehende Flüssigkeit trübend oder fester aufliegend, in 
Klumpen zusammenballend. In einzelnen Fällen zeigte er sich direkt 
körnig, ähnlich wie bei der zur Champagnerfabrikation dienenden 
Reinhefe No. 10, Steinberg 1892. 

In einigen Kulturen war an der Oberfläche des Mostes, be¬ 
sonders am Glase, eine geringe Hautbildung zu beobachten. 

Ebenso verschieden wie die morphologischen Eigenschaften 
waren die physiologischen. Doch stimmen sie mit den früheren 
Beobachtungen anderer Autoren überein. Die geringste Menge in 
1903 er rheinhessischem Traubenmoste gebildeten Alkohols betrug 
1,44 g in 100 ccm, die größte 4,53 g. 

Obwohl die Alkoholproduktion eine recht verschiedene war, 
bei einigen in dem nur 9,2 g Zucker in 100 g enthaltenden Ver¬ 
suchsmoste derjenigen der echten Hefen gleich kam, so war doch 
die Gärungsenergie, welche durch Bestimmung des täglichen Ge¬ 
wichts-Verlustes der Gärflasche (400 ccm Most enthaltend) festgestellt 
wurde, eine langsame und schleppende, wie aus nachstehender Ta¬ 
belle zu ersehen ist. 

Der tägliche Verlust an Kohlensäure betrug 


bei den 
Hefen 


Reinhefe 
Steinbergl893 
ApicuJatus 
No. 6 . . 

No. 1 . . 

No. 15 . . 


Tage 


1. | 2. 3. 4. | 5. ; 6. I 7. ' 8. 9 I 10. 11.1 12. 13.114. ! 15. 


16.117. 


18. 


0,01:0,090,280,93-2,272,672,302,13 1,65 l,47i 1,130,720,480,030,31 

I ! I ; I I I 


0,09,0,11 < >,55 l ,381,40X63 1.71 1,8511,83 1,771,63! 

-V, 


0,29,0,220.240,19 


1.301 


,170.950. 


5K( 


0,13l0,120,33,0,«80,741,03 0,88! 1,05 0,82 0,82 0.681 >,50< ).57 t < >,56 ! < >,41 
0,08j0,150,460,9» >0,99,0.85.0,95,0,91 [0.90,1,01 [< »,93> >,72,< >.59,0.59,0.591 


19. 


),42|0,220,28|o,lf> 
>,210.27,0,25 o.lti 
>,46,0,540,38,0,49 


Während und nach der Gärung machte sich ein starker Geruch 
nach Essig- und Amylestern unangenehm auffallend bemerkbar. 

Die Bestimmung des Einflusses der Apikulatushefen auf die 
Säuren des Mostes wies große Verschiedenheiten und Eigentümlich¬ 
keiten auf. 


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IV. Die Versuchsstationen. 


Bei einigen konnte zunächst ein geringes Ansteigen desselben, 
ähnlich wie bei den echten Hefen beobachtet werden, andere griffen 
die Säure sofort an. In einem rheinhessischen Moste von 18,4 %o 
Säure betrug die Säureabnahme z. B. bei Apiculatus No. 5, welcher 
die Säure wenig angreift l,5°/o 0 , bei Apiculatus No. 15 4,6 °/ 00 . 
Nach beendeter Hauptgärung ging der Säuregehalt bei einigen Arten 
schnell weiter herunter und sank z. B. bei Apiculatus 6a von 20,03 
auf 15,90°/ 00 . Wie zu erwarten stand, war die Säureabnahme in Gär¬ 
flüssigkeiten, die weniger Zucker enthalten als die Apikulatushefen 
verarbeiten können, größer, als in solchen, bei welchen nach be¬ 
endeter Gärung ein Überschuß von Zucker verblieb. In Apfelmost 
war die Säureabnahme eine geringere. 

Auch bei unseren Versuchen fiel die von Müller-Thurgau 1 ) 
schon hervorgehobene Bildung von flüchtiger Säure auf. Durch 
den Geruch konnte dieselbe nicht wahrgenommen werden, da sie 
vollkommen von den Estern verdeckt wurde. Vielleicht handelt 
es sich dabei um andere Verbindungen als Essigsäure, möglich ist 
es aber auch, daß während der Destillation eine Verseifung dieser 
Ester in Alkohol und Säure eintritt. 

Besonderes Interesse haben die Versuche, bei denen gleiche 
Mengen echter Hefe (Steinberg 1893) und Apikulatushefe in den¬ 
selben Most ausgesät wurden. Die dabei gemachten Beobachtungen 
stimmen im wesentlichen mit denen Müllers-Thurgau überein. Sie 
kennzeichnen sich durch starke Vermehrung der Apikulatushefe 
gegenüber der Edelhefe, Verlangsamung der Gärung und stärkeres 
Angreifen der Säure durch die Mischung, wie durch Steinberg allein. 

Die bisher vorliegenden Untersuchungen, welche an anderer 
Stelle ausführlich veröffentlicht werden sollen, ergaben als Endresultat: 

1. Die untersuchten 24 Apikulatushefen unterscheiden sich in 
ihren morphologischen und physiologischen Eigenschaften derart, 
daß es auch bei ihnen keinem Zweifel unterliegt, verschiedene, teil¬ 
weise recht weit voneinander stehende Rassen unterscheiden zu 
müssen. 

2. Der Einfluß der Apikulatusgärung ist sowohl in Trauben¬ 
ais auch in Apfelweinen ein ungünstiger und kennzeichnet sich in 
Verlangsamung der Gärung, stärkerem Säureverbrauch. Bildung von 
flüchtiger Säure und Estern und dadurch bedingter Beeinträchtigung 
im Geschmack und Geruch. 

2. Die Bildung von Schwefelwasserstoff durch die Hefe und 
andere Weinorganismen. 

Die Arbeit Osterwalders (Weinbau und Weinhandel 1903, 
S. 169), in welcher nachgewiesen wird, daß gewisse Hefen auch 
ohne Gegenwart von freiem Schwefel oder zersetztem Hefetrub 
Schwefelwasserstoff bei der Vergärung frischer Moste zu bilden 

') M üller-Tlmrgau, Jahresbericht der Schweiz. Versuchsanstalt. Wiidens- 
weil 1899. 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 


127 


vermögen, bestätigt die in diesen Berichten (Jahrg. 1900/01. S. 92) 
niedergelegte Ansicht, daß das Böcksern eine Lebenstätigkeit der 
Hefezelle sei. Die Ergebnisse, welche ein Vergleich der von Herrn 
Prof. Dr. Müller-Thurgau gütigst für Demonstrationszwecke zur 
Verfügung gestellten Böckserhefe »Egnach« mit Rein liefen der Station 
ergab, machte ein weiteres Eingehen auf die Ursache der Ent¬ 
stehung von HjS im Weine wünschenswert. Osterwalder zog 
in den Kreis seiner Beobachtungen zum Unterschiede von früheren 
Untersuchungen nicht nur solche Hg S-Bildung, die durch den Ge¬ 
ruch deutlich zu erkennen ist, sondern versuchte auch die geringste 
Entwicklung von H* S festzustellen. Es ist ein solches Verfahren 
entschieden wichtig, will man die Ursachen dieser Erscheinung 
deutlich erkennen. Üsterwalder bediente sich einer Vorlage von 
Kupfersulfat. Einfacher und weitaus schärfer erwies sich bei unseren 
Versuchen die Verwendung schmaler, mit neutralem essigsauren 
Blei getränkter Papierstreifen. Allerdings ist auf diese Weise eine 
quantitative Bestimmung des gebildeten H 2 S nicht möglich, wohl 
aber kann man die geringsten Mengen an der Bräunung oder 
Schwärzung des Papieres erkennen, x ) was für Beurteilung der Fähig¬ 
keit der einzelnen Organismen, H 2 S zu bilden, und des Einflusses 
verschiedener chemischer Substanzen auf diesen Vorgang von großer 
Wichtigkeit ist Die Versuche wurden sämtlich in 8 / 4 Literflaschen, 
welche mit 400 ccm Flüssigkeit beschickt und mit Wattestopfen und 
Glaskappe verschlossen waren, ausgeführt. Vor der Sterilisation 
wurde in jede Flasche ein Streifen Bleipapier gehängt. Bei der bei 
einigen Versuchen notwendigen Erneuerung des Streifens während 
der Versuchsdauer wurde mit der größten Sorgfalt verfahren, der 
Organismentrub außerdem nach Beendigung der Gärung auf seine 
Reinheit untersucht Zur Impfung wurde je eine Öse der zur 
Untersuchung kommenden möglichst gleichaltrigen Organismen ver¬ 
wendet 

In rheinhessischem 1903er Traubenmoste trat eine mehr oder 
weniger intensive Bräunung des Bleipapieres in den Kulturen ein, 
welche mit Reinhefen, Kähmen und Apikulatus geimpft worden 
waren. Dagegen war eine solche selbst nach längerer Zeit nicht 
zu konstatieren bei einem Saccharomyces anomalus, verschiedenen 
Schleimhefen und Schimmelpilzen. Dasselbe Resultat wurde bei Ver¬ 
wendung alkoholarm gemachter und neu gezuckerter Rot- und Wei߬ 
weine, sowie bei Apfelwein, der für diesen Zweck mit größter Sorg¬ 
falt frisch hergestellt worden war, erzielt nur daß in letzterem die 
H 2 S-Bildung besonders stark hervortrat. Böckserbildung durch Schwefel, 
der mit den Trauben, welche gegen Oidium Tuckeri mit Schwefel zuvor 
bestäubt worden waren, in den Most gelangen kann, war demnach in 
diesen Fällen ausgeschlossen. Diese Versuche bestätigen also das 
Resultat Osterwalders, daß Hefen im stände sind, ohne Gegenwart 


>) Daß diese Bräunung durch Schwefelblei verursacht wurde, konnte stets 
leicht durch Behandlung des Streifens mit Salzsäure oder Nitroprussidnatrium nach¬ 
gewiesen werden. 


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128 


IV. Die Versuchsstationen. 


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von freiem Schwefel Hj S zu bilden und daß ihnen diese Fähigkeit 
in sehr verschiedenem Maße zukommt Hefen, welche diese Eigen¬ 
schaft überhaupt nicht besitzen, wurden nicht gefunden; dagegen 
scheint es, als wenn die Hefen, welche sich schnell entwickeln und 
eine große Gärungsenergie besitzen, besonders befähigt seien, Hj S 
zu bilden. Wichtig erscheint uns die Beobachtung, daß auch andere 
Organismen, insbesondere der Kahm, wahrscheinlich auch viele Wein- 
Bakterien, diese Eigenschaft besitzen. Dadurch wird es auch mög¬ 
lich, für die Entstehung des Böcksers in fertigen Weinen eine ge¬ 
nügende Erklärung zu finden. 

Die Frage, welche Bestandteile des Weines zur Bildung von 
Hz S verwendet werden, wurde durch Verwendung von Nähr¬ 
lösungen zu lösen versucht, welche den Schwefel in verschie¬ 
denen Formen erhielten. Eine nach vielen Versuchen als die ge¬ 
eignetste befundene Lösung enthielt pro Liter: NH 4 NO s = 1,5 g, 
Cag (P0 4 ) 2 = 0,1 g; KHj P0 4 = 1 g; Weinsäure = 6 g; Kristallzucker 
= 60 g. Als Schwefelquellen wurde den Organismen geboten, junge 
abgetötete Hefe, alter Hefetrub, getrockneter alter Hefetrub, Pepton, 
K 2 S0 4 , Na 2 S0 4 , (NH 4 ) 2 S0 4 . Ca S0 4 , Ba S0 4 , Schwefelpulver. Diese 
Versuchsreihe ergab, daß in Lösungen ohne jede Schwefelverbindung 
zwar eine langsame Gärung, aber niemals eine Bildung von S 
eintritt. Bei Anwesenheit von Eiweißverbindungen trat bei einzelnen 
Hefen H 2 S-Entwicklung ein, bei anderen nicht. Starke Bildung von 
H 2 S trat in den Lösungen ein, welche schwefelsaure Salze ent¬ 
hielten, oft so stark, daß sie als Böckser durch den Geruch w r ahr- 
genommen werden konnten. Es kann deshalb keinem Zweifel unter¬ 
liegen, daß auch in Mosten und Weinen, welche keinen freien Schwefel 
enthalten, der Böckser vornehmlich durch Reduktion der schwefel¬ 
sauren Salze und erst in zweiter Linie durch Zersetzung der Eiwei߬ 
stoffe eintritt. Dadurch würde auch das verschiedene Verhalten von 
Trauben- und Apfelmost eine Erklärung finden. Auch die Beobach¬ 
tung, daß Böckserbildung durch starke Düngung oder durch Gipsen 
der Weine entstehen kann, dürfte darin begründet sein, daß im 
ersteren Falle die Trauben und damit der Most reicher an schwefel¬ 
sauren Salzen werden, während bei dem Gipsen der Weine ein 
solches direkt beigegeben wird. Natürlich wird nun aber der Grad 
dieser H 2 S-Bildung nicht nur von der Menge der vorhandenen 
schwefelsauren Salze, sondern auch von der Art der vorhandenen 
Organismen abhängig sein. Eine persönliche Mitteilung des Herrn 
Dr. Rosenstiel in Straßburg lieferte dafür den Beweis aus der 
Praxis. Er pasteurisierte Moste und brachte diese mit Reinhefe 
zur Vergärung. Während bei den spontan vergorenen Mosten 
starkes Böcksern eintrat, war ein solcher bei dem vorher pasteuri¬ 
sierten und mit Reinhefe vergorenen, wenigstens durch den Geruch 
nicht wahrzunehmen. 

Die Versuche mit den einzelnen Nährlösungen bestätigen auch 
die früher in diesen Berichten ausgesprochene Ansicht, daß die 
Bildung der H 2 S eine Lebenstätigkeit der Hefezelle sei Dafür spricht 
zunächst der Umstand, daß die schwefelsauren Salze die H,> S- Ent- 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 


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wicklung mehr begünstigen, als die leichter zersetzbaren Eiwei߬ 
stoffe. Handelte es sich aber um einen einfachen Reduktionsprozeß 
außerhalb der Zelle, so läge kein Grund vor, warum sich die ein¬ 
zelnen Heferassen und Organismen-Arten so verschieden verhalten. 

Für diese Ansicht spricht auch der Umstand, daß gelöster 
Schwefel, wie ebenfalls in dem früheren Berichte schon ange¬ 
geben wurde, viel eher reduziert wird, als im Moste fein verteiltes 
festes Schwefelpulver. Bei den vorliegenden Versuchen wurde be¬ 
obachtet, daß Zugabe von Weindestillat die Böckserbildung noch 
mehr begünstigt als solche von Alkohol. Ebenso scheinen nur die¬ 
jenigen Schimmelpilze mit Schwefelpulver böcksern zu können, 
welche, wenn auch nur Spuren, Alkohol bilden. 

Ist die Bildung von H, S eine Lebenstätigkeit der Hefezelle, 
dann muß die größere Gärtätigkeit der Hefen, welche bei Gegenwart 
von freiem Schwefel eintritt die Folge eines in der Zelle ausgeübten 
Reizes sein. Dafür sprechen auch eine Anzahl von Versuchen, bei 
denen den Hefen in Nährlösungen als einzige Schwefelquelle Schwefel¬ 
pulver geboten wurde. Während die Gärung in den Lösungen, welche 
keinen Schwefel und keine nachweisbaren Schwefel verbind ungen ent¬ 
hielten, sehr gleichmäßig verlief, konnte in denen, welche Schwefel¬ 
pulver in Spuren (0,125%) erhalten hatten, zunächst eine Hemmung, 
später aber ein plötzliches und starkes Ansteigen der Gärung' be¬ 
obachtet werden. Die Gewichtsabnahme betrug z. B. bei der Hefe¬ 
rasse Winningen in Nährlösungen 




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0,16|0,22|0,28,0,120,19j0,13*0,20,0,1 70, 190,17 

0,21|0,65| 

1,791,741,411,56 

P, 38,0,22 


Da in den Gärflaschen, welche Schwefel enthielten, gleichzeitig 
eine reichliche Vermehrung der Hefezellen zu beobachten war und 
diese gut ernährt schienen, unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß 
der Schwefel direkt oder indirekt der Ernährung der Hefen diente. 

Eine ausführliche Abhandlung über diesen Gegenstand wird 
an anderer Stelle erfolgen. 


3. Die Herstellung von DauerprSparaten der Schimmelpilze. 

Die Demonstration von Schimmelpilzen ist insofern mit Schwierig¬ 
keiten verbunden, als sowohl die Kulturen auf Gelatine, selbst wenn 
diese mit Formalin gehärtet ist und die Pilze abgetötet werden, als 
auch auf Brötchen nur von geringer Dauer sind. Für die Aus- 

Geisenheiroor Bericht 190!. 9 


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130 IT. Die Versuchsstationen. 

Stellung in Düsseldorf wurde versucht, Dauertrockenpräparate zu 
fertigen und ist die nachfolgende, in ihrer Art keineswegs neue 
Methode bis jetzt als die geeignetste befunden worden. 

Die Heranzucht der Pilze geschieht auf einem festen Nähr- . 
boden, um möglichst gleichmäßige, glatte und dünne Pilzhäute zu 
erhalten. Sehr gut eignet sich dazu Most- und Peptongelatine. 
Der Boden ca. 10—15 cm Durchmesser habender Doppelschalen 
wird 7* cm hoch mit Gelatine angefüllt. Die Infektion muß mög¬ 
lichst in der Mitte der Platte erfolgen, will man gleichmäßig runde 
Kolonien erhalten. Hat der Pilz angefangen zu fruktifizieren, so 
tritt leicht auch an anderen Stellen der Gelatineplatte Infektion ein. 
Deshalb muß jede Erschütterung vermieden werden, was am besten 
durch Verwendung gemauerter Infektionstische erreicht wird. Durch 
Abtupfen mit Alkohol oder mit einem Höllensteinstift lassen sich 
Infektionen in ihren Anfängen beseitigen, meist leidet aber bei diesem 
Verfahren auch die Hauptkultur. Der Abschluß des Lichtes ■ hatte 
bei den zur Verwendung kommenden Pilzen keinen Einfluß auf die 
gleichmäßige Ausbildung der Kulturen. 

Hat die Kultur die gewünschte Größe erreicht, so wird sie 
abgetötet. Je nach der Art des Pilzes muß das auf verschiedene 
Weise geschehen. Meist genügt die Verwendung heißer Wasser¬ 
dämpfe. Bei Kulturen, welche leicht ihre natürliche Farbe verlieren, 
kann man diese nicht verwenden. Bei unseren Versuchen wurden 
deshalb Penicillium, Oidium lactis u. a. durch Formalindämpfe ab¬ 
getötet. Wenn der typische Schimmelgeruch verschwuuden ist, so 
werden die Pilze von der flüssig gemachten Gelatine vorsichtig ab¬ 
gehoben und, ohne die Oberfläche der Kultur zu benetzen, in heißes 
Wasser gebracht Durch Erneuerung desselben wird die auf der 
Unterseite der Pilzhaut haftende Gelatine möglichst entfernt um 
Färbung des Randsaumes zu vermeiden. Ist dies geschehen, so wird 
der Pilz auf Karton aufgeklebt. Als Leim bewährt sich weißer 
Dextrin und Stärkekleister, während bei Verwendung von Gummi 
und Tischlerleim die hellen Randsäume der Kulturen dunkel gefärbt 
werden und die Häute beim Trocknen leicht zerspringen. Vorteil¬ 
haft ist es, die Leirasubstanz vor dem Aufbringen des Pilzes auf 
dem Papier gut eintrocknen zu lassen. Ist die Pilzhaut mit größter 
Vorsicht auf den Karton gebracht worden, so wird unter dieselbe 
mittels einer Spritzflasche solange Wasser gebracht bis sich der 
meist sehr feine Saum vollkommen und gleichmäßig ausgebreitet 
hat. Mittels Pipette und Filtrierpapier wird das Wasser dann wieder 
abgesaugt, der Rand angedrückt und gut getrocknet. Eine Be¬ 
rührung der Oberseite des Pilzes muß nach Möglichkeit vermieden 
werden, da sowohl die Mycelien als auch besonders die Fruktifika- 
tionsorgane gegen Druck sehr empfindlich sind. 

Ist das Wasser nach Möglichkeit entfernt worden, so wird das 
Präparat an der Luft langsam getrocknet und dann, um jede Be¬ 
schädigung zu vermeiden, unter Glas derart gerahmt, daß die Glas¬ 
decke mit der Oberfläche des Pilzes nicht in Berührung kommt. 
An die untere Leiste des Rahmens wird innen ein kleines durch- 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 


131 


löchertes Pappröhrchen, welches mit Watte, die mit Formalin ge¬ 
tränkt ist, gefüllt ist, angeheftet, um das Präparat gut zu kon¬ 
servieren. Auch in gew. Pappschachteln kann man den getrockneten 
Pilz gut halten und bat dann den Vorteil, jederzeit Material für die 
mikroskopische Untersuchung zu besitzen. 

Auf diese Weise gelingt es in ganz vorzüglicher Weise, Riesen¬ 
kulturen von Mucor, Aspergillus, Penicillium u. a. zu konservieren 
und in den einzelnen Entwicklungsstadien in anschaulicher Weise 
als Dauerpräparat zu demonstrieren. 

4. Die Kultur und die Vermehrung der Sammlung Ton Rein¬ 
hefen und sonstigen Gärungsorganismen. 

Die wertvolle Sammlung der Station an Reinhefen und anderen 
Gärungsorganismen erfuhr auch in diesem Jahre eine wesentliche 
Vermehrung. Die vorhandenen Kulturen wurden wie bisher mit 
größter Sorgfalt weiter gezüchtet. 

Den Aufgaben der Station entsprechend werden besonders 
solche Hefen herangezüchtet, welche an die Praxis abgegeben 
werden sollen. Dabei wird besonders darauf geachtet, Hefen für 
die verschiedensten Zwecke und aus möglichst verschiedenen Wein¬ 
lagen zu erhalten. Wenn sich auch einige Heferassen wie Stein¬ 
berg 1893, sowohl für verschiedene Anwendung, wie zur Her¬ 
stellung von Trauben, Apfel- und Beerenwein und auch für Um¬ 
gärungen eignen und bei der V ergärung von Mosten aus den ver¬ 
schiedensten Lagen gute Resultate ergeben, so ist es doch nach den 
an der Station gemachten Erfahrungen sehr empfehlenswert, die 
Moste möglichst mit Reinhefen aus gleicher oder ähnlicher Lage zur 
Vergärung zu bxingcn. Neu gezüchtet wurden Hefen aus 1893 er 
Faßweinen vom Steinberg, Johannisberg Schloß, Geisenheimer 
Mäuerchen, Schloß Vollrads, 1900er Dürkheimer, Deidesheimer und 
Dissibodenberger. Durch Schenkung seitens der Weinbauschule in 
Neuchatcl wurde dieser Teil der Sammlung durch die Reinhefen 
Beraire, Romanöe, Diable, Champagne vermehrt 

Die Züchtung von Reinhefen aus 1893er Faßweinen, die in¬ 
folge ihres ursprünglichen sehr hohen Mostgewichtes noch nicht 
fertig sind, sondern immer noch schwache Gärung zeigen, wurde 
in der Voraussetzung vorgenommen, daß derartige Hefen große 
Gärkraft besitzen müssen. Dies war auch der Fall. 

Die Hefen aus einem derartigen 1893 er Weine Geisenheimer 
Mäuerchen waren sich außerdem sehr ähnlich, so daß wohl die 
Annahme Berechtigung hat daß in solchen Weinen nach und nach 
eine Art Auslese der Hefen stattfindet durch welche nur die gär¬ 
kräftigsten besten Rassen in Tätigkeit bleiben, während diejenigen, 
welche weniger Alkohol vertragen können, sich nicht weiter ver¬ 
mehren, sondern sich zu Boden setzen und durch die Abstiche 
entfernt werden. 

Unter gleichen Versuchsbediugungen bildeten drei derartige 
Hefen und die Reinhefe, Rasse: Steinberg 1893 in 400 ccm Trauben¬ 
most folgende Mengen Kohlensäure pro Tag: 


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132 


IV. Die Versuchsstationen. 


Tage 



1 . 

2. 

3. 

4. 

5. 

6. 

7. 

8. 

9. 


11. 

12. 

13. 

14. 

15. 

16.! 17. 

18. 

19. 

20. 

Steinberg 
1893 
Geisen- 
heimer 
No. 1 
No. 2 
No. 3 

0,06 

0,08 

0,01 

0,01 

0.08 

0,08 

0,08 

0,05 

0,41 

0,39 

0,57 

0,15 

3,07 

3.38 

2.38 
1,99 

4,28 

4,33 

2,40 

3.63 

4,38 

4.32 

4D2 

4,25 

3,37 

2,90 

2,98 

3.50 

1,93 

1,78 

2,53 

2,63 

1.33 

1.34 
2,12 
1,92 

0,76 

0,95 

1,03 

1,12 

0,40 

;0,46 

0,88 

|0,55 

0,35 

0,42 

0,80 

0,49 

0,32 

0,36 

0,74 

0,45 

0.22 

' 

0,30 

0,40 

0,30 

0,28 

0,23 

0,28! 

0,23 

0,20 

0,20 

0,27 

0.22 

0,14 

0,16 

0,19 

0,20 

0.10 

0,16 

0,16 

0,18 

0,08 

0,12 

0,11 

0,13 

0,06 

0,09 

0.09 

0,12 


Die Sammlung der Hefen, welche wissenschaftlichen Zwecken 
dient, wurde vermehrt durch die Böckserhefen Egnach und Barbara, 
4 Brennereihefen aus dem Institut für Gärungsgewerbe in Berlin 
und einigen selbstgezüchteten Reinhefen aus Südrußland, Palästina, 
Algier und Formosa. 

Die letzteren stammen aus Bika, dem Hefetrub von Formosa- 
Reiswein und wurden von Herrn Prof. Dr. Shimoyama, welcher 
längere Zeit in der Station arbeitete, isoliert Da der Reiswein 
(Sak6) bekanntlich einen sehr hohen Alkoholgehalt besitzt, lag die 
Vermutung nahe, daß die bei seiner Herstellung verwendeten Hefen 
sehr gärkräftig seien. Bei den an der Station rein gezüchteten 
Rassen war dies, wenigstens in Bezug auf die Gärungsenergie, nicht 
der Fall, im Gegenteil zeigten sie eine recht langsame schleppende 
Gärung. Unter gleichen Versuchsbedingungen bildeten die Rassen 
Steinberg 1893 und Formosa I. II. III. in 400 ccm rheinhessischem 
1903 er Traubenmost folgende Mengen Kohlensäure in Gramm 
pro Tag. 


Tage 



1. 

2. 

3. 

1 4> 

5. 

6. j 7. 

8. 

9. 

10. 

n. 

12. 

13. 

14. j 15.! 16. 

17. 18.119. 20. 

Steinberg 

1893 

Formosa 

I 

II 

m 

0,08 

0,07 

0,05 

0,08 

0,41 

0,08 

0,03 

0,09 

i 

3,17 

0,56 

0,57 

1.19 

4,28 

0,94 

1.44 

2,58 

4,48 

1,32 

1.97 

2.97 

3.37 

1.37 
1,53 
2,85 

4,93 

l 

2,13 

2,71 

2,37 

1,33 

1,73 

1,84 

2,07 

0,76 

1,63 

1,66 

1,75 

0,40 

1,19 

1,39 

1.23 

0,35 

1.20 

1,00 

1,18 

0.29 

1,60 

1,20 

0,70 

0,24 

1 

1,40 

1,15 

0,57 

j | j 

0,200.250,18 

I | 

1,151,230,77 

0,840,920,74 

0,570,360,37 

0,120,100,08 

0,680,7910,56 

0,820,660,41 

0,230,180,17 

i 

0,04 

0,41 

0.39 

0,16 


Die Gestalt der isolierten Formosahefen war von der unserer 
Weinhefen wenig verschieden. Die Größe war dieselbe. Die Zellen 
waren rund, pastoriane Formen wurden nicht beobachtet. Weitere 
morphologische und physiologische Studien sind mit ihnen bisher 
nicht angestellt worden. 

Die Untersuchung schleimiger Weine brachte es mit sich, daß 
verschiedene Schleimhefen isoliert wurden, doch zeigten die se wenig 
Verschiedenheiten von denen, welche Meißner seinerzeit beschrieben 
hat (Jahresbericht 1899/00). 

Die gezüchteten Formen von Rosahefe und Dematium pullulans 


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Belicht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 


133 


zeigten teilweise große Verschiedenheiten, so daß es keinem Zweifel 
unterliegt, daß auch bei diesen beiden Organismen zwischen ein¬ 
zelnen Rassen unterschieden werden muß. Eine genauere Be¬ 
schreibung dieser Formen sowie einer isolierten braunen Hefe wird 
später erfolgen. 

Aus kranken Weinen wurde eine größere Anzahl von Bakterien 
isoliert, deren morphologische und physiologische Eigenschaften 
sowie der Einfluß, welchen sie auf Most und Wein ausüben, unter¬ 
sucht werden sollen. 

C. Sonstige Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 

1. Als Laboranten arbeiteten im verflossenen Etatsjahre die 
Herren Prof. Dr. Shimoyama, Vorstand des pharmazeutischen In¬ 
stituts der Universität Tokio in Japan und Weinbaueleve Böbbis 
aus Soest i/W. 

2. Vorträge. Vorträge wurden gehalten: 

a) von dem Vorstande der Station Ȇber das Bitterwerden 
der Rotweine« auf dem XX. deutschen Weinbaukongreß in Mainz, 
Ȇber ein in neuester Zeit in Frankreich zur Anwendung ge 
brachtes Verfahren zum Pasteurisieren von Traubenmosten.« Auf der 
Versammlung der Vereinigung der Vertreter für angewandte Botanik 
in Mainz, 

b) von dem Assistenten Dr. Richard Schänder »Das Trüb¬ 
werden der Weine und die Behandlung trüber Weine«. In der 
Vereinigung pfälzischer Weinproduzenten, Weinhändler und Wein¬ 
kommissionäre in Neustadt a/H. 

3. W issenschaftliche Publikationen. 

a) Vom Vorstand der Station: Über ein in neuester Zeit in 
Frankreich zur Anwendung gebrachtes Verfahren zum Pasteurisieren 
von Traubenmosten (Landwirtschaftliche Jahrbücher Bd. XXXIII, 
1904). 

b) Von dem Assistenten Dr. R. Schänder: Das Trüb werden 
der Weine und die Behandlung trüber Weine (Weinblatt. Neu¬ 
stadt a/H. 1904). 


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134 


IV. Die Versuchsstationen. 


Bericht 

über die Tätigkeit der oenochemischen Versuchs¬ 
station. 

Erstattet von Dr. Karl Windisch, Dirigenten der VeiSuchsstation. 


A. Wissenschaftliche Tätigkeit. 

1. Untersuchung von Mosten des Jahres 1903. 

Das Jahr 1903 war dem Weinbau wenig günstig. Das Früh¬ 
jahr war kühl und rauh, so daß die Reben gegen frühere Jahre erst 
spät austrieben; die April- und Maifröste richteten im Rheingau 
keinen Schaden an. Die Blüte verlief rasch und gut, der Frucht¬ 
ansatz war gut, die Gescheine sehr reichlich. Der Sommer war 
meist kühl und naß. Heu- und Sauerwurm, Oüdium und Perono- 
spora richteten teilweise großen Schaden an. Einigermaßen gut ge¬ 
macht wurde der ungünstige Sommer durch einen schönen warmen 
Spätherbst; insbesondere fand die Lese im Rheingau (Anfang No¬ 
vember) bei trockenem, warmem Wetter statt Die Menge des ge¬ 
herbsteten Weines war im Durchschnitt recht befriedigend und er¬ 
heblich größer als in den beiden Vorjahren. Der Ertrag war aber 
in den einzelnen Gemarkungen sehr wechselnd; während z. B. Lorch, 
die Königl. Domäne Steinberg und Schloß Johannisberg einen vollen 
Herbst hatten, war die Ernte in Rüdesheim und Rauenthal sehr 
gering. 

Dank dem Entgegenkommen der Herren Weinbauschul-Direk- 
toren und Weinbau-Wanderlehrer in der Rheinprovinz, sowie des 
Herrn Weinbau-Wanderlehrers für den Regierungsbezirk Wiesbaden, 
die uns auf Ersuchen eine große Anzahl von Weinproduzenten nam¬ 
haft machten, konnte im Jahre 1903 eine weit größere Zahl von 
Mostproben untersucht werden als in den Vorjahren; es wurden 
455 Proben gegen 187 im Vorjahre untersucht. Die Zahl der Wei߬ 
weinmoste betrug 409, davon entfallen auf den Rheingau 181, auf 
das Rheintal unterhalb des Rheingaues 49, auf das Gebiet der Nahe 
52, der Mosel und deren Nebenflüsse 120, auf das ostdeutsche 
Weinbaugebiet 4, auf andere Weinbaugebiete 3. Rotweinmoste 
wurden 46 untersucht, davon 14 von der Ahr. Erfreulicherweise 
sind die untersuchten Mostproben großenteils Durchschnittsproben 
von mittlerer Beschaffenheit; nur im Rheingau, wo die Winzer¬ 
vereine und kleinen Winzer unseren Bestrebungen noch immer 
fremd gegenüberstehen, sind wir meist auf die größeren Besitzer, 
die in der Regel bessere Lagen haben, angewiesen. 

Zum Zwecke des Vergleiches der Qualität der Moste der letzten 
vier Jahre (1900—1903) wurden alle Untersuchungsergebnisse aus 
diesen Jahren zusammengestellt, die sich auf Moste aus den gleichen 
Weinbergen beziehen. In 121 Fällen waren die Moste aus den¬ 
selben Weinbergen in den genannten Jahren oder wenigstens in 


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Bericht über die Tätigkeit der oenochemischeu Versuchsstation. 


135 


mehreren von ihnen untersucht worden. Bezüglich der vier Jahr¬ 
gänge ergibt sich folgendes Urteil: 1900 war ein reifer Jahrgang 
mit zahlreichen edelfaulen Trauben; das Mostgewicht war hoch, die 
Säure niedrig. 1901 wurden die Trauben vor Eintritt der vollen 
Reife stark von der Fäulnis befallen; das Mostgewicht war durch¬ 
weg niedriger, die Säure wesentlich höher als 1900. Infolge der 
starken Fäulnis gab es 1901 viele kranke, schwer klar werdende 
Weine. 1902 waren die Trauben vielfach nicht ganz reif, aber 
durchweg gesund; das Mostgewicht war nur wenig niedriger, die 
Säure aber wesentlich höher als 1901. Der 1902 er ist ein rein¬ 
töniger, rassiger, stahliger Wein von kräftiger, gesunder Art. 1903 
waren die Trauben nicht ganz reif, die Fäulnis erreichte einen 
mäßigen bis mittleren Grad. Das Mostgewicht war nicht allgemein 
und nicht viel höher als 1902, aber die Säure durchweg erheblich 
geringer. 

Infolge der teilweisen Fäulnis der Trauben klärt sich der 
1903 er Wein nicht so rasch und gut als der 1902 er. Seine Qua¬ 
lität ist meist besser als die des 1902 er; er wird in den besseren 
Sachen ein brauchbarer Mittelwein werden, der sich voraussichtlich 
besser ausbaut als der 1901er. 

2. Untersuchung von reinen Naturweinen des Jahres 1902 aus 
den preufsischen Weinbaugebieten. 

Die Moste des Jahres 1902 wurden aus durchweg gesunden, 
nur vereinzelt faulen Trauben gewonnen. Ihr Mostgewicht war 
ziemlich niedrig, ihr Säuregehalt hoch. Wie vorauszusehen war, 
entstanden aus ihnen Weine von mittlerem bis niedrigem Alkohol¬ 
gehalte und meist hoher Säure. Die 1902 er Rheingauer Weine 
und die Moselweine sind oft etwas hart, rassig, durchaus gesund 
und reintönig. Sie klärten sich rasch und konnten in vielen Fällen 
fast klar von der Hefe abgezogen werden. Krankheiten kamen bei 
dem 1902 er Wein nur vereinzelt vor. Wenn seine Qualität auch 
unter mittel liegt, so ist er doch ein stahliger, brauchbarer Wein. 

Es wurden im ganzen 40 reine Naturweine des Jahres 1902 
aus den preußischen Weinbaugebieten untersucht, darunter 6 Rot¬ 
weine. Die gesetzlichen Grenzzahlen für den Gesamt-Extraktgehalt, 
für den Extraktgehalt nach Abzug der nichtflüchtigen Säuren und 
nach Abzug der Gesamtsäure und für den Mineralstoffgehalt wurden 
in keinem Falle unterschritten. Im Gegensatz zu früher wurden 
die 1902 er Weine nicht als Jungweine nach dem ersten Abstich, 
sondern als ältere Weine untersucht; sie wurden im Mai bis No¬ 
vember 1903 analysiert. 

Wie in allen Jahren haben auch die 25 untersuchten Rhein¬ 
gauer Weine des Jahres 1902 hohe Extraktgehalte (2,68 bis 
3,77 g Extrakt nach Abzug des 0,1 g überschreitenden Zuckere in 
100 ccm). Trotz der hohen Säuremengen, die sich in der Mehr¬ 
zahl der Weine finden (0,74 bis 1,37 g in 100 ccm), liegen die Extrakt¬ 
gehalte nach Abzug der nichtflüchtigen Säuren (1,58 bis 2,85 g in 


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IV. Die Versuchsstationen. 


136 

100 ccm) und die Extraktgehalte nach Abzug der Gesamtsäure (1,52 
bis 2,76 g in 100 ccm) weit über den gesetzlichen Grenzzahlen. Der 
Mineralstoffgehalt (0,181 bis 0,329) bleibt zwar in allen Fällen weit 
über der gesetzlichen Grenzzahl, er ist aber doch vielfach recht ge¬ 
ring, zumal in Anbetracht des durchweg hohen Extraktgehaltes. 
Das Alkohol-Glycerinverhältnis zeigt bei den Rheingauer Weinen 
des Jahres 1902 nicht so hohe Werte wie in guten Jahren; es be¬ 
trägt 100:8,5 bis 100:12.3. Mehrere Rheingauer Weine haben 
einen sehr hohen Gehalt an Gesamt-Weinsäure (0,165 bis 0,454 g in 
100 ccm). Nur zwei Rheingauer Weine enthalten keine freie Wein¬ 
säure, die übrigen 0.021 bis 0.315 g in 100 ccm. Der hohe Gehalt 
an freier Weinsäure in einigen Weinen ist ein Beweis für die 
mangelhafte Reife der Trauben im Jahre 1902. Fast alle Weine 
haben erheblich mehr an alkalische Erden gebundene Weinsäure 
als Weinstein. Der Säurerest nach Möslinger ist bei den Rhein¬ 
gauer Weinen durchweg hoch (0,55 bis 1,14 g in 100 ccm). 

Die Moselweine haben hohe Säure (0,92 bis 1,62g in 100 ccm) 
und hohen Extraktgehalt (Extrakt nach Abzug des 0,1 g über¬ 
schreitenden Zuckergehaltes 2,36 bis 3,06 g, Extrakt nach Abzug 
der nichtflüchtigen Säuren 1,35 bis 1,78 g, Extrakt nach Abzug der 
Gesamtsäure 1,32 bis 1,70 g in 100 ccm). Der Mineralstoffgehalt ist, 
verglichen mit dem hohen Extraktgehalte, meist ziemlich niedrig 
(0,157 bis 0,275 g in 100 ccm). Die Moselweine haben hohen Ge¬ 
halt an Gesamt-Weinsäure (0,252 bis 0,690 g in 100 ccm) und an 
freier Weinsäure (0,124 bis 0,441g in 100 ccm). Sämtliche Mosel¬ 
weine enthalten erheblich mehr an alkalische Erden gebundene 
Weinsäure (0,098 bis 0,169 g in 100 ccm) als Weinstein (0,019 bis 
0,056g in lOOccm). Der Säurerest nach Möslinger ist sehr hoch 
(0,73 bis 1,15g in lOOccm). 

Die Rotweine haben hohen Extraktgehalt (2,65 bis 3,31g 
Extrakt nach Abzug des 0,1g überschreitenden Zuckers, 2,17 bis 
2,54g Extrakt nach Abzug der nichtflüchtigen Säuren, 2,07 bis 
2,46g Extrakt nach Abzug der Gesamtsäure in lOOccm) und hohen 
Mineralstoffgehalt (0,265 bis 0,344g in lOOccm). Der Gehalt an 
Gesamt-W r einsäure ist bei den Rotweinen durchweg gering (0,094 
bis 0,203g in lOOccm). Kein Rotwein enthält freie Weinsäure. 
Sie enthalten sämtlich viel mehr W r einstein (0.108 bis 0,188 g in 
lOOccm) als an alkalische Erden gebundene Weinsäure (0 bis 0,079g 
in 100 ccm): oft ist in den Rotweinen fast die gesamte Weinsäure 
als Weinstein vorhanden. Die Alkalität der Asche ist hoch (1,55 
bis 2,00ccm Normal-Lauge auf die Asche von lOOccm W r ein). 
Das Alkohol - Glycerinverhältnis ist bei den Ahr-Rotweinen sehr 
niedrig (100:5,3 bis 100:7,7). W T ir haben die Erfahrung gemacht, 
daß die jungen Ahr-Rotweine (nach dem ersten Abstich) erhebliche 
Mengen Glycerin enthalten, daß dasselbe aber beim Lagern zurück¬ 
geht Wahrscheinlich ist der niedrige Gehalt der Ahr-Rotweine an 
Glycerin auf eine Zersetzung dieses Stoffes durch Mikroorganismen 
zurückzuführen. 

Mit einzelnen Ausnahmen sind alle untersuchten Weine des 


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Bericht über die Tätigkeit der oenochemisehen Versuchsstation. 


137 


Jahres 1902 gut durchgegoren. Ihr Gehalt an flüchtigen Säuren 
ist ausnahmslos normal (0,027 bis 0,077 g in 100 ccm), was für den 
gesunden Zustand der Weine spricht. 


3. Untersuchungen Aber die Herstellung des Rotweines, ins¬ 
besondere Uber die Zeit des Ablassens ron den Trestern. 

Die seit dem Jahre 1900 im Gang befindlichen Untersuchungen 
wurden auch im Jahre 1903 fortgesetzt Die Spätburgunderweine 
der Königlichen Domäne zu Aßmannsbausen wurden wiederum zu 
drei verschiedenen Terminen von den Trestern abgekeltert. Sowohl 
die Moste, als auch die Weine nach dem Abkeltern und nach dem 
ersten Abstich wurden genau untersucht. Über das Ergebnis der 
Versuche wird später berichtet werden. 


4. Untersuchungen Ober die Veränderungen in der chemischen 
Zusammensetzung der Moste und Weine bei der GISrung und 

Lagerung. 

Diese Versuche wurden im Jahre 1901 begonnen. Von den 
1901er Weinen, deren Moste untersucht worden waren, wurden 
anfangs 1904 nochmals Proben eingefordert, die, soweit die Weine 
noch in den Händen der ersten Besitzer waren, auch zur Verfügung 
gestellt wurden. Nach Fertigstellung dieser letzten Untersuchung 
ist diese Versuchsreihe abgeschlossen. Im Herbst 1902 wurden nur 
wenige Moste eingehend untersucht, dagegen wurde eine größere 
Anzald 1902 er Weine mehrmals zu verschiedenen Zeiten untersucht. 
Im März 1904 wurden nochmals Proben der 1902 er Weine einge¬ 
fordert. Im Herbst 1903 wurden über 40 Moste genau untersucht; 
die daraus entstandenen Weine werden ebenfalls in verschiedenem 
Alter untersucht werden. 

Neben diesen eigens für den genannten Zweck ausgeführten 
Untersuchungen wurde bei allen übrigen mit Most und Wein unter¬ 
nommenen Versuchen Bedacht darauf genommen, die Veränderungen 
bei der Gärung und namentlich bei der Lagerung möglichst sorg¬ 
fältig durch öftere Analysen festzustellen, z. B. bei den Zuckerungs¬ 
versuchen, den Versuchen mit geklärtem Most, den Versuchen mit 
Rotweinen, den Eisweinen und den aus den Düngungsversuchen 
gewonnenen Weinen. 

Im Herbst 1903 wurden vier Moste bezw. Weine aus dem 
Keller der hiesigen Königlichen Lehranstalt allwöchentlich untersucht 
zuerst eingehend, später, als sich herausstellte, daß sie sich fast gar 
nicht änderten, nur durch Bestimmung der Gesamtsäure. Sobald 
diese eine merkliche Verminderung erleidet, werden die Weine 
wieder genau untersucht werden. 

Im Jahre 1903 wurden diese Untersuchungen auch auf Beeren¬ 
wein, Apfelweine, Birnenweine und die Weine aus gerbstoffreichen 
Früchten ausgedehnt, indem sämtliche im Jahre 1902 hergestellten 


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138 


IV. Die Versuchsstationen. 


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und zu Beginn des Jahres 1903 untersuchten Weine im Januar bis 
März 1904 nochmals untersucht wurden. 

Durch diese umfangreichen Untersuchungen haben wir ein 
außerordentlich reiches Material über die Veränderungen der Weine 
bei der Lagerung gewonnen; mit einem Teil desselben können wir 
im Laufe des Jahres 1904 hervortreten. Die Untersuchungen haben 
gelehrt, daß die 1901er Traubenweine und die 1902 er Obst- und 
Beerenweine jetzt (März 1904) sich nur noch ganz unwesentlich 
verändern. 

5. Über den SSurerttckgang nnd den Milchs&uregelialt der 

Weine. 

Von dem Volontärassistenten Dr. Roettgen wurden zahlreiche 
vergleichende Versuche über die Bestimmung der Milchsäure nach 
den beiden Verfahren vonMöslinger und dem Verfahren von Kunz, 
teils an Weinen, teils an künstlichen Gemischen ausgeführt Wir 
sind dabei bezüglich des Kunzschen Verfahrens nicht zu so gün¬ 
stigen Ergebnissen gelangt, wie andere, das Verfahren erwies sich 
vielmehr als recht unzuverlässig; daneben ist es äußerst umständlich 
und zeitraubend. Wenn auch die Untersuchungen noch nicht ab¬ 
geschlossen sind, haben wir uns doch schon seit längerer Zeit für 
das Möslin ge rsche Verfahren ohne Abscheidung der Mineralbe¬ 
standteile (das sogenannte Chlorbary um verfahren) entschieden, das 
die übereinstimmendsten Ergebnisse lieferte und sich durch leichte 
und rasche Ausführbarkeit auszeichnet.. 

Bei allen im vorigen Abschnitt genannten Versuchsreihen 
haben wir auf die Feststellung des Säurerückganges' und die Be¬ 
stimmung der Milchsäure besondere Rücksicht genommen, so daß uns 
in dieser Hinsicht sowohl bei Traubenweinen als auch bei Obst¬ 
und Beerenweinen und auch bei Fruchtsäften ein reiches Material 
zur Verfügung steht. Nur dadurch, daß wir uns des verhältnis¬ 
mäßig rasch ausführbaren Möslingersehen Verfahrens bedienten, 
ist es möglich gewesen, so zahlreiche Milchsäurebestimmungen aus¬ 
zuführen. Nach Abschluß der vergleichenden Versuche über die 
verschiedenen Verfahren der Milchsäurebestimmung wird hierüber 
im Zusammenhang berichtet werden. 


6. Versuche (Iber das Zuckern der Weine. 

Im Herbst 1902 wurden drei Weine ohne Wasserzusatz ge¬ 
zuckert. Die Ergebnisse der Untersuchung der Moste und der 
Weine nach dem ersten Abstich sind bereits im vorigen Jahres¬ 
bericht mitgeteilt worden. Die Weine wurden noch zweimal unter¬ 
sucht, nach dem zweiten Abstich und zuletzt im März 1904. Bei 
der letzten Untersuchung wurden folgende Werte gefunden. 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



Bericht über die Tätigkeit der oenochemischeu Versuchsstation. 


139 



Alkohol 

Extrakt 

Zucker 

Mineral- 

bestaudteilo 

Gesamtsäure 

Flüchtige 

Säuren 

g! 

2. 

G 

3 

Gesamt- 

Weinsäure 

Freie 

Weinsäure 

Weinstein 

=-> 

© So 

,°r? 

© 

C/3 

rf- 

5* 

TT 

CD 

r+- 

o 

t-n 







g in 

100 ccm 





FuchsbergElbling 

ungezuckert 

5,95 

2,74 

0,104 

0,182 

0,98 

0,062 

0,147 

0,285 

0 

0,136 

0.173 

0,060 

FuchsbergElbling 

gezuckert 

0.90 

2,94 

0,141 

0,191 

1,05 

0,(47 

0,164 

0,255 

0,015 

0,091 

0,167 

0,061 

Leideck Sylvaner 
ungezuckert 

0,05 

2,73 

Sparen 

0,109 

0.80 

0.066 

0,146 

0,323 

0,120 

1 1 

10,013! 

0,185 

0,094 

Leideck Sylvaner 
gezuckert 

8,53 

2,79 


0,168 

0,88 

0,076 

0,161 

0,304 

0,164 

0,025 

0,170 

0.053 

Fuchsberg Syl¬ 
vaner 

uugezuokert 

6,93 

2.97 

n 

0,181 

0,70 

0,064 

0,234 

0,283 

0,033 

0,<47 

0,173 

0,091 

Fuchsberg Syl¬ 
vaner 
gezuckert 

8,60 

2,87 


0.179 

0,73 

0,045 

0,277, 

0,229 

0 

0,068 

0,175 

0,078 


Die vier Untersuchungen der gezuckerten und ungezuckerten 
Moste und Weine geben ein sehr anschauliches Bild von den Ver¬ 
änderungen, die sie erlitten haben, und dem Einfluß, den der er¬ 
höhte Alkoholgehalt der gezuckerten Weine darauf gehabt hat. Auf 
die interessanten Ergebnisse kann hier nicht näher eingegangen 
werden. 

Bei der Kostprobe stimmten alle Teilnehmer ohne Ausnahme 
darin überein, daß die gezuckerten Weine den ungezuckerten über¬ 
legen seien. Die ungezuckerten Weine waren flach und dünn und 
neigten zum Rahn werden, die gezuckerten waren voll und er¬ 
schienen harmonischer und milder. 

Im Herbst 1903 wurden wieder drei verschiedene Moste ge¬ 
zuckert, ein Elbling-, ein Svlvaner- und ein Rieslingmost. Während 
der Sylvanermost nur mit Zucker versetzt wurde, wurden der Elbling- 
most und der Rieslingmost einerseits nur mit Zucker, andrerseits 
mit Zucker und Wasser versetzt. Die acht Moste wurden im 
November 1903 kurze Zeit nach der Zuckerung und zum zweiten 
Mal nach dem ersten Absticli im Januar 1904 eingehend untersucht. 
Die Weine w r erden in ihrer weiteren Entwicklung auf das Sorg¬ 
fältigste verfolgt werden. 

7. Über die Gewinnung konzentrierter Moste aus gefrorenen 

Trauben. 

Zwei von den aus konzentrierten Mosten, die aus gefrorenen 
Trauben gewonnenen worden waren (vergl. den Bericht für 1902), 
enstandenen Weinen konnten nach dem ersten Abstich und noch¬ 
mals im März 1904 untersucht werden. Man erhielt bei der letzten 
Untersuchung folgende Ergebnisse: 


Digitized by Gougle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



140 


IV. Die Versuchsstationen. 


Digitized by 


Eiswein vom Eiswein aus 
Stein berg Erbach 


g in 100 ccm 

Alkohol. 8,07 7,87 

Extrakt. 8,94 14,41 

Zucker. 0,73 9,70 

Mineralbestandteile. 0,208 0,284 

Gesamtsäure. 1,25 1,49 

Flüchtige Säuren. 0,110 0,112 

Nichtflüchtige Säuren. 1,11 1,35 

Milchsäure. 0,063 0,064 

Gesamt-Weinsäure. 0,277 0,293 

Freie Weinsäure. 0,094 0,113 

Weinstein. 0,034 0,075 

An alkalische Erden gebundene Weinsäure 0,155 0,120 

Glycerin. 0,86 0,92 

Stickstoff. 0,098 0,062 


Alkalität der Asche (ccm Normal-Kali 

auf 100 ccm Wein). 1,7 1,95 

Spezifisches Gewicht bei 15° €. 1,0018 1,0424 


Der Steinberger Eiswein ist ein ausgezeichneter, stahliger, 
rassiger Wein, der die gewöhnlichen Steinberger Weine des Jahres 
1902 erheblich überragt; seine Konzentration durch das Gefrieren 
ist nicht sehr bedeutend. Mit dem Erbacher Eiswein kann er sich 
nicht messen. Dies ist ein hochkonzentrierter, süßer Wein von 
großem Wert. Im Gegensatz zu den süßen Ausleseweinen aus 
edelfaulen Beeren fehlt ihm das Edelfäulebouquet gänzlich; er hat 
dafür ein prachtvolles Rieslingsbouquet. Keiner von beiden Eisweinen 
hat auch nur eine Andeutung von Frostgeschmack. 

8. Versuche über die Herstellung von Wein aus geklärtem 

Moste. 

Die im Jahre 1902 einerseits aus durch freiwilliges Absetzen 
geklärtem Most und andrerseits aus dem Bodensatz hergestellten 
Weine wurden nach dem ersten Abstich im Frühjahr 1903 und 
nochmals im März 1904 eingehend untersucht. In der folgenden 
Tabelle sind die Ergebnisse der Untersuchung der Moste und der 
letzten Untersuchung der Weine (März 1904) zusammengestellt. 

Die Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung der 
beiden Weine sind nur gering. Bei der Kostprobe erwies sich der 
Wein aus dem geklärten Most als wesentlich besser und reintöniger 
als der Wein aus dem Trubmost; sowohl der Geruch als auch der 
Geschmack waren reiner. 

Im Herbst 1903 führte Landes-Ökonomierat Czöh weitere Ver¬ 
suche in dieser Richtung an und stellte uns wieder Proben für die 
Untersuchung zur Verfügung. Bis jetzt sind die Moste und die 
Weine nach dem ersten Abstich eingehend untersucht worden. Über 
das Ergebnis wird im nächsten Jahr berichtet werden. 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 

















Bericht über die Tätigkeit der oenochemischen Versuchsstation. 


141 



Geklärter 

Most 

Trubmost 

Wein aus 
geklärtem 
Most 

Wein aus 
Trubmost 



g in 100 ccm 


Alkohol. 

0,07 

0,26 

6,83 

6,99 

Exktrakt. 

17,25 

18,43 

2.85 

2,70 

Zucker . 

13,52 

14.83 

0,14 

0,15 

Mineralstoffe. 

0,258 

0,204 

0,229 

0,183 

1,12 

Oesamtsaure. 

1,46 

1.35 

1,23 

Flüchtige Säuren .... 
Nichtflüchtige Säuren 

0,012 

0,025 

0,057 

0.045 

1,44 i 

1,32 

1.16 

1.06 

Milchsäure. 

— 


0,043 

0,036 

Gesamt-Weinsäure . . . 

0,587 

0,548 

0,304 

0,300 

0,130 

Freie Weinsäure .... 

0,360 : 

0,365 

0,169 

Weinstein. 

0,127 ; 

0,056 

0,059 

0.053 

An alkalische Erden ge¬ 
bundene Weinsäure . . 

0,116 

0,113 

0,088 

0,128 

Glycerin. 


— 

0,532 

0,544 

Stickstoff. 


— 

0,074 

0,087 

Alkalität der Asche (Kubik- 
centimeter Normal - Kali 
auf 100 ccm Wein) . . 

! 

2,05 

i 

: 2,0 

1.9 

1,8 

Spezifisches Gewicht bei 
15° C. 

1,0664 

, 1,0705 

1 i 

0,9992 

i 

0,9989 


9. Versuche Aber das Pasteurisieren und Elnschweleln der 

Moste. 

In Frankreich ist es vielfach üblich, die Moste vor der Gärung 
zu pasteurisieren oder stark zu schwefeln, um eine reinere Gärung 
zu erzielen. Im Herbst 1903 bot sich eine Gelegenheit, einige Ver¬ 
suche in dieser Hinsicht auszuführen. Das Jahr 1903 war ein aus¬ 
gesprochenes Pilzjahr, in dem die Pilzkrankheiten in manchen 
Gegenden so früh und stark auftraten, daß sie nicht vollständig ver¬ 
nichtet werden konnten. Ein Weingutsbesitzer an der Nahe stellte 
uns für Versuchszwecke eine größere Menge Most zur Verfügung, 
der aus vom Pilz stark befallenen Trauben gekeltert worden war. 
Mit diesem Most wurden folgende Versuche ausgeführt 

1. Ein Teil wurde ohne jeden Zusatz spontan vergoren. 

2. Ein weiterer Teil wurde mit Reinhefe vergoren. 

3. Ein Teil wurde pasteurisiert (mit dem Frommeschen 
Apparat), dann mit Reinhefe vergoren. 

4. Ein Teil wurde in ein stark (bis zum Erlöschen der 
Schwefelschnitte) eingebranntes Faß gebracht und dann mit Rein¬ 
hefe vergoren. 

5. Ein Teil wurde mit einer sechsprozentigen Lösung von 
schwefliger Säure versetzt, dann mit Reinhefe vergoren. 

6. Ein Teil wurde mit Kaliurametasulfit versetzt und dann mit 
Reinhefe vergoren. 


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Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 




















142 


IV. Die Versuchsstationen. 


Digitized by 


Bei den Versuchen 3. bis 6. wurden die Moste 3 Tage nach 
der Behandlung bezw. dem Zusatz sich selbst überlassen, alsdann 
eine erhebliche, stets gleiche Menge eines in Most stark gärenden 
Ansatzes von Steinberger Reinhefe zugesetzt. Nur der mit Kalium¬ 
metasulfit versetzte Most war zur Zeit des Reinhefezusatzes noch 
ganz stumm; alle übrigen zeigten bereits beginnende Gärung. So¬ 
wohl der Most als auch die Weine nach dem ersten und zweiten 
Abstich wurden eingehend untersucht und letztere probiert. Die 
Kostprobe bewies eine geradezu schlagende Wirkung der Behand¬ 
lung des Mostes. Der spontan vergorene Wein hatte einen wider¬ 
wärtigen, höchst üblen, fauligen Geruch und Geschmack; er war 
ganz ungenießbar und unbrauchbar. Der mit Reinhefe vergorene 
Wein war wesentlich besser, hatte aber noch sehr deutlich den 
fauligen Geruch und Geschmack. Die übrigen Weine hatten diese 
üble Eigenschaft nicht, sondern waren völlig reintönig, wie Weine 
aus normalem, gesundem Most. Die Unterschiede der Weine waren 
überraschend. Am besten gefiel der mit Kaliummetasulfit versetzte 
Wein, der von allen Probierenden den übrigen Weinen vorgezogen 
wurde. 

Von großem Interesse waren auch die Ergebnisse der chemi¬ 
schen Untersuchung. Durch das Pasteurisieren und Schwefeln 
wurde die Säureabnahme und parallel damit laufend die Milchsäure¬ 
bildung verlangsamt. Auch hier zeigte das Kaliummetasulfit sich 
als das am stärksten wirkende .Mittel. Beim ersten Abstich war die 
Säureabnahme des mit diesem Salz versetzten Mostes ganz minimal 
und der Milchsäuregehalt sehr gering, ganz im Gegensatz zu dem 
nicht behandelten Wein, der eine sehr starke Säureabnahme auf wies. 
Beim zweiten Abstich zeigte auch der mit Kaliummetasulfit ver¬ 
setzte Wein eine starke Säureabnahme und Milchsäurebildung, wurde 
aber von den anderen Weinen immer noch erheblich übertroffen. 

Der Ausbau der Weine wird weiter verfolgt und über das 
Endergebnis im nächsten Jahre berichtet werden. 

10. Über die Verändernngen der Tranbenbestandtelle bei der 

Fäulnis. 

Bereits in den Jahren 1901 und 1902 hatten wir beobachtet, 
daß die von dem Edelfäulepilz befallenen Trauben Moste gaben, die 
ein höheres Mostgewicht und einen höheren Säuregehalt hatten als 
die Moste aus gesunden Trauben. In beiden Jahren waren die 
Trauben noch nicht vollreif, als sie von dem Fäulnispilz befallen 
wurden. Im Jahre 1903 lagen die Verhältnisse ganz ähnlich; die 
Fäulnis der Trauben war durchweg stärker als im Jahre 1902, er¬ 
reichte aber bei weitem nicht den Umfang wie im Jahre 1901. Wir 
sind in diesem Jahre der Frage näher getreten, welche Veränderungen 
der Edelfäulepilz unter diesen Umständen in den Traubenbestand¬ 
teilen hervorruft,, und haben zu dem Zweck eine größere Anzahl 
Moste aus gesunden und faulen Trauben genau untersucht Die 
Ergebnisse der Untersuchungen sind, soweit sie von Interesse sind, 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



Bericht über die Tätigkeit der oenocheniischen Versuchsstation, 


143 


Alkalität der Asche 


(Kubikcentimeter N-Kali' 
auf 100 ccm Most) 

oxcocr.c'ics m 1 q i.'t - ^ »ft x n - x ^ 

co cd oo zo oi irf oi cd* cd —• oi oi cd oi cd oj~* oi oioicd ^ oi 

Mineral¬ 

bestandteile 

i 

-r x n © x ^ ^ :i o o ci io m x io -h w '«o co c oo 

C io ® -f CD Oi O X O 05 W IO X ^ O CO O CO Ci M 

-r cc ro »c co ir^oo^co co_lo cm cmi^co ^co co cm ^co co -^oi co 

Stickstoff 


-< C5 «O © « C0 00 00 50 O CO *t Ci Ol »O 00 Ifl t»- Ci C O I - CD —1 

2c«occC2 h 2 c,,1, 2 <: ' 1 - 



dcodddcccdddodöccö cd cT © ö ö o~ 

Zuckerfreies 

Extrakt 

i 

| 

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oo | c C r» | cm oi | C.O cm» oco^ t-- »o t - **r uo ^ 

cm" cd’id cd oi »ocm co co co ^oi^co ^ co ^ co’o co 

Gesamt-Zucker 

(Invertzucker) 

Gramm in 100 ccm 

ci ^ c; ic ci ^ ei t> r. r- r- cc - ^ c: c co oo -- to ^ c 

cm — ( oo L» ■© CJ W ^ C5 CO w W Cl ^ CJ X CD Tf — ^ iD *-« iCC CD^ 

oo o c^r-© "d io © i* ci x id r£ x © ~£ cd »d -£ co »d -r 

An alkalische 
Erden gebundene 
Weinsäure 

CO © © r- X O C - i* ^ C C O - 1 ^ O O 

o —» — ^ ' i ^ m »c d n d a x ^ c -h c o «ö o 

CM —' CM w Ol w> COOJ^ 1 w ^ j ; ©^ — r —^ ; Cm —Ol Ol CM —^ 

© © C OO © ©‘■©© O ©öö’ d* ö© cT © © 

Weinstein 

W CO Ol '«ff Ol O X - >c oi co r*- © co r> 

N do »C C ^ ^ ‘O CO I iGWDWIMOiOODXJOOMhC 

CO »C CO © CM -* —! CO 1 in - 1 Ol co co co CO CO Ol C 1 Ol CM Ol_ 



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Freie 

Weinsäure 


© C5 CD Ct »O O X — O 

© © 21 © © © LZ © ! o ^ © © © 2 © ^ o J c ^ ° cm ^ 

© © © o c © © © © ö 

i 

, Gesamt- 

| Weinsäure 


^1 r ivC O ^ CC ^ 3? D co IC rH c. t.c to D co ^ CO O IO 

© © —' X co icc — X 1 - TT X O t- XXr-coci-rcD-^ Xicc—< 

IO ^ ZC C0 CD Tf 50 *■* CO 04^ O ** CD O "TT co ^ co 

oööö doddoööööööööoööoöoö 

Gesamtsäure 


CJ^r-NCCDO-l-t^NXl^Cl^CDD^ClrigCOrHCOfM 

© © © «r* CM I>- ^CO^-^CD 0,0^0^01^00 UO^CO^CD »-* /** O 

©‘,—TT" ^-i i—T i—T i—~ i—T —i © *—i»—it-Hif—ii—i i—ii—i 

Mostgewicht 

Grade Oechsle 

—(r— r^X>i— CONOCO 00 Ol^© CD l> t>;CM-^ 1 -H »q ^© © 00 00 

r^T © t d'cc' ci^cd' oo oT co* cd icf cd —* oo O —• Di ^ 

OOQOOOOOl'OJOXOhXXX'X^N^^dM^^OD» 

Ob gesund 
oder faul? 

gesund 

faul 

gesund 

faul 

gesund 

faul 

gesund 

faul 

gesund 

faul 

gesund 

faul 

gesund 

faul 

gesund 

faul 

gesund 

faul 

gesund 

faul 

gesund 

faul 

gesund 

faul 

Traubensorte 

Fruhburgunder 

Frühburgunder 

11 

Spätburgunder 

Portugieser 

Müllerrebe 

V, 

Spätburgunder 

Spätburgunder 

V 

Sämling 

Elbling 

Sylvaner 

v 

Sylvaner 

Sylvaner 

Nummer 



Digitized by Gougle 


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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 








144 


IV. Die Versuchsstationen. 


Digitized by 


in der Tabelle auf Seite 143 zusammengestellt. Die Moste Nr. 1 
bis 10 und 15 bis 22 stammen aus Geisenheim (Lagen Fuchsberg, 
Steinacker, Schorchen), Nr. 11 bis 14 aus Aßmannshausen (Königl. 
Domäne), Nr. 23 und 24 aus Bacharach (Lage Wolfshöhle). 

(Siehe Tabelle auf Seite 143.) 

Zu den Zahlen der vorstehenden Tabelle ist noch folgendes zu 
bemerken. Einige der Moste waren bereits angegoren, und zwar 
enthielten Nr. 2: 2,53 g. Nr. 6: 1,63 g, Nr. 10: 1,40 g, Nr. 15: 
0,16 g, Nr. 16: 0,16 g, Nr. 18: 0,21 g, Nr. 23: 0,42 g, Nr. 24: 
0,11 g Alkohol in 100 ccm. Die ursprünglichen Mostgewichte 
wurden in bekannter Weise berechnet (vorhandenes Mostgewicht 
+ 10 X Alkohol) und in die Tabelle eingesetzt. Hieraus erklären 
sich auch die zum Teil im Verhältnis zum Mostgewicht sehr niedrigen 
Zuckergehalte der angegorenen Moste. Das zuckerfreie Extrakt 
wurde in der Weise berechnet, daß aus dem Mostgewicht (spezi¬ 
fischen Gewicht) nach Tafel II der amtlichen »Anweisung zur 
chemischen Untersuchung des Weines« der Extraktgehalt entnommen 
und davon der Zuckergehalt abgezogen wurde. Bei den ange¬ 
gorenen Mosten bediente man sich zur Berechnung des Extraktes 
der Formel von Tabariö. 

Aus den Untersuchungen ergibt sich folgendes: 

1. Das Mostgewicht wird (mit einer Ausnahme) durch die 
Fäulnis erhöht, zum Teil sogar sehr erheblich. Mit dieser Erhöhung 
des Mostgewichtes geht aber nicht eine entsprechend starke Erhöhung 
des Zuckergehaltes Hand in Hand. Wo die Fäulnis eine starke 
Erhöhung des Mostgewichtes bewirkt hat, ist zwar auch der Zucker¬ 
gehalt erhöht, wenn auch nicht in gleichem Verhältnis; bei weniger 
starker Erhöhung des Mostgewichtes ist der Zuckergehalt nicht ge¬ 
stiegen, ja teilweise in den Mosten aus faulen Trauben kleiner als 
in den entsprechenden Mosten aus gesunden Trauben. Dement¬ 
sprechend ist das zuckerfreie Extrakt in den Mosten aus faulen 
Trauben durchweg höher als in den Mosten aus gesunden Trauben. 

2. Der Säuregehalt wird durch die Fäulnis, meist recht er¬ 
heblich, erhöht. Von großem Interesse ist dabei das Verhalten der 
Weinsäure in ihren verschiedenen Bindungsformen. Die Gesamt¬ 
weinsäure nimmt in allen Fällen ab, ebenso die freie Weinsäure; 
letztere geht sogar in der Mehrzahl der Fälle bis auf Null herab. 
Dagegen nimmt der Weinsteingehalt, zum Teil erheblich, zu, ein 
Beweis, daß die freie Weinsäure nur teilweise durch die Fäulnis¬ 
pilze zerstört w r ird; zum Teil wird sie an Kali gebunden. Die an 
alkalische Erden gebundene Weinsäure nimmt teils ab, teils bleibt 
sie unverändert, teils zeigt sie eine schwache Zunahme. 

3. Sehr auffallend ist die meist sehr starke Erhöhung des 
Mineralstoffgehaltes der Moste durch die Fäulnis. Parallel 
damit läuft eine Erhöhung der Alkalität der Asche und der wässe¬ 
rigen Aschenlösung, die wieder im Zusammenhang stehen mit der 
Verminderung der freien Weinsäure und der Erhöhung des Wein¬ 
steingehaltes. 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



Bericht über die Tätigkeit der oenochemischen Versuchsstation. 


145 


4. Der .Stickstoffgehalt der Moste wird durch die Fäulnis 
stark vermindert; er wird von den Schimmelpilzen verbraucht und 
in höher konstituierte, unlösliche Verbindungen übergeführt. 

Die auffallende Tatsache, daß parallel mit dem Anwachsen der 
Gesamtsäure eine Verminderung der Weinsäure geht, führt zu der 
Annahme, daß durch die Fäulnis eine andere Säure gebildet wird. 
Wir dachten dabei in erster Linie an die Bildung von Essigsäure 
bezw. anderen flüchtigen Säuren und von Milchsäure und haben 
daher die Moste aus den gesunden und faulen Trauben auf diese 
Säuren untersucht. Das Ergebnis war negativ. Nur in einem Falle, 
bei dem Moste aus den faulen Trauben der Müllerrebe, konnten wir 
einen deutlichen Stich, 0,221 g flüchtige Säure in 100 ccm, fest¬ 
stellen. Bei den übrigen Mosten war der Gehalt an flüchtigen 
Säuren weit geringer, allerdings bei den Mosten aus faulen Trauben 
stets höher als bei den Mosten aus gesunden Trauben; er betrug 
bei den Mosten aus gesunden Trauben 0,002 bis 0,016 g, aus faulen 
Trauben 0,004 bis 0,061 g in 100 ccm. Der Milchsäuregehalt war 
in sämtlichen Mosten gering; er blieb bei den Mosten aus gesunden 
Trauben unter 0,05 g, aus faulen Trauben unter 0,1 g in i00 ccm. 

Die Frage, ob beim Faulen der Trauben eine neue Säure ent¬ 
steht und welches diese Säure im bejahenden Falle ist, bleibt späteren 
Untersuchungen Vorbehalten. Wir haben auch einige der Moste 
aus gesunden und faulen Trauben vergoren und die Weine nach 
dem ersten Abstich untersucht; über das Ergebnis wird später be¬ 
richtet werden. 

11. Versuche zur direkten Bestimmung der nichtflflchtigen 
Säuren und zur indirekten Bestimmung der flüchtigen Säuren 

im Wein. 

Gegenwärtig bestimmt man ganz allgemein die flüchtigen 
Säuren des Weines direkt durch Destillation und berechnet aus der 
Gesamtsäure und den flüchtigen Säuren die nichtflüchtigen Säuren. 
Zur Bestimmung der flüchtigen Säuren muß man sich des umständ¬ 
lichen Destillierverfahrens bedienen, für dessen Ausführung ein be¬ 
sonderer Destillierapparat erforderlich ist. Der Praktikant Fritz 
Hünlich stellte nun eine größere Anzahl von Versuchen an, die 
nichtflüchtigen Säuren direkt zu bestimmen. Es wurde festgestellt, 
daß durch zwei- bis dreimaliges Abdampfen der Weine auf dem 
Wasserbade bis auf wenige Kubikcentimeter die flüchtigen Säuren 
entfernt werden, ohne daß die nichtflüchtigen Säuren verändert 
werden; in dem letzten Verdampfungsrückstand kann man die nicht¬ 
flüchtigen Säuren mit Lackmuspapier als Indikator titrieren. Aus 
der Gesamtsäure und den nichtfliichtigen Säuren kann man die 
flüchtigen Säuren berechnen: die so berechnete Menge der flüch¬ 
tigen Säure stimmt mit der durch Destillation direkt bestimmten 
gut überein. Die Versuche wurden mit Weißweinen, Rotweinen, 
Apfelweinen und Beerenweinen ausgeführt, überall mit gleich gutem 

Gasenhoimar Bericht 1003. 10 


Digitizetf by 


Gck igle 


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146 


IV. Dio Versuchsstationen. 


Ergebnis. Die indirekte Bestimmung der flüchtigen Säuren bedeutet 
eine erhebliche Vereinfachung der Analyse und dürfte sich nament¬ 
lich für Praktiker empfehlen. 

12. Versuche Uber die Einwirkung einiger Schönungsmittel 
anf die chemische Zusammensetzung der Weine. 

Das von uns empfohlene und in die Kellerwirtschaft ein¬ 
geführte Kasein hat in der Praxis schon vielfach Anwendung zur 
Entfärbung rahner Weine gefunden. Es schien daher von Interesse, 
festzustellen, ob und inwieweit dieses Schönungsmittel die Weine 
angreift, d. h. dem Wein Stoffe entzieht, und ob ein Teil desselben 
im Wein gelöst bleibt Zu dem Zwecke wurden ein Rotwein, ein 
vollkommen klarer, fertiger weißer Flaschenwein und ein rahner Wein, 
alle genau untersucht, mit wechselnden Mengen Kasein geschönt; 
nach dem Absetzen des Schönungstrubes wurden die Weine filtriert 
und untersucht Dieselben Versuche wurden mit Milch, deren wirk¬ 
samer Bestandteil ja das Kasein ist, ausgeführt und da wir im letzten 
Jahre öfter Veranlassung hatten, die Behandlung der Weine mit 
Holzkohle und Tierkohle zu empfehlen, wurden die Versuche auf 
die Frage ausgedehnt inwieweit diese Mittel die Weine angreifen. 
Die Untersuchimgen, die von dem Volontärassistenten Dr. Theodor 
Roettgen ausgeführt werden, sind noch nicht beendet. Über ihr 
Ergebnis wird im nächsten Jahresbericht berichtet werden. 

13. Über die Behandlung braun gewordener Rotweine. 

Wie französische Forscher festgestellt haben, wird das Braun¬ 
werden der Rotweine durch ein Enzym, die Oenoxydase, hervor¬ 
gerufen. Wir haben im Berichtsjahre wiederholt Gelegenheit gehabt, 
braun gewordene Rotweine zu behandeln. Sowohl bei Versuchen 
im kleinen als auch beim Behandeln im großen wurden vorzügliche 
Erfolge durch Pasteurisieren und Behandeln der Weine mit schwefliger 
Säure erzielt; durch das Pasteurisieren wird das Enzym unschädlich 
gemacht und durch die Reduktionswirkung der schwefligen Säure 
der oxydierte und dadurch braun gewordene Farbstoff wieder in 
seine ursprüngliche Form zurückgeführt. Wir haben über die 
Behandlung braun gewordener Rotweine zahlreiche Versuche im 
kleinen ausgeführt und festgestellt, daß weder das Pasteurisieren allein, 
noch die schweflige Säure allein die Krankheit ganz zu beheben 
im stände sind, sondern nur beide Faktoren zusammen. Durch 
starke Schönungen mit Milch oder Kasein läßt sich der braune 
Farbstoff großenteils ausfällen, der Wein gewinnt dadurch an Aus¬ 
sehen erheblich, wird aber sehr stark entfärbt. Der große Vorteil 
der Behandlung durch Pasteurisieren und schweflige Säure beruht 
darin, daß der braune Farbstoff wieder zu dem ursprünglichen roten 
Farbstoff reduziert wird. Die Erfolge sind geradezu überraschend. 
Wir haben Weine gehabt, die anscheinend nur noch ganz wenig 
unzersetzten Farbstoff enthielten und stark trüb waren und nach 


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Gougle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



Bericht über die Tätigkeit der oer.oehemischeu Versuchsstation. 


147 


der Behandlung eine feurige, gedeckte Farbe hatten und vollkommen 
blank waren. 

Bei diesen Versuchen hat uns das Kaliummetasulfit vorzügliche 
Dienste geleistet. Dieses prachtvoll kristallisierende, ziemlich luft¬ 
beständige Salz von der Formel K, S 2 0 5 wirkt entschieden besser als 
selbst starkes Einbrennen mit Schwefel. Wir haben mehrfach einer¬ 
seits Kaliummetasulfit angewandt, andrerseits das Gefäß so stark ein¬ 
geschwefelt, bis der Schwefelspan von selbst erlosch, und nach ersterem 
Verfahren erheblich bessere Erfolge erzielt Das Kaliummetasulfit 
hat den großen Vorzug, daß es eine ziemlich genaue Dosierung 
der schwefligen Säure gestattet, was beim Einbrennen mit Schwefel¬ 
schnitten auch nicht annähernd möglich ist Wir neigen zu der 
Annahme, daß die durch die Säuren des Weines aus dem Kalisalze 
erst frei gemachte schweflige Säure im Entstehungszustande (in statu 
nascendi) wirkt, in dem alle Stoffe, wie bekannt, besonders energisch 
reagieren. 

Während in Frankreich das Kaliurametasulfit vielfach an¬ 
gewandt wird und zur anerkannten Kellerwirtschaft gehört, sind in 
Deutschland Stimmen laut geworden, die sich ablehnend gegen das 
Salz verhielten. Man hat behanptet, daß dasselbe den Extrakt- und 
Aschengehalt der Weine erhöhe und deshalb durch das Weingesetz 
verboten sei. Wir haben, um festzustellen, inwieweit die Zusammen¬ 
setzung der Weine durch die Behandlung mit Kaliummetasulfit ver¬ 
ändert wird, einen braun gewordenen Rotwein untersucht, ihn als¬ 
dann mit 10 g Kaliummetasulfit auf das Hektoliter versetzt und 
pasteurisiert und alsdann auch den durch diese Behandlung wieder 
vollständig normal gewordenen Rotwein untersucht Es ergaben 
sich folgende Werte: 

Derselbe Wein nach Zusatz 
Braun gewordener von 10 g Kaliummetasulfit 
Rotwein auf das Hektoliter und nach 

dem Pasteurisieren 

Schweflige Säure . . . 37.3 mg 85,1 mg im Liter 

Schwefelsäure (S0 8 ) . . 0,0628 g 0,0640 g in 100 ccm 

Schwefeisaures Kali . . 1,367 g 1,393 g im Liter 

Mineralbestandteile . . 0,235 g 0,230 g in 100 ccm 

Kali (Kj O). 0,0396 g 0,0421 g. 

Die Erhöhung der Mineralstoffe durch den Zusatz von Kalium¬ 
metasulfit liegt noch innerhalb der Fehlergrenzen; tatsächlich wurden 
hier in dem ursprünglichen Wein mehr Mineralstoffe gefunden als 
in dem mit dem Salz versetzten Wein. Von einer merkbaren Er¬ 
höhung der Mineralstoffe kann daher nicht die Rede sein; das 
gleiche gilt von den Extraktstoffen. Der Gehalt an schwefliger 
Säure wird allerdings bedeutend erhöht, aber nicht mehr als beim 
Abziehen der Weine in ein stark eingebranntes Faß. 






148 


IV. Die Versuchsstationen. 


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14. Beiträge zur Chemie der Obstarten. 

a) Untersuchungen Ober die Art der Stickstoffsubstanzen 
in den Obstmosten. 

Über die verschiedenen Formen, in denen der Stickstoff in 
den Obstarten vorkommt, liegen bisher Untersuchungen nicht vor. 
Da diese Frage auch für die Gärung der Obstmoste von Bedeutung 
ist, wurden im Sommer und Herbst 1903 einige Untersuchungen 
in dieser Richtung mit Obstsäften ausgeführt Folgende Bestim¬ 
mungen wurden ausgeführt: 

1. Der Gesamt-Stickstoff wurde in 25 ccm Obstsaft nach 
Kjeldahl bestimmt. 

2. Koagulierbares Eiweiß. 100 cm Obstsaft wurden einige 
Minuten gekocht, alsdann durch ein dichtes Filter filtriert, das 
Filter mit Wasser ausgewaschen und der Stickstoffgehalt des Filters 
nebst dem darauf befindlichen Niederschlag nach Kjeldahl bestimmt 

3. Reineiweiß nach Stutzer. 50 ccm Filtrat von 2. wurden 
mit aufgeschlemmtem Kupferoxydhydrat behandelt, die Flüssigkeit 
filtriert, in dem Filter samt Niederschlag der Stickstoff nach Kjel¬ 
dahl bestimmt. 

4. Ammoniakstickstoff. 100 ccm Obstsaft wurden mit frisch 
gebrannter Magnesia destilliert, das überdestillierende Ammoniak in 
titrierter Schwefelsäure aufgefangen und letztere mit Lauge zurück¬ 
titriert. 

5. Amidstickstoff. 100 ccm Obstsaft wurden zur Verseifung 
der Amide mit 5 ccm konzentrierter Salzsäure l 1 /, Stunden am 
Rückflußkühler gekocht, alsdann das Ammoniak durch Destillation 
mit gebrannter Magnesia bestimmt. Die Differenz der Bestimmungen 
zu 5. und 4. ergibt den Amidstickstoff. 

6. Stickstoff in der Form durch Alkohol fällbarer 
Verbindungen. 25 ccm Obstsaft wurden mit 125 ccm Alkohol 
von 96 Volumprozent versetzt, der Niederschlag nach mehrstündigem 
Stehen abfiltriert, mit Alkohol ausgewaschen und dann sein Stick¬ 
stoffgehalt nach Kjeldahl bestimmt. 

Der Stickstoffgehalt der Filter wurde gesondert bestimmt und 
überall da, wo bei dem Kjeldahl verfahren ein Filter mit verbrannt 
wurde, in Rechnung gezogen. Die Untersuchungen hatten folgendes 
Ergebnis: 

(Siehe Tabelle auf S. 149.) 

Diese Zahlen werden mit allem Vorbehalt mitgeteilt. Die 
Werte für koagulierbares Eiweiß und für Reineiweiß nach Stutzer 
sind durchweg sehr gering, so daß die Annahme nicht ausgeschlossen 
ist die bei diesen Bestimmungen angewandten Verfahren seien für 
Obstsäfte nicht anwendbar, zumal da sie ursprünglich für ganz 
andere Substanzen ausgearbeitet worden sind. Andrerseits lehren 
die Zahlen für die durch Alkohol fällbaren Stickstoffverbindungen. 
die durchweg sehr niedrig sind, daß die Obstsäfte tatsächlich nur 
wenig wirkliche native Eiweißstoffe enthalten: denn man weiß, daß 
fast alle Eiweißstoffe durch hochprozentigen Alkohol gefällt werden. 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



Bericht über die Tätigkeit der oenocheniischen Versuchsstation. 149 



g 

o 

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Stickstoff 

in der 

Form v 

on 



o - ST S? 

cd 

P 

er 


O. 


— 

Bezeichnung 

der 

Obstarten 

3 % 

Q. -• 

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or 2. 

samtsüure 

Weinsäure 

rechnet) 

•—T- 

1 

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O 

koagulier 
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nach 

S t n t z e i 

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bindunge 

Amiden 

Ammonia 


K 


r+% 

• * 

es 

ö ® cr 

7 2- 


TT 


C 

O 



g in 100 ccm 

Dbstsaft 



Rote Johannisbeeren . . 

50,0 

2,74 

0,0478 

0 

0,00(53 

0,0112 

0,0098 

0,0085 

Schwarze Johannisbeeren 

58.5 

3,98 

0,0840 

0,0035 

0,0112 

0,0182 

0,0140 

0,0189 

Stachelbeeren .... 

38,8 

1,65 

0,0574 

0,0070 

0,0068 

0,0168 

0,0123 

0,0090 

Maulbeeren. 

41,0 

2,30 

0,0868 

0,0049 

0,0112 

0,0154 

0.0112 

0,0105 

Heidelbeeren .... 

31,2 

0,93 

0,0126 

0,0022 

0,0070 

0,0082 

0,0021 

0,0019 

Preißelbeeren .... 

45,8 

2,06 

0,0186 

0 

0,0058 

0.0098 

0,0017 

0,0028 

Sauerkirschen .... 

54.8 

1,78 

0,0420 

0,0018 

0,0084 

0,0112 

0,0084 

0,0061 

Morelien (Kirschen) . . 

48,7 

1,85 

0,0652 

0,0012 

0,0112 

0,0126 

0,0140 

0,0105 

Pfirsiche. 

30,3 

0,48 

0,0378 

0,0028 

0,0126 

0,0168 

0,0112 

0,0055 

Quitten . 

49,9 

1,65 

0,0352 

0 

0,0054 

0.0140 

0,0041 

0,0041 

Tafeläpfel (Spalier) . . 

48,2 

0,60 

0,0380 

0,0028 

— 

— 

0,0049 

0,0056 

Tafelbirnen (Spalier). . 

47,0 

0.28 

0.0322 

0,'K)42 

— 

— 

0,0042 

0,0041 

Schlehen. 

79,0 

2,99 

0,0668 

0,0017 

0,0098 

0.0112 

0,0035 

0,0048 

Mispeln. 

60,8 

0,88 

0,0366 

0 

0,0056 

0,0086 

0,0053 

0,0032 

Frühburgunder . . . 

73,6 

1,87 

0,1162 

0,o035 


— 

0,0180 

0,0196 

Portugieser. 

67,4 

1,10 

0,1484 

0 

0,0070 

— 

0,0168 

0,0217 

Elbliug.. 

49,9 

1,48 

0,0854 

0 

0,0041 

0,0084 

0,0128 ( 

0,0161 

Svlvaner. 

68,5 

1,11 

0,1190 

0 

1 0,0058 

0,0084 

0,0142 

0.0147 

Traminer. 

81,5 

0,95 

0,1421 

0 

0,0055 

0,0090 

0,0179 

0,0175 

Riesling. 

78,0 

1,17 

0,1036 

0 

'0,0084 

10,0126 

0,0151 

0,0196 


Sehr lehrreich sind die Zahlen, die für den Ammoniakstickstoff 
und den Amidstickstoff gefunden wurden. Sämtliche untersuchten 
Traubensorten haben sehr viel Gesamtstickstoff und viel Ammoniak- 
und Amidstickstoff. Die anderen Obst- und Beerenarten sind daran 
viel ärmer. Überaus wenig Gesamtstickstoff, Ammoniak- und Amid¬ 
stickstoff haben der Heidelbeer- und der Preißelbeersaft. Es unter¬ 
liegt keinem Zweifel, daß die Vergärbarkeit der Moste in hohem 
Grade von ihrem Stickstoffgehalte und von der Form, in der die 
Stickstoffsubstanzen in ihnen enthalten sind, abhängt; von allen Stick- 
stoffsubstanzen sind der Hefe das Ammoniak und die organischen 
Säureamide am leichtesten zugänglich. Damit stimmt überein, daß 
gesunde Traubenmoste niemals infolge eines Stickstoffmangels schlecht 
vergären; sie haben stets reichlich, oft übermäßig viel Stickstoff¬ 
substanzen in leicht aufnehmbarer Form. Dagegen bleiben Heidel¬ 
beer- und Preißelbeermoste aus Mangel an assimilierbaren Stickstoff¬ 
verbindungen fast regelmäßig in der Gärung stecken; sobald man 
ihnen aber einen Zusatz von Ammoniaksalzen, also eines Stickstoff- 
Nährstoffes für die Hefe gibt verläuft die Gärung viel flotter. Trotz 
der absoluten Kleinheit der hier gefundenen Zahlen für Ammoniak- 
und Amidstickstoff sind die Differenzen doch im Hinblick auf die 
Hefenernährung von größter Bedeutung. An anderer Stelle (S. 161) 
wird gezeigt, daß ein Zusatz von 20 g Chlorammonium auf 1 hl 


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Original frnm 

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150 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Heidelbeer- und Preißelbeermost bereits genügt um die Gärung 
dieser Moste ganz bedeutend zu befördern. In 20 g Chlorammonium 
sind aber nur 5.352 g Stickstoff enthalten, die auf 100 1 Most hin¬ 
zugesetzt werden; auf 100 ccm Most kommen daher nur 0,00535 g 
Stickstoff und diese genügen zur kräftigen Förderung der Gärung. 
Vergleicht man damit die Differenzen im Stickstoffgehalt einerseits 
der Traubenmoste, andrerseits der Heidelbeer- und Preißelbeer- 
moste, so wird das abweichende Verhalten dieser Moste bei der 
Gärung leicht erklärlich. 

Den Traubenmosten steht in Bezug auf den Gehalt an Ge- 
samtstickstoff, Amiden und Ammoniak der Most aus schwarzen Jo¬ 
hannisbeeren gleich. Damit stimmt die von uns beobachtete Tat¬ 
sache überein, daß der Most der schwarzen Johannisbeeren besonders 
leicht und weit durchgärt und Weine von sehr hohem Alkohol¬ 
gehalt liefert. 

b) Untersuchungen Ober den Gehalt der Obstarten an Pektinstoffen. 

Als »Pektinstoffe« bezeichnet man die Bestandteile der Obst¬ 
arten, die unter geeigneten Umständen gallertartig werden. Die 
chemische Natur dieser Stoffe ist noch sehr wenig erforscht, man 
weiß kaum, in welche Körperklasse sie einzureihen sind. Die Pektin¬ 
körper werden aus den Obstsäften durch starken Alkohol gefällt 
Wir haben den Versuch gemacht, diese Körper in einigen Obstarten 
zu bestimmen. Zu dem Zweck wurden 25 ccm Obstsaft mit 125 ccm 
Alkohol von 96 Volumprozent versetzt, der dadurch bewirkte Nieder¬ 
schlag auf einem getrockneten und gewogenen Filter gesammelt, 
mit Alkohol vollständig ausgewaschen, getrocknet und gewogen. Der 
Niederschlag enthält neben den Pektinstoffen noch Mineralbestand¬ 
teile und Eiweißstoffe. Zur Bestimmung der Mineralbestandteile 
wurde der getrocknete und gewogene Niederschlag verascht. Zur 
Ermittelung der Eiweißstoffe wurden nochmals 25 ccm Obstsaft mit 
125 ccm Alkohol von 96 Volumprozent gefällt, der Niederschlag auf 
einem aschefreien Filter gesammelt, mit Alkohol vollständig aus¬ 
gewaschen und alsdann der Stickstoffgehalt des Niederschlags nach 
Kjeldahl bestimmt. Durch Multiplikation mit 6,25 wurde der 
Stickstoff auf Eiweiß umgerechnet. Von der gesamten Alkohol¬ 
fällung wurden dann die Asche und die Eiweißstoffe abgezogen und 
der Rest als Pektinstoffe in Rechnung gesetzt. 

Folgende Ergebnisse wurden erhalten: 


Obstart 

Pektinstoffe 

0/ 

0,436 

Obstart 

Pektinstoffe 

°/ 

Io 

. 0,445 

Rote Johannisbeeren . 

Pfirsiche .... 

Schwarze Johannisbocr. 

0,657 

Quitten. 

. 0,332 

Stachelbeeren. . . . 

0,652 

Schlehen .... 

0,201 

Maulbeeren . . . . 

0,242 

1 Mispeln. 

. 0,189 

Heidelbeeren . . . . 

0,429 

1 Elbling. 

. 0,125 

Preißelbeeren. . . . 

0.388 

Sylvaner .... 

. 0,152 

Sauerkirschen . . . 

0,090 

Traminer .... 

. 0,125 

Morellen. 

0,335 

Riesling. 

. 0,116 


Gck igle 


Original from 

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Bericht über die Tätigkeit der oenochemischeu Versuchsstation. 151 


Aus diesen nur zur Orientierung ausgeführten Untersuchungen 
ist nicht viel zu ersehen. Im Jahre 1904 sind Versuche über den 
Pektingehalt einiger Obstarten in verschiedenen Reifestadien vor¬ 
gesehen; nach den bei der praktischen Gelee- und Marmeladen¬ 
breitung gemachten Erfahrungen soll nämlich der Gehalt der Obst¬ 
arten an gelatinierenden Stoffen bei der Reife abnehmen. 

c) Ober das Vorkommen der Weinsfiure in den Obstarten. 

Die auf die einzelnen Stickstoffformen untersuchten Obstarten 
ausschließlich der Traubensorten wurden auch auf Weinsäure ge¬ 
prüft, um festzustellen, wie weit diese für die Weintrauben cha¬ 
rakteristische Säure in den Obstarten verbreitet ist. Man bediente 
sich dabei des Verfahrens, das zur Bestimmung der Gesamtweinsäure 
in Trauben-Mosten und -Weinen angewandt wird. Dabei wurden 
nur in roten Johannisbeeren, Stachelbeeren und Preißelbeeren kleine 
Mengen Weinsäure mit Sicherheit gefunden, und zwar in 100 ccm 
rotem Johannisbeermost 0.041 g, Stachelbeermost 0,041 g und Preißel- 
beermost 0,056 g. In den anderen Obstarten, auch in Heidelbeeren, 
schwarzen Johannisbeeren und Maulbeeren, wurde Weinsäure nicht 
gefunden, wenigstens wurden bei der Titration nur so kleine Mengen 
V 4 -Normal-Kalilauge verbraucht (höchstens bis zu 0,2 ccm), daß 
daraus ein sicherer Schluß auf die Gegenwart von Weinsäure in 
den Obstarten nicht gezogen werden kann. Damit ist nicht aus¬ 
geschlossen, daß diese Obstarten doch Spuren von Weinsäure ent¬ 
halten, denn das angewandte Verfahren zeigt ganz kleine Mengen 
Weinsäure nicht an. Jedenfalls ist aber durch die vorstehende 
Untersuchung bewiesen, daß in den untersuchten Obstarten die 
Weinsäure höchstens in ganz kleinen Mengen vorkommt; diese 
scheint in der Tat nur in den Weintrauben eine wichtige Rolle 
zu spielen. 

d) Über die Verbreitung des Rohrzuckers in den Obstarten. 

Da über die Verbreitung des Rohrzuckers in den Obstarten 
nur wenige zuverlässige Angaben in der Literatur vorliegen, wurde 
eine Anzahl frisch gepreßter Obstmoste auf ihren Gehalt an Invert¬ 
zucker und Rohrzucker geprüft. Die Untersuchung führte zu fol¬ 
genden Ergebnissen: 

(Siehe Tabelle S. 152.) 

Die Äpfel und Birnen enthalten stets Rohrzucker. Bei den 
Pfirsichen scheint sogar der Rohrzucker den Invertzucker zu über¬ 
wiegen, wie sich auch aus Untersuchungen von Kulisch ergibt. 
Die übrigen Obstarten, in denen hier Rohrzucker gefunden wurde, 
sind in der Literatur als rohrzuckerfrei aufgeführt. Auch über die 
Zuckerarten der Obstsorten werden die für 1904 in Aussicht ge¬ 
nommenen Reifestudien genauen Aufschluß geben. 


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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



152 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Obstart 


Kote Johannisbeeren . . 

Schwarze Johannisbeeren 
Stachelbeeren .... 
Heidelbeeren .... 
Preißelbeeren .... 
Maulbeeren .... 
Sauerkirscheu .... 

Morelien. 

Pfirsiche. 

Quitten. 

Birnen 

Birnen 

Äpfel. 

Holzäpfel. 

Wilde Birnen .... 

Schlehen. 

Mispeln. 


Mostgewicht 
(Grad Oechsle) 

Gesamt¬ 

säure 

Invert¬ 

zucker 

Rohr¬ 

zucker 

Gesamt¬ 

zucker 


g in 100 ccm 


50,0 

2,74 

9,06 

0 

9,06 

58,5 

3,98 

9,23 

2,56 

11,79 

38,8 

1,65 

6,08 

0 

6,08 

31,2 

0.93 

4,58 

0 

4,58 

45,8 

2,06 

7,16 

0 

7,16 

41.6 

2,30 

3,83 

1,99 

! 5,82 

54,8 

1,78 

8,47 

2,32 

10,79 

48.7 

1,85 

7,35 

1,86 

9,21 

30,0 

0,48 

1.02 

3,17 

4,19 

49,9 

1,65 

7,95 

0 

7,95 

47,0 

0,28 

7,36 

1.08 

8.44 

46.0 

0,38 

6.5; 

1,33 

j 7,90 

48,2 

0.60 

6.92 

1.10 

! 8,02 

50,4 

2,69 

6,02 

1,28 

7,30 

66,4 

1,65 

10.63 

0 

10.63 

79,0 

2.99 

11.30 

2.18 

’ 13,48 

60,8 

0,88 

9,60 

0 

! 9,60 


15. Versuche über das Schwefeln von Dörrobst und 

Dörrgemüse. 


Die Ziele dieser Versuche und Untersuchungen wurden im 
vorigen Jahresbericht näher dargelegt. Zunächst wurde von dem 
Assistenten Dr. Boehm eine größere Anzahl von Dörrobstproben 
des Handels qualitativ auf schweflige Säure geprüft. Man fand, 
daß die gedörrten Pfirsiche, Aprikosen und Birnen sämtlich schweflige 
Säure enthielten, und zwar die Pfirsiche durchweg am meisten, ln 
gedörrten Apfelschnitten, Bohräpfeln, Zwetschen und Kirschen fanden 
wir in keinem Fall schweflige Säure. 

Die quantitative Prüfung der Dörrobstproben ergab, daß der 
größte Teil der schwefligen Säure in diesen Erzeugnissen an or¬ 
ganische Bestandteile (wohl an den Zucker) gebunden ist, ganz 
ähnlich wie im Wein an den Aldehyd. Wir bestimmten daher die 
schweflige Säure nicht nur ihrer Gesamtmenge nach gewichts¬ 
analytisch durch Destillation, sondern auch einerseits die freie, 
andrerseits die gesamte schweflige Säure durch Titrieren mit Jod¬ 
lösung in einem wässerigen Auszuge des Dörrobstes nach einem 
Verfahren, das der gleichen Bestimmung im Wein nachgebildet war. 
Die Untersuchung lieferte folgende Ergebnisse. 

(Siehe Tabelle S. 153.) 

Da das Dörrobst nicht als solches genossen, sondern zur Her¬ 
stellung von Kompott verwendet wird, stellten wir Versuche über 
das Verhalten der schwefligen Säure beim Verkochen des Dörr¬ 
obstes zu Kompott an. Zu dem Zweck wurden, ähnlich wie es 
seitens der Hausfrauen in der Küche geschieht, 300 g der vorher 


Gck igle 


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Bericht über die Tätigkeit der oenocheniiscben Versuchsstation. 


153 


Bezeichnung 

Wasser 

Gesamt- 
siiure, als 
W einsäure 

Schweflige Säure 

nacTdem Gesa,nte Freie 

t\__ 


berechuet 

ueaiu- 

lationsver- 

f&hren 

mit Jod 

titriert 

0/ 

Io 

0 / 

lO 

«/ 

10 

0/ 

Io 

°/ 

'o 

Pfirsiche. 

28,54 

1,70 

0,2130 

0,1920 

0,0811 


25,52 

1,04 

0,1407 

0,1301 

0,0482 

•• ...... 

22,07 

1,28 

0,1631 

0.1436 

0,0723 

Aprikosen. 

32,22 

2,70 

0,0962 

0.0738 

0,0073 

„ . 

26,06 

1,40 

0,0829 

0,0864 

0,0168 

. 

31,64 

1,24 

0,1304 

0,1182 

0,0120 

. 

27,62 

1,08 

0,2388 

0,2035 

0,0442 

v ..... 

24,02 

1,44 

0,1798 

0,1592 

0.0530 

Birnen. 

31,87 

1,60 

0,0646 

0,0492 

0,0147 

v . 

28,30 

1,50 

0,0277 

0.0265 

0.0048 

•1 . 

28.10 

0,51 

0,0765 

0,0602 

0.0168 

Priinellen. 

32,43 

1.32 

0,1010 

0,0841 

0.0241 


auf ihren Gehalt an schwefliger Säure untersuchten Dörrobstsorten 
mit 700 ccm Wasser übergossen und sechs Stunden zum Aufquellen 
stehen gelassen. Dann wurden 100 g Zucker hinzugegeben und 
das ganze, nachdem das Gewicht festgestellt worden war, in einem 
emaillierten Topf 20 Minuten über freier Flamme leicht gekocht. 
Nach dem Erkalten wurde das verdampfte Wasser ersetzt, die Masse 
zweimal durch die Fleischhackmaschine getrieben und in Glas¬ 
gefäßen mit eingeriebenem Stopfen auf bewahrt. In je 200 g der 
gemahlenen Masse wurde die gesamte schweflige Säure nach dem 
Destillationsverfahren bestimmt; je 200 g wurden zur Feststellung 
der freien und der gesamten schwefligen Säure durch Titrieren 
eines wässerigen Auszugs mit Jod verwendet. In der folgenden 
Tabelle ist der Gehalt der Kompotte an schwefliger Säure auf Pro¬ 
zente des ursprünglich angewandten Dörrobstes umgerechnet worden, 
um den Vergleich der Beträge an schwefliger Säure vor und nach 
dem Kochen zu erleichtern. Bei der Berechnung der Prozente der 
schwefligen Säure, die durch das Kochen verjagt wurden, sind die 
nach dem Destillationsverfahren gewonnenen Zahlen als die zweifellos 
genauesten benutzt worden. 

Nach Ausweis der nachstehenden Zahlen schwankt die Menge 
der schwefligen Säure, die beim Kochen des geschwefelten Dörr¬ 
obstes zu Kompott verjagt wird, sehr erheblich; von 11—60% der 
in dem Dörrobst ursprünglich enthaltenen Menge. In der Mehrzahl 
der Fälle war in den Kompotten weitaus die größte Menge der 
schwefligen Säure in gebundener Form vorhanden. Daß so beträcht¬ 
liche Mengen der schwefligen Säure trotz des Kochens in den Kom¬ 
potten Zurückbleiben, dürfte in der organisch-gebundenen Form der¬ 
selben ihre Erklärung finden. 

Bei den praktischen Dörrversuchen wurden die geschälten, 
geschnittenen und in Wasser aufbewahrten Obst- und Gemüsearten 


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154 


IV. Die Versuchsstationen. 


Gehalt der Dörrobst-Kompotte an schwefliger Säure. 


Bezeichnung 
des Dörrobstes 

Schweflige Säure im 

Kompott 

Gesamte schweflige 
Säure in dem ur¬ 
sprünglichen Dörrobst 
nach dem Destillations¬ 
verfahren 

Von der gesamten 
schwefligen Säure des 
Dörrobstes sind durch 
das Kompottkochen 
veijagt worden 

Gesamte 
nach dem 
Destil¬ 
lationsver¬ 
fahren 

Gesamte 1 

Freie 

mit Jodlösung 
titriert 

auf 100 Teile des ursprünglichen 
Dörrobstes berechnet 

u /n 

0 ' 

*0 

% 

°n 

% 

Pfirsiche .... 

0,1822 

0,1607 

0.0410 

0,2130 

14,5 

M .... 

0,0640 

0,0510 

0,0104 

0,1407 

53,9 


0,0793 

0,0686 

0,0034 

0,1(531 

51,4 

Aprikosen .... 

0,0498 

0,0450 

0,(K)75 

0,0962 

48,2 

v .... 

0,0740 

0,0810 

0,0075 

0,0829 

10,7 

„ .... 

0,0651 

0,0574 

0.0043 

0,1304 

50,1 

„ .... 

0,0953 

0,0828 

0,0050 

0,2388 

60,1 

,, .... 

0,1078 

0,0854 

0,0091 

0,1798 

40,0 

Birnen. 

0,0296 

0,0301 

0,0068 

0,0646 

54,2 

„ ..... 

0.0157 

0,0180 

0,0030 

0,0277 

43,3 

„ ..... 

0,0562 

0,0422 

0,0044 

0,0765 

26,5 

Prünellen .... 

0.0758 

0,0645 

0,0361 

0,1010 

25,0 


in einem hölzernen, dicht schließenden Kasten auf Hürden aus¬ 
gebreitet und darunter eine gewogene Menge Schwefel verbrannt, 
ln der schwefligen Säure verblieben die Proben 6 oder 12 Stunden, 
dann wurden sie in üblicher Weise gedörrt. Die Dörrerzeugnisse 
wurden in weithalsigen Flaschen mit eingeschliffenem Glasstopfen 
gebracht und alsbald, spätestens am zweiten Tage, untersucht. Außer 
der schwefligen Säure wurde auch der Wassergehalt bestimmt, um 
den Gehalt der Dörrerzeugnisse an schwefliger Säure auf Trocken¬ 
substanz berechnen zu können. In einigen Fällen wurden auch 
Proben der frisch geschwefelten Erzeugnisse vor dem Dörren unter¬ 
sucht. Die Untersuchungen hatten folgendes Ergebnis. 

(Siehe Tabelle S. 155.) 

Bemerkenswert ist, daß die Äpfel viel weniger schweflige 
Säure aufgenommen haben als die Birnen und die Gemüse (vergl. 
die Zahlen für die nicht gedörrten Erzeugnisse). Die Menge der 
schwefligen Säure im Dörrobst ist nicht immer proportional der 
Menge des verbrannten Schwefels; die Art und Dauer des Dörrens 
wird hier von Bedeutung sein. Durch das Dörren wird ein großer 
Teil der in den frischen geschwefelten Erzeugnissen enthaltenen 
schwefligen Säure entfernt (in den vorliegenden Versuchen 75 bis 
86 %)• Io den frisch geschwefelten und gedörrten Erzeugnissen ist 
fast die ganze schweflige Säure in freiem Zustande vorhanden; erst 
beim Lagern verbindet sich die schweflige Säure großenteils mit 
dem Zucker, wie man dies bei dem gelagerten Dörrobst des Handels 
feststellen kann. 


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Belicht über die Tätigkeit der oenochemischeu Versuchsstation. 


155 









— 

— 




Auf 

Garte 

an 

NJ 

2 . 

EL 

> 

35 


Schweflige Säure 




’S 3 
® ® 

2 CD ^ 

2 

5 

•-i 

i-r 

9 


s?» ^ o 
sr ® S 

Gesamte 

Freie 

Gesamte 

schweflige 

Säure 

C 

3 

Art der 
Gartenerzeug- 

cl£ d- 

^ ’S 

§?8<* 

CL 

CD 

03 

C Tj 

ff la 

/ -» o 

llf 

1 

/ 

® 

® 5 

durch Titrieren 

2 

® 

nisse 

s- ® £ 

Cf 

35 

® 

© 

5 


|§ s 

mit Jodlösung 




® 3 p- 

-gjf 

® s 

i§a 

fl 


3 < " 

3 2 c. 
^ 3 

bestimmt 




D ^ 

Cf 

Ir 








g 

Std. 

C- "D 

O_ 

0 / 

Prozent der wasser- 

Prozent der 



3 

10 

halti 

gen Substanz 

Trockensubstanz 

1 

Äpfei 

3,25 

6 

gedörrl 

2< >.47 

0,0476 

0,0424 

0,0354 

0.0599 

2 


6,50 

12 


30,16 

0,0500 

0.0424 

0,0400 

0,0716 

3 


9, < 5 

12 


29,30 

0,0701 

0,0632 

0,0570 

0,0991 

4 

** 

9,75 

12 

M 

26,35 

0.1036 

IM g] | 

0.0757 

0,1407 

5 


13,00 

6 


2 «t.s:; 

0,0163 

0.0236 

0,0188 

0,0232 

6 


13,00 

12 


21,56 

0,0863 

0,1011 

0,0920 

0.1100 

7 

*• 

19,50 

12 

ii 


0,0902 

0,0786 

0,0655 

0,1373 

8 


9,75 

12 

nicht 

gedÖlTt 

gedörrt 

81,37 

0,1037 

0,0886 

0,0759 

0,5566 

9 

Birnen 

3,25 

6 

25.SS 

0,0424 

0,0400 

0,0306 

0,0572 

10 

m 

6,50 

6 

M 

25,13 

0,0530 

0,0566 

0.0495 

0.0708 

11 

n 

6,50 

12 

V 

32. IS 

0,0934 

0,1146 

0,1038 

0.1383 

12 

»i 

9,75 

12 


25,01 

0,3112 

0,298(5 

0,2383 

0,4150 

13 


9,75 

12 


2 l.’> 1 

0,3466 

0,2972 

0,2638 

0,4593 

14 

•» 

13,00 

6 

V 

31,71 

0,1101 

0,1156 

0,1095 

0,1612 

1 r> 

•« 

13,00 

12 


23,55 

0,1640 

i ), 1888 

0.1888 

0,2145 

16 

i« 

9,75 

12 

nicht 

gedörrt 

92.59 

0,2049 

0,1919 

0,1878 

2,7652 

17 

Kohlrabi 

9,75 

12 

gedörrt 

2ö.5< i 

0,2539 

0,2717 

0,2571 

0.3454 

18 

i« 

13,00 

12 

•i 

nicht 

gedörrt 

26,61 

0,5782 

0,6141 

0,6059 

0,7878 

19 

ii 

9,75 

12 

9i 1.51 

0.2103 

0,1989 

0,1987 

2,2230 

20 

« 

13,00 

12 


94,17 

0,31111 

( ),355< 1 

0.3550 

5.3362 

21 

Sellerieknollen 

9,75 

12 

gedörrt 

22,70 

0,2850 

0.2983 

0,2911 

0,3687 

22 

fi 

13,00 

12 

n 

23,< is 

0,4589 

0,4492 

0,4328 

0,5966 

23 

?. 

9,75 

12 

nicht 

gedörrt 

9< >,59 

0,1706 

0,1576 

0,1552 

1,8130 

24 

i* 

13.00 

12 

ii 

93,75 

0,2646 

0,2377 

0.2328 

4,2336 

25 


Auf 500 St. 


go trock¬ 
net 






Nüsse 

6.50 

12 

13,78 

0,0130 

0,0112 

0,0112 

0,0151 


Wegen des Umbaues der Obstverwertungsstation und Mangels 
an Obst infolge der schlechten Obsternte konnten die praktischen 
Dörrversuche nicht in dem Umfang ausgeführt werden, wie sie ge¬ 
plant waren. Sie werden im Jahre 1904 fortgesetzt werden. Dabei 
soll namentlich festgestellt werden, wie viel schweflige Säure im 
Mindestfalle zum Bleichen des Dörrobstes erforderlich ist; ferner 
soll durch Versuche mit lagerndem Dörrobst die allmähliche Bin¬ 
dung der schwefligen Säure an den Zucker verfolgt werden. 


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156 


IV. Die Versuchsstationen. 


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16. Untersuchungen Uber die Zusammensetzung von Mosten 
und Weinen aus gerbstoffreichen FrUehten. 

Im Vorjahr wurden einige Moste und Weine aus gerbstoff¬ 
reichen Früchten untersucht und dabei eine beträchtliche Verminde¬ 
rung des Treibstoffes bei der Gärung festgestellt. Doch entsprachen 
die Weine nicht genau den untersuchten Mosten. Im Jahre 1903 
haben wir eine Anzahl solcher Moste und Weine, die einander 
genau entsprachen, einer sorgfältigen Untersuchung unterzogen. 
Speierlinge konnten wir in diesem Jahre keine beschaffen. I)a die 
gerbstoffreichen Früchte sich sämtlich nur schlecht abkeltern lassen 
(die Mostausbeute ist sehr gering), wurden auch einige Tresterweine 
daraus hergestellt. Die Untersuchungen führten zu folgenden Er¬ 
gebnissen. 


Bezeichnung 

Spez. Gewicht bei 

15 0 C. 

Stickstoff 

Gerbstoff 

Milchsäure 

Extrakt 

Mineralstoffe 

Flucht. Säuren 

Gesamtsäure 

Rohrzucker 

Invertzucker 

Alkohol 

Alkalität dei Asche 

1 ccm N-Kali auf 100 ccm 

g in 100 ccm 

Schlehen-Most 

1,0790 

0 11.302,182,99 0 0,858(20,52 - 1,2000,0668 

9,5 

Wein . 

1,0364 

5,06 1 3,31 0 '2,45 0,035 0,854' 11,75 0,171 0,364 0,0224 

9,3 

,, Trester¬ 




wein . . . 

— 

1,22 0,035 0 0,41 0,048 0,327 2,58 0.281 0,046 0,0112 

3,i)u 

Mispel-Most 

1 ,( >0us 

0 9,60 0 0,88! 0 0,42015,76 — 0,817 0,0366 

3,3 

„ Wein . 

1,0111 

4,44 0,32 0 0,78 0,079 0,409 4,94 0,124 0,180 0,0140 

3.1 

,, Trester¬ 




wein . . . 

— 

2,21 0,047 1 0 (»,32 0,045 0,174 1,73 0,119 0,031 0,0070 

1,5 

Holzäpfel-Most 

1,0504 

0 6,031,282,69 0 0,37013,05 — 0,5870,0385 

3,6 

,, Wein . 

1,0136 

3,64 0,563! 0 2,17 0,083iO,388 5,22 0,1360,253 0,0154 

3.9 

„ Trester¬ 


1 i l 


wein . . . 

— 

0,85 0,060 0 0,48 0,151 0,156 1.17 0,109 0,017 0,0014 

1,75 

Wilde Birnen, 




„ Most 

1,0664 

0 10,63 0 1,65 0 0,422 17,22 — 1,3900,0674 

3.9 

„ Wein 

1.0116 

4,81 0,56 0 1,42 0,180 0,410 5,22 0,071 0,349 0,0310 

3,8 

Quitten-Most . 

1,0499 

0 7,95 0 1,65 0 0,424 12,92 - 0,18310,0350 

3,7 

„ Wein . 

1,0088 

3.99 0,245 0 0,97 0,0580,438 4,13 0,251 0,052 0,0068 

3,9 

Schlehenwein, 




von auswärts 




eingesandt . 

1,0218 

4,29 1,03 0 1,60 0.055 0,780 7,64 0.226 0,191 0,0250 

7,6 


Wie bei den früheren Versuchen waren die Weine aus gerb¬ 
stoffreichen Früchten sehr trüb und konnten durch Filtrieren nicht 
geklärt werden. Wieder hatte sich fast der ganze Wein in eine 
Gallerte verwandelt, die beim Schütteln eine voluminöse, dickbröck¬ 
lige Masse gab; die letzere wird noch genau untersucht werden. 
Auch in diesem Jahre haben sich die Moste aus gerbstoffreichen 
Früchten trotz der Verwendung von Reinhefe als schwer vergärbar 
erwiesen, zum Teil allerdings nicht in dem Grade wie im Vorjahr. 
Sehr beachtenswert ist der starke Rückgang des Gerbstoffgehaltes 


Gougle 


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Bericht über die Tätigkeit der oenocheinischen Versuchsstation. 


157 


durch die Gärung, der bis zu 80 % beträgt. Dieselbe Erscheinung 
hat sich auch bei den Versuchen über die Gärung von Apfelmost 
mit Zusatz von gerbstoffhaltigen Früchten gezeigt. In den ver¬ 
gorenen Tresterweinen aus den Trestern der gerbstoffreichen Früchte 
ist infolge des starken Gerbstoffrückganges nur noch so wenig Gerb¬ 
stoff enthalten, daß sich die Vergärung der Trester, soweit die Ver¬ 
wendung derselben zur Erhöhung des Gerbstoffgehaltes des Apfel¬ 
weines in Frage kommt, nicht lohnt; und doch enthalten die frischen 
Trester infolge der geringen Saftausbeute, die die gerbstoffhaltigen 
Früchte liefern, sehr erhebliche Mengen Gerbstoff. 

Zur Prüfung der Frage, wie sich die Weine aus gerbstoff¬ 
reichen Früchten bei längerem Lagern verhalten, wurden einige im 
Jahre 1902 hergestellte Weine dieser Art, die bereits im Alter von 
1 / i Jahr einmal untersucht worden waren, nach Ablauf eines weiteren 
Jahres nochmals untersucht. Die Weine hatten nur einige Abstiche, 
aber sonst keine Kellerbehandlung erfahren. Die Weine zeigten 
folgende Zusammensetzung: 


Bezeichnung 

Alter der 
Weine 

GO 

a> 

N 

'"1* G 

po 

sr 

rt- 

C“ 

2 . 

Gesamtsäure 

Alkohol 

Flüchtige Säuren 

O 

| 

G 

Gerbstoff 

Mineral bestandteile 

Zucker 

Extrakt 

Alkalität der Asche 
ccm N-Kali auf 100 ccm 

g in 100 ccm 

Schlehen wein 

7, Jahr 


4,17 2,13 

0.048 


0.317 

— 0,487 — 


»i 

1 7, Jahr 

1,0299 

4.2:') 0.93 

0,072 

1,015 

0,227 

9,70.0,48010,959 

8,3 

Mispel wein . . 

V # Jahr 

— 

5,15 0,75 

0,02(5 

— 

0,269 

— 2,102 — 

— 

i* 

Speierlingwein 

1 7, Jahr 

1,0108 

5,57 0,79 

0,072 

0,352 

0,182 

5,31 1.132 0,334 

1,85 

7 f Jahr 

— 

4.52 0,89, 

0,073 

— 

0,536 

— 1,790 

— 


1 7 f Jahr 

1,0273 

4,55 0,85 

0,087 

0,215 

0,284 

9,16 1,356 0,410 

4,4 

Speierling- 









Tresterwein . 

Vf Jahr 

— 

5,300,37 

0,094 

— 

0,191 

— 11,560 

— 

«* 

1 7* Jahr 

1,0041 

5,380,44 

0,140 

0,355 

0,126 

3,51 1,372 0.240 

2,7 


Auch beim Lagern der Weine aus gerbstoffreichen Früchten 
verschwinden beträchtliche Mengen Gerbstoff. Bemerkenswert ist 
der hohe Milchsäuregehalt der Weine, insbesondere der ungewöhn¬ 
liche hohe Milchsäuregehalt des Schlehenweines. Derselbe läuft 
parallel mit einer außerordentlich starken Verminderung der Gesamt¬ 
säure (von 2,13 g auf 0.93 g in 100 ccm). 

Die Versuche über die Gäning der Moste aus gerbstoffreichen 
Früchten werden fortgesetzt. 

17. Versuche über die Herstellung von Apfelwein mit Zusatz 
gerbstoffreicher Früchte. 

Durch die vorjährigen Versuche wurde festgestellt, daß sowohl 
der Gerbstoff des Apfelmostes als auch der ihm zugesetzten gerb- 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 




158 


IV. Die Versuchsstationen. 


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stoffreichen Moste bei der Gärung erheblich abnimmt. Neue Ver¬ 
suche, die in dieser Richtung im Herbst 1903 ausgeführt wurden, 
bestätigten das vorjährige Ergebnis. Durch wiederholte Untersuchung 
der 1902 er Weine wurde bewiesen, daß beim Lagern ein weiterer 
Teil des Gerbstoffes verschwindet Das Gleiche gilt vom Birnen¬ 
wein. Die folgenden Tabellen enthalten die bei diesen Unter¬ 
suchungen enthaltenen Zahlen. 


Apfelwein 


I. Apfelweine aus dem Jahre 1902. 


in den 
Mosten 


ohne Zusatz.0,105 

mit 15°/o Speierlingmost. 0,227 
mit 15 % Mispelmost . . 0,221 


Gerbstoff 

in den V, in den 1 */* 
Jahr alten Jahre alten 
Apfelweinen Apfelweinen 
g in 100 ccm 

0,068 0,042 

0,157 0,123 

0,128 0.091 


II. Birnenweine aus dem Jahre 1902. 

Gerbstoff 


Birnenwein ohne Zusatz. 

in den J / 2 
Jahr alten 
Birnen¬ 
weinen 
g in 

. . 0,017 

in den 1 l i t 
Jahre alten 
Birnen¬ 
weinen 
100 ccm 

0,007 

mit 2%o 

Weinsäure . . . 


0,019 

0,011 

« •• 4 °/oo 

Weinsäure . . . 


0,015 

0,010 

„ 6 % 0 

Zitronensäure . . 


0,020 

0,016 

^ °/ 0 

Speierlingmost . . 


0,055 

0,038 

n v ® % 

Weinsäure . . . 

Speierlingmost und 

o • 
o 

©' . 
'M 

0,055 

0,036 

Birnenwein mit 5 % 
Weinsäure . . . 

Speierlingmost und 4 % 0 

0,056 

0,031 

Birnen wein mit 5 % 
Zitronensäure . . 

Speierlingmost und 

6%o 

0,057 

0,046 


III. Apfelweine aus dem Jahre 1903. 


Apfelwein ohne Zusatz. 

mit 10% Schlehenmost. 

„ .,10 % Schlehenmost und 4,2 % 0 

Weinsäure. 

Apfelwein mit 15% Mispelmost. 

„ mit 15 % Mispelmost und 4 % 0 Wein¬ 
säure . 

Apfelwein mit 25 % Holzapfelmost .... 
„ „15 % Holzapfelmost und 4 % 0 

Weinsäure. 


Gerbstoff 


in den 

in den */» Jahr 

Mosten 

alten weinen 

g in 

100 ccm 

0,032 

0,017 

0,138 

0,095 

0,138 

0,102 

0,134 

0,061 

0,134 

0,046 

0,143 

0,071 

0,104 

0,048 


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Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 












Bericht über die Tätigkeit der oenochemischen Versuchsstation. 


159 


IV. Birnenweine aus dem Jahre 1903. 

Gerbstoff 

in den in den */* Jahr 
Mosten alten Weinen 
g in 100 com 

Birnen wein ohne Zusatz. 0,016 0,009 

mit 2 °/oo Weinsäure. 0,016 0,003 

„ 4<y 00 „ 0,016 0,009 

„ 2 %o Zitronensäure . . . . 0,016 0,012 

,. 4 % 0 „ .... 0,016 0,009 

In weiteren Versuchen sollen die für sich vergorenen Weine 
aus gerbstoffreichen Früchten dem fertigen Apfelwein und Birnen¬ 
wein hinzugesetzt und geprüft werden, ob hierbei der Gerbstoff¬ 
verlust ein geringerer ist, als wenn bereits die Moste gemischt 
werden. 

18. Versuche Aber die Verwendung säurearraer Tafelbirnen 
zur Herstellung von Birnenwein. 

Die im Jahre 1903 ausgeführten Versuche und Untersuchungen 
bestätigten und befestigten die früheren Ergebnisse. Es wird nur 
selten gelingen, einen gesunden Wein aus Tafelbimen zu gewinnen, 
wenn nicht bereits vor der Gärung eine organische Säure, am 
besten Weinsäure, und wenn möglich Gerbstoff, am besten in der 
Form gerbstoffreicher Früchte, zugesetzt wird. Mit diesen Zusätzen 
darf man jedoch nicht über ein gewisses Maß hinausgehen, da die 
Weine sonst einseitig sauer oder herb schmecken; nur solche Weine, 
die einen ganz bestimmten Gehalt an Säure und Gerbstoff enthalten, 
schmecken einigermaßen harmonisch. Aber auch diese Weine haben 
noch den ölig-süßlichen Geschmack der Weine aus Tafelbimen, der 
durch den Zusatz von Säuren und Gerbstoff wohl etwas zurückge¬ 
drängt, aber keineswegs gänzlich beseitigt wird. Der eigenartige 
ölig-süßliche Geschmack dieser Weine widersteht sehr bald und 
macht sie unvermischt als Handelsware völlig unbrauchbar; selbst 
im Verschnitt mit Apfelwein tritt dieser Geschmack recht unan¬ 
genehm hervor, sobald etwas größere Mengen Birnenwein verwendet 
werden. Eine brauchbare Handelsware wird aus Tafelbimen erst 
gewonnen werden können, wenn es gelingt, diesen ölig-süßlichen 
Geschmack, der nicht durch Zucker, sondern durch andere Bestand¬ 
teile unbekannter Natur hervorgerufen wird, zu beseitigen. 

19. Über das Schicksal der den Apfel- nnd Birnenmosten 
vor der Gärung zngesetztcn Weinsäure. 

Wenn ein Apfelmost infolge der Verwendung säurearmer Äpfel 
zu säurearm ist, so ist es zweckmäßig, ihm Weinsäure oder Zitronen¬ 
säure zuzusetzen, um ihn haltbarer zu machen und vor Krankheiten 
zu schützen. Bei der Bereitung von Wein aus Tafelbimen ist ein 
solcher Zusatz unerläßlich. Im Vorjahre stellten wir fest, daß die 


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IV. Die Versuchsstationen. 


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zugesetzten Säuren bei der Gärung und Lagerung der Weine zum 
großen Teil verschwinden; die Gesamtsäure und die nichtflüchtigen 
Säuren stiegen nämlich nicht im Verhältnis zu den zugesetzten 
Säuren. Da für die Bestimmung der Weinsäure in ihren ver¬ 
schiedenen Bindungsformen genügend genaue Untersuchungsverfahren 
vorliegen, haben wir das Schicksal der den Mosten zugesetzten 
Weinsäure näher verfolgt, sowohl bei den im Jahre 1902 her¬ 
gestellten Birnenweinen, als auch bei eigens zu diesem Zweck im 
Jahre 1903 hergestellten Apfel- und Bimenweinen. Die folgende 
Tabelle gibt Auskunft über die Art der in den einzelnen Weinen 
enthaltenen Säuren, soweit man sie zur Zeit zu bestimmen im 
stände ist. 


Zusätze zu den Mosten 


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ccm 




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P 5 00 

3 p.« 

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I. 1902er Birnenweine (l 1 /, Jahre alt). 


^%o Weinsäure . . 

40/00 Weinsäure . . 

5°/o Speierlingmost 
+ 2 ü /oo Weinsäure 
5% Speierlingmost 
+ 40 /qo Weinsäure 


II. 1903er Birnen weine (*/, Jahr alt). 


2°/oo Weinsäure . 
4°/oo Weinsäure . 


III. 1903er Apfelweine ( l / 2 Jahr alt). 

10% Schlehenmost 
+ 4,2 %q Weinsäure 
2r)0/ ü0 Holzäpfelmost 
_ + J°/po Weinsäure . 

15 0 / 00 Mispel most 
+ 4% 0 Weinsäure . 


0,84 0,033 0,80 0,126 0,102| 0,221 0,038; 0,226 0,004 
0,83 0,039! 0,68! 0,193 0,048! 0,232' 0,024 0,222 0,031 

' ' i 

0,72! 0,038! 0,67' 0,195, 0,040''0,187, 0,010, 0,207, 0,012 


0,163 

0 

0,197 

0 

0,132j 

0 

0,216 

0,026 

0,179: 

0 

0,188 

0,014 

0,226 

0,004 

0,222 

0,031 


Bei den Birnenweinen ist die Weinsäure stark, zum Teil zu 
mehr als der Hälfte, verschwunden. Die übrig gebliebene Wein¬ 
säure ist ganz an Basen, und zwar fast ausscliließlich an Kali ge¬ 
bunden. Freie Weinsäure fehlt gänzlich und nur in zwei Fällen 
sind sehr kleine Mengen Weinsäure an alkalische Erden gebunden. 
Bei den Apfelweinen liegen die Verhältnisse ganz ähnlich. Auch 
hier sind beträchtliche Mengen Weinsäure verschwunden, freie Wein¬ 
säure ist nur wenig vorhanden; fast die gesamte Weinsäure ist an 
Kali gebunden, nur wenig an alkalische Erden. Man wird daher 
die dem Apfel- oder Birnenmoste zugesetzte Weinsäure, soweit sie 


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Bericht über die Tätigkeit der oenochomischen Versuchsstation. 161 


überhaupt noch vorhanden ist, als Weinstein in den fertigen Weinen 
wiederfinden. Bei dem hohen Mineralstoffgehalt der Apfel- und 
Bimenmoste ist dieses Ergebnis leicht verständlich. 

Was wird aus der verschwundenen Weinsäure? Leider wurde 
es versäumt, beim ersten Abstich den Trub auf weinsaure Salze zu 
untersuchen. Der Umstand, daß die mit Weinsäure versetzten 
Weine alle weniger Mineralstoffe enthalten als die gleichen Weine 
ohne Weinsäurezusatz, weist jedoch darauf hin, daß wenigstens ein 
Teil der zugesetzten Weinsäure in der Form von Salzen abgeschieden 
worden ist. Weitere Untersuchungen werden darüber Aufschluß 
geben, ob ein Teil der Weinsäure durch Organismen zerstört wird. 

Auch bei den mit Zitronensäure versetzten Apfel- und Birnen¬ 
weinen wurde ein starkes Verschwinden dieser Säure festgestellt; 
die Gesamtsäure und die nichtflüchtigen Säuren steigen bei weitem 
nicht im Verhältnis der zugesetzten Zitronensäure. Da ein brauch¬ 
bares Verfahren zur Bestimmung der Zitronensäure nicht vorhanden 
ist, läßt sich das Verhalten dieser Säure im Apfelwein nicht so 
leicht verfolgen als das der Weinsäure. 

Durch weitere Versuche soll festgestellt werden, wie sich die 
dem fertigen Apfel- und Birnenwein zugesetzte Weinsäure verhält 

20. Untersuchungen über die Wirkung des Zusatzes von 
Hefenährstoffen zu Beerenobstraosten. 

Im Anschluß an die vorjährigen Versuche wurden auch im 
Jahre 1903 Gärversuche mit Beerenobstmosten unter Zusatz von 
stickstoffhaltigen Nährstoffen ausgeführt. Die Versuche erstreckten 
sich auf die Prüfung der Wirkung einiger Ammoniaksalze auf den 
Verlauf der Gärung. Als Grundsubstanz wurde das Chlorammonium 
in Mengen von 20 und 40 g auf das Hektoliter gewählt. Von 
sonstigen Ammoniaksalzen wurden kohlensaures, schwefelsaures, 
neutrales weinsaures und saures phosphorsaures Ammoniak an¬ 
gewandt. Die als chemisch rein bezogenen Salze wurden analysiert 
und als völlig rein befunden; dem sauren phosphorsauren Ammoniak 
kam die Formel (NH 4 ), HP0 4 zu. Die Menge der Salze wurde 
so berechnet, daß in dem zu 100 1 der Moste zuzusetzenden Quantum 
der Salze ebensoviel Ammoniak enthalten war wie in 20 bezw. 40 g 
Chlorammonium, so daß also bei allen vergleichenden Versuchen 
stets gleiche Mengen Ammoniak, verbunden mit den verschiedenen 
Säuren, zugesetzt wurde. 20 g Chlorammonium sind in Bezug auf 
den Ammoniakgehalt gleichwertig: 17,685 g kohlensaures Ammoniak, 
24,692 g saures phosphorsaures Ammoniak, 24,702 g schwefelsaures 
Ammoniak, .44,401 g neutrales weinsaures Ammoniak. 

Folgende Gärversuche wurden ausgeführt: Gärung ohne jeden 
Zusatz, mit Reinhefe, mit Zusatz von 20. 40 und 60 g Chlor¬ 
ammonium und mit Zusatz der 20 und 40 g Chlorammonium ent¬ 
sprechenden Mengen der übrigen, vorher genannten Ammoniaksalze. 
Bei allen Versuchen mit Ausnahme des ersten wurden stets gleiche 

Geisenheimer Bericht 190K. 


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Original fro-m 

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162 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Mengen Reinhefe zugesetzt. Die Versuche führten zu folgenden 
Ergebnissen: 

1. Bei Kirschmost aus kleinen Weichselkirschen wirkten 
die Ammoniaksalze deutlich fördernd auf die Gärung; die größeren 
Mengen der Ammoniaksalze wirkten etwas günstiger als die kleineren. 
Sämtliche Ammoniaksalze wirkten bei gleichem Ammoniakgehalt 
ziemlich gleich gut 

2. Bei Johannisbeer- und Stachelbeermost blieben die 
zugesetzten Ammoniaksalze ohne jede Wirkung auf die Gärung, 
ebenso die Steigerung der Meuge der Ammoniaksalze. 

3. Bei Heidelbeer- und Preißelbeermost wirkten die 
Ammoniaksalze fördernd auf die Gärung, und zwar wirkten die 
doppelten Mengen und bei dem Chlorammonium noch mehr die 
dreifache Menge deutlich günstiger als die einfachen Mengen. 
Gegenüber den übrigen Ammoniaksalzen, die sich ziemlich gleich 
verhielten, zeichnete sich beim Heidelbeermost (nicht aber beim 
Preißelbeermost) das weinsaure Ammoniak durch eine besonders 
kräftige Förderung der Gärung aus. Der Preißelbeermost der als 
der schwerstvergärbare Obstmost gilt, war seltsamerweise ohne 
Ammoniakzusatz viel leichter vergärbar als der Heidelbeermost; die 
Ammoniaksalze wirkten bei dom Heidelbeermost viel stärker als bei 
dem Preißelbeermost, der mit Reinhefe allein fast ebensogut vergor 
als mit Reinhefe und Ammoniaksalzen. 

Die Gärversuche mit Heidelbeer- und Preißelbeermosten werden 
im Jahre 1904 fortgesetzt werden. 

21. Versuche Aber die Herstellung der Beerenobstweine, 

a) Über die Bemessung der Wasserzusfttze. 

Im Jahre 1902 wurde eine größere Anzahl Versuche über die 
Bemessung der Wasserzusätze gemacht und die dabei erzielten Weine 
untersucht. Im Februar 1904 wurden sämtliche Weine, die damals 
1 1 / 2 Jahre alt waren, nochmals eingehend untersucht Es ergab 
sich, daß die Beerenweine sich im Verlaufe eines Jahres in ihrer 
chemischen Zusammensetzung fast gar nicht geändert hatten. Die 
Weine, die l / 2 Jahr nach der Herstellung krank waren, erwiesen 
sich nach weiterer einjähriger Lagerung als gleich krank oder noch 
kränker. In keinem Falle war die Gärung merklich weitergegangen, 
selbst nicht bei den mangelhaft durchgegorenen Weinen. Auch der 
Gehalt der Weine an Gesamtsäure und an flüchtigen Säuren hat 
sich nur wenig, meist fast gar nicht geändert; selbst bei den 
Kirschweinen, die im Gegensatz zu den Beerenweinen einen deut¬ 
lichen Säurerückgang zeigen, scheint letzterer nach halbjähriger 
Lagerung ziemlich vollendet zu sein. Daraus ergibt sich die wich¬ 
tige Folgerung, daß es im allgemeinen nicht notwendig ist, die 
Beerenweine mehrmals zu untersuchen; es genügt zu ihrer Be¬ 
urteilung, sie im Alter von 1 / 2 bis 1 Jahr zu prüfen. Das gleiche 
gilt auch bei vielen Beerenweinen für die Kostprobe. Indessen hat 


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Bericht über die Tätigkeit der oenochemischen Versuchsstation. 


163 


sich doch gezeigt, daß die stark verdünnten Weine in jugendlichem 
Zustande sich meist besser, ja viel zu gut präsentieren; ihre Fehler, 
die Dünne und Leere des Geschmackes treten nach längerer Lagerung 
stärker hervor. 

Im Jahre 1903 wurden weitere Versuche in dieser Richtung 
ausgeführt, und zwar wurden rote Johannisbeer-Tischweine und 
-Likörweine, Heidelbeer-Tischweine und Likörweine, Kirsch-Likör¬ 
weine, Preißelbeer-Tischweine und -Likörweine mit verschiedenen 
Wasserzusätzen hergestellt. Die Preißelbeerweine goren sämtlich 
sehr schlecht. Bei diesen und den Heidelbeerweinen wurde fest¬ 
gestellt, daß bei gleichem Zuckergehalt die Alkoholbildung um so 
geringer ist, je stärker die Moste verdünnt worden sind. 

Für die Praxis der Beerenweinbereitung ergibt sich aus unseren 
Versuchen, daß eine zu weit gehende Verdünnung der Beerenmoste 
zu vermeiden ist, da sonst die Weine dünn, leer, charakterlos, von 
schwachem Fruchtgeschmack, nicht selten auch krank werden. Nur 
der Heidelbeerwein muß oft weiter verdünnt werden, als nach 
seinem Säuregehalt eigentlich zulässig wäre, da die herbe Eigenart 
der Heidelbeere zu stark hervortritt; in solchen Fällen tut man gut, 
die Säure des Mostes durch Zusatz von Zitronensäure in genügender 
Weise zu erhöhen. Andrerseits dürfen die Beerenweine auch nicht 
zu wenig verdünnt werden, da sonst die Weine zu sauer und hart 
schmecken; der Säuregehalt harmonisch schmeckender Weine darf 
einen bestimmten Betrag nicht überschreiten. 

b) Über die Bemessung der Zuckerzus&tze. 

Im Vorjahre wurde die Beobachtung gemacht, daß die Heidel- 
beerweine nicht soweit durchgären als die übrigen Beerenweine 
und infolgedessen bei der üblichen Erhöhung des Mostgewichtes 
auf 140° Oe. sehr süß bleiben. Es wurden daher einige Versuche 
mit wechselndem Zuckerzusatze gemacht, indem das Mostgewicht 
der Heidelbeermoste teils auf 120°, teils auf 140° Oe. eingestellt 
wurde. Dabei ergab sich, daß die stärker gezuckerten Heidelbeer¬ 
moste durchweg Weine mit geringerem Alkoholgehalt gaben als die 
weniger stark gezuckerten Moste; der hohe Zuckergehalt wirkte 
schädlich auf die Gärung ein. Vorher wurde festgestellt, daß die 
Heidelbeerweine um so weniger weit durchgären, je stärker sie ver¬ 
dünnt sind. Infolgedessen findet man in stark verdünnten und 
stark gezuckerten Heidelbeerweinen wenig Alkohol und viel Zucker, 
ganz in Übereinstimmung mit der Kostprobe, die diese Weine zu 
süß findet Für die Praxis ergibt sich hieraus, daß man Heidel¬ 
beermoste, die man im Verhältnis 1: 1 mit Wasser verdünnt, stärker 
zuckern kann als solche, die im Verhältnis 1 : 2 verdünnt werden: 
erstere können bis zu 140° Oe. im Mostgewicht erhöht werden, bei 
letzteren sollte man nicht über 120° Oe. hinausgehen, da sonst der 
Zucker unharmonisch hervorschmeckt. 

Die Versuche wurden auch auf Stachelbeerweine ausgedehnt, 
doch konnte hier eine Hemmung der Gärung durch den Zucker- 

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164 


IV. Die Versuchsstationen. 


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zusatz nicht beobachtet werden. Die Erhöhung des Mostgewichtes 
auf 140° Oe. ist hier immer am Platz; jedenfalls darf man nicht 
unter 130° Oe. heruntergehen, da sonst die Weine zu wenig süß 
werden und ein Nachsüßen erfordern. 

c) Über den Einfluß des Stehenlassens der Beeren und Matschen 

vor dem Keltern auf die Beschaffenheit der Beerenweine. 

Im Jahre 1902 wurden hierüber einige Versuche mit Johannis¬ 
beeren und Stachelbeeren ausgeführt und die dabei gewonnenen 
Weine untersucht: dieselben wurden im Alter von l 1 /* Jahren 
nochmals untersucht. Im Jahre 1903 wurden die Versuche in um¬ 
fassender Weise wieder aufgenommen und auf Johannisbeeren, 
Stachelbeeren, Kirschen, Heidelbeeren und Preißelbeeren ausgedehnt 
Die Zeit des Stehenlassens wurde bis zu 3 Wochen bemessen, teils 
mit Senkboden, teils ohne solchen; im ganzen wurden in dieser 
Versuchsreihe 26 Weine hergestellt. Dieselben wurden eingehend 
untersucht; auch der Gerbstoffgehalt wurde bestimmt, da anzunehmen 
war, daß dieser sich beim Stehen der Beerenmaischen erheblich 
vermehrt. 

Aus den Versuchen ergibt sich folgendes: Das Angärenlassen 
der Maischen empfiehlt sich im allgemeinen nicht, da selbst bei 
kürzerem Stehen und bei Verwendung eines Senkbodens die Gefahr 
des Stichigwerdens sehr groß ist. Durch höhere Gerbstoffaufnahme 
werden die Weine zu herb. Eine erhebliche Verbesserung der 
Farbe wird durch das Angären der Maische nicht erzielt; für diesen 
Zweck genügt in allen Fällen ganz kurzes Stehen der Maischen 
(1 bis 2 Tage). Bei längerem Stehen der Maischen treten bedeutende 
Verluste an Alkohol auf, während der Zucker soweit vergärt, daß 
die Weine als Likörweine zu wenig süß sind und nachgesüßt werden 
müssen. Aus den Trestern werden bei den meisten Beerenarten 
große Mengen von Mineralstoffen aufgenommen. Auch das Stehen¬ 
lassen der ganzen Beeren ist sehr bedenklich und führt oft zu 
kranken Weinen; man soll dieselben tunlichst schnell nach der 
Ernte verarbeiten. Bemerkenswert und bis jetzt nicht aufgeklärt ist 
die Tatsache, daß die Weine aus den Maischen, die einige Zeit ge¬ 
standen hatten, erheblich mehr nichtflüchtige Säuren, auch nach Air¬ 
zug der Gerbsäure und der Milchsäure, enthielten als die Weine aus 
den sofort nach dem Mahlen abgekelterten Mosten. 

d) Über den Einfluß der Reinhefe auf die Vergärung der 

Beerenweine. 

Stachelbeer-Tischwein und -Likörwein, Heidelbeer-Tischwein 
und -Likörwein wurden in ganz gleicher Weise hergestellt, nur 
wurde ein Teil mit Reinhefe vergoren, ein Teil der spontanen 
Gärung überlassen. Die Untersuchung und Kostprobe der Weine 
ergaben, daß die Likörweine mit Reinhefe weiter durchgären und 
daß die Tischweine mit Reinhefe reiner im Geschmack und besser 
in der Farbe werden. Die Gefahr des Stichigwerdens ist bei spon- 


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J 



Bericht über die Tätigkeit der oenocheinischen Versuchsstation. 


165 


taner Gärung größer als bei Verwendung von Reinhefe. Von größter 
Wichtigkeit ist die Verwendung der Reinhefe bei den Heidelbeer- 
Likörweinen, die bei spontaner Gärung sehr bald stecken bleiben. 
Die Tischweine goren mit und ohne Reinhefe gleich gut durch, 
auch der Heidelbeer-Tischwein. 

e) Oberden Einfluß einesZitronensäurezusatzeszum Heidelbeerwein. 

Der Heidelbeerwein muß infolge des starken Hervortretens 
seines eigenartigen Geschmackes oft so stark verdünnt werden, daß 
der Säuregehalt zu gering wird. Man pflegt dann den Säuremangel 
durch Zusatz von Zitronensäure auszugleichen. Es wurde daher der 
Einfluß dieses Zusatzes auf die Gärung und auf die Beschaffenheit 
der Heidelbeerweine geprüft. Die Versuche ergaben, daß die 
Gärung ein wenig durch diesen Zusatz begünstigt wurde; geschmack¬ 
lich wirkte die Zitronensäure sehr günstig. 


Da über die chemische Zusammensetzung der Beerenweine in 
der Literatur nur wenige Angaben vorliegen, wurden sämtliche in 
den Jahren 1902 und 1903 hergestellten Beerenweine eingehend 
untersucht. Für die Beurteilung der Beerenweine ist dadurch ein 
schätzbares Material gesammelt worden, das uns noch manchmal 
gute Dienste leisten wird. 

22. Versuche über die Herstellung von Beerenweinen aus 
älteren Boli-Fruchtsäften. 

Im September 1903 trat, wie bereits lange vorher bekannt war, 
eine erhebliche Preisverminderung des Zuckers ein. Es wurde da¬ 
her aus den Kreisen der Praxis die Frage an uns gerichtet, ob es 
nicht angängig sei, im Sommer die Obstsäfte ohne jeden Zucker¬ 
zusatz zu vergären und sie erst im Herbst zu verdünnen und mit 
dem inzwischen billig gewordenen Zucker zu versetzen. Wir stellten 
daher 6 Versuche mit älteren für sich vergorenen Roh-Fruchtsäften, 
zum Teil aus dem Jahre 1897, an, die wir nachträglich verdünnten, 
zuckerten und gären ließen, also gleichsam einer Umgärung unter¬ 
zogen. Die Rohsäfte wurden zuvor chemisch untersucht und die 
daraus gewonnenen Weine wurden untersucht und probiert. Es er¬ 
gab sich, daß diese Umgärung ohne jede Schwierigkeit vor sich 
ging. Die Weine (Likörweine von roten Johannisbeeren, schwarzen 
Johannisbeeren, Kirschen und Heidelbeeren) waren sehr gut und 
von Weinen aus frischen Beeren nicht zu unterscheiden. Nur der 
rote Johannisbeerwein hatte etwas in der Farbe gelitten. Es ist 
hiernach durchaus angängig, ältere, gesunde Rohsäfte nachträglich 
auf Likörweine zu verarbeiten. 


23. Versuche Aber die Herstellung von Fruchtsäften. 

Im Anschluß an die vorjährigen Versuche wurde im Jahre 
1903 eine größere Anzahl umfangreicher Versuchsreihen über die 


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166 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Herstellung von Fruchtsäften ausgeführt. Die im Vorjahre an¬ 
gewandten Verfahren wurden dabei in mannigfacher Weise variiert, 
lnsbesondei’e wurde dabei der Einfluß des Stehenlassens der Maischen 
während verschiedener Zeiten geprüft. Weiter wurde die Wirkung 
einiger Konservierungsmittel in wechselnden Mengen auf die Halt¬ 
barkeit der Rohsäfte untersucht. Wir sind bei diesen Versuchen 
zu sehr günstigen Ergebnissen gekommen, mit denen wir demnächst 
an die Öffentlichkeit treten können und die, wie wir hoffen, dem 
Gewerbe der Fruchtsaftpresserei von Vorteil sein werden. 

Dank der unermüdlichen Tätigkeit des Assistenten Dr. Philipp 
Schmidt konnten die sehr zahlreichen, im Jahre 1903 dargestellten 
Fruchtsäfte einer eingehenden chemischen Untersuchung unterzogen 
werden. Da zur Zeit die Beurteilung der Fruchtsäfte und Frucht¬ 
sirupe im Vordergründe des Interesses der Nahrungsmittel-Chemiker 
steht, haben wir neben der technischen Seite der Frage der Frucht¬ 
säfte auch die rein chemische Seite gebührend berücksichtigt. Ins¬ 
besondere ist es der Zusatz von Wasser, das zum Auslaugen der 
Trester benutzt worden ist, dessen Nachweis und Beurteilung gegen¬ 
wärtig von großem Interesse ist. Uns steht in dieser Hinsicht ein 
Material zu Gebote, wie es sich an einer anderen Stelle nicht wieder 
finden dürfte. Wir besitzen nicht nur Frucht safte aus den letzten 
Jahren, die nach den verschiedensten Verfahren hergestellt sind, 
sondern in den Kellern der Versuchsstation lagern auch noch 
einige Fruchtsäfte aus älteren Jahrgängen, deren Herstellung aus 
den Büchern der Versuchsstation genau zu ersehen ist. Mit diesem 
wertvollen Material werden wir erst hervortreten, wenn auch die 
älteren Proben vollständig untersucht sein werden, was voraussicht¬ 
lich im laufenden Jahre geschehen wird. 


24. Untersuchungen von Kognak aus reinem Wcindestillat. 

Für die Beurteilung des Kognaks des Handels ist es von 
Wichtigkeit, die Zusammensetzung von solchen Proben zu kennen. 



Mineralstoffe 

Invertzucker 

Rohrzucker 

Extrakt 

(teßarnt-Ester, 
als Essigäther i 
berechnet 
Gesaintsäure, 
als Essigsäure 
beiechnet 

Alkohol 

Fuselöl 

Aldehyd I 

Furfurol 

g in 100 cm 

Vol. 

°/o 

Echter alter fran- 





zösicher Kognak 

34,500,0305 0,0353 0,989 — — !0,014 

0,162 

vorhanden 

Spuren 

Kognak aus Cha¬ 





rentewein de¬ 





stilliert . . . 

36,47 0,0110 0,0429 2.134 1,15 0.74 0,014 

0.212 

Spuren 

p 

desgl. 

34,69 0,0101 0.0517 1,907 1,02 0.62 0,054 

0,132 

voih&nden 

vorhanden 

Desgl., Marke 3 





Kronen . . . 

33,59 0,0250 0,0495 2,531 1.48 0,68 0,017 

0,096 



KoguakWeiubrand 

35,66 0,0163 0,0715 2,043 1,04 0,84 0,012 

0,122 




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Bericht über die Tätigkeit der oenochemischen Versuchsstation. 167 


die aus reinem Weindestillat hergestellt sind. Der Praktikant der 
Versuchsstation Fritz Hünlich hat einige Proben dieser Art unter¬ 
sucht. Sie entstammten teils aus seiner väterlichen Kognakbrennerei 
und enthielten nur das Destillat von eigens für diesen Zweck im¬ 
portierten Charenteweinen, teils waren sie französischen Ursprungs 
und unter voller Garantie der Reinheit als reine Weindestillate von 
dem Hersteller bezogen worden. Alle Kognakproben waren konsum¬ 
fertig, d. h. im Alkohol auf Konsumstärke reduziert, mit Zucker usw. 
versetzt Die Untersuchung führte zu den auf S. 166 aufgeführten 
Ergebnissen. 


25. Untersuchung von Weinbergsböden. 

Die mechanische und chemische Analyse von 67 Böden aus 
den preußischen Rebenveredelungsstationen ist von dem Assistenten 
Dr. Philipp Schmidt am 30. November 1903 zu Ende geführt 
worden. Einige weitere Erdproben aus Neuanlagen an der Lahn 
werden demnächst untersucht werden. 

26. Düngungsversuche an Beben und Obstbftumen. 

Die vorjährigen Versuche wurden auf allen Versuchsparzellen 
fortgesetzt Neu eingerichtet wurden Kalkdüngungsversuche (mit 
Atzkalk und Gips) in Canzem a. d. Saar und in Laubenheim a. d. Nahe. 

Die aus den 1902er Düngungsversuchen mit Chilisalpeter in 
Mayschoß a. d. Ahr gewonnenen Weine wurden zweimal untersucht 
nach dem ersten Abstich im Februar 1903 und im März 1904. Die 
nicht unerheblichen Unterschiede in der Zusammensetzung der aus 
den gedüngten und den nicht gedüngten Parzellen erhaltenen Moste 
haben sich beim Lagern der Weine nahezu ansgeglichen; die Moste 
aus den gedüngten Parzellen verloren mehr Stickstoff, Extrakt und 
Mineralstoffe bei der Gärung und Lagerung und kamen dadurch den 
Weinen aus den ungedüngten Parzellen näher. Trotzdem wurden 
bei der Kostprobe (auch seitens der Mitglieder des Mayschosser 
Winzervereins) die Weine aus den gedüngten Parzellen wegen ihres 
harmonischen, vollen Geschmacks und ihrer besseren Farbe vor¬ 
gezogen, und zwar waren die Weine aus den früh gedüngten Par¬ 
zellen besser als die aus den spät gedüngten. 

Im Jahre 1903 wurden die Versuche mit Chilisalpeterdüngung 
in Mayschoß fortgesetzt Wiederum war eine lebhafte Förderung 
der Vegetation durch die Stickstoffdüngung festzustellen. Das Wachs¬ 
tum der Weinstöcke war üppiger, die Menge der Gipfel größer und 
die Blätter waren dunkler grün. Die Moste wurden wieder ge¬ 
sondert gelesen, gekeltert und für sich gelegt. Die gedüngten Par¬ 
zellen ergaben einen höheren Ertrag als die nicht gedüngten. Die 
aus den Mosten entstandenen Weine wurden nach dem Abkeltem 
und nach dem ersten Abstich untersucht. Die Entwicklung der 
Weine wird weiter verfolgt werden. 

Bei der Untersuchung der Mayschosser Rotweine des Jahres 
1903 wurde gefunden, daß die Weine zur Zeit des Abkelterns viel 


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168 


IV. Die Versuchsstationen. 


weniger Glycerin enthielten als nach dem ersten Abstich, trotzdem 
die Weine beim Abkeltern schon völlig durchgegoren waren und 
der Alkohol nicht mehr zunahm. Diese bisher vereinzelt dastehende 
Beobachtung wird weiter verfolgt werden. 


27. Mitteilungen aus der analytischen Praxis. 

I. Wein. 

Alkoholgehalt. Von 115 Weißweinen hatten 2 Proben 
3 —4 g, 5 Proben 4—5 g, 7 Proben 5—6 g, 19 Proben 6—7 g, 
46 Proben 7—8 g, 18 Proben 8—9 g, 15 Proben 9 — 10 g, 3 Proben 
10—11 g Alkohol in 100 ccm. Von 19 Rotweinen hatten 4 Proben 
6--7 g, 4 Proben 7—8 g, 8 Proben 8—9 g und je l Probe 9 bis 

10 g, 10—11 g und 11—12 g Alkohol in 100 cm. Von 11 Apfel¬ 
weinen hatten 1 Probe 3—4 g, 6 Proben 4—5 g und 4 Proben 
5—6 g Alkohol in 100 ccm. Als mittlerer Alkoholgehalt ergeben 
sich für Weißwein 7,51 g, für Rotwein 8,18 g, für Apfelwein 4,77 g 
Alkohol in 100 ccm. — Einige Weißweine hatten abnorm wenig Alko¬ 
hol, zwei Proben nicht einmal 4 g in 100 ccm (3,61 und 3,93 g). 
Diese Weine waren sämtlich Naturweine des Jahres 1903 mit hohem 
Extrakt-, Mineralstoff- und Säuregehalt; in geringen Lagen gaben 
die Quantitätstrauben, insbesondere die Elblingtrauben (Kleinberger), 
teilweise ungewöhnlich zuckerarme Moste mit Mostgewichten unter 
oder wenig über 40° Oe. 

Gesamtsäure. Von 110 Weißweinen hatten 7 Proben 0,4 
bis 0,5 g, 28 Proben 0,5—0,6 g, 22 Proben 0,6 —0,7 g, 23 Proben 
0,7—0,8 g, 14 Proben 0,8—0,9 g, 7 Proben 0,9 —1,0 g, 4 Proben 
1,0—1,1 g, 2 Proben 1,1—1,2 g, 3 Proben 1,2—1,4 g Gesamtsänre 
in 100 ccm. Von 16 Rotweinen hatten 1 Probe 0,4—0,5 g, 7 Proben 
0,5—0,6 g, 8 Proben 0,6—0,7 g Gesamtsäure in 100 ccm. Von 

11 Apfelweinen hatten 1 Probe 0,4 —0,5 g, 7 Proben 0,5—0,6 g, 
1 Probe 0,6—0,7 g und 2 Proben 0,7—0,8 g Gesamtsäure in 100 ccm. 
Als Mittelwerte ergeben sich für Weißwein 0,72 g, für Rotwein 
0,59 g, für Apfelwein 0,59 g Gesamtsäure in 100 ccm. 

Nichtflüchtige Säuren. Von 105 Weißweinen hatten 1 Probe 
0,2—0,3 g, 4 Proben 0,3 —0,4 g, 35 Proben 0,4—0,5 g, 19 Proben 
0,5—0,6 g, 16 Proben 0,6—0,7 g, 16 Proben 0,7—0,8 g, 5 Proben 
0,8—0,9 g, 4 Proben 0,9—1,0 g, 1 Probe 1,0—1,1 g, 2 Proben 
1,1—1,2 g, 2 Proben 1,2—1,4 g nichtflüchtige Säuren in 100 ccm. 
Von 19 Rotweinen hatten 4 Proben 0,3—0,4 g, 10 Proben 0,4 bis 
0,5 g, 5 Proben 0,5—0.6 g, von 11 Apfelweinen hatten 1 Probe 
0.2—0,3 g, 9 Proben 0,3—0,4 g, 1 Probe 0,6 —0,7 g nichtflüchtige 
Säure in 100 ccm. Als Mittelwerte für den Gehalt an nichtflüchtigen 
Säuren ergeben sich für Weißwein 0,61 g, für Rotwein 0,46 g, 
für Apfelwein 0,37 g in 100 ccm. Die niedrigsten Werte unter 
0,3 g finden sich bei einem Weißwein und einem Apfelwein mit 
sehr hohem Gehalt an flüchtigen Säuren; bei diesen Weinen sind 
die nichtflüchtigen Säuren in einer krankhaften Zersetzung begriffen. 


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Bericht über die Tätigkeit der oenoehemischen Versuchsstation. 


11)9 

Flüchtige Säuren. Von 105 Weißweinen hatten 10 Proben 
weniger als 0,04 g, 24 Proben 0.04—0,06 g, 25 Proben 0,06—0,08 g, 
22 Proben 0.08 -0,10 g, 12 Proben 0,10—0,12 g, 4 Proben 0,12 
bis 0,14 g, 1 Probe 0,14—0,16 g, 2 Proben 0,16 — 0,20 g, 3 Proben 
0,20 — 0,25 g, 1 Probe 0,25 0,30 g flüchtige Säuren in 100 ccm. 
Nimmt man an, daß die Weine mit mehr als 0,12 g flüchtigen 
Säuren stichig oder anderweitig krank oder verdorben sind, so sind 
von den 105 Weißweinen nur 11 = 14,8% zu beanstanden. Gegen¬ 
über dem Vorjahre, wo von 112 Weißweinen 38 = 34% mehr als 
0,12 g flüchtige Säuren in 100 ccm enthielten, bedeutet dieses einen 
erheblichen Fortschritt, der hauptsächlich durch den gesunden 
Zustand der 1902er Weine bewirkt wurde. Von 18 Rotweinen 
hatten 1 Probe 0,04—0,06 g, 2 Proben 0,06—0,08 g, 2 Proben 
0,08— 0,10 g, 4 Proben 0,10—0,12 g, 2 Proben 0,12—0,14 g, 5 Proben 
0,14—0,16 g, je 1 Probe 0,16—0,20 g und 0,20—0,25 g flüchtige 
Säuren in 100 ccm. Von 13 Äpfel weinen hatte 1 Probe (ein ganz 
junger Wein unmittelbar nach der Gärung) weniger als 0,04 g, 

3 Proben 0,12—0,14 g, 1 Probe 0,14—0,16 g, 4 Proben 0,16 bis 
0,20 g, 2 Proben 0,25—0,30 g, 2 Proben 0,30—0,40 g flüchtige 
Säuren in 100 ccm. Als Mittelwerte ergeben sich für Weißwein 
0,082 g, für Rotwein 0,124 g, für Äpfelwein 0,191 g flüchtige Säuren 
in 100 ccm. Die meisten im Jahre 1903 untersuchten Äpfelweine 
waren stark stichig. 

Zuckergehalt. Von 106 Weißweinen (mit Ausschluß der 
Süßweine) hatten 56 Proben weniger als 0,1 g, 17 Proben 0,10 bis 
0,15 g, 11 Proben 0,15—0,2 g, 16 Proben 0,2 —0,3 g, 2 Proben 
0,3—0,4 g, 1 Probe 0,5—0,75 g, 2 Proben 1—2 g, und 1 Probe 
(ein 1893er Rheingauer Auslesewein) 5—6 g Zucker in 100 ccm. 
Von 24 Rotweinen hatten 5 weniger als 0,1 g, 9 Proben 0,10 bis 
0,15 g, 5 Proben 0,15—0,2 g, je eine Probe 0,2—0,3 g, 0,3 —0,4 g 
und 0,76—1,0 g, 2 Proben 3—4 g Zucker in 100 ccm. Von 11 
Äpfelweinen hatten 5 Proben weniger als 0,1 g, 5 Proben 0,10 
bis 0,15 g und 1 Probe 1—2 g Zucker in 100 ccm. Mehrere 
Weine waren »überzuckert«: ein Rotwein hatte z. B. bei 11,01 g 
Alkohol noch 0,84 g Zucker in 100 ccm. Verschiedene Weine 
waren wegen Essigstiches in der Gärung stecken geblieben. Die 
Weine, die gar keinen oder nur Spuren Zucker enthielten, waren 
fast alle krank. 

Extraktgehalt Von 50 Weißweinen hatten 1 Probe weniger 
als 1,5 g (1,49 g), 1 Probe 1,6—1,7 g, 2 Proben 1,7 —1,8 g, 4 Proben 

1.8— 1,9 g, 7 Proben 1,9—2,0 g, 12 Proben 2,0—2,2 g, 11 Proben 
2,2 —2,5 g, 9 Proben 2,5—3,0 g, 3 Proben 3—4 g Extrakt (nach 
Abzug des 0,1 g in 100 ccm übersteigenden Zuckers) in 100 ccm. 
Von 8 Rotweinen hatten 1 Probe 1,7—1,8 g, 1 Probe 1,8—1,9 g, 

4 Proben 2,2—2,5 g, 2 Proben 2,5—3 g Extrakt in 100 ccm. Von 
7 Äpfelweinen hatten 1 Probe weniger als 1,5 g (1,42 g). 2 Proben 

1.9— 2,0 g, 3 Proben 2,0—2,2 g, 1 Probe 2,2—2,5 g Extrakt in 
100 ccm. Als Mittelwerte ergeben sich für Weißwein 2,28 g, für 
Rotwein 2,31 g, für Äpfelwein 2.00 g Extrakt in 100 ccm. Nur 


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170 


IV. Die Versuchsstationen. 


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bei 1 Weißwein erreichte der Extraktgehalt nicht die Grenzzahlen 
des Weingesetzes; er hatte nur 1,49 g Gesamtextrakt, 1,017 g Ex¬ 
trakt nach Abzug der nichtflüchtigen Säuren und 0,981 g Extrakt 
nach Abzug der Gesamtsäure. Dieser Wein war stark überstreckt, 
hatte aber doch noch 0,160 g Mineralbestandteile. Ein Apfelwein 
hatte nnr 1,42 g Extrakt in 100 ccm und nur 0,161 g Mineralstoffe 
in 100 ccm; er war stark gewässert. Reine, nicht gewässerte Äpfel¬ 
weine haben nach unseren Erfahrungen mindestens 1,9 g Extrakt 
in 100 ccm, meist aber mehr. 

Mineralbestandteile. Yon 49 Weißweinen hatten 1 Probe 
0,14—0,15 g, 6 Proben 0,15-0,175 g, 12 Proben 0,175-0,20 g, 
18 Proben 0,20 — 0,25 g, 10 Proben 0,25—0,30 g, je 1 Probe 0,3 
bis 0,4 g und 0,4—0,5 g Mineralbestandteile in 100 ccm. Von 8 Rot¬ 
weinen hatten 2 Proben 0,175 — 0,20 g, 3 Proben 0,20—0,25 g, 
1 Probe 0,25—0,30 g, 2 Proben 0,3—0,4 g Mineralbestandteile in 
100 cm. Von 7 Apfelweinen hatten 1 Probe 0,15—0,175 g, 1 Probe 
0,20—0,25 g, 4 Proben 0,25—0,30 g. 1 Probe 0,3—0,4 g Mineral¬ 
bestandteile in 100 ccm. Als Mittelwerte ergeben sich für Wei߬ 
wein 0,224 g, für Rotwein 0,253 g, für Äpfelwein 0,262 g Mineral¬ 
stoffe in 100 ccm. In keinem Falle wurde die gesetzliche Grenz¬ 
zahl für den Mineralstoffgehalt der Weine (für Weißweine 0,13 g, 
für Rotweine 0,16 g in 100 ccm) unterschritten. 

Schwefelsäuregehalt der Rotweine. Drei Rotweine hatten 
folgenden Gehalt an Schwefelsäure bezw. schwefelsaurem Kali: 
Schwefelsäure (S0 3 ): 0,0164 0,0243 0,0427 g in 100 ccm. 

Schwefelsaures Kali: 0,359 0,531 0,927 g im Liter. 

Gerbstoffgehalt der Rotweine. Zwei Rotweine hatten 
0,054 bezw. 0.209 g Gerbstoff in 100 ccm. Der Gerbstoff wurde 
nach dem Verfahren von Neubauer-Löwenthal bestimmt. 


Glyzeringehalt und Alkohol-Glyzerinverhältnis. In 
5 Weißweinen wurde das Glyzerin bestimmt. Man fand: 


Herkunft der Weine 

Unbekannt . . . 

Desgl. 

Rheintal . . . . 

Desgl. 

Rheingau.... 


Alkohol 
g in 100 i’cni 

9.10 

9,42 

7.50 

7.51 
6,59 


Glyzerin 
g tn 100 ccm 

0,586 

0,763 

0,702 

0,942 

0,873 


Auf 100 g Alkohol 
kommen Glyzerin 
g 

6.4 

8,1 

9.4 
12,7 
13,2 


Weinsäure in ihren verschiedenen Bindungsformen. 
Die Weinsäure wurde in 7 Weinen bestimmt. 


No. 


1 

o 


Gesamt- 

siiure 

Nicht¬ 

flüchtige 

Säuren 

Gesamt- 

Weinsäure 

Freie 

Weinsäure 

Weinstein 

All aiKHllSUlU 

Erden 

gebundene 

Weinsäure 

0,51 

0,42 

g in 

0,049 

100 ccm 

0 

0,061 

0 

0,65 

0,55 

0,098 

0 

0,085 

0,030 

0,64 

0,41 

0,146 

0 

0,047 

0,109 


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Bericht über die Tätigkeit der oenoehemischen Versuchsstation. 


171 


No. 

Gesamt- 

säuro 

Nicht¬ 

flüchtige 

Säuren 

Gesamt- 

Weinsäure 

Freie 

Weinsäure 

Weinstein 

An alkalische 
Erden 
gebundene 
Weinsäure 

4 



g io 

0,203 

100 ccm 

0,038 

0,066 

0,113 

5 

— 

— 

0,206 

0,041 

0,085 

0,098 

6 

0,95 

0,84 

0,270 

0,113 

0,047 

0,120 

7 

0,98 

0,85 

0,319 

0,214 

0,009 

0,098 


Nr. 3 ist ein Rotwein, die übrigen sind Weißweine. 
Milchsäure. Ein Rotwein hatte 0,304 g, ein Weißwein 0,534 g 
Milchsäure in 100 ccm. Die Milchsäure wurde nach dem Chlor- 
baryumverfahren von Möslinger bestimmt 


Bessere, zum Teil ältere Naturweine. Einige bessere 
Naturweine zeigten folgende Zusammensetzung. 



Alkohol 

Gesamt 

säure 

Flüchtige 

Säuren 

Zucker 

1893 er Hattenheimer Riesling. . 

8,75 

g in 
0,90 

1Ö0 ccm 

0,091 

5,38 

Winkeier Riesling. 

S,93 

0,80 

0,080 

0,26 

Geisenheimer Riesling . . . . 

8,33 

0,84 

0,068 

0.27 

1895 er Gleiszeller Traminer (Pfalz) 

8,07 

0,60 

0,093 

0,10 

1893 er 

8,65 

0,56 

0,076 

0,05 

1893 er 

8,07 

0,57 

0,078 

0,05 

1893 er Deidesheimer. . . . 

9,27 

0,78 

0,071 

0,21 

1893 er „ . 

9,99 

0,87 

0,082 

0,28 

Der 1893 er Hattenheimer hatte 9,06 g 

Gesamtextrakt in 100 ccm. 


Beerenweine. Einige Beerenweine hatten folgende Zu- 


sammensetzung. 

Alkohol 

Gesamtsäure F ^‘f 

Zucker 



g in 

100 ccm 


Heidelbeerwein .... 

8,47 

0,66 

0,123 

0,14 

V .... 

9.42 

0,70 

0.115 

0,25 

M .... 

11,74 

0,67 

0,123 

5,63 

M .... 

5,32 

0,79 

0,106 

11,01 

Roter Johannisbeerwein . 

9.95 

0.99 

0,101 

0,02 

V M • 

9,27 

0,68 

0,125 

0,25 

„ „ . 

10,33 

•— 

0,117 

— 

„ „ . 

8,56 

0,86 

0,283 

2,97 


12,36 

0,80 

0,100 

6,40 

Weißer Johannisbeerwein. 

10,66 

1,08 

0,087 

0,49 

Stachelbeerwein .... 

8,18 

0,90 

0,113 

0,38 


Der Heidelbeerwein No. 3 hatte 7,52 g Gesamtextrakt und 
0,148 g Mineralstoffe in 100 ccm, der rote Johannisbeerwein No. f» 
8,85 g Gesamtextrakt und 0,220 g Mineralstoffe in 100 ccm. Der 
trotz seines geringen Alkohol- und hohen Zuckergehaltes vollkommen 
klare und haltbare Heidelbeei wein No. 4 wurde ohne Erfolg auf 
Salicylsäure, Borsäure, schweflige Säure und Fluorverbindungen geprüft. 


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172 


IV. Die Versuchsstationen. 


Obstschaumweine. Drei Obstschaumweine ergaben bei der 
Untersuchung folgende Werte. 



Alkohol 

Gesamtsäure 

Flüchtige Säuren 

Äpfelschaumwein . . . 

5,42 

g in 1Ö0 ccm 

0,55 

0,12 

Erdbeerschaumwein . . 

8.14 

0,99 

0,201 

Johannisbeerschaumwein 

8,04 

0,615 

0,26 


Der Äpfelschaumwein enthält zu wenig Alkohol, um klar zu 
bleiben; die beiden anderen Weine sind stichig. 


II. Branntwein. 


Drei als Kognak bezeichnete 

Branntweine 

ergaben 

bei der 

Untersuchung folgende Werte. 

Spezifisches Gewicht bei 15° C. . . 

No. 1 
0,9566 

No. 2 
0.9546 

No. 3 
0,9610 

Alkohol.. 

QT3 

32,68 

31,94 

29,99 

Gesamtsäure, als Essigsäure 
berechnet . 


0,012 

0,013 

Spur 

Flüchtige Säuren, als Essigsäure 
berechnet . 

h— 1 * 

o 

o 

0,0034 

0,0041 

0,0034 

Flüchtige Ester, als Essigsäure- 
Äthylester berechnet . . ^ 

o 

o 

0,0154 

0,0154 

0,0071 

Fuselöl, nach dem Röseschen 
fahren bestimmt (Vol. %) . 

Ver- 

0.026 

0,050 

Spur 

Aldehyd.1 

33 

Spur 

Spur 

Spur 

Furfurol. 

5’ 

0 

0 

0 

Extrakt. 


1,270 

0,296 

0,603 

Mineralstoffe. 

o 

o 

0,028 

0,020 

0,005 

Invertzucker. 

o 

0,655 

0,175 

0,075 

Rohrzucker . 

o 

3 

0,408 

0,120 

0,390 


Die beiden ersten Branntweinproben enthalten nur wenig, die 
dritte fast gar kein Weindestillat; sie enthalten aber auch keine 
künstlichen Äther. 


III. Boden. 


7 Bodenproben zeigten folgende Zusammensetzung. 


Aus einer sächsischen 

Obst- 

Kali 

0 

Ü 

Phosphorsäure 

7 « 

Kalk 

0/ 

0 

Stickstoff 
0 / 

0 

anlage. 


0,197 

0.097 

0,184 

0,093 

Desgl. 


0,231 

0,107 

0.140 

0,117 

Desgl. 

. 

0,358 

0,152 

0,191 

0,146 

Weinberg an der 
(Wehlen) . . . . 

Mosel 

0,052 

0,073 

0,064 

0,123 

Desgl. 

. 

0,084 

0.094 

0,093 

0,158 

Desgl. 

. 

0,097 

0,067 

0,144 

0,140 

Weinberg an der 
(Laubenheini) . . 

Nahe 

0.093 

0,037 

0,077 

0,060 


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Bericht über die Tätigkeit der oeuochemischen Versuchsstation. 


173 


Kali, Phosphorsäure und Kalk wurden in dem kalten Salzsäure¬ 
auszug nach Wohltmann bestimmt. Der Weinbergboden von der 
Nahe ist sehr arm an Pflanzennährstoffen; alle Böden bedürfen der 
Kalkung. 


IV. Weinhefen. 

Zwei getrocknete Weinhefen hatten 30,4 und 30,7% Wein¬ 
säure, eine auf dem Transport durch Wasser geschädigte, ver¬ 
schimmelte Probe nur 19,0% Weinsäure. 

V. Schwefelschnitte. 

Der Schwefel von 4 Sorten Schwefelschnitten enthielt Spuren, 
0,003, 0,007 und 0,016% mineralische Verunreinigungen. Sämtliche 
Schwefelschnitte waren frei von Arsen. 

VI. Weinbergsschwefel. 


19 Proben Weinbergsschwefel zeigten folgende Feinheit«- und 
Reinheitsgrade: 



Reinheits¬ 

Mineralische 


Feinheit«- 

Mineralische 


grad 

Verun¬ 

No 

grad 

Verun¬ 

X^ v* 

nach 

Chancel 

reinigungen 

0' 

/ 0 


nach 

Chancel 

reinigungen 

0 

1 

40 

0,632 

n 

77 

0,045 

2 

58 

0,032 

12 

80 

0,021 

3 

59 

0,085 

13 

80 

0 

4 

67 

0,022 

14 

81 

0,015 

5 

68 

0,179 

15 

81 

0,018 

6 

72 

0,017 

16 

82 

0,027 

7 

72 

0,023 

17 

83 

0,042 

8 

75 

0,024 

18 

84 

0,016 

9 

75 

0,024 

19 

85 

0,024 

10 

76 

0,019 





Die drei 

ersten Proben sind 

nur 

wenig fein 

gemahlen und 


daher in ihrer Wirkung unsicher. Bezüglich der Reinheit läßt nur 
die erste Probe zu wünschen übrig. 


B. Sonstige Tätigkeit der Versuchsstation. 

1. Honoraranalysen. 

Im Auftrag von Privaten und Behörden wurden im Berichts¬ 
jahr 632 Gegenstände untersucht. Davon waren 224 Nahrungs- und 
Genußmittel, nämlich 145 Weißweine (darunter 5 Tresterweine), 24 
Rotweine, 13 Apfelweine, 16 Beerenweine, 2 Schaumweine und 1 
Schaumwein-Likör, 5 Obstschaumweine, 6 Himbeersäfte, 7 Brannt¬ 
weine (Kognak), 1 Wasser, 4 Mehlproben. 408 Untersuchungen 
betrafen andere Gegenstände, nämlich 7 Bodenproben, 1 Dünge¬ 
mittel, 7 Klärmittel, 8 Konservierungsmittel, 2 Proben Filtriermaterial. 


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174 


IV. Die Versuchsstationen. 


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6 Schwefelschnitte, 17 Proben Weinbergsschwefel. 1 Schwefel in 
Stücken. Äpfel und Apfelbaumteile wurden auf Fluorverbindungen 
geprüft; umfangreiche Untersuchungen betrafen eine Vegetations¬ 
schädigung durch Teerdämpfe. Ferner wurden 254 Mostwagen, 72 
Alkoholometer und 29 Extraktwagen geeicht. 

2 . Verkehr mit der Praxis. 

Der Verkehr mit der Piaxis war sehr rege; das Geschäfts¬ 
buch weist im Kalenderjahr 1903 über 2800 Eingänge bezw. Aus¬ 
gänge auf. Die Mehrzahl der Anfragen bezog sich auf die Techno¬ 
logie der Trauben- und Obstweine. 

3. Gröfsere Anschaffungen. 

Von wertvolleren Anschaffungen sind zu nennen eine Anzahl 
Platingerätschaften und geeichte Meßgeräte. 

4. Kurse in der Versuchsstation. 

a) Der in der Zeit vom 15. bis 27. Juni 1903 abgehaltene 
Kursus über Weinuntersuchung und Weinbehandlung 
wurde von 48 Teilnehmern besucht. Davon waren 25 aus Preußen, 
6 aus Bayern, 2 aus Württemberg, 4 aus Baden, 6 aus Hessen, 
1 aus Oldenburg, 1 aus Bremen, 1 aus Elsaß-Lothringen, 1 aus der 
Schweiz, 1 aus Kußland. 

b) Der Kursus über Herstellung und Behandlung der 
Obstweine, der in der Zeit vom 14. bis 24. März 1904 stattfand, 
wurde von 15 Personen besucht Davon waren 8 aus Preußen, 
4 aus Bayern, 1 aus Baden, 2 aus Rußland. 

c) Als Praktikanten waren im Berichtsjahre in der Ver¬ 
suchsstation tätig die Herren: A. Aumann aus Ilversgehofen bei 
Erfurt, Anton Froloff-Bagreeff aus Tobolsk (Sibirien), Franz 
Gunst aus Hembsen, Kreis Höxter, Richard Hermann Hengsten- 
berg aus Eßlingen, Fritz Hünlich aus Wilthen, Angelo Malnati 
aus Mailand, Hermann Möller aus Karlshorst bei Berlin, August 
Rummel aus Freiburg i. B., Heinrich Schwebel aus Winningen 
a. d. Mosel, Franz Weil aus Geisenheim. 


5. Wissenschaftliche Veröffentlichungen. 

Der Berichterstatter veröffentlichte folgende Abhandlungen: 
Die Konservierung der Obst- und Gemüsearten. — Geisen- 
heimer Mitteilungen über Obst- und Gartenbau 1903. 18. 
106 u. 115. 

Ein Beitrag zur Frage über die Wirksamkeit des neuen 
Weingesetzes. — Weinbau und Weinhandel 1903. 

Zwei Fragen aus dem Weingesetz und dem Schaumwein¬ 
steuergesetz. — Ebendort. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. 175 


KaseYn, ein wertvolles Schönungsmittel für rahne Weine. — 
Weinbau und Weinbaudel 1903: Mitteilungen über Wein¬ 
bau und Kellerwirtschaft 1903. 

Ergebnisse der Weinstatistik für 1901 und 1902. Die preußi¬ 
schen Weinbaugebiete. — Arbeiten aus dem Kaiserlichen 
Gesundheitsamte 1903. 20. 156. 

Anleitung zur Untersuchung von Most und Wein für Prak¬ 
tiker. 347 S. gr. 8°. Wiesbaden 1904. 

6. Veränderungen im Personal der Versuchsstation. 

Der Assistent Dr. Fr. Müller trat am 24. August 1903 aus 
der Versuchsstation aus. An seine Stelle trat vorübergehend der 
Chemiker August Löhr, der am 30. November wieder ausschied. 
Am 1. Dezember 1903 übernahm Dr. PhilippSchmidt eine ordent¬ 
liche Assistentenstelle an der Versuchsstation. Dr. Schmidt war 
im Auftrag der Rebenveredelungs- Kommission vom 1. März bis 
30. November mit der Untersuchung von Böden aus den preußi¬ 
schen Rebenveredelungsstationen betraut gewesen. Am 30. Juni 
1903 trat die Korrespondentin der Versuchsstation, Fräulein Paula 
Padberg, aus; an ihre Stelle trat der Sekretär Goetz. 


Bericht 

aber die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Ver¬ 
suchsstation. 

Erstattet von Dr. Gustav Lüstner, Dirigenten der Versuchsstation. 

A. Wissenschaftliche Tätigkeit. 

1. Über die Bedeutnng der Rückenröhren der Aphtden. 

Über die Bedeutung der Rückenröhren der Aphiden war man 
lange Zeit im Unklaren. Man hielt sie zwar immer für Sekretions¬ 
organe, ihr Zweck und die Natur des aus ihnen ausgeschiedenen 
Stoffes wurden jedoch in der verschiedensten Weise gedeutet Der 
Grund hierfür ist in der eigenartigen Beschaffenheit der Exkremente 
der Blattläuse, dem Honigtau, zu suchen, dessen flüssige Form Ver¬ 
anlassung gab, ihn als ein Produkt dieser Röhren anzusehen. Erst 
als man erkannt hatte, daß diese zuckerhaltige Flüssigkeit das Ex¬ 
krement der Blattläuse darstellt, also aus dem After ausgeschieden 
wird, versuchte man die Funktion der Röhren mit derjenigen anderer 
Organe des tierischen Körpers zu vergleichen. So wurden sie von 
den bedeutendsten Blattlausforschern als Organ für die Harnaus- 


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176 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Scheidung oder für die Atmung angesprochen. Erst durch die 
Untersuchungen Büsgens (Der Honigtau, Jena 1891) wurde ihr 
Zweck richtig erkannt. Büsgen wies nach, daß das Röhrensekret 
ein wachsartiger Stoff ist und daß wir in den Röhren eine Schutz¬ 
waffe zu erblicken haben, durch welche die sonst wehrlosen Läuse 
im stände sind, sich gegen einige ihrer natürlichen Feinde zu ver¬ 
teidigen. Nähert sich ein solcher einer Blattlaus, so richtet sie ihm 
die Rückenröhren, die nach allen Seiten hin beweglich sind, ent¬ 
gegen, und sobald der Feind anzugreifen versucht, beschmiert sie 
dessen Kopf mit der wachsartigen Substanz, wonach sich dieser als¬ 
bald zurückzieht und sich der Schmiere zu entledigen sucht. 
Während dem hat die Laus Zeit zu entfliehen. Büsgen hat dann 
weiter darauf hingewiesen, daß ein von dem Wachs getroffener 
Blattlausfeind durch dieses in seinen Bewegungen gehindert wird, 
so daß er in diesem Zustand leichter von den Freunden der Läuse, 
den Ameisen, überwältigt werden kann. Durch diese indirekte 
Wirkung des Wachses wird der Wert der Röhren als Schutzwaffe 
erhöht. 

Angeregt durch die interessante Arbeit Büsgens, habe ich 
die Frage nach der Bedeutung der Rückenröhren der Aphiden 
weiter verfolgt und dabei gefunden, daß, worauf meines Wissens 
seither noch nicht aufmerksam gemacht worden ist, sich ihre Eigen¬ 
schaft als Schutzwaffe noch auf eine andere Art, nämlich durch 
Vergleichung dieser Organe bei Blattlausarten mit verschiedenem 
Aufenthaltsort und verschiedener Körperbedeckung erklären läßt: 
auch scheint die Länge der Röhren mit derjenigen der Beine und 
Fühler der Läuse in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis zu 
stehen. 


a) Die Blattläuse und ihre Feinde. 

Bevor wir zur Besprechung unserer Untersuchungen über¬ 
gehen, ist es notwendig, einen Blick auf die Feinde der Blattläuse 
zu werfen. Als solche kommen hauptsächlich in Betracht: Ver¬ 
schiedene Coccinellen - Arten mit ihren Larven, die Larven der 
Schwebefliegen und Florfliegon und einige Schlupfwespenarten. 
Büsgen konnte feststellen, daß die Rückenröhren nur gegen die 
drei zuerst genannten Feinde wirksam sind, gegen die Schlupf¬ 
wespen dagegen versagen. Hierauf deutet auch eine Beobachtung 
Kaltenbachs hin, welcher in seiner Monographie der Pflanzen- 
iäuse (S. XXXIII) folgendes darüber sagt: »Bringt man ein Blatt 
oder einen Zweig mit einer starken Blattlauskolonie in eine Dose 
oder unter eine Glasglocke, so erhält man nach einigen Tagen zum 
größten Staunen fast ebensoviele Aphidius (Schlupfwespen), als früher 
Pflanzenläuse da waren.« Büsgen und wahrscheinlich auch Kalten¬ 
bach berücksichtigten bei ihren Untersuchungen nur die gewöhn¬ 
lichen Blattläuse (Gattung Aphis). Dehnt man diese jedoch auch 
auf andere Gattungen aus, so findet man hinsichtlich der Art der 
sie heimsuchenden Feinde andere Verhältnisse vor. So weist 
Dreyfus in seiner Arbeit »Über Phvlloxerinen« (S. 48—50) bei 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 177 


der Besprechung der Feinde derselben darauf hin, daß unter den 
gesellig lebenden Cherraes - Arten und den Phylloxeren der Eiche 
die Larven der Marienkäfer (Coccinella und Scymus-Arten), die 
Larven der Schwebefliegen (Syrphus) und Florfliegen (Hemerobius, 
Chrysopa) wahrhaft wüten und eine Phylloxera nach der anderen 
mit den Oberkiefern anbohren und aussaugen. Er erwähnt dann 
weiter (S. 49), daß er niemals Ichneumoniden oder Schlupfwespen 
aus Phvlloxerinen hat schlüpfen sehen, und glaubt deshalb nicht, 
daß sie dieselben häufig belästigen. Wir finden also hier gerade 
die umgekehrten Verhältnisse vor: die Gattung Aphis leidet un- 
gemein stark unter den Schlupfwespen, während die Phylloxerinen 
von denselben so gut wie gar nicht heimgesucht werden. Daß 
die Schlupfwespen die einzelnen Gattungen der Blattläuse ver¬ 
schieden stark befallen, ergibt sich auch aus dem von Ratze¬ 
burg (Die Ichneumoniden der Forstinsekten, 2. Band, S. 216) 
aufgestellten Wirtssystem der Schlupfwespen, in welchem für die 
Gattung Aphis 18, für die Gattungen Lachnus und Chermes, die ja 
allerdings auch nicht so artenreich sind, dagegen nur 5 Arten auf¬ 
gezählt werden. Auffallend ist auch, daß die an den Apfelbäumen 
so sehr häufige und ihnen so sehr schädliche Blutlaus (Schizoneura 
lanigera Hsm.) von den oben genannten Feinden nur sehr wenig 
behelligt wird. Goethe, der die Laus sehr eingehend studierte, 
vermochte trotz zahlreicher Beobachtungen keinen der gewöhnlichen 
Blattlausfeinde in ihren Kolonien zu bemerken (Goethe, Die Blut¬ 
laus, ihre Schädlichkeit, Erkennung und Vertilgung, S. 10), und 
Taschenberg, der bei der Besprechung der einzelnen Schädlinge 
immer ihre natürlichen Feinde erwähnt, führt bei der Beschreibung 
der Blutlaus solche nicht an. Die Angaben Goethes und Taschen¬ 
bergs sind jedoch nur für normale Jahre zutreffend, d. h. für 
solche Jahre, in denen für die Ernährung der genannten Feinde 
eine genügende Menge der gewöhnlichen Blattläuse (Gattung Aphis) 
vorhanden ist. Treten aber aus irgend einem Grunde die nützlichen 
Insekten stärker auf, so daß die Zahl der gewöhnlichen Blattläuse 
für ihre Ernährung nicht mehr hinreichend ist, so gehen die Cocci- 
nellen und ihre Larven und die Larven der Schwebe- und Flor¬ 
fliegen auch auf die Blutlauskolonien über und ernähren sich von 
diesen. Es war dies besonders im Sommer 1899 der Fall, in 
welchem ich diese drei Blattlausfeinde häufiger in Blutlauskolonien 
an traf. 

Um den Wert der Rückenröhren der Aphiden als Schutz¬ 
waffe gegen ihre natürlichen Feinde beurteilen zu können, ist es 
zweckmäßig, ihre einzelnen Gattungen von drei Gesichtspunkten aus 
zu gruppieren: 

1. hinsichtlich der Ausbildung ihrer Rückenröhren, 

2. hinsichtlich ihrer Körperbedeckung, 

3. hinsichtlich ihres Aufenthaltsortes. 

Eine Vergleichung der hierbei gewonnenen Gruppen wird uns 

OoLHonhoinier Bericht 1D03. 


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178 


IV. Die Versuchsstationen. 


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erkennen lassen, inwieweit die Ausbildung der Rückenröhren von 
der Körperbedeckung und dem Aufenthaltsort der Läuse beein¬ 
flußt wird. 

b) Die Lftnge der Rfickenröhren bei den einzelnen Gattungen der 

Blattlluse. 

Vergleicht man die Länge der Rückenröhren bei den einzelnen 
Gattungen der Aphiden, so kann man leicht feststellen, daß dieselbe 
eine sehr verschiedene ist. Während die Röhren bei einzelnen 
Gattungen ungemein lang und dünn sind, erreichen sie bei anderen 
nur die Hälfte der Länge dieser vollkommensten Form und sind 
bei einigen entweder vollständig verschwunden, oder nur noch als 
zwei kleine Höckerchen zu erkennen. In nachstehender Übersicht 
sind die einzelnen Gattungen der Blattläuse hinsichtlich der Aus¬ 
bildung ihrer Rückenröhren zusammengestellt, wobei wir uns an 
die Kochsehe Einteilung (Die Pflanzenläuse, Nürnberg 1857) halten. 


Rückenröhren 

Rückenröhren 

Rückenröhren kurz oder 

sehr lang 

mittellang 

nicht 

vorhanden 

Siphonophora 

Rhopalosiphum 

Chaitophorus 

Mindaurus 

Drepanosiphum 

Aphis 

Hyalopterus 

Prociphilus 


Toxoptera 

Callipterus 

Stagona 



Dryobius 

Te träne ura 



Lachnus 

Pempliigus 



Asiphum 

Thecabius 



Phyllaphis 

Tychea 



Cladobius 

Aruycla 



Vacuna 

Trama 



Glyphina 

Forda 



Schizoneura 

Endeis 



Pachypappa 

Chermes 



Anoecia 

Anisophleba 


Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, daß die Zahl der 
Gattungen mit sehr langen oder mittellangen Röhren, die allein zur 
Abwehr der natürlichen Feinde in Betracht kommen, weit hinter 
der mit kurzen Röhren zurückbleibt. Bemerkenswert ist dabei, daß 
zu diesen röhrenlosen Läusen auch die oben genannten Gattungen 
Chermes und Schizoneura gehören, von denen wir gehört haben, 
daß sie von dem Hauptfeind der Blattläuse, den Schlupfwespen, am 
wenigsten heimgesucht werden, während die mit langen oder mittel¬ 
langen Röhren versehenen sehr stark unter ihnen leiden. Die 
röhrenlosen Läuse müssen somit mit einer Einrichtung ausgestattet 
sein, durch welche es den Schlupfwespen unmöglich gemacht oder 
doch wenigstens sehr erschwert wird, Eier in ihren Körper abzu¬ 
legen. Daß dies allem Anschein nach der Fall ist, soll später ge¬ 
zeigt werden. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. 179 


c) Die Körperbedeckung bei den verschiedenen Gattungen der 

Blattläuse. 

Hinsichtlich ihrer Körperbedecknng weisen die einzelnen Blatt¬ 
lausarten große Verschiedenheiten auf. Ihr Körper ist entweder 
nackt, mehr oder weniger stark behaart oder mit schwächeren oder 
stärkeren Wachsausscheidungen bedeckt Wie sich diese verschie¬ 
denen Körperbedeckungen auf die einzelnen Gattungen verteilen, 
soll uns nachstehende Zusammenstellung zeigen. 


Körper nackt oder 

Körper mit stärkeren 

Körper mit Wachs- 

nur schwach bohaart 

Haaren bedeckt 

ausscheiduugen bedeckt 

Rhopalosiphum 

Chaitophorus 

Hyalopterus 

Aphis 

Cladobius 

Lachnus 

Siphonophora 


Asiphum 

Drepanosiphum 


Phyllaphis 

Schizoneura 

Pachypappa 

Anoecia 

Mindaurus 

Forda 1 sind Wurzel- 


Prociphilus 

Endeis | länse! 


Stagona 

Tetraneura 

Pemphigus 

Thecabius 

Tychea 

Amycla 

Trama 

Chermes 

Anisophleba 


Wir sehen aus dieser Zusammenstellung, daß sich die Läuse 
hier beinahe ebenso gruppieren, wie bei der Einteilung hinsichtlich 
der Ausbildung ihrer Rückenröhren. Die nackten Läuse besitzen 
lange oder mittellange Röhren, während bei denjenigen, deren Körper 
mit stärkeren Haaren oder Wachsausscheidungen bedeckt ist, die 
Röhren sehr kurz ausgebildet oder nur noch in Form von kleinen 
Höckern vorhanden sind. 


d) Der Aufenthaltsort der einzelnen Blattlaus-Gattungen. 

Die Blattläuse befallen die verschiedensten Teile der Pflanzen. 
Am häufigsten treten sie an den Blättern und jungen Stengeln auf, 
woselbst sie frei oder in Gallen leben, andere findet man nur an 
den holzigen Trieben, den Ästen und Stämmen und einige Gattungen 
sind bisher bloß an den Wurzeln angetroffen worden. In nach¬ 
stehender Zusammenstellung sind die Läuse hinsichtlich ihres 
Aufenthaltsortes gruppiert. 

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IV. Die Versuchsstationen. 


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ISO 


Gattungen, welche 
die Blätter und 
grünen Triebe be¬ 
wohnen 

a) die Läuse sitzen 
entweder frei oder 
in offenen Gallen 

Rhopalosiphura 

Aphis 

Siphonophora 

Drepanosiphum 

'l’oxoptera 


b) die Läuse sitzen 
unter Wachsaus¬ 
scheidungen 

Hyalopterus 

Phyllaphis 

Mindaunts 


Gattungen, welche 
die holzigen Teile 
der Bäuine und 
Stiäucher bewohnen 


Gattungen, welche 
in mehr oder 
weniger fest 
geschlossenen Gallen 
leben 


Gattungen, welche 
die Wurzeln be¬ 
wohnen 


Lachnus 

Pachypappa 

Tychea 

Asiphum 

Tetraneura 

Amycla 

Cladobius 

Pemphigus 

Trama 


Thecabius 

Forda 


Schizoneura 

Endeis 


Prociphilus Chermes 

Anisophleba Stagona 


Auch bei dieser Zusammenstellung finden wir die Läuse ähn¬ 
lich angeordnet, wie bei der ersten und zweiten. Die Gattungen, 
welche frei an den Blättern und Trieben leben, besitzen lange oder 
mittellange Köhren, bei denjenigen dagegen, welche sich an den 
holzigen Teilen der Bäume und Sträucher, in mehr oder weniger 
dicht geschlossenen Gallen, unter Wachsausscheidungen oder an 
den Wurzeln entwickeln, sind die Röhren kurz. 

Bei der zweiten Zusammenstellung wurden die Gattungen 
Callipterus, Dryobius, Vacuna, Glyphina und Toxoptera, bei der 
dritten die Gattungen Chaitophorus, Callipterus, Vacuna, Glyphina 
und Anoecia nicht berücksichtigt, weil für diese Schutzmittel seit¬ 
her noch nicht festgestellt werden konnten. 


e) Ersatz der Rflckenröhren durch andere Schutzeinrichtungen. 

Fassen wir zum Schlüsse unserer Ermittelungen zusammen, so 
haben wir festgestellt, daß die frei an den Blättern und Trieben 
sitzenden Läuse meist nackt sind und die am vollkommensten aus¬ 
gebildeten Rückenröhren besitzen, während die Läuse mit anderem 
Aufenthaltsort fast immer mit Wachsausscheidungen bedeckt sind 
und kurze oder verkümmerte Rückenröhren haben. Erblicken wir 
in den Röhren eine Schutzwaffe, so ist es im ersten Augenblick 
schwer verständlich, w'arum diese nur bei der ersten Gruppe der 
Läuse zur Ausbildung gekommen ist, zumal einige Arten der letzten 
Gruppe ebenso frei wie diese leben. Diese Frage wird uns schon 
klarer, wenn wir uns besinnen, daß das Verteidigungsmittel der 
langröhrigen Gattungen ein wachsartiger Stoff ist, den sie dem An¬ 
greifer mit Hilfe der Röhren aufschmieren, um sich ihm danach 
durch die Flucht zu entziehen. Ein wachsartiger Stoff ist es 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. 181 


aber auch, welcher den Körper der kurzröhrigen Läuse 
bedeckt und dieser ersetzt allem Anscheine nach die 
Rückenröhren. Hierauf weist zunächst seine starke Ausbildung 
am Hinterleibe der Läuse hin, namentlich an den Stellen, an denen 
sich sonst die Röhren befinden. Dann geht dasselbe auch daraus 
hervor, daß sobald auf dem Körper einer Art nur der geringste 
Wachsüberzug zu erkennen ist, die Röhren sofort kürzer erscheinen. 
Bei der Blutlaus, die bekanntlich mit sehr starken Wachsaus¬ 
scheidungen bedeckt ist, sind dieselben nur noch in Form von zwei 
halbmondförmigen Öffnungen vorhanden. Die Blattläuse benutzen 
somit das Wachs in zwei verschiedenen Formen als Schutzmittel 
gegen ihre natürlichen Feinde: einmal in flüssigem Zustand als 
Röhrensekret, dann aber auch in fester Form als Sekret der Wachs¬ 
drüsen: die Rückenröhren wären demnach nichts anderes als zwei 
sehr große Wachsdrüsen. In welcher dieser Formen das Wachs 
seine schützende Aufgabe am zweckmäßigsten erfüllt, kann man 
ermitteln aus der Zahl der Feinde, von welchen einerseits die 
Röhrenläuse und andrerseits die Wollläuse — wie wir die mit 
Wachsausscheidungen bedeckten Läuse in folgendem nennen wollen 
— heimgesucht werden. Während, wie wir oben gesehen haben, 
Büsgen die Rückenröhren nur gegen die Coecinellen und ihre 
Larven und die Larven der Flor- und Schwebefliegen wirksam fand, 
hält Drevfuß die meist mit Wachsausscheidungen bedeckten Phyl- 
loxerinen gegen die Angriffe der Schlupfwespen für geschützt und 
Goethe und Taschenberg geben für die Blutlaus keinen der er¬ 
wähnten natürlichen Feinde an. Die Wachsausscheidungen scheinen 
somit für die Blattläuse ein besseres Schutzmittel zu sein, wie die 
Rückenröhren. Um klar in dieser Frage zu sehen, wurde ein 
Fütterungsversuch ausgeführt, wobei Marienkäfern und - Larven 
und Florfliegenlarven sowohl Röhren- als auch Wollläuse vorgelegt 
wurden. Der Versuch verlief jedoch resultatlos, weil die Läuse 
den Pflanzenteil, auf dem sie saßen, alsbald verließen, vereinzelt in 
dem Gefäß herumliefen und hierbei von den zugesotzten Feinden 
gefressen w'urden, wobei diese keinen Unterschied zwischen Röhren- 
und Wollläusen machten. Daß die Wachsausscheidungen jedoch 
abschrekend auf die Feinde einwirken, läßt sich von vorneherein 
erwarten, da dieser Stoff für die Tiere ungenießbar sein dürfte. 
Sein spezieller Schutz gegen die Schlupfwespen wird wohl darauf 
zurückzuführen sein, daß bei einem Versuche derselben, die Wachs- 
massen zur Eiablage zu durchstechen, ihr Legebohrer leicht ver¬ 
stopft werden kann. Allem Anscheine nach haben die Blattläuse 
die Fähigkeit, an Stelle des flüssigen Röhrenwachses feste Wachs¬ 
massen aus ihrer Körperoberfläche auszuscheiden, erst später er¬ 
worben. Es zeigen hierauf wenigstens die Röhrenrudimente und 
die verkürzten Röhren aller Wollläuse hin. 

Bis jetzt haben wir nachzuweisen versucht, daß die festen 
Wachsausscheidungen für die Blattläuse ein Schutzmittel gegen ihre 
Feinde darstellen, welches, weil von besserer Wirkung, an Stelle 
der Rückenröhren getreten ist. Hiermit haben wir ihre Bedeutung 


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182 


IV. Die Versuchsstationen. 


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jedoch nur zum Teil erkannt. Die oben gebrachten Zusammen¬ 
stellungen der Läuse in Bezug auf ihre Körperbedeckung und ihren 
Aufenthaltsort zeigen uns, daß die festen Wachsausscheidungen, 
sowohl an dem Körper der freilebenden, als auch solcher Läuse auf- 
treten, die sich im Innern von Gallen und an den Wurzeln der 
Pflanzen entwickeln. Die Gallen- und Wurzelläuse leben aber an 
Örtlichkeiten, wo sie an sich schon gegen die in Rede stehenden 
Feinde geschützt sind, denn diese sind nicht im stände, in die Gallen 
einzudringeu und entwickeln sich über der Erde. Besondere Schutz¬ 
einrichtungen, wie diejenigen der freilebenden Gattungen benötigen sie 
somit nicht. Im Gegenteil, die langen Röhren würden für diese Tiere 
nur hinderlich sein und ihre Funktion, weil sie des engen Raumes 
wegen nicht nach allen Seiten hin bewegt werden können, nur in 
unvollkommener Weise erfüllen. Aus diesem Grunde finden wir bei 
den Gallen- und Wurzelläusen nur ganz kurze oder verkümmerte 
Röhren vor, an deren Stelle die feste Wachsmassen getreten sind. 
Diese letzteren werden aber hier ebensowenig zur Abwehr der 
Feinde benutzt, wie die Röhren, da ja, wie gesagt, die Läuse in 
den Gallen und der Erde vor Angriffen sicher sind. Wenn die 
Wachsausscheidungen hier trotzdem erhalten geblieben oder viel¬ 
leicht noch vollkommener zur Ausbildung gelangt sind, so müssen 
sie für die Läuse noch in anderer Beziehung von Vorteil sein. 
Worin dieser zu suchen ist, kann man leicht durch einen kleinen 
Versuch ermitteln. Taucht man z. B. einen von Blutläusen be¬ 
fallenen Trieb eines Apfelbaumes in Wasser, so wird man beob¬ 
achten, daß die Läuse hierdurch so gut wie gar nicht behelligt 
werden. Sie bleiben, wenn der Versuch nicht zu lange dauert, 
ebenso ruhig sitzen, wie die Tiere auf einem nicht eingetauchten 
Kontrolltrieb. Beim Herausnehmen des Triebes aus dem Wasser 
erkennt man, daß die Läuse vollkommen trocken sind, daß also das 
Wasser nicht auf ihren Körper gelangt ist. Dieser Schutz gegen 
Benetzung ist einzig und allein auf die Wachsausscheidungen zu¬ 
rückzuführen. Werden diese aufgelöst und die Läuse danach wieder 
in das Wasser gebracht, so sind sie danach vollständig benetzbar. 
Wie vorzüglich die Blutläuse durch die Wachsfäden gegen Benetzung 
geschützt sind, weiß ein jeder, der versucht hat diesen gefährlichen 
Schädling durch Spritzflüssigkeiten zu bekämpfen. Alle diejenigen 
Substanzen, welche in wässeriger Lösung zu diesem Zwecke benutzt 
werden, versagen aus dem angegebenen Grunde, während nur die 
Mittel die Läuse töten, welche wachsauflösende Stoffe enthalten. 

Die hier ausgesprochene Ansicht über die Bedeutung der 
Wachsausscheidung für die Wollläuse, wurde auch schon von anderen 
Forschern geäußert. So sagt z. B. Mühlberg (Mühlberg und Kraft, 
die Blutlaus. Ihr Wesen, ihre Erkennung und Bekämpfung, Arau 
1885, S. 13) über die Wachsausscheidungen der Blutlaus folgendes: 
»Die steifen Härchen der Jungen und besonders der Wachsflaum 
der alten Blutläuse haben für dieselben eine große Bedeutung; sie 
verhindern ihre Benetzung durch Wasser. Der Flaum scheint sich 
daher auch reichlicher zu entwickeln, wenn man die Stellen be- 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 183 

netzt, wo die Kolonien Vorkommen. Er beschützt die Tiere wie 
ein Schirm vor dem Regen. . . .« Bei Dreyfuß (1. c. S. 36) finden 
wir darüber angegeben: »Daß Chermes strobi und Ch. pini unter 
ihrer dichten Flaumdecke nicht viel von der Kälte leiden werden, 
ist vorauszusehen. Minderen Schutz gegen die Kälte scheinen die 
anderen Flaumarten zu gewähren. Dieselben dürften, wie schon 
Witlaczil bemerkt, hauptsächlich der Abhaltung von Feuchtigkeit 
dienen, was ihre Entstehung in wärmerem Wetter und innerhalb 
der Gallen, wo sie die feuchten Exkremente einhüllen, auch er¬ 
klären würde.« 

Die soeben erörterte zweite Bedeutung der Wachsausschei¬ 
dungen. die Läuse gegen Benetzung zu schützen, wäre ohne weiteres 
klar, wenn nur die freilebenden Gattungen, also solche, die einer 
Benetzung durch Regen und Tau in erhöhtem Maße ausgesetzt sind, 
mit diesen versehen wären. Es ist dies jedoch nicht zutreffend. 
Denn es sind gerade die Gallenläuse, welche festes Wachs in auf¬ 
fallender Weise ausscheiden. Durch dieses Verhalten der Gallen¬ 
läuse würde der Wert der Wachsmassen als Schutzmittel gegen 
Benetzung sehr in Frage gestellt werden, wenn hier nicht eine 
Erscheinung hinzu käme, durch welche unsere Annahme nur be¬ 
stärkt wird. Wie man sich sehr leicht beim Durchschneiden einer 
von Schizoneura lanuginosa bewohnten Galle überzeugen kann, 
sammeln sich im Innern derselben die von den Läusen ausgeschie¬ 
denen flüssigen Exkremente oft zu großen Tropfen an, welche, wenn 
die Zweige, die solche Gallen tragen, vom Winde bewegt werden, 
in ihnen hin und her geworfen werden und dadurch die Tiere stark 
belästigen müssen. Was hier von Schizoneura lanuginosa gesagt 
wurde, gilt für die meisten andere Gallenläuse. Sie sind durch ihre 
Wachsausscheidungen gegen eine Benetzung durch ihre eigenen 
Exkremente geschützt. Die von Dreyfuß zitierte, oben bereits 
mitgeteilte Ansicht Witlaczils über die Bedeutung des Wachs¬ 
flaumes, stimmt mit der unsrigen somit vollständig überein. 

Eines besonderen Schutzes gegen Benetzung benötigen neben 
den Gallenläusen noch die Wurzelläuse. Wir finden deren Körper 
deshalb auch fast immer mit dichteren oder schwächeren Wachs¬ 
massen bedeckt Wenn diese jedoch niemals die starke Ausbildung 
erlangen, wie bei den freisitzenden Gattungen und den Gallenläusen, 
so dürfte dies auf das lebhaftere Umherkriechen dieser Tiere 
zwischen den Erdteilchen zurückzuführen sein, wobei die Wachs¬ 
ausscheidungen abgerieben werden. Die bekannteste Wurzellaus, 
die Reblaus, zeigt diese Verhältnisse allerdings nicht. Sie wird 
vielleicht gerade aus dem zuletzt genannten Grunde ihre Wachs¬ 
fäden verloren haben. Daß sie früher solche ausgeschiedon hat ist 
an den auf ihrer Rückenseite vorhandenen Resten der Wachsdrüsen 
noch zu erkennen. Aber auch die obeiirdisch lebende Form der 
Reblaus, die sogenannte Gallenlaus, hat die Fähigkeit Wachsfäden 
zu produzieren eingebüßt die sie, worauf die hier noch deutlicher, 
wie bei der Wurzellaus vorhandenen Drüsenrudimente hinweisen, 
früher zweifellos zu erzeugen im stände war. Dieser Verlust der 


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184 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Wachsfäden dürfte mit der Gewohnheit der GaUenlaus, im Herbste 
in den Boden zurückzu wandern, in ursächlichem Zusammenhang¬ 
stehen. 

Auf ein interessantes und unsere Annahme stützendes Vor¬ 
kommen von Wachsausscheidungen sei schließlich noch hingewiesen, 
nämlich: bei Läusen, die auf Wasserpflanzen leben. Der Körper 
von Rhopalosiphum nymphaeae, das in der Blüte der gelben See¬ 
rose (Nymphaea lutea) lebt, und der von Rh. najadum, welches 
sich auf den Blättern des Laichkrautes (Potamogeton) entwickelt, 
ist mit Wachs bestäubt Die Bedeutung des Wachsüberzuges für 
diese Blattlausarten ergibt sich aus unseren vorstehenden Betrach¬ 
tungen. Er verhindert eine Benetzung ihres Körpers, wenn bei 
windigem Wetter Wasser über die Blüten der Seerose oder über 
die Blätter des Laichkrautes hinweggespült wird. 

Die im vorstehenden besprochenen Beobachtungen sollen' im 
Laufe des nächsten Sommers vervollständigt und danach ausführ¬ 
licher mitgeteilt werden. 

2 . Über einen die Korke der Weinflaschen zerstörenden 

Schädling. 

Der Station wurden in den letzten Jahren wiederholt Korke 
zugesandt, die, während sie sich auf den Flaschen befanden, von 
den Raupen eines Kleinschmetterlings zerstört worden waren. Die 
Beschädigungen waren, wie an untenstehender Abbildung zu er¬ 
kennen ist, immer am oberen Ende der Korke am stärksten. Die 
inneren und äußeren Teile derselben waren von mehr oder weniger 
verzweigten (längen durchzogen, welche die Hälfte, mitunter zwei 
Drittel der Länge der Korke erreichten und teilweise mit Bohrmehl 
und Kot angefüllt waren. Auch in den Spunden der Fässer sollen 
die Raupen Vorkommen und hier einen ähnlichen Schaden hervor- 
rufen. Jährliches Tünchen der Keller und Verlacken der Korke 
hat sich gegen den Schädling als unwirksam erwiesen. Die Ein¬ 
sender waren der Ansicht, daß das Insekt mit den Korken aus 
Spanien eingeführt worden sei. 

Das dies nicht der Fall ist, ergibt sich schon aus der Art des 
Schadens, welcher darauf hinweist, daß die Raupen erst nachdem 
die Korke auf die Flaschen gebracht worden sind, eindringen. Wenn 
der Schädling in einzelnen Fällen auch verlackte Korke befallen 
hat, so ist das darauf zurückzuführen, daß viele Flaschenlacke kurze 
Zeit nach dem Aufträgen Risse bekommen und abspringen, wodurch 
die Korke teilweise freigelegt werden. An solchen Stellen können 
sich die Raupen leicht ins Innere derselben einbohren. 

In der Literatur konnte ich Angaben über Beschädigungen 
der Korke durch Tiere nur in dem »Handbuch des Weinbaues und 
der Kellerwirtschaft« von v. Babo und Mach finden. Auf Seite 
492 des II. Bandes wird dort darüber folgendes gesagt: »Auch 
durch tierische Parasiten, z. B. Räupchen von kleinen Nacht¬ 
schmetterlingen, Mottenarten (nach Le Sourd Oenophila flavum, 


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Bericht über die Tätigkeit der pflauzenpathologischen Versuchsstation. 185 

Tinea cloacella, Ephestia passutella), sowie durch eine Crustacee 
(Oniscus murarius) können die Korke in feuchten Kellern geschädigt 
und durchbohrt werden. Le Sourd rät an, die Korkenschädlinge 
durch Entwicklung von Schwefelkohlenstoffdämpfen- in den zu 
schließenden Kellerräumen zu zerstören.« 



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Fig. 27. 

Der Schaden an den der Station eingesandten Korken wurde 
verursacht durch Tinea cloacella Hw. Es ist dies ein Klein¬ 
schmetterling von ca. 7 mm Körperlänge und ca. 12 mm Flügel¬ 
spannung. Die silberweiße Farbe der Vorderflügel ist untermischt 
mit unregelmäßigen hell- bis dunkelbraunen Flecken, wie an den 
Figuren 1 a und b der obenstehenden Abbildung zu erkennen ist. 
Die Raupe (Fig. 2) wird ca. 7—8 mni groß. Ihre Farbe ist schmutzig- 
weiß, Kopf- und Halsschild hellbraungrau. Die Länge der braunen 
Puppe (Fig. 3) beträgt 5 mm. Sie ruht im letzten Fraßgang und 
schiebt sich vor dem Ausgehen des Schmetterlings aus den Korken 
heraus (Fig. 4). Wie Braun (Die Kleinschmetterlingsraupen usw. 
usw., S. 70) und Taschenberg (Prakt. Insektenkunde, 3. Teil, 


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186 IV. Die Versuchsstationen. 

S. 256) angcben, lebt die Raupe von Juni bis April in faulem Holz 
und in holzigen Baumschwämmen. Das Insekt ist nahe verwandt 
mit der bekannten Kornmotte (Tinea granella L.), welche häufig 
großen Schaden an den Getreidevorräten hervorruft. Die Beschädi¬ 
gungen an den Korken sind für den Weinhändler um so empfind¬ 
licher, als durch die Fraßgänge der Raupen leicht Schimmelpilze in 
den Wein gelangen können, wodurch dieser krank wird. 

Was die Bekämpfung der Korkenmotte betrifft, so kann ich 
das von Le Sourd vorgeschlagene Verfahren, den Schädling durch 
Entwicklung von Schwefelkohlenstoffdämpfen in den zu schließenden 
Kelleriäumen zu vernichten, nicht billigen, weil hierdurch zu leicht 
Unglücksfälle durch das Entzünden zurückgebliebenen Gases ver¬ 
anlaßt werden können. Es dürfte zweckmäßiger sein, dem Schaden 
vorzubeugen durch ein Verschließen des freien Korkrandes mittels 
einer nicht abspringenden Masse, durch welche den Raupen das 
Eindringen in die Korken unmöglich gemacht wird. Hierzu eignet 
sich sehr gut das zinkfreie Flaschenwachs der Firma Maltz & Beyer 
in Zerbst in Anhalt (Preis 0,80 M pro Kilo). 

3. Zur Tachina-Krankheit der Springwttrmer. 

In diesem Sommer konnte Zschooke in einzelnen Gemar¬ 
kungen der Pfalz feststellen, daß die dort sehr häufigen Spring¬ 
würmer bis zu 90% von den Larven verschiedener Raupenfliegen¬ 
arten (Tachinen) bewohnt waren. In diesen Fliegen haben wir Nütz¬ 
linge vor uns, welche sich von dem Körperinhalto der Raupen er¬ 
nähren und dadurch allmählich deren Tod herbeiführen. Wir müssen 
deshalb nicht nur bestrebt sein, diese Tiere in den Weinbergen zu 
erhalten, sondern auch soviel wie möglich danach trachten, ihre 
Zahl dort zu vermehren. Versuche in dieser Richtung sind bereits 
im vergangenen Sommer von Zschooke eingeleitet worden. Be¬ 
sonders interessant für mich war die Angabe Zschookes (I. Jahres¬ 
bericht der Vereinigung der Vertreter der angewandten Botanik, S. 92), 
daß in den Gegenden, in denen neben dem Weinbau auch ausge¬ 
dehnter Obstbau betrieben wird, die Raupenfliegen massenhaft auf¬ 
traten. Es ist also nicht ausgeschlossen, daß dieselben Tachina- 
Arten, welche in den Springwürmern schmarotzen, auch in den 
Larven der obstbaumschädlichen Insekten leben, daß sie von diesen 
aus auf die Springwürmer, und umgekehrt, von den Springwürmern 
auf die Larven der Obstbaumfeinde überzugehen vermögen. Deshalb 
möchte ich es nicht unterlassen, schon jetzt eine Beobachtung mit¬ 
zuteilen, die ich im vergangenen und diesem Sommer im Obst¬ 
muttergarten unserer Anstalt gemacht habe. Die in diesem stehen¬ 
den Obstbäume sind zur Bekämpfung der Raupen des Apfelwicklers 
(Carpocapsa poinonella L.), der in der hiesigen Gegend in zwei 
Generationen auftritt und deshalb ungemein schädlich wird, den 
ganzen Sommer über mit Goethe sehen Obstmadenfallen versehen. 
Von Zeit zu Zeit werden diese Fangvorrichtungen nachgesehen und 
alle darunter sitzenden Apfelwicklerraupen vernichtet Bei dieser 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzeapathologischen Versuchsstation. 187 

Arbeit wurden sehr oft Tönnchen einer Tachinen-Art unter der 
Holzwolle vorgefunden, welche, da andere Larven hier nicht vor¬ 
handen waren, nur solchen Raupenfliegen angehören können, deren 
Larven ihre Entwicklung in den Raupen des Apfel Wicklers durch- 
machen. Diese Puppen und die daraus erzogenen Fliegen haben 
eine große Ähnlichkeit mit der von Zschooke auf der ain 
17. August d. J. in Mainz stattgehabten Versammlung »der Ver¬ 
einigung der Vertreter der angewandten Botanik« vorzeigten, aus 
Springwürmem gezüchteten Tachinen-Art. Da aber auch die Größe 
der Apfelwicklerraupen mit derjenigen der Springwürmer ungefähr 
übereinstimmt, die Larven des Schmarotzers also in beiden Raupen¬ 
arten etwa dieselben Nährstoffmengen für ihre Entwicklung vor¬ 
finden, so liegt die Annahme nahe, daß Apfelwickler und Spring¬ 
wurmwickler dieselbe Tachina-Art beherbergen. Aus diesem Ver¬ 
halten der Raupenfliegen würde ihr massenhaftes Vorkommen in 
solchen Weinbergen, die in der Nähe ausgedehnter Obstpflanzuugen 
liegen, eine Erklärung finden. Diese Annahme hat um so mehr 
für sich, als auch im letzten (12.) »Jahresbericht des Sonderaus¬ 
schusses für Pflanzenschutz« 1902, S. 144 über ein starkes Auf¬ 
treten des Apfel Wicklers in der Pfalz berichtet wird. Genauere 
Mitteilungen über diese Tachinen-Art können erst nach Abschluß 
der im Gange befindlichen Untersuchungen im nächsten Bericht 
gemacht werden. 

4. Weitere Beobachtungen über die Verbreitung des bekreuzten 
Traubenwicklers (Grapholitha botrana W. V.). 

Im letzten Jahresbericht wurde bereits mitgeteilt, daß neben 
dem einbindigen Traubenwickler (Tortrix ambiguella Hüb.) auch der 
bekreuzte Traubenwickler (Grapholitha botrana W. V.), der in früheren 
Jahren in hiesiger Gegend nicht vorhanden war, in den Wein¬ 
bergen des Rheingaues immer mehr überhand nimmt. In diesem 
Jahre hat sich derselbe noch häufiger gezeigt. Besonders zahlreich 
flogen seine Motten in der Büdesheimer Gemarkung, woselbst sie 
von Herrn Rentmeister Ott massenhaft beobachtet wurden. Bei 
den in dem Sturm sehen Weingute vorgenommenen Bekämpfungs¬ 
arbeiten wurden, wovon ich mich selbst überzeugt habe, mit den 
Klebefächern viele Motten der bekreuzten Art unschädlich gemacht. 
Auch in der Nähe von Oberlahnstein habe ich diesen Schädling 
angetroffen und seine Puppen in Sauerwurmfallen, die aus der 
Umgebung von Koblenz stammten, in größerer Menge vorgefunden. 
Aus allen diesen Beobachtungen geht hervor, daß der bekreuzte 
Traubenwickler von Jahr zu Jahr dem Weinbau gefährlicher wird. 

5. Zur Biologie der Peronospora viticola de By. 

Die Peronospora viticola zeigt sich gewöhnlich erst im Juli 
oder August in den Weinbergen, um von dieser Zeit an sich un- 
gemein schnell über eine ganze Gegend auszubreiten. Sie unter- 


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IV. Die Versuchsstationen. 


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scheidet sich hierin von vielen ihrer Verwandten, denn die bei 
weitem meisten anderen Peronosporeen trifft man bereits im März, 
April und Mai auf ihren Nährpflanzen an. Ohne in Abrede stellen 
zu wollen, daß dieser Erscheinung noch andere Ursachen zu Grunde 
liegen, scheint es jedoch nicht ausgeschlossen, daß die im Sommer 
in den Weinbergen notwendige Bodenbearbeitung mit ihr in einem 
gewissen Zusammenhang steht. 

Die Peronospora viticola überwintert bekanntlich in Form von 
Oosporen, die meist im Innern der abgefallenen und vertrockneten 
Blätter gebildet werden. Letztere, welche diese Sporen oft in 
großen Mengen enthalten, bleiben vom Herbst bis zum Frühjahr 
in den Weinbergen liegen, in welcher Zeit sie vom Winde zu¬ 
sammengeweht werden. Im Frühjahr beim ersten Bau der Wein¬ 
berge, gelangen diese bereits halb verwesten Blätter in den Boden, 
wo sie bald vollständig vermodern; bei ihrem Zerfall werden die 
Oosporen frei. Ende Juni bis anfangs Juli werden die Weinberge 
zum zweitenmal gegraben. Hierbei werden die Oosporen wieder 
über die Erde gebracht und können nun von hier aus leicht durch 
den Wind oder durch auf den Boden aufschlagende. Regentropfen 
auf die Blätter und Beeren übertragen werden, von wo aus der 
Pilz sich durch seine Sporangien resp. Konidien weiter verbreiten 
kann. Die von der Peronospora hervorgerufenen Beschädigungen 
treten dann im Laufe der Monate Juli und August in die Er¬ 
scheinung. 

Sollte sich diese Theorie als richtig erweisen, so würden sich 
aus ihr wichtige Fingerzeige für eine zweckmäßige Bekämpfung des 
Pilzes ergeben. Die erste Bespritzung der Reben mit Kupfervitriol¬ 
kalkbrühe hätte dann, wie seither, vor der Blüte zu erfolgen, um 
eine Infektion der Stöcke durch Oosporen, die aus vereinzelten, 
nicht mit eingegrabenen Blättern herrühren, zu verhüten. Bei der 
Isolierung dieser Sporen spielen vielleicht Regenwürmer oder 
Schnecken, die sich von den faulenden Blättern ernähren, eine Rolle. 

Darf diese erste Bespritzung auch niemals unterlassen werden, 
so kommt doch der zweiten eine weit größere Bedeutung zu. Die 
im Frühjahr mit den Blättern eingegrabenen und durch die Ver¬ 
wesung dieser freigewordenen Oosporen stellen, wenn sie beim 
zweiten Bau der Weinberge wieder über die Erde gelangen, eine 
große Gefahr für die Reben dar, die abzuwenden jeder Winzer 
ernstlich bestrebt sein muß. Die zweite Bespritzung müßte also 
unmittelbar nach dem zweiten Bau der Weinberge vorgenomraen 
werden. Diese Maßnahme würde aber nur dann einen Erfolg 
haben, wenn die Grabarbeiten in den Weinbergen einer Gemarkung 
zu derselben Zeit ausgeführt würden, wodurch gleichzeitig einer 
Überhandnahme des Unkrautes mehr wie seither vorgebeugt werden 
könnte. 

6. Untersuchungen Uber die Sclerotien der Monilia fructigena. 

Von den beiden, die Blüten, Früchte und Triebe unserer 
Obstbäume schädigenden Monilia-Arten, der Monilia cinerea und 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzeupathologischen Versuchsstation. 189 


der M. fructigena, kennt man in Europa bis jetzt nur die Konidien¬ 
form. Trotz aller Mühe ist es seither noch nicht gelungen, die zu 
diesen Pilzen gehörigen Apothecien im Freien aufzufinden oder in 
Kulturen zu erziehen. Auch die den Monilien eigenen Dauerformen, 
die Sclerotien, aus denen sich erst die Apothecien entwickeln, 
konnten auf keinem dieser Wege gewonnen werden. Woronin 
(Über Sclerotinia cinerea und Sei. fructigena, Mem. de l'academie 
imp. des Sciences de St. Petersburg VIII. S6rie) erhielt bei seinen 
Versuchen, die er zur Erlangung der Sclerotien und Apothecien der 
beiden Pilze anstellte, im günstigsten Fall hautartige Hyphenver¬ 
flechtungen von sclerotienartiger Beschaffenheit, derentwegen er die¬ 
selben zur Gattung Sclerotinia, mit der sie auch sonst große Ähn¬ 
lichkeit haben, stellte. Die Annahme Woronins, die bereits früher 
von Schröter (Kryptog. - Flora von Schlesien III. Bd. S. 67) aus¬ 
gesprochen worden ist, wurde bestätigt durch die Forschungen eines 
Amerikaners namens Norton, dem es im Jahre 1902 gelungen ist, 
die Schlauchfrucht der Monilia fructigena im Freien aufzufinden. 
(Transactions of the acad. Science of St. Louis.) Norton beobachtete 
dieselben in reichlicher Menge im April des genannten Jahres in 
Obstgärten in Maryland an mumifizierten Pfirsich- und Pflaumen¬ 
früchten, welche über ein Jahr alt waren. 

In diesem Winter habe ich einige Versuche zur Erlangung 
der Sclerotien der Monilia fructigena ausgeführt, die hier, trotzdem 
sie noch nicht abgeschlossen sind, bereits erwähnt werden sollen, 
weil die dabei erhaltene Dauerform des Pilzes eine sehr viel größere 
Übereinstimmung mit typischen Sclerotien zeigt, wie die von Woro¬ 
nin erhaltenen hautartigen Bildungen. 

Da es allen Anschein hat, daß die beiden in Rede stehenden 
Monilia-Arten unter der Epidermis des Kernobstes bestrebt sind, 
Dauerformen zu bilden, die Dicke der Fruchtschale wahrscheinlich 
aber ihr Austreten und damit das Zustandekommen vollkommener 
Sclerotien hindert, so kam es bei unseren Kulturversuchen zunächst 
darauf an, dieses Hindernis zu beseitigen. Es konnte dies auf zwei 
verschiedenen Wegen erreicht werden. Einmal durch Kultur der 
Pilze auf der dünn von der Frucht abgeschälten Oberhaut, wobei 
ihre dem Fruchtfleische zugekehrte Seite zu impfen ist dann aber 
auch auf abgeschälter und in kleine Stückchen zerschnittener Ober¬ 
haut; hierbei kann die Impfung an beliebiger Stelle erfolgen. In 
beiden Fällen stehen alsdann, wenn etwas Fruchtfleisch an der 
Schale belassen wird, dem Pilze dieselben Nährstoffe, wie in der 
intakten Fnicht zur Verfügung, sein Austreten aus der Schale ist 
ihm jedoch bedeutend erleichtert. 

Bis jetzt wurden nur Versuche mit Monilia fructigena angestellt, 
welche sowohl auf ganzen, als auch auf Apfelschalen, die in kleine 
Stückchen geschnitten waren, in Kultur genommen wurde. Der Pilz 
wuchs, nachdem er am 16. Dezember 190J von einem spontan in¬ 
fizierten Apfel auf diese Nährböden übertragen worden war, alsbald 
in das Substrat hinein und breitete sich, ohne aus ihm herauszu¬ 
treten, in demselben aus. Nur an der Impfstelle der ganzen Schalen 


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IV. Die Versuchsstationen. 


zeigte er sich in Form einer krümeligen, grauweiß gefärbten Masse. 
Nach einiger Zeit entstanden an den Rändern der ganzen Schalen 
und — unregelmäßig verteilt — an verschiedenen Stellen der zu 
einem Haufen zusammengelegten Schalenstückchen schwarz gefärbte 
Krusten, welche nach und nach immer deutlicher wurden und sich 
aus der Schale hervorwölbten, wobei sie bis heute (26. März 1904) 
eine Länge bis zu 35 mm und eine Breite von 6 mm erreichten. 



Fig. 28. 


Auf der ganzen Schale, wo sie lang gestreckt sind, verlaufen sie 
entlang des Randes, während sie auf den Schalenstückchen eine 
beinahe runde oder länglichrunde, häufig auch eine unregelmäßige 
Gestalt zeigen und hier so üppig entwickelt sind, daß sie mit ihren 
Rändern die Seiten derselben überragen. Die Farbe dieser 2—4 mm 
«licken Wülste ist tief schwarz; einzelne sind auf ihrer Oberfläche 
mit einem grauweißen Staube bedeckt. Es steht außer allem Zweifel, 
daß wir in diesen Gebilden beinahe vollkommen entwickelte Scle¬ 
rotien der Monilia fructigena vor uns haben, und es ist zu erwarten, 
daß sich aus ihnen auch die Apothecien entwickeln werden. 


7. Untersuchungen über den roten Brenner der Rebblittter. 

Während man früher ganz allgemein das Entstehen der roten 
Brennerflecken auf den Blättern der Rebe auf ungünstige äußere 
Verhältnisse zurückführte, wurde von Müller-Thurgau (Der rote 
Brenner des Weinstockes, Centralblatt für Bakt. Parasitenkunde u. 
Infektionskrankh. II. Abt. X. Bd. 1903, Heft 1—4) in den letzten 
Jahren in solchen Flecken ein Pilz (Pseudopeziza tracheiphila M.-Th.) 
beobachtet, den er mit dieser Erscheinung in ursächlichen Zu¬ 
sammenhang brachte. Um diesen Pilz kennen zu lernen, habe ich 
in diesem Sommer und Herbst eine größere Anzahl brennerkranker 
Blätter, auf denen die Flecken genau das Aussehen zeigten und 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzeupathologischen Versuchsstation. ]() J 


dieselbe Lage hatten, wie sie Müller-Thurgau in der genannten 
Arbeit beschrieben und abgebildet hat auf das Vorhandensein dieses 
Pilzes hin untersucht ohne ihn jedoch in denselben finden zu 
können. Aus diesem Grunde können wir vorläufig die Ansicht 
Müller-Thurgaus nicht teilen, sondern nehmen an, daß der Krank¬ 
heit auch noch andere Ursachen zu Grunde liegen können. Welcher 
Art diese letzteren sind, sollen die für den kommenden Sommer in 
Aussicht genommenen Versuche ergeben. 


8. Untersuchungen Aber Rhacodium cellare. 

Diesen Untersuchungen liegt die Annahme zu Grunde, daß 
wir in dem als Rhacodium cellare Pers. bezeichneten Pilze keine 
selbständige Spezies zu erblicken haben, sondern daß derselbe eine 
durch seine Lebensweise entstandene etiolierte Form einer bereits 
bekannten Art darstellt. Seine deutschen Namen: Kellertuch, Keller¬ 
schwamm, Kellerschimmel, Faßschwamm, Faßschimmel verdankt der 
Pilz dem Umstande, daß er die Wände und Decken und alle in 
den Weinkellern befindlichen Gegenstände mit seinen olivengrünen, 
im Alter braun werdenden Hyphen überzieht und nach und nach 
vollständig bedeckt, so daß von der Unterlage nichts mehr zu er¬ 
kennen ist Die Hyphen zeigen einen zelligen Bau. In der neueren 
Literatur findet man fast immer nur die Mycelform des Pilzes be¬ 
schrieben, und es wird dabei angeführt, daß Fruktifikationen von 
ihm unbekannt seien. Diese Angaben stimmen jedoch mit denen 
der älteren Autoren nicht überein, welche nicht allein Sporen, 
sondern auch Perithecien von diesem Pilze gekannt haben. Wir 
wollen die Beobachtungen der einzelnen Forscher über diese Frukti¬ 
fikationen in diesem Berichte noch nicht besprechen, weil uns die 
hierzu notwendige Literatur noch nicht vollständig vorliegt. Nur 
soviel sei heute schon gesagt, daß es mir gelungen ist, in dem 
Rhacodium-Mycel Sporen und Perithecien aufzufinden, welche mit 
denen von Nees von Esenbeck in seinem »System der Pilze und 
Schwämme« abgebildeten eine große Ähnlichkeit haben. Als ein 
weiterer Erfolg dieser Untersuchungen ist die künstliche Kultur des 
Pilzes, die seither noch nicht gelungen war, zu nennen. Das Rha¬ 
codium cellare kann leicht auf Kalkplatten, die mit etwas Leimwasser 
durchtränkt sind, aus isolierten Hyphen weiter gezüchtet werden. 
Ob die oben ausgesprochene Vermutung richtig ist, darüber kann 
erst nach Abschluß der Versuche im nächsten Jahre berichtet 
werden. 


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IV. Die Versuchsstationen. 


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B. Bekämpfungsversuche. 

9. Bekämpfungsversuche gegen den Heu- und Sauerwurm 
(Tortrix ambiguella Hüb.). 

a) Fangen der Motten mittels Acetylenlampen. 

Durch diese Versuche sollte ermittelt werden, ob stärkere 
Lichtquellen auf die Motten des Heu- und Sauerwurmes eine größere 
Anziehungskraft ausüben, als schwächere. Die hierzu benutzten 
Lampen, die im Jahresbericht der Anstalt vom Jahre 1901 be¬ 
schrieben und abgebildet worden sind, wurden bereits im ver¬ 
gangenen Jahre bei den im Domanialweingute »Steinberg« vor- 
genoramenen Bekämpfungsarbeiten geprüft. Das damals erzielte Re¬ 
sultat blieb weit hinter dem erhofften zurück, denn es wurden mit 
den Acetylenlampen nicht mehr Motten gefangen, wie mit den 
gleichfalls dort aufgestellten, schon längere Zeit zu diesem Zwecke 
gebrauchten Öllampen. 

Zu den diesjährigen Versuchen wurde der Station der in der 
Gemarkung Hattenheim gelegene Distrikt »Willbom« der Königl. 
Domäne von Herrn Landes-Ökonomierat Cz6h gütigst zur Verfügung 
gestellt. Es fanden dabei 6 Acetylenlampeu Verwendung, von 
welchen fünf mit einem Reflektor versehen waren, während an der 
sechsten eine Vorrichtung angebracht war, durch welche das Licht 
nicht allein verstärkt, sondern zugleich auch nach allen Seiten hin 
geworfen wird. Diese Vorrichtung, die bereits in Frankreich in 
etwas anderer Form zur Bekämpfung des Springwurmwicklers zur 
Anwendung gekommen ist (Chronique agric. du canton de Vaud 
1908 S. 6), bestand darin, daß drei Doppelspiegel so um den 
inneren Rand des Wasserbehälters der Lampe herum angebracht 
wurden, daß ihre Flächen voneinander 120° entfernt waren; mit 
ihrem unteren Rand ruhten die Spiegel auf dem Boden der Wasser¬ 
schale. Die Lampe wurde mit drei Brennern versehen, von denen 
je einer in der Mitte zwischen jedem Spiegelpaar befestigt war. In¬ 
folge der Vermehrung der Flammenzahl und des Reflexes der 
Spiegel strahlte dieser Apparat ein ungemein helles Licht aus, wo¬ 
durch der Weinberg, in dem er aufgestellt war, in einem größeren 
Umkreise hin hell erleuchtet wurde. Sämtliche Lampen brannten 
zur Flugzeit der Motten beider Generationen des Schädlings. 

Die im Verlaufe dieses Versuches gemachten Beobachtungen 
stimmen mit den im vergangenen Jahre gesammelten Erfahrungen 
vollständig überein. Es zeigte sich nämlich, daß durch starke Licht¬ 
quellen die Motten weniger angelockt werden, als durch schwächere, 
und daß die Acetvlenlampen mit Reflektor sich zum Ködern des 
Traubenwicklers nicht besser eignen, wie die gewöhnlichen Öllampen. 
Im günstigsten Falle wurden bei dem diesjährigen Versuche in einer 
Nacht nur 180 Motten gefangen, während in früheren Jahren im 
Steinberg in der nämlichen Zeit mit den viel billigeren Öllampen 
bis zu 372 Stück unschädlich gemacht wurden. Wie aus nach- 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 193 


stehenden Tabellen zu ersehen ist, belief sich das diesjährige Fang¬ 
ergebnis auf nur 1520 Motten. Nach allen diesen Erfahrungen 
muß von einer Verwendung der Acetylenlampen bei der Bekämpfung 
des Heu- und Sauerwurmes abgeraten werden. 


Fangergebnis während der 1. Flugperiode. 


Datum 

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Fangergebnis während der 2. Flugperiode. 


Datum 

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1 i 1 , 

.451 — • 1 , = 941 Motten 

1 i 1 1 i 


b) Zur Bekämpfung des Heuwurmes mittels „HorstyK 

Das von Herrn Weingutsbesitzer H. Horst in Winkel zur 
Bekämpfung des Heuwurmes hergestellte, »Horstyl« genannte Wurm¬ 
gift ist eine ölartige, hellrot gefärbte Flüssigkeit, welche mit Näh¬ 
maschinenölern tropfenweise auf die von den Raupen des Trauben¬ 
wicklers zusamniengesponnenen Gescheine gebracht wird. Herr 
Horst stellte unterm 2. Juli dieses Jahres der Königl. Lehranstalt 
eine kleine Menge davon zur Prüfung zur Verfügung. Die hiermit 
angestellten Versuche hatten einen guten Erfolg, denn alle Heu¬ 
würmer, welche von dem Wurmgift getroffen wurden, gingen nach 
kurzer Zeit zu Grunde. Trotzdem muß vorläufig von der Verwen¬ 
dung des »Horstyls« im Großen abgeraten werden, weil die ölartige 
Masse sehr lange in den Gescheinen haften bleibt; die am 3. Juli 
mit dem »Horstyl« betropften Gescheine waren Mitte August noch 
nicht abgetrocknet. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, daß das 
Wurmgift beim Keltern der Trauben in den Most und später in den 
Wein gelangt und diesen ungünstig beeinflußt. Auch auf die Ent¬ 
wicklung der jungen Frucht hat das »Horstvl« ungünstig ein¬ 
gewirkt: alle von demselben benetzten Beeren blieben im Wachs- 

UoisMMiheitner Bericht UHKI. 13 


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194 


IV. Die Versuchsstationen. 


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tum weit hinter den nicht behandelten zurück. Ein endgültiges 
Urteil über die Brauchbarkeit dieses neuen Mittels kann daher erst 
nach Ausführung größerer Versuche, die im nächsten Jahre damit 
angestellt werden sollen, erlangt werden. 

Übrigens ist die Verwendung von ölen zur Bekämpfung des 
Heu- und Sauerwurmes nicht neu. Das von dem Italiener Giu¬ 
seppe Mazza in Stradella zusammengesetzte, Insetticida anti- 
cochylis genannte Mittel besteht aus 75 Teilen gekochtem 
Olivenöl, 15 Teilen Tabakaufguß und 10 Teilen Knoblauchextrakt, 
unter welchen Stoffen wohl auch das Olivenöl die Hauptwirkung 
hervorrufen wird. Es ist höchstwahrscheinlich, daß das »Horstyl«, 
das auf seine Zusammensetzung von der chemischen Station der 
Königlichen Lehranstalt noch untersucht werden soll, nichts anderes 
ist, als rotgefärbtes öl. 

Die günstige Wirkung des Öles dürfte darauf zurückzuführen 
sein, daß durch dasselbe die Stigmen (Atemlöcher) der Raupen ver¬ 
stopft werden, wonach diese infolge Erstickung verenden. 

Nachschrift. 

Herr Domänen-Inspektor lg. Henisch auf Schloß Johannis¬ 
berg hat bereits in diesem Sommer das »Horstyl« in größerer 
Menge zur Vernichtung des Heuwurmes verwendet. Um zu er¬ 
mitteln, ob diese Flüssigkeit den Most resp. Wein in irgend einer 
Weise beeinflußt, teilte derselbe eine Weinbergs-Parzelle in zwei 
gleich große Teile und tötete auf der einen Hälfte die Raupen 
mittels Horstyl, während er auf der anderen Hälfte die Heuwürmer 
mit zugespitzten Hölzchen von Schulkindern aus den Gescheinen 
entfernen ließ. Die Trauben beider Hälften wurden im Herbst ge¬ 
sondert geerntet und gekeltert, und später die daraus gewonnenen 
Weine miteinander verglichen. Hierbei konnten Unterschiede nicht 
ermittelt werden; beide Weine waren sowohl in Bezug auf ihre 
chemische Zusammensetzung, als auch ihren Geschmack, wovon ich 
mich selbst überzeugt habe, vollkommen gleich. Es hat also allen 
Anschein, daß das »Horstyl« einen schädlichen Einfluß auf den 
Wein nicht ausübt. 


C. Das Bergersche Mittel. 

Das Bergersche Mittel zur Bekämpfung des Heu- und Sauer¬ 
wurmes, das auch gegen Peronospora und Oidium wirksam sein 
soll, ist eine pulverförmige Substanz, deren Zusammensetzung von 
dem Erfinder geheim gehalten wird. Es wird wie der Schwefel mit 
Blasebälgen auf die Reben gestäubt. 

Im Sommer 1902 habe ich mit dem Mittel einen kleinen Ver¬ 
such ausführen lassen, der insofern einen Erfolg batte, als die da¬ 
mit gepulverten Stöcke frischer und gesunder erschienen und etwas 
schönere Trauben hatten, wie die nicht behandelten. Da jedoch die 
Versuchsparze]le vor der Anwendung des Pulvers bereits gespritzt 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. J95 


und geschwefelt war, auch die Motten in dem betr. Weinberge mit 
Klebefächem gefangen wurden, konnte die Wirkung des Mittels den 
genannten Schädlingen gegenüber nicht genau festgestellt werden. 
Es wurde deshalb mit Herrn Berger vereinbart, die Bestäubungen 
im nächsten Jahre unter seiner persönlichen Leitung zu wiederholen. 
Herr Berger kam jedoch nicht mehr nach Geisenheim, weshalb 
von der Fortsetzung der Versuche abgesehen werden mußte. 

In diesem Jahre erprobte Herr Berger sein Mittel in einem 
Weinberge des Herrn Grafen Matuschka-Greiffenklau auf Schloß 
Vollrads. Der Erfolg dieses Versuches soll ein ganz vorzüglicher 
gewesen sein. Diese Ansicht kann ich nicht teilen. Durch eine 
Besichtigung des betr. Weinberges habe ich mich überzeugt, daß 
die behandelten Stöcke wohl länger grün blieben und auch etwas 
schönere Trauben hatten, wie die nicht mit dem neuen Pulver be¬ 
stäubten, allein letztere standen gleichfalls sehr schön und trugen 
auch reichlich Trauben. Dieser Unterschied wäre vielleicht noch 
weniger deutlich zu bemerken gewesen, wenn die neben der Ver¬ 
suchsparzelle stehenden Stöcke gespritzt und geschwefelt worden 
wären. Es war dies aber nicht der Fall. Sie blieben vielmehr den 
ganzen Sommer über ohne Schutzmittel, während die Versuchs¬ 
stöcke — soviel ich in Erfahrung bringen konnte — dreimal mit 
dem Pulver versehen wurden. Zieht man nun noch in Erwägung, 
daß mit anderen pulverförmigen Substanzen, z. B. gewöhnlichem 
Straßenstaub (Jahresbericht der Anstalt 1898/99, S. 32) bereits 
ähnliche Erfolge erzielt worden sind, so erscheint es doch sehr 
fraglich, ob das Bergersche Pulver einen Vorzug vor den ge¬ 
bräuchlichen Bekämpfungsmitteln verdient. In dieser meiner Be¬ 
urteilung des Erfolges des Versuches stimme ich mit Herrn Grafen 
Matuschka-Greiffenklau vollständig überein. Auch dieser 
schlägt vorläufig die Wirkung des Pulvers nicht allzu hoch an, zu¬ 
mal der Weinberg, in dem die Prüfung stattfand, nur sehr wenig 
unter dem Heu- und Sauerwurm und der Peronospora und dem 
Oidium zu leiden hat. Auf jeden Fall kann nach den bis jetzt vor¬ 
liegenden Erfahrungen noch kein sicheres Urteil über die Brauch¬ 
barkeit des neuen Mittels abgegeben und seine Verwendung der 
Praxis nicht empfohlen werden. 

|d) Zur Bekämpfung des Heu- und Sauerwurms?mittels Fallen. 

In No. 1, Seite 3 dieses Jahrganges der Zeitschrift »Weinbau 
und Weinhandel« veröffentlichte Herr Amtsgerichtsrat Gescher zu 
Trarbach einen Aufsatz, in dem er eine Bekämpfungsmethode für 
den Heu- und Sauerwurm empfiehlt, die seither in der Praxis nur 
wenig Verwendung gefunden hat: das Fangen der Raupen in 
Fallen. Letztere sind leicht und einfach herzustellen. Sie be¬ 
stehen nämlich nur aus einem Tuchlappen, der in ungefähr halber 
Stockhöhe um die Schenkel und Pfähle herum gelegt und fest¬ 
gebunden wird. Es eignen sich hierzu alle Tuchabfälle, auch ge¬ 
wöhnliche Sackleinwand. Wie Herr Amtsgerichtsrat Gescher in 

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196 IV. Die Versuchsstationen. 

dem gedachten Aufsatze angibt, hat im vergangenen Herbst eine 
Weingutsbesitzerin in Koblenz die AbfaUstreifen von Tuchstiickeu, 
die sogenannte Seifkante, in 2 /h Höhe der Stöcke um die Pfähle ge¬ 
bunden und beim Beginn des Winters 40,50 und mehr Sauerwurm¬ 
puppen an einem Stock und in einem der Streifen vorgefunden. 
Geht auch aus diesen Angaben hervor, daß das Verfahren für die 
Bekämpfung des Heu- und Sauerwurmes sehr brauchbar ist, so muß 
doch darauf hingewiesen werden, daß es nicht in allen Weinbau¬ 
gebieten Verwendung finden kann. 

Bekanntlich leben in den Gescheinen und Beeren der Rebe 
zwei Traubenwicklerarten: der den Winzern am besten bekannte 
einbindige Traubenwickler (Tortrix ambiguella Hüb.) und der 
weniger verbreitete bekreuzte Traubenwickler (Grapholitha 
botrana W. V.). Auf dem Weinbau-Kongreß in Mainz habe ich be¬ 
reits mitgeteilt, daß sich diese beiden Schädlinge den Fallen gegen¬ 
über sehr verschieden verhalten. Die Raupen des einbindigen 
Wicklers verpuppen sich nur ganz vereinzelt unter den Tuchlappen, 
während sich diejenigen der bekreuzten Art mit Vorliebe dort ein¬ 
spinnen. Die Fallen werden also nur in denjenigen Weinbau¬ 
gebieten wirksam sein, die unter dem bekreuzten Wickler zu leiden 
haben. 

ln Italien, wo der bekreuzte Traubenwickler sehr häufig ist, 
werden schon seit einigen Jahren Fallen für die Bekämpfung der 
Heu- und Sauerwürmer verwendet. Auch in den Weinbergen der 
Königl. Lehranstalt wurde diese Bekämpfungsart von mir bereits 
erprobt. Im Jahresbericht derselben für das Etatsjahr 1899/1900, 
S. 61 wird darüber gesagt: Endlich wurde noch versucht, die Raupen 
in Fallen zu locken. Zu diesem Zwecke wurden Goethesche 
Obstmadenfallen und Tuchlappen um die unteren Teile der Stöcke 
und Pfähle gelegt. Der Erfolg war kein befriedigender; nur hier 
und da hatte sich eine Raupe unter den Fallen eingesponnen. — 
Das geringe Ergebnis dieses Versuches ist darauf zurückzuführen, 
daß zu der Zeit in der er zur Ausführung kam, nur der einbindige 
Traubenwickler, der ja, wie bereits erwähnt, die Fallen zur Ver¬ 
puppung nicht aufsucht, in der hiesigen Gegend vorhanden war. 
Heute kann jedoch den Winzern des Rheingaues das Anlegen von 
Fallen nur empfohlen werden, weil in den letzten Jahren die be¬ 
kreuzte Art hier gleichfalls sein* häufig geworden ist. 

Durch die Liebenswürdigkeit des Herrn Geheimen Kommerzien¬ 
rat Wegeier zu Koblenz hatte ich Gelegenheit, einige der im ver¬ 
gangenen Herbste in der Umgebung von Koblenz zum Fangen der 
Sauerwürmer benutzten Tuchstreifen zu untersuchen. Es wurde 
hierbei — wie zu erwarten war — ermittelt, daß die sehr zahlreich 
in denselben vorhandenen Puppen alle der bekreuzten Art an¬ 
gehören. Diese Beobachtung wurde durch einen Zuchtversuch be¬ 
stätigt, bei welchem aus diesen Puppen ausschließlich bekreuzte 
Wickler hervorgingen. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologisehen Versuchsstation. 197 


Zur Bekämpfung des Springwurm Wicklers 
(Tortrix plllerlana H.) 

Nachdem bereits in früheren Jahren in Frankreich mit gutem 
Erfolge versucht worden war, den Springwurmwickler im Winter 
durch schweflige Säure zu bekämpfen, wurde diese Methode in 
Deutschland zum erstenmal von der Gemeinde Wehlen a./Mosel mit 
demselben Ergebnis zur Ausführung gebracht. Von dem Erfolge 
dieser Maßnahme überzeugt, kam dieselbe dann auch an anderen Orten 
der Mosel zur Anwendung. An den Bekämpfungsversuchen der Ge¬ 
meinde Wehlen beteiligte sich die Station insofern, als sie auf ihr 
Ansuchen hin, die Einwirkung verschieden großer Mengen der 
schwefligen Säure auf das Leben der jungen Räupchen und das 
des Stockes feststellte. Es zeigte sich hierbei, daß, wenn ca. 15 g 
einer Schwefelschnitte im Innern der bei dieser Bekämpfungs¬ 
methode benutzten Blechglocken verbrannt werden und die hierbei 
entstehende schweflige Säure 10 Minuten lang auf Stock und Pfahl 
einwirkt, die an diesen sitzenden Räupchen getötet werden. 

Sonstige Tätigkeit der Station. 

Im Laufe des Etatsjahres arbeiteten in der Station die Herren: 
Landwirtschaftslehrer Julius Jacob aus Kreuznach, Landwirtschafts¬ 
lehrer Franz Feirle aus Werl (Westfalen), Oskar Katterfeld 
aus Liebau (Kurland) und Komtesse zu Münster aus Reifen¬ 
stein (Prov. Sachsen). 

Der Berichterstatter hielt einen Vortrag über »Neuere Er¬ 
fahrungen bei der Bekämpfung der Peronospora und des Oidiums« 
auf dem 21. Deutschen Weinbau-Kongreß in Mainz. Für den an 
der Anstalt abgehaltenen Obstbau-Kursus hatte derselbe 10 Vorträge 
über Krankheiten und Feinde der Obstbäume, Reben und Garten¬ 
gewächse übernommen. 

Der Reblaus-Kursus für die Schüler und der öffentliche Reb¬ 
laus-Kursus, die beide in den Laboratorien der Station abgehalten 
und von dem Berichterstatter geleitet wurden, waren zusammen 
von 63 Personen besucht. 

Anfangs Juli wurden von dem Berichterstatter die im Parke 
und dem Obstmuttergarten der Anstalt stehenden Reben auf das 
Vorhandensein der Reblaus hin untersucht, wobei verdächtige Er¬ 
scheinungen nicht wahrgenommen wurden. 

Die Station stand auch in diesem Jahre in regem Verkehr mit 
der Praxis. 

Zu dem von der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft heraus¬ 
gegebenen Jahresbericht des Sonderausschusses für Pflanzenschutz 
lieferte der Berichterstatter über 300 Beobachtungen. 

Am 24. März trat Dr. Zang, seither Assistent am botanischen 
Institut der Universität Gießen, als Assistent in die Station ein. 


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19S 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Geschenke. 

Von dem früheren Direktor der Anstalt, Herrn Landes-Öko¬ 
nomierat Goethe: Eine größere Anzahl deutscher, amerikanischer, 
französischer und holländischer Abhandlungen über Krankheiten und 
Feinde der Kulturpflanzen. 

Die Station sagt Herrn Landes-Ökonomierat Goethe auch an 
dieser Stelle für die gütige Zuwendung ihren besten Dank. 

Neuanschaffungen. 

Saccardo, Sylloge fungorum omnium hucusque cognitorum. 
18 Bände. 

Corda, Pracht-Flora europäischer Schimmelbildungen. 
Woronin, Über Sclerotinia cinerea und Sclerotinia fructigena. 
Nees von Esenbeck, System der Pilze und Schwämme. 
2 Bände. 

Fries, Systema mycologicum. 6 Bände. 

Fries, Elenchus fungorum, sistens commentarium in Systema 
mycologicum. 2 Bände. 

Fries, Summa vegetabilium Scandinaviae. 2 Bände. 

A. Meyer, Mikroskopisches Praktikum II. 

Richter von Binnenthal, Die Rosenschädlinge aus dem 
Tierreich. 

von Thümen, Fungi pomicoli. 

P. et H. Sydow, Monographia Uredinearum (Fortsetzung). 
Lindau, Hilfsbuch für das Sammeln parasitischer Pilze. 

P. Wytsmann, Genera insectorum (Fortsetzung). 

Kieffer, Monographie des Cvnipides d’Europe et d’Algörie. 
Tome II. 

Roos, Die Gallenbildungen der Pflanzen. 

Praktische Blätter für Pflanzenbau und Pflanzenschutz (Fort¬ 
setzung). 

Centralblatt für Bakteriologie, Parasitenkunde und Infektions¬ 
krankheiten (Fortsetzung). 

Arbeiten aus der biologischen Abteilung am Kaiserl. Ge¬ 
sundheitsamte (Fortsetzung). 

Naturwissenschaftliche Zeitschrift für Land- und Forstwirt¬ 
schaft (Fortsetzung). 

Annales mycologici. Band. 1. 


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Bericht über die Tätigkeit der meteorologischen Station. 


199 


Bericht 

über die Tätigkeit der meteorologischen Station 
während des Etatsjahres 1903. 

Erstattet von Dr. Gustav Lüstner. Vorstand der Station. 

Die meteorologische Station der Königlichen Lehranstalt ist 
eine Beobachtungsstation II. Ordnung des Königlichen meteoro¬ 
logischen Instituts zu Berlin. Sie liegt: 

östliche Länge von Greenwich 7° 58'; nördliche Breite 49° 59'; 
Höhe des Nullpunktes des Barometers über N.N. (Normal Null), 
d. h. über dem Nullpunkte des Amsterdamer Pegels 103,37 m. 

Die Ablesungen finden täglich statt: 

7 28 ha 
2 28 hp 
9 28 hp. 

Die hierbei gemachten Beobachtungen werden in eine Tabelle 
eingetragen (Monatstabelle, Sonnenscheintabelle), welche nach Schluß 
eines jeden Monats sofort dem Königlichen meteorologischen In¬ 
stitut in Berlin eingesandt wird. Über Gewitter, Wetterleuchten, 
Höhe der Schneedecke oder andere wichtige meteorologische Er¬ 
scheinungen wird besonders dorthin berichtet. Die Königliche Rhein¬ 
strom-Bauverwaltung zu Koblenz erhält an jedem Montag über die 
Höhe der Schneedecke und die Temperatur Nachricht; der Wetter¬ 
dienst der Landwirtschaftsschule zu Weilburg a. L. wird täglich 
über die Wetterlage im Rheingau unterrichtet. Die Station ist mit 
nachstehenden Instrumenten ausgestattet. 

I. Im Innern einer Wildschen Hütte: 

k Gin Äi" } Augustsehes 

3. Ein Maximum-Thermometer mit durch Luftblase abgetrenntem 
Quecksilber-Index nach Negretti und Zambra. 

4. Ein Alkohol-Minimum-Thermometer mit verschiebbarem Glas- 
Index nach Rutherford. 

5. Ein Haarhygrometer nach Koppe. 

6. Ein Richard scher Thermograph. 

7. Ein in halbe Grade geteiltes Quecksilber-Thermometer (Kontroll- 
Thermometer zu 6). 

II. In unmittelbarer Nähe der Wildschen Hütte: 

8. Ein Maximum-Thermometer nach Negretti und Zambra. 

9. Ein Minimum-Thermometer nach Rutherford. 

(Beide Instrumente liegen 7,5 cm über dem Boden.) 


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200 


IV. Die Versuchsstationen. 


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10. Zwei Regenmesser nach Hell mann. 

11. Eine Wildsche Windfahne mit Anemometer auf hohem Maste. 

IH. In einem Zimmer des Hauptgebäudes: 

12. Ein Stationsbarometer mit thermometre attachö von R. Fließ 
in Berlin. 

IV. Im Versuchs-Weinberg der Anstalt: 

13. Ein Sonnenschein-Autograph nach Campbell-Stokes. 

V. Besitzt die Station noch: 

14. Einen Wolkenspiegel. 

15. Einen Schöpfthermometer. 


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Zusammenstellung der Beobachtungen aus dem Kalenderjahr 1908 

1. Der Luftdruck. 


Bericht über die Tätigkeit der meteorologischen Station. 201 



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‘) > E i s t a g e < sind solche Tage, an denen das Maximum der Temperatur unter 0° bleibt (an denen es nicht auftaut); »Frost¬ 
tages an denen das Minimum der Temperatur unter 0° sinkt (an denen es friert), und >Som mertagean denen das Maximum 25° C. 
(— 20° R.) oder mehr beträgt. (Instruktion für die Beobachter an den meteorologischen Stationen 2., 3. und 4. Ordnung. Berlin 1888, S. B0.) 























202 


IV. Die Versuchsstationen 


3. Die Luftfeuchtigkeit. 



Stunde 
der Be¬ 
obachtung 

i 

Januar 

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Februar 

| 

ITT? 

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April 

Sa. 

5 


August 1 

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November 

Dezember 

j Jahres¬ 
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Gemessen mittels des Augustschen Psychrometers. 




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7 28 ha 

4,5 

4,8 

5,3 

5,2 

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9,5 

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10,9 

9,6 

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5,9 

4,4 

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2 28 hp 

5,4 

5,4 

5,6 

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8,2 

9,5 

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11,4 

10,9 

8,7 

6,2 

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7,7 

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9 28 hp 

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5,2 

5,5 

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2 20 hp 

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78 

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68 

67 

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76 

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85 

85 | 

92 | 

78 



Gemessen mittels des Ko 

pp eschen 

Iaarhygrometers. 




*■5 

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84 

83 

92 

85 

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76 

86 

95 

97 

90 

93 

86 

l| 

2 28 hp 

66 

63 

51 

60 

46 

48 

46 

55 

68 

77 

78 

83 

62 

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Ö'. 
p*“ ff 

9 28 hp 

79 

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76 

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72 

78 

85 

90 

93 

89 

89 

82 

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Mittel 

76,3 

74,7 

73,0 

75,3 

65.7 

66,3 

66,6 

75,3 

84.3 

89,0 

85,7 j 

88,3 

, 76,7 


4. Die Bewölkung. 



Heitere Tage 6 | 5 5 j 1 8 I 3 4 2 4 — 1 — j 2 i 40 

Trübe Tage 11 12 5 10 6 7 9 6 8 14 20 22 130 


5. Die Niederschläge und die Gewitter. 


Monat 

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Wetter¬ 

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Januar . . . 

26,4 9,3 

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10 

12 

2 1 

— 

17 

5 

1 

— 


Februar . . 

22,1 9.1 

16. 

i 

13 

2 

5 

12 

3 

1 

— 


März . . . 

24,3 5,5 

31. 

11 

15 

1 

— 

12 

2 

— 

— 

— 

April . . . 

62,4 8.0 

9. 

21 

23 

1 

6 

5 

4 

1 

— 

— 

Mai .... 

32,5 14,4 

13. 

12 

15 

— 

1 

| i 

2 

— 

6 

i 

Juni.... 

78,8 27,5 

3. 

10 

14 

— 

1 


i 

— j 

9 

3 

Juli .... 

60,5 11.9 

24. 

15 

22 

— 

— 

— 

i 

— 

10 

2 

August . . . 

60.4 25.6 

10. 

11 

15 

— 

— 

— 

l 

— 

4 

4 

September 

34,0 16,8 

4. 

10 

12 

— 

— 

— 

5 

— 

1 

— 

Oktober . . 

38,7 11.7 

13. 

17 

23 

— 

— 

3 

3 

— 

— 

— 

November . . 

51,2 9,9 

22. 

16 

20 

4 

— 

4 

2 

i 

1 

1 

Dezember, . 

17,4 7.5 

6. 

6 

4 

3 

1 


3 

7 1 

— 


Jahressumme 

508,7 157,2 

3. VI. 

116 

188 | 

13 

14 

1 54 | 

l 35 | 

1 11 1 

31 | 

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Bericht über die Tätigkeit der meteorologischen Station. 


203 


6. Die Windrichtung. 


Windrichtung 

Januar 

*3 

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er 

2 

März 

>! K 
3. ■ g*. 

3. 


August 

September 

Oktober 

November 

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•-I 

Jahres¬ 

summe 

Noni. 

7.0 

3,5 

4,5 

8,0 16,0 19,0 

9,5 

5,0 

10,0 

8,5 

14.0' 

3,0 1 114,0 

Nordost.... 

21,0 

5,0 

14,0 

7.5 12.0 14,0 

1,5 

1,5 

24,0 

10,0 

9,0 21,0 

140,5 

Ost. 

16.0 

4.0 

11.5 

2,5 11,0 

i »* i 

4,5 

2,5 

13,5 

12,0 

5,5 

42,0 

132,5 

Südost .... 

3,5 

1,5 

l.:. 

3,0 0,5 

1.5 

4,5 

2.5 

1*5 

— 

4.:. 

8,0 

32,5 

Süd. 

7.0 

4,01 

6.0 

3,5 4.0 

5,5 

2,5 

1,5 

1.0 

6,0 

4,5 

— 

45,5 

Südwest . . . 

20,5 

25.0 

24,5 

18,0 8,5 

10.0 14,0 

38,5 

0,5 29,5 

15,0, 

4,5 

2145 

West .... 

15,5 

29.0 

21,5 

23,5 18,0 

4.5 25,5 

29*0 

11,0 

13,5 124,5 

2,5 

218,0 

Nord west . . . 

1*5 

12.0 

9.5 

24,0 23,0 28,0 30,0 

12,5 

10,5 

13.5 

13.0 12,0 

195,5 

Windstille . . . 

1,0 



— — 

— 

1,0 

— 

— 

— 

— 

— 

2,0 


7. Die Windstärke. 


Stunde 

der 

Beobach¬ 

tung 

Januar 

März 

Februar 

April 

K 

2. 1 

§ 


August 

X 

S 

O | 
1 

Oktober 

? =? 1 J 

< N 3 P 

cd - • er 

3 P S 2 

—> M CD 

o* er — w 

CD © i 

5 - 

Jahres¬ 

summe 

7» ha. . . 

2,1 

2,8 2,2 

3,0 

2,3 

2,6 

i 2.3 

1,5 

1,5 

1*7 

2,1 1,5 2,1 


2’ 8 hp . . . 

2,9 

4,8 4,0 

! 4 ’ 4 

3,6 

3,5 

3.6 

1 3,0 

3,1 

3,2 

2.6 1,8 j 3.5 

— 

9» hp. . . 

2,0 

2,4 2.1 

2,8 

1,7 

2,6 

23 

! 1,5 

1,8 

2,4 

2,7 1,7 2,2 

— 

Mittel. . . 

25 

33 3,0 

3,4 

2,5 

1 2.9 

Ql 


: 2,i 

2,4 

25 1,7 2,6 

— 

Sturmtage . 

3 

10 10 

,J i 

4 1 

7 | 

8 

2 

4 

4 1 

0 — — 

67 


8. Die Dauer des Sonnenscheines. 


Monat 

Summe des 

Monatsmittel 

des 

Vor¬ 

mittags 

Nach¬ 

mittags 

Tages 

Vor¬ 

mittags 

Nach¬ 

mittags 

Tages 

Januar. . . . 

383 

36,5 

74,7 

1*2 

1 *> 

2,4 

Februar . . . 

40,3 

44,3 

84,0 

1*4 

1,0 

3,0 

März .... 

01,9 

77,0 

138,9 

2.0 

2,5 

4,5 

April .... 

6G,2 

68.9 

135.1 

2,2 

2.3 

4,5 

Mai .... 

121,2 

126,9 

248.1 

3.9 

4.1 

8,0 

Juni .... 

118,1 

114*6 

232,7 

3,9 

3,8 

7,8 

Juli .... 

99*3 

105,5 

204,8 

3,3 

3,5 

0,8 

August . . . 

110,3 

115,2 

225,5 

3,5 

37 

7,2 

September . . 

83.8 

91,7 

175,5 

2,8 

3,0 

5,8 

Oktober . . . 

40,6 

47.3 

87,9 

1.3 

1,5 

2,8 

November . . 

10.9 

13.2 

£4,1 

0.4 

0,4 

0.8 

Dezember . . 

14,9 

16,2 

31,1 

0,5 

0,5 

1.0 

Jahressumme . 
Jahresmittel . . 

805,7 

857,3 

1663,0 

2,2 

2 3 

4,6 


Digitized by Google 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 






















204 


IV. Die Versuchsstationen. 


Digitized by 


9. Phänologische Beobachtungen. 1 ) 

Abkürzungen: 

BO = erste normale ßlattoberf lachen sichtbar und zwar an verschiedenen 
(etwa H —4 Stellen; Laubentfaltung. 

b = erste normale Blüten offen und zwar an verschiedenen Stellen. 

f = erste normale Früchte reif und zwar an verschiedenen Stellen; bei 
den saftigen: vollkommene und definitive Verfärbung: bei den Kapseln: spontanes 
Auf platzen. 

W = Hochwald, grün — allgemeine Belaubung: über die Hälfte sämtlicher 
Blätter an der Station entfaltet.. 

LV = allgemeine Laub Verfärbung: über die Hälfte sämtlicher Blätter an 
der Station — die bereits abgefalleneu mitgerechnet — verfärbt. 

W und LV müssen an zahlreichen Hochstämmen (Hochwald, Alleen) auf¬ 


gezeichnet werden. 

E = Ernteanfang. 


Aesculus Hippocastanum 


Atropa Belladonna . 

BO 27. III. 
b 29. IV. 
f 12. IX. 
LV 1. X. 
b — 
f - 

BO 28. III. 

Betula alba.... 

Cornus sanguinea 

b 13. IV. 
LV. 26. X. 
b 19. V. 

Corylus Avellana. . 

f 11. VIII. 

b — 

Crataegus oxyacantha 

b 9. V. 

Cydonia vulgaris . . 

b 8. V. 

Cvtisus Laburnum . 

b 13 V. 

Fagus silvatica . . 

BO 9. IV. 

Ligustrum vulgare . 

W 9. V. 
LV 18.X. 
b 9. VI. 

Lilium candidum. 

f 30. VIII. 
b 1. VII. 

Lonicera tartarica 

b 23. IV. 

Xarcissus poeticus . 

f 25. VI. 
b 1. V. 

Prunus avium. . 

b 2. IV. 

Prunus Cerasus . . 

b 10. IV. 

Prunus Padus. . . 

b 26. IV. 


Prunus spinosa . . 

b 27. III. 

Pirus communis . . 

b 5. IV. 

Pirus malus . . . 

b 24. IV. 

Quercus pedunculata 

BO 20. IV. 

W 16. V. 
LV. 27. X. 

Ribes aureum . . . 

b 26. HI. 
f 3. vn. 

Ribes rubrum . . . 

b 26. HL 
f 18. IV. 

Rubus idaeus . . . 

b 22. V. 
f 20. VI. 

Salvia officinalis . . 

b 6. VI. 

Sambucus nigra . . 

b 24. V. 

f io. vm. 

Seoule cereale hib . 

b 30. V. 

Ernte Anfang 

Sorbus aucuparia. . 

b 13. V. 
f 25. VII. 

Spartium scoparium . 
Symphoricarpus race- 

b 4. V. 

mosus. 

b 29. V. 
f 23. VII. 

Syringa vulgaris . . 

b 1. V. 

Tilia grandifoiia . . 

b 21. VI. 

Tilia paivifolia. . . 

b 24. VI. 

Vitis vinifera . . . 

b 18. VI. 


l ) Auch veröffentlicht in den Berichten der Oberhessischen Gesellschaft für 
Natur- und Heilkunde zu Gießen. Die Beobachtungen wurden nach dem Gießener 
Schema, Aufruf von Hoffman n-lh n e, angestellt. Die phänologischen Beob¬ 
achtungen während der Jahre 1898—1002 sind in den betreffenden Jahresberichten 
der Lehranstalt enthalten. 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



Bericht über die Tätigkeit der meteorologischen Station. 


205 


Abies excelsa . . 

Acer campestre . 
Acer platanoides . 


Acer pseudoplatanus 

Ainus glutinosa . . 

Amygdalus coram u n is 
Anemone nemorosa . 
Berberis vulgaris . . 

Buxus sempervirens. 
Calluna vulgaris . . 

Caltha palustris . . 

Cardamine pratensis. 
Cercis siliquastrum . 
Chelidonium majus . 
Chrysanthemum leuc. 
Colchicum antumnale 
Comus mas . . . 

Evonymus europaeus 

Fagus silvatica . . 

Fraxinus excelsior . 


Galan tlius nivalis. 
Hepatica triloba . 


Digitized by Gck igle 


Ergänzungsliste. 


b 9. V. 

Juglans regia . . . 

b 3. V. 

b 1. V. 


f 17. IX. 

BO 11. IV. 

Larix europaea . . 

b 22. III. 

b 27. III. 

Leucojum vernum 

b — • 

LV 23. X. 

Lonicera Xylosteum. 

b 4. V. 

BO 11. IV. 

i 

f 8. VII. 

b 19. IV. 

Morus alba. . . . 

b 30. V. 

LV 22. X. 

Xarcissus pseudon. . 

b 14. III. 

b 1. III. 

Olea europaea . . . 

b — 

b 15. III. 

Persica vulgaris . . 

b 22. III. 

b 15. in. 

Philadelphia coron. . 

b 24. V. 

b 12. V. 

Pinus silvestris . . 

b 24. V. 

b 5. IV. 

Populus tremula . . 

b 13 . m. 

b 30. VII. 

Prunus armeniaca 

b 21. III. 

b 8. IV. 

Ranunculus Ficaria . 

b 15. m. 

b 9. IV. 

Ribes grossularia. . 

b 29. in. 

b 18. V. 


f 26. VI. 

b 2. V. 

Robinia pseudaeaeia . 

b 29. V. 

b 19. V. 

Salix caprea . . . 

b 15. III. 

b 18. VIII. , 

Salvia pratensis . . 

b 23. V. 

b 10. III. , 

Tilia grandifolia . . 

bo 27 . m. 

f 15. VIII. 


LV 5. X. 

b 19. V. 

Tilia parvifolia. . . 

BO 21. IV. 

f 25. IX. 


LV. 12. X. 

f 25. X. 

Triticum vulgare hib. 

b — 

BO 14. V. 

Ernte Anfang 

8 . VIII. 

b 11. V. 

Tussilago farfara . . 

b 15. III. 

LV 17. XI. 


f 28. IV. 

BO — 

Ulmus campestris 

b 13. TU. 

b — 

Vaccinium mvrtillus 

b 10. IV. 


b — 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 




206 


IV. Die Versuchsstationen. 


Digitized by 


10. Vergleichende Übersichten der letzten fünf Jahre. 

A. Mittel der absoluten Feuchtigkeit. 


Jahr 

Januar 

.nmjqe^ 


_ 

A pril 

fei 

s. 

C- 

C 

D. 

C. 

G" 

August 

Oktober 

September 

November 

. • _ j 

Dezember 

Jahres¬ 

mittel 

1899 

5,1 

4,8 

1 

4,9 

! 

6,6, 

8,1| 

10.3 

13,2 

13,2 

11,1 7,2| 

6,2 

3,5] 

7,8 

1900 

4,8 

5,0 

4,4 

6.0! 

7.7 

11,7 

11.9 

11,1| 10,4 7.8 

5,9 

5.2! 

7,7 

1901 

3.2 

3,4 

5,1 

6.9 

8.1 

10,1 

12, «1 

; i,8 

10,7' 8,1 

5,0 | 

5,0 

( 

1902 

5,3 

4,0 

5,7 

! 6,71 

7,1, 

10,1 

10,41 

10,9 

9,7; 7.1 

5,01 

4.2] 

7,2 

1903 

4,8 

5,1 

•V» 

, 3.41 

8.2 

9,5 

10,9 

11,11 

10,4; 8,5 

6,1 

4,5 

7,5 


J3. Mittel der relativen Feuchtigkeit. 


1899 

83.5! 

79,4; 

73,2; 

74.81 

70.8 

69,4 

80,6 

80,0) 

91,7 

87.3 79.2 I 

79 . 0 : 

1900 

84,5! 

81,6! 

77.0’ 

69.71 

69.2 

77.3 

66.7 

74,4! 

82,5 

85.2] 85,6 

85.8 

1901 

73.6| 

79,3! 

79,0 

74.6] 

599] 

65,0| 

69,7 

77,8; 

87,6 

88.9] 83,01 

90.3 

1902 

84,31 

79,2 

81,8! 

»S 8 .O 1 

72,0, 

68,0! 

62,0 

74,0 

78,0, 

86,0,85,0 

85,0! 

1903 

76,3 

74, < 

73.0; 

1 

75.3] 

65,7, 

66,3' 

i 

66,6 

75,3, 

84.3 

89,0| 85,7 ] 

! I 

88,3 

1 


79. 1 

78.6 

77.6 

70.6 
76, ‘ 


C. Mittel der Lufttemperatur. 


1899 

3,6 

3,11 

4.5 

9.2! 

13 , 0 ; 

17,2 

18,71 

19,1 

13,8 

7,9 

7.2 

-1,2, 

1900 

2,7 

3,3 

2,8 

9,2, 

12,9' 

17,7 

20,2 

17,3 

14,4 

9,2 

5.6 

3,6 

1901 

-2,4 

—2,3i 

4,4 

10.1| 

15,1| 

17,6 

19,9] 

17,7 

14,3 

9,9 

3,8 

2.6 

1902 

4.3 

l.l! 

5.8 

10,9 

10,6' 

17.4 

18,3 

16,7 

! 14,J 

i 8.1 

2,7 

-0,4 

1903 

1,4 

5.0 

7.2 

6,1 

i 

14,1 

16,7 

'"! 

17,o| 

14,8 

10,9 

6.0 

! 

0,0 

1 


D. N iede ischl agss um men. 


Jahres- 

summo 


1899 

53,8 

16.5 

13,6! 

52,7; 

19,3! 

52.71 

37,i; 

34,1 

88,1] 

20,7! 

9.51 

43,1 

1900 

83,6 

50.5 ! 

25.5] 

12,8 

31,6 

■ * 1 .8 

39,2 

47,1 

29,4 

60,7 

32,1! 

! 58,3 

1901 

17,5 

21,2 

i 39,4 

42,7 

20,9 

44,8| 

33,6 

79,6 

101,0 

I 82,4 17,9 

i 32,9 

1902 

20,3 

1 40,8 

47,6 

26.3, 

35,2 

22.7 

28,5j 

61,5 

27,1 

! 31,6:15,6 

| 58,9! 

1903 

26,4 

. 22 ’ 1 

| 24,3] 

1 1 

62.4 

| 

32,5 

78.8, 

60,5] 

60,4 

34,0 

! 38,7! 

51,2 

1 17,4 ! 

i 


441,2 

528.6 
533,9 
416.1 

508.7 


E. Dauer des Sonnenscheines in Stunden. 


1899 

1900 

1901 

1902 
1903 


41,8' 129,1' 178,7 
19,21 62.01113,3 
92,2| 68,71 76.6 


139.0! 190,9:249,91229,9 363,8129,0; 174,6) 66,51 42,3|1835.5 
161,9] 203,0! 219.9! 253.3 180,9 173,8112,2 22.8 
175.7] 276,6 264,0| 246,4 239,4] 118,4| 81.7] 95,3 


38,51 73,9 142,7 203.0 211,2i 261,6 261,11185.0:176,91 74,3'68,9 
74,7] 84,6' 138,9 135,1] 248,ll 232,7] 204.8 225.5175,5' 87,9] 34,1 


18,® 

25,4] 

42,7 

31,1 


1541,2 

1760,4 

1739,8 

1663.0 




Druck von Hermann Beyer & Söhne (Beyer & Mann) in Langensalza. 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 







Bericht 


Königl. Lehranstalt für Wein-, 
Obst- und Gartenbau 

ZU 

Geisenheim a. Rh. 

für das Etatsjahr 1904 

erstattet von dem Direktor 

Prof. Dr. Julius Wortmann. 



BERLIN. 

Verlagsbuchhandlung Paul Parey 

Verlag fQr Undwlrtachaft. Gartenbau ud FontwM«h 

SW.. Hedemnnnatrasse 10. 

1905. 


Difitized 


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Original frnm 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



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Alle Kochte, auch das der Üher>et/une\ vorbohalten. 


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Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 




Inhalt 


I. Sehulnachriehten. 

Seit»» 

1. Veränderungen im Personal der Anstalt .. 1 

2. Frequenz. 2 

3. Chronik. 4 

4. Ausflüge und Studienreisen. ... " 

5. Periodische Kurse. 8 

6. Bauliche Veränderungen . 

7. Bibliothek, Sammlungen; Geschenke 14 

II. Tätigkeit der Anstalt mich innen. 

A. Weinbau. Von Weinbaulehrer Seufferheld . IO 

B. Kellerwirtsehaft. Von Weinbaulehrer Seufferh eld .38 

C. Bericht der Reben-Veredelungsstation Eibingen-Geisenheim ..... 43 

D. Bericht über Obstbau. Von Königl. Ohergärtner E. Junge .34 

E. Bericht der Obstverwertuugsstation. Von Königl. Obergärtner E. Junge 73 

F. Bericht über Gartenbau, Obsttreiberei und Arbeiten im Parke dci Anstalt. 

Von Garteninspektor F. Glinde mann . . 82 

1. Pflanzenkulturen. 82 

2. Obsttreiberei .. .... 87 

3. Park.SS 

G. Belicht über Gemüsebau und Gemüseverwertung. Von Königl Ober¬ 
gärtner E. Junge . 00 

H. Bericht über Bienenzucht. Von Anstaltsgärtuer Bau mann. . . 103 

III. Tätigkeit der Anstalt nach aufsen . . ]<*:* -lio 


IV.* Die Versuchsstationen. 

Bericht über die Tätigkeit der pflanxenphgsiologischeii Versuchsstation. Von 
Dirigent l)r. Karl Kroemer . 

A. Wissenschaftliche Tätigkeit. 

B. Sonstige Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation . . 

Bericht über dir Tätigkeit der liefereiimirhtstnfioii. Von Assistent Di. 

B o e t r i c h e r. 

A. Tätigkeit der Station im Verkehr mit der Praxis 173 

B. Wissenschaftliche Tätigkeit der Station ..17S 

C. Sonstige Tätigkeit der Ilofereinzuchtstatiou.102 


110 
110 
172 


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Inhalt. 


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IV 


Seite 

Bericht über die Tätigkeit der oenochemischen Versuchsstation . Von stell¬ 


vertretendem Dirigenten Dr. Philipp Schmidt.193 

A. Wissenschaftliche Tätigkeit.193 

B. Sonstige Tätigkeit der Versuchsstation.209 

Bericht über die Tätigkeit der pflanxenpat/iologischcn Versuchsstation. Von 

Dirigenten Dr. Gustav Lüstner.210 

A. Wissenschaftliche Tätigkeit.210 

B. Bekämpfungsversuche ... 241 

C. Sonstige Tätigkeit der Station.253 

Bericht über die Tätigkeit der meteorologischen Station. Vod Dr. Gustav 

Lüstner.256 


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I. Schulnachrichten 


1. Veränderungen im Personal der Anstalt. 

Beförderungen, Auszeichnungen usw. 

Dem Oberlehrer Dr. Carl Christ wurde der Charakter als 
Frofessor und dem Königl. Obergärtner Friedrich Glindemann 
der Titel »Königlicher Garteninspektor« verliehen. 

Der Dirigent der oenochemischen Versuchsstation, Dr. Win- 
disch, trat mit dem 1. Oktober aus, um einem Rufe als ordentlicher 
Professor an die Königl. Württembergische landwirtschaftliche Hoch¬ 
schule in Hohenheim Folge zu leisten. Zu seinem Nachfolger wurde, 
nachdem die Stelle vom 1. Oktober 1904 bis Ende März 1905 
kommissarisch von dem 1. Assistenten der Station Dr. Ph. Schmidt, 
verwaltet war, der Assistent an der Landwirtschaftlichen Hoch¬ 
schule in Berlin, Dr. von der Heide, ernannt. 

Der Assistent der Reben Veredelungsstation, Dr. Voß, schied 
mit dem 1. Oktober aus dem Dienste der Anstalt; sein Nachfolger 
wurde Dr. Gern eck aus Göttingen. 

Am 23. August schied der Assistent der oenochemischen Ver¬ 
suchsstation Dr. Boehm, aus. Zu seinem Nachfolger wurde mit 
dem 1. Oktober der Chemiker Ernst Merres aus Berlin ernannt. 

Der Anstaltsgärtner Schmidt trat mit dem 1. November aus 
und übernahm die Kreisobstgärtnerstelle in Wittlich. Sein Nach¬ 
folger wurde der Gärtner Heinrich Schwartz aus Frankfurt a. M. 

Von Seiner Majestät dem Könige wurde dem Gartenarbeiter 
Joseph Braun, dem Laboratoriumsdiener Jacob Kohmann und 
dem Anstaltsschreiner Martin Meckel das »Allgemeine Ehren¬ 
zeichen« verliehen. 

Am 15. März schied der Anstaltsgärtner Giebelhausen aus 
und übernahm die Stelle eines Kreis-Obergärtners für den Bezirk 
Beeskow-Storkow. Als sein Nachfolger trat der frühere Schüler 
Wilhelm Karmann aus Bredeney in. 

Der Assistent der oenochemischen Versuchsstation, Dr. Ph. 
Schmidt trat am 1. April 1905 aus. Als Nachfolger desselben 
wurde Dr. Feld mann aus Berlin angenommen. 

Die an der Anstalt neu geschaffene Anstaltsgärtnerstelle wurde 
am 1. April dem Obergärtner Gustav Blaser aus Bautzen über¬ 
tragen. 

Geisenhoimer Bericht 1901. 1 


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I. Schuluachrichten. 


Der Küfer Haberstadt schied am 31. März aus; an seine 
Stelle trat mit dem 1. April 1905 der Küfer Janz aus Geisenheim. 

Vom 1. April 1905 ab wurden Mittel zur Annahme eines 
Anstaltsschlossers seitens des Herrn Ressortministers bewilligt. 

2. Frequenz. 

Das Schuljahr 1904 wurde ausweislich des letzten Jahres- 
Berichtes mit 34 Eleven, 27 Gartenbauschülern, 8 Obst- und Wein¬ 
bauschülern und 5 Praktikanten, insgesamt mit 74 Personen eröffnet. 
Hierzu traten im Laufe des Schuljahres noch 20 Praktikanten, so 
daß die Gesamtzahl der Schüler und Praktikanten 94 betrug. Aus¬ 
geschieden sind im Laufe des Schuljahres 1 Eleve, 1 Gartenbau¬ 
schüler, sowie ferner bis zum Schlüsse des Etatsjahres 14 Praktikanten. 
Nach Ablauf des Schuljahres 1904 und nach einigen in demselben 
erfolgten Verschiebungen zwischen den Gartenbau- und Obst- und 
Weinbau-Schülern, bezw. Eleven verließen 48 Personen, nämlich 
17 Eleven, 23 Gartenbauschüler und 8 Obst- und Weinbauschüler 
die Anstalt, so daß in das Schuljahr 1905 übernommen wurden 
19 Eleven und 6 Praktikanten. 

Am 15. März 1905, dem Beginne des neuen Schuljahres, 
traten hinzu: 11 Eleven, 33 Gartenbauschüler und 18 Obst- und 
Weinbauschüler (insgesamt 62 Personen). Mithin konnte das Schul¬ 
jahr mit 30 Eleven, 33 Gartenbauschülern, 18 Obst- und Weinbau¬ 
schülern und 6 Praktikanten, zusammen 87 Personen, eröffnet werden. 
Seit Bestehen der Anstalt ist eine solch’ hohe Zahl von Schülern 
noch nicht erreicht worden. Weitere Anmeldungen mußten un¬ 
berücksichtigt bleiben, da eine größere Aufnahme wegen Platz¬ 
mangel nicht erfolgen konnte, sowie auch vor allem eine gediegene 
Ausbildung bei einer zu großen Zahl der Lernenden eine Fach¬ 
schule nicht garantieren kann. 

In Nachstehendem folgt das Verzeichnis derjenigen Schüler, 
die im Schuljahr 1904 die Anstalt besucht haben: 


a) Altere Eleven. 

(Obst- und Weinbau): 


1. Carstensen, Peter 

aus Midlum 

Schleswig. 

2. Fischer, Josef 

„ Schwäblishausen 

Baden. 

3. Hintze, Ernst 

,, Carolinenhof b. Pettau 

Steiermark. 

4. Stanojlovits, Miiivoje 

,, Vrazogrnatz 

Serbien. 

5. Trede, Friedrich 

,, Soren 

Schleswig. 


(Gartenbau): 


6 . Chronussow, Demetrius 

aus Kasan 

Rußland. 

7. Degen kolb, Werner 

., Leipzig 

Kgr. Sachsen. 

8 . Fleith, Richard 

„ Wiesbaden 

Hessen-Nassau. 

9. Fueß. Johannes 

Altencelle 

Hannover. 

10. Hartnauer, Richard 

„ Berlin 

Brandenburg. 

11 . Huber, Lorenz 

,, Landshut 

Bayern. 

12. Lobe, Gerhard 

,, Lucka 

Sachs.-Altenburg. 

13. Schein, Paul 

,, Göttin gen 

Hannover. 

14. Schwarz, Josef 

„ Hückelhoven 

Rheinprovinz. 


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2. Frequenz. 


.3 


15. Tribius, Wilhelm 

aus Halle a. S. 

Prov. Sachsen. 

1(5. Walther, Otto 

„ Windecken 

Hessen-Nassau. 

17. Winter, Richard 

„ Schmolz 

Schlesien. 


b) Jüngere Eleven. 

(Obst- und Weinbau): 


18. Becker, Georg 

aus Nieder-Olm 

Hessen. 

19. Freese, Georg 

„ Wilhelmshaven 

Hannover. 

20. Gies, Josef 

„ Höhr 

Hessen-Nassau. 

21. Gütschow, Friedrich 

Hamburg 

Hamburg. 

22. Lindenberg, Erich 

„ Berlin 

Brandenburg. 

23. Marko wie, Radiwoje 

„ Wratarnitza 

Serbien. 

24. Müller, Paul 

„ Steglitz 

Brandenburg. 

25. Peiniger, Max 

26. Seemel, Kail 

„ Cöln 

Rheinprovinz. 

„ Riga 

Rußland. 

27. Seufferheld, Max 

„ Weinsberg 

Württemberg. 

28. Binder, Walter 

29. Fritsche, Bruno 

(Gartenbau): 
aus Halle a. S. 

Prov. Sachsen. 

Berlin 

Brandenburg. 

30. Hartgen, Georg 

31. Kirchberg, Walter 

„ Cöln 

Rhein provinz. 

,, Magdeburg 

Prov. Sachsen. 

32. Klöckner, Michael 

„ Cöln 

Rheiuprovinz. 

33. Krauß, August 

,, Trommetsheim 

Mittelfrauken. 

34. Lange, Robert 

„ Polleben 

Prov. Sachsen. 

35. Reimann, Alfred 

., Marienburg 

West-Preußen. 

36. Velten, Friedrich 

„ Kreuznach 

Rheinprovinz. 

37. Winkler, Kurt 

„ Mainkur 

Hessen-Nassau. 

c) Obst- und Weinbauschfiler. 


38. Albrecht, Paul 

aus Frankfurt a. O. 

Brandenburg. 

39. Fleckner, Bruno 

„ Rüdesheim 

Hessen-Nassau. 

40. Frey, Rudolf 

„ Linaau 

Bayern. 

41. Hinterwäller, Wilhelm 

., Hinterwald 

Hessen-Nassau. 

42. Kühn, Willy 

Halle a. S. 

Prov. Sachsen. 

43. Probst, Rudoif 

,, Dahlem 

Brandenburg. 

44. Schlepper, Jakob 

,, Geisenheim 

Hessen-Nassau. 

45. AValdeck, Wilhelm 

„ Erbach 



d) Gartenbauschüler. 


46. Berndt, Carl 

aus Münster 

Westfalen. 

47. Bisgwa, Theodor 

„ Babitz 

Schlesien. 

48. Buttkereit, August 

„ Plautzkehmen 

Ost-Preußen. 

49. Danckert, Georg 

Halle a. S. 

Prov. Sachsen. 

50. Fritzsche, Walter 

,, Greußen 

Schwrzb.-Sondershsn. 

51. istas, Adolf 

,, Cöln 

Rheiuprovinz. 

52. Jung, Alfred 

„ Soden i. T. 

Hessen-Nassau. 

53. Kampffmever, Paul 

54. Kempin, Rudolf 

Britz 

Brandenburg. 

Wiesbaden 

Hessen-Nassau. 

55. Koch, August 

„ Stadecken 

Rheinhessen. 

56. Limbaoh, Carl 

„ Dühmen 

Westfalen. 

57. Lindemann, Hinderikus 

„ Loga 

Hannover. 

58. Meyer, Alfred 

,, Königsberg 

Ost-Preußen. 

59. Meyer, Josef 

,, Neuukirchen 

Rheinproviuz. 

60. Pfister, Eugen 

„ Wattenheiin 

Bayern. 

61. Schmidt, Curt 

„ Crossen 

Brandenburg. 

62. Schneider, Carl 

v Burg 

Prov. Sachsen. 

63. Stein, Friedrich 

„ Conradswalde 

Schlesien. 


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I. Schulnachrichten. 


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04. Steinmetz, Fritz 

65. Stratmann, Ewald 

66 . van Treeck, Ernst 

67. Trenkle, Rudolf 

08. Wüstenhagen, Johannes 


aus Wiesbaden 
Baukau 
„ Düsseldorf 
„ Regensburg 
.. Klein-Glienicke 


Hessen-Nassau. 

Westfalen. 

Rheinprovinz. 

Bayern. 

Brandenburg. 


3. Chronik, 

a) Besichtigungen usw. 

Am 27. und 28. April fand eine Sitzung des Kuratoriums der 
Lehranstalt statt, zu welcher die nachstehend aufgeführten Herren 
erschienen waren: 

Geheimer Ober - Regierungsrat Dr. M uel ler - Berlin, Vor¬ 
sitzender des Kuratoriums, 

Ober - Regierungsrat Pfeffer von Salomon-W iesbaden, 
stellvertretender Vorsitzender. 

Professor Dr. Wortmann, Direktor der Königlichen Lehr¬ 
anstalt, 

Landesökonomie-Rat G o e t h e- Darmstadt, 

Gartenbau-Direktor Siebert-Frankfurt a/M., 

Graf von Ingelheim-Geisenheim und 

Gutsbesitzer Burgeff -Geisenheim. 

Im Anschluß an die Kuratoriumssitzung fand unter dem Vor¬ 
sitze des Herrn Geheimen-Ober-Regierungsrates Dr. Mueller-Berlin 
die mündliche Prüfung für das Staatsexamen statt. Derselben unter¬ 
zog sich der Kandidat Heinrich Wimmer aus Stettin mit gutem 
Erfolge. 

Ferner wurden an diesem Tage seitens der Herren Geheimen 
Ober-Regierungsrat Dr. Mueller, Geheimen Ober-Baurat Böttger 
vom Königlichen Landwirtschaftsministerium unter Beteiligung der 
Herren Ober-Regierungsrat Pfeffer von Salomon, Regierungs¬ 
und Baurat Saran und Landesbauinspektor Rohr von der König¬ 
lichen Regierung zu Wiesbaden, Direktor Professor Dr. Wortmann, 
Graf von Ingelheim und Weingutsbesitzer Burgeff vom Kura¬ 
torium der Anstalt, sowie Baurat Callenberg aus Rüdesheim die 
Bauangelegenheiten in der Königlichen Lehranstalt und der König¬ 
lichen Domäne in Geisenheim besprochen. 

Am 29. April besichtigte der Herr Vorsitzende des Kuratoriums 
der Anstalt, Geheimer Ober-Regierungsrat Dr. Mueller-Berlin ein¬ 
gehend die Institute und Anlagen der Anstalt 

Eine Ministerial-Baukommission besichtigte am 20. Mai das 
vom Domänenfiskus erworbene, von der Königlichen Lehranstalt 
administrierte, vormals Jann'sche Weingut in der Gemarkung 
Geisenheim. 

Am 30. Mai fand eine Konferenz zur Besprechung von Reb¬ 
lausangelegenheiten im Hörsaale der pflanzenphysiologischen Ver¬ 
suchsstation statt an welcher sich ca. 20 Herren beteiligten. 

Am 2. und 3. September wurde in der Königlichen Lehr¬ 
anstalt eine Konferenz der Reichskonimission für Rebenveredelungs- 


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3. Chronik, 


5 


angelegenheiten abgehalten. Im Anschluß hieran fand eine Be¬ 
sichtigung der hiesigen Rebenveredelungsstation statt. 

In der Zeit zwischen dem 5. und 10. September fanden in 
der Königlichen Lehranstalt Beratungen und Besichtigungen der 
Kommission für die amtliche Weinstatistik statt, unter Leitung des 
Präsidenten des Kaiserlichen Gesundheitsamtes. 

Am 19. u. 20. Dezember fand eine Sitzung des Kuratoriums 
der Anstalt statt, zu welcher die nachfolgenden Herren erschienen 
waren: 

Geheimer Ober - Regierungsrat Dr. Mueller-Berlin, Vor¬ 
sitzender des Kuratoriums, 

Ober - Regierungsrat Pfeffer von Salomon - Wiesbaden, 
stellvertretender Vorsitzender, 

Professor Dr. Wortmann, Direktor der Königlichen Lehr¬ 
anstalt, 

Landesökonomierat Goethe- Darmstadt, 

Gartenbau-Direktor Siebert-Frankfurt a/M., 

Graf von Ingelheim-Geisenheim und 

Gutsbesitzer Burgeff-Geisenheim. 

Ara 22. Dezember fand im Beisein des Vorsitzenden des 
Kuratoriums, Herrn Geheimer Ober-Regierungsrat Dr. Mueller im 
Saale des »Deutschen Hauses« die Weihnachtsfeier der hiesigen 
Königlichen Lehranstalt statt. 

Am 27. Januar vormittags 11 Uhr fand zur Feier des Geburts¬ 
tages Seiner Majestät des Kaisers und Königs ein Festaktus in der 
Aula der Anstalt statt. Die Festrede hielt der Vorstand der pflanzen¬ 
physiologischen Versuchsstation, Herr Dr. K. Kroemer, über das 
Thema: 

»Entwicklung der pflanzlichen Hybridenkunde« 
nachdem der Schülerchor die Feier mit einem, dem Tage ent¬ 
sprechenden Liede eröffnet hatte. Mittags 1 Uhr fand im Saale 
des »Deutschen Hauses« ein gemeinschaftliches Essen für die Lehrer, 
Beamten und Schüler der Anstalt statt. 

In der Zeit vom 9. bis 11. Februar unterzogen sich die vor¬ 
genannten älteren Eleven der schriftlichen Prüfung in folgenden 
Fächern: Spalierzucht, Tierische Schädlinge und organische Chemie. 
Die Themata waren folgende: 

1 . Die Südseite der hiesigen Obstverwertungsstation soll mit 
Spalierreben bepflanzt werden. In welcher Weise wird die Wand 
am vorteilhaftesten bekleidet und nach welchen Grundsätzen hat die 
Aufzucht und Behandlung der Reben zu erfolgen? 

2 . Die Beschädigung der Kernobstbäume durch Rüsselkäfer 
und ihre Verhütung. 

3. Die für den Wein-, Obst- und Gartenbau wichtigsten Ver¬ 
bindungen des Stickstoffes. 

An der mündlichen Prüfung, welche am 17. und 18. Februar 
in Gegenwart der Herren Ober-Regierungsrat Pfeffer von Salomon 
aus Wiesbaden, Graf von Ingelheim und Weingutsbesitzer Burgeff 
aus Geisenheim stattfand, nahmen sämtliche Schüler teil. 


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I. Schulnachrichten. 


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Die Prüfungen erfolgten in folgenden Fächern: Pflanzen¬ 
physiologie, Obstbaulehre, Witterungskunde, Pflanzenfeinde, Land¬ 
schaftsgärtnerei, Rechnen, Kellerwirtschaft und Obstverwertung. 

Durch Erlaß vom 10. Februar 1905 hat der Herr Ressort¬ 
minister genehmigt, daß Semestralzeugnisse in Zukunft nicht mehr 
ausgestellt zu werden brauchen. 

Am 22. Februar schloß der Direktor das Schuljahr mit einer 
Ansprache an die Schüler, indem er ihnen nach Schluß derselben 
die Zeugnisse überreichte. Chöre eröffneten und schlossen die Feier. 

Am 6. März fand die jährliche Reblauskonferenz unter dem 
Vorsitze des Herrn Geheimen Ober-Regierungsrates Wesener statt. 

Bei der im Jahre 1904 in Düsseldorf stattgefundenen inter¬ 
nationalen Kunstausstellung und großen Gartenbau-Ausstellung war 
die Königliche Lehranstalt während der ganzen Dauer derselben 
durch eine Kollektiv-Ausstellung vertreten, die das gesamte Unter¬ 
richtswesen sowie den praktischen Betrieb der Anstalt den Be¬ 
suchern vor Augen führte. 

Da die Zahl der Anmeldungen zum Besuche der Anstalt eine 
so große ist, daß der vorgesehene und disponible Raum im Internate 
sich zur Aufnahme sämtlicher angemeldeter Schüler als nicht aus¬ 
reichend erwiesen hat, so hat das Kuratorium der Anstalt be¬ 
schlossen, daß den Eleven und Schülern auf ihren Antrag hin von 
dem Direktor der Anstalt die Erlaubnis erteilt werden kann, in der 
Stadt Geisenheim Wohnung und Kost zu nehmen. 

Der verstorbene Generalkonsul Freiherr von Lade-Geisenheim 
vermachte dem Schülerunterstützungsfonds der Anstalt 1000 M. 

b) Besuche. 

Der Schulvorstand der Königlichen Wein-, Obst- und Garten¬ 
bauschule zu Veitshöchheim b/Würzburg unternahm am 23. April 
im Aufträge des Königlich Bayrischen Staatsministeriums des Innern 
eine Informationsreise an den Rhein und besuchte bei dieser Ge¬ 
legenheit die Anstalt und die hiesige Rebenveredelungsstation. 

Die Anstalt wurde außerdem besucht: 

am 23. April von circa 26 Schülern der Obstbauschule zu 
Friedberg i/H., 

am 8. Mai vom Obst- und Gartenbauverein Ginsheim, 
am 5. Juni von etwa 90 Personen des Weinsberger Urbanus¬ 
vereins unter Führung des Herrn Professor Dr. Meißner, 

am 12. Juni von dem Obst- und Gartenbauverein Saarbrücken 
(St Johann), 

am selben Tage vom Obst- und Gartenbauverein Ingelheim a/Rh., 
am 27. Juni von etwa 35 Studierenden der Königlichen Land¬ 
wirtschaftlichen Hochschule zu Hohenheim b/Stuttgart unter Führung 
des Herrn Professor Dr. Sieglin, 

am 14. August von der freiwilligen Feuerwehr in Rödelheim, 
am 21. August von etwa 30 früheren Schülern der Landwirt¬ 
schaftlichen Schule zu Frankenthal (Pfalz). 


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4. Ausflüge und Studienreisen. 


t 

am 28. August von der Landwirtschaftlichen Abteilung der 
Großherzoglichen Real- und Landwirtschaftsschule in Groß-Umstadt, 
am 7. September von dem Winzerverein Steeg, 
am 19. September von den Schülerinnen der Kreishaushaltungs¬ 
schule zu Alzey (Rheinhessen), 

am 25. September von der Gartenbau-Gesellschaft zu Frank¬ 
furt a/M. und der Gärtnervereinigung Oberrad. 

4. Ausflüge und Studienreisen. 

Im Berichtsjahre 1904 wurden folgende Ausflüge und Studien¬ 
reisen unternommen: 

a) unter Führung des Garteninspektors Glindemann 

am 26. Mai mit den älteren Eleven nach Bingen zur Be¬ 
sichtigung der neuen städtischen Anlagen; 

am 9. Juni mit den Gartenbauschülem und älteren Eleven 
nach Nieder-Walluf zur Besichtigung der Gärtnerei von Goos & 
Koenemann, sowie der Rosenschule von Kreis; 

am 25., 26. und 27. Juni gemeinsam mit Obergärtner Junge 
mit allen Schülern nach Düsseldorf zur Besichtigung der großen 
internationalen Gartenbauausstellung, auf der Rückreise Besichtigung 
der städtischen Anlagen und der Flora in Cöln; 

am 25. Juli mit den älteren Eleven Ausflug in das Morgen¬ 
bachtal bei Bingerbrück; 

am 28. Juli mit den Gartenbauschülern und jüngeren Eleven 
nach Wiesbaden zur Besichtigung der städtischen Anlagen, der 
Spalierobstanlage von Holle, der Baumschule von Hirsch, sowie 
der Gärtnerei von Weber & Co.; 

b) unter Führung von Obergärtner Junge 

am 21. April mit allen Schülern Ausflug zur Besichtigung der 
großen Obstkulturen auf der Eltviller Aue; 

am 26. Juli mit den älteren Eleven Besuch einer Konserven¬ 
fabrik in Mainz; 

am 8. und 9. Oktober gemeinsam mit Weinbaulehrer Seuffer- 
lield mit allen Schülern nach Düsseldorf zum Besuche der großen 
internationalen Obstausstellung; 

im Monat Juli wurden die älteren Eleven öfters zur Taxation 
von Obstbäumen in der Gemarkung Biebrich hinzugezogen; 

c) unter Führung von Weinbaulehrer Seufferheld 

am 5. Mai mit den Obst- und Weinbauschülern Besichtigung 
des Stumm-Hallbergschen Weingutes in Riidesheim; 

am 9. Mai Besichtigung der Aschrottschen Gutsverwaltung 
in Hochheim. Teilnahme an der Wein Versteigerung; 

am 30. Mai Besichtigung der Muramschen Gutsverwaltung in 
Johannisberg; 

am 4. Juni Besichtigung des Schloßgutes Johannisberg; 
am 11. Juni Ausflug nach Kreuznach, Besichtigung der Pro- 
vinzial-Obst- und Weinbauschule, der Puri cellischen Gutsverwaltung, 
der Filterfabrik von Seitz und der Kreuznacher Glashütte; 


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8 


I. Schulnachrichten. 


am 7. Juli Studienfahrt nach Mainz, Besichtigung der Fa߬ 
fabrik von Hirschbiegel, der Lagerräume von Jakob Braun, 
sowie der Schaumweinkellerei von Kupferberg & Co.; 

am 21. Juli Besichtigung der Schaumweinkellerei von Gcbr. 
Hoehl, hier; 

am 4. August Besichtigung der Domäne Steinberg und der 
Kgl. Kellereien zu Eberbach; 

am 11. August Fahrt nach Bacharach zur Besichtigung der 
Weinberge von Bacharach und Steeg und der Kellereien von Hüth- 
wohl in Steeg. 


5. Periodische Kurse. 

a) Kursus über Weingärung, Anwendung von Hefen, Krankheiten des 
Weines usw. vom 6.—18. Juni 1904. 

An demselben nahmen 23 Personen teil. (Siehe auch Bericht 
der pflanzenphysiologischen Versuchsstation.) 

b) Kursus über Weinuntersuchung und Weinbehandlung 
vom 20. Juni bis 2. Juli 1904. 

Es beteiligten sich 23 Personen an demselben. (Siehe auch 
Bericht der oenochemischen Versuchsstation.) 

c) Nachkursus zum Obstbau- und Baumwärterkursus 
vom 12.—18. August 1904. 

An dem Obstbaunachkursus nahmen 24 Personen, am Baum- 
wärternachkursus 15 Personen teil. 

d) Obstverwertungskursus für Männer vom 22.—27. August 1904. 
Er wurde von 40 Personen besucht. 

e) Obstverwertungskursus für Frauen vom 29. August bis 
3. September 1904. 

An demselben beteiligten sich 41 Personen. 

f) Reblauskurse. 

Am 20. und 21. Februar 1905 wurde für die hieran inter¬ 
essierten Schüler ein Kursus abgehalten. Beteiiigungszahl 40. 

In der Zeit vom 23.—25. Februar 1905 fand ein öffentlicher 
Reblauskursus statt, an dem sich 34 Personen beteiligten. 

g) Obstbaukursus vom 23. Februar bis 15. März 1905. 

Er wurde von 25 Personen besucht. 

h) Baumwärterkursus. 

Derselbe fand in der nämlichen Zeit statt wie der vorher¬ 
gehende Kursus und zählte 34 Teilnehmer. 


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ü. Bauliche Veränderungen. 7. Bibliothek, Sammlungen, Geschenke. {} 


i) Kursus über Herstellung und Behandlung der Obstweine 
vom 20.—29. März 1905. 

Hieran nahmen 14 Personen teil. (Siehe auch Bericht der 
oenochemischen Versuchsstation.) 

Die Gesamtzahl aller Schüler und Kursisten, welche die Anstalt 
seit ihrem Bestehen besuchten', beträgt nun bis zum 31. März 1905 
gerechnet 7667, wovon 1468 eigentliche Schüler bezw. Praktikanten 
und 6199 Kursisten sind. 

6. Bauliche Veränderungen. 

Bau eines Wurzelhauses an der pflanzenphysiologischeu Ver¬ 
suchsstation. 

Umbauten im vormals Jann’schen Weingute. 

7. Bibliothek, Sammlungen; Geschenke. 

I. Sammlungen. 

A. Gekauft: Patentheber von Steflitschek-Wien; Aus¬ 
stellungsgläser mit Kunstdünger von Albert-Biebrich; Modelle von 
Herbst- und Kellereigeräten, Obstbau- und Gartenbaugeräten, Glas¬ 
schultafel u. a. m. 

B. Geschenkt: Von der Delegation der Vereinigten Salpeter¬ 
produzenten Berlin-Charlottenburg 15 Bilder, das Vorkommen und 
die Gewinnung des Chilisalpeters darstellend, und 4 Tafeln Reben¬ 
düngungsversuche Liebfrauthal, sowie 2 Ausstellungsgläser, Chili¬ 
salpeter. — Von dem Verkaufssyndikat der Kaliwerke Leopoldshall- 
Staßfurt 24 Photographietafeln mit Darstellungen über Resultate von 
Düngungsversuchen sowie eine Mustersammlung von 20 Staßfurter 
Kalisalzen in Ausstellungsgläsern. — Zeichnung darstellend die 
elektrische Zentrale der Lehranstalt von der Gasmotorenfabrik Deutz 
zu Cöln-Deutz. — Von der Fabrik physikalischer Instrumente Ass¬ 
mann-Lüdenscheid eine Anzahl meteorologischer Demonstrations¬ 
gegenstände. 

II. Bibliothek. 

A. Gekauft: 

Natur und Schule, Jahrgang 1904. 

Just, Jahresberichte, Fortsetzung. 

Schumann, Praktikum für Botanik. 

Meyer-Ries, Gartenkunst. 

Jahresbericht der Agrikulturchemie 1903. 

Mesdorfer, Biütensträucher. 

Karsten-Schenck, Vegetationsbilder. 

Chateck, Biochemie der Pflanzen. 

Beihefte zum Botanischen Centralblatt. 

Schmiedeknecht, Opuscula Ichneumonologica (Fortsetzung). 

Carus Sterne, Werden und Vergehen. 

Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich, Jahrgang 1904. 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


Rabenhorst, Kryptogaraen-Flora (Fortsetzung). 

Vegetationsbilder aus Südbrasilien. 

Gesundheitswesen des Preußischen Staates 1902. 

Viala-Vermorel, Ampölographie. 

Vieh- und Obstbaumlexikon. 

Hohenzollern-Jahrbuch (Fortsetzung). 

Beilstein, Handbuch der organischen Chemie. 

Mohr, Titrier-Methode. 

Fischer. Handbuch der chemischen Technologie. 

Migula, Bakterien. 

Tubeuf, Forstl. Naturwissenschaft!. Zeitschrift. 

B. Geschenkt: 

1. Vom Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten 
zu Berlin zahlreiche Bulletins des United States Departement of 
Agriculture. 

2. Im Austausch Berichte über Land- und Forstwirtschaft in 
Deutsch-Ostafrika, Denkschriften über die Entwicklung des Kiautschou- 
Gebietes. 

3. Von dem Verfasser v. Molsberg: Streifzüge in das Gebiet 
der Philosophie und Naturwissenschaft (3 Bände). 

4. Längsschnitt eines Mikroskopes mit Strahlengang von Leitz- 
Wetzlar. 

Außer voraufgeführten Büchern wurde noch eine größere An¬ 
zahl kleiner Werke beschafft. In der Bibliothek liegen 38 Zeit¬ 
schriften zur Benutzung für die Lehrer und zu einem gewissen Teile 
auch für die Schüler auf. Über die von den Versuchsstationen und 
technischen Betrieben der Lehranstalt beschafften wichtigeren Samm- 
lungs- und Bibliotkeksgegenstände siehe die Berichte dieser Ressorts. 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


Bericht über die Tätigkeit in Weinban und Keller¬ 
wirtschaft. 

Erstattet von dem Betriebsleiter 'Weinbaulehrer Seufferheld. 

A. Weinbau. 

Mit Schluß des Etatsjahres 1904 war das erste volle Betriebs¬ 
jahr des neuerworbenen von der Lehranstalt administrierten Domanial- 
weingutes zu Ende und so dürfte es wohl angebracht sein, an dieser 
Stelle eine Beschreibung des Gutes und seiner Bewirtschaftung 
folgen zu lassen. Ist doch durch den Erwerb dieses Gutes und 
seine Administration von seiten der Lehranstalt, derselben ein Lehr- 


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A. Weinbau. 


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objekt an die Hand gegeben worden, wie ein solches wohl wenige 
Institute ihr eigen nennen können. Nun kann Eleven, Schülern 
und Praktikanten ein vollständig selbständiger Weinbaubetrieb in 
all seinen Teilen Tag für Tag vor Augen geführt werden, ein Vorteil 
für Unterricht und Praxis in Weinbau und Kellerwirtschaft, wie 
er größer nicht gedacht werden kann. 

Das Domanialgut ist rund 31 Morgen groß und sind die ein¬ 
zelnen Grundstücke, wie der beigegebene Lageplan Tafel I zeigt, in 
der ganzen Gemarkung Geisenheim zerstreut. Wenn einerseits diese 
starke Parzellierung den Gesamtbetrieb wesentlich erschwert und 
verteuert, so ist dieselbe doch andererseits wieder von ganz unschätz¬ 
barem Werte, indem gerade die Gemarkung Geisenheim in ihren 
Bodenarten und Lagen überaus wechselnd ist und so den Schülern 
jederzeit der Bau eines Weinberges in den verschiedensten Ver¬ 
hältnissen gezeigt werden kann. Vom leichten sandigen Lehm bis 
zum schweren Letten, und vom kiesigen Geröllboden bis zum 
schweren Tonschiefer sind alle Bodenarten vertreten. Aber nicht 
nur das verschiedene Gedeihen und die dadurch hervorgerufene ver¬ 
schiedene Behandlung der Beben in den einzelnen Böden bedingt 
den hohen Wert des Gutes als Lehrobjekt, auch die Verschiedenheit 
der Lagen spielt hier eine große Rolle. Mehr niedere, flache 
Lagen wechseln mit mittleren, leicht geneigten und höheren steileren 
Lagen ab und ebenso wechselnd wie Lage und Boden ist auch die 
Art der auf den einzelnen Grundstücken erzielten Weine. Bringt 
uns die mehr flache Lage Klaus mit warmem kiesigem Boden, 
frische, spritzige, flüchtige Weine, so gibt der Morschberg an seinem 
Hange mit schwerem Schieferboden wuchtige, massige Weine mit 
viel Körper und Blume und nicht hinter ihm zurückstehend, jedoch 
wieder ganz anders in seiner Art, ist das Produkt des „Mäuerchens“ 
auf schwerem Lehm und in mittlerer Lage. Blumig, flüchtig, ele¬ 
gant liefert das „Katzenloch“ auf schwerem Letten seinen Wein. 
Es würde zu weit führen, sollte die Eigenart jedes einzelnen Grund¬ 
stückes und seines Produktes hier erwähnt werden, einen Überblick 
darüber gibt ja bis zu einem gewissen Grade die bei dem Ab¬ 
schnitte „Lese 1904“ aufgestellte Rubrik über Mostgewicht und 
Säure in den einzelnen Lagen. 

Die Verwaltung des ganzen Gutes geschieht nach den Grund¬ 
sätzen einer rationellen Wirtschaft. Zu diesem Zwecke wird jedes 
Jahr ein Wirtschaftsplan aufgestellt, nach welchem gearbeitet wird 
und dessen Innehaltung strenge erfolgt. Die Aufgabe der Ver¬ 
waltung ist es, zu zeigen, auf welche Weise ein Weinbaubetrieb 
rationell durchgeführt werden kann, bei Einhaltung größter Spar¬ 
samkeit und Ausnützung aller gegebenen Momente. Dabei soll sich 
die Wirtschaft alle neuen Erfahrungen von Wissenschaft und Praxis 
sofort zu Nutze machen, und so der Bevölkerung deren Verwendung 
erleichtern. Da aber eine rationelle Bewirtschaftung nur dann 
möglich ist, wenn stets üb.er alle Einnahmen und Ausgaben Aus¬ 
kunft erteilt und jeder einzelne Zweig des Betriebes genau über¬ 
schaut werden kann, wird über alle Einnahmen und Ausgaben, 


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12 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


sowie über jede einzelne Arbeit Buch geführt und zwar so, daß 
stets die einzelnen Parzellen auf ihre Kosten und Erträge geprüft 
werden können. Zu diesem Zwecke wird je ein Journal über die 
Wirtschaftseinnahmen und Ausgaben, ein Tagebuch und ein Lohn¬ 
buch, sowie die verschiedenen Inventarien geführt. Und so ist zu 
erwarten, daß bei genauer Durchführung der Aufzeichnungen schon 
nach einer Reihe von Jahren wertvolles Material für den Unterricht 
und die Aufklärung mancher Fragen vorhanden ist. 

1. Übersicht Aber den Gang des Betriebes im Jahre 1904. 

Die Winterarbeiten wie Rigolen, Erde eintragen usw. konnten 
infolge guter Witterung flott von statten gehen und zeitig zu Ende 
geführt werden. Mit Ausnahme einer Frostperiode vom 1. bis 
14. Januar, bei der allerdings das Thermometer bis 11° C. sank, 
trat eine Arbeitsstörung nicht ein. Februar und März brachten 
zahlreiche Niederschläge, die, wenn sie auch viel Untergrunds¬ 
feuchtigkeit gaben, den Schnitt doch sehr hinausschoben und ver¬ 
langsamten. 


a) Der Schnitt. 

Während in den Weinbergen der Lehranstalt der Schnitt schon 
lange Jahre im Tagelohn ausgeführt wird und die gute Wirkung 
dieser Maßnahme stets deutlich sichtbar war, wurde 1904 erst zum 
zweiten Male in dem Domanialgute im Tagelohn geschnitten. Wenn 
auch einerseits der Schnitt im Tagelohn allgemein als besser an¬ 
gesehen wird, so ist doch anderseits die Tatsache noch viel zu wenig 
durchgedrungen, daß es kaum eine größere Schädigung für unsere 
Weinberge gibt, als der Rebschnitt im Akkord. Wohl die weitaus 
größte Anzahl unserer Rheingauer Weinberge würde länger ira 
Ertrage stehen, wenn dieselbe im Tagelohn geschnitten würde 
und die zur Zeit so überaus mißliche Kurzlebigkeit vieler Wein¬ 
berge, läßt sich auf die Folgen des Akkordschnittes zurückführen. 
Als 1893 die Lehranstalt von der Domänenverwaltung einen Wein¬ 
bergskomplex in Eibingen übernahm, befand sich bei diesem auch 
eine Parzelle, die zum Aushauen bestimmt war. Der ganze Kom¬ 
plex war bislang im Akkord geschnitten, kam nun aber mit Über¬ 
gang an die Lehranstalt in Tagelohn. Die Wirkung davon war, 
daß der Weinberg wieder von neuem anfing, kräftiges Holz zu 
treiben und noch 10 Jahre im Ertrag gehalten werden konnte. Erst 
1903 wurde er ausgehauen. Obgleich nun von vielen Gutsbesitzern 
diese schädigende Wirkung des Schnittes im Akkord zugegeben 
werden muß, wird derselbe doch nicht beseitigt, weil allgemein die 
Meinung verbreitet ist, daß nur bei kleinerem Areal der Schnitt im 
Tagelohn durchführbar sei, bei größerem derselbe aber zu viel 
Arbeitszeit und Geld koste. Daß dem nicht so ist, zeigt deutlich 
die Durchführung des Tagelohnschnittes in dem Domanialweingute. 
Dasselbe wurde Jahre lang im Akkord geschnitten und so war es 
selbstverständlich, daß ein ordnungsmäßiger sauberer Schnitt nun 


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A. Weinbau. 1. Übersicht über den Gang des Betriebes im Jahre 1904. 13 


viel Arbeit und Zeit in Anspruch nehmen würde. Aber nichts¬ 
destoweniger wurde mit aller Kraft eingesetzt, Bürste und Säge 
durften nicht ruben, um die zahlreichen alten Holzstummeln, das 
Moos und die alte Binde zu entfernen. Trotz alledem konnte 
die Arbeit mit den vorhandenen Arbeitskräften bewältigt werden; 
sauber und pünktlich geschnitten standen die Weinberge nun da. 
Allerdings war die Arbeit teurer wie die übliche Akkordarbeit; 
28,50 M mußte im Durchschnitt pro Morgen ausgegeben werden, 
während der Akkord nur 20 M für dieselbe Fläche beträgt. Doch 
nur für das erste Jahr sollte diese Verteuerung der Arbeit, die 
vorauszusehen war, bestehen bleiben. Nachdem die Weinberge 
einmal in Ordnung gebracht waren, ging der Schnitt im zweiten 
Jahre glatt und leicht von statten. Sämtliche Arbeiter wurden zu¬ 
sammen angestellt und beaufsichtigt und konnte nun auch im Tage¬ 
lohn so rasch geschnitten werden, daß die Arbeit nur unwesentlich 
teuerer wurde wie im Akkord. Während, wie oben erwähnt, das erste 
Jahr 28,50 M Schnittkosten pro Morgen verursachte, sanken die¬ 
selben im zweiten Jahr auf 21 M, so daß noch ein Mehr von 1 M 
pro Morgen gegenüber dem Akkord vorhanden ist. Die Arbeiter 
waren allerdings anfänglich nicht zufrieden mit der Neuerung, 
fügten sich aber doch zum Schlüsse gerne, nachdem sie durch Er¬ 
höhung des Tagelohns für den ausgefallenen Akkord entschädigt 
wurden; und so ist auch ein Tagelohn von 2,50 M den Berechnungen 
zu Grunde gelegt. Wo irgend angängig, vor allen Dingen in allen 
größeren Betrieben, sollte deshalb unbedingt der Schnitt im Tage¬ 
lohn eingeführt werden. 

Kaum waren die Arbeiten des Stickens und Gertens bei bester 
Witterung ausgeführt setzte in der zweiten Hälfte des April so warmes 
Wetter ein, daß die Reben in kürzester Zeit austrieben und Ende 
des Monats schon ca. 5 cm lange Triebe hatten. So lag denn die 
Gefahr einer Frostbeschädigung durch Frühjahrsfröste sehr nahe, 
jedoch wurde durch kühle Tage Anfang Mai der Wuchs etwas 
hintan gehalten. Nur einmal, in der Nacht vom 11. auf 12. sank 
das Thermometer auf —1° C., ohne jedoch einen Schaden zu ver¬ 
ursachen. Warme Witterung mit genügenden Niederschlägen setzte 
nun ein und brachte die jungen Triebe zur raschen Entwicklung, 
so daß früh mit dem Heften begonnen werden mußte. 


b) Das Heften. 

Von der Tatsache ausgehend, daß die Behandlung der grünen 
Triebe, die Laubarbeit mit zu den für das Gedeihen des Stockes 
bedeutsamsten Arbeiten zählt und somit eine solch wichtige Arbeit 
ebenfalls kein Akkordgeschäft sein dürfte, wurde versucht, auch 
diese Arbeit in dem diesseitigen Betriebe im Tagelohn ausführen 
zu lassen. Es ist bei dem Akkordheften absolut nicht zu vermeiden, 
daß einzelne Weinberge zu früh und andere wieder viel zu spät 
geheftet werden, vor allen Dingen aber ist es nicht zu umgehen, 
daß schablonenmäßig die grünen Triebe eingebunden werden. Man 


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14 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


spricht von einem ersten und zweiten, unter Umständen auch dritten 
Heften, man unternimmt diese Arbeit in einzelnen Zeitabständen 
und bindet dann in dichten Bündeln alles ein, was zu erreichen 
ist, wenn auch mancher Trieb dabei zu Grunde geht und damit 
bei der Akkordarbeit möglichst viel verdient wird, greift man recht 
weit, um womöglich eine Heftarbeit zu sparen. Daß dabei auf den 
Stock resp. die einzelnen grünen Triebe keine Rücksicht genommen 
werden kann, ist selbstverständlich. Alle diese Mißstände, wie 
Bündeln der Triebe, Abbrechen derselben usw. lassen sich vermeiden, 
wenn die Heftarbeit als eine fortlaufende Arbeit des Sommers be¬ 
trachtet und nur derjenige Stock geheftet wird, der es auch in der 
Tat notwendig hat Die Befestigung der einzelnen Triebe an der 
Stütze muß erstrebt werden. Ebenso wie beim Schnitt die Männer, 
wurden nun Frauen und Mädchen unter Aufsicht angestellt, die an 
den Jungfoldern anfangend, von Weinberg zu Weinberg gingen, 
um die langen Triebe mit Bast so locker zu heften, daß sie sich 
noch in die ihnen passende Stellung drehen und wenden konnten. 
Rasch wurden die Weinberge durchgegangen und von neuem be¬ 
gonnen. So wurde von Anfang Juni bis Mitte August ununter¬ 
brochen geheftet zuerst mit Bast, später mit Stroh. Bast wird zu¬ 
erst verwendet, weil damit losere Bänder angelegt werden können 
und so keine Bündel entstehen. Haben sich die Triebe einmal ge¬ 
stellt, kann das obere feste Band mit Stroh gegeben werden. Die 
Arbeit ging bei dieser Einteilung flott von statten und immer waren 
die Weinberge in Ordnung, kein Sturm, kein Regen, keine pilz¬ 
lichen Krankheiten konnten plötzlichen Schaden anrichten. Doch 
wird wohl im kommenden Jahre die Arbeit nicht mehr in dieser 
Weise ausgeführt werden können, da hier ein großer Mangel an 
geeigneten weiblichen Arbeitskräften herrscht und so die Arbeit zu 
teuer geworden ist. Es soll nun, sofern nicht bessere Arbeiterinnen 
eingestellt werden können, so verfahren werden, daß die ersten und 
wichtigsten Bänder mit Bast im Tagelohn und die weiteren mit 
Stroh im Akkord gegeben werden. 

Die Traubenblüte, welche am 7. Juni in den warmen Lagen 
einsetzte, verlief bei schöner trockener Witterung innerhalb 12 bis 
14 Tagen und so berechtigte der Stand der Weinberge zu dieser 
Zeit zu den schönsten Erntehoffnungen, war doch die Blüte 14 Tage 
früher eingetreten als in den Vorjahren. Sie trat ein: 


Sorte 

Lage 

Beginn der Blüte 

Ende der Bl 

Frühburgunder 

Fuchsberg 

7. Juni 

15. Juni 

Sylvaner 

Steinacker 

8. .. 

17. 

11 

Schorchen 

fl. 

18. .. 

Portugieser 

Fuchsberg 

8. 

17. „ 

Riesling 

Mäuerchen 

7. .. 

16. „ 


Flecht 

7. „ 

16. „ 


Decker 

7. „ 

16. „ 


Wie aus dieser Übersicht zu sehen ist, begann die Blüte in fast 
allen Lagen und allen Sorten zu gleicher Zeit und endigte auch 


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A. Weinbau. 1. Übersicht über den Gang des Betriebes im Jahre 1904. 15 


ziemlich gleichmäßig. Trotzdem hat der Heuwurm in manchen 
Lagen, wie Decker, Theilers und Morschberg wieder stark geschadet 
und über die Hälfte der Gescheine vernichtet, während andere 
Lagen nur wenig darunter zu leiden hatten. Besonders die jungen, 
mastigen Stücke, die gerade in solchen Jahren einschlagen sollten, 
fielen dem Schädiger anheim und derselbe konnte um so eher 
arbeiten, als gleich nach Beendigung der Blüte kühle Witterung 
mit viel Regen eintrat. Infolgedessen zeigten Ende des Monats 
die Weinberge keinen so schönen Stand mehr und hatten teilweise 
gelbe Spitzen. Der starke anhaltende Regen brachte rasch Peronos- 
pora und Oidium. 


c) Die Bekämpfung der Krankheiten und Schädlinge. 

Besonders häufig zeigte sich anfänglich die Peronospora, und 
mußte man mit dem Spritzen bei der Hand sein. Wo nach den 
Regentagen eine zweite Kupfervitriolbespritzung versäumt wurde, 
zeigte sich bald ein Schaden an den jungen Trauben und manche 
Lage hat darunter empfindlich gelitten. Zur Verwendung kam die 
altbewährte 1 prozent. Lösung. Das Oidium trat nur in seinen An¬ 
fängen aut und konnte nicht weiter um sich greifen, da die anfangs 
Juli eintretende starke Hitze mit Trockenheit der Krankheit Ein¬ 
halt gebot. Trotzdem mußte dreimal geschwefelt werden, da die 
vorhergehende wechselnde Witterung der Krankheit sehr günstig 
war und starke Regengüsse den Schwefel abgewaschen hatten. 

Juli und August brachten enorm hohe Temperatur mit großer 
Trockenheit, so daß Wärmegrade bis 40° C. nicht selten waren. 
Besonders stark war die Hitze am 15. und 16. Juli und kamen 
hier große Schädigungen durch Verbrennen der Trauben vor. Vor 
allen Dingen litten diejenigen Weinberge, die kurz vorher ge¬ 
schwefelt worden waren. Erwähnungswert ist auch eine am 25. Juli 
in der Parzelle Mäuerchen durch Blitzschlag hervorgerufene Zer¬ 
störung zahlreicher Stöcke. 25 Stöcke, die wie verbrüht aussahen, 
gingen zu Grunde. 

Obgleich der Heu wurm allenthalben starken Schaden an richtete, 
war doch von dem Sauerwurm nur wenig zu bemerken. Besonders 
der einbündige Traubenwickler war bei der zweiten Generation fast 
verschwunden, wogegen ziemlich spät noch der Gekreuzte in größeren 
Mengen bemerkt werden konnte. Derselbe hatte auch einigen Schaden 
angerichtet. Da die einzelnen Grundstücke zu parzelliert sind und 
zu weit auseinander liegen, konnte eine allgemeine Bekämpfung des 
Heu- und Sauerwurms nicht vorgenommen werden. Nur in den 
Grundstücken Fuchsberg, Flecht und Mäuerchen, die größeren 
Umfang haben, wurde die Bekämpfung zur Fortsetzung der Ver¬ 
suche weitergeführt. S. Bericht »Versuche«. 

Ende August waren die Herbstanssichten noch verhältnismäßig 
gut. Hatte auch die große Trockenheit in den leichteren, hitzigen 
Bodenarten zur Folge, daß die Trauben klein blieben, so waren die¬ 
selben doch anderseits in den schwereren Böden und den mehr 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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feuchten, niederen Lagen in vorzüglicher Beschaffenheit Schon am 
26. Juli zeigten sich die ersten gefärbten Frühburgunder, denen am 
12. August der Portugieser und Spätburgunder folgte. Weiche 
Sylvaner fanden sich, ausnahmsweise früh, den 9. August und folgte 
der Riesling in fast allen Lagen Mitte August. So kam es, daß die 
Weinberge überaus frühzeitig geschlossen wurden. Was den Trauben 
noch fehlte, holte der September nach und so waren dieselben 
Ende des Monats in eine edle Reife übergegangen, golden gefärbt, 
wie schon lange Jahre nicht mehr. 


d) Die Lese. 

Bei hoher Temperatur setzte Ende des Monats starkes Regen¬ 
wetter ein und verursachte besonders bei den dünnhäutigen Sorten 
Elbling und Sylvaner einige Fäulnis. Da aber die Witterung wieder 
trockener wurde, griff dieselbe doch nur langsam um sich, bis 
weiterer Regen anfangs Oktober eine solche Beschleunigung der 
Fäulnis brachte, daß an ein Hinausschieben der Ernte nicht mehr 
zu denken war. Bei dichter Belaubung des Stockes begann am 
11. Oktober die allgemeine Lese, während bereits am 9. September 
der Frühburgunder und am 30. der Spätburgunder geherbstet war. 
Anfang November, zu einer Zeit, während welcher man in normalen 
Jahren hier im Rheingau mitten in der Ernte ist, war dieselbe 
schon allenthalben beendet. Mit Ausnahme weniger Regentage 
herrschte warmes trockenes Wetter mit Sonnenschein, so daß die 
Qualität noch zusehends stieg. Innerhalb 14 Tagen stieg das Most¬ 
gewicht in ein und derselben Lage um 15° 0. So wurde im Fuchs¬ 
berg eine Parzelle am 15. Oktober gelesen und ergab ein Halbstück 
Most mit dem Mostgewicht von 92° 0, während die gleiche Nach¬ 
barparzelle am 2. November 110° ö erzielte. 

Der Behang der Weinberge war mit wenigen Ausnahmen 
durchweg befriedigend. War auch von der eigentlichen Edelfäule 
infolge der eigenartigen Verhältnisse nur wenig zu sehen, so waren 
doch die Trauben durchweg so edel, daß hohe Mostgewichte erzielt 
werden konnten. Eine weitgehende Sonderung fand bei der großen 
Gleichmäßigkeit des Behanges nicht statt, nur in den größeren Par¬ 
zellen. wie Mäuerchen, Flecht, Hohenrech und Fuchsberg wurde 
eine Auslese in der Weise veranstaltet, daß auf dem Tische das 
Beste von den edlen, morschen Trauben ausgelesen wurde. Im 
Weinberge selbst wurden nur 2 Sorten gemacht. Die warme, nasse 
Witterung Anfang Oktober beförderte das Auftreten der Peronospora 
sehr, die nun auf die Traubenstiele überging und dieselben zum 
Absterben brachte, und so kam es, daß große Mengen Erdtrauben 
aufgelesen werden mußten. 

Die Ernte war qualitativ gut — sehr gut, quantitativ ziemlich 
gut bis gut. 

Es wurde von den einzelnen Sorten und den verschiedenen 
Lagen pro Morgen geerntet: 


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A. Weinbau. 1. Übersicht über den Gang des Betriebes im Jahre 1904. 17 


Tag 

der Lese 

“ 


i 


Most- 

. - 

Sorte 

Löge ! 

Liter 

gewicht 

0 Ö 

Säure 

o 

00 

9. September 

Frühburgunder 

Fuchsberg 

450 

91 

7,4 

30. 

Spatburgunder 

i' 


570 

89 

9,1 

4. Oktober 

Elbling 

ii 


2000 

< .) 

10,8 

10. 

Sylvaner 

Steinacker 

750 

90,4 

7,5 

11. 

ii 

Decker 

1600 

90,8 

7.8 

13. 

ii 

Fuchsberg i 

1900 

88 

9 

15. 

Sämling 

i* 

i 

2300 

90.6 

8,1 

18. 

Traminer 

Schorchen 

750 

97 

6,9 

19. 

11 

Weißmauer 

050 

99 

6.3 

19. 

Riesling 

Hohenrech 

1 I. Qual, 

II. ., ' 

300 

300 

100,8 

100,5 

9,2 

7,6 

20. 


Theilers I 

500 

102 

8 

21. 

,, 

Unterer 

Decker 

300 

96,4 

; 9,7 

21. 


Oberer Decker , 

«00 

99 

8,6 

21. 


Fuchsberg 

I. Qual. ! 
II. ! 

650 

600 

; 109,3 

| 98 

10.1 

8.9 

22. 


Altbaum 

600 

99,2 

10 

24. 

i» 

Klaus 

550 

96 

9,7 

25. 


Mittlerer Morschberg 

600 

| 99,4 

9,8 

25. 


Dechaney 

1200 

i 95,5 

; io 

26. 


Flecht j x }- Q " al - 

200 

500 

■ 114,8 

96 

9,8 

9.7 

29. 


Katzenloch 

500 

104,6 j 

9,3 

29.30. .. 

i- 

Mäuerchen 

I. Qual. 
III. .. 

120 

500 

135 1 

102 

9,5 

8.2 

31. „ 


Becht 

500 

101 

9,1 

2. November 


Fuchsberg j 

600 

109.5 | 

9,1 

1. V 1 


Vorderer Morschberg j 

500 

103 , 

8.1 


Vergleicht man die Menge der Erträge, so fällt zunächst in die 
Augen die große Menge, die der Sämling Riesling x Burgunder, 
eine Anslaltskreuzung, gegeben bat. Zwei ganze Stück Wein hat 
er pro Morgen geliefert. Eine Fruchtbarkeit, wie sie wenige Sorten 
aufzuweisen haben. Wir haben auf diesen Sämling schon früher 
hingewiesen. Er ist als Weiß Weintraube nicht geeignet, dürfte aber 
eine vorzügliche Traube zur Herstellung von Clairettweinen sein. 
Hie von der Kreuzung vorhandenen Weinbestände sind einer Schaum¬ 
weinfirma zur Verwendung zur Verfügung gestellt und soll über die 
Eigenart und den Wert der neuen Sorte in einem der nächsten 
Jahresberichte, nachdem über die Verwendbarkeit der Sorte ein 
klares Urteil gefällt werden kann, ausführlich berichtet werden. 

Im Gegensatz hierzu steht der geringe Ertrag der Parzellen 
Hecker I und Hohenrech. Beide sind mit Riesling in reinem Satze 
bestockt imd haben durch den Heu- und Sauerwurm, und Hohen¬ 
rech außerdem noch durch die Trockenheit gelitten. Sylvaner und 
Elbling gaben volle Ernten, während der Burgunder sehr zu wünschen 
übrig ließ. 

Hie Kelterung mußte bei der herrschenden warmen Witterung 
schnell vor sich gehen, da in wenigen Stunden die Maische in 
Gärung geriet und die Gefahr von Krankheiten, besonders Essig¬ 
stich, bei Verlangsamung der Arbeit überaus groß war. So be- 

Qoisonhcimer Bericht 1904 . 2 


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18 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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schleunigte sich auch diese Arbeit derart, daß schon Anfang November 
mit der Düngung begonnen werden konnte. 


e) Die Düngung. 

Die gesamte Düngung der Lehranstalts- wie Domanialweinberge 
beruht auf der Stallmistgabe in bestimmten Zeitabschnitten. Während 
früher der Düngungturnus 3jährig war, wurde derselbe auf Grund 
diesbezüglicher Erfahrungen und Beobachtungen in einen zwei¬ 
jährigen umgewandelt, und soll nun versucht werden, ob nicht eine 
jährliche Düngung ohne erheblichen Mehraufwand an Arbeit möglich 
ist. Bei der Gabe von 450—500 Ztr. Stallmist pro Morgen auf 
einmal für eine längere Periode ist es wahrscheinlich, daß anfänglich 
eine Vergeudung an Nährstoffen getrieben wird und diese in dem 
ersten und zweiten Jahre den Reben verloren gehen, während zum 
Schlüsse im dritten oder gar vierten ein gewisser Hunger eintritt 
Sicher ist, daß bei Einführung kürzerer Düngungsperioden der ge¬ 
gebene Dünger bedeutend besser ausgenützt und verwertet wird, und 
so fragt es sich, ob nicht durch einen kürzeren Diingungstumus an 
Dünger gespart werden kann. Diese Frage ist bei dem Mangel an 
gutem Stallmist und den dementsprechend enorm hohen Preisen 
desselben für viele Weinbaugebiete äußerst wichtig geworden. Um 
nun zu sehen, ob in der Tat bei einer kürzeren Periode die Dünger¬ 
gabe verringert werden kann, wurden die Anstaltsweinberge seit 
Herbst 1899 in zwei Abteilungen geteilt und die eine in dem alten 
dreijährigen Turnus mit einer Gabe von 450 Ztr. Stallmist pro 
Morgen gedüngt, während die andere in zweijähriger Periode nur 
250 Ztr. Dünger bekam. Irgend ein nachteiliger Einfluß der 
schwächeren Düngung konnte bis jetzt nicht bemerkt werden. Durch 
eine Verkürzung der Düngungszeit tritt eine Mehrarbeit hier nicht 
ein, da allen Weinbergen ein Winterbau gegeben wird und so der 
Mist ohne besondere Kosten untergebracbt werden kann. Das Aus¬ 
fahren und Verteilen des Düngers erfordert Mehrkosten nicht, da 
es gleichgültig ist, ob eine bestimmte Menge in einem oder mehreren 
Weinbergen verteilt wird. 

Bei älteren und im Triebe nachlassenden Weinbergen und 
Stöcken wird durch eine Gabe von Chilisalpeter nachgeholfen, wobei 
je nach Bedürfnis 40—80 Pfd. pro Morgen gegeben werden. Die be¬ 
stimmte Menge wird in drei Gaben, beginnend Mitte Mai, in drei¬ 
wöchentlichen Intervallen gegeben. Einzelne schwache Stöcke be¬ 
kommen Gaben von 20—30 g. Sonstige Dünger werden nicht ver¬ 
wandt. 

f) Bodenbearbeitung. 

Die einzelnen Bodenbearbeitungen werden mit dem Karste im 
Akkord ausgeführt. Um für die schwereren Böden mehr Arbeits¬ 
kräfte zu gewinnen und so dieselben eher zur rechten Zeit, d. h. 
wenn es der Zustand des Bodens erfordert, bearbeiten zu können, 
wurde, wo irgend angängig, in den leichteren Böden und ebeneren 


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A. Weinbau. 1 . Übersicht über den Gang des Betriebes im Jahre 1904. 19 

Lagen der Pflug zur Sommerbearbeitung verwendet. Es hat sich 
gezeigt, daß wir mit dem Pfluge eine für die Rebe äußerst günstige 
Bodenbearbeitung während des Sommers erzielen, indem wir nicht 
so tief eindringen und so die Tauwurzeln weniger stören. Die 
Lockerung und Unkrautvertilgung ist in den meisten Fällen eine 
völlig genügende, nur ausnahmsweise, wenn feuchte Witterung 
herrscht oder der erste Bau im Frühjahre mit dem Karste schlecht 
gegeben wurde, muß von Hand nachgeholfen werden. 

Zur Verwendung gelangte in den leichteren und schwereren 
Böden »Planet junior« und in schwierigeren Verhältnissen ein fünf¬ 
zinkiger Grubber. 


g) Neuanlagen. 

Rigolt wurden 1904 die Wustfelder auf der Platte, im Stein¬ 
acker und Langenacker. Die Arbeit wurde im Tagelohn ausgeführt 
und stellte sich der Morgen 80 cm tief zu rigolen bei einem Tage¬ 
lohn von 2,50 M 

auf der Platte mit lettigem Boden auf . . . 75 M 
im Steinacker mit kiesigem ,, ., ... 75 „ 

im Langenacker mit Lehmboden auf . . . 65 „ 

Im Steinacker, der sehr flachgründig ist, mußten große Massen 
von Steinen teils versenkt, teils entfernt werden, was die Arbeit 
erschwerte und verteuerte. Wenn der Langeacker und die Platte, 
die gleiche Verhältnisse bieten, verschiedene Kosten verursacht 
haben, so liegt dies daran, daß der Langeacker als Wustfeld unter 
dem Pfluge stand, während die Platte mit Gras eingesät war. Die 
Grasnarbe gab wohl ziemlich viel Humus ab, hatte aber den Boden 
sehr ausgetrocknet und Unkräuter wie Winden und Disteln durch¬ 
gelassen. 

Während die Platte als hohe Lage mit gutem Boden mit 
Riesling bepflanzt wurde, wurde der Steinacker und Langeacker als 
niedere, flache Lagen mit SyJvaner bestockt. 

Die im Frühjahr 1902 resp. 1903 bestockten Parzellen hatten 
Stützen dringend notwendig, und da die Beschaffung guten Pfahl¬ 
materials immer schwieriger und teuerer wird, war die Verwendung 
von Draht als Stütze beschlossen worden. Solche Drahterziehungen 
sind, wie die Praxis schon längst gelehrt hat, haltbarer und auf die 
Dauer auch billiger wie die Pfähle. Trotzdem geht man, besonders 
hier im Rheingau, nur langsam und ungern zum Drahte über und 
wohl vor allen Dingen deshalb, weil bei der Drahterziehung die 
Kontrolle über die Weinbergsarbeiten und die Aufsicht über die 
Lese und diese selbst sehr erschwert wird. Wer die Wichtigkeit 
einer peinlichen Leseaufsicht besonders in größeren Betrieben kennt, 
der begreift, daß tatsächlich dieser Übelstand die sonst so großen 
Vorteile der Drahterziehung ganz in Schatten zu stellen vermag. 
Diesem Übelstande suchte der Berichterstatter durch Schaffung 
von Durchgängen, die möglichst wenig Platz und Geld in An¬ 
spruch nehmen, abzuhelfen. Solche Durchgänge sind nicht neu, 

2 * 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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da sie aber bislang so konstruiert waren, daß nach einer gewissen 
Länge zwei Endstäbe eingesetzt und von neuem mit dem Ziehen 
der Drähte begonnen wurde, nahmen dieselben viel Platz und 
Geld in Anspruch. So galt es nun einen Durchgang zu schaffen, 
der eine einheitliche Drabtführung ohne Verwendung von Endstäben 



gestattete. Bei schwachwachsenden Sorten, bei denen ein niederer 
Drahtrahmen genügt, konnte ein Durchgang dadurch hergestellt 
werden, daß nach einer bestimmten Länge, z. B. 20 m, statt einem 
schwächeren Mittelpfahle zwei kräftigere in einer Entfernung von 
45 cm aufgestellt und durch den untersten Draht in der in Fig. 1 
gezeichneten Weise miteinander verbunden wurden. Durch diese 
wechselseitige Verbindung der beiden Mittelpfähle wird eine solche 


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A. Weinbau. 1. Übersicht über den Gang des Betriebes im Jahre 1904. 21 


Spannung hergestellt, daß ohne Gefahr einer Krümmung derselben die 
beiden oberen Drähte an den Mittelpfählen auslaufen können, Fig. 2 b. 
Diese Einrichtung hat sich im Langenacker bei Sylvaner mit Draht¬ 
erziehung von 3 Drähten gut bewährt und keine wesentlichen Mehr¬ 
kosten verursacht. Die ganze Anlage hat bei Schaffung von Durch- 



Fig. 2. 


gängen alle 20 m pro Morgen 600 M gekostet, eine Summe, die bei 
Verwendung von Pfählen mindestens ebenso hoch kommt. Rechnen 
wir auf den Morgen 6000 Pfähle, das Tausend mit Transport und Ein¬ 
stecken 100 M, so entstehen genau dieselben Kosten, während nun die 
Drahtanlage noch die Dauerhaftigkeit, die Ersparung an Ersatzpfählen, 
an Arbeitslöhnen und vor allen Dingen die Sauberkeit für sich hat. 


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22 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


Solange die Höbe des Drahtrahmens nicht über drei Drähte hinaus¬ 
geht, leistet die beschriebene Vorrichtung gute Dienste, während 
sie bei Spannung weiterer Drähte versagt. Die Durchgangsstäbe 
werden dann von den höheren Drahtzügen völlig gebogen. Lange 
Zeit wollte nun die Schaffung von Durchgängen für höhere Draht¬ 
rahmen nicht gelingen, bis ich auf den Gedanken kam, zu pro¬ 
bieren, ob nicht die für sich zu schwachen Stäbe durch ent¬ 
sprechende Anbringung eines kräftigen Eisendrahtes verstärkt und 
so ein armierter Träger im Kleinen hergestellt werden konnte. Die 
Firma Waas, Geisenheim, mit der ich mich in Verbindung setzte, 
konstruierte nun, diese Idee verwendend, einen Durchgangsstab. 
Mittels dieser Stäbe, die nun allerdings teurer sind, als gewöhn¬ 
liche Mittelpfähle, lassen sich Durchgänge überall, ohne jeglichen 
Platzverlust, schaffen. Auf dem Grundstücke Altbaum wurde nun 
eine Drahtanlage. Fig. 2, mit diesen Durchgangsstäben angelegt und 
kostet der Morgen bei einer Verwendung von Durchgängen alle 
20 m und einer Anlage von 5 Drähten fertig, rund 800 M. Diese 
Summe ist wohl eine hohe zu nennen, wenn man aber die Unver¬ 
wüstlichkeit der Anlage, die Ersparung an Pfahlmaterial und Arbeits¬ 
lohn berechnet, so ist nach 10 jährigem Bestand der Anlage dieselbe 
schon einer Pfahlanlage gleich. Nicht vergessen werden darf, daß 
eine derartige Drahtanlage dieselben Vorteile wie eiserne Pfähle 
bietet, ohne deren hohen Preis auszuraachen; diese Anlagen sind 
ebenfalls immer sauber und bieten den Schädlingen keinerlei Unter¬ 
schlupf. Ferner wird durch raschere Arbeit beim Gerten, Heften usw. 
ebenfalls noch gespart. Die für beide Anlagen angegebene Summe 
ist als Höchstsumme für alle Verhältnisse anzusehen, immer werden 
sich die Preise niederer halten lassen. Eine wesentliche Kosten¬ 
ermäßigung läßt sich schon durch gemeinschaftlichen Bezug einer 
größeren Menge von einheitlichem Stabmaterial erzielen. 


2. Versuche. 

a) Einfluß der Erziehungsart auf Menge und Güte des Ertrages bei 

der Sorte Burgunder. 

Um zu ermitteln, ob nicht die für Qualitätsbau ganz besonders 
geeignete Rheingauer Erziehungsart auch bei Burgunder eine höhere 
Qualität und Ausreife der Trauben hervorzubringen im Stande ist, 
wurde je ein Früh- und Spätburgunderquartier so behandelt, daß 
abwechselnd eine Zeile nach Rheingauer Art mit einem Stock Fig. 4, 
die folgende nach einem höheren und längeren Bogenschnitt der 
sogenannten Ahrerziehung Fig. 3 erzogen wurde. Auf jede Erziehungs¬ 
methode entfielen in dieser Weise angeordnet bei Frühburgunder 
20 Zeilen mit 270 Stöcken, bei Spätburgunder 10 Zeilen mit 
460 Stöcken. Außer dem Schnitt wurde auch die Laubbehandlung 
entsprechend der Erziehungsart gehandhabt. Während bei der Rhein¬ 
gauer Erziehung mit Ausnahme der Gipfel von dem Laube nichts 
entfernt wurde, nahm man bei der Bogenerziehung alle in darauf- 


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A. Weinbau. 2. Versuche. 


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folgendem Jahre als Bogreben nicht in Betracht kommenden Triebe 
gleich nach der Blüte 4 Blätter über der obersten Traube weg; 
die Triebe wurden gekappt. Im Jahresbericht 1897 wurde über 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


die bis dahin gemachten Wahrnehmungen berichtet. Seither sind 
die Parzellen weiter beobachtet worden, so daß nun der Versuch 
geschlossen und ein endgültiges Resultat gefällt werden kann. Die 
Trauben jeder Erziehungsart kamen für sich zur Lese, wurden ge¬ 
wogen, gekeltert und Mostgewicht und Säure bestimmt. Neben dem 
sonstigen die Entwickelung der Stöcke betreffenden Verhalten dienten 
diese Ermittelungen zur Grundlage für die Beurteilung der einzelnen 
Methode und bat sich nun folgendes Endresultat ergeben: 

Die Menge des Ertrages war beim Bogenschnitt im Durch¬ 
schnitt der Jahre wesentlich größer. Während 1897 der Durch¬ 
schnittsmehrertrag bei Frühburgunder nur 52 kg und bei Spät- 
burgunder 79 kg pro Morgen betrug, beträgt derselbe heut bei 
ersterem 182 kg, bei letzterem 160 kg. Diese starke Verschiebung 
des Mehrertrages zu Gunsten des Bogenschnittes rührt daher, daß. 
die nach der Rheingauer Methode erzogenen Stöcke in den letzten 
Jahren im Wachstum sehr zurückgegangen sind, wesentlich schwächer 
stehen als die übrigen, nnd da dieses Verhalten bei dem Früh¬ 
burgunder stärker auftrat wie bei dem Spätburgunder, wurde auch, 
der Mehrertrag bei ersterem höher gegenüber der früheren Auf¬ 
stellung. Betrachtet man die Ernte der einzelnen Parzellen nach 
Mostgewicht und Säure, so gab der Rheingauer Schnitt im Durch¬ 
schnitt der Jahre bei Spätburgunder das höhere Mostgewicht bei 
geringerer Säure, während bei dem Frühburgunder sich beide Arten 
die Wage hielten. Aber auch bei dem Spätburgunder ist der Unter¬ 
schied nur sehr gering, er beträgt im Maximum 1° Ö. und l°/oo 
Säure. Dieses Mehr an Mostgewicht kommt nicht in Betracht 
gegenüber dem großen Nachteil der niederen Erziehung, der darin 
besteht, daß die Trauben viel mehr der Fäulnis ausgesetzt sind. Und 
da alle faulen Trauben für die Rotweinbereitung verloren sind, fällt 
diese Erscheinung stark zu Ungunsten des Rheingauer Schnittes in 
die Wagschale. Allerdings liefert auch der Bogenschnitt in un¬ 
günstigen Jahren mehr mangelhaft gefärbte Trauben und kommt 
dies besonders bei dem Spätburgunder zum Vorschein. 

Nach all diesen Beobachtungen steht fest, daß sowohl der 
Früh- wie der Spätburgunder einen längeren Schnitt besser erträgt 
wie den kürzeren Rheingauer und daß sie bei demselben länger 
aushalten und auf die Dauer freudiger gedeihen. Die Erträge sind 
bei beiden Sorten beim Bogenschnitt wesentlich größere, während 
die geringe Qualitätserhöhung beim kurzen Schnitt gegenüber dem 
Mehrertrag und dem Nachteil einer größeren Fäulniseinwirkung 
auf die Trauben nicht in Betracht kommt. 


b) Einfluß der Stockzahl auf den Ertrag. 

In manchen Weinbaugebieten, so z. B. hier im Rheingau 
herrscht noch viel die Sitte, an ein Ziel drei einzelne Stöcke zu 
pflanzen in der Meinung, daß dadurch die Qualität erhöht und ein 
Emteausfal), resp. ein Lückigwerden der Weinberge weniger ein- 
treffen würde. Um nun zu ermitteln, bis zu welchem Grade diese 


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A. Weinbau. 2. Versuche. 


25 


Anschauung berechtigt ist, und welchen Einfluß die Zahl der an 
ein Ziel gepflanzten Stöcke auf Menge und Güte der Trauben, so¬ 
wie auf die sonstige Entwickelung des Stockes ansübt, wurde 
1889 ein dahin gehender Versuch begonnen. Ein gleichmäßig 
stehendes Rieslingquartier wurde in drei Parzellen so eingeteilt, 
daß die erste drei, die zweite zwei und die dritte einen Stock am 
Ziel hatte. Jede dieser Abteilungen wurde getrennt gelesen, die 
darin geernteten Trauben gewogen, gekeltert und Mostgewicht und 
Säure bestimmt. Das Resultat des Versuches nach den ersten Jahren 
wurde im Jahresberichte 1896 mitgeteilt. In der Zwischenzeit ist 
nun das Beobachtnngsmaterial wesentlich größer geworden und kann 



nun umfassend berichtet werden. Wenn wir heute die drei Ver¬ 
suchsparzellen betrachten, so fällt sofort in die Augen, daß bei der 
mit drei Stöcken am Satz Fig. 5 bestockten Parzelle, die wir mit 1 
bezeichnen wollen, fast die Hälfte aller dritten Stöcke eingegangen 
ist und daß dieselben, wo sie noch vorhanden sind, meist nur ein 
kümmerliches Dasein fristen. Aber auch der Wuchs der übrigen 
Stöcke ist nicht so kräftig, wie in Parzelle 2, wo nur 2 Stöcke an 
einem Ziele stehen. Beide überholt das Stück mit nur einem Stocke. 
Die einzelnen Stöcke sind kräftig und starkwüchsig, so daß ein Stock 
bequem dieselben Tragreben bekommen kann, wie bei 1 und 2, ja 
meist bekommt jeder Stock 2 Tragreben, während besonders bei 1 
oft nur eine angeschnitten werden kann, trotz der drei Stöcke. Ist 
schon bei dieser Versuchsreihe der Unterschied der einzelnen Teile 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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im Wachstum und Gedeihen frappant, so ist dies noch viel mehr 
der Fall bei drei jüngeren erst später angelegten Versuchsstücken. 
Während die ersten Parzellen in einem schon 13 jährigen im 3. Satz 
bestockten Weinberge durch Entfernen der einzelnen Schenkel an¬ 
gelegt wurden und so die Stöcke in ihrer ersten Entwickelung all¬ 
seitig ungünstig beeinflußt waren, konnte bei den neuen Teilen, 
da hier gleich jede Parzelle mit der entsprechenden Anzahl Stöcke 
bepflanzt wurde, eine Beeinflussung nicht stattfinden. Hier zeigt sich 
nun sofort eine kräftige, üppige Entwickelung der einzelnen Stöcke 
Fig. 3, während der Zweisatz im Wüchse zurückbleibt und bei dem 
dreischenkligen Satze schon ebenfalls eine große Anzahl der dritten 
Schenkel ausgefallen ist. Eine Entstehung von Lücken tritt viel 
eher ein bei mehrscbenkligem Satze, da die einzelnen Stöcke hier 
nicht so kräftig entwickelt und so viel eher Krankheiten und 
Feinden, Frost usw. ausgesetzt sind, sich auch von einer mecha¬ 
nischen Beschädigung durch Geräte viel weniger zu erholen ver¬ 
mögen. 

Was die Erträge anbelaugt, so liefert weitaus den meisten 
Ertrag der einschenkelige Satz. Die großen kräftigen Stöcke haben 
zahlreichere Trauben, wie die schwächeren im 2. oder 3. Satz stehen¬ 
den, auch sind die Trauben bei den ersteren viel größer, vollbeeriger 
wie bei den letzteren, die besonders bei zunehmendem Alter kleine 
und lockerbeerige Trauben liefern. Ist der Unterschied im Ertrag 
zwischen Zwei- und Dreisatz schon von Anfang nicht groß, so ver¬ 
schwindet er mit der Zeit vollständig, da mit zunehmendem Alter 
der dritte Stock mehr und mehr verschwindet. Der Ertrag der 
einschenkligen jungen Parzelle betrug häufig das doppelte der drei¬ 
schenkligen, meist aber 1 / s mehr. Im Durchschnitt der Jahre be¬ 
trägt bei dem alten Versuchsfelde der Ertrag pro Morgen 
bei 3 Stöcken 680 kg Trauben 

9 7*1 

v ^ • '/ J- v 

„ 1 Stocke 920 ,, ,. 

Bei dem jungen Felde 

bei 3 Stöcken 520 kg Trauben 

2 ,. 752 

„ 1 Stocke 1013 „ 

Dem einstöckigen Jungfelde konnten viel früher Bogreben an¬ 
geschnitten werden und so gab dasselbe früher Ertrag und zeichnete 
sich auch später durch gleichmäßigeren Ertrag aus. Wenn so 
einerseits bei einer kleineren Stockzahl auf den Morgen unstreitig 
ein höherer Ertrag erzielt wird, die Stöcke kräftiger, gesunder sind 
und länger aushalten, so ist doch anderseits die Qualität auf seiten 
des mehrschenkligen Satzes. Bestehen in der Qualität zwischen 2. 
und 3. Satz schon in jungen Jahren nur ganz minimale und über¬ 
aus wechselude Unterschiede, so verschwinden dieselben mit zu¬ 
nehmendem Alter ganz. Dagegen sind zwischen dem ein- und 
mehrschenkligen Satze in Mostgewicht und Säure nicht unwesent¬ 
liche Unterschiede vorhanden, die besonders in geringeren Jahren 


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A. Weinbau. 2. Versuche. 


zur Geltung kommen. Eine besondere Qualität in diesem Falle ist 
verständlich, da die Menge der von einem Stocke zu ernährenden 
Trauben, wie wir oben gesehen haben, um ein ganz bedeutendes 
hinter derjenigen eines einfachen Satzes zurückbleibt, auch sind die 
Trauben an und für sich kleiner, kleinbeeriger und lockerer. Dazu 
kommt noch, daß die Edelfäule bei mehrschenkligem Satze stärker 
auftritt wie bei einschenkligera und erhalten wir so besonders 
bei jüngeren Weinbergen in letzterem Falle mehr der heutigen 
Geschmacksrichtung entsprechende, frische, spritzige Weine, während 
im ersteren Falle die Weine voller, schwerer werden. Dies hat sich 
besonders im Jahre 1900 und 1904 gezeigt, wo von jeder der 
jüngeren Parzellen ein Halbstück geerntet werden konnte. Während 
der erste Satz lauter große, gesunde, goldgelbe, edelreife Trauben 
brachte, waren dieselben im 2. und 3. Satz bedeutend kleiner, morsch 
und edelfaul. 

Das Ergebnis war folgendes: 



1900 


1904 

Menge 

Most¬ 

Säure Menge 

Most- Säure 

Ltr. Most 

gewicht 

„ ult Ltr. Most 

gewicht o 

pro Morgen 

®Ö. 

/0 ° pro Morgen 

0 0 /oo 


Bei 3 Stöcken 

250 

104,5 

11,9 

510 

109,5 

9.1 

.. 2 „ 

300 

105,5 

96 

11,7 

600 

109,3 

9,8 

„ 1 Stocke 

511 

10 

840 

100,5 

9,5 


Daß die Anzahl der Stöcke, die auf einer bestimmten Fläche 
steht, von größtem Einfluß auf das Gedeihen derselben und dem¬ 
entsprechend auf den Ertrag ist, zeigen uns deutlich und k'lar die 
sogenannten kriechenden Reben. Im Berichte 1902 wurde mitgeteilt, 
daß in Eibingen ein Weinberg, der nicht tragen wollte, derart in 
kriechende Reben umgewandelt wurde, daß bei der einen Hälfte 
je eine über die andere Reihe ausgehauen und die Schenkel kordon¬ 
artig schräg in den Zwischenraum gezogen wurden, Fig. 6. Bei 
der zweiten Abteilung wurde so verfahren, daß immer ein Stock 
entfernt und die Schenkel der bleibenden wagrecht in den Reihen 
in die Lücken ebenfalls kordonartig gezogen wurden, Fig. 7. 

Bei Parzelle 1 wurden die Kordons durch Gabeln unterstützt, 
bei 2 durch einen vorhandenen Draht. Während ursprünglich auf 
dem Felde, das gerade einen Morgen beträgt, 2100 Stöcke standen, 
enthielt dasselbe nach der Umänderung nur noch 1400 Stöcke und 
trotzdem brachte der Weinberg wesentlich höhere Erträge. Die 
einzelnen Stöcke entwickelten sich nun so üppig, daß schon nach 
dem zweiten Jahre die gemachten Lücken von 2 m und 2,40 m 
durch die Schenkel ausgefüllt waren und eine weitere Reihe, resp. 
ein weiterer Stock ausgehauen werden mußte. Nun stehen auf dem 
Morgen nur noch 700 Stöcke bei einer Reihenentfernung von 4,80 m 
in der einen und einer Stockentfernung von 4 m bei der anderen 
Parzelle und trotzdem keine Ertragsabnahme, sondern im Gegenteil 
wieder eine Zunahme. 


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A. "Weinbau. 2. Versuche. 


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Die gemachten Aufzeichnungen mögen dies veranschaulichen, 
a) Kriechende Reben. 


Jahrgang 

Anzahl der Stöcke 
pro Morgen 

Liter Most 

Mostgewicht 

°Ö. 

Saure 

0/ 

/oo 

1901 

1400 

500 

75,5 

12,3 

1902 

1400 

800 

78,8 

14 

1903 

700 

950 

73.5 

12.5 

1904 

700 

1170 

95 

10 


b) Normaler einschenkliger Weinberg. 


Jahrgang 

Anzahl der Stöcke 
pro Morgen 

Liter Most 

Mostgewicht 

»Ö. 

Säure 

°/oo 

1901 

2100 

420 

85 

11,5 

1902 

2100 

510 

76 

14,5 

1903 

2100 

700 

78,5 

11,7 

1904 

2100 

920 

105,3 

9,1 


. Betrachten wir Mostgewicht und Säure, so finden wir auch 
hier bestätigt, daß die Qualität in dem Maße abnimmt, in welchem 
-die Anzahl der Stöcke auf einer bestimmten Fläche kleiner wird. 
Die einzelnen Stöcke, denen nun ein großer Boden und Lichtraum 
zugeteilt wird, entwickeln sich üppig und kräftig und bringen hohen 
Ertrag. Es eignen sich deshalb die kriechenden Reben nur für 
Quantitätsbau. 


c) Die Verwendung von Schwefelsorten verschiedenen Feinheits¬ 
grades. 

Als im Sommer 1900 große Schädigungen in den ver¬ 
schiedensten Lagen durch Verbrennung der Trauben nach vorher¬ 
gegangener Schwefelung auftraten und diese besonders stark in Wein¬ 
bergen bemerkt werden konnten, die mit hochprozentigem Schwefel 
bestäubt waren, wurde in mir der Gedanke wach, einmal zu prüfen, 
ob denn diese überaus feinen und hochprozentigen Schwefel auch 
wirklich notwendig sind. Daß durch eine Schwefelung mit dem 
meist verwandten hochprozentigen Schwefel, Verbrennungen in hohem 
Maße bei eintretender größerer Hitze hervorgerufen werden können, 
hat anläßlich der oben erwähnten Schädigungen der damalige 
Assistent der pflanzenphysiologischen Versuchsstation von Ritter 
experimentell nachgewiesen (Mitteilungen über Weinbau und Keller¬ 
wirtschaft 1900, No. 9). Es hat sich bei seinen Versuchen gezeigt, 
daß mit zunehmendem Schwefelbelag auch die Verbrennungsgefahr 
sich steigert und daß bei geringen Schwefelmengen auf den Beeren 
diese sich durch eine Schutzhaut, sogenannte Korkhaut, schützen 
können. Nun könnte ja der Verbrennungsgefahr dadurch entgegen¬ 
gearbeitet werden, daß man während des Hochsommers besonders 
sorgfältig darauf achtet, den Schwefel möglichst fein zu verteilen. 
Dies geht ja auch bis zu einem gewissen Grade, denn es konnten 
1900 stets die Weinberge herausgesucht werden, in denen unpünkt- 


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30 


II. Tätigkeit der Austalt nach innen. 


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lieh geschwefelt worden war, indem diese am meisten unter den 
Yerbrennungserscheinungen zu leiden hatten, aber es dürfte Sehr 
schwer fallen, diese feine gleichmäßige Verteilung stets durchzuführen, 
da man auf die Zuverlässigkeit des Arbeiters angewiesen ist und 
auch der beste Schwefel balg ab und zu stärker wirft als es er¬ 
wünscht ist 

So wurden nun in den Jahren 1901—1904 auf dem Grund¬ 
stücke Flecht drei Parzellen von je einem Morgen mit Schwefel 
folgenden Feinheitsgrades behandelt: 1. 45/50°, 2. 65/70°, 3. 90/95° 
Chancel. Die dreimalige Zerstäubung fand in allen Fällen durch 
denselben Arbeiter und denselben Balg statt Alle drei Schwefel¬ 
sorten haben in den vier Jahren zur Bekämpfung des Oidiums ge¬ 
nügt. In keiner der Parzellen konnte eine Wirkung des Oidiums 
festgestellt werden, wohl aber zeigte sich, daß mit abnehmendem 
Feinheitsgrade auch der Verbrauch an Schwefel wesentlich zunahm, 
um einen gewissen Belag herbeizuführen. Durchschnittlich wurden 
bei 90/95° 25 kg, bei 65/70° 29 kg und bei 45/50° Chancel 
32,5 kg pro Morgen und dreimaliger Bestäubung verbraucht. Bei 
dem billigsten Schwefel beträgt so der Mehrverbrauch 7,5 kg und 
wird dadurch eine Verbilligung der Bestäubung nicht erzielt, da 
der Preisunterschied zwischen der Qualität I und III kein solch 
großer ist, er beträgt pro 100 kg nur 4—5 M. 

Wenn nun der Versuch einerseits gezeigt hat, daß die hoch¬ 
prozentigen Schwefelsorten infolge ihres sparsameren Verbrauches 
nicht teurer sind, als die billigen, so hat doch anderseits der Sommer 
1904 bewiesen, daß bei hohen Temperaturen während des Sommers 
die Verwendung eines niederprozentigen Schwefels die Verbrennungs¬ 
gefahr wesentlich herabmindert, indem diese groben Schwefelsorten 
keinen solch feinen Belag zulassen. In dem mit Qualität I be¬ 
stäubten Morgen waren wesentlich stärkere Verbrennungserschei¬ 
nungen zu beobachten wie bei Qualität II, während bei III keine 
Spur davon zu sehen war. 


d) Verwendung von Kalkblüte zur Herstellung der Bordelaiser 

Brühe. 

Wie im Berichte 1903 mitgeteilt wurde, bringen die Langsurer 
Kalkwerke, Langsur b. Trier eine Kalkblüte zur Herstellung der 
Kupferkalkbrühe bei Bekämpfung der Peronospora in den Handel. 
Diese Kalkblüte hat sich 1903 gut bewährt und hatte dieselbe ge¬ 
genüber dem gewöhnlichen Kalk den Vorteil großer Reinheit und 
Gleichmäßigkeit. Die Handhabung war infolgedessen eine einfache 
und bequeme. Da zu befürchten war, daß diese Kalkblüte durch 
längeres Lagern sich in ihrer Beschaffenheit verändert und dann 
an Brauchbarkeit für obige Zwecke wesentlich verliert, wurde ein 
Rest aufbewahrt und 1904 zur Verwendung gebracht. Es zeigte 
sich nun, daß die Kalkblüte in der Tat für den Gebrauch zur Borde¬ 
laiserbrühe sich so ungünstig verändert hatte, daß sie kaum mehr 
zu benutzen war oder große Mengen zur Neutralisierung verwandt 


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A. Weinbau. 2. Versuche. 


3 t 


werden mußten. Es muß deshalb diese Kalkblüte frisch zur Ver¬ 
wendung kommen, da sie ein längeres Lagern nicht erträgt. 


e) Die Bekämpfung des Heu« und Sauerwurms. 

Dieselbe wurde in den größeren Grundstücken Flecht und 
Fuchsberg in der im Jahresbericht 1902 angegebenen Weise fort¬ 
gesetzt und in dem neuen Domanialweinberge Mäuerchen begonnen. 
Die Bekämpfung besteht in den genannten Grundstücken, in dem 
Aufschneiden der Bänder, Absuchen der Puppen, Abreiben der 
Stöcke und dem Fangen der Motten des Heu- und Sauerwurms 
mittelst Klebefächer, während die Verwendung der Fanglampen voll¬ 
ständig aufgegeben wurde. Dieselben haben einmal im Verhältnis 
zu den Mühen und Kosten ein viel zu geringes Fangergebnis ge¬ 
liefert und dann vor allen Dingen in den einzeln gelegenen Parzellen 
viel mehr Motten herbeigezogen als gefangen. 

Die angegebene Bekämpfungsweise ist nun jahrelang auf den¬ 
selben Grundstücken Flecht und Fuchsberg von je 8 Morgen durch¬ 
geführt worden, so daß nun über deren Wert ein positives End¬ 
urteil gefällt werden kann. Dasselbe lautet: 

Es ist sehr gut möglich, durch Vernichten der Puppen, und 
vor allen Dingen durch Abfangen der Motten, ein bestimmtes Areal 
gegen den Heu- und Sauerwurm so zu schützen, daß die vorhandene 
Ernte gesichert bleibt, es muß aber das Abfangen der Motten beider 
Generationen so intensiv betrieben werden, daß mindestens täglich 
einmal das ganze Areal abgesucht wird und bei starkem Fluge der 
Motten auch 2—3 mal abgegangen werden kann. Ist ein derartig 
starkes Abfangen nicht möglich, so hat die Arbeit auch keine Aus¬ 
sicht auf einen positiven Erfolg, und da zum Absuchen ganzer Ge¬ 
markungen die nötigen Arbeitskräfte hierzu stets fehlen werden, ist 
dieses Verfahren für die allgemeine Bekämpfung des Schädlings 
unbrauchbar. Was will es heißen, wenn in einer Gemarkung 
100 000 Motten gefangen worden sind, wo Millionen Gelegenheit 
hatten, ihre Eier abzulegen. Soll deshalb die angegebene Be¬ 
kämpfungsweise Verwendung finden, so ist, um sicheren Erfolg zu 
haben, irgend ein von dem Schädling besonders stark heimgesuchter 
Teil der Gemarkung auszuwählen, der in der oben erwähnten Weise 
begangen wird. Damit dies aber möglich ist, darf dieser Teil nur 
so groß sein, daß im Notfall immer noch Reservefänger zur Ver¬ 
fügung stehen, denn eine einzige Pause im Fange kann den Erfolg 
wesentlich beeinträchtigen. 

Eine Allgemeinbekämpfung des Heu- und Sauerwurms dürften 
die angegebenen Mittel niemals ermöglichen, da hierzu die Arbeits¬ 
kräfte fehlen, wohl aber können einzelne besonders wertvolle Lagen 
geschützt werden, ohne daß im Verhältnisse zum Wert der ge¬ 
retteten Ernte die Kosten nennenswerte sind. Wir werden auf 
Grund der dargelegten Erfahrungen nach wie vor die größeren 
Komplexe, ganz besonders die wertvolle Lage »Mäuerchen und Flecht« 
durch den Mottenfang zu schützen suchen. Im Durchschnitt der 


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32 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


Jahre betrugen die für einen Morgen verursachten Kosten 30 M. 
Außer der Weiterführung der alten Bekärapfungsraethode wurden 
auch noch zahlreiche neue Bekämpfungsmittel einer praktischen 
Prüfung unterzogen. Besonders war es das neue Bestäubungsmittel 
des Schneidermeisters Berger, Ostrich, welches weitgehende ver¬ 
suchsweise Verwendung fand. Diese Versuche wurden gemein¬ 
schaftlich mit der pathologischen Versuchsstation ausgeführt und 
findet sich die Beschreibung derselben in deren Bericht. 

3. Prüfung von Geräten, 

a) Eine Heftvorrichtung der Weinberge. 

Nachdem die Arbeiterverhältnisse in den meisten Weinbau¬ 
gebieten immer schwierigere werden und ganz besonders Frauen 



Fig. 8. 


und Mädchen zum Anheften der grünen Triebe in den Weinbergen 
nur mehr schwer und bei hohen Löhnen oder Akkordsätzen zu be¬ 
kommen sind, wurde von vielen Praktikern versucht durch be¬ 
stimmte Vorrichtungen das Heften ganz oder doch mindestens teil¬ 
weise entbehrlich zu machen. Alle diese Heftvorrichtungen und 
Selbsthefter stützen sich auf die Eigenart der Rebe, mit ihren 
Ranken von gegebenen Stützen gerne Gebrauch zu machen und so 
geben sie entweder reichliche Stützpunkte durch Anbringung zahl¬ 
reicher Drähte enge übereinander oder aber es werden wie in vor¬ 
liegendem Falle bewegliche Stützen geschaffen. So hat der Winzer 


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A. Weinbau. 3. Prüfung von Geräten. 


33 


und Schlosser J. Hütwohl in Nieder-Flörsheim, Rheinhessen eine 
Heftvorrichtung konstruiert, die es ermöglicht, die wachsenden Triebe 
stets zu stützen und sie während ihres Wachstums in einer für 
dasselbe günstigen Stellung zu halten. Dieselbe besteht im wesent¬ 
lichen aus zwei an einem Scharnier beweglichen seitwärtsstehenden 
Hebelarmen mit Stiften, Fig. 8 a, und einem halbmondförmigen Eisen¬ 
band mit Nuten. Die Hebelarme können mittelst der Stiften und 
Nuten in verschiedenen Stellungen gehalten werden Fig. 8a'. An 
jedem Hebelarm befindet sich ein Draht, der die Reihen entlang 
läuft. Diese Vorrichtung 
wird alle 15—20 m in der 
Reihe angebracht und zwar 
je nach der Stellung der 
Bogreben 20—30 cm über 
dem Boden. Zu Beginn des 
Triebes werden nun die 
beiden Stützdrähte, durch 
Herunterlegen der Hebel¬ 
arme nahe an den Boden 
gelegt, so daß sich alle zur 
Entwickelung kommenden 
Triebe entweder an dieselben 
anlegen oder zwischen beiden 
stehen. In dem Maße, in 
welchem die Triebe wachsen 
und sich nicht mehr selbst 
halten können, wird ihnen 
durch Aufwärtsbewegung der 
Hebelarme und dadurch be¬ 
dingtes Höherstellen der Sei¬ 
tendrähte eine Stütze gegeben, 

Fig. 8 a'. Haben die Triebe 
eine bestimmte Länge er¬ 
reicht, so sind die Arme 
senkrecht gestellt und damit 
werden auch die Triebe 
zwischen den Pfählen, die 
nun nur noch ca. 5 cm aus- Fig. 9. Fig. lu. 

einander sind, festgehalten, 

Fig. 9. Damit zum Schlüsse die große Last der Triebe nicht zu sehr 
auf die Drähte drückt und die eigentlichen Heftvorrichtungen so 
weiter auseinander angebracht werden können, befindet sich zwischen 
2 solchen, je nach der Entfernung 1—2 in Fig. 10 abgebildete 
Stützen, in welche die beiden Seitendrähte zum Schlüsse eingelegt 
werden. Während bei schwachwachsenden Reben und älteren Wein¬ 
bergen ein Heftapparat genügt, müssen bei starkwüchsigen Sorten 
und Neufeldern zwei übereinander angebracht werden. Der zweite 
Hebel wird dann am besten 30—40 cm über dem ersten an einem 

Goisenheimor Bericht 1004. 3 



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34 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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der Zwischenpfähle befestigt, es kann dann eine Querstütze, Fig. 10. 
erspart werden. 

Die beschriebene Heftvorrichtung wurde nun im verflossenen 
Jahre in einem Drahtwein berge der Anstalt zur Verwendung ge¬ 
bracht und hat sich dabei bestens bewährt. Beide Teile des Appa¬ 
rates, sowohl die Hebelarme wie die Querstütze, lassen sich leicht 
und rasch mit Schrauben an jedem beliebigen Pfahle befestigen 
und sind dazu irgend welche besonderen Vorkehrungen nicht not¬ 
wendig, so daß auch ältere Weinberge leicht mit den Heftern 

versehen werden können, 
allerdings kommen nur Draht¬ 
anlagen hierfür in Betracht. 
Außer der Beschaffung der 
Hebelarme und Querstützen 
ist eine Mehrausgabe nicht 
notwendig, da die Anzahl 
der Drahtzüge dieselbe bleibt. 
Drei Drähte bei schwächerem, 
fünf bei stärkerem Wachs¬ 
tum, wobei der feste untere 
Draht, immer zur Befestigung 
der Bogreben dient. Sind 
die Hebelarme zu Beginn der 
Vegetation nach unten ge¬ 
legt und ist dafür gesorgt 
worden, daß alle Triebe inner¬ 
halb des Drahtrahmens liegen, 
so läßt sich rasch und ohne 
viel Mühe bei den ver¬ 
schiedenen W achstumsstadien 
der Weinberg in Ordnung 
halten. Alle 14 Tage bis 
3 Wochen werden die Wein¬ 
berge durchgegangen, die 
Hebel entsprechend gestellt 
und ausgewichene Triebe in 
den Rahmen gebracht. Bald 
nach Beginn der Vegetation 
haben sich die einzelnen 
Triebe in dem Rahmen 
gleichmäßig verteilt, so daß Licht und Luft allen zukommt. Man 
ist erstaunt, wie schön gleichmäßig sich die Triebe verteilen und 
so macht ein mit der HeftvorrichtuDg in Ordnung gehaltener Wein¬ 
berg einen sauberen, hübschen Eindruck auf den Beschauer. Ich 
habe in Rheinhessen eine ganze Reihe größerer mit diesem Apparat 
gehefteter Weinberge besichtigt und dem Heften selbst beigewohnt 
und mich gewundert, den hier im Kleinen gemachten Versuch im 
Großen noch in besserer Wirkung zu sehen; selbst üppige Portu¬ 
gieserfelder waren gleichmäßig locker geheftet. Eine Frau ist im 


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A. Weinbau. 3. Prüfung von Geräten. 


35 


Stande mit dieser Vorrichtung einen Morgen in 1 1 / 2 — 2 Stunden 
bequem in Ordnung zu bringen, und so haite ich die beschriebene 
Erfindung für äußerst wertvoll, besonders für Gegenden mit Massen¬ 
bau und mehr niederen Lagen, und sollten von seiten der Praxis 
damit allenthalben Versuche angestellt werden. Ein Nachteil der 
Heftvorrichtung besteht darin, daß die Triebe sich in ihren oberen 
Teilen dauernd reiben, da aber diese Stelle so hoch liegt, daß sie 
für die Bogreben wohl nie und auch für Schnittreben nur selten 
zur Verwendung gelangt, dürfte derselbe bei den sonstigen Vor¬ 
teilen des Apparates nicht schwer in die Wagschale fallen. Der 
Schnitt der mit dem Hefter geordneten Weinberge ging völlig 
normal von statten. 

b) Der Diedesfelder Rebschwefler. 

Einen neuen Schwefelbalg (Rückenschwefler), der einen pfälzischen 
Weinbauern namens Grün zum Erfinder hat, lieferte im Berichts¬ 



jahre die Firma Conrad Reitz, Dürkheim a. H. zur Prüfung ein. 
Fig. 11 zeigt diesen Apparat, der sich von den bislang im Ge¬ 
brauche befindlichen wesentlich dadurch unterscheidet, daß an Stelle 
der leicht und rasch sich abnützenden Zerreibungs- und Verteilungs¬ 
bürsten, ein Reibesieb mit Metallflügeln, Fig. 12, angebracht ist 
und der ganze Apparat jederzeit vollständig auseinander genommen, 
nachgesehen und gereinigt werden kann. Dieser letztere Vorteil 
ist ebenfalls sehr wesentlich, da die praktische Erfahrung gezeigt 
hat, daß die Schwefelbälge infolge ungenügender Reinigung, da sie 
schwer zu reinigen sind, häufig früh ganz versagen oder bald mangelhafte 
Arbeit liefern. Damit jederzeit der Balg auseinander genommen und 
wieder zusammengesetzt werden kann, bekommt jedes Exemplar eine 
Beschreibung mit Abbildung auf den Weg. Der Apparat ist kräftig 
gebaut und zählt wegen seiner guten Bauart zu den schwersten 
der vorhandenen. Sein Gewicht beträgt 9 kg. Boi dem geprüften 
Modelle ist der Blasebalg auf dem Rücken des Schweflers ange¬ 
bracht, wodurch derselbe eine etwas große plumpe Form bekommt, 
und in engen Zeilen etwas hinderlich sein dürfte. Diesem Übel- 

3* 


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36 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


stände hat die Firma durch Versetzung des Balges auf den Kopf 
des Schweflers abgeholfen und ist auch dadurch gleichzeitig die 
Gangart etwas erleichtert worden. Der Gang ist ein normaler, 
gleichmäßiger und hat der Apparat 1 Pfd. Schwefel in 10 Minuten 
bei vollständiger Entleerung ausgeworfen, was nach den früheren 
Prüfungen einer sparsamen Verstaubung entspricht. Die vorhandene 
Reguliervorrichtung funktioniert gut, es dürften jedoch die Eiufall- 
öffnungen des Schweflers und die Reibeflügel noch enger gestellt 
werden, da schon bei engstem Stande derselben vollständig genügend 
Schwefel hergegeben wird und häufig Schwefelkörner zum Vor¬ 
schein kommen. Bei einer Vorwärtsstellung der Reguliervorrichtung 
wird viel zu viel und viel zu grobkörniger Schwefel ausgeworfen. 
Die Verteilung des ausgeworfenen Schwefels war gut. Die Arbeiter 



Fig. 13. 


haben mit dem Diedesfelder Rückenschwefler gerne gearbeitet und 
dürfte derselbe, wenn dem erwähnten Nachteile abgeholfen wird, 
was leicht geschehen kann, zu den besten der vorhandenen zu 
zählen sein. 

Nach dem Rückenschwefler liefert Reitz auch einen Hand- 
schwefler, Fig. 13, der sich durch große Einfachheit neben bequemer 
Handhabung auszeichnet. Der Apparat legt sich bei Benützung 
stets an den Körper an. da das Verstäubungsrohr auf 2 Seiten ein¬ 
gesteckt werden kann sow r ohl mit der Richtung nach oben, wie 
nach unten, und kommt so das starke Ermüden der Arme, was bei 
den übrigen Handschweflern so lästig wird, in Wegfall. Eine Zer- 
reibungsvorrichtung befindet sich nicht im Innern des Handschwefiers 
und muß deshalb der Schwefel vor dem Gebrauche zerdrückt und 
gesiebt werden. Für kleinere Verhältnisse, Gärtnereien, Hausgärten. 


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A. Weinbau. 3. Prüfung von Geräten. 


37 


Spalierreben usw. dürfte der Diedesfelder Handschwefler sehr gut 
zu gebrauchen sein. 


c) Der Federzahnkultivator „Greif“. 

Von der Maschinenfabrik A. Ventzki, A. G. Gr au de nz 
wurde der Anstalt ein Federzahnkultivator zur Prüfung eingesandt, 
der aus einem dreieckigen kräftigen, auf 3 Rädern ruhenden Eisen¬ 
rahmen besteht, an welchem Stahlzähne in federartiger Form an- 



Fig. 14. 



Fig. 15. 


gebracht sind. Der Rahmen mit den Zähnen kann durch einen 
Hebel mit Zahnrad auf- und abwärts gestellt werden, wodurch sich 
die gewünschte Tiefe des Eindringens der Zähne in den Boden 
ziemlich genau regulieren läßt. Das ganze Gerät ist trotz ver- 
hältnißmäßig großer Leichtigkeit doch fest und stabil gebaut. Der 
Kultivator kam während 2er Jahre bei der Feldbestellung in Ver¬ 
wendung und hat sich hierbei in allen Verhältnissen bestens be¬ 
währt. Er liefert eine sehr gute und gleichmäßige Arbeit sowohl 
im leichten, wie im schwersten Boden, ohne dabei die Tiere sehr 
zu ermüden. Greif wird in verschiedenen Größen gebaut von 
11 Zinken bis zu 5 Zinken, so daß dieses Gerät auch von dem 


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38 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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kleinen Landwirt verwandt werden kann, zumal der Preis desselben 
mit 115 M in der größten und 32 M in der kleinsten Form kein 
hoher ist. Für den Obst- und Weinbau verdienen besondere Beachtung 
die beiden kleineren Kultivatoren Marke I. R. Z. G. Fig. 14 und der 
Zwerggreif, Fig. 15 da mit denselben die verschiedensten Ai beiten 
sowohl im Obstgarten als auch im Weinberg geleistet werden können. 
Ganz besonders eignen sich diese Geräte zur Unkrautvertilgung und 
Bodenlockerung unter schwierigeren Verhältnissen und schwerem 
Boden. 


B. Kellerwirtschaft. 

Außer dem im Anfänge des Berichtes beschriebenen Weingute, 
erwarb die Kgl. Domänenverwaltung noch die der Firma Jann ge¬ 
hörigen Wirtschaftsgebäude in Geisenheim und stellte dieselben der 
Lehranstalt zur Verfügung. So konnte der ganze Betrieb in Wein¬ 
bau, Kellerwirtschaft und Landwirtschaft in einem Wirtschaftshofe 
untergebracht werden. Eine Anzahl schöner, großer Räume ist nun, 
nachdem entsprechende bauliche Veränderungen gemacht wurden, 
zu den verschiedensten Zwecken vorhanden. Besonders erwähnens¬ 
wert sind zwei geräumige übereinander liegende Keller von je 56 m 
Länge und 7 m Breite. 


Ausbau der Weine. 

Die 1903 er Weine haben sich gut weiter gebaut und sind 
rasch hell geworden. Von ihrem hohen Säuregehalt haben sie noch 
viel verloren, so daß sie sich wegen ihrer sauberen, kräftigen Art 
als Verschnittweine für den zum Teil weichen 1904er gut eignen 
dürften. 

Die 1904er der Anstalt geben auch bei den kleineren Krescenzen 
meistens selbständige Weine ab und berechtigen die guten und 
besten Weine dieses Jahrganges zu den schönsten Hoffnungen. 

Da die Maischen im Herbste 1904 schon gut durchgewärmt 
auf die Kelter kamen, ließ auch der Beginn der Gärung bei den 
Mosten im Keller nicht lange auf sich warten und stellte er sich 
ausnahmsweise früh ein. Von dem Gärbeginne bis zum Auffüllen 
der Jungweine wurde indem Gärkeller eine Temperatur von 15° C. 
gehalten. Anfangs war zwar eine Heizung nicht nötig, nachdem 
aber kühlere Nächte eintraten, mußte zuerst ab und zu, gegen Ende 
der stillen Gärung aber täglich gebeizt werden. Nach Beendigung 
der Gärung wurde die Hefe bei sämtlichen Weinen aufgerührt und 
ebenso noch einmal bevor die Fässer vollgefüllt wurden. 

Her Abstich. 

Da die von Prof. Dr. Wortmann aufgefundene Methode der 
wissenschaftlichen Bestimmung der Abstichzeit der Jungweiue auf 


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B. Kellenvirtschaft. Der Abstich. 


39 


Grund der mikroskopischen Untersuchung des Ernährungszustandes 
der Hefe (s. Jahresbericht der Hefereinzuchtstation) von weittragen¬ 
der Bedeutung für die Kellerwirtschaft sein wird, war es das Nächste, 
diese Bestimmungsart der Abstichzeit auch in den Kellern der An¬ 
stalt in der Praxis anzuwenden. 

Es basiert diese Methode auf dem Grundgedanken, daß die 
Zeit, zu welcher die Weine von dem Trub zu trennen sind, von 
dem Ernährungszustände, der in dem Trübe enthaltenen Organismen, 
insbesondere der Trubhefe abhängig sein müsse. Solange die Hefen 
im Moste und Weine günstige Ernährungsbedingungen vorfinden, 
speichern sie in sich Reservestoffe auf, von denen besonders das 
Glykogen leicht nachzuweisen ist, da es sich auf Zusatz von wässe¬ 
riger Jodlösung braun färbt, während eine glykogenfreie Hefezelle 
nur eine strohgelbe Färbung annimmt, ln dem Maße nun, in 
welchem die Nährstoffe im Weine bezw. der Zucker verschwinden, 
ist die Hefe gezwungen, ihre eigenen Reservestoffe anzugreifen. So 
lange jedoch die Hefe diese Reservestotfe verarbeitet, werden auch 
dem Weine noch ihn verbessernde Bestandteile zugeführt. Sind 
diese Prozesse aber beendet, hat also die Hefe wegen Mangel an 
geeigneter Nahrung ihre eigenen Reservestoffe aufgezehrt, dann 
kann sie den Wein durch ihr weiteres Leben recht ungünstig be¬ 
einflussen, und wenn sie gar in dem Weine abstirbt, sich zersetzt, 
kann sie denselben direkt krank machen. Indem wir nun nach der 
Gärung von Zeit zu Zeit den Trub unserer Jungweine unter das 
Mikroskop nehmen und mit einem Tropfen wässeriger Jodlösung 
versetzen, können wir stets verfolgen, in welchem Ernährungszu¬ 
stände die Hefe steht und ehe sie ihr Glykogen verzehrt hat, nehmen 
wir den Wein von dem Trübe. 

So wurde der Abstich der 1904er auf Grund des Befundes 
der Glykogenuntersuchung der Trubhefe vorgenommen. Die Unter¬ 
suchung begann am 8ten November bei den kleinsten schon ruhig 
gewordenen Weinen, denen sich die folgenden in der Reihenfolge, 
in welcher sie ruhig wurden, anschlossen. Alle acht Tage wieder¬ 
holte sich die Untersuchung der Hefe auf ihren Ernährungszustand, 
besonders ihren Glykogengehalt. Der Trub wurde mittelst eines 
Glasrohres, welches durch einen Korken, der auf das Spundloch 
gesetzt wurde, geschoben war, aus dem Fasse geholt. Bis zum 
21ten März wurden die Beobachtungen fortgesetzt und waren die 
einzelnen Fässer in folgenden Zeiten für abstichreif befunden worden: 

(Siehe Tabelle S. 40). 

Bald nach Beginn der Untersuchungen zeigte es sich, daß bei 
No. I—3 die Hefe sich rasch veränderte, und nachdem sie ihr 
Glykogen verzehrt hatte, in ein Hungerstadium überging und zum 
Teil abzusterben anfing. Da die Praxis mit den Untersuchungen 
noch nicht genügend vertraut ist, wurden dieselben zu spät be¬ 
gonnen und war es nun nach dem mikroskopischen Befunde höchste 
Zeit zum Abstiche, denn der Wein mußte ungünstig beeinflußt werden, 
wenn ein weiteres Zersetzungsstadium der Hefe eintrat. Uud doch 


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40 


II. Tätigkeit der Anstalt Dach innen. 


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© 

c- 

© 

CA 

S 3 

§ 

CA 

CO 

Sorte und Lage 

Mostgewicht 


Für abstichreif 
befunden 

1 

Elbling Fuehsberg. 

75° 0. 

14. 

November 

2 

*i . 

75,3° „ 

14. 

n 

ii 

•’ . 

75« „ 

14. 

ii 

Dezember 

4 

ßvlvaner „ . 

90,1» „ 

23. 

5 

•i ?i . 

90,4° „ 

23. 

i* 

6 


90,4 u 

23. 

'i 

7 

Riesling und Sylvaner Fuehsberg 

92,4» „ 

30. 

*i 

8 

ii n «i * 

92,4» „ 

30. 


9 

ii *i • 

92,4» „ 

30. 


10 

'1 M 11 ” • 

95» „ 

30. 


11 

Sylvaner Leideck. 

78.4« „ 

i . 

ii 

12 

1 »» ii . 

81,5° ,. 

7. 

ii 

13 

Riesling .. 

87.7« „ 

7. 

i» 

14 

" n . 

83,4« „ 

7. 

'i 

15 

Sylvaner „ . 

86« „ 

7. 

i* 

16 

Riesling Leideck. 

02» „ 

14. 

ii 

17 

Riesling x Burgunder. 

90.5» ., 

14. 

ii 

18 

Sylvaner Steinacker . 

90,4» „ 

7. 

'i 

19 

„ Decker . 

87« „ 

7. 

?i 

20 

„ Schorchen. 

91,7« „ 

30. 

ii 

21 

Traminer Schorchen. 

99.7» „ 

18. 

Januar 

22 

Riesling Hohen rech. 

110,8» ,. 

21. 

März 

23 

ii . ii . 

100.5» „ 

16. 

ii 

24 

Decker . 

96,4» ., 

16. 

ii 

25 

Riesling Fuchsberg, Auslese .... 

109,3« „ 

21. 

ii 

26 

„ Dechanev . 

95.5» „ 

9. 

Dezember 

27 

„ Hinterer Altbaum . 

99,2» „ 

21. 

März 

28 

Morschberg . 

97,3» „ 

21. 


29 

,, Klaus . 

96« „ 

25. 

Jauuar 

30 

„ Flecht Auslese . 

114,8» „ 

23. 

März 

31 

»i .. 

90« ,. 

25. 

Januar 

32 

?» n . 

95» „ 

2. 

März 

33 

ii i'. 

98» „ 

2. 

ii 

34 

„ Katzenloch. 

104« „ 

9. 


35 

M Miiuerchen ... ... 

102» ., 

16. 

ii 

36 

,, ,, Auslese .... 

135" „ 

23. 

ii 

37 

Beeilt . 

101» „ 

9. 

«i 

38 

,, Morschberg ... ... 

107« ., 

9. 


39 

,, Fuehsberg . 

109» „ 

9. 

ii 


war nach den praktischen Gewohnheiten lind nach dem ganzen 
Jahrgange die Zeit vom 14. November noch recht früh und keinem 
Kellermeister würde es eingefallen sein, selbst die kleinen Weine 
um diese Zeit schon abzustechen. Daß aber die Untersuchung den 
richtigen Zeitpunkt des Abstiches angegeben hatte, zeigten die Kon- 
trollversuche. Um zu sehen, wie sich die nach der von der Praxis 
bestimmten Zeit abgestochenen Weine, gegenüber den nach der wissen¬ 
schaftlichen Methode behandelten, verhalten würden, wurden von 
Elbling-, Sylvaner- und Rieslingmosten je 3 Fässer miteinander 
verstochen und beim Abstiche verschieden behandelt. 


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B. Kellerwirtschaft. Der Abstich. 


41 


Während No. 1 am 14. November sofort abgestochen wurde, 
blieb Faß No. 3 bis zu der von der Praxis gewöhnten Abstichzeit, 
dem 31. Januar, auf dem Trübe liegen und No. 2 kam am 14. De¬ 
zember zum Abstiche. Auch bei Sylvaner und Riesling wurde der 
Versuch so durchgeführt. 

Wenn wir nun die Elblingweine betrachten, so steht in der 
Qualität an erster Stelle No. 1. Es ist dies ein wenn auch kleiner, 
so doch sauberer, reintöniger Wein, der schon ziemlich weit im 
Ausbaue ist. Das später abgestochene Kontrollfaß No. 2 dagegen 
zeigt eine leicht rahne Farbe und steht im Geruch und Geschmack 
hinter No. 1 zurück, während Faß No. 3 direkt unrein und unsauber 
schmeckt. Dies konnte nach dem mikroskopischen Befunde auch 
gar nicht anders sein, indem hier die Hefe bei dem von der Praxis 
bestimmten Termine zum größten Teil schon abgestorben und zum 
Teil in Zersetzung übergegangen war. Dasselbe Bild zeigte sich bei 
den Sylvaner und Rieslingweinen. Allerdings machte sich bei diesen 
die schlechte Einwirkung des verspäteten Abstiches nicht so deutlich 
fühlbar, wie bei den kleinen Elbingweinen, denn in dem Maße, 
in welchem die ganze Art des Weines kräftiger, qualitativ besser 
wird, kommt auch die durch die Glykogenuntersuchung gefundene 
Abstichzeit der von der Praxis bestimmten näher. Wir bemerken 
bei Betrachtung der Abstichliste deutlich, daß bei den aus Mosten 
mit höherem Mostgewicht hergestellten Weinen die Abstichreife sich 
weiter hinauszieht und zwar in dem Verhältnisse, in welchem das 
Mostgewicht höher wird. Es gibt uns so das Mostgewicht einen 
ungefähren Anhaltspunkt, ob der betreffende Jungwein früher oder 
später abgestochen werden muß. Wenn wir daher das Mostgewicht 
dazu benutzen, um sofort im Herbste die Moste nach demselben 
gruppenweise zu lagern, so ersparen wir uns viel Zeit, da wir dann 
die Jungweine auf Grund der Mostgewichtsbestimmung abteilungs¬ 
weise untersuchen und abstechen können, und kostet in diesem 
der nach wissenschaftlichen Grundsätzen durchgeführte Abstich nur 
wenig Zeit mehr, als der nach den alten praktischen Regeln vor¬ 
genommene. 

Die 1904er Anstaltsweine hätten auf drei Partien abgestochen 
werden können. Die erste Partie war abstichreif im Dezember und 
umfaßt die Sylvaner und kleinen Rieslingweine, die zweite im Januar 
mit den mittleren Rieslingweinen und die dritte im März mit den 
besseren Rieslingweinen. Wenn auch nach den Untersuchungen 
noch eine ganze Reihe Zwischenzeiten für den Abstich einzelner 
Fässer gefunden worden sind, so ist es doch nicht nötig, jedes Faß 
einzeln abzustechen, sondern man kann ruhig kleinere Gruppen zu 
einer größeren Zusammenkommen lassen, und dies um so eher, je 
kühler der Keller, je qualitativ besser der Wein ist und je gleich¬ 
mäßiger in ihrer Art die Weine sind. Immer aber wird uns die 
mikroskopische Untersuchung der Trub-Hefe zwingen, Unterschiede 
im Abstiche bei den einzelnen Partien imserer Weine zu machen 
und während wir sonst unsere Jungweine, meist auf einmal, zu 
einer auf Grund der praktischen Erfahrungen und der Kostprobe 


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42 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


bestimmten Zeit abgestochen haben, müssen wir nun je nach dem 
Jahrgange und der Art der Weine während zwei, drei oder gar vier 
verschiedenen Zeiten abstechen. 

Die mikroskopische Untersuchung des Trubes auf den Ernäh¬ 
rungszustand der Hefe nimmt nur wenig Zeit in Anspruch und ist 
so einfach, daß dieselbe jeder Praktiker ausführen kann. Für den 
geringen Zeitaufwand und die wenige Arbeit hat man dann aber 
stets volle Garantie dafür, daß die Weine zur rechten Zeit abge¬ 
stochen werden und nachher sauber und reintönig sind. Wir be- 



Fig. 16. 

trachten unter dem Mikroskope nicht allein die Hefe auf ihren Er¬ 
nährungszustand. sondern sehr bald lernen wir auch die anderen in 
dem Trübe vorhandenen schädlichen Organismen (Bakterien. Schimmel¬ 
pilze) kennen und bemerken sofort, wenn sich dieselben zu Ungunsten 
unseres Weines zu entwickeln beginnen. Wir können dann durch 
rechtzeitigen Abstich einem Krankwerden des Weines Vorbeugen. 

Prüfling der hydraulischen Unterdruckpresse von Mer re m 
& Knötsren, Wittlieh a. d. Mosel. 

Zur Bewältigung der Traubenernte des Domanial Weingutes wurde 
im Herbste 1904 eine Unterdruckkelter Xr. 4 Fig. 10 von obiger 


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C. Bericht der Eebenvereduluugsstation Eibingen-Geisenheim. 


43 


Firma angekauft. Es ist dies eine einfache Korbpresse mit aus¬ 
schwenkbarem Druckkopfe und Korbe und einer durchschnittlichen 
Aufschüttung von 15001 Maische, bei 6001 Mostabpressung. Während 
der Kelterung 1904 hat die uns gelieferte Kelter in allen ihren 
Teilen vollauf befriedigt. Sie ist fest und pünktlich gebaut und 
auch in ihren feineren Teilen dauerhaft ausgeführt, so daß keinerlei 
Störungen trotz stärkster Inanspruchnahme bei der Kelterung vor¬ 
gekommen sind. Die Handhabung derselben ist eine so einfache, 
daß jeder Arbeiter damit arbeiten kann; ein Arbeiter genügt 
zur Bedienung, wodurch eine nicht unwesentliche Arbeitsersparnis 
eintritt. Trotz guter Ernte konnte, ohne die Maische stehen 
lassen zu müssen, was bei der diesjährigen warmen Herbstwitterung 
von größtem Vorteil war, jeden Tag das Lesegut aufgearbeitet 
werden, obgleich nur ein Mann im Kelterhause beschäftigt war, 
und keine Überstunden eintraten. Erst in solch warmen Herbsten 
lernt man den großen Vorteil gut funktionierender hydraulischer 
Keltern kennen. Was die Pressung anbelangt, so war dieselbe in allen 
Teilen eine sehr gute zu nennen. Die Maische war in kürzester 
Zeit nach zweimaligem Aufreiben vollständig trocken, die Saftaus¬ 
beute gegenüber den Spindelpressen nicht unerheblich höher. Wenn 
der letzte Nachdruck, der manchmal infolge des starken Druckes 
gern etwas rapsig wird, bei den besseren Mosten für sich getan, 
resp. zu kleineren Mosten gegeben wird, so läßt sich der den 
hydraulischen Keltern so häufig nachgesagte Fehler einer Qualitäts¬ 
verminderung durch zu starke Pressung vollständig vermeiden. Mag 
auch der Preis mit 1400 M für die beschriebene Presse als hoch 
erscheinen, so sind doch die dadurch erreichten Vorteile, wie rasche 
Abkelterung und dadurch häufig erzielte Qualitätserhöhung, höhere 
Saftausbeute, Zeit, Arbeits- und Raumersparnis so groß, daß sich 
diese Summe, besonders bei unseren heutigen hohen Arbeitslöhnen, 
bald bezahlt machen dürfte. 


C. Bericht der Reben-Yeredelungsstation 
Eibingen - Geisenheim. 

Die Frühjahrs Veredelung. 

Mit dem Veredeln wurde am 25. April begonnen und konnten 
insgesamt 8794 Veredelungen angefertigt werden. Mit dem vor¬ 
handenen Material wurden vergleichende Versuche angestellt über: 
Veredeln mit und ohne Verband. Stift Veredelung, An¬ 
schneiden der Unterlagen bei Blindhölzern. Die Behandlung 
der Veredelungen erfolgte nach der bekannten Vortreibmethode (aus¬ 
führliche Beschreibung im Bericht von 1901/02), welche sich nun¬ 
mehr schon seit einer Reihe von Jahren nicht nur hier, sondern 


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44 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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auch in anderen Veredelungsbetrieben, insbesondere in Österreich, 
bestens bewährt und auch in diesem Jahr wieder ein gutes Resultat 
geliefert bat. Dies tritt besonders deutlich gegenüber einigen nicht 
vorgetriebonen Veredelungen hervor, welche, da die Witterung während 
der Vortreibszeit ausnahmsweise günstig war, nach dem Veredeln 
unmittelbar in die Rebschule eingelegt wurden. Es wuchsen: 
von 136 Riesling auf Rip.-Rup. G 15 : 17 Stück = 12°/ 0 | n j cllt 

123 „ „ „ ,, G 13 : 38 „ = 30 „ i vor- 

„ 253 „ „ Riparia G 2 : 84 „ •— 33 „ j getrieben 

Dagegen wuchsen: 

von 195 Riesling auf Rip.-Rup. G 15 : 170 Stück = 87 °/ 0 1 vor- 

„ 331 ,. „ „ „ G 13 : 285 ,, = 86 „ J getrieben 

Wesentlich erleichtert und vervollkommnet wurde die Durch¬ 
führung des Vortreibens durch einen neu errichteten Abhärtungs¬ 
raum, welcher nach Norden zu in Form eines heizbaren Gewächs¬ 
hauskastens an das vorhandene Treibhaus angebaut wurde. Der 
Raum ist der Länge nach durch eine Bretterwand in zwei Ab¬ 
teilungen getrennt, von welchen jede für sich heizbar und dadurch 
ermöglicht ist, die Veredelungen in zwei gesonderten Posten ab¬ 
zuhärten. Auch das Treibhaus wurde durch eine Glaswand in zwei 
Abteilungen getrennt so daß die Veredelungen nicht mehr auf ein¬ 
mal vorgetrieben zu werden brauchen. 

Da die diesjährigen Veredelungen noch ein zweites Jahr in der 
Rebschule verbleiben, um desto kräftigeres Pflanzmaterial zu geben, 
kann das genaue Resultat der Verwachsungen erst im kommenden 
Jahr festgestellt werden. Die vorläufige, im Herbst vorgenommene 
Zählung ergibt: 

(Siehe Tabelle S. 45.) 

Vortreiben mit oder ohne Verband! 

Da die Frage, ob ein Verbinden der Veredelungen bei An¬ 
wendung der Vortreibmethode von Nutzen sei, durch die kleineren 
Versuche der letzten Jahre noch nicht endgültig entschieden war, 
obgleich verschiedene Erfahrungen zu Gunsten des Nichtverbindens 
sprachen, wurde nochmals eine größere Anzahl von Versuchen an¬ 
gestellt Es wuchsen hierbei: 


von 353 Rieslingveredelungen auf Rip. Gloire mit Verband 

72% 

2°4 

„ - -•» 

11 

„ „ ,, ohne „ 

84 „ 

453 

11 

„ Rip. Geisenh. mit ., 

77 ., 

„ 530 

H 

,, ,, ,, ohne ,, 

71 ., 

., ISS 


,, Rip.-Rup. G 13 mit „ 

87 ., 

., 143 

11 

,, ,, ohne .. 

84 ., 

., 217 

11 

.. Rip.-Rup. G 11 mit 

64 ., 

„ 189 

*1 

’? " « v ohne ,, 

86 „ 


Dies auf Blindholz-Unterlagen; auf Wurzelreben ergab sich: 
von 251 Rieslingveredelungen auf Rip. Gloire mit Verband 85% 
.. 290 ,, ., ,, ., ohne ,, 76 ,, 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



C. Bericht der Reben veredelungsstation Eibingen-Geisenheiin. 


45 


Liste I. 


Pfropf¬ 

sorte 

Unter Lage 

Angefertigt 

Eingelegt 

Vorhanden bei 
der Zählung 
im Herbst 

0 

0 


Blindreben: 





Riesling 

Riparia Gloire. 

1302 

904 

871 

00 


„ Geisenheim. 

1557 

992 

890 

57 


Rupestris monticola. 

109 

144 

124 

62 


Riparia x Rupestris G 11 . . . 

400 

322 

304 

74 


„ .. G 12 . . . 

125 

102 

98 

78 


„ „ G 15 . . . 

195 

170 

170 

87 


M „ 8t. M. e . . 

200 

170 

150 

57 


Cordifolia x Rupestris G 19 . . 

197 

157 

150 

76 


Durchschnitt: 

4572 


3042 

00 


Wurzeire ben: 






Riparia Gloire ... ... 

1109 

859 

812 

73 


„ Geisenheim. 

299 

256 

248 

83 


.. G 2. 

225 

160 

155 

OS 


g m . 

45 


16 

35 


G 72. 

50 

27 

22 

! 39 


,. G 75 . .... 

21 

9 

9 

42 


„ G 80 . 

35 

12 

12 

1 34 


Rupestris monticola 

50 

41 

39 

i 78 


„ (10 . 

30 

19 

17 

50 


G ISO. 

29 

20 

23 

| 80 


„ HG 9 . 

30 

20 

23 

70 


Riparia x Rupestris G 11 . . . 

103 

154 

150 

! 92 


G 12 . . . 

201 

i 214 

208 

80 


G 13 . . . 

182 

j 131 

127 

09 


G lf> . . . 

242 

1 170 

108 

! 09 


G 88 . . . 

19 

10 

1 10 

84 


G 00 . . . 

33 

31 

31 

94 


108 MG . . 

0)7 

43 

40 

| 59 


HG 3 . . . 

07 

40 

38 

! '>6 


101 14 MG . 

2o 

11 

11 

, 55 


Solonis. 

1070 

013 

005 



Trollinger x Riparia G 110 . . 

24 

5 

3 

' 12 


„ „ G 111 . . 

29 

9 

9 

31 


G 112 . . 

11 

, 13 

; ii 

20 


Amurensis G 104. 

15 

13 

13 

1 80 


„ G 1(55. 

12 

4 

4 

; 33 


G 168. 

19 

10 

10 

1 81 


Solonis x Riparia G 177 ... 

29 

20 

19 

' 05 


Durchschnitt: 

4222 


; 2845 

1 07 


Als Verband diente bei allen Versuchen der bekannte Papier- 
Baumwachsverband (dünnes Pergamentpapier mit warmflüssigem 
Baumwachs bestrichen). 

Vergleicht man die obigen Resultate miteinander, so ergibt 
sich, daß bald mit, bald ohne Verband ein etwas höherer Verwach- 


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46 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


sungsprozentsatz erzielt worden ist. Hieraus ist der Schluß zu 
ziehen, daß ein wesentlicher Einfluß nicht besteht und beim Ver¬ 
treiben der Verband ohne Nachteil weggelassen werden kann, eine 
Erfahrung, die neuerdings ja auch an anderen Veredelungsbetrieben 
im In- und Ausland gemacht worden ist. 

Stiftveredelung. 

Die ira Vorjahre bereits begonnenen Versuche mit der Stift¬ 
veredelung wurden fortgesetzt und ergaben folgende Resultate: 

Es wuchsen bei Blindholz von 

497 Riesling auf Rip. Gloire bei engl. Kopulation mit Zunge 72 % 
—28 ., ,, ,, *, „ schräger ,, ,, Stift 24 ., 

453 „ „ ,, Geisenheim bei engl. Kopulation m. Zunge 77 ,, 

279 „ „ „ „ „ wager. ,. „ Stift 13 „ 

bei Wurzel reben: 

251 Riesling auf Rip. Gloire bei engl. Kopulation mit Zunge 85% 
250 „ „ „ „ „ schräger „ „ Stift 69 

*>18 ,, ,, ,, ,, „wagerechter,, ,, ,, 64 ,, 

In allen Fällen zeigte sich also eine größere, bei Blindholz 
sogar eine ganz bedeutend größere Zahl der Verwachsungen beim 
Zungenschnitt gegenüber der Stiftveredelung. 

Frisches Anschneiden der Unterlagsreben. 

Von dem Gedanken ausgehend, daß die Wasseraufnahme eine 
intensivere und infolgedessen die Kallusbildung und Verwachsung 
eine schnellere sein könnte, wenn die Unterlage kurz vor dem Ver¬ 
edeln am Fußende frisch angeschnitten und dann bis zum Einlegen 
in die Treibkisten in frisches Wasser gestellt wird, wurden eine 
größere Anzahl Blindholzveredlungen in obiger Weise behandelt. 
Doch hat sich kein ausschlaggebender Unterschied zu Gunsten des 
Anschneidens ergeben. Bald sind von den frisch angeschnittenen, 
bald von den nicht frisch angeschnittenen Vergleichsveredelungen 
eine größere Anzahl gewachsen, ohne jedoch eine erhebliche Diffe¬ 
renz zu bilden. 

Es wuchsen 

von 173 Riesling auf Rip. Geisenheim frisch angeschnitten 39% 

122 ., ., „ „ nicht „ „ 46 „ 

., 65 ,. ., Rip. x Rup. G 12 frisch angeschnitten 83 ., 

60 .nicht,, „ 73*. 

.. 143 ., .. ., G13 frisch angeschnitten 84., 

., 188 ,, ., ., ., „ „nicht,, „ 87 ., 

189 „ .. „ G11 frisch angeschnitten 86 „ 

..217 ., .. ., ., ., „nicht,, „ 64 „ 

Vorjährige Veredelungen. 

Um eine größere Kräftigung und vollkommenere Verwachsung 
der Veredelungen zu erzielen, bevor sie in den Weinberg gepflanzt 


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C. Bericht der Rebenveredeluugsstation Eibingen-Geisenbeim. 


47 


werden und dadurch zu erreichen, daß nur durchaus kräftiges 
Pflanzmaterial in den Versuchspflanzungen verwendet wird, wurden 
bekanntlich die Veredelungen des Vorjahres noch ein weiteres Jahr 
in der Rebschule belassen und zwar ohne sie zu verschulen. Das 
dadurch erzielte Resultat ist durchaus befriedigend und zwar haben 
ergeben: 


Liste II. 






Verwach- 

Edelreis 

Unterlage 

An¬ 

gefertigt 

Heraus- 

genoinmen 

sungs- 

Prozent 





/o<> 


Wurzelreben: 




Riesling 

Riparia Gloire. 

r,o 

21 

42 


„ Geisenheim .... 

80 

31 

39 


0 2. 

909 

45t) 

47 


Rip. x Rup. G 12. 

02 

36 

58 


„ St. M. 

123 

24 

19 


Cordifolia x Rup. G 19 .... 

109 

49 

45 

Sylvane r 

Riparia 0 2. 

345 

209 

81 


„ 0 04. 

18 

11 

61 


v, G 09 . 

20 

18 

90 


,, G 72 . 

25 

18 

72 


,, G 74 . 

20 

07 

17 

21 

15 

85 


ii 1 *' i . 

„ 0 ISO. 

- i 

18 

i l 

83 


G 183. 

9 

0 

67 


Rupestris HG 9. 

30 

12 

40 


Rip. x Rup. G 11. 

134 

95 

79 


0 * 12. 

33 

12 

30 


g i:i . 

155 

88 

57 


o 14. 

10 

8 

50 


„ G 15. 

178 

109 

62 


ci si . 

17 

5 ! 

30 


G 88. 

dl 

15 

48 


St. M. e .... 

102 

27 

26 


Cordif. x Rup. G 17. 

TU 

45 

64 


„ G 19. 

120 

03 

50 


Solen is . . . 

280 

80 | 

30 


Cabernet x Rup. 33 a .... 

49 

13 , 

26 


Blindreben: 




Riesling 

Riparia Gloire. 

910 

150 

16 


Aramon x Rup. l43. 

75 

33 

44 


Cabernet x Rup. 33 a . . . . 

00 

< 

12 


Cordif. x Rup. G 20. 

50 

8 

I 10 

Sylvaner 

Riparia Gloire ....... 

3<N) 

87 

29 


Rip. x Rup. G 11. 

500 

128 

26 


Cordif. x Rup. G 17. 

G 19. 

75 

41 

41 


75 

23 

30 


G 20. 

75 

7 

9 

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II. Tätigkeit der Anstalt nach iuuen. 


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48 


Entwicklung; und Stand der gepfropften Reben auf der 

Leideck. 

Die allgemeine Entwicklung der gepfropften Reben auf der 
Leideck war auch im vorliegenden Berichtsjahre vortrefflich. Ein 
Unterschied im Wuchs und in der Beschaffenheit der Trauben und 
des Mostes auf den verschiedenen Unterlagen trat nur in geringem 
und äußerlich kaum merkbaren Maße hervor, so daß im allgemeinen 
ohne weiteres von einer guten Entwicklung gesprochen werden kann. 
In keiner Weise zeigten sich aber irgend welche anormale Erschei¬ 
nungen, welche auf eine auf die Veredelung zurückzufühlende spezi¬ 
fische Veränderung des Edelreises im Danieüschen Sinne hinwiesen. 

Die Blüte verlief rasch bei günstigem Wetter. Leider richtete 
der Heuwurm in diesem Jahr verhältnismäßig viel Schaden an. 
Auch der Springwurmwickler trat in erheblicher Weise auf, während 
Oidium und Peronospora keinen wahrnehmbaren Schaden verur¬ 
sachten. 

Mit der Lese wurde bei Svlvaner am 18. Oktober, bei Riesling 
am 20. Oktober begonnen. Der Ertrag war, wie bei den günstigen 
Witterungsverhältnissen des Jahres zu erwarten, sowohl in quanti¬ 
tativer als qualitativer Beziehung recht befriedigend. Es wurden 
insgesamt 4121,25 kg Trauben gegen 3487,5 kg im Vorjahre ge¬ 
erntet. Diese 4121,25 kg verteilen sich auf 

Riesling. . . 2071,25 kg 

Sylvaner . . 1948.50 ,. 

Burgunder . . 101,50 ., 

Das Mostgewicht schwankte bei Riesling zwischen 82,7 und 
90,7° Öchsle, bei Sylvanerzwischen 74,1° imd 82,3°. Von den 
Mosten wurden getrennt gekeltert und gelagert: 

Riesling auf Riparia l j i Stückfaß 

,. .. Solonis >/» 

,. York Madeira 10 1 

., Rupestris 10 ., 

„ metallica 8 ,, 

„ Solonis Sämling 3 

„ Riparia X Rupestris 8 ,, 

,, Gutedel X Riparia 8 ,. 

Sylvaner „ Riparia */ g Stück 

„ „ Solonis V 4 

Ertrag, Mostgewicht und Säure auf den einzelnen Unterlagen 
ergibt sicli aus nachstellender Liste: 

(Siehe Tabelle S. 49.) 

Aus dieser wie aus den über die vegetative Entwicklung ge¬ 
machten Aufzeichnungen läßt sich über die vorhandenen Unterlagen 
folgende Übersicht zusammenstellen: 

Riparia. Obgleich hier keine reine, selektionierte Varietät von 
Riparia vorliegt, so zeigen doch selbst die verschiedenen, hier ver- 


Gougle 


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C. Bericht der Rebenveredelungsstation Eibingen-Geisenheiui. 49 


Liste III. 




<o 

% 

ST 

Gesamtgewicht in 

kg 

o O 

K 

_^o 
c " 

Edelreis 

Unterlage 

p 

3: 

© 

© 

M 

p 

4Z> 

a 

p 

<b 

p 

p 

h 

rr- 

cs: 

p 

i 

i 

s 

CD 

CO 

S 

tgowicht 

Öchsle 

2? 

P 

© 





© 

-i 


c 

o 

sr- 

.. 


Kiesling 

Riparia . . . 

i 

307 

304 

177,5 

481,5 






u 

260 

166,5 

138 

304,5 






Vll 

128 

37 

6.5 

43,5 


[90,7 

13,5 



VIII 

33 

13,5 

4 

17,5 




IX 

131 

44 

11 

55 






X 

8 

— 

8 

8 







867 



910 

1,050 




Solonis . . . 

I, II 

137 

106 

70,5 

176,5 


| 




VH 

480 

202,5 

30 

232,5 


85 




IX 

179 

45 

13,5 

58,5 





X 

498 

290 

90,5 

380,5 


J 

13,8 




1294 



848 

0,655 




York Mad. . . 

I. 

VII, II 

J 129 

53 

12,5 

l 65,5 

1 ~ 

0,508 

j 87,2 

11,5 


Rupestris . . 

X 

232 

59,5 

16 

1 0,5 

0,325 

90,2 

11,4 


Bastard . . . 

I, 11 
VII 

1 22 

S - 

10 

1 

r 

0,500 

[82,7 

11,1 


Arnurensis G. . 

X 

12 

12,5 

— 

12,5 

1,041 

89,3 

13,65 


Rup. metallica . 

X 

87 

46,75 

3 

49,75 

0,572 

86,0 

12,5 


Solonis Sämling 

IX 

55 

21,5 

1 

22,5 

0,408 

87 

14,5 


Rip. Portalis G. 

X 

18 

8 

— 

8 

1 0,444 

87 

13,2 


Gutedol x Rip.. 

VII.IX 

95 

23,25 


23,25 

0,244 

89,5 

13,7 


Rip. x Rup. 

X 

106 

45,25 

3 

45,25 

0,426 

89 

13,4 

Sylvaner 

Riparia . . . 

II 

118 

112 

— 

112 


1 i 5,3 

12,1 


VIII 

339 

386,5 

_ 

386,5 




XI 

786 

765.5 

-- 

765,5 


74,1 

11.3 




1243 



1264 

1,017 




Solonis . . . 

VIII 

471 

487 

— 

487 

1,033 

80,1 

11,7 


Rupestris . . 

verseil. Unter¬ 

XI 

260 

96,5 

— 

96,5 

0,370 

82,3 

11,4 


lagen . . . 


— 

101 

— | 

101 

— 

— 

— 


wendeten Formen einen durchaus gleichmäßig befriedigenden Stand, 
sowohl bei Riesling, Sylvaner und Burgunder. In Bezug auf Most¬ 
gewicht, aber auch in der Säure ist Riparia verhältnismäßig hoch. 

Solonis ist namentlich bei Rieslingveredelungen noch durchaus 
befriedigend. Das schwache Wachstum von Sylvaner auf Solonis 
auf Quartier VIII, welches im Vorjahr auf fiel und zu Bedenken 
Anlaß gab, trat in diesem Jahr fast nicht mehr hervor. 

Geisenheimor Boricht 1901 . 4 


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50 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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York Madeira. Auffallend ist die Erscheinung, daß die Ver¬ 
edelungen auf dieser Unterlage im Herbst das Laub viel länger grün 
und am Stock behalten als die im gleichen Quartier stehenden Ver¬ 
edelungen auf Riparia und Solonis. ln Bezug auf Qualität des Mostes 
ist York Madeira auch in diesem Jahr geringer als Riparia, im 
Mostgewicht, aber auch bezüglich der Säure. 

Rupestris. Leider handelt es sich hierbei nicht um Rupestris 
monticola, sondern um unreine Sämlingsformen, welche sich sowohl 
im Wuchs als auch im Ertrag schlecht bewähren. Besser zeigt 
sich Rupestris metallica. 

Riparia-Rupestris. Auch hier ist keine reine Form vor¬ 
handen, sondern Formen verschiedener Sämlinge. Doch ist bei 
sämtlichen dieser Veredelungen auffallend, daß der Wuchs sehr üppig, 
der Fruchtansatz aber sehr gering ist. 

Von den wenigen, vorhandenen Veredelungen auf Gutedel- 
Riparia ist das Gleiche wie über Riparia-Rupestris zu sagen. 


Neue Kreuzungen und SSmlinge. 

Von neuen Kreuzungen kamen zur Aussaat: 

Trollinger-Riparia 9110 X Berlandieri, 
Riesling-Riparia 9194 X Berlandieri, 

„ „ 9195 X Berlandieri, 

Riesling X Berlandieri. 

Mit diesen Kreuzungen wird der Zweck verfolgt, für unsere 
Verhältnisse und unsere Edelsorten geeignete, kalkwiderstands- 
fähige Unterlagsreben zu züchten. 

Außer diesen Kreuzungen kamen noch eine Anzahl Sorten zur 
Aussaat, welche zur Vervollständigung des hiesigen Sortimentes von 
Amerikanerreben dienen sollen. Es sind dies: Vitis Doaniana, V. 
Lincecumii, V. Monticola, V. Chambini, V. Longii, V. Cordifolia X 
Candicans. Der Samen von diesen Sorten wurde von der Firma 
Munson & Cie. in Texas seitens des Herrn Landes-Ökonomierat 
Goethe bezogen und in liebenswürdiger Weise der Station über¬ 
wiesen. 


Sonstige Versuche. 

Weitere Versuche wurden im Berichtsjahre angestellt bezw. 
fortgeführt über 

Erziehungsweise der Amerikanerreben und Einfluß 
derselben auf die Holzreife, 

Einfluß des Schnittes auf Quantität und Qualität des 
Unterlagsholzes, 

Einfluß des Entblätterns auf die Holzreife. 

Da diese Versuche jedoch noch nicht abgeschlossen sind, sei 
darüber erst im kommenden Jahr berichtet. 

Zeißig. 


Gck igle 


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C. Bericht der Rebenveredelungsstation Eibingen-Geisenheim. 


51 


Über die durch Pfropfen herbeigeföhrte Symbiose einiger 
Yitisarten, ein Versuch zur Lösung der Frage nach dem 
Dasein der Pfropf hybriden. 

Bearbeitet von Dr. W. Voss. 

Das Problem des Daseins von Pfropfhybriden kann in die 
beiden Fragen zerlegt werden: 1. Nehmen die gesamten durch die 
Operation miteinander verbundenen Symbionten, natürlich nur in 
den nach der Verbindung gebildeten Geweben, hybriden Charakter 
an? und 2. Sind die die Verbindung direkt herbeiführenden Zellen 
solcher Natur? Die Untersuchungen des letzten Jahres waren 
auf die Lösung der ersten Frage gerichtet und haben dieselbe in 
negativem Sinne entschieden. 

Was die umfangreiche Literatur über die heiß umstrittene 
Frage nach dem Dasein von Pfropthybriden anbelangt, so läßt sich 
nachweisen, daß keine der positiven Angaben einwandsfrei für die 
Existenz von Pfropfbastarden spricht, sondern daß in allen diesen 
Fällen die beschriebenen Abweichungen als Ernährungsmodifikationen 
aufgefaßt werden müssen, so namentlich die vielen von Daniel ge¬ 
machten Beobachtungen, oder daß einer der Symbionten bereits ein 
Bastard war. Ist also keine Tatsache bekannt, die zur Annahme 
des Daseins von Pfropf hybriden zwingt, so sind andererseits auch 
nicht alle negativen Angaben ein Beweis gegen das Vorkommen 
derselben, wenn sie auch ihre Existenz im höchsten Grade unwahr¬ 
scheinlich machen. Von den negativen Angaben sind besonders die 
von Vöchting und Ravaz erwähnenswert; letzterer z. B. hat einen 
direkten Beweis gegen das Vorkommen von Pfropfhybriden geführt, 
indem er darauf hinwies, daß durch Pfropfen von europäischen Vitis 
vinifera-Rassen auf amerikanische Reben die Unterlage ihre Wider¬ 
standsfähigkeit gegen die Reblaus behält und daß die Trauben des 
Pfröpflings nicht den fuchsigen Geschmack der Amerikaner-Beeren 
annehmen, was der sexuelle Bastard tut, daß also durch das Pfropfen 
in diesem Falle keine Mischung der beiden Merkmalsanlagen der 
Symbionten eintritt 

Die eigenen Beobachtungen, die mit Vitis vinifera Riesling als 
Pfröpfling auf Vitis riparia und auf Vitis solonis angestellt sind, er¬ 
bringen nun den Beweis, daß es Pfropfhybriden in der in der Frage¬ 
stellung gegebenen Fassung nicht gibt. Die Hauptversuche wurden 
mit der Pfropfverbindung Riesling auf Riparia ausgeführt, die in 
ihrem morphologischen Aufbau und Verhalten eingehend mit selb¬ 
ständigen Stöcken der beiden Rebarten und mit dem sexuellen Bastard 
beider verglichen wurde. In Betracht gezogen bei der Vergleichung 
wurden: 

1. Das Verhalten der im Wachstum befindlichen Triebspitze der 
Schwerkraft gegenüber. Alle Achsenspitzen von Vitis riparia sind 
gleich wie diejenigen der weitaus meisten anderen Amerikaner-Reb- 
arten infolge ihres positiven Geotropismus stets in einer Ebene senk¬ 
recht nach unten gerichtet. Die Spitzen der Riesling-Triebe dagegen 
sind zu Beginn der Vegetationsperiode in der Regel gestreckt, selten 

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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


verschieden stark gekrümmt; auch bleibt in letzterem Falle die 
Krümmung stets viel schwächer (selten über 90°) als bei der Riparia- 
Spitze. Ferner braucht die Krümmung der Riesling-Triebe nicht in 
der vertikalen Ebene zu erfolgen, und die einzelnen Regionen der 
Achsenspitze können sich nach verschiedenen Ebenen krümmen. 
Mit dem Alter der Rieslingtriebe nimmt die Zahl der in annähernd 
senkrechter Ebene nach unten gekrümmten Spitzen zu, aber auch 
dann noch sind viele Triebe unregelmäßig gekrümmt oder gar ge¬ 
streckt. Da also Lage und Form der Krümmungen bei der Ries¬ 
lingtriebspitze wechseln, so war ohne experimentelle Untersuchungen 
nicht zu entscheiden, ob die Krümmungen autonomer oder wie bei 
Riparia geotropischer Natur sind. Der Bastard Riesling x Riparia 
zeigt das nämliche Verhalten der Triebspitze wie Riparia, während 
Rieslingreben als Pfröpflinge auf Riparia sich stets wie wurzelechte 
Rieslingspflanzen verhielten, sodaß eine Beeinflussung des Edel¬ 
reises durch die amerikanische Unterlage, also eine Mischung der 
spezifischen Anlagen der beiden Symbionten durch die Kopulation 
nicht stattgehabt hat. 

2. Die Behaarung der jungen Blätter: Die jungen Blätter von 
Riparia zeigen über den Nerven einen dichten Besatz mit langen 
borstenförmigen Haaren; daneben finden sich noch lange gewellte 
Wollhaare, jedoch nur ganz vereinzelt An den jungen Blättern von 
Riesling dagegen treten über den Nerven nur in sehr spärlichem 
Maße kurze Borstenhaare auf, während lange, wellig gebogene Woll¬ 
haare so reichlich vorhanden sind, daß sie das junge Rieslingblatt 
mit einem dichten Filze überziehen. Die Behaarung der jungen 
Blätter des Bastards Riesling X Riparia nimmt eine intermediäre 
Stellung zwischen derjenigen der beiden Eltern ein, sowohl hin¬ 
sichtlich der Borsten- wie Wollhaare. Im Gegensatz zu diesem Be¬ 
funde beim Bastard war bei den Veredelungen hinsichtlich der 
Blattbehaarung keine gegenseitige Beeinflussung, weder bei Edelreis 
noch bei Unterlage, festzustellen. 

3. Behaarung der jungen, noch nicht aktionsfähigen Ranken: 
Die jungen Ranken des Rieslings besitzen einen leichten Anflug von 
Wollhaaren, der den gleichen Organen von Riparia vollkommen ab¬ 
geht. Im Bastard beider überwiegt dieses Merkmal der Europäer¬ 
rebe, während die jungen Ranken von Ripariastöcken, die als Unter¬ 
lage für Riesling dienen, sich stets als nackt erwiesen. 

4. Modus der Entfaltung der Blattspreite: Die Blätter von Ries¬ 
ling entfalten sich weit schneller und in einem jugendlicheren 
Stadium als die Blätter von Riparia. Während nun die Schnellig¬ 
keit der Blattentfaltung des Hybriden Riesling x Riparia zwischen 
derjenigen der beiden Eltern steht, wird bei Veredelungen weder 
die Entfaltung der Spreite des aufgepfropften Riesling verzögert, 
noch die der als Unterlage dienenden Riparia beschleunigt. 

5. Verhalten des Blattstieles bei der Blattentfaltung: Beim 
Riesling nimmt der Blattstiel seine endgültige, schräg nach oben 
gerichtete Lage früher an als bei Riparia und krümmt sich vorher 
auch nicht; dagegen gelangt die Blattspreite später als bei Riparia 


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C. Bericht der Bebenveredelungsstation Eibingen-Geisenheim. 


53 


in die definitive Lichtlage, nämlich erst während der letzten Periode 
ihrer Entfaltung. Im Bastard Riesling x Riparia dominiert dieses 
Merkmal der Europäerrebe ganz oder doch annähernd gänzlich, 
während Riparia als Unterlage für Riesling auch in dieser Hinsicht 
keine Abweichung von den selbständig gezogenen Individuen zeigt 

6. Farbe der aktionsfähigen Ranken: Die aktionsfähigen Ranken 
von Riparia sind intensiv rotbraun bis karminrot gefärbt, die von 
Riesling grün und die des Bastards beider gleich wie bei Riparia 
leuchtend rot Die Ranken von Riesling, der auf Riparia gepfropft 
ist, sind jedoch grün, zeigen also nicht das den Bastard charakte¬ 
risierende Merkmal. 

7. Tiefe des den Mittellappen des Blattes von den Seitenlappen 
trennenden Einschnittes im Verhältnis zum Blattdurchmesser: Die 
Blätter von Riparia sind fast stets in nur sehr geringem Grade ver¬ 
zweigt, während die von Riesling in der großen Mehrzahl der Fälle 
eine sehr ausgeprägte Gliederung in einen Mittel- und zwei Seiten¬ 
lappen erkennen lassen. Der Bastard beider besitzt gleich dem 
Riesling stark verzweigte Blätter; dagegen behalten die Schößlinge 
von Riparia, die als Unterlage für Riesling dient, die für selbständige, 
nicht kopulierte Ripariastöcke charakteristischen Blätter bei. 

8. Verhältnis der Länge zur Breite des Endzahns des mittleren 
Blattlappens: Die Mittellappen der Ripariablätter haben einen langen 
schlanken und die der Rieslingblätter einen kürzeren, aber breiteren 
und zudem nach außen stark konvex gekrümmten Endzahn. Die 
Form dieses Endzipfels der Blattmittellappen nimmt nun beim 
Bastard Riesling x Riparia eine Mittelstellung zwischen beiden 
Stammeitem ein. An den veredelten Rebstöcken jedoch behalten 
die Endzipfel sowohl der Unterlage wie des Pfröpflings stets die 
für die amerikanische, resp. europäische Rebart charakteristische 
Form bei. 

Aus diesen vergleichenden Untersuchungen ist also zu ersehen, 
daß es durch Pfropfen von Riesling auf Riparia nach keiner Rich¬ 
tung hin zu einer Mischung der typischen Anlagen der beiden 
Symbionten kommt, wie es doch der Fall sein müßte, falls durch 
das Pfropfen eine Bastardbildung erzielt würde. Hieraus erhellt, 
daß es Pfropfhybriden im Sinne der Fragestellung nicht gibt. Zu 
dem gleichen Resultate gelangt man auch durch vergleichende Be¬ 
obachtung des auf Vitis solonis gepfropften Vitis vinifera Riesling 
mit den betreffenden selbständigen, wurzelechten Rebstöcken und 
dem geschlechtlichen Bastard Riesling x Solonis. Auch hier wurden 
Richtung der Triebspitzen, Farbe der Ranken, Blattform und Gestalt 
der Blattzähne verglichen. 

Über Verkorknngserscheinongen an Querwunden bei Vitis- 

Arten. 

Bearbeitet von Dr. W. Yoss. 

Gelegentlich der Untersuchung der Veredelungsstelle ver¬ 
schiedener Vitis-Arten (Vitis vinifera Riesling, Vitis riparia, Vitis 


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54 II- Tätigkeit der Anstalt nach innen. 

rupestris) wurde folgender mikroskopischer Befund gemacht: An 
Querwunden einjähriger Achsen dieser Rebarten, wie sie bei der Ver¬ 
edelungsoperation herbeigeführt werden, traten neben den bereits 
bekannten Mitteln zur Bildung eines »Schutzholzes« auch Ver¬ 
korkungserscheinungen auf. Nach der Verwundung entsteht durch 
die beginnende Tätigkeit des Cambiums zwischen Bast und Holz 
ein Keil meristematischen Gewebes, dessen innerste, an das vor 
der Operation gebildete Holz stoßende Zellschichten ihren Mem¬ 
branen Suberinlamellen auflagern, und zwar tritt diese Verkorkung 
zuerst bei den Zellen, die unmittelbar an den Holzkörper der Achse 
stoßen, ein. Auf diese Weise entsteht in der Nähe der Wunde 
zwischen dem alten Holz und dem infolge der Verwundung ge¬ 
bildeten Gewebe ein geschlossener Korkcylinder. Das alte Holz 
wird außer Funktion gesetzt und seine noch lebenden Elemente 
sterben ab, nachdem in der der Wunde benachbarten Zone eben¬ 
falls ganz eigentümliche Verkorkungserscheinungen sich eingestellt 
haben. In den vom Operationsschnitt getroffenen Markstrahlpartien 
des Holzes lagern nämlich die Markstrahlzellen ihren Membranen 
Korklamellen auf, sodaß eine fast ohne Ausnahme lückenlose Schicht 
verkorkter Markstrahlzellen entsteht. Ebenso lagert von den an¬ 
geschnittenen, die Hauptmasse des Holzes bildenden Kammerfasern 
mindestens eine, häufig jedoch mehrere dieser Kammern ihrer 
Membran eine Suberinlamelle auf, wobei es allerdings nicht immer 
die der Schnittwunde zunächst liegenden unverletzten Zellen der 
Holzfasern sind, die der Verkorkung unterliegen. Die Lücke in der 
Korkschicht, welche das durch die Querwunde bloßgelegte Holz von 
der Außenwelt trennt, wird schließlich geschlossen, indem die in 
die Tracheen und Trachelden vorgestülpten Thyllen ebenfalls ver¬ 
korken. 


D. Bericht Uber Obstbau. 

Erstattet vom Königl. Obergärtoer E. Junge. 

1. Jahrestibersicht. 

Das Jahr 1904 hat uns eine sehr reiche Obsternte gebracht. 
Das Gesamtresultat derselben stellte sich wie folgt: 

Äpfel: gut. 

Birnen: sehr gut 
Kirschen: sehr gut. 

Pflaumen und Zwetschen: sehr gut. 

Aprikosen: sehr gut. 

Pfirsiche: sehr gut. 

Johannis- und Stachelbeeren: sehr gut. 
Himbeeren: mittelmäßig. 

Erdbeeren: sehr gut. 

Walnüsse: sehr gut. 


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D. Bericht über Obstbau. 1. Jahresübersicht. 


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Naßkaltes Wetter hielt die Blüte bei sämtlichen Obstarten sehr 
zurück, so daß nach plötzlichem Wechsel zu Anfang Mai eine 
Blütenpracht zur Entfaltung kam, wie solche nicht schöner gedacht 
werden kann. Die Blütedauer war eine sehr kurze und die Be¬ 
fruchtung ging schnell von statten. Frühzeitig setzten die bekannte 
hohe Wärme und Trockenheit ein, die im Rheingau bis in den Sep¬ 
tember hinein anhielten. Beide haben verschieden auf die Entwick¬ 
lung der Bäume sowie auf die Ausbildung der Früchte eingewirkt; 
im nachfolgenden sollen einige der bemerkenswertesten Beobach¬ 
tungen hierüber wiedergegeben werden. 

Im allgemeinen war der Schaden, den die große Hitze an¬ 
gerichtet hat, ein verhältnismäßig niedriger, denn den Bäumen fehlte 
es während des Sommers nicht an der nötigen Untergrundsfeuchtig¬ 
keit, da der verflossene Winter sehr viele Niederschläge gebracht 
hatte. Nur in der Baumschule kam durch die anhaltende Trocken¬ 
heit der Trieb bei sämtlichen Obstbäumen sehr früh zum Abschluß. 
Bei den Apfelhochstämmen ließen Wintergoldparmäne, Gravensteiner, 
Canada Renette und Landsberger Renette vorzeitig die Blätter fallen, 
was sicherlich in diesem Jahre bei diesen Sorten ein schwaches 
Wachstum zur Folge haben wird. Weniger nachteilig wirkte die 
Hitze auf die Schafsnase, den echten Winterstreifling, den Bohn- 
apfel und die Graue Herbst-Renette ein. Der Schöne von Boskoop, 
die Große Casseler Renette und Harberts Renette erwiesen sich am 
widerstandsfähigsten. 

Bei dem Beerenobst haben die Erdbeeren und Johannis¬ 
beeren die große Trockenheit am besten überstanden, während die 
Himbeeren und Stachelbeeren sehr darunter gelitten haben. Bei 
beiden Obstarten ist ein großer Teil der Früchte verbrannt und fiel 
sehr bald von den Sträucbern. Die mehr im Schatten hängenden 
Früchte blieben dagegen unversehrt: »eine Mahnung für den Obst¬ 
züchter, in mehr heißen und trockenen Lagen die Himbeeren nicht 
zu weit zu pflanzen, da bei einem dichteren Stande die Beschattung 
der einzelnen Triebe und Früchte eine größere ist. Da wir schon 
früher dieselbe Beobachtung gemacht haben, so wird in den hiesigen 
Anlagen als Reihenabstand nur 1,50 m bis 1,80 m gewählt. Auch 
die Sorte dürfte bezüglich ihrer Widerstandsfähigkeit gegen Trocken¬ 
heit eine Rolle spielen. Unter unseren Verhältnissen haben sich 
Homet und Fastolf bisher am besten bewährt. 

Um bei den Stachelbeeren und Johannisbeeren die Früchte der 
direkten Einwirkung der Sonne nicht zu sehr auszusetzen, geben 
wir der Strauchform den Vorzug. Von den Halbstämmen, besonders 
aber von den Hochstämmen sind im verflossenen Jahre nicht viele 
vollkommen ausgebildete Früchte geerntet, da dieselben der Sonne 
zu sehr ausgesetzt waren. Die fYiichte von den Strauchformen 
zeichneten sich auch durch besseren Wohlgeschmack aus, was auf 
die mehr langsame und gleichmäßige Ausbildung derselben zurück¬ 
zuführen sein dürfte. 

Die Ausbildung der Steinobstfrüchte war bei den Reine¬ 
clauden, Mirabellen, Zwetschen und Pflaumen im allgemeinen eine 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


recht gute; nur die Entwicklung der Aprikosen und Pfirsiche be¬ 
friedigte weniger. Der Fruchtansatz war bei beiden Obstarten zwar 
ein ganz enormer, doch blieben die Früchte zu klein und der Ge¬ 
schmack ließ sehr zu wünschen übrig. 



Fig. 17. Plan des Spaliergartens 

Die Aprikosen zeigten eine sehr ungleichmäßige Ausbildung; 
die Sonnenseite war bereits hochgelb und überreif, während sich 
die Schattenseite noch als vollkommen hart und grün erwies. Für 
die Konservierung waren die Früchte somit weniger gut geeignet, 
da das gleichmäßige Weichkochen große Schwierigkeiten bereitete. 


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D. Bericht über Obstbau. 1. Jahresübersicht. 57 


Die unangenehme Eigenschaft des Platzens der Aprikosenfrüchte, 
worüber in Jahren mit regnerischer Witterung des öfteren geklagt 
wird, zeigte sich auch in dem verflossenen Jahre in starkem Maße. 
Da die Monilia diese Früchte sofort befiel, war ein sorgfältiges 


Ausscheiden derselben nötig, wodurch die Einnahmen bedeutend ge¬ 
schmälert wurden. Die beschädigten Früchte wurden zu Marmelade 
verarbeitet. 

Die Pfirsiche haben unter der Hitze besonders an den 
Mauern sehr stark gelitten; nicht nur die Größe und der Geschmack 


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Kel. Lehranstalt zu Geisenheim. 





















































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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


ließen zu wünschen übrig, sondern ein großer Teil der Früchte, 
welche der Sonne direkt ausgesetzt waren, wiesen Brandflecken auf. 
Die niedrigen Preise, welche beim Pfirsichverkauf im Durchschnitt 
erzielt wurden, gaben am besten zu erkennen, daß die Qualität sehr 
zu wünschen übrig ließ. 

Bei den Äpfeln haben sich nachfolgende Sorten trotz der 
großen Hitze recht gut entwickelt: Schöner von Boskoop, Baumanns 
Renette, Große Casseler Renette, Canada Renette, Weißer Winter- 
Calvill, Weißer Klarapfel, Charlamowsky, Kaiser Alexander, Coxs 
Pomona, Minister von Hammerstein, Gelber Bellefleur, Gelber EdeU 
apfel, Späher des Nordens, Doppelter Holländer, Goldgelbe Renette, 
Osnabrücker Renette, Batullenapfel und Schmidtbergers rote Renette. 

Klein geblieben sind folgende Sorten: Champagner-Renette, 
Landsberger Renette, Muskat-Renette, Carmeliter-Renette, Neustadts 
gelber Pepping, Gravensteiner, Gelber Richard, Winter-Goldparmäne, 
Ananas-Renette, Weidners Gold-Renette, Rötliche Renette, Großer 
Bohnapfel, Sommer-Parmäne und Harberts-Renette. 

Bei den Birnen haben die Trockenheit gut vertragen: Clairgeaus 
B.-B., Baronin von Mello, Bosc’s Flaschenbirne, Madame Vert6, 
Hardenponts Winter-B.-B., Amanlis B.-B., Madame Treyve. Holz¬ 
farbige B.-B., Le Lectier, Forellenbirne, Winter-Dechantsbirne, 
Graue Herbst-B.-B., Feigenbirne von Alen^on, Grumkower B.-B., 
Dechantsbirne von Alen<;on und Geheimrat Dr. Thiel. 

Folgende Sorten haben sich unvollkommen entwickelt: Blumen¬ 
bachs B.-B., Gellerts B.-B., Regentin, Diels B.-B., Colomas Herbst- 
B.-B., Josephine von Mecheln, Andenken an den Kongreß, Birne 
von Tongres, Napoleons B.-B., Clapps Liebling, Herzogin von Angou- 
leme, Triumph von Jodoigne, Präsident Mas und Pastorenbirne. 

Diese Beobachtungen zeigen den Obstzüchtern, welche Apfel- 
und Bimensorten Trockenheit im Boden und in der Luft eher ver¬ 
tragen und bei welchen dies weniger der Fall ist. 

Daß die anhaltende große Hitze die Färbung bei einer An¬ 
zahl von Sorten günstig beeinflussen würde, war vorauszusehen. 
Ein besonders prächtiges Kolorit zeigten die Früchte der Vereins- 
Dechantsbirne, Forellenbirne, Clairgeaus B.-B., Madame Vertö; auch 
Baumanns Renette und Minister von Hammerstein traten hierdurch 
besonders hervor. Diese Sorten erregten auf der Düsseldorfer Obst¬ 
ausstellung durch die prächtige Farbe berechtigtes Aufsehen. 

Interessant war besonders die Beobachtung, wie die Hitze und 
Trockenheit den Geschmack bei einzelnen Birnensorten teilweise 
günstig, teilweise aber auch ungünstig beeinflußt haben. Während die 
Frühsorten im allgemeinen nichts zu wünschen übrig ließen, fielen 
eine Anzahl Herbst- und frühe Wintersorten bedeutend ab. Dies 
trat namentlich bei folgenden Sorten hervor: Gellerts B.-B., Graue 
Herbst-B.-B., Blumenbachs B.-B.. Colomas Herbst-B.-B., Napoleons 
B.-B. und Liegeis Winter-B.-B. Die spätreifenden Wintersorten, 
wie Edelcrassane, Winter-Dechantsbirne und Olivier de Serres da¬ 
gegen zeigten einen vorzüglichen Geschmack; ein Beweis dafür, daß 
diese edlen Sorten zur vollkommenen Ausbildung der Früchte viel 


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D. Bericht über Obstbau. 1. Jahresübersicht. 


59 


Wärme bedürfen. Geradezu hervorragend war die Ausbildung und 
der Geschmack von Madame Vertö. Wenn die Sorte auch noch 
unter weniger günstigen Verhältnissen befriedigende Resultate liefert, 
so lehrte doch das verflossene Jahr, daß auch sie nur in recht warmen 
Sommern ihre Früchte zur höchsten Vollkommenheit zu bringen 
vermag. 

Die Reife der Früchte wurde durch die große Hitze bedeutend 
beschleunigt. Wenn dies auch noch nicht bei den Sommersorten 
hervortrat, so war dies um so mehr bei den Herbst- und besonders 
bei den Wintersorten der Fall. Diels B.-B. z. B. war bereits Ende 
Oktober genußreif, Hardenponts Winter-B.-B. Anfang November; 
Olivier de Serres, Edelcrassane u. a. m. waren gegen Weihnachten 
nur noch in wenigen Exemplaren vertreten. Mancher Obstzüchter 
dürfte im verflossenen Jahre die unangenehme Beobachtung gemacht 
haben, daß er die Ernte vieler Sorten zu spät vorgenommen hat, 
da er als Richtschnur die Pflückzeiten der bisherigen Jahre benutzte. 
Die Früchte dieser Sorten werden infolgedessen, wenn sie nicht 
schon am Baume reiften, so doch auf dem Lager sehr schnell über¬ 
gegangen sein. Diese Erfahrungen lehren somit, wie wichtig es ist, 
in den einzelnen Jahren unter Berücksichtigung der Witterungs¬ 
verhältnisse die richtige Pflückzeit bei den verschiedenen Sorten 
abzupassen, um derartigen Übelständen rechtzeitig vorzubeugen. 

Wenn auch die Früchte auf dem Lager nicht sehr lange hielten, 
so trat die unangenehme Eigenschaft des Stippigwerdens und des 
Welkens weniger wie bisher zu Tage. Die trockene Witterung 
scheint nach dieser Richtung hin die Ausbildung der Früchte günstig 
beeinflußt zu haben. 

Trotz des reichen Obstsegens, der überall zu verzeichnen war, 
hat der Obstabsatz im allgemeinen keine Schwierigkeiten bereitet. 
Gutes Tafelobst in bester Sortierung und Verpackung, das 
lehrte der vorjährige Obstversand, findet immer lohnenden Ab¬ 
satz. Auch im verflossenen Jahre wurden für den Zentner Tafel- 
bimen I. Qualität 30 M. bezahlt. Schwierigkeiten bereitet nur der 
lohnende Absatz der großen Masse von Herbstobst, besonders bei 
den Birnen. Dies trat um so mehr hervor, als durch die be¬ 
schleunigte Reife sämtlicher Sorten das Angebot auf einmal weit 
über der Nachfrage stand. Es ist dies eine Mahnung für den Obst¬ 
züchter, mit dem Anbau der Herbstsorten besonders bei den Birnen 
etwas mehr zurückzuhalten. Auch bei dem Steinobst stellte es sich 
heraus, daß nur für bestimmte Sorten, welche von den Konserven¬ 
fabriken in größeren Mengen für die Konservierung benötigt werden, 
wie Große grüne Reineclaude, Mirabelle von Nancy, Mirabelle von 
Metz und Italienische Zwetsche, in solchen obstreichen Jahren an¬ 
nehmbare Preise bezahlt werden. Bei dem Absatz grüßei’or Mengen 
von minderwertigen Pflaumensorten stößt man im Handel auf 
Schwierigkeiten. Die erzielten Preise für das Steinobst können 
immerhin als recht gute bezeichnet werden. Für Aprikosen I. Qualität 
wurden pro Zentner IS bis 20 H., für Reineclauden, Mirabellen uud 
Italienische Zwetschen 10 M. bezahlt. Eine große Menge gering- 


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60 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


wertiger Früchte fand für die Obstbranntweinbereitung sowie für 
die Herstellung von Mus und Marmelade Verwendung. 

2. Rückblick auf die bisherige Entwicklung des Spaliergartens. 

Der Spaliergarten der Anstalt wurde im Jahre 1884 in einer 
Größe von 25,5 a mit einem Kostenaufwande von rund 10 000 M. 
angelegt. 

Da die Ansichten über die Rentabilität von Spalierobstanlagen 
zur Zeit sehr geteilte sind, so dürfte eine Darstellung der bisher 
in dieser Anlage erzielten Resultate von allgemeinem Interesse sein. 
Wir können die vorhandenen Pflanzungen in diese Betrachtungen 
mit um so größerem Rechte hineinziehen, weil auf Veranlassung des 
früheren Direktors der Anstalt, Landesökonoraierat Goethe, Jahr 
für Jahr genaue Aufzeichnungen über die Einnahmen und Aus¬ 
gaben, sowie über die Tragbarkeit der einzelnen Sorten gemacht 
wurden. Die Aufzeichnungen der ersten Jahre wurden dem früheren 
Anstaltsgärtner Rebholz übertragen; nach dessen Fortgang sind die¬ 
selben von dem Anstaltsgärtner Bau mann fortgesetzt. Das gesamte 
Zahlenmaterial ist den nachfolgenden Ausführungen zu Grunde gelegt 
Zur allgemeinen Orientierung sei zunächst an der Hand des 
Planes auf Seite 56 und 57 die Art der Einteilung und Bepflanzung 
der Fläche kurz erläutert. 

Die Nord-, West- und Ostseite ist von Mauern von 3 m Höhe 
eingeschlossen und die Fläche ist durch zwei Zwischenmauern 
(zwischen C und D sowie zwischen P und Q) in 3 gesonderte 
Quartiere eingeteilt. Auf Quartier 1 (Q bis Y) befinden sich Formen 
an einfachen Spaliergestellen, auf Quartier 2 (von D bis P) solche 
an Doppelspalieren, während auf Quartier 3 (von A bis C) vor¬ 
wiegend freistehende Formen (Spindeln und Pyramiden) angepflanzt 
sind. Sämtliche Beete, durch Wege von einander getrennt, sind mit 
wagerechten Kordons eingefaßt. Die Bepflanzung ist zur Zeit 
folgende: 

A. 17 Verrier-Palmetten: Winter-Dechantsbirne. 

B. 20 „ „ : Herzogin v. Angouleme und Gellerts B.-B. 

9 Spiralkordons: Rote Dechantsbirne. 

Hauptquartier B. 30 Spindeln, 5 Pyramiden und 8 Kesselbäume in verschiedenen 
Sorten. 

C. 17 Verrier-Palmetten: Hoizfarbige B.-B. und Hochfeine B.-B. 

D. 21 „ „ : Flau Luise Goethe. 

E. 87 senkrechte Kordons: Napoleons B.-B. 

F. 50 einfache Uformen: Dr. Jules Guyot. 

G. 25 doppelte U formen: Andenken an Leroux. 

H. 17 Verrier-Palmetten: Esperens Bergamotte. 

J. 13 „ ,, : Dechantsbirne v. Alenyon. 

K. 10 „ „ : Gellerts B.-B. 

L. 17 „ „ : Colomas Herbst-B.-B. und Josephine v. Hecheln. 

M. 25 doppelte U formen: Andenken an den Kongreß. 

N. 50 einfache U formen: Clairgeaus B.-B. 

O. 90 senkrechte Kordons: Clapps Liebling. 

P. 14 Verrier-Palmetten: Vereins-Dechantsbirne und Diels B.-B. 

Q. 13 „ „ : Frau Luise Goethe. 

R. ö „ ,, : Amanlis B.-B. 


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D. Boricht über Obstbau. 2. Rückblick auf die bisherige Entwicklung usw. 61 


S. 90 senkrechte Kordons: Weißer Winter-Calvill. 

T. 78 schräge Kordons: Williams Christenbime. 

U. 13 Verlier-Palmetten: Blumenbachs B.-B. 

V. 29 belgische Kordons: Hardenponts Winter-B.-B. 

10 Verrier-Palmetten: Schwester Gregoire. 

W. 60 Schlangen-Kordons: Regentin und Esperens Bergamotte. 

X. 6 Verrier-Palmetten: Diels B.-B. 

Y. 45 eiufache U formen: Edelkrassane und Frau Luise Goethe. 

Z. 16 Pfirsich-Palmetten in 8 Sorten. 

Als doppelarmige wagerechte Kordons zur Einfassung der Rabatten wurden 
11 Apfel- und 21 Birnensorten verwendet 

Die Reichhaltigkeit iu den Sorten und Formen gibt am besten 
den Hauptzweck der Anlage: als Unterrichtsmaterial zu dienen, 
zu erkennen. Wäre die Anlage ausschließlich zu Erwerbszwecken 
angelegt, so wäre von vornherein die Zahl der Sorten und Formen 
um ein Bedeutendes eingeschränkt. Das Vorhandensein einer größeren 
Zahl von Sorten und Formen gab jedoch die beste Gelegenheit, 
zahlenmäßig Vergleiche über die Brauchbarkeit und Einträglichkeit 
derjenigen Sorten anzustellen, die noch heutigentags allgemein als 
für die Spalierzucht geeignet empfohlen werden. Die nachfolgenden 
Tabellen, bei deren Aufstellung mir der frühere Gartenbau-Eleve 
Fuess behilflich war, geben deutlich zu erkennen, daß nicht jede 
Sorte den Empfehlungen entspricht; ja daß manche derselben, wenn 
es sich um die Rentabilitätsfrage handelt, aus der Reihe der emp¬ 
fehlenswerten Sorten ausgeschaltet werden muß. 

Die nachfolgende Zusammenstellung gibt zunächst eine Über¬ 
sicht über die Gesamt-Einnahmen und -Ausgaben seit der Anlage 
des Spaliergartens bis zum Jahre 1903. 


Einnahmen 

Ausgaben 

Jahr 

Mark 

l 1>f ' 

Jahr 

Mark 

Pf. 



1 


Für die 3 ] 


1885 

15 

— 

1885 

ersten Jahre 


1886 

22 

— 

1886 

fehlen die 


1887 

19 

— 

1887 

Angaben 


1888 

194 

— 

1888 

325 

— 

18S9 

95 

— 

1889 

377 

35 

1890 

| 131 

— 

1890 

240 

— 

1891 

1 559 

— 

1891 

282 

— 

1892 

1 563 

— 

1892 

324 

— 

1893 

512 

— 

1893 

| 472 

— 

1894 

| 1312 

— 

1894 

! 337 

— 

1895 

, 860 

— 

1895 

373 

— 

1896 

! 839 

— 

1896 

! 419 


1897 

1566 

-- 

1897 

367 


1898 

928 

— 

1898 

404 


1899 

908 

— 

1899 

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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



62 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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Diese Zahlen geben zu erkennen, daß die jährlichen Einnahmen 
von 1885—1890, also in den ersten 6 Jahren, kaum in Betracht 
kommen, und daß dieselben von 1891—1903, wenn auch ständig 
steigend, großen Schwankungen unterworfen waren. Diese Schwan¬ 
kungen sind durch den verschiedenen Ausfall der Obsternten in 
den einzelnen Jahren bedingt . 

Der Durchschnittsertrag pro Jahr beläuft sich im ersten Jahr¬ 
zehnt auf 211,00 M., im zweiten Jahrzehnt auf 1075,00 M. und im 
Durchschnitt der beiden Jahrzehnte auf 643,00 M. 

Ein Vergleich der Einnahmen mit den Ausgaben, welch’ 
letztere sich jährlich auf ziemlich gleicher Höhe gehalten haben, 
kann aus dem Grunde nicht angestellt werden, weil die Anlage zu 
Zwecken des Unterrichtes, nicht aber als Erwerbsobst¬ 
anlage geschaffen wurde. Bei einer Rentabilitätsberechnung, 
unter Berücksichtigung der Verzinsung des Anlagekapitales, würde 
das Resultat wenig befriedigen. Es sei jedoch betont, daß schon 
aus dieser Zusammenstellung für den Obstzüchter von Beruf die 
wichtige Lehre gezogen werden kann, daß gründliche Vorkenntnisse 
und praktische Erfahrungen bedingend sind für den Erfolg und für 
die Rentabilität einer Anlage. Jeder Anbauversuch von Sorten in 
größeren Mengen, jedes Experimentieren mit denselben setzt die 
Rentabilität des Unternehmens von vornherein um ein Bedeutendes 
herab. 

Den größten Einfluß auf die Rentabilität übt die Wahl der 
Sorten aus, wie dies aus den nachfolgenden Tabellen klar hervor¬ 
geht. Bei der Aufstellung dieser Tabellen konnten nicht sämtliche 
vorhandenen Sorten berücksichtigt werden, da im Laufe der Zeit 
solche, die sich als unbrauchbar erwiesen, durch bessere ersetzt 
wurden. Es sind die wichtigsten Sorten herausgegriffen, die in 
besonders auffälliger Weise die Bedeutung einer wohlüberlegten 
Sortenwahl zu erkennen geben. 

Die erste Tabelle auf Seite 63 gibt das Verhalten verschiedener 
Birnensorteu bezüglich ihrer Tragbarkeit am Spalier wieder, während 
die zweite Tabelle auf Seite 64 die Tragbarkeit verschiedener 
Apfel- und Birnensorten, am wagerechten Kordon gezogen, zu er¬ 
kennen gibt. 

Das verschiedene Verhalten der Sorten bezüglich ihrer Trag¬ 
barkeit am Spalier, dürfte aus der graphischen Darstellung auf 
Tafel II noch deutlicher hervorgehen, die zur Vervollständigung des 
Bildes dienen soll. Von der graphischen Darstellung des Ertrages 
der einzelnen Sorten am wagerechten Kordon ist mit Rücksicht auf 
den beschränkten Raum Abstand genommen. 


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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



Ertrag von 15 Blrnsorten in den Jahren 1884—1903. *) 

Berechnet auf 50 qm jetzt bekleidete Wandfläche in Mark und Pfennig. 

Dio Jahre 1884—1887 sind ausgeschaltet, da kein nennenswerter Ertrag zu verzeichnen war. 


L. Bericht über Obstbau. 2. Rückblick auf die bisherige Entwicklung usw. ( 53 . 


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) Der Ertrag ist graphisch auf Tafel I dargestellt. 




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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 



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Ertrag von 17 Kernobstsorten, an wagerechten Kordons gezogen, in den Jahren 1884—1903. 

Berechnet auf 50 m laufende Armlänge in Mark und Pfennig. 


















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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen, 


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Ertrag ron 17 Kernobstsorten, an wagerechten Kordons gezogen, in den Jahren 1884—1903. 

Berechnet auf 50 m laufende Armlänge in Mark und Pfennig. 
















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Tofrl III. 


Graphische Darstellung 
der Durchschnittserträge einzelner 
Birnensorten. 


Durchschnitt des 1. Jahrzehnt. 

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Berechnet für 1 Jahr u. 1 qm. 



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D. Bericht über Obstbau. 2. Rückblick auf die bisherige Entwicklung usw. 65 


Noch deutlicher tritt der Unterschied zwischen den verschie¬ 
denen Sorten zu Tage, wenn der .Durchschnittsertrag derselben, für 
1 Jahr und 1 qm Wandfläche berechnet, vergleichsweise zusammen¬ 
gestellt wird. Diese Zusammenstellung ergibt bei den Birnonsorten 
am Spalier folgendes Bild: 


Durchschnittsertrag pro Jahr und 1 qm 
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der beiden 
Jahrzehnte 

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7 

2. Josephine von Hecheln . . . 

— 

02 

— 

28 

— 

15 

3. Colomas Herbst-B.-B. . . . 

— 

— 

— 

30 

— 

18 

4. Andenken an den Kongreß . . 

— 

03 

— 

33 

— 

18 

5. Regentin. 

— 

12 

— 

32 

— 

22 

6. Hochfeine B.-B. 

— 

— 

— 

48 

— 

24 

7. Gellerts B.-B. .. 

— 

02 

— 

48 

— 

25 

8. Napoleons B.-B. 

— 

14 

— 

37 

— 

26 

9. Clairgeaus B.-B. 


07 

— 

51 

— 

29 

10. Hardeoponts Winter-B.-B. . . 

— 

14 

— 

69 

— 

42 

11. Clapps Liebling. 


12 ; 

— 

71 

— 

42 

12. Diels B.-B. 

— 

16 

— 

i 75 

— 

46 

13. Williams Christenbirne . . . 

— 

18 

— 

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— 

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14. Amanlis B.-B. 

— 

1 10 

— 

1 97 

— 

1 54 

15. Holzfarbige B.-B. 

— 

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Dieser Durchschnittsertrag der Birnensorten ist graphisch auf 
Tafel in dargestellt. 

Es sei zu dieser Zusammenstellung noch bemerkt, daß die 
Zahlen auf 1 qm der überhaupt zur Verfügung stehenden Wand¬ 
fläche berechnet sind. Sofern Aufzeichnungen über den jährlichen 
Zuwachs bei den einzelnen Sorten und Formen gemacht worden 
wären, so wäre die Zusammenstellung noch instruktiver geworden; 
dieselbe hätte alsdann ein noch deutlicheres Bild über die wirklichen 
Erträge der einzelnen Sorten pro Quadratmeter bekleidete Wand¬ 
fläche gegeben. 

Obige Zahlen geben über die nachfolgenden Fragen guten Auf¬ 
schluß. 

1. Wann setzt bei den einzelnen Sorten die Tragbar¬ 
keit ein? 

Wenn die Formbäume mit dem Ertrage auch früher einsetzen, 
wie die Hochstämme, so geht doch aus den Tabellen hervor, daß 
im 1. Jahrzehnt im Durchschnitt noch nicht mit großen Erträgen 
gerechnet werden darf. Dies trifft sowohl für Spaliere als auch für 
wagerechte Kordons-zu. Einzelne Sorten fallen direkt durch den 
verspäteten Eintritt der Tragbarkeit auf, so am Spalier: 
Vereins-Dechantsbime, Colomas Herbst-B.-B. und Hochfeine B.-B., 
die in den ersten 10 Jahren überhaupt nichts einbrachten. Am 
wagerechten Kordon lieferten erst sehr spät Erträge: Canada- 

Goisonheimer Bericht 1001. '•> 


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66 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


Renette und Kaiser Alexander; von Birnen: Madame Vert6, Gellerts 
B.-B. und Andenken an den Kongreß. 

Demgegenüber zeichnen sich einzelne Sorten wieder durch 
frühe Fruchtbarkeit aus; so bei den Spalieren: Clapps Liebling, 
Williams Christenbirne, Kapoleons B.-B., Hardenponts Winter-B.-B., 
Diels B.-B. Am wagerechten Kordon trugen im allgemeinen die 
Biruensorten frühzeitiger als die Äpfel. Bei den ersteren treten be¬ 
sonders hervor: Blumenbachs B.-B., Giffards B.-B., Clairgeaus B.-B., 
Williams Christenbirne; bei den Äpfeln: Landsberger Renette, 
Baumanns Renette und Charlaraowsky. Ganz besonders verdient 
die frühe Tragbarkeit des »Minister v. Hammerstein« hervorgehoben 
zu werden, der im Jahre 1895 auf eine andere Sorte gepfropft, bereits 
im nächstfolgenden Jahre Erträge brachte. 

2. Wie verhalten sich die Sorten zueinander bezüg¬ 
lich der Regelmäßigkeit im Tragen? 

Ein sehr instruktives Bild geben hierfür die graphischen Dar¬ 
stellungen auf Tafel II und III. 

Am Spalier trugen sehr regelmäßig: Clairgeaus B.-B., 
Amanlis B.-B., Clapps Liebling, Williams Christenbirne, Hardenponts 
Winter-B.-B. und Holzfarbige B.-B. Bei der letzteren fällt besonders 
das plötzliche Einsetzen mit großen Erträgen im 2. Jahrzehnt auf. 

Am Spalier trugen sehr unregelmäßig: Regentin, Colomas 
Herbst-B.-B., Napoleons B.-B. und Josephine v. Mecheln. 

Am wagerechten Kordon trugen regelmäßig von Birnen: 
Giffards B.-B., Blumenbachs B.-B., Clairgeaus B.-B. und Williams 
Christenbirne. Von Äpfeln zeichneten sich vor allem Minister von 
Hammerstein, Charlamowsky, Baumanns Renette und Landsberger 
Renette aus. 

Am wagerechten Kordon trugen unregelmäßig von 
Birnen: Gellerts B.-B., Madame Vertö und Andenken an den 
Kongreß. 

3. Welche Sorten können insgesamt als rentabel und 
welche als unrentabel bezeichnet werden? 

Diese Frage wird für den praktischen Obstbau die bedeutsamste 
sein. Auch hierüber geben sowohl die Zahlen als die graphischen 
Darstellungen sicheren Aufschluß. 

Betrachten wir uns zunächst die am Spalier gezogenen Birnen¬ 
sorten, so zeigt die Tabelle auf Seite 63, wie dieselben ihrer Ein¬ 
träglichkeit nach aufeinander folgen. Die großen Differenzen von 
70 M. bis 583 M. sprechen deutlich und eindringlich genug von der 
Wichtigkeit der Sortenwahl. Manche unserer edelsten Birnsorten, 
wie Vereins-Dechantsbirne, Josephine von Mecheln, Colomas Herbst- 
B.-B., Andenken an den Kongreß, Regentin und Hochfeine B.-B. 
werden den Erwartungen des Obstzüchters bezüglich Rentabilität 
durchaus nicht entsprechen und sie können nur für den Liebhaber 
in Betracht kommen, der nicht auf den Ertrag, sondern nur auf die 
Güte der Frucht sieht. 

Auch bei den wagerechten Kordons tritt das verschiedene Ver¬ 
halten der Sorten bezüglich ihrer Rentabilität durch die Zahlen der 


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D. Bericht über Obstbau. 3. Urteile über den Wert des Apfels usw. (>7 

Tabelle auf S. 64 deutlich hervor. Bei den Äpfeln sind, auf die¬ 
selbe Länge von 50 lfd. Meter berechnet, Differenzen von 18 bis 
121 M, und bei den Birnen von 50 bis 192 M zu verzeichnen. Im 
allgemeinen kann bei den wagerechten Kordons nur bei sehr wenigen 
Sorten von einer reichen Tragbarkeit die Rede sein, was für die 
Praxis nicht genug beachtet werden kann. 

Die Resultate dieser genauen Beobachtungen und Aufzeichnungen 
geben uns für das weitere Vorgehen äußerst wertvolle Winke. Bei 
den im Jahre 1905 beginnenden bedeutenden Erweiterungen der 
Obstkulturen der Anstalt — es handelt sich um 20 Morgen —, 
werden die Ergebnisse in weitgehendstem Maße berücksichtigt werden 
und die einträglichsten Sorten erhalten eine dominierende Stellung. 

Die Zahl der für unsere Verhältnisse wirklich einträglichen 
Sorten für Formbaumzucht ist mit den oben angeführten noch nicht 
abgeschlossen, denn es sind nur die im Spaliergarten vorhandenen 
in die Betrachtungen hineingezogen. Auch die freistehenden Formen 
wie Pyramide, Spindel und Buschbaum konnten nicht berücksichtigt 
werden, da hierüber noch nicht genügend Zahlenmaterial vorliegt. 
Doch sei hierzu bemerkt, daß die Sorten, welche am Kordon und 
Spalier sich als dankbare Träger erwiesen haben, nach unseren Be¬ 
obachtungen auch in anderen Formen diese gewünschte gute Eigen¬ 
schaft aufweisen. 

Auf Grund der Ergebnisse müssen wir jedem Obstzüchter bei 
der Anlage einer Erwerbsobstpflanzung dringend zur Vorsicht raten. 
Nicht die Wahl der Form, sondern die Sortenwahl in Ver¬ 
bindung mit der geeigneten Unterlage ist in erster Linie 
ausschlaggebend für die Rentabilität der Kultur. Un¬ 
sichere und faule Träger lasseu sich selbst durch den 
besten Schnitt und die beste Düngung nicht zur besseren 
Tragbarkeit zwingen. In dieser Hinsicht ist dem Schnitte 
der Spalierbäume bisher zu große Bedeutung beigemessen. 

Es wäre auch nicht richtig, sämtliche für unsere Verhältnisse 
erprobten Sorten als für andere Lagen ebenso geeignet zu empfehlen. 
Von einer unserer dankbarsten Sorten, der Holzfarbigen B.-B., die 
schon auf vielen Ausstellungen berechtigtes Aufsehen wegen ihrer 
prachtvollen Ausbildung erregt hat, wollen sehr viele Obstzüchter 
nichts wissen, da sie an anderen Orten Fehler der verschiedensten 
Art aufweist. Es ist deshalb nötig, sich an die Erfahrungen zu 
halten, die bisher an Ort mit den verschiedenen Sorten gemacht 
sind. Wo Zahlenmaterial gesammelt ist, wird dieses in der¬ 
selben Weise dem Obstzüchter wertvolle Dienste für sein 
weiteres Vorgehen leisten, wie das hier vorliegende für 
unsere eigenen Obstkulturen. 

3. Urteile über den Wert des Apfels „Minister von Hammer- 
stein“ sowie der Birne „Frau Luise Goethe“. 

Diese beiden an der Anstalt gezüchteten Obstneuheiten sind 
zum ersten Male in dem Jahresberichte 1896 beschrieben. In Fach- 

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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


Zeitschriften wurden beide Obstsorten bisher nur selten erwähnt 
und die Urteile lauteten auch sehr verschieden. Um nun zunächst 
Gewißheit über den Wert und die Güte der in den Anstalts¬ 
gärten gezogenen Früchte zu bekommen, wurden von jeder Sorte 
einige derselben an maßgebende Fachleute mit der Bitte um ein 
Urteil übermittelt. Die beachtenswertesten Angaben hierüber sollen 
an dieser Stelle hervorgehoben werden. 


Über den Apfel „Minister von Hammerstein“ liegen folgende 
Urteile vor: 

Echtermeyer, Königl. Gartenbaudirektor in Dahlem. 
Die Sorte ist hier angepflanzt und hat bereits getragen. Famose 
Frucht, welche Beachtung verdient. Schöner in Form und Farbe 
als die Landsberger Renette; im Geschmack steht sie aber dieser 
letzteren Sorte nach. Die Landsberger Renette hat sich hier aro¬ 
matischer erwiesen. 

C. Mathieu, Königl. Gartenbaudirektor in Charlotten¬ 
burg. Ich erhielt Reiser seiner Zeit zum Aufsetzen auf einen 
Probebaum, welcher jährlich zahlreiche und schöne Früchte trug. 
Beim Essen habe ich jedoch keinen wesentlichen Unterschied 
zwischen dem „Minister von Hammerstein“ und der „Landsberger 
Renette“ gefunden, was auch für den Wuchs und die Tragbarkeit 
zutrifft. 

J. Müller, Vorsteher des Provinzial - Obstgartens in 
Diemitz. Da ich am 12. Dezember schon bessere Früchte gehabt 
habe, scheint die Glanzperiode bereits vorüber zu sein. Die Früchte, 
welche ich damals von Bestehorn-Bebitz erhielt, hatten weit mehr 
Aroma, als die „Geisenheimer“. Immerhin waren auch die letzteren 
noch sehr fein; die besonnten Früchte mehr als die grünen Exem¬ 
plare. Die Züchtung als solche ist jedenfalls eine vorzügliche; das 
zarte Fleisch ähnelt dem weißen Winter-Calvill sehr. Schade, daß 
die Frucht neben der Empfindlichkeit in der Schale kein feineres 
Kleid besitzt. Der Apfel ist unansehnlich für die heutige Geschmacks¬ 
richtung des kaufenden Publikums; ich schätze den Adersleber 
Calvill entschieden höher. 

Schmitz-Hübsch, Obstzüchterei in Merten b. Bonn. 
„Minister von Hammerstein“ ist außerordentlich saftreich, wie ich 
es in diesem Maße noch bei keiner anderen Sorte fand. Die Frucht 
hat ein merkwürdiges, an eine Ananas erinnerndes Gewürz. Man¬ 
chem wird gerade dieser Geschmack sehr sympathisch sein; ich 
selbst finde ihn zu fad süßlich. Der Frucht fehlt wohl etwas die 
Säure, was ich in früheren Jahren nicht so sehr bemerkte. Die 
hier in Merten gezogenen Früchte hatten ein schwach lachsrotes 
Fleisch, dasjenige der übersandten Früchte war mehr gelblich. Es 
scheint mir, daß diese Sorte viel Wärme verlangt, um das Aroma 
ganz entfalten zu können. Überhaupt macht diese edle Sorte hier 
etwa dieselben Ansprüche in der Kultur, wie der weiße Winter- 
Calvill, wenn sie auch noch nicht ganz so stark unter Pilzbefall 


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D. Bericht über Obstbau. 3. Urteile über den Wert des Apfels usw. 69 

und Ungeziefer litt. Für den Verkauf im großen dürfte sich die 
Neuheit kaum eignen, da ein großer Teil der beschatteten Früchte 
zu grün bleibt. 

H. Töbelmann in Berlin. Die ansehnliche Größe der Frucht, 
die wachsgelbliche Farbe mit ganz feiner Röte an der Lichtseite, 
die feinen Rippen am Kelch, die an den weißen Winter-Calvill 
erinnern, zeigen, daß der Apfel sich für Markt und Tafel vorzüglich 
eignet Dies um so mehr, da das feine, süßsäuerliche Fleisch an¬ 
genehm und hinreichend gewürzt, mürbe und von einer ganz 
außerordentlichen Saftfülle ist. Die Frucht hat sich ohne zu 
welken, bis Anfangs Februar ganz frisch erhalten. Wenn Wuchs 
und Tragbarkeit des Baumes der Güte und Schönheit der Frucht 
entsprechen, so gehört nach meiner Ansicht diese Neuzüchtung zu 
den besten der letzten zehn Jahre. 

B. Zorn, Obstkulturen in Hofheim a. T. Obwohl diese 
Sorte äußerlich unscheinbar und einem recht gewöhnlichen Sauer- 
apfel mit gelblich grüner Schale gleicht, so wird man beim Durch¬ 
schneiden der Frucht durch den herausquellenden Saft und das 
gelbliche, edle Fleisch angenehm überrascht. Ich kenne in der Tat 
keinen Apfel, der diese Saftfülle hat. Der Geschmack ist ganz vor¬ 
züglich, das Gewürz etwas an den weißen Rosmarin erinnernd 
(kalmusartig). Die Frucht hat das feine, zarte, mürbe Fleisch des 
weißen Winter-Calvills, ist aber viel saftreicher als diese edle 
Apfelsorte. Wir wollen hoffen, daß der Baum genügend wider¬ 
standsfähig und gesund ist, dann dürfte diese Sorte in keinem 
besseren Obstgarten fehlen. Ich möchte dann wünschen: »Fort mit 
dem weißen Winter-Calvill, dessen Kultur soviel Schwierigkeiten 
und Enttäuschungen bereitet, denn wir haben jetzt eine deutsche 
Frucht, die ihm im Geschmack ebenbürtig ist und ihn an Saftfülle 
übertrifft«! 

Böttner, Chefredakteur in Frankfurt a. 0. Zwischen dem 
»Minister von Haramerstein« aus den dortigen Anlagen und den 
hier gewachsenen scheint ein ziemlicher Unterschied zu Gunsten 
der ersteren zu sein, denn sie sind noch feiner gewürzt Die 
Früchte waren auch schön gelb und dürften wohl vom Spalier 
stammen. Man darf wohl im allgemeinen damit rechnen, daß die 
Farbe sich mit zunehmender Reife bessert und die Frucht markt¬ 
fähig wird. 

Die Urteile über die Birnsorte „Frau Luise Goethe“ lauten 
folgendermaßen: 

C. Mathieu, Königl. Gartenbaudirektor in Charlotten¬ 
burg. Die Birnen fanden bezüglich des Geschmackes allgemeine 
Anerkennung, nur könnte die Haut ein wenig feiner sein; man 
klagte, daß zu viel weggeschnitten werden müßte. Sonst war jeder 
über diese Frucht, welche am 24. Januar geprüft wurde, des Lobes 
voll. Ob die Sorte in der hiesigen Gegend die gleiche Güte erlangen 
wird, bezweifle ich; mindestens müßte sie wohl hier an warmer 
Wand in nahrhaftem Boden gezüchtet werden. 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


J. Müller, Vorsteher des Provinzialobstgartens in Die¬ 
mitz. »Frau Luise Goethe« sah ich zum ersten Male und bin ich 
ganz erstaunt über die Größe, die diese Frucht erlangt. Um die 
jetzige Zeit noch derartige Tafelbimen auftischen zu können, ver¬ 
bürgt schon den "Wert der Sorte, auch wenn der Geschmack weniger 
gut wäre. Auffallend war das Vorhandensein sehr starker Steine 
direkt unter der Schale, namentlich bei der größten Frucht; das 
hindert aber nicht, die Frucht als eine feine Wintertafelbirne zu 
bezeichnen, die den Namen »Winter« mit Recht verdient. Das 
Fleisch ist im übrigen sehr zart und schmelzend, vollsaftig und 
auch von angenehmem Aroma, wenn man nicht gerade Olivier de 
Serres daneben ißt. Wenn sie sich hinsichtlich der Ansprüche an 
Boden und Klima erst anderwärts bewährt hat, verdient sie als 
Winterbirne weiteste Verbreitung. 

Schmitz-Hübsch, Obstkulturen in Merten b. Bonn. Die 
eingesandten 2 Exemplare von »Frau Luise Goethe« wogen 490 
und 550 g, eine seltene Größe für eine so edle, spätreifende Birne. 
Die Früchte waren vollständig schmelzend, hatten sehr feines, weißes 
Fleisch, welches sehr saftreich und erfrischend war. Wir waren 
überrascht von dem Wohlgeschmack und von dem, durch eine an¬ 
genehme Säure gehobenen Gewürz. Da ich diese Sorte nur als 
östliche Wandspaliere und als jüngere Exemplare in der Baum¬ 
schule besitze, habe ich noch kein Urteil darüber, ob sie fusikladiura- 
frei ist und ob sie im Freien völlig ausreift. Wenn dies der Fall 
wäre und auch die Tragbarkeit nichts zu wünschen übrig läßt, so 
haben wir eine Sorte vor uns, die eine große Zukunft haben wird 
und zu der man dem glücklichen Züchter gratulieren kann. 

H. Töbelmann in Berlin. Die dunkelgrüne, in der Reife 
fast ganz mit bräunlichgelbem Rost überzogene Frucht ist ganz 
schmelzend, süß weinig, saftig und zimtartig so stark gewürzt, 
wie nur unsere besseren Herbst- und Winterbirnen, also allererster 
Qualität. Wenn Wuchs und Tragbarkeit des Baumes den An¬ 
sprüchen genügen, so ist diese Neuzüchtung eine der wertvollsten, 
die seit langer Zeit gemacht sind, selbst wenn sie nur in warmen 
Lagen, wie am Rhein oder in Norddeutschland am geschützten 
Südspalier ihre herrlichen Früchte zu voller Reife bringt. Am 
1. Februar war die Birne nicht gewelkt, ganz frisch, vollsaftig und 
sehr delikat. 

R. Zorn, Obstkulturen in Hofheim a. T. »Frau Luise Goethe« 
ist eine große, bergamottenförmige, zuweilen an bauchig bimförmige 
Diels Butterbirne erinnernde Winterbime von edlem Aussehen. Das 
Fleisch ist gelblich, in richtiger Reife überfließend von Saft, fein 
schmelzend, der Esperens Bergamotte im Geschmack ähnlich. Das 
Kernhaus ist klein und beim Essen wenig bemerkbar. Diese neue 
Sorte wird eine unserer wertvollsten Winter-Tafelbirnen besonders 
für Spalierzucht an Wänden werden und ist ein guter Ersatz für 
die etwas kleine Esperens Bergamotte und Olivier de Serres. 

Böttner, Chefredakteur in Frankfurt a. 0. Frau Luise 
Goethe ist recht gut im Geschmack, war allerdings ziemlich stein- 


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D. Bericht über Obstbau. 4. Zur Taxation von Obstbäumeu. 


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reich unter der Haut, was wenig zu Gunsten des Anbaues in un¬ 
günstigeren Lagen spricht 


Soweit die Urteile, für welche den Herren Berichterstattern 
auch an dieser Stelle Dank ausgesprochen sein möge. Es ist selbst¬ 
verständlich, daß die Ansichten über den Geschmack der Früchte 
bei den einzelnen Herren, die ohne jede Beeinflussung das Urteil 
nach ihrem eigenen Empfinden abgegeben haben, nicht überein- 
stimraen können. Wir legen aber Wert darauf, die Urteile über 
die von der Anstalt herausgegebenen Neuheiten von verschiedenen 
Seiten zu erhalten, denn nur auf diese Weise ist es möglich, fest¬ 
zustellen, ob und inwieweit eine Frucht den heutigen Anforderungen 
entspricht 

Die Vorteile und Nachteile, welche bei den Früchten beider 
Sorten, auf Grund obiger Urteile besonders hervortreten, sind 
folgende: 

Minister von Hammerstein. 

Vorteile: Schöne gleichmäßige Form und äußerst große Saft¬ 
fülle, sehr zartes Fleisch, eigenartiges, stark hervortretendes Gewürz, 
schönes lacbsrotes Fleisch, gute Haltbarkeit auf Lager. 

Nachteile: Das Fehlen einer lebhaften Färbung der Schale. 

Frau Luise Goethe. 

Vorteile: Große Frucht von schöner gleichmäßiger Berga¬ 
mottenform und von langer Haltbarkeit auf Lager. Das Fleisch 
ist zart, vollsaftig und von Rehr feinem Aroma. 

Nachteile: Recht dicke Schale, zuweilen Steinchen unter der¬ 
selben sich vorfindend. 

Wir werden uns jetzt bemühen, auch über die Eigenschaften 
des Baumes beider Sorten in derselben Weise Urteile von anderen 
Seiten baldmöglichst zu erhalten, um auf diese Weise ein voll¬ 
kommen abgeschlossenes Bild über den Wert derselben geben zu 
können. Unsere Erfahrungen hierüber sind bereits in dem Jahres¬ 
bericht 1904 veröffentlicht. 


4. Zur Taxation von Obstbftumen. 

Die Frage der Taxation von Obstbäumen, mit welcher sich der 
Berichterstatter schon seit längerer Zeit beschäftigt (vergl. Jahres¬ 
bericht 1902 und 1903), konnte im verflossenen Jahre durch Auf¬ 
stellung einer neuen Taxationsmethode zum Abschluß gebracht werden. 
Bei der Taxation von Obstbäumen, welche infolge der Bahnhofs¬ 
erweiterung zu Wiesbaden in den Gemarkungen Bieberich und 
Kastei beseitigt werden mußten, bot sich eine willkommene Gelegen¬ 
heit, die Methode praktisch unter den verschiedensten Verhältnissen 
auf ihre Brauchbarkeit hin zu prüfen. Der Wert der geschätzten 
Bäume betrug insgesamt 00 000 M. Die umfangreichen Arbeiten 
boten gleichzeitig den älteren Eleven der Anstalt, welche zeitweise 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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hinzugezogen wurden, Gelegenheit, sich in diese schwierige Aufgabe 
einzuarbeiten. 

Wie bereits in dem vorjährigen Berichte hervorgehoben wurde, 
handelte es sich noch um Aufstellung von Tabellen, welche die 
Arbeit der eigentlichen Berechnung dem Taxator erleichtern sollen. 
Diese Tabellen wurden von dem Oberlehrer, Professor Dr. Christ 
fertig gestellt und lassen sich von jedem Praktiker leicht anwenden. 

Unsere Taxationsmethode, welche von den bisher üblichen in 
verschiedenen Punkten wesentlich abweicht, ist in Gestalt eines 
kleinen Werkes, betitelt: »Anleitung für die Wert- und Renta¬ 
bilitätsberechnung der Obstkulturen auf neuer Grundlage« 
im Verlag von Paul Parey in Berlin erschienen. 

In dieser Schrift wurde auch die Taxation der Zwerg- und 
Spalierbäurae, des Beerenobstes, sowie des Weinstockes aufgenommen, 
über deren Bewertung sich bisher nur sehr lückenhafte Angaben 
vorfanden. Ferner wurde noch besonderen Fällen Rechnung ge¬ 
tragen, mit denen Taxatoren in der Praxis zu tun bekommen, so 
u. a. Bewertung von kranken, beschädigten und frisch umgepfropften 
Bäumen, sowie die Taxation von Baumschulbeständen. 

5. Praktische Massnahmen znr Bekämpfung tierischer und 
pflanzlicher Schädlinge. 

Bekämpfung der Blutlaus. Die Wärme und Trockenheit war 
der Entwicklung dieses lästigen Schädlinges recht förderlich. Be¬ 
sonders stark trat die Blutlaus plötzlich gegen Herbst hin auf, so 
daß es nicht möglich war, sie in den gesetzten Schranken zurück¬ 
zuhalten. 

Zur Bekämpfung wurde, wie in den Vorjahren, im belaubten 
Zustande der Bäume Harzölseife benutzt, welche die Läuse — 
gründliches und sorgfältiges Abbürsten vorausgesetzt — tötet und 
auf die Blätter und jungen Triebe keinen schädlichen Einfluß 
ausübt. 

Im unbelaubten Zustande hat das Blutlausmittel der Firma 
Avenarius-Stuttgart gute Dienste geleistet. Eine größere Zahl alter, 
abgängiger Schrägkordons, welche schon seit Jahren die Hauptbrut¬ 
stätte der Blutlaus bildeten, wurden beseitigt, um auch auf diese 
Weise den Schädling immer mehr zurückzudrängen. 

Massnahmen zur Bekämpfung der Diaspis fallax an Birn¬ 
bäumen. Bereits im Vorjahre wurde auf die Gefährlichkeit dieser 
Schildlausart hingewiesen. Dieselbe hat sich in derart besorgnis¬ 
erregender Weise verbreitet, daß sie als der gefährlichste Feind unserer 
Birnbäume bezeichnet werden muß. Das frühzeitige Zurückgehen 
vieler Hochstämme und Formbäume ist auf die Tätigkeit der Laus 
zurückzuführen. 

Mit einfachen Mitteln ist dem Schädling nicht wirksam beizu¬ 
kommen, denn die Schilder sind auf der Rinde sehr fest aufgekittet 
und die Laus nistet sich mit Vorliebe in die durch ihre Tätigkeit 
hervorgerufenen charakteristischen Vertiefungen ein. Aus diesem 


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D. Bericht über Obstbau. 5. Maßnahmen zur Bekämpfung usw. 73“ 

Grunde wurden die Versuche des Vorjahres mit zwei Mitteln fort¬ 
gesetzt, die im wesentlichen Karbolineum enthalten. Das eine Mittel, 
Dendrin benannt, stammt von der Firma Avenarius in Stuttgart 
und wurde, wie bereits oben angegeben, auch zur Bekämpfung der 
Blutlaus benutzt; das andere war uns von der Landwirtschafts¬ 
kammer der Provinz Brandenburg übermittelt. 

Beide Mittel haben sich recht gut bewährt, denn die Schild- 
Läuse wurden sicher getötet. Die anfangs gehegten Befürchtungen,, 
daß die Bäume Schaden erleiden würden, haben sich bis jetzt bei 
dem Dendrin nicht bestätigt; ja das Gegenteil trat ein: Bäume, 
welche vor 2 Jahren mit diesem Mittel vollständig bestrichen wurden, 
zeigen jetzt wieder gesundes Wachstum und die Früchte, die vorher 
infolge des schwachen Wuchses verkümmert waren, ließen im letzten 
Jahre an Ausbildung nichts zu wünschen übrig. Über das von. 
der Brandenburgischen Landwirtschaftskaramer übersandte Mittel 
können wir noch kein endgültiges Urteil abgeben. Beide Mittel 
können jedoch nur im unbelaubten Zustande der Bäume angewendet 
werden; im Sommer werden die Blätter durch dieselben zerstört. 

Gleichzeitig wurden auch Versuche über die Bekämpfung 
des Krebses an Apfelbäumen mit diesen Mitteln angestellt. Auch 
hierbei hatteu wir günstige Erfolge zu verzeichnen. Krebswuche¬ 
rungen, welche vor 2 Jahren bestrichen wurden, sind vollständig 
zum Stillstand gebracht 

Bekämpfung der Pfirsichmotte. Im verflossenen Jahre trat 
dieser Schädling sehr stark an den Spalieren auf. Während die 
erste Generation durch Befall der Triebe, die zum Welken gebracht 
werden, schadet, hat es die zweite Generation auf die Beschädigung 
der Früchte abgesehen. Um einer starken Verbreitung der Pfirsich¬ 
motte rechtzeitig entgegenzutreten, wurde auf die Bekämpfung der 
ersten Generation besonderes Gewicht gelegt. Die jungen befallenen 
Triebe sind daran erkenntlich, daß sie bald welken. Um die Larve, 
die sich im Marke nach unten frißt, sicher zu bekommen, muß bei 
dem Abschneiden oder Abkneifen der Triebe darauf geachtet werden, 
daß immer einige Centimeter tiefer geschnitten wird, als die welken¬ 
den Blätter das Vorhandensein des Schädlinges kennzeichnen. Die 
gefundenen Larven werden gleich vernichtet. Diese Bekämpfungs¬ 
maßregel hat recht gute Erfolge gezeitigt, denn die zweite Gene¬ 
ration zeigte sich nur in beschränktem Maße. 

Die Pfirsichlaus trat in großer Menge an den Spalieren auf 
und rief empfindliche Wachstumsstörungen hervor. Die Bekämpfung 
wird dadurch erschwert, daß die von den Läusen befallenen Blätter 
sich zusammenrollen, wodurch Flüssigkeiten, die zur Bekämpfung 
benutzt werden, nicht vollkommen genug diese Teile treffen. Recht 
gute Dienste leistete uns die Quassiabriihe, welche mittels der 
bekannten kleinen Handzerstäubungsspritzen auf die Blätter verteilt 
wurde. Die Quassiabrühe wird in der Weise hergestellt, daß 2y 2 Pfd. 
Quassia eine Nacht lang in Wasser aufgeweicht werden. Am 
nächsten Morgen wird die Masse mit dem Wasser gründlich durch¬ 
gekocht und hierauf durch ein Tuch gegossen, so daß die aus- 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


gelaugten Quassiaspäne Zurückbleiben. Jetzt wird das Fehlende von 
100 1 Wasser zugegossen und noch 5 Pfd. Schmierseife zugesetzt, 
welche gründlich durchgerührt wird. Die Brühe ist alsdann ge¬ 
brauchsfertig. 

Die Obstmade ist im verflossenen Jahre infolge der für ihre 
Entwicklung äußerst günstigen Witterung in 2 Generationen auf¬ 
getreten und hat gerade gegen Herbst hin einen großen Teil der 
schönsten Früchte minderwertig gemacht. Auffällig war, wie gerade 
die Spalierfrüchte, die frei der Sonne ausgesetzt waren, mit Vorliebe 
befallen wurden. Ja, bei den einzelnen Früchten erfolgte die Ei¬ 
ablage in den meisten Fällen auf der Sonnenseite: ein Beweis, wie 
sehr der Schädling daraut Bedacht nimmt, der zweiten Generation 
möglichst günstige Bedingungen für ihre vollkommene Entwicklung 
zu bieten. 

Der ungeheuere Schaden, den die Obstmade gerade bei der 
Formobstkultur hervorruft, legt allen Obstzüchtern die Mahnung 
nahe, energisch den Kampf gegen diesen Schädling aufzunehmen. 
Wir besitzen in dem Anlegen der bekannten Obstmadenfallen ein 
Mittel, welches uns in die Lage versetzt, den Schädling immer in ge¬ 
wissen Grenzen zurückzuhalten. Ganz besondere Beachtung 
verdient jedoch das rechtzeitige Anlegen und Abnehmen 
der Fanggürtel. Da unter günstigen Verhältnissen, in trockenen 
und warmen Sommern eine zweite Generation auftritt, so ist ein 
Abnehmen und nochmaliges Anlegen der Gürtel vor dem Aus¬ 
kriechen des zweiten Schmetterlinges ein unbedingtes Er¬ 
fordernis (im Rheingau Ende Juli). Wird dieses versäumt, so dienen 
die Gürtel nur als Schutz für den Schädling und durch eigenes 
Verschulden wird der Schaden alsdann noch größer. Wenn auch 
unter weniger günstigen klimatischen Verhältnissen und in kühlen 
Sommern nur eine Generation auftritt, so muß doch jeder Obst¬ 
züchter mit diesem Umstande rechnen, um gegebenenfalls recht¬ 
zeitig mit dem Abnehmen der Gürtel, Vernichten der sich vorfin¬ 
denden Larven resp. Puppen, sowie dem sofortigen Wiederanlegen 
der Gürtel einzusetzen. 

Da das Vorhandensein der Larve der zweiten Generation nicht 
immer in den Früchten bei der Ernte gut und sicher erkannt werden 
kann, so wandern stets eine Anzahl befallener Früchte in den 
Obstlagerraum. Die Maden verlassen hier sehr bald die Früchte, 
um sich in Ritzen des Gebälkes oder an einem anderen geeigneten 
Orte im Lagerraum zu verpuppen. Da Ende April, Anfang Mai der 
Schmetterling auskriecht, so sollten um diese Zeit die Fenster des 
Lagerraumes geschlossen gehalten werden, um die Schmetterlinge 
vernichten zu können. Da wir hierbei mit der Nachkommenschaft 
rechnen können, so werden für den kommenden Sommer auf diese 
Weise viele Früchte vor dem Befall gerettet. 


Über die Maßnahmen zur Bekämpfung tierischer und pflanz¬ 
licher Schädlinge wird in Zukunft die pflanzenpathologische Yer- 


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E. Bericht der Obstvenvertuügsstation. 


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suchsstation berichten, welcher vom 1. Oktober ab die praktischen 
Bekämpfungsarbeiten übertragen wurden. 


E. Bericht der Obstverwertungsstation 

Erstattet vom Köoigl Obergärtner E. Junge. 

1. Jahresübersicht. 

Der Umbau der Obstverwertungsstation, mit welchem im Spät¬ 
herbste 1903 begonnen wurde, ließ die Wiederaufnahme des ge¬ 
samten Betriebes erst vom Monat August ab zu. Die innere Ein¬ 
richtung der einzelnen Arbeitsräume ist bereits in dem Jahresbericht 
1903 erläutert worden. Die Abbildungen aut Seite 76 und 77 geben 
die betriebsfertige Aufstellung der einzelnen Maschinen zu erkennen, 
welche der Transmissionsanlage angeschlossen wurden. Die sechs 
Dampfkochapparate, welche die Ostseite des großen Arbeitsrauraes 
einnehmen, konnten im Bild nicht gut wiedergegeben werden, da 
die davorstehenden, in dem Boden befestigten Maschinen die photo¬ 
graphische Aufnahme erschwerten. Die Ostseite des großen Arbeits¬ 
raumes mit den Keltern und Arbeitstischen, sowie die Dörrabteilung 
werden in dem nächsten Jahresberichte bildlich dargestellt, da 
noch einige Veränderungen in der Aufstellung der Apparate vor¬ 
gesehen sind. 

Im Laufe des Sommers wurde der Sammlungsraum, der Lehr¬ 
saal sowie der Konservenkeller eingerichtet. In dem ersteren sind 
die pomologischen Sammlungen uutergebracht. Die Modelle von 
Obstsorten, deren Zahl sich auf 1400 Exemplare beläuft, sind in 
2 großen Glasschränken von je 2,40 m Höhe und 3,15 m Breite 
übersichtlich aufgestellt 

Der Lehrsaal ist mit 12 Tischen ausgestattet, an welchen 56 
Personen Platz finden. Auch konnte noch ein größerer Glasschrank 
mit Demonstrationsmaterial untergebracht werden. Eine neue Glas¬ 
tafel, welche von der Firma N. Kinon in Aachen bezogen wurde, 
hat sich gut bewährt; Schrift und Zeichnungen treten auf derselben 
scharf hervor. Der Saal konnte für die Abhaltung der Obstbau- 
und Obstverwertungskurse sowie zur Erteilung des laufenden Unter¬ 
richtes von Mitte August ab benutzt werden. 


Größere Versuche konnten im Berichtsjahre infolge der ver¬ 
späteten Inbetriebnahme nicht ausgeführt werden; auch nahm die 
Verarbeitung der für den Frischverkauf nicht geeigneten Früchte 
bei der sehr reichen Ernte die Station sehr stark in Anspruch. 
Die Steinobstfrüchte wurden besonders zu Marmelade verarbeitet, 
wobei die Verfahren angewendet wurden, welche in dem Jahres¬ 
bericht 1899 eingehend beschrieben sind. Bei der Herstellung der 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


Marmeladen leistete die große Almerothsche Passiermaschine,' die 
jetzt dem Kraftbetriebe angeschlossen ist, vorzügliche Dienste. Die 
Arbeitsleistung derselben ist eine ganz bedeutende. 



Fig. 18. Innere Einrichtung der Obstverwertungsstation (Südseite). 

Zum Einmachen in Gläsern und Büchsen wurden besonders 
Aprikosen, Mirabellen und Kirschen verwendet; rote Johannisbeeren, 
Sauerkirschen und Himbeeren lieferten Obstsäfte. Die Versuche 
über die Herstellung der Himbeersäfte durch Sterilisation, worüber 
im vorigen Jahre berichtet ist, wurden fortgesetzt und lieferten 


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E. Bericht der Obstverwertungsstation. 


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wieder sehr günstige Resultate. Nach Abschluß der Versuche, 
welche auch bei den übrigen Obstarten eingeleitet sind, wird über 
diese Methode eingehender berichtet werden. 



Fig. 10. Iunere Einrichtung der Obstverwertungsstation (Nordseite). 

Von der Deutschen Xylolith-Steinholzfabrik in Pot- 
schappel b. Dresden wurde eine Arbeitsplatte zur Probe über¬ 
mittelt, welche aut einem Tisch von 3,20 nt Länge und 0,8 m Breite 
befestigt wurde. Dieselbe besteht aus 2 Teilen von je 1,00 m Länge 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


und hat eine Stärke von 14 mm. Das Material hat sich als recht 
dauerhaft erwiesen; es widersteht der Hitze und hat sich bis jetzt 
nicht gezogen. Die Säuberung geht schnell von statten. Die Platte 
hat jedoch das ansehnliche Gewicht von 90 kg, wodurch die Fort¬ 
bewegung des Tisches erschwert wird. 

2. Verwertung der Früchte des Maulbeerbaumes. 

Da die Früchte des Maulbeerbaumes in den meisten Fällen 
unbeachtet bleiben, wurde im verflossenen Jahre durch einen Ver¬ 
such festgestellt, inwieweit sich dieselben zum Einmachen eignen. 
Es kamen die Früchte der schwarzen Maulbeere zur Verwendung, 
welche in großer Zahl einige Bäume der Parkanlagen der Lehr¬ 
anstalt lieferten. Da das Aroma nur in gut reifem Zustande^ der 
Früchte genügend hervortritt so muß mit der Ernte gewartet werden, 
bis dieselben eine tiefdunkle Farbe aufweisen. 

Das Pflücken muß recht sorgfältig ausgeführt werden, damit 
die Früchte nicht durch Druck leiden. Als Gefäße können sowohl 
Gläser, als auch Büchsen und Krüge verwendet werden. Das Ein¬ 
füllen hat recht behutsam zu erfolgen; doch muß durch vorsichtiges 
Rütteln dafür gesorgt werden, daß sich die Früchte setzen und die 
Gefäße genügend angefüllt werden. Nach dem Aufgießen der Zucker¬ 
lösung und dem Schließen der Gefäße wurde der Inhalt 10 Minuten 
lang gekocht. 

Die Früchte haben sich recht gut gehalten und wenig an 
natürlicher Form eingebüßt. Sie wiesen bei der Kostprobe eine 
braunrote Farbe auf, doch wurde dieselbe durch die tief dunkelrote 
Farbe des Saftes verdeckt. Der Geschmack war ein recht ange¬ 
nehmer und dürfte allgemein Zusagen; beim Essen macht sich nur 
der feste Blütenboden als Überbleibsel etwas unangenehm bemerk¬ 
bar. Bei Verwendung zu starker Zuckerlösungen ist der Geschmack 
zu fade und die erfrischende Säure der Maulbeeren kommt nicht 
zur Geltung. Am geeignetsten ist ein Zuckerzusatz von 1—l 1 /* Pfd. 
auf 1 1 Wasser. 

Wenn die Maulbeere auch keine Frucht ist, die im industriellen 
Betriebe zur Konservierung in größeren Mengen Verwendung finden 
wird, so sollte man doch in Haushaltungen, in denen Früchte aus 
den eigenen Gartenanlagen zur Verfügung stehen, auf die Konser¬ 
vierung derselben in Zukunft mehr Gewicht legen. Die Ernte wird 
leider dadurch wesentlich erschwert, daß die Früchte sehr unregel¬ 
mäßig reifen. 

3. Verwendung von Zuckerlüsungen in verschiedener Stärke 
bei der Konservierung der Früchte in Gläsern oder Büchsen. 

Während von verschiedenen Seiten der Verwendung von ganz 
schwachen Zuckerlösungen bei der Obstkonservierung das Wort 
geredet wird, empfehlen andere die Verwendung von größeren 
Mengen von Zucker. Um nun festzustellen, welche Mengen von 


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E. Bericht der Obstverwertuugsstation. 


7» 

Zucker im allgemeinen geschmacklich Zusagen, wurden einige Obst¬ 
arten mit Zuckerlösungen von verschiedener Stärke konserviert, 
wobei die bekanntesten Rezepte Berücksichtigung fanden. Bei den 
vier Zuckerlösungen, welche benutzt wurden, waren je 300 g. 500 g r 
750 g und 1000 g Zucker auf 1 1 Wasser gerechnet. An Obst¬ 
arten kamen zur Verwendung: Aprikosen, Birnen, Kirschen, Maul¬ 
beeren und Johannisbeeren. 

Sämtliche Früchte wurden in dem für die Konservierung ge¬ 
eigneten Zustande geerntet, in der üblichen Weise eingelegt und 
mit den verschiedenen Zuckerlösungen versehen. Die Kostprobe 
ergab folgendes Resultat: 

Bei den Aprikosen trat die Säure bei Verwendung der 
schwachen Zuckerlösungen von 300 und 500 g auf 1 1 Wasser za 
stark hervor und der Geschmack sagte wenig zu. Bei 750 und 
1000 g auf 1 1 Wasser fanden sich Zucker und Säure in richtigem. 
Verhältnisse vor. 

Bei den Johannisbeeren trat die Säure bei Verwendung der 
beiden schwachen Zuckerlösungen noch mehr hervor, während, 
die stärkste Lösung von 1000 g Zucker auf 1 1 Wasser die besten. 
Resultate lieferte. 

Bei den Kirschen (Sorte: Schöne von Chatenay) kam bei 
der schwächsten Zuckerlösung (300 g) das Aroma wohl gut zur 
Geltung, jedoch war der Geschmack zu wässerig. Bei Verwendung 
von 1000 g Zucker auf 1 1 Wasser war das Aroma und die Säure 
zu stark verdeckt und der Geschmack zu süß. 500 bis höchstens- 
750 g Zucker waren bei dieser Obstart die geeigneten Mengen. 

Die Birnen schmeckten bei Benutzung von 300 g Zucker zu 
fade und der Geschmack sagte im Vergleich zu den übrigen Kost¬ 
proben gar nicht zu. Selbst die zweite Zuckerlösung von 500 g 
zeigte noch diesen Übelstand. Am meisten sagten die Birnen mit 
der Zuckerlösung 3 (750 g auf 1 1) zu, während 1000 g das Produkt 
schon zu süß gemacht hatten. Da die Birnen erfahrungsgemäß, 
reich an Zucker, aber arm an Säure sind, so ist ein Zusatz von 
etwas Zitronensäure ratsam, um den Geschmack etwas erfrischender 
zu gestalten. 

Bei den Maulbeeren haben die Zuckerlösungen 2 und 3 
(500 resp. 750 g Zucker) die besten Produkte geliefert, während 
bei der schwächsten Zuckerlösung die Säure, bei der stärksten der 
Zuckerzusatz zu stark hervortrat 

Ohne Zweifel ist es recht schwierig, für die Konservierung der 
verschiedenen Obstarten die Stärke der Zuckerlösung in bestimmten 
Zahlen anzugeben, da hierbei die Sorte, der Reifegrad und die Aus¬ 
bildung der Früchte sowie die wechselnde Geschmacksrichtung mit¬ 
sprechen. Hierin das Richtige zu treffen, ist Sache der Praxis. Die 
vergleichenden Kostproben lehrten jedoch, daß es nicht ratsam 
ist, für alle Fälle ein einheitliches Rezept aufzustellen. Da 
durch zu starke Zuckerlösungen das Aroma und die Säure, welche 
dem Produkt den erfrischenden Geschmack verleihen, verdeckt 
werden, so ist von der Verwendung derselben abzuraten. Dies 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach iimeu. 


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sollte auch bei der fabrikmäßigen Herstellung von Obstkonserven in 
.Zukunft mehr als bisher beachtet werden. Man trifft oft im Handel 
Obstkonserven, die durch einen zu hohen Zuckerzusatz widerlich 
.süß schmecken. 

Auf der anderen Seite ist jedoch auch ein zu geringer Zucker¬ 
zusatz im allgemeinen nicht zweckmäßig. Abgesehen davon, daß 
hierbei bei manchen Obstarten durch die zu stark hervortretende 
Säure das Produkt nicht mundgerecht wird, so ist bei diesem Kon¬ 
servierungsverfahren wie bei den übrigen Verwertungsmethoden zu 
berücksichtigen, daß der Zucker als Nahrungsmittel eine sehr 
wichtige Holle spielt. Wenn somit der Zucker in Mengen ver¬ 
wendet wird, die den Wohlgeschmack nicht beeinträchtigen, sondern 
«erhöhen, so stellen die Obstkonserven auch ein wohlbekömmliches, 
und zugleich vorzüglich mundendes Nahrungsmittel dar. 

4. Beteiligung der Anstalt an der Frühobstausstellung sowie 
an der grofsen internationalen Herbst-Obstausstellung in 

Düsseldorf. 

Da der Anstalt bisher noch nicht Gelegenheit geboten war, das 
in den Obstanlagen kultivierte Frühobst einem großen Publikum 
vorzuführen, so wurde die in der Zeit vom 15. bis 19. Juli statt¬ 
gehabte Frühobstausstellung in Düsseldorf mit einem Sorti¬ 
ment Früchte der verschiedenen Obstarten beschickt. Von Birnen 
■konnten Clapps Liebling, Williams Christenbime, Andenken an den 
Kongreß, Dr. Jules Guyot, Amaulis B. B., Deutsche Nationalberga¬ 
motte u. a. m. in einer Vollkommenheit ausgestellt werden, die den 
Besuchern der Ausstellung lehrten, daß im Rheingau die Kultur der 
feinen Tafelbirnen derjenigen des Auslandes nicht nachsteht. Ver¬ 
gleiche konnten am Ort mit dem französischen Obste angestellt 
werden. Die seitens der Anstalt ausgestellten Äpfel waren infolge 
■der großen Trockenheit in der Entwicklung zurückgeblieben. 

Ein sehr reichhaltiges Steinobstsortiment bot den Inter¬ 
essenten Gelegenheit, sich mit guten Sorten unter richtigem Namen 
bekannt zu machen. Die Frühobstausstellung in Düsseldorf lehrte 
im allgemeinen, daß in den Sortennamen beim Steinobst noch ein 
großer Wirrwar herrscht; dies sollte Veranlassung dazu geben, 
in Zukunft Frühobstausstellungen des öfteren an anderen 
•Orten abzuhalten. Die Klagen über die Unrentabilität der 
.Steinobstkultur haben zum großen Teil ihren Grund in dem 
Vorhandensein vieler minderwertigen Sorten, die nicht 
weiter vermehrt werden dürfen. In dieser Hinsicht klärend 
zu wirken, muß eine der Hauptaufgaben von Frühobst- 
ausstellungen sein. 

Um die wichtigsten Sorten von Aprikosen, Pfirsichen und 
Pflaumen in einem möglichst vollständigen Sortiment vorführen zu 
•können, wurden die vor dem Ausstellungstermin reifenden auf Eis 
-gelagert. Bei dieser Gelegenheit konnten nachfolgende Beobachtungen 
•über diese Art der Konservierung des Frühobstes angestellt werden. 


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G eisen hei wer Erricht 1004 . 



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Beteiligung der Anstalt an der Frühobstausstellung Verlag von Paul Parey in Berlin S.W. 

in Düsseldorf. 






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Geisenhcimer Belicht 1901. Tn fei T. 



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Beteiligung der Anstalt an der Herbstobstausstellung Verlag von Paul Parey in Berlin S.W. 

in Düsseldorf. 



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E. Bericht der Obstverwertungsstation. 


81 


Für das Unterbringen wurde uns der Eiskeller eines hiesigen 
Obsthändlers zur Verfügung gestellt, der während der Zeit der 
Lagerung eine Durchschnittstemperatur von 3° bis -(- 4° C. aufwies. 
Versuche, welche wiederholt von anderen Seiten angestellt sind, 
haben ja bereits ergeben, daß eine niedrigere Temperatur als diese 
erforderlich ist, um reife Früchte längere Zeit in unversehrtem Zu¬ 
stande zu erhalten. Deshalb wurden sämtliche Sorten einige Tage 
vor der Reife, also noch in hartem Zustande gebrochen. Die Früchte 
wurden zunächst in dem Obsthause der Anstalt abgekühlt und als¬ 
dann, in kleine Weidenkörbchen in ein paar Schichten übereinander 
gepackt, des Morgens in der Frühe in dem Eiskeller untergebracht. 
Auf diese Weise beugte man der zu plötzlichen Abkühlung vor. 
Ebenso verfuhr man bei dem Herausnehraen, um eine zu rasche 
Erhitzung zu vermeiden. Mit Ausnahme weniger Sorten, die sicher¬ 
lich nicht hart genug waren, als sie gebrochen wurden, haben sich 
sämtliche Früchte bei dieser Art der Aufbewahrung recht gut ge¬ 
halten und konnten in tadelloser Weise in Düsseldorf zur Vervoll¬ 
ständigung des Sortimentes vorgeführt werden. Der Geschmack der 
auf diese Weise konservierten Früchte ließ jedoch besonders bei 
den Aprikosen viel zu wünschen übrig; er war meist fade und 
ausdruckslos. Es sollen hieraus noch keine Schlüsse für die Praxis 
gezogen werden; jedoch ist vorgesehen, weitere sorgfältige Versuche 
und genauere Beobachtungen anzustellen, da diese Methode der 
Konservierung des Frischobstes ohne Zweifel für die Praxis von 
Bedeutung ist. 

Der Beschickung der großen internationalen Herbst¬ 
obstausstellung seitens der Anstalt, welche vom 3.—9. Oktober 
stattfand, lag der Gedanke zu Grunde, dem Publikum die wich¬ 
tigsten Handelssorten von Kernobst, welche in den Obstanlagen 
der Lehranstalt kultiviert werden, in möglichst vollkommener Aus¬ 
bildung vorzuführen. Es war keine leichte Aufgabe, der scharfen 
Konkurrenz des Auslandes gegenüber dem Rheingauer Obst zu 
seinem Rechte zu verhelfen und dem Publikum den Beweis zu 
liefern, daß auch in Deutschlands Gauen tadelloses Obst wächst, 
welches an Güte den fremden Produkten nicht nachsteht. In be¬ 
sonders schöner Ausbildung konnten folgende Sorten vorgeführt 
werden: Von Birnen: Clairgeaus B.-B., Holzfarbige B.-B., Diels 
B.-B., Hardenponts Winter-B.-B., Madame Vert6, Olivier de Serres, 
Edelcrassane, Josephine v. Mecheln, Vereins-Dechantsbime u. a. 
Von Äpfeln waren es besonders: Minister von Hammerstein, Gelber 
Bellefleur, Landsberger Renette, Baumanns Renette und Kaiser 
Alexander, die durch ihre Größe und prachtvolle Färbung die Be¬ 
wunderung der Beschauer hervorriefen. 

Bei beiden Ausstellungen wurde Wert darauf gelegt, nicht nur 
die Sorten in tadelloser Ausbildung vorzuführen, sondern die Auf¬ 
stellung erfolgte auch nach dem Grundsätze, durch die Menge und 
besonders durch die dekorative Anordnung der Früchte die Gesamt¬ 
wirkung zu erhöhen. Zur Belehrung wurde die Art der Verpackung 

(■eisonhoimer Bericht 1004. Ö 


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82 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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des Kern- und Steinobstes bei Post- und Bahnversandt, sowie bei 
Lieferung an Delikateßgeschäfte vorgeführt, wie solche schon seit 
Jahren beim Obstversand seitens der Anstalt praktisch durchgeführt 
wird. Körbe in verschiedener Größe und Form dienten zur Aufnahme 
der einzelnen Sorten in je 30 und mehr Früchten. Fruchtkörbe, 
einige Tafelaufsätze, Yasen und kleinere Phantasiestücke, von Schülern 
der Anstalt hergestellt, belebten das Bild, und eine Anzahl photo¬ 
graphischer Aufnahmen aus den Obstanlagen der Anstalt verschaffte 
den Besuchern auch einen Überblick über die Ausdehnung und 
Art der Kulturen. Alles insgesamt war zu einem harmonischen 
Ganzen derart vereint, daß das Obst als Hauptsache doch zur 
richtigen Geltung kam; Tafel IV gibt das Bild von der Frühobst- 
ausstellung, Tafel V dasjenige der Herbstobstausstellung wieder. 


F. Bericht über Gartenbau, Obsttreiberei und 
Arbeiten im Parke der Anstalt. 

Erstattet vom Garteninspektor F. Glinde mann. 

1. Pflanzenkultnren. 
a) Allgemeines. 

Wie in früheren Jahren, so lag auch im letztverflossenen Jahre 
das Bestreben vor, die Pflanzensammlungen der Gewächshäuser 
immer mehr zu bereichern und für die Schüler der Lehranstalt lehr¬ 
reicher zu gestalten. So ist denn auch in diesem Jahre die Ptlanzen- 
samrolung durch zahlreiche Geschenke, sowie durch Ankauf wesent¬ 
lich vergrößert worden. 

Größere Anforderungen wie bisher werden jetzt an die Ge¬ 
wächshäuser gestellt; indem ein reiches Material an abgeschnittenen 
Blumen und feinerem Schnittgrün für den, im Stundenplan der 
Lehranstalt, neu aufgenommenen Unterricht in Binderei und Deko¬ 
ration geliefert werden muß. Dieser Unterricht gab auch im Sommer 
1903 dazu Veranlassung 

1. zur Zeit der Kosenblüte und 

2. während der Chrysanthemumblüte 

eine Ausstellung in der Aula der Lehranstalt zu veranstalten, bei 
welcher die verschiedenen Arbeiten der Schüler ausgestellt wurden. 
Erfreute sich schon die erste Ausstellung eines sehr regen Besuches 
von seiten der Bevölkerung des Rheingaues, so war die zweite 
Ausstellung von über mehr als 4000 Personen besucht, die nicht 
nur aus der näheren Umgebung von Geisenheim, sondern auch aus 
Wiesbaden, Mainz, Frankfurt usw. herbeigeeilt waren. Die reich be¬ 
schickten Ausstellungen zeigten eine Fülle sorgfältig und geschmack¬ 
voll zusammengestellter Arbeiten. 


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F. Bericht über Gartenbau, Obsttreiberei und Arbeiten im Parke der Anstalt. #3 


b) Prüfung Ton Pflanzenneuheiten. 

Alljährlich werden von den verschiedenen Handelsgärtnereien 
eine größere Anzahl von Pflanzenneuheiten in den Handel gegeben, 
deren Brauchbarkeit von seiten der Lehranstalt geprüft wird. Auch 
im letztverflossenen Jahre wurden verschiedene Pflanzenneuheiten 
einer Prüfung unterzogen, wobei folgendes Resultat gesammelt 
worden ist: 


Kaiser*Verbenen, 

eine Neuheit der Handelsgärtnerei Sattler & Bethge, A.-G., Qued¬ 
linburg a. Harz. 

Diese unter den Namen 

Kaiser Friedrich 
Otto 

„ Heinrich 
Barbarossa 
„ Wilhelm und 

„ Franz Joseph 

in den Handel gegebenen Verbenen zeichnen sich durch reine, 
leuchtende Farben, durch große und zahlreiche Blüten aus, wie auch 
das aufrechte Wachstum der Pflanzen als gute Eigenschaft hervor¬ 
zuheben ist. Empfehlenswert für Topfkultur und Beetbepflanzung. 


Verbena Miß Ellen Willmot, 

eine englische Züchtung und von der Handelsgärtnerei E. Neubert, 
Wandsbeck-Hamburg eingeführt und in den Handel gegeben. 

Diese Neuheit ist gleich wertvoll als Topfpflanze wie auch be¬ 
sonders für Ausschmückung von Blumenbeeten usw. Ihre dekorativen 
Eigenschaften sind so eigenartig und von so hohem Wert, daß die¬ 
selbe nicht genug empfohlen werden kann. 

Der gedrungene, kräftige, aufrechte Wuchs der Pflanze macht 
dieselbe auch besonders für den Topfverkauf wertvoll. 

Die großen, schön geformten Blüten sind hellkarmin, in der 
Mitte dunkler schattiert, leuchtend und sehr großblumig. Die 
Blüten erscheinen überaus zahlreich und die Blütezeit ist eine 
sehr lange. 

Chrysanthemum fructescens »Schöne von Nizza« 

von Sattler & Bethge, A.-G., Quedlinburg a. Harz. 

Niedriges Wachstum (ca. 40 cm hoch werdend), reicher Blüten¬ 
flor und die schön gelb gefärbten Blüten, das sind die Eigenschaften, 
wodurch sich diese Neuheit auszeichnet. Für Schnittzwecke liefert 
diese Pflanze ein wertvolles Material und dürfte dieselbe auch zur 
Bepflanzung von Blumenbeeten sehr geeignet sein. 

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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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Begonia >Mad. Charrat« 

von Sattler & Bethge, A.-G., Quedlinburg a. Harz. 

Eine Blütenbegonie mit leuchtend roten, hängenden Blüten, die 
oft in großer Zahl erscheinen und sich wirkungsvoll von der saft¬ 
grünen Belaubung abheben. Für die Topfkultur ist diese Pflanze 
sehr zu empfehlen. 

Begonia tuberosa »Surpasse Davis U 

von Goos & Koenemann in N. Walluf a. Rhein. 

Im Freien ausgepflanzt, hat sich diese Knollenbegonie recht 
gut bewährt und kann zur Bepflanzung von Blumenbeeten sehr 
empfohlen werden. Niedrig in der Belaubung, heben sich die auf 
straffen Stielen stehenden lebhaft karminrot gefärbten, leicht ge¬ 
füllten Blüten auf der dunklen Belaubung recht gut ab. Die 
Pflanzen erreichen eine Höhe von etwa 25 cm und blühen überaus 
dankbar bis spät in den Herbst hinein, dabei sind sie wenig emp¬ 
findlich. 


Begonia tuberosa »Petit Henry« 

von Goos & Koenemann in N. Walluf a. Rhein. 

Auch diese Knollenbegonie erreicht eine Höhe von etwa 25 cm 
und bringt eine Fülle lebhaft orangerot gefärbter leicht gefüllter 
Blüten, die sich über der dunklen Belaubung der Pflanzen recht 
gut abheben. Zur Bepflanzung von Blumenbeten liefert diese Pflanze 
ein recht wertvolles Material. 

Begonia tuberosa »Gloire de Bouray« 

von Goos & Koenemann in N. Walluf a. Rhein. 

Überaus reichblühend ist auch diese Knollenbegonie und liefert 
für Beetbepflanzung ein geschätztes Material. Die lebhaft rosa ge¬ 
färbten, gefüllten Blüten erscheinen bis spät in den Herbst Das 
Wachstum ist etwas sparriger als bei den zwei vorhergehenden 
Sorten. Die Pflanzen erreichen eine Höhe von 30—35 cm. 

Pelargonien 

in den Sorten Cydonienblüte, Malvenblüte, Apfelblüte und 

Mandelblüte 

von der Firma R. Borne mann in Blankenburg a. Harz. 

Die angeführten 4 Sorten wurden sowohl in Töpfen stehend 
unter Glas kultiviert, wie auch ausgepflanzt im Freien. Während 
die Pflanzen in Töpfen kultiviert üppig wuchsen und große Blüten 
in zarten Farben entwickelten, blühten die Pflanzen im Freien 
stehend nur recht mäßig und erreichten eine Höhe von 50—60 cm. 
Alle 4 Sorten sind, nach den hiesigen Erfahrungen zur Bepflanzung 
von Beeten im Freien nicht zu empfehlen, da dieselben zu stark 
wachsen und zu wenig blühen. 


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F. Bericht über Gartenbau, Obsttreiberei und Arbeiten im Parke der Anstalt 85 

Über den Wert der Sorten Brunhild, Die Gartenwelt, Ella 
Förster, Gartendirektor Siebert, Johanna Beckmann und Psyche soll 
erst im nächsten Jahresbericht Mitteilung gemacht werden, da das 
Urteil noch nicht abgeschlossen ist. 

Kaktus •Dahlien 

in den Sorten: Albion, Etna, Eva, Winsome und J. H. Jackson 
von der Firma Dänhard & Müller, Handelsgärtnerei in Mettman 

(Rheinland). 

a) Albion. Die Pflanze wird mittelhoch, blüht sehr reich und 
bringt langgestielte, weiße Blüten zur Entwicklung. Empfehlens¬ 
werte Sorte für Schnittzwecke. 

b) Etna. Färbung der Blüten zart heliotrop, im Grunde matt¬ 
gelb. Leider sind die Blüten etwas kurz gestielt, was für Schnitt¬ 
zwecke als ein Fehler bezeichnet werden muß. 

c) Eva bringt sehr zierlich gebaute Blüten, die sich durch 
eine reinweiße Färbung auszeichnen und somit für die Binderei 
ein wertvolles Material liefert. Die Pflanze ist sehr reichblühend 
und von gedrungenem Wachstum. 

d) Winsome. Blüten rahmweiß, auf langen straffen Stielen 
stehend und sehr reichblühend. Eine der besten weißen Sorten 
für Schnittzwecke. 

e) J. H. Jackson. Eine sehr schön gebaute schwarzrot gefärbte 
Blüte auf langen straffen Stielen stehend und sehr dankbar blühend. 
Wohl eine der besten dunklen Sorten, die sich jetzt im Handel 
befindet. 

Oladiolus hybr. Princeps 

von R. Bornemann, Handelsgärtner in Blankenburg a/Harz. 

Mit Recht kann hier gesagt werden, daß diese Gladiole unter 
den zahlreichen vorhandenen Sorten eine Neuheit von hervorragender 
Schönheit ist. Die Blüten sind außerordentlich groß, bis zu 15 cm 
im Durchmesser, scharlachrot mit weißen Rippen, während die unteren 
Blütenblätter mit weißen Bändern gezeichnet sind. Die Pflanze 
zeigt ein straffes Wachstum und erreicht eine Höhe von 60—70 cm. 

Aiusa japonica (Bas joo) 

von Heinrich Henkel, Handelsgärtner, Darmstadt. 

Versuchsweise ist auch diese, aus Japan eingeführte Musa in 
den Parkanlagen der Lehranstalt ausgepflanzt worden, um fest¬ 
zustellen inwieweit dieselbe gegen Winterkälte widerstandsfähig ist, 
da dieselbe unter leichter Laubdecke den Winter im Freien aus- 
halten soll. Die Pflanze entwickelte sich im Laufe des Sommers 
überaus kräftig und erreichte eine Höhe von 80 cm. 

Staudenaster Edna Mercia 

von Dänhard & Müllers, Handelsgärtner in Mettmann, Rheinld. 

Die neue Aster zeigt ein mehr gedrungenes Wachstum, er¬ 
reicht eine Höhe von 50—60 cm und unterscheidet sich von allen 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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ihren Schwestern durch eine intensiv rosa Färbung der Blüten, eine 
Eigenschaft, die diese Sorte für Schnittzwecke und für die Aus¬ 
schmückung unserer Gärten sehr wertvoll macht. Die Blüten er¬ 
scheinen von Ende September bis spät in den Herbst in großer 
Fülle. Diese Neuheit kann bestens empfohlen werden. 

Veilchen »Baron de Rotschild«, 

bezogen von Kröger & Schwenke in Schöneberg-Berlin. 

Dieses mit der Bezeichnung »das größte einfache dunkelviolette 
Veilchen der Gegenwart« angepriesene Veilchen wurde auch hier 
angepflanzt und beobachtet Die Pflanzen dieser Veilchensorte 
blühten wohl sehr reich und brachten große dunkelviolette Blüten 
zur Entfaltung, doch kann keineswegs gesagt werden, daß die Blüten 
sich durch besondere Größe auszeichneten, vielmehr sind sie klein¬ 
blumiger als ältere bekannte Sorten wie z. B. Kaiser Friedrich, 
Princesse de Galles usw. 

Veilchen »Königin Charlotte« 

von Kröger & Schwenke in Schöneberg-Berlin. 

Mit Recht kann dieses Veilchen als ein sehr dankbar blühen¬ 
des bezeichnet werden, indem bereits Ende August die Blüte be¬ 
ginnt und fast den ganzen Winter hindurch fortdauert. Die Be¬ 
laubung ist klein, die Blüten sind mattblau und aufrecht stehend. 
Diese Sorte ist sehr empfehlenswert und dürfte besonders für den 
Topfverkaut sich eignen. 

Wertvoller Staudenphlox für Schnittzwecke und zur Ausschmückung 

gärtnerischer Anlagen. 

Der hohe Wert der Flammenblume, Phlox decussata, für 
Gruppenpflanzung, Vorpflanzung vor Gehölzgruppen, Binderei und 
Dekoration gaben dazu Veranlassung, ein größeres Sortiment an¬ 
zupflanzen, um die einzelnen Sorten auf ihre Brauchbarkeit zu 
prüfen. Die nachstehenden zeichnen sich durch reine und leuchtende 
Farben aus und können für obige Zwecke besonders empfohlen 
werden. 

1. General Brice, leuchtend orangerot und großblumig. 

2. Großclaude, leuchtend scharlachrot, von besonders schöner 
Wirkung. 

3. Eclaireur, karminviolettrot, gegen die Mitte zu lachsrosa. 

4. Freifrl. Gora von Laßburg, reinweiß in der Färbung 
und besonders großblumig. 

5. William Robinson, lachsrosa mit leuchtend violettem Auge. 

6. Coquelicot, blendend orange-Scharlach, von auffallender 
leuchtender Wirkung. 

7. Schloßgärtner Reichenauer, reines karminrosa, sehr 
schön. - 

8. Flambeau, orange -Scharlach, von vorzüglicher Wirkung. 


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F. Bericht über Gartenbau, Obsttreiberei und Arbeiten im Parke der Anstalt. X7 

9. Henry Mürger, reinweiß mit purpurviolettem Auge; groß 
blumig. 

10. Beule de feu, scharlachrot mit purpur Auge. 

11. Le so lei 1, zartrosa mit lebhaft rosa Mitte. 

12. Otto Thalacker, zartkarminrosa mit weißer Mitte. 

13. Roi des Rois, belllachsfarben mit purpur Auge. 

14. Hofgärtner Wagner, karmin mit amarantrotem Auge. 

15. Lothar, leuchtend rot und großblumig. 

16. Thesie, leuchtend scharlachrot. 

c) Geschenke. 

Erfreulicherweise kann auch in diesem Jahre wiederum be¬ 
richtet werden, daß die Pflanzensammlung der Lehranstalt durch 
Geschenke bereichert worden ist. So erhielt die Lehranstalt: 

1. Vom Großherzogi. botanischen Garten in Freiburg i/B. ver¬ 
schiedene Staudengewächse, Ziersträucher und Sämereien. 

2. Von der deutschen Kolonialschule in Witzenhausen ein 
reichhaltiges Sortiment tropischer Nutzpflanzen. 

3. Aus der Kgl. bayerischen Hofgärtnerei Landshut ein wert¬ 
volles Sortiment verschiedener Wasserpflanzen für Springbrunnen 
und Aquarien. 

4. Von der Stadtgärtnerei Frankfurt a/M. verschiedene Stauden¬ 
gewächse und Gruppenpflanzen. 

5. Aus der Königl. Forstbaumschule Wirthy in Westpreußen 
verschiedene Koniferen. 

7. Von der Großherzogi. badischen Hofgärtnerei Mainau ver¬ 
schiedene schöne und seltene Koniferenzapfen. 


2. Obsttreiberei. 

In den Weintreibhäusern sind die vor 2 Jahren begonnenen 
Düngungsversuche der Reben mit verschiedenen Düngern fortgesetzt 
worden und da dieselben noch nicht zum Abschluß gekommen sind, 
so soll das gesamte Resultat im nächstfolgenden Jahresbericht aus¬ 
führlich veröffentlicht werden. 

Das Einsetzen yon Zapfen an Rebstücken im Weintreibliause. 

Gar häufig kommt es vor, daß an unseren Rebstöcken in den 
Weintreibhäusem das eine oder andere Auge nicht zum Austreiben 
gelangt, wie dieses vielfach bei den unteren Augen der zu lang 
angeschnittenen Verlängerung angetroffen wird. Der hierdurch ent¬ 
stehende Nachteil macht sich dadurch bemerkbar, daß dort, wo das 
Auge nicht- zum Austreiben gelangt, eine kahlbleibende Stelle ent¬ 
steht In solchen Fällen und wo es darauf ankommt, den Stock 
gleichmäßig mit Zapfen zu bekleiden, sieht man sich genötigt, 
den fehlenden Trieb durch Einsetzeu eines Zapfens zu erreichen, 
indem man hierbei in folgender Weise verfährt: Der Rebstock er- 


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II. Tätigkeit der Anstalt Dach innen. 


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hält an der betreffenden kahlen Stelle mit Hilfe eines scharfen 
Messers einen seitlichen Einschnitt, der bis zu Vs der Stärke des 
Stockes ausgeführt werden kann und dabei biege man die so ent¬ 
standene Zunge etwas nach außen. Das Edelreis, wozu man gut 
ausgereiftes Holz mit möglichst nahestehenden Augen wählen sollte, 
wird keilförmig zugeschnitten und in den vorerwähnten Einschnitt 
am Stocke so eingesetzt, daß das untere Auge des Zapfens an den 
Stamm zu stehen kommt. Ein festes Verbinden der Veredelungs¬ 
stelle und Verstreichen derselben mit Baum wachs ist erforderlich 
und sichert den Erfolg. In der so geschilderten Weise lassen sich 
Lücken am Rebstock wieder ausgleichen und der Erfolg ist um so 
sicherer, wenn die Veredelung zur Zeit ausgeführt wird, wo die 
Rebstöcke zu treiben beginnen. 


3. Park, 
a) Allgemeines. 

In dem Maße als die Gehölze in den Parkanlagen heran¬ 
wachsen und immer mehr Raum einnehmen, ergibt sich die Not¬ 
wendigkeit, für Luft und Licht Sorge zu tragen und in vorsichtiger 
und passender Weise Veränderungen vorzunehmen. Dergleichen 
Veränderungen sind auch im letzten Jahre an verschiedenen Stellen 
in durchgreifender Weise vor genommen, indem einzelne Bäume oder 
ganze Gruppen entfernt wurden, um dafür anderen, namentlich 
besseren Gehölzen freien Raum für die Entwicklung zu bieten. 

Hier mögen zunächst zwei kleinere in sich abgeschlossene 
Partien aus den Parkanlagen Erwähnung finden, welche in den 
letzten Jahren eine Veränderung erfahren und jetzt mit zu den 
schönsten Teilen der Parkanlagen zählen. Es geschieht dieses in 
der Absicht um manchem Gärtner, insbesondere dem Landschafts¬ 
gärtner, wie auch dem Gartenliebhaber neue Anregungen in der 
Anordnung und Ausschmückung des Gartens zu geben. 

Wenn man von der Stadt kommend den Park der Kgl. Lehr¬ 
anstalt betritt, breitet sich rechts an der Hauptallee eine größere 
Rasenfläche aus, abgeschlossen von verschiedenen Gehölzgruppen, 
und nur die Seite längs des Weges ist frei gehalten. Im Hinter¬ 
grund erhebt sich eine große, in unregelmäßiger Anordnung zu¬ 
sammengestellte Blattpflanzengruppe, welche durch vereinzelt davor¬ 
stehende Blattpflanzen wirkungsvoll abgeschlossen wurde. Als be¬ 
sonders dekorativ erwiesen sich: einige Exemplare von Musa Ensete, 
Dracaena australis, Uhdea pinatifida, Ferdinanda eminens, Amicia 
Zygomeris, Acacia lophanta, verschiedene Abutilon und Solanum, 
sowie Ricinus und Eucalyptus globulus. In der Mitte wird die 
Rasenfläche durch ein kreisrundes Blumenbeet unterbrochen. Die 
hier ausgepflanzten Tritoma Uvaria grandiflora, Lobelia fulgens, 
Salvia patens, sowie die als Untergrund verwandten Chrysanthemum 
frutescens »Etoile de Lyon« gaben dem Beet die Farbenwirkung, 
während eine Anzahl Cyperus Papyrus die Leichtigkeit hervorriefen. 


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Gei senke i wer Bericht 1904. 



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Partie aus den Parkanlagen. Verlag von Paul Parcy in Berlin S.W. 

















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Geisenheimer Bericht 1004. Tafel VIIL 



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Blattpflanzengruppe aus den Parkanlagen. Verlag von Paul Parey in Berlin S.W. 




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F. Bericht über Gartenbau, Obsttreiberei und Arbeiten im Parke der Anstalt. 89 1 

Zu diesem Beete wirkte sehr harmonisch die nahe am Wege als 
Yorpflanzung einer Gehölzgruppe (siehe Tafel VI) verwandten in ge¬ 
fälliger Anordnng zusammengestellten Nicotiana colossea fol. var. 
und Salvia splendens »Rudolph Pfitzer«, wobei sich erstere durch 
ihren schönen hellen Blätterschmuck, letztere durch die Pracht ihrer 
intensiv roten Blüten auszeichneten und sich vorteilhaft von dem 
dunklen Laubwerk abhoben. Die Gesamtwirkung dieser beiden 
Pflanzen wurde noch erhöht durch den sattgrünen Hintergrund ver¬ 
schiedener Nadelhölzer. Als Einzelpflanzen fanden noch verschiedene 
Solanum zu mehreren zusammengepflanzt, sowie Eulalien, Arundo 
Donax fol. var. und verschiedene andere Blattpflanzen Verwendung, 
welche zur Gesamtwirkung wesentlich beitrugen. Von den Gehölzen, 
welche besonders schön wirkten, seien erwähnt: Ein größeres Exemplar 
der in Japan heimischen glattzweigigen Torano- oder Tigerschwanz¬ 
fichte Picea polita. Ein großer Baum Picea orientalis. die Morgen¬ 
ländische oder Sapindusfichte. Ein ziemlich umfangreicher Thuyopsis 
dolabrata, der beiblättrige Lebensbaum, aus Japan stammend. Mehrere 
Citrus trifoliata, die dreiblättrige Zitrone, welche sich hier im Rhein¬ 
gau nicht nur durch die prächtig weißen Blüten im Frühjahr, sondern 
auch durch die Fülle goldgelbgefärbter Früchte im Herbst auszeich¬ 
nen. Besondere Erwähnung verdient ein größeres Exemplar der in 
den meisten Gegenden Deutschlands nur als Strauch vorkommenden 
rispenblütigen Koelreuteria paniculata, welche sich hier zu einem 
beträchtlichen Baume entwickelt hat. Überaus zierend wirkte die 
sogenannte Simons Zwergmispel Cotoneaster acuminata, ein niedrig 
bleibender Strauch, welcher sich im Herbst durch eine Fülle roter 
Beeren auszeichnet. Die hier geschilderte Partie der Parkanlage ist 
auf Tafel VII und VHI in photographischer Aufnahme und auf 
Tafel IX im Grundriß wiedergegeben. 

Ist im vorhergehenden eine schöne Partie im Park der Kgl. 
Lehranstalt geschildert worden, verdient eine andere nicht minder 
schöne Zusammenstellung von Blatt- und Blütenpflanzen besondere 
Erwähnung. Eine auf erhöhtem Postament stehende Blumenvase 
war von einer Blattpflanzengruppe eingeschlossen, wobei vorwiegend 
Musa Ensete verwendet waren, ais Vor- und Zwischenpflanzung 
fanden noch Canna, Datura lutea und arborea, Arundo Donax und 
verschiedene andere einen Platz; die Gesamtwirkung wurde jedoch 
durch die Musa herbeigeführt, welche sich durch das dahinter 
stehende Laubwerk der Sträucher gut abhoben. Die Vase selbst 
war mit passenden blühenden Pflanzen bepflanzt und wirkte zwischen 
dem Blattwerk der Gruppe recht belebend. Auch war der Sockel 
der Vase mit blühenden Pflanzen umgeben. Rechts von genannter 
Gruppe war eine Gruppierung von einer Anzahl Araucaria excelsa 
getroffen. Ringsum ist die Partie von Gehölzen umgeben, wodurch 
die Blatt- und Blütenpflanzen einen schönen Hintergrund hatten 
und dadurch besonders zur Geltung kamen. Das Ganze wirkte ruhig 
und dem Auge wohltuend. Eine unter dem davorstehenden großen 
Wallnußbaume stehende Bank ladet den Besucher zur Ruhe ein, 
um sich an dem stillen, ruhigen Plätzchen länger erfreuen zu können. 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


Tafel X zeigt diese Partie der Parkanlagen in photographischer 
Aufnahme. 

b) Beschreibung einiger wertvoller Ziersträucher aus den 

Parkanlagen. 

Unter den zahlreichen Ziersträuchern, die zur Ausschmückung 
gärtnerischer Anlagen Verwendung finden, gibt es eine ganze An¬ 
zahl, deren Wert und deren Eigenschaften vielfach noch nicht ge¬ 
nügend bekannt und gewürdigt werden, weshalb hier auf einige 
derselben hingewiesen werden soll. 

Tecoma chinensis K. Koch. 

Chinesische Jasmintrompete. 

Der Strauch gehört zur Familie der Bignoniaceen und hat 
seine Heimat in China und Japan. 

Es ist dies ein prächtiger Kletterstrauch, welcher nicht nur 
zur Bekleidung von Häuserwänden usw., sondern hauptsächlich als 
Einzelpflanze auf Rasenflächen Verwendung finden kann und 
eine Zierde jeder Anlage bildet. Er entwickelt sich hauptsächlich 
in den durch mildes Klima ausgezeichneten Gegenden Deutschlands 
zu prächtigen Pflanzen, welche als solche selbst, namentlich aber durch 
die zahlreichen Blüten großartig wirken, wie Tafel XI veranschaulicht. 

Die Blätter sind unpaarig gefiedert, mit ovalen, zugespitzten, am 
Grunde verschmälerten, grobgesägten, kahlen, dunkelgrünen Blättchen. 

Die Blüten sind groß, trichterförmig, glockig, außen orange, 
innen rötlichorange, mit helleren Streifen und stehen in endständigen 
Rispen, welche im August—September zur Entfaltung kommen. Sie 
sind kürzer als bei T. radicans, jedoch bei weitem breiter und somit 
bedeutend größer. Ein weiterer Unterschied liegt noch darin, daß 
T. chinensis nicht die Wurzelpolster an den Gelenken bildet wie 
T. radicans. Die jungen Triebe sind dunkelpurpurn gefleckt. 

Der Strauch verlangt einen geschützten Standort und sonnige 
Lage, damit das Holz gut ausreift, ln kälteren Gegenden Deutsch¬ 
lands verlangt er Winterschutz, weil die Triebe gewöhnlich nicht aus¬ 
reifen. Eine Deckung mit Fichtenreisig dürfte hier sehr passend sein. 

Die Vermehrung geschieht vorwiegend durch Veredelung auf 
Wurzelstöcke von T. radicans, unter Glas bei 15—18° Wärme. 

T. chinensis findet man auch vielfach unter den Namen: 

Tecoma grandiflora Delaun. 

Bignonia ,, Thbg. 

„ chinensis Lam. 
in den Baumschulkatalogen angeführt. 

Jasminum nudiflorum Lindl. 

Frühblühender Jasmin. Nacktblühender Jasmin. 

Der frühblühende Jasmin (siehe Fig. 20), einer unserer frühesten 
Bliitensträucher, stammt aus Nordchina und gehört zur Familie der 
Jasminaceen. 


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(icisrnhrimcr Bericht 1004. 



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Partie aus den Parkanlagen. Verlag von Paul Parey in Berlin S.W. 





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(i'eisenheiwer Bericht 1U04. Tafel X/. 



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Tecoma chinensis K. Koch. Verlag \on Paul Parey in Berlin SAT. 




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F. Bericht über Gartenbau, Obsttreiberei und Arbeiten im Parke der Anstalt. 91 

Er ist ein niedrigbleibender Strauch, welcher die Höhe eines 
Meters nicht übersteigt. Er bildet rutenförmige, unbehaarte, vier¬ 
kantige grüne Zweige. 

Die Blüten erscheinen bereits in den Monaten Februar—März 
und stehen an der ganzen Länge der einjährigen Triebe. Die ein¬ 
zelnen Blüten sind sitzend, seitenständig, einzeln am Grunde von 
Schuppenblättchen umgeben und haben eine goldgelbe Färbung. 

Die Blätter erscheinen erst nach Beendigung der Blüte, sie 



Fig. 20. 

Zweig von Jasminuni nudiflorum Lindl. 

sind dreizählig, die Blättchen eiförmig oder länglich, am Rande be¬ 
wimpert, sonst unbehaart, oberseits dunkelgrün, unterseits fast wei߬ 
lich-grün. 

Der frühe Eintritt der Blüte macht den Strauch besonders 
wertvoll. Wenn im zeitigen Frühjahr die Natur noch teilweise im 
Winterschlafe ruht, erfreut dor frühblühende Jasmin das Auge bereits 
mit seinen zahlreichen goldgelben zierlichen Blüten. Einen weiteren 
Vorteil weist der Strauch noch dadurch auf, daß er sich zu ver¬ 
schiedenen Zwecken verwenden läßt. Er füllt seinen Platz als 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


Gruppenrandstrauch aus, eignet sich gut zur Bekleidung von Häuser¬ 
wänden, Laubengängen usw., ist aber besonders zur Bepflanzung 
von Steinpartien zu verwenden. 

Jasminum nudiflorum kommt nur in Gegenden Deutschlands 
mit mildem Klima ohne Decke durch den Winter. Ein Schnitt darf 
erst nach der Blüte ausgeführt werden. Man sollte ihm einen 
trockenen sonnigen Standort geben, damit die Triebe gut ausreifen 
und so besser durch den Winter kommen. 

Der frühblühende Jasmin läßt sich auch in Kalthäusern als 
Topf- oder Kübelpflanze ziehen und blüht dann ebenfalls recht 
dankbar. 

Die Vermehrung kann erfolgen durch Ableger, Stecklinge von 
krautartigen Trieben, welche unter Glas gehalten werden müssen, 
sowie durch Samen. 

Exochorda grandiflora Lindl. 

Großblütige Exochorda oder Großblütiger Spierstrauch. 

Die großblütige Prachtspiere gehört zur Familie der Spiraeaceen 
und ist in Nordchina heimisch. 

Dieser Strauch ist einer unserer herrlichsten frühblühenden 
Sträucher und kann zur Anpflanzung nicht genügend empfohlen 
werden. 

Er erreicht eine Höhe von l x / 2 —2 m und hat einen mehr hohen, 
weniger ausgebreiteten Wuchs mit runden, platten, grauen Ästen. 

Die Blätter sind länglich eliptisch, seltener breitkeilförmig, 
glatt, ganzrandig, hellgrün gefärbt, unterseits weißlich. 

Die Blüten sind groß und erreichen einen Durchmesser von 
ca. 4 cm. Die Farbe ist reinweiß. Sie erscheinen in einfachen 
Trauben im Monat Mai vor oder mit Ausbruch der Blätter. 

Mit Rücksicht auf die zahlreichen Blüten und den schönen 
Bau der Pflanze sollte man diesen prächtigen Blütenstrauch nur als 
Einzelpflanze verwenden, damit er voll und ganz zur Wirkung 
kommt. Er ist um so mehr zu empfehlen, als er vollständig winter¬ 
hart ist und in jedem Boden gedeiht. Doch muß erwähnt werden, 
daß ein mehr leichter Boden das Wachstum der Pflanze fördert. 
Für geschützten Standort wird sich der Strauch durch die vielen 
Blüten dankbar zeigen. Ein Schneiden des Strauches sollte erst 
nach der Blüte vorgenommen werden, was jedoch meistens aut das 
Auslichten älterer Triebe zu beschränken ist. 

Die Vermehrung kann erfolgen durch Kopulation auf Stücke 
der eigenen Wurzeln in Töpfen unter Glas; meistens jedoch erfolgt 
sie durch krautartige Stecklinge, welche im Frühjahr oder Hoch¬ 
sommer zur Bewurzelung gebracht werden. Auch läßt sich die Ver¬ 
mehrung durch Ableger ausführen. 

Xanthoceras sorbifolia Bge. 

Ebereschenblättriger Gelbhorn. 

Ein noch nicht genügend verbreiteter und doch sehr emp¬ 
fehlenswerter Strauch ist der ebereschenblättrige Gelbhorn, der in 


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F. Bericht über Gartenbau, Obsttreiberei und Arbeiten im Parke der Anstalt. 93 


China heimisch und erst seit den letzten Jahrzehnten bei uns ein¬ 
geführt worden ist 

Er ist ein unser Klima gut vertragender, bis 2,50 m hoch 
werdender, vielfach verästelter Strauch, der unbehaarte, hellbraune 
aufrechte Zweige und rundliche, braune, nur an den Spitzen der 
Schuppen kurz weißbehaarte Knospen bildet Die Blätter, welche 
lang gestielt, fünf- bis sieben-, öfter auch achtpaarig sind, erreichen 
eine Länge von 20—25 cm und sind denen der Sorbus sehr ähn¬ 
lich. Die 3—5 cm langen, sitzenden, schmal-lanzettlich oder schmal- 
ellipitischen Blätter sind tief und scharf gesägt, unbehaart und 
weisen auf der Oberseite eine etwas glänzende, tiefdunkelgrüne, auf 
der Unterseite hellgrüne Färbung auf. Die weißen Blüten, welche 
in großen bis 20 cm langen, dichten Trauben im Monat Mai, Juni 
erscheinen, machen diesen Strauch zu einem Blütenstrauch ersten 
Ranges, der die weiteste Verbreitung verdient. Aber nicht nur 
seiner herrlichen Blüte wegen, sondern auch seines Baues und seiner 
Früchte wegen ist dieser Strauch besonders zur Einzelpflanzung auf 
Rasenflächen in größeren gärtnerischen Anlagen geeignet. 

c) Bepflanzung von Blumenbeeten. 

Das reichhaltige Pflanzenmaterial, welches in den Gewächs¬ 
häusern und Frühbeetkästen herangezogen wird, findet zur Be¬ 



pflanzung der Blumenbeete in den Parkanlagen der Lehranstalt viel¬ 
fache Verwendung. Bei der Zusammenstellung der Bepflanzung, 
die alljährlich wechselt, haben sich die folgenden Anordnungen und 
Zusammenstellungen als recht wirkungsvoll erwiesen: 

Beet No. I (Fig. 21) Blattpflanzenbeet. Bepflanzung: 

No. 1. Alternanthera aurea nana. 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen 


No. 2. „ versicolor. 

No. 3. Coleus President Druez. 

No. 4. Gemischte Zusammenstellung aus folgenden Pflanzen: 
Abutilon Thompsoni. 

„ Andenken an Bonn. 

Acacia lophanta. 

Grevillea robusta. 

Ricinus gibsoni. 

Canna. 

Veronica Hendersoni var. 



Die Bepflanzung des Beetes erreichte eine Höhe bis 1,60 m 
und wirkte nicht nur durch die Mannigfaltigkeit in der Form der 
Blätter, sondern auch durch das Farbenspiel der Blätter wie auch 
der zahlreiche Blütentlor der Abutilon sich vorteilhaft in das ge¬ 
samte Farbenspiel einmischte. 

Beet No. II (Fig. 22) Zusammenstellung von Blatt- und 
Blutenpflanzen. Bepflanzung: 

No. 1. Alternanthera amoena spectabilis. 

No. 2. Gnaphalium miniatum. 

No. 3. Coleus Hero. 

No. 4. Begonia semperflorens Vesuv. 


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' F. Bericht über Gartenbau, Obsttreiberei und Arbeiten im Parke der Anstalt. 95 


No. 5. Unregelmäßige leichte Zusammenstellung bestehend 1 
aus: 

Cvperus papyrus. 

Tritoma uvaria grandiflora. 

Lobelia fulgens. 

Chrysanthemum frutescens >Saharet« als Untergrund. 
Die Wirkung des Beetes kann als eine vorzügliche bezeichnet 
werden. Die zahlreichen lebhaft rot gefärbten Blütenstände der 



Fig. 23 Beet No. III. Blumenbeetanlage. 

Tritoma wechselten mit den tiefrot gefärbten Blüten der Lobelien,, 
und beide Farben kamen um so mehr dadurch zur Wirkung, daß 
ein weißer Untergrund durch die zahlreichen Chrysanthemumblüten 
geschaffen war. Wesentlich aber wurde diese Wirkung noch erhöht 
durch die lebhaft grünen Triebe von Cyperus papyrus, die sich 
leicht in der Gruppe verteilten und diese überragten. 

Blumenbeetanlage No. III (Fig. 23). Zusammenstellung vor 
dem Hauptgebäude der Lehranstalt. Bepflanzung: 

No. 1. Antennaria tomentosa. 

No. 2. Iresine Lindeni. 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


.96 

No. 3. Coleus Hero. 

No. 4. Begonia semperflorens Vesuv. 

No. 5. Begonia Lubeca. 

No. 6. Iresine Wallisii. 

No. 7. Begonia Lubeca. 

No. 8. Iresine Wallisii. 

Nr. 9. Gnaphaliura miniatum. 

No. 10. Dracaena indivisa mit Untergrund von Iresine 
Lindeni. 

No. 11. Pennisetum Rüppelianum mit Untergrund von Iresine 
Lindeni. 

d) Düngungs versuche. 

1. Düngung der Rasenflächen mit Flora-Nährsalz 

von der Firma Henri Yallette in Berlin SW. 11, Schöneberger¬ 
straße 15 b. 

Um diesen Dünger in Anwendung zu bringen, wurden Mitte 
April auf einer gleichmäßigen Rasenfläche 4 verschiedene Parzellen 
von je 16 qm Größe eingeteilt und in folgendem Verhältnis gedüngt: 
Parzelle I pro Quadratmeter 45 g Flora-Nährsalz 


v II 


60 „ 

11 

v 

V III „ 

11 

75 „ 


ii 

» IV „ 

V 

90 „ 

ii 

ii 


Der Dünger wurde am 9. April, einem trüben regnerischem 
Tage gleichmäßig auf den einzelnen Flächen ausgestreut. Schon 
nach Verlauf von 10 Tagen war eine deutliche Wirkung zu er¬ 
kennen, indem die Grasnarbe sich äußerst üppig entwickelte und 
eine tief dunkelgrüne Färbung annahm, so daß sich ein auffallender 
Unterschied zwischen den gedüngten und nicht gedüngten Rasen¬ 
flächen bemerbar machte. Selbst eine deutlichere Steigerung im 
Wachstum der Grasnarbe trat, je nach der verwendeten Dünger¬ 
menge, deutlich hervor und die Wirkung des Düngers war, obgleich 
später eine anhaltende Trockenheit eintrat, noch bis spät in den 
Sommermonaten zu erkennen. Für die Praxis ergab der Düngungs¬ 
versuch, daß eine Düngergabe von 45 g pro Quadratmeter voll¬ 
ständig ausreichend ist, um eine üppige und dunkelgrüne Grasnarbe 
zu erzielen. Der Preis einer solchen Düngung würde sich, wenn 
45 g pro Quadratmeter gerechnet werden, auf etwa 3—3 x / 2 Pfg. stellen. 

Selbst im Hochsommer wurden diese Düngungsversuche noch 
einmal wiederholt, wobei dieselben guten Resultate erzielt wurden, 
trotz der außerordentlichen Dürre und Hitze unter denen der Rasen 
hier zu leiden hatte. 

2. Düngung der Topfpflanzen mit Flora-Nährsalz 

der Firma Henri Vallette. 

Gedüngt wurden mit diesem Dünger verschiedene Pflanzen 
wie: Fuchsien, Pelargonien, Heliotrop, Begonien, Chrysanthemum usw. 
und zwar in folgendem Verhältnis: 


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F. Bericht über Gartenbau, Obsttreiberei und Arbeiten im Parke der Anstalt. 97 


Gruppe I im Verhältnis 1:1000 = 1 g pro Liter Wasser 


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2:1000 = 2 „ „ 



III „ 

V 

3 :1000 = 3 „ „ 

ii 


IV „ 

V 

4 :1000 = 4 ., „ 

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n 


Die Beobachtungen ergaben, daß der Dünger auf sämtlichen 
Pflanzen eine gleichgute Wirkung ausübte, welche sich mit der 
höheren Düngergabe steigerte, so daß die Düngungspflanzen in 
Gruppe IV sich am üppigsten entwickelten. Für die Praxis zeigt 
dieser Versuch, daß eine Düngung mit Flora-Nährsalz im Verhältnis 
3 oder 4 : 1000 die günstigsten Erfolge gehabt hat, wie überhaupt 
das Flora-Nährsalz nach den hier gesammelten Erfahrungen zur 
Düngung von Topfpflanzen sehr empfohlen werden kann. Die Ver- 
sucbspflanzen wurden mit obiger Lösung anfangs alle 2 Tage und 
später täglich damit begossen. 


3. Dfingungsversuche für Rasenflächen mit konzentriertem 

Rinderdünger. 

Dieser Dünger soll nach gegebenen Angaben enthalten: 

3% Stickstoff, 

3°/o Phosphorsäure. 

1—IV, % Kali und 

50 1 —60°/ o organische, humusbildende Bestandteile. 

Die Anwendung des Düngers erfolgte im folgenden Verhältnis: 

Parzelle I pro qm 50 g konz. Binderdünger 
II „ 100 

,, m ,, „ 150,. „ ,. 

Ausgestreut wurde dieser Dünger Mitte März. 

Die Beobachtungen ergaben, daß sich ein gutes Wachstum der 
Grasnarbe, gegenüber den ungedüngten Flächen, einstellte und von 
anhaltender Wirkung war. Eine Düngermenge von 100 g pro qm 
dürfte nach den vorliegenden Versuchen ausreichend sein, um eine 
dunkelgrüne Grasnarbe zu erzielen. Es darf nicht unerwähnt bleiben, 
daß der Dünger vor dem Gebrauch angefeuchtet und durcheinander 
gemengt werden muß, weil er sonst zu sehr stäubt. 

Vorteilhaft ist es auch, diesen Dünger bereits in den Winter¬ 
monaten oder im zeitigen Frühjahr auf den betreffenden Rasenflächen 
auszustreuen, damit die Winterfeuchtigkeit noch genügend auf den 
Dünger einwirkt. 1 ) 


*) Die Anwendung des konzentrierten Rinderdüngers für Rasenflächen hat 
gegenüber anderen Düngern wie z. B. Bremer Poudrette, Fäkalextrakt usw. den 
Vorzug, daß er vollständig geruchlos ist, sich gleichmäßig verteilen läßt und daher 
für Rasendüngung in Haus-, Vor- und Villengärten der Städte wie namentlich in 
der Umgebung der Wohngebäude einen großen Wert besitzt. 

Goisonheimor Boricbt 1004. 1 


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9S II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 

c) Anderweitige Versuche. 

1. Katzenfalle 

von Emil Koch, Bellevue bei Hohenlimburg in Westfalen. 

Die Vertilgung der Katzen in den Gartenanlagen ist erforder¬ 
lich, wenn unsere Singvögel erhalten bleiben sollen. 

Obige Katzenfalle fängt ausgezeichnet und besitzt gegenüber 
anderen Fallen den großen Vorzug, daß jede Quälerei des gefangenen 
Tieres ausgeschlossen ist, was nicht genug hervorgehoben werden 
kann. Mit Recht kann diese Katzenfalle jedem Gartenbesitzer zur 
Vertilgung von Raubzeug bestens empfohlen werden. 

2. Sturmsicherer MistbeetIQfter >Sanitas< 

von Behrmann & Sander in Stade (Hannover). 

Obgleich schon im letzten Jahresbericht der Lehranstalt (1903 
S. 86) ein Urteil über die Brauchbarkeit dieses Gegenstandes ab¬ 
gegeben wurde, so muß jetzt ein weiterer Bericht folgen, nachdem 
dieser Mistbeetlüfter durch Veränderung eine Vereinfachung in An¬ 
bringung und Behandlung aufweist und somit noch einmal in Ge¬ 
brauch genommen wurde. 

Die Anwendung dieses veränderten Fensterlüfters hat gezeigt, 
daß das erste Urteil aufrecht erhalten werden muß. Die Lüftungs¬ 
vorrichtung stört bei der Bearbeitung der Kästen, ist-ziemlich um¬ 
ständlich in der Handhabung und kann überhaupt nur an solchen Kästen 
in Anwendung kommen, wo die Fenster direkt auf der Vorderwand 
des Kastens ruhen und nicht durch eine angebrachte Leiste vertieft 
liegen oder im Falz ruhen. Die Lüftungsvorrichtung ist auch beim 
Decken der Kästen sehr störend, da sich die Strohdecke an jener 
Wand des Kastens, wo sich die Lüftungsvorrichtung befindet, nicht 
gut anlegt und somit auch nicht genügend Schutz bietet. 

3. Wellenroststäbe. 

Im Jahre 1901 wurden für den Kessel der Warmwasserheizung 
hiesiger Gewächshäuser die Wellenroststäbe mit verstählter Feuer¬ 
fläche von der Firma Cornel. Schmidt-Mülheim a. Rhein in An¬ 
wendung gebracht. Diese zur Verwendung gekommenen Roststäbe 
waren bis Herbst 1904 im Gebrauch und haben sich gegenüber den 
gewöhnlichen Roststäben, die in der Regel alle 2 Jahre ausgewechselt 
werden mußten, durch größere Haltbarkeit und Widerstandsfähigkeit 
ausgezeichnet 

4. Bekämpfung der roten Milbenspinne an den Veilchenpflanzen. 

Der Schaden, den die rote Milbenspinne an den Veilchenpflanzen, 
namentlich in trockenen Sommern anrichtet, ist oft sehr bedeutend 
und eine durchgreifende Bekämpfung dieses Schädlings meist mit 
großen Schwierigkeiten verknüpft Ein starkes Bestreuen der Veilchen¬ 
pflanzen mit Tabakstaub und ein öfteres Überspritzen mit Wasser, 


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G. Bericht über Gemüsebau und Gemüsevervvertung. 


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namentlich in den Abendstunden hat hier gute Erfolge gezeigt, in¬ 
dem der genannte Schädling nur in geringem Maße einen Schaden 
an den Pflanzen anrichtete und auch nur vereinzelt auftrat. 


G. Bericht über Gemüsebau und Gemüseverwertung. 

Erstattet vom Königl. Obergärtuer E. Junge. 

Die Ausbildung der meisten Geraüsearten ließ infolge der an¬ 
haltenden Trockenheit und Hitze sehr zu wünschen übrig. Da es 
nicht möglich war, sämtlichen Kulturen das notwendige Wasser zu¬ 
zuführen, so beschränkte man sich darauf, wenigstens die Haupt¬ 
gemüsearten zur fertigen Ausbildung zu bringen. Als solche kamen 
in erster Linie die Kohlgewächse und Hülsenfrüchte in Betracht, 
von denen größere Mengen zum Einmachen Verwendung fanden. 
Von den verschiedenen Kohlgewächsen muß außerdem jährlich ein 
großer Teil in frischem Zustande überwintert werden, um zur Ver¬ 
sorgung des Internates bis in das Frühjahr hinein zu dienen. 

Über die Entwicklung einzelner Gemüsearten und -Sorten kann 
folgendes berichtet werden: 

Von den Weißkrautsorten wurden . für die Frühkultur 
»Johannistag«, »Erfurter Markt« und »Erfurter Zuckerhut« 
angebaut, von denen sich die beiden ersten Sorten am besten entwickelt 
haben. Bei der Herbstkultur lieferten das »Braunschweiger,« 
»Magdeburger« und »Ruhm von Enkhuizen« noch befriedi¬ 
gende Resultate. Die zum Vergleich neu hinzugezogenen Sorten: 
»Schweinfurter«, »Schwäbisch Filder« und »Straßburger« 
entsprachen nicht den Erwartungen; wohl zeichneten sich die Köpfe 
des Schweinfurter Krautes durch enorme Größe aus, doch ließen 
sie an Festigkeit zu wünschen übrig. 

Das Rotkraut hat sich von allen Kohlarten bei der großen 
Trockenheit und Hitze noch am besten entwickelt. Wenn auch die 
Köpfe nur mittlere Größe erreichten, so zeichneten sie sich doch 
durch Festigkeit und guten Geschmack aus. Die Erdflöhe, welche 
im allgemeinen an den Kohlkulturen großen Schaden anrichteten, 
hielten sich von den Rotkrautpflanzen fern; eine Erscheinung, die 
wir auch in anderen Jahren beobachteten. 

Von den Frühsorten müssen das »Holländische schwarz¬ 
rote frühe« und »Mohrenkopf« lobend hervorgehoben werden. 
Die Köpfe dieser Sorten sind sehr fest zartrippig und von tief 
dunkler Farbe. Als späte Sorten verdienen »Utrechter schwarz- 
rotes« und »Blutrotes spätes« wegen ihrer Größe Erwähnung. 

Der Frühwirsing hatte unter der Trockenheit sehr zu leiden, 
und nur die Herbstkulturen lieferten bessere Resultate. Die alte 
bekannte Sorte »Vertus« stand bezgl. Ertrag wieder an erster Stelle. 
Die neuen Sorten »Eisenkopf« und »Granatkopf« wurden zum ersten 


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100 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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Male zum Versuche angebaut; beide haben die Hitze sehr gut aus¬ 
gehalten, und Güte sowie Menge ließen nichts zu wünschen übrig. 
Die Sorte »Roter Delikateß», über welche bereits im Jahre 1902 
berichtet wurde, hat seit dieser Zeit keine günstigeren Resultate in 
den Gemüsekulturen der Anstalt geliefert, so daß sie nach unseren 
Erfahrungen zum Anbau nicht empfohlen werden kann. In ge¬ 
kochtem Zustande zeigt diese Sorte eine unansehnliche, graublaue 
Farbe, die Niemand Zusagen wird. 

Auch bei dem Blumenkohl ergab die Frühkultur im freien 
Lande infolge der großen Hitze nur Mißerfolge. »Erfurter Zwerg« 
versagte gänzlich, während der »Berliner« und »Mombacher« 
noch einigermaßen befriedigten. Infolge der sich im Herbste ein¬ 
stellenden Niederschläge war das Ergebnis bei den späten Sorten 
ein bedeutend günstigeres. Der »Frankfurter mittelfrühe« und 
»Non plus ultra« lieferten schöne weiße und feste Blütenscheiben 
von bedeutender Größe. 

Die infolge der Trockenheit bis zum Eintritte des Frostes nicht 
fertig ausgebildeten Pflanzen wurden mit Ballen ausgehoben und 
teils in tiefe Mistbeetkästen, teils in einem luftigen, frostfreien 
Keller eingeschlagen. Auf diese Weise war es möglich, bis in den 
März hinein frischen Blumenkohl liefern zu können. 

Von den verschiedenen Kohlrabisorten haben die blauen 
der Hitze am besten widerstanden; vor allem war es die Sorte 
»Goliath«, welche große, zarte Knollen von gutem Geschmack lieferte. 
Die neue Sorte »weißer Delikateß«, die im Vorjahre versuchsweise 
mit gutem Erfolge für die Frühkultur im freien Lande angepflanzt 
war, hat sich auch bei der Treiberei in kalten Kästen recht gut 
bewährt. Die Knollen sind von mittlerer Größe, sehr zart und von 
gutem Geschmack. 

Der Rosenkohl hat recht geringe Erträge geliefert. Die 
Hitze hielt die Entwicklung der Pflanzen sehr zurück, und die 
Knospenansätze bildeten sich meist unvollkommen aus. Die Festig¬ 
keit derselben ließ allgemein zu wünschen übrig. 

Bei dem Salat sind in den letzten Jahren eine große Zahl 
von neuen Sorten aufgetaucht, die auf den Versuchsfeldern mit 
alten bewährten Sorten vergleichsweise angebaut wurden. Unter 
den hiesigen Verhältnissen sind wir auf Grund der letztjährigen Be¬ 
obachtungen zu folgenden Resultaten gekommen: 

Zur ersten Aussaat für die Frühkultur im freien Lande eignen 
sich besonders gut: »Maikönig«, »Admiral«, »Vorläufer« und 
»Pariser Rotrand.« Die letzte Sorte hat auch recht gute Resultate 
bei der Treiberei in kalten Kästen gezeitigt. Für die zweite Aus¬ 
saat sind zu empfehlen: »Primus«, »Fürchtenichts« und »Ohne¬ 
gleichen.« Die geeignetsten Sorten für die Sommerkultur, die also 
lange zart bleiben und nicht schnell schießen, sind: »Genezzana« 
und »Princeß.« Auch »Fürchtenichts« und »Primus« lassen 
sich hierfür noch recht gut verwenden, ebenso wie sie für den 
Anbau im Herbste geeignet sind. Wer die Überwinterung von 
jungen Pflanzen im freien für die Frühkultur ausführen will, 


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G. Bericht über Gemüsebau und Gemüseverwertung. 101 

berücksichtige in erster Linie die alte Sorte »Brauner Trotz¬ 
kopf.« 

Da bei Eintritt des Winters große Mengen von Endivien zur 
Verfügung standen, mußte für eine sachgemäße Überwinterung der¬ 
selben Sorge getragen werden. Die für den Verbrauch im Früh¬ 
jahre bestimmten Pflanzen wurden nicht im Freien durch Zubinden 
gebleicht, sondern bei trockenem Wetter mit Wurzelballen ausge- 
hobeD und in Mistbeetkästen soweit voneinander eingeschlagen, daß 
sie sich nicht gegenseitig berührten. Es ist besonders darauf zu 
achten, daß die Pflanzen nicht zu tief in die Erde zu stehen 
kommen, da sie sonst sehr bald faulen. Durch reichliches Lüften 
ist dafür zu sorgen, daß die Pflanzen stets genügend abgetrocknet 
sind, was wesentlich die Haltbarkeit erhöht. Je nach Bedarf wird 
ein Teil der Endivien durch Überlegen von Strohdecken gebleicht, 
während alle übrigen Pflanzen ständig dem vollen Lichte ausgesetzt 
sind. Auf diese Weise war es möglich, Endivien bis Anfang April 
liefeni zu können. Allerdings spielt die richtige Sorten wähl bei 
der Überwinterung eine sehr wichtige Rolle. Am geeignetsten ist 
der »grüne Eskariol«; diese Sorte liefert die größten Pflanzen und 
leidet am wenigsten unter Nässe. Der »gelbe Eskariol« ist schon 
empfindlicher, während die feingekrausten Sorten am besten für die 
Überwinterung ganz ausgeschaltet und nur für das Bleichen im 
freien Lande verwendet werden. 

Unter den neueren Spinatsorten zeichnete sich »Erste Ernte« 
durch schnelle Entwicklung aus, so daß sie für die erste Aussaat 
empfohlen werden kann. Bei dem Mangold hat sich der »dunkel¬ 
grüne breitrippige« für die Überwinterung am besten bewährt, 
während sich der »Gelbe Schweizermangold« für die Sommer¬ 
kultur am geeignetsten zeigte. 

Die Gurkenernte ist im verflossenen Jahre sehr reich aus¬ 
gefallen, da in den Sommermonaten für hinreichende Zufuhr von 
Wasser gesorgt werden konnte. Die »Russische Traubengurke« 
wurde zum Ganzeinmachen, die »lange, grüne volltragende« 
und »Walzen von Athen« für Herstellung von Senfgurken ver¬ 
wendet. Die »Japanische Klettergurke« liefert aus dem freien 
Lande immer noch die besten Früchte für Salat. 

Von den Wurzelgewächsen konnte in den heißen Sommer¬ 
monaten nur dem Sellerie das nötige Wasser zugeführt werden, 
der sich demzufolge auch recht gut entwickelte. Sowohl der 
»Prager Riesen« als auch der »kurzlaubige Apfelsellerie« 
lieferten gute Knollen, die sich, im Freien eingeschlagen, bis Ende 
März in bestem Zustande hielten. Um Sellerie möglichst lange auf¬ 
bewahren zu können, ist besonders zu berücksichtigen, daß die 
Ernte nicht zu früh ausgeführt wird und daß die Knollen mit 
Schonung der inneren Blätter und der Wurzeln eingewintert werden. 
Jedes Stoßen und Schlagen muß vermieden werden, da dies das 
Fleckigwerden und Faulen der Knollen zur Folge hat. Der »kurz¬ 
laubige Apfelsellerie« ist für eine lange Überwinterung die 
geeignetste Sorte. 


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102 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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Bei den Karotten und Möhren wurde versuchweise ein 
Beet im Herbste nicht herausgenommen, sondern über Winter mit 
Laub bei Frostwetter gedeckt Die Decke wurde nach Bedarf ver¬ 
stärkt, bei Tauwetter jedoch ganz entfernt Die auf diese Weise 
überwinterten Möhren haben sich bis tief in das Frührjahr hinein 
tadelJos gehalten und unterscheiden sich im Geschmack nicht viel 
von frischen getriebenen Karotten. Diese Überwinterungsmethode, 
die ohne Zweifel für den Handel alle Beachtung verdient, soll im 
nächsten Jahre auch bei anderen Wurzelgewächsen angewendet 
werden. 

Von Radies hat im freien Lande nur die Sorte »Eiszapfen« 
die große Hitze gut vertragen; der Anbau aller übrigen Sorten 
schlug fehl. »Eiszapfen« eignet sich auch vorzüglich zur Treiberei 
im kalten Kasten; die Sorte beansprucht nur weiteren Abstand, da 
die Laubentwicklung eine starke ist Das »Würzburger Riesen«, 
welches versuchsweise angebaut wurde, entwickelt eine sehr große 
Knolle; diese Sorte muß jedoch für ein Radies als zu groß bezeichnet 
werden, denn gerade bei dieser Gemüseart sollte die Grenze nach 
oben nicht überschritten werden. 

Die Hülsenfrüchte lieferten infolge der reichlichen Zufuhr 
von Wasser eine gute Ernte, so daß große Mengen im Internat so¬ 
wie in der Obstverwertungsstation konserviert werden konnten. 

Für das Einmachen in Gläsern und Büchsen wurde in erster 
Linie die »Juli-Stangenbohne« verwendet, da dieselben wenig 
Fäden besitzt, sehr speckig und zart im Geschmacke ist. Die große 
Tragbarkeit dieser Sorte sowie die schnelle Entwicklung wurde 
wiederholt lobend hervorgehoben. Yon Wachsbohnen eignet sich 
besonders gut für die Konservierung die neue Sorte: »Flageolet 
Wachs« mit weißen Samen. Beiden älteren Sorten, wie »Neger 
Wachs« und »Wachs Dattel« tritt die dunkle Farbe der Samen un¬ 
angenehm hervor. »Flageolet Wachs« zeichnet sich außerdem durch 
eine schöne goldgelbe Farbe der Hülsen aus. Über die neue Sorte 
»Kaiser Wilhelm Wachs«, welche versuchsweise angebaut wurde, 
läßt sich noch kein endgültiges Urteil fällen. Der Ertrag war im 
verflossenen Jahre bei dieser Sorte ein nur mäßiger. 

Von den neueren Sorten von Stangenbohnen haben im ver¬ 
flossenen Jahre »Avantgarde« und »allerfrüheste langschotige 
Zehnwochen« reichlich getragen. Die Buschbohne »Unerschöpf¬ 
liche« setzte wohl früh mit dem Ertrage ein, und es konnte lange 
Zeit geerntet werden, doch blieben die Hülsen viel zu klein. Unter 
den älteren Sorten von Buschbohnen, die immer noch an erster 
Stelle angebaut zu werden verdienen, sind »Kaiser Wilhelm« 
und »Hinrichs Riesen« zu nennen. »Kaiser Wilhelm« ist für die 
erste Aussaat am geeignetsten, da sie sich schnell entwickelt, reich 
trägt und lange, fleischige Hülsen liefert. »Hinrichs Riesen« weist 
wohl dieselben guten Eigenschaften auf, entwickelt sich jedoch lang¬ 
samer, weshalb sie bei späteren Aussaaten berücksichtigt werden sollte. 

Die ersten Aussaaten von Erbsen lieferten sehr reiche Erträge, 
während die späteren infolge der Trockenheit nur sehr wenig 


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G. Bericht über Gemüsebau und Gemüsevenvertung. 


103 


Hülsen ansetzten. Als früheste Sorten wurde mit bestem Erfolge 
»Wunder von Amerika« und »Allerfrühste Mai« angepflanzt. 
Für die Konservierung dienten »Grünbleibende Folgererbse« 
und »Ruhm von Kassel«. Diese beiden Sorten sind von mittlerer 
Höhe, tragen sehr reich und liefern eingemacht ein Produkt von 
tadelloser Güte. 

Den Tomaten kam der heiße Sommer sehr zu statten, und 
der Ertrag war demzufolge ein ganz bedeutender. Wie in den 
Vorjahren, so wurde auch im Berichtsjahre der »Geisenheimer 
Frühtomate« das meiste Feld eingeräumt. Inwieweit diese Sorte 
den Anforderungen der Praxis entspricht, geben die untenstehenden 
Ausführungen zu erkennen. Mit Rücksicht darauf, daß im Handel 
von mehreren Seiten den großen, glatten Früchten der Vorzug 
gegeben wird, wurden von den spätreifenden Sorten: »Star aller¬ 
früheste« und »Präsident Garfield« angebaut. Die reiche 
Tomatenernte gab Veranlassung, daß größere Mengen als Mark kon¬ 
serviert wurden. Die einfachste und billigste Methode der 
Konservierung für den Haushalt ist folgende: 

Die gut reifen Früchte werden zerteilt und zerkocht. Ein 
Wasserzusatz ist überflüssig, da die Tomaten von Natur aus sehr 
wasserhaltig sind. Die zerkochte Masse wird durch ein Sieb ge¬ 
trieben, so daß Schalen und Kerne Zurückbleiben. Das gewonnene 
Mark wird etwas eingekocht und alsdann ohne jeglichen Zusatz in 
möglichst heißem Zustande in gründlich gesäuberte Flaschen gefüllt, 
die sofort verkorkt werden. Vorsichtshalber ist der Inhalt nach 
Überbinden der. Flaschen noch ’/ 2 Stunde auf 65° zu erhitzen. 
Das auf diese Weise konservierte Mark hält sich jahrelang ohne 
zu verderben. 


Urteile Uber die Geisenheimer Frühtomate. 

In den letzten Jahren wurde Samen der an hiesiger Anstalt 
gezüchteten Sorte zum versuchsweisen Anbau an Interessenten ab¬ 
gegeben, um festzustellen, inwieweit sich dieselbe zum Anbau unter 
anderen Verhältnissen eignet. Das nachstehende Urteil des Baum¬ 
schulenbesitzers Grau in Cörbelitz bei Magdeburg dürfte den Wert 
der »Geisenheimer Frühtomate« genügend kennzeichnen. Er be¬ 
richtet über den Versuchsanbau folgendermaßen. 

»Ich legte auf zwei ganz verschiedenartigen Ländereien (schwerer 
Gartenboden und leichter Sandboden auf Rieselfeld) zwei große 
Versuche an mit mehreren als Frühsorten viel gerühmten Tomaten¬ 
sorten, von jeder auf jedem Felde 100 Pflanzen. Es waren die 
Sorten 1. Alice Roosevelt. 2. Frograore Selected, 3. Ham Gram 
Favorite, 4. Muths Frühtomate und 5. Geisenheimer Frühtomate. 

Da mein eigener Geldbeutel in erster Linie bei diesem Versuch 
in Betracht kam, d. h. die Herausfindung einer Sorte, die für mich 
die gewinnbringendste war, so war ich durchaus nicht voreinge¬ 
nommen in Rücksicht auf Namen und Personen. 

No. 4 kommt eigentlich nicht in Frage. Ich hatte von dieser 


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104 II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 

Sorte nicht genügend viel starke Pflanzen, aber auch die wenigen 
haben mich nicht in Bezug auf Frühreife, vor allem aber auch nicht 
in Bezug auf die Menge der Früchte, befriedigt. No. 2 und 3 fielen 
sehr bald aus. Sie waren bei weitem nicht früh genug; dann auch 
zeigten sich bald einige schlechte Eigenschaften, die sie zur Ver¬ 
wendung im Großanbau als völlig wertlos erscheinen ließen (leicht 
rissig werden; zu viel Laub im Gegensatz zum Ertrag; Neigung vieler 
Früchte, mehr gelb wie sattrot zu werden). In Betracht kamen 
schließlich nur Alice Roosevelt und die Geisenheimer Frühtomate. 
Von ersterer Sorte ist ja im letzten Jahre viel Rühmens gemacht. 
Sie zeigt frühes Einsetzen der Fruchtbarkeit, große, schöne, glatte 
Früchte, auch eine befriedigende Tragbarkeit; aber gegen die Geisen¬ 
heimer fiel die Sorte sehr ab. Die ersten Früchte erschienen um fast 
3 Wochen später wie bei der letzteren; auch war der Ertrag weit 
hinter dieser zurück. Das Ertragsverhältnis der beiden Sorten war 
etwa 3:5. Alice Roosevelt hat sogar trotz des heißen trockenen 
Sommers eine bedenkliche Neigung zum Rissigwerden gezeigt. Bei 
der Geisenheimer habe ich solches bei keiner einzigen Frucht ge¬ 
funden. Alice Roosevelt dürfte schon deshalb keine Sorte für den 
Massenanbau werden, weil sie im Verhältnis zum Ertrag viel zu 
starkwüchsig ist. Sie bildet eine große Menge von Stengel- und 
Blattmasse. 

Die Geisenheimer Frühtomate gehört zu den rippigen (manche 
Früchte werden mehr glatt), leuchtend rot gefärbten, wenigstens in 
diesem Jahre nicht rissig werdenden Sorten von ganz enormer 
Tragbarkeit. Ausgesetzt waren die Pflanzen gegen den 20. Mai; 
Mitte Juli waren die ersten Früchte reif. In geschützter Lage und 
gutem Boden bei zeitigem Auspflanzen dort, wo keine Nachtfröste 
zu befürchten sind, dürften die ersten reifen Früchte Anfang Juli 
sich erzielen lassen. 

Von der Tragbarkeit mögen folgende Zahlen eine Vorstellung 
geben: »Auf einer Gartenparzelle brachten 600 Pflanzen, unein- 
gerechnet diejenigen, welche besonders frühe und schöne Samen¬ 
früchte trugen, rund 30 Ztr. Früchte. In meinen Feldkulturen hatte 
ich einen Morgen Land zur Hälfte mit Geisenheimer Frühtomate, 
zur Hälfte mit der früher vielgerühmten König Humbert bepflanzt. 
Ein zweiter Morgen Land mit derselben Bodenbeschaffenheit wie 
der erste trug nur die letztere Sorte. Von dem ersten Morgen 
waren, als Mitte Oktober die ersten Nachtfröste einsetzten, rund 
100 Ztr. Früchte verkauft, während der zweite Morgen von König 
Humbert bis dahin nur 40 Ztr. gebracht hatte. Der erste Morgen, 
ausschließlich mit der Geisenheimer Sorte bepflanzt, und wenn das 
Ausbleiben des Nachtfrostes volles Ausreifen der letzten Früchte 
zugelassen hätte, würde sicherlich 150 Ztr. Früchte geliefert haben.« 


Ähnliche Urteile liegen auch von anderen Seiten vor. So be¬ 
richtet Dr. Lehmann in der »Zeitschrift für Obst- und Gartenbau« 
über die Geisenheimer Frühtomate wie folgt: Mit der »Geisen- 


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H. Bericht über Bienenzucht. 


105 


heimer Frühtomate« bin ich sehr zufrieden. Sie ist nicht nur früher, 
sondern trägt auch noch reicher als »Muths große Tomate«, die ich 
bisher gezogen habe. Sehr gerühmt wurde »Alice Roosevelt«. Ich 
habe sie unter gleichen Bedingungen wie die beiden oben genannten 
Sorten gezogen, bin aber sehr unzufrieden damit, nicht nur, daß sie 
wenig Früchte hervorbrachte; die paar Früchte die sie trug, wurden 
trotz des heißen Sommers nicht einmal reif. 

Ebenso ist nach Angaben in derselben Zeitschrift Baumschulen¬ 
besitzer Schröter in Salzwedel mit dem Anbauversuch sehr be¬ 
friedigt. ’Er lobt die »Geisenheimer Frühtomate« als die beste der 
angebauten Frühsorten. 


Wenn in diesen Berichten nur von Vorzügen dieser Sorte die 
Rede ist, so sei doch an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß nach 
unseren Beobachtungen die Geisenheimer Frühtomate einige Mängel 
aufweist, die durch sorgfältige Zucht noch beseitigt werden müssen. 

Da im Handel die glatten Früchte bevorzugt werden, so wird 
dahin gestrebt, die Sorte, welche zur Zeit rippige Früchte besitzt, 
nach dieser Richtung zu vervollkommnen. Beim Anbau ist ferner 
zu berücksichtigen, daß die Geisenheimer Frühtomate eine sehr 
dünne Schale besitzt, so daß sie in reifem Zustande langen Trans¬ 
port nicht gut aushält. Für den Verbrauch im Haushalt oder in 
fabrikmäßigem Betriebe ist die dünne Schale sehr willkommen, da 
die Menge der Rückstände hierdurch bedeutend verringert wird. 


H. Bericht über Bienenzucht. 

Von Ao9taltsgärtner Baumann. 

Im Herbst 1903 hat die Anstalt 13 Bienenvölker eingewintert. 
Sie mußten alle, weil es in diesem Jahre wenig Honig gegeben hat, 
mit Kandiszucker-Wasser gefüttert werden, sonst wären sämtliche 
Völker während des Winters verhungert. Man mußte jedem Volke 
fast 6 1 Kandiszucker-Wasser reichen. Nur eine einzige Königin 
ist abgestorben. Das konnte man schon am 7. Februar, als die 
Bienen den ersten Reinigungsausflug machten, beobachten. Die 
Bienen haben den ganzen Tag geheult und sind noch spät am 
Abend, als alle andere Völker schon ruhig waren, auf dem Flugbrett 
herumgelaufen. Dieses Volk wurde am 8. März mit einem anderen 
Volk, das in der Nähe stand, vereinigt. 

Am 7. Februar hatten wir hier im Rheingau um 2 Uhr -f-7,5° C. 
im Schatten; und da sind von 13 Völkern 6 geflogen, und die 7 an¬ 
deren sind ganz ruhig geblieben. 5 Völker stehen im Freien unter 
einem Dach, und diese sind alle 5 geflogen. Die Fluglöcher 
schauen nach Osten, so daß 3 Kästen nach Süden und 3 nach 


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II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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Norden stehen. Man sollte nun meinen, daß die Völker nach der 
Südseite am ersten fliegen müßten, weil diese den ganzen Tag von 
der Sonne getroffen wird. Es sind aber die Völker nach der Nord¬ 
seite am ersten und am stärksten geflogen. 

Im Bienenhaus selbst (es ist aus Brettern gebaut) stehen 
8 Völker, 2 Strohkörbe und 6 Holzwohnungen. Diese 6 und ein 
Strohkorb haben ihre Fluglöcher ebenfalls nach Osten gerichtet, 
und davon hat sich nicht eine einzige Biene sehen iassen. Der 
eine Strohkorb, bei dem das Flugloch nach Süden sieht, ist stark 
geflogen. Die Sonne hat das Volk herausgelockt. Es ist darüm besser, 
wenn die Fluglöcher nach Osten gerichtet sind, damit die Bienen 
länger in Buhe bleiben, oder man muß die Fluglöcher nach der 
Südseite mit einem Tuch oder sonst einem Gegenstand beschatten, 
damit sie nicht direkt von den Sonnenstrahlen getroffen werden. 

Bei dem ersten Reinigungsausflug am 7. Februar haben die 
Bienen auch gleich angefangen, ihre Wohnung zu reinigen und die 
toten Bienen, die den Winter über abgestorben sind, hinauszutragen. 
Dabei sind viele Bienen umgekommen. Sie flogen mit den toten 
Bienen zum Stock hinaus, fielen mit ihrer Last zu Boden und er¬ 
starrten, weil es noch viel zu kalt war. Es war erstaunlich zu 
sehen, wie viele toten Bienen in wenigen Stunden aus den Stöcken 
getragen wurden. Bei diesem Ausflug haben wir gesehen, daß der 
Rheingauer Bienenzüchter nicht warten darf, um seine Völker zu 
reinigen, bis sie den ersten Reinigungs-Ausflug gemacht haben. Er 
muß dieses Geschäft schon vorher besorgen, sobald im Februar 
einige gelinde Tage eintreten, sonst hat er zu viel Verlust an 
Bienen. Beim Blätterstock geht das Reinigen der Bodenbretter 
sehr leicht und schnell. Man braucht nur hinten am Fenster den 
Schieber ganz leise zu öffnen und das Bodenbrett mit einer langen 
Gänsefeder sauber abzukehren. Mit der Bodenkratze darf man jetzt 
noch nicht arbeiten, sonst würde man die Bienen zu viel stören. 

Der Monat März war sehr günstig für die Bienen; sie konnten 
an 11 Tagen einen Ausflug halten. Am 15. März haben sie das 
erste Wasser und die ersten Pollen eingetragen und zwar von Hasel¬ 
nüssen. Der 28. März war ein herrlicher Tag; wir hatten um 2 Uhr 
-(-16° C. im Schatten und dabei sehr ruhiges Wetter. Da haben 
die Bienen viel Pollen von Taxus, Weiden, Kornelkirschen und 
Crocus eingetragen. Von dem letzteren sollte sich jeder Bienen¬ 
züchter ein Beet in seinem Garten anlegen. In unserem Anstalts- 
Park hat man vor mehreren Jahren in den Rasen an verschiedenen 
Stellen im Herbst Crocus-Zwiebeln eingesteckt. Diese blühen fast 
immer im März, wenn sonst noch fast keine blühende Pflanzen vor¬ 
handen sind, geben ein prachtvolles Bild und liefern den Bienen 
sehr viel Pollen, den sie gerade um diese Zeit so sehr gebrauchen, 
um ihre Brut zu füttern. Die Crocus haben soviel Blütenstaub, daß 
man oft 3 Bienen auf einem Blütenboden sitzen sieht. Man kann 
dabei beobachten, wie sie den Blütenstaub mit den Füßen in die 
Körbchen an den Hinterbeinchen streichen. Sie brauchen oft nur 
2—3 Blüten zu besuchen, um ihre Körbchen zu füllen. 


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H. Bericht über Bienenzucht. 


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War der März günstig für unsere Bienen, so daif man dies 
noch mehr vom April sagen. Am 10. sind Aprikosen, Pfirsiche 
und Stachelbeeren in die Blüte getreten; da war der Tisch für die 
Bienen gedeckt. Es war zwar am 10. und 11. April stürmisch und 
viele Bienen, die beladen von der Weide heimkamen, wurden zu 
Boden geschlagen; sie konnten aber bald wieder fort fliegen, weil 
der Boden trocken war. Am 17. April standen alle Obstbäume 
außer dem Apfel in voller Blüte. Trotz der günstigen Blüte und 
trotz des schönen Wetters ist die Birnblüte in diesem Jahr gar 
nicht von den Bienen beflogen worden. Es kam dies vielleicht 
daher, daß um diese Zeit die Kirschen und Pflaumen in Blüte 
standen, und diese spenden vielleicht mehr und besseren Honig und 
Pollen wie die Birnen. Die Birnblüte wird im nächsten Jahr noch 
einmal beobachtet, um darüber berichten zu können. 

Der 17. April brachte uns abends 7 Uhr ein starkes Gewitter 
mit viel Regen, der bis Montag, den 18., um 4 Uhr anhielt; dann 
ist es wieder warm geworden. Die Apfelblüte ist am 20. April ein¬ 
getreten; sie hat aber, weil es sehr warm war, nur einige Tage 
angehalten. 

Der Monat Mai war bis zum 10. regnerisch und kalt und für 
die Bienen recht ungünstig. Im Jahre 1903 haben wir am 23. Mai 
den ersten Schwarm bekommen. Im Jahre 1904 ist der erste 
Schwarm von einem Krainer "Volk schon am 11. Mai gefallen. Er 
hat um 1 Uhr seine Wohnung verlassen. Während des Schwarm¬ 
aktes kam gerade eine kalte Wolke, und da sind die meisten Bienen 
zu Boden gefallen. Nur wenige Hände voll haben sich mit der 
Königin um eineD Ast gesetzt Die Königin wurde, weil der Schwarm 
zu schwach war, ausgesucht und getötet Die Bienen sind dann 
wieder in ihre alte Wohnung eingezogen. Am Abend hat sich das 
Wetter wieder etwas gebessert; dann sind die zu Boden gefallenen 
Bienen auch wieder heimwärts gezogen. 

Die Himbeere ist am 25. Mai in die Blüte getreten; sie wurde 
stark von den Bienen beflogen und lieferte auch ziemlich Honig; 
es hatte gerade einige Tage vor der Blüte geregnet. 

Am 26. Mai hat die Akazie angefangen zu blühen, und am 
1. Juni war sie schon vorüber. Vom Monat Mai war der 28. der 
beste Tag für die Bienen. Sie haben schon um 5 Uhr die Akazien¬ 
blüte beflogen und setzten dies bis spät abends fort Nachts hatten 
wir einen guten warmen Regen, so daß sich gewiß viel Honig 
bilden konnte; das konnte man auch an dem Heimfliegen der Bienen 
sehen, denn sie sind ganz schwer auf das Flugbrett gefallen. An 
diesem Tag haben sie fast gar keinen Blütenstaub eingetragen. 

Um dieselbe Zeit stand auch die Esparsette in der Blüte: eine 
Pflanze, welche viel Honig spendet. Leider wird dieser Klee schon 
gemäht, bevor er in voller Blüte steht. Früher hat man in der 
Geisenheimer Gemarkung fast gar keine Esparsette angesäet, weil 
die Landwirte glaubten, sie würde in unserem trockenen, leichten 
Boden nicht gedeihen; jetzt haben sie sich aber überzeugt, daß die 
Erträge gerade so gut sind, wie bei der Luzerne. Diese wird hoffent- 


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108 


II. Tätigkeit der Anstalt nach innen. 


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lieh in den Hintergrund treten müssen, was den Bienenzüchter nur 
freuen kann, denn die Luzerne liefert gar keinen Honig. 

Von der Lindenblüte, die am 2. Juni eingetreten ist, hat der 
Eheingauer Bienenzüchter fast gar keinen Honig bekommen. Es war 
um diese Zeit zu heiß und zu trocken, und da haben die Blüten 
keinen Honig gespendet. 

Von jetzt ab bis Ende September konnten die Bienen jeden 
Tag fliegen; sie konnten aber an den Pflanzen infolge der großen 
Trockenheit fast gar keinen Honig finden. Das was sie von diesem 
Zeitpunkt an einbrachten, haben sie an unserem edlen Obst und 
an den Trauben gefunden. 

Viele Bienenzüchter behaupten, daß die Bienen unserem Obst 
keinen Besuch abstatten und nichts davon eintrügen. In diesem 
Jahr war das aber wohl der Fall. Wenn das Obst edel ist und 
überreif am Baum wird, so kommt es vor, daß die Bienen viel Saft 
davon eintragen. In diesem heißen Sommer besuchten sie fast alle 
Obstarten, außer den Apfel, dessen Saft ihnen wohl zu sauer ge¬ 
wesen sein wird. Sie suchen sich aber von jeder Obstsorte das 
Beste heraus. Von den Kirschen trugen sie von der Frühen Maien¬ 
herzkirsche und der Schwarzen Adlerkirsche den meisten Saft ein; 
diese beiden Sorten werden aber auch am meisten von den Spatzen 
beschädigt 

Bei Erdbeeren wurde Rudolph Goethe am meisten von den 
Bienen beflogen; sie ist aber auch eine ganz edle Frucht. Es ist 
sehr schade, daß die Sorte eine weiße Farbe hat, deshalb wird sie 
nicht gern auf dem Markt gekauft. 

Von den Himbeerfriichten, die beim Pflücken übersehen wurden, 
haben sie den ganzen Saft eingetragen; sie haben nicht eine einzige 
Beere übersehen. Wir haben einige Büsche von der Sorte Schaffers 
Kollosal, die sehr starke Ruten treibt, deren Früchte aber so klein 
sind, daß es sich kaum lohnt, sie zu pflücken. Für die Bienen 
war sie aber nicht zu klein, denn sie haben sich den ganzen Saft 
geholt, trotzdem die Früchte gar nicht edel sind. 

Selbst an Stachelbeeren hat man viele Bienen angetroffen, die 
den Saft holten, trotzdem diese doch sehr viel Säure haben. 

Blieb an einem Pfirsichbaume eine Frucht hängen, die überreif 
wurde, so daß die Haut aufplatzte, oder sie wurde von einem anderen 
Insekt angestochen, so waren die Bienen sofort zur Stelle und trugen 
den Saft in ihre Wohnungen. Fällt ein reifer Pfirsich zur Erde 
und er wird verletzt, so sind die Bienen bald dabei, um den Saft 
zu holen. Leider muß manche Biene dabei ihr Leben lassen. Will 
jemand den Pfirsich auflesen, so werden die Bienen zuerst mit dem 
Fuße tot getreten, weil man glaubt sie würden beim Fortjagen 
stechen. Das ist aber niemals der Fall, denn die Bienen sind, von 
ihrer Wohnung entfernt, gar ängstliche Tiere. Werden sie beim 
Honigsammeln gestört, so entfernen sie sich sofort und ziehen nach 
Hause. Anders ist es in der Nähe ihrer Wohnung, da verteidigen 
sie sich bis zum Tode, weil sie glauben, man will in ihre Wohnung 
eingreifen. 


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111. Tätigkeit der Anstalt nach außen. 


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Ist eine Birne am Baum hängen geblieben und sie wurde von 
den Wespen angestochen, so erscheinen sofort die Bienen und saugen 
den ganzen Saft heraus. 

Selbst an Mirabellen und Reineclauden hat man an den auf- 
geplatzten Früchten viele Bienen angetroffen, die den Saft aufsaugten. 

Kurz vor der Weinlese, die Beeren waren schon recht reif, 
hatten wir zwei Tage mit starkem Regen, durch den viele Beeren 
aufgesprungen sind; darauf gab es drei warme Tage; während dieser 
Zeit haben unsere Bienen ihren ganzen Bedarf an Futter für den 
Winter eingetragen. Sie kamen ganz schwer beladen aus den 
Weinbergen geflogen; das konnte man ganz gut an dem dicken 
Hinterleib sehen. Sie sind auch ganz schwer auf das Flugbrett auf¬ 
gefallen. Die Beeren der Weintrauben werden aber nicht von den 
Bienen verletzt; die Bienen haben nur eine Zunge, mit der sie den 
Saft aufsaugen können, und nehmen daher nur den Saft, der doch 
fortlaufen würde. 

An gesundem Obst und Trauben wird man niemals eine Biene 
antreffen; auch muß das Obst hoch reif sein und viel Zucker be¬ 
sitzen. In schlechten Jahren, in denen die Trauben nicht ganz 
reif werden, wird man keine Biene in den Weinbergen sehen. 

Unser Bienenstand besteht jetzt aus 17 Völkern. Davon sind 
13 Holzwohnungen und 4 Strohkörbe mit beweglichem Wabenbau. 
Im kommenden Frühjahr sollen noch 6 neue Blätterstöcke angeschafft 
werden. 


ni. Tätigkeit der Anstalt nach aufsen. 

Garteninspektor Glindemann hielt einen Vortrag über »Fein¬ 
obstkulturen« in der Gärtnervereinigung zu Oberrad bei Frankfurt a/M. 
und einen Vortrag über »Anpflanzung von Alleebäumen« im Ver¬ 
schönerungsverein zu Hochheim a/Main. Derselbe leitete die Be¬ 
pflanzung der neuen städtischen Gartenanlagen zu Bingen a/Rhein 
und veröffentlichte ein kleines Werk »Die Rose im Garten«. 

Obergärtner Junge hielt folgende Vorträge: »Organisation des 
Baumwärterwesens« bei Gelegenheit der Vorstandssitzung, des Xas- 
sauischen Landesobstbauvereins in Ems. Über »Kritik der großen 
internationalen Obstausstellung in Düsseldorf« auf der General¬ 
versammlung desselben Vereins zu Montabaur; sowie über »Die 
Konservierung der Gemüse« in der Gartenbau-Gesellschaft zu Frank¬ 
furt a'M. 

Obergärtner Junge befaßte sich mit der Ausführung umfang¬ 
reicher Taxationen in der Gemarkung Biebrich, wurde wiederholt 
als Sachverständiger von Gerichten geladen und war als Preisrichter 
auf den Frühobstausstellungen am 15. Juli und 25. August zu 


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110 


III. Tätigkeit der Anstalt Dach außen. 


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Düsseldorf tätig. Auf der großen internationalen Obstausstellung 
zu Düsseldorf war derselbe der Sortenbestimmungskomraission zu¬ 
gewiesen. 

Obergärtner Junge nahm an der Kommissionssitzung des 
Deutschen PomologenVereins zu Eisenach teil und unternahm im 
Auftrag des Ministeriums im Oktober eine Studienreise nach Belgien 
und Nordfrankreich. Er redigierte die Zeitschrift »Geisenheimer Mit¬ 
teilungen über Obst- und Gartenbau« und lieferte Beiträge für diese 
und andere Fachzeitschriften. 

Von Landes-Obstbaulehrer Winkelmann wurden folgende 
Vorträge gehalten: 

1 über: »Welche Bedingungen müssen für einen gewinnbringen¬ 

den Obstbau vorliegen?« 

2 .. »Die Obstverwertung im bürgerlichen Haushalte.« 

3 »Die Pflege der Obstbäume im Winter.« 

1 .. »Das Buschobst.« 

1 »Zwergobstbau im Hausgarten.« 

1 »Rationelle Bewirtschaftung des Gemüsegartens.« 

4 »Die Heranzucht der jungen Hochstammkronen.« 

3 »Die Pflanzung der Obstbäume und Auswahl des 

Pflanzmaterials.« 

2 .. »Die Bekämpfung der gefährlichsten Obstbaumschädlinge 

pflanzlicher und tierischer Art.« 

3 „ »Die Behandlung älterer Obstbäume und die Düngung 


derselben.« 

2 „ »Das Verjüngen und Umpfropfen der Obstbäume.« 

I „ »Die notwendigsten Arbeiten an den Obstbäumen.« 
Praktische Unterweisungen wurden erteilt: 

II im Kronenschnitt, 

8 im Ausputzen älterer Obstbäume, 

2 im Umpfropfen und Verjüngen der Obstbäume und in der 
Behandlung der umgepfropften Bäume, 

2 in der Behandlung des Buschobstes, 

2 ,. „ nichtausgetriebener junger Obstbäume. 

Außerdem wurden von demselben abgehalten: 

4 Obstbaumpflegekurse von je t> tägiger Dauer, 

1 Obstbaumpflegekursus von je 3 tägiger Dauer, 

1 Spalierzuchtkursus (Winter-) von je 4tägiger Dauer, 

1 (Sommer-) „3 

2 Obstverwertungskurse 3 ,, 

2 Obst- und Gemüseverwertungskurse von je 3 tägiger Dauer. 


Im Kreise Höchst a/M. veranstaltete er einen dreiwöchent¬ 
lichen Obstbau-Wanderkursus und besuchte bei dieser Gelegenheit 
15 Gemeinden. Nachmittags fand eine Besichtigung der in der be¬ 
treffenden Gemeinde vorhandenen Obstbäume statt, abends wurde 
ein Vortrag über Obstbau gehalten, in welchem das am Nachmittage 
Gesehene hineingeflochten bezw. besprochen wurde und am nächsten 
Vormittage folgte eine praktische Demonstration. 


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III. Tätigkeit der Anstalt nach außen. 


111 


Revisionen fanden statt von: 

27 Gemeindebaumschulen, 

1 Kreisbaumschule, 

40 Gemeinde-Obstanpflanzungen, 

2 Obstpflanzungen auf Domänenländereien, 

6 Straßenpflanzungen und in 4 Gemeinden wurde das Ge¬ 
meindeland auf seine Brauchbarkeit für Obstbau geprüft. Bei be¬ 
stehenden und Ausführung von Obstanlagen im Privatbesitz hatte 
der Landes-Obstbaulehrer sehr häufig Rat zu erteilen. 

Im Aufträge des Unterwesterwaldkreises beschaffte er einen 
größeren Posten Obstbäume und verteilte dieselben an mehrere Ge¬ 
meinden genannten Kreises zur Anpflanzung auf Gemeindeland. 

Gelegentlich des an der Kgl. Lehranstalt in Geisenheim ab¬ 
gehaltenen Obstbaukursus hatte er den theoretischen und praktischen 
Unterricht in der Obstbaumzucht und im Baumwärterkursus den 
Unterricht im Schutz der Obstbäume gegen Insekten sowie praktische 
Demonstrationen in der Pflege der Obstbäume zu erteilen. 

Der Landes-Obstbaulehrer besuchte die im Laufe des Sommers 
in Düsseldorf stattgefundenen Obst- und Gemüseausstellungen, ferner 
die Lokal-Obstausstellungen in Seckbach, Montabaur, Hattenheim und 
Castellaun. Auf 3 Ausstellungen nahm er die Obstsortenbestim¬ 
mung vor. 

In seiner Eigenschaft als Geschäftsführer des Nassauischen 
Landes-Obst- und Gartenbauvereines lag dem Landes-Obstbaulehrer 
die Geschäfts- und Kassenführung des genannten Vereins ob, er 
nahm an dessen Vorstandssitzungen und Generalversammlung teil 
und hatte die Protokolle zu führen. Er besuchte eine große An¬ 
zahl der dem Nassauischen Landesverein angeschlossenen Zweig¬ 
vereine, um mit diesen bezw. ihren Vorsitzenden über die zur Hebung 
des Obst- und Gartenbaues zu ergreifenden Maßnahmen zu beraten. 
An 67 Anbaustellen verteilte er Gemüsesämereien zum Versuchs¬ 
anbau und kontrollierte im Laufe des Sommers die Anbaustellen. 
Er führte ferner den Versand von Edelreisern an die Mitglieder 
und Zweigvereine des Landes-Vereines aus und hatte einen sehr 
umfangreichen Schriftwechsel zu führen. 

Im Aufträge des Landes-Vereines, der sich an der vom 8. bis 
16. Oktober 1904 in Düsseldorf stattgefundenen internationalen Obst¬ 
ausstellung beteiligte, beschaffte er im Vereinsgebiete das vor¬ 
geschriebene Quantum der einzelnen Sorten des Normal-Obstsorti- 
mentes für den Regierungsbezirk Wiesbaden und stellte das Obst in 
Düsseldorf auf. Ferner wurde durch ihn auch das von den Zweig¬ 
vereinen und persönlichen Mitgliedern des Landes-Vereines zur Aus¬ 
stellung geschickte Obst aufgestellt und er verkaufte nach Schluß 
der Ausstellung das durch ihn ausgestellte Obst. Die gelegentlich 
der Vorstandssitzung und Generalversammlung des Landes-Vereines 
vom Obst- und Gartenbau verein für den Unterwesterwaldkreis in 
Montabaur veranstaltete Obstschau hatte er zu arrangieren. 

Während des vom Nassauischen Landes-Vereine in Geisen¬ 
heim abgehaltenen Wiederholungskursus für Obstbaumwärter hatte 


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112 


III. Tätigkeit der Anstalt nach außen. 


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er die theoretischen und praktischen Unterweisungen im Obstbau 
zu erteilen. 

Landes-Obst- und Weinbaulehrer Schilling hielt im Berichts¬ 
jahre folgende Vorträge, Kurse, praktische Unterweisungen und 
Revisionen ab: 37 Vorträge, davon 

3 über Weinbau und Kellerwirtschaft. 

1 über: »Vorschläge zur Hebung desWeinbaues inEmsa/Lahn.« 

1 ,, »Die Anlage und Behandlung der Weinberge.« 

1 „ »Die Bedeutung der alkoholischen Gärung für den 

Wein.« 

20 über Obstbau. 

3 über: »Das Pflanzen der Obstbäume und der Kronenschnitt.« 

2 „ »Empfehlenswerte Obstsorten für den Hochstamm und 

für die Zwergobstzucht« 

1 ,, »Die Kultur des weißen Wintercalvills.« 

1 „ »Vorschläge zur Förderung des Obstbaues in Osterspay.« 

4 „ »Die Behandlung alter Obstbäume.« 

2 ,, »Die Düngung der Obstbäume.« 

3 „ »Umpfropfen und Verjüngen.« 

2 „ »Was gehört zur Pflege der Obstbäume.« 

2 ,. »Die Bekämpfung gefährlicher Obstschädlinge.« 

11 über Obstverwertung. 

2 über: »Die Verwertung des Beerenobstes im Haushalte.« 

1 ,, »Die Herstellung der Beerenobstweine.« 

1 v »Die Apfelweinbereitung.« 

2 „ »Ernte, Versand und Aufbewahrung des frischen 

Obstes.« 

2 „ »Klarstellung verschiedener Mängel bei der Obst¬ 

verwertung im Haushalte.« 

3 »Die Bedeutung der Obstverwertung für alle Schichten 
der Bevölkerung.« 

3 über Gemüsebau und Gemüseverwertung. 

1 über: »Gemüsezucht.« 

1 „ »Das Dörren der Gemüse.« 

1 „ »Das Einmachen der Gemüse.« 

Fenier wurden von demselben abgehalten: 

5 Weinbausommerkurse von je 1 tägiger Dauer, 

4 Weinbaukurse von je 6 tägiger Dauer. 

5 Obstbaumpflegekurse von je 6 tägiger Dauer, 

3 Obstbaumpflegekurse von je 3 tägiger Dauer, 

3 Pfropfkurse von je 2 tägiger Dauer, 

8 Praktische Unterweisungen im Obstbau, 

8 Obst- und Gemüseverwertungskurse, davon 5 von je 3 tägiger 
und 3 von je 2 tägiger Dauer und 
1 Praktische Unterweisung im Dörren von Obst und Gemüse. 


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III. Tätigkeit der Anstalt nach außen. 


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Außerdem besichtigte derselbe: 

1 Sem inarbau msch ule, 

45 Gemeindebaumschulen, 

32 Gemeindeobstanlagen, 

129 km mit Obstbäumen bepflanzte Vizinalwege, 

für den Oberwesterwaldkreis 30 mit Spalierobstbäumen be¬ 
pflanzte Schul häuser. 

Weiterhin war er mit der Beaufsichtigung und Abnahme der 
in Obernhof und in Weinähr mit Staatszuschüssen angelegten Wein¬ 
berge beauftragt 

Er hatte die Vorarbeiten zu den Kreisobstausstellungen in 
Diez und in Oberlahnstein und zu der Lokalobstausstellung in 
Biedenkopf zu leiten, die Sorten mit zu bestimmen und als Preis¬ 
richter tätig zu sein. 

In Diez war er auf 2 Obstmärkten als Sortenbestimmer tätig 
und als Sachverständiger und Taxator in Osterspay, Heckholzhausen 
und in Diez für Behörden und Private. Für eine projektierte Ge¬ 
meindeobstpflanzung in Misseiberg fertigte er den Entwurf nebst 
Kostenanschlag und hielt in Diez zwei Baumwärterversammlungen ab. 

Des weiteren nahm er teil an der Vorstandssitzung und General¬ 
versammlung des Nassauischen Landes-Obst- und Gartenbau-Vereines. 
Die Landwirtschaftskammer für den Regierungsbezirk Wiesbaden 
gab ihm Gelegenheit, den zweitägigen Obstbauvortragskursus in Bonn 
und zweimal die Düsseldorfer internationale Kunst- und Gartenbau¬ 
ausstellung zu besuchen. 

An der Königlichen Lehranstalt gab er während 8 Tagen theo¬ 
retischen und praktischen Unterricht im Baumwärterkursus und 
8 Tage in dem von dem Nassauischen Landes-Obst- und Gartenbau- 
Verein veranstalteten Wiederholungskursus für Obstbaumwärter. 

Schließlich ist derselbe sehr oft, auch von außerhalb seines 
Dienstbezirkes wohnenden Personen, um Rat gefragt worden und 
lieferte er auch mehrere Abhandlungen für Fach- und Lokalzeitungen. 
Von größeren Artikeln schrieb er: 1. »Die Verwertung des Beeren¬ 
obstes im Haushalte,« erschienen im Amtsblatt der Landwirtschafts¬ 
kammer für den Regierungsbezirk Wiesbaden und in mehreren 
Kreisblättern. 2. »Das Dörren von Obst und Gemüse,« erschienen 
in den Bayrischen Monatsblättem für Obst- und Gartenbau. 3. »Die 
Kreis-Obst-, Wein- und Gartenbauausstellung in Diez,« erschienen 
im Kreisblatt für den Unterlahnkreis. 4. »Die Internationale Obst- 
ausstellung in Düsseldorf« usw., »Des Landwirtes Obstbaumpflege 
im Winter,« beide erschienen im Amtsblatt der Landwirtschafts¬ 
kammer für den Regierungsbezirk Wiesbaden. 

Die Lehrmittel- und wissenschaftliche Ausstellung der Lehr¬ 
anstalt auf der internationalen Kunst- und grol'sen Garten¬ 
bauausstellung in Düsseldorf vom 1. Mat bis 15. Oktober 1904. 

Die Ausstellung verfolgte als Zweck, der gärtnerischen Praxis 
und dem großen Publikum ein geschlossenes Bild über die Organi- 

Ooisonhoimer Belicht 1904. 8 


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114 


III. Tätigkeit der Anstalt nach außen. 


sation der Anstalt, deren Unterrichts- und Versuchs wesen vor¬ 
zuführen. Weiterhin bot sie Gelegenheit, auf die große Bedeutung 
einer genügenden praktischen und theoretischen Vorbildung des 
Gärtners hinzuweisen und zu zeigen, wie auch im Wein-, Obst- und 
Gartenbau wissenschaftliche Forschung vereint mit praktischer Er¬ 
fahrung und Versuchstätigkeit erfolgreich dahin streben, Wein-, Obst¬ 
und Gartenbau zu fördern und die bestehenden Kulturmethoden 
und Arbeitsverfahren zu verbessern. Dieses Ziel wurde erreicht 
durch Aufstellung von im Unterrichte zur Verwendung kommenden 
Demonstrationsmaterial, Plänen und Bildern der einzelnen Institute, 
Modellen der in diesen gebräuchlichen Gerätschaften und Maschinen, 
Darstellung der Versuchstätigkeit durch Aufstellung statistischer 
Tabellen, Vorführung der an den wissenschaftlichen Stationen für 
die Untersuchungen gebräuchlichen Instrumente und Apparate, Dar¬ 
stellung von Versuchsplänen, Präparaten usw. Dabei war es mög¬ 
lich. die Praxis auch mit den empfehlenswertesten und neusten 
Maschinen und Gerätschaften, teils durch Modelle, teils durch Originale 
bekannt zu machen. 

Für diese Ausstellung stand die eine Halle des für die inter¬ 
nationale Industrie-Ausstellung 1902 erbauten Betonbaues des deut¬ 
schen Betonvereins mit ca. 150 qm Tischfläche zur Verfügung. 
Größere Maschinen und Gerätschaften wurden in den Ecken und 
an den freibleibenden Wandseiten in möglichst übersichtlicher, aber 
dekorativer Weise ausgestellt. 

Die Vorbereitungen für die Ausstellung begannen im November 
1903 und zwar hatte jeder Vorstand der einzelnen Abteilungen der 
Anstalt: den wissenschaftlichen Stationen für Pflanzenphysiologie, 
Pflanzenpathologie, önochemie, Hefereinzucht, Rebveredelung. 
Meteorologie und den praktischen Betrieben Gartenbau, Obstbau, 
Gemüsebau, Obstverwertung, Weinbau und Kellerwirtschaft selb¬ 
ständig das ihm unterstellte Gebiet zur Anschauung zu bringen. 
Die Gesamtleitung lag in den Händen des Direktors. 

Da es sich teilweise um den Transport sehr empfindlicher 
Apparate handelte, wurden sämtliche Ausstellungsgüter, insgesamt 
ca. 400 Kolli, per Schiff von Geisenheim nach Düsseldorf be¬ 
fördert. 

Die Aufstellung erfolgte nach einem bestimmten Plan, nach 
welchem jede Abteilung ein geschlossenes Bild für sich bot, die Ge¬ 
samtheit aber eine wirksame Vorführung der Gesamtanstalt darstelle. 

Zur Einführung in die Ausstelluug diente die Darstellung des 
allgemeinen Unterrichtswesens. Ausgelegt waren Photo¬ 
graphien der Gebäulichkeiten und Anlagen der Anstalt; graphische 
Tafeln über den Besuch der Anstalt durch Eleven, Schüler, Kur- 
sisten und Praktikanten; Lehr- und Stundenpläne für den Unterricht 
in den Haupt- und periodischen Kursen; Verzeichnisse der von der 
Anstalt gehaltenen und den Schülern zur Verfügung stehenden 
wissenschaftlichen imd praktischen Fachzeitschriften; seltenere und 
wertvolle Werke der Gartenbau-Literatur; von Lehrern und Beamten 
der Anstalt erschienene Bücher und Abhandlungen. Das für die ein- 


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III. Tätigkeit der Anstalt nach außen. 


115 


zelnen Unterrichtsfächer zur Verwendung kommende Anschauungs¬ 
material konnte nur teilweise zur Vorführung gelangen. So die 
Apparate für die bekanntesten Experimentalversuche in Chemie und 
Physik, eine kleine Sammlung von wichtigen Mineralien, boden¬ 
bildenden Gesteinen, von Rohmaterial zur Herstellung von Kunst¬ 
dünger, die wichtigsten besonders für Wein-, Obst- und Gartenbau 
in Betracht kommenden künstlichen Düngemittel usw. 

Die Abteilung Gartenbau demonstrierte: 

1. Die Anlage und Ausführung gärtnerischer Anlagen z. B. 
durch Darstellung verschiedener Gartenpläne und der zur Ausführung 
solcher in der Anstalt eingeführten Methoden; Aufstellung der zur 
Vermessung und Aufnahme von Anlagen notwendigen Instrumente, 
Vorführung der Herstellung von Teichanlagen in Modellen usw. 

2. Die Gehölzkunde durch Vorführung einer reichhaltigen Koni¬ 
ferenzapfensammlung, einer Sammlung von Gehölzsämereien usw. 

3. Die Bindekunst durch Vorführung von Photographien von 
durch Schüler der Anstalt ausgeführten Binde- und Dekorations¬ 
arbeiten usw. 

4. Die Ausführung von Gewächshausbauten und Frühbeet¬ 
anlagen durch Modelle der Gewächshäuser der Anstalt, durch Früh¬ 
beetanlagen und eine Sammlung der verschiedensten Deckmateria¬ 
lien usw. 

Der Gemüsebau wurde dargestellt durch Photographien von . 
Gemüsekulturen der Anstalt, Abbildungen der empfehlenswertesten 
Gemüsesorten, eine Sammlung Gemüsesämereien, durch Modelle von 
Gemüsetreibanlagen usw. 

In der Abteilung Obstbau (siehe Fig. 24) war darauf Wert 
gelegt worden, den Besucher durch Pläne, statistische Aufzeichnungen 
der Erträge und Photographien mit den ausgedehnten Obstpflanzungen 
der Anstalt und dem obstbaulichen Unterrichtswesen bekannt zu 
machen. Außerdem kamen zur Darstellung: Modelle und Zeichnungen 
der verschiedensten Erziehungsarten des Spalierobstes, eine Samm¬ 
lung der verschiedensten zur Baumpflege notwendigen Gerätschaften 
und Apparate, eine Sammlung der empfehlenswertesten Obstsorten 
in Modellen aus Papiermache. Die an der Anstalt zur Anwendung 
kommenden Obsternte- und Obstversandmethoden wurden veran¬ 
schaulicht durch Aufstellung der verschiedensten Gerätschaften, 
Leitern in Modellen, Obstkörben, Obstpflückern, Verpackungsmaterial 
und durch versandfertige Sendungen von Feinobst. Ebenso kamen 
die Obst- und Versandgeräte der wichtigsten Obstgegenden Deutsch¬ 
lands (u. a. Bühl, Vierlanden, Werder, Kamp a. Rh.) zur Dar¬ 
stellung. 

Auf zwei großen Pyramiden, welche die Mittelgruppe der Aus¬ 
stellung, eine wirksame Pflanzendekoration mit der Büste Sr. Majestät 
des Kaisers darstellend, flankierten, hatte die Obstverwertungsstation 
in schöner Ausstattung ihre Produkte ausgestellt. Außerdem bot 
diese Abteilung durch Modelle und Originale der verschiedensten 
Obstverwertungsgeräte und Obstverwertungsmaschinen, durch eine 
Sammlung verschiedenster Konservierungsgläser usw. ein sehr an- 

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III. Tätigkeit der Anstalt nach außen. 


schaulicbes Bild über die Methoden häuslicher und industrieller 
Obstverwertung (siehe Fig. 25). 

Auch die Abteilung Weinbau und Kellerwirtschaft 
(siehe Fig. 25) wies unter den ausgestellten Gerätschaften und 
Modellen derselben eine solche Reichhaltigkeit auf, wie sie in solchen 
Ausstellungen selten zu finden ist. Gar mancher Praktiker mag 
hier wertvolle Belehrung gefunden haben. Die Modelle teilweise 
von dem Küferpersonal und den Schülern der Anstalt selbst an¬ 
gefertigt, stellten die an der Anstalt zur Anwendung gelangenden 
Geräte, Maschinen und Arbeitsmethoden dar, und sind deshalb be¬ 
sonders wertvoll. Besonders erwähnenswert war wohl die Dar- 



Fig. 24. 

Obstbau. Pflanzenpathologie. 

Stellung der verschiedenen Kellereimaschinen, der in den ver¬ 
schiedensten Weinbaudistrikten gebräuchlichen Weinbergsgeräte, 
der verschiedenen Erziehungsarten der Reben, ein Reliefbild der 
Boden- und Weinbergslagen der Gemarkung Geisenheim usw. Auch 
die praktische Versuchstätigkeit wurde demonstriert z. B. durch 
graphische Darstellung der Resultate verschiedener Imprägnierungs¬ 
verfahren von Weinbergspfählen, dem Ertrage der verschiedenen 
Rebsorten und der chemischen Beschaffenheit der erhaltenen Moste 
in den letzten 10 Jahren usw. Anschließend an den Weinbau zeigte 
die Reb Veredelungsstation Photographien amerikanischer Reb¬ 
sorten, der Veredelungsmethoden und Anzuchtverfahren veredelter 
Reben usw. 


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Pflanzenphysiologie. Weinbau und Kellerwirtschaft. Obstverwertung (Obstdörren). 











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UI. Tätigkeit der Anstalt nacli außen. 


Die chemische Versuchstätigkeit der Anstalt führte die oeno- 
chemische Station vor. Es waren die verschiedensten Apparate 
zur Bestimmung der chemischen Bestandteile des Weines, der Unter¬ 
suchung des Bodens, der Zuckerarten, des Weinbergschwefels usw. 
aufgestellt Besonderen Wert hatte diese Sammlung, weil die 
vorgeführten Apparate zum großen Teil von den Chemikern der 
Station selbst konstruiert worden sind. Außerdem waren zur Be¬ 
lehrung des Publikums Photographien des chemischen Laboratoriums, 
graphische Darstellungen chemischer Untersuchungen der verschie¬ 
densten Art, diverse besonders angefertigte Präparate, wie die ver¬ 
schiedensten im Handel vorkommenden Zuckerarten, das Verfahren 
der Schwefelgewinnung, der verschiedensten Schönungsmethoden 
usw. dargestellt. 

Die pflanzenphysiologische Station (siehe Fig. 25) zeigte 
das Instrumentarium des modernen botanischen Laboratoriums (Mikro¬ 
skope, Lupen, Mikrotome, Paraffinschränke usw.). Die Sammlung 
der Station war vertreten durch Präparate von Keimungsstadien, 
Laubentfaltungen und anderen physiologisch wertvollen Entwicklungs¬ 
formen der Pflanzen, durch Präparate von Insektivoren, Assimilations¬ 
tafeln, Querschnitte gärtnerisch wichtiger Holzarten und eine größere 
Samensammlung. Einblick in den Unterricht gestatteten mehrere 
Originalwandtafeln, Vorlesungsapparate, Abbildungen von Vorlesungs¬ 
experimenten und eine Zusammenstellung der von Schülern des 
Kursus 1903 im Seminar hergestellten Zeichnungen anatomischer 
Präparate. 

In der Abteilung Pflanzenpathologie (siehe Fig. 24) waren 
in großer Zahl Präparate der verschiedensten Krankheiten und Feinde 
der Obstbäume, des Weinstockes und der Gemüsepflanzen dargestellt. 
Sie waren den Sammlungen des Instituts entnommen und sind 
besonders wertvoll, weil sie größtenteils in der Anstalt selbst herge¬ 
stellt worden sind. Ein besonders zur Anschauung gebrachter Ar¬ 
beitstisch für Schüler sollte zeigen, wie die Schüler zur Sammlung 
von Objekten und Präparierung derselben angeleitet werden. Die 
Methoden des pathologischen Unterrichtes wurden durch Wandtafeln, 
die an der Anstalt entworfen und gezeichnet sind, sowie durch die 
verschiedenartigsten biologisch geordneten Präparate dargestellt. 
Über die Versuchstätigkeit unterrichteten zahlreiche Photographien. 

Die Hefereinzuchtstation zeigte die Methoden der Isolierung 
der Hefen und anderer Mikroorganismen, die Heranzucht der Hefen 
für die Praxis, Weitervermehrung und Anwendung derselben in der 
Praxis, und die Erreger der verschiedensten Weinkrankheiten. 
Apparate, Abbildungen und zahlreiche Präparate von Heferiesen¬ 
kulturen, Schimmelpilzen, Bakterien ließen auch die Demonstration 
dieser Station als ein einheitliches geschlossenes Bild ihrer Organi¬ 
sation, ihrer Aufgaben und ihrer Tätigkeit erscheinen. 

Auch die Meteorologie, welche nur durch an der Anstalt 
im Gebrauche befindliche Apparate vertreten war, zeigte die neuesten 
Einrichtungen und gab ein anschauliches Bild der meteorologischen 
Station der Anstalt und der Wettervorhersage überhaupt. 


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IV. Die Versuchsstationen. 


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Bei der Aufstellung der Gegenstände wurde besonders darauf 
geachtet, einmal die Zwecke der Ausstellung vollkommen zur Geltung 
zu bringen, dann aber durch wechselnde Gruppierung dem Ganzen 
das Monotone einer Sammlung zu nehmen. Der Besucher sollte 
direkt in das Leben und die Tätigkeit der Anstalt eingeführt werden; 
die Ausstellung sollte sowohl dem Fachmanne als auch dem Laien 
jede nur mögliche Belehrung bieten. Der Besuch der Ausstellung 
war während ihrer ganzen Dauer ein sehr reger. 

An dieser Stelle sei auch der hohen Staatsregierung ergebener 
Dank abgestattet für die bereitwilligst in so hohem Maße bewilligte 
finanzielle Beihilfe zu diesem für die Hebung des Ansehens der An¬ 
stalt so wichtigen Unternehmen. Dr. Schänder. 


IV. Di© Versuchsstationen. 

Bericht 

'über die Tätigkeit der pflanzenphysiologisohen Ver¬ 
suchsstation. 

Erstattet von Dr. Karl Kroemer, Dirigenten der Versuchsstation. 

A. Wissenschaftliche Tätigkeit. 

1. Untersuchungen Uber die Bewnrzelnng der Bebe. 

Die Untersuchungen über das Wurzelwachstum der Beben 
wurden im letzten Jahre fortgesetzt. Über die Zweckmäßigkeit dieser 
Arbeiten ist schon im Bericht des Jahres 1903 das Erforderliche 
gesagt worden. Die an jener Stelle ausgesprochenen Sätze haben 
inzwischen eine interessante Bestätigung durch A. Engler 1 ) gefun¬ 
den, der im letzten Jahre wichtige Untersuchungen über das Wurzel¬ 
wachstum der Holzarten veröffentlichte. Die Ergebnisse dieser Ar¬ 
beit verdienen in wissenschaftlicher und praktischer Hinsicht das 
größte Interesse und müssen auch bei den von gleichen Gesichts¬ 
punkten aus unternommenen Wurzeluntersuchungen des Bericht¬ 
erstatters besondere Beachtung finden. Sie haben von neuem be¬ 
wiesen, was schon die ersten grundlegenden Untersuchungen von 
Thiel, Kraus, Nobbe u. a. gezeigt haben, nämlich die Tatsache, 
daß zweckmäßig angelegte Wurzel Untersuchungen für die ganze 
Praxis des Kulturbetriebes eine wichtige pflanzenphysiologische 
Grundlage schaffen, ohne welche eine rationelle Kultur kaum zu 
denken ist Ähnliche Ergebnisse haben in letzter Zeit auch die 
Beobachtungen von Wieler, Büsgen, Möller u. a. gezeitigt, die 

*) Arnold Engler, »Untersuchungen über das Wurzelwachstum der Holz¬ 
arten«. Mitteilungen der Schweizerischen Zentralanstalt für das forstliche Ver¬ 
suchswesen. Band VII. 


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120 


IV. Die Versuchsstationen. 


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ihre Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die Wurzelentwicklung unserer 
Waldbäume richteten. Für die Rebe ist in dieser Beziehung fast 
noch alles zu tun. Spezialuntersuchungen sind hier besonders not¬ 
wendig, weil der Weinbau manche eigenartige Verhältnisse darbietet, 
die nicht ohne weiteres und nicht völlig mit den entsprechenden 
Kulturfaktoren anderer landwirtschaftlicher Betriebe verglichen wer¬ 
den können. Man muß in erster Linie den spezifischen Charakter 
der Rebe berücksichtigen, die eine perennierende tropophyte Holz¬ 
pflanze ist, und als solche auch ein diesem Charakter entsprechendes 
Wurzelvermögen besitzen wird. Zweitens will die im Weinbau 
übliche Kulturmethode beachtet sein, welche nur Stecklingsver¬ 
mehrung durch Setzreben, Wurzelreben, durch Vergruben usw. be¬ 
nutzt und daher nur die Entwicklung von Adventivwurzeln zuläßt, 
von denen man nicht sicher weiß, ob sie den Bedürfnissen der 
Pflanze ebensogut entsprechen wie das Wurzelsystem der aus 
Samen gezogenen Keimpflanzen. Auf die Erziehungsart ist noch 
aus anderen Gründen ein Hauptaugenmerk zu richten. Sie muß 
durch den jährlichen Schnitt der Laubtriebe, durch die ganze Art 
der Laubbehandlung, durch das Beseitigen der Täuwurzeln und noch 
durch andere Eingriffe die Ausbildung des Wurzelwerks unserer 
Reben in ganz bestimmter Weise beeinflussen. In dieser Beziehung 
wird sie vielleicht stärkere Wirkungen ausiiben als die Standorts¬ 
faktoren, d. h. die spezifischen Boden- und Klimaverhältnisse, die sich 
in der Formbildung der Rebenwurzeln ebenfalls geltend machen 
werden und daher ebensowenig wie die erstgenannten Wachtums¬ 
bedingungen außer acht zu lassen sind. 

Mit diesen Gesichtspunkten sind die Aufgaben angedeutet, 
welche einer gründlichen Untersuchung der Rebwurzeln erwachsen. 
Das Ziel einer solchen Arbeit muß einmal die exakte Erforschung 
des spezifischen Wurzelvermögens der Rebe sein. Es wird sich 
also darum handeln, alle Wachstumserscheinungen ihrer Wurzeln 
unter normalen äußeren Verhältnissen, insbesondere den Wachstums¬ 
gang und die Periodicität im Wachstum ihrer Wurzeln genau fest¬ 
zulegen. Diese Arbeit wird nicht nur für die Adventivwurzeln der 
Setzreben, sondern auch für die Keimwurzeln von Sämlingsreben 
zu leisten sein, um durch den Vergleich der beiden Systeme die 
Leistungsfähigkeit der Adventivwurzeln und ihre Anpassung an die 
Bedürfnisse der Pflanze besser ermessen zu können. Eine weitere 
Aufgabe wird es sein, die Beziehungen zwischen dem jährlichen 
Schnitt der Rebe und den Wachstumserscheinungen ihrer Wurzeln 
aufzudecken. Hieran werden sich Beobachtungen über die Einwir¬ 
kung der Tauwurzelbeseitigung auf die Art der Bewurzelung an¬ 
zuschließen haben. Schließlich sind die Standortsfaktoren — die 
chemischen und physikalischen Eigenschaften des Bodens und die 
klimatischen Verhältnisse (Witterungseinflüsse usw.) — in ihren Be¬ 
ziehungen zur Formbildung der Wurzel zu studieren. 

Die Versuche des letzten Jahres bezogen sich im wesentlichen 
auf die an erster Stelle genannte Aufgabe, den spezifischen Charakter 
der Rebenbewurzelung festzulegen. Bei der großen Reaktionsfähig- 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 121 

keit der Wurzel gegen äußere Einflüsse könnte es scheinen, als ob 
sich für diesen Zweck, außer den länger bekannten gröberen Ge¬ 
setzmäßigkeiten, kaum bestimmte Merkmale würden finden lassen. 
Büsgen, Freidenfeldt, A. Engler u. a. haben aber in neuerer 
Zeit gezeigt, daß zwischen den Wurzelsystemen der einzelnen Pflan¬ 
zenarten wichtige Gestaltsunterschiede bestehen können, die auf eine 
ganze Anzahl verschiedener Bewurzelungstypen hinweisen. Daher 
muß auf diese rein morphologischen Verhältnisse heute mehr Ge¬ 
wicht gelegt werden. Entsprechend der größeren Bedeutung der 
Adventivwurzelsysteme für die Zwecke der Praxis wurden diese in 
erster Linie zur Untersuchung herangezogen. Die Bewurzelung 
der Sämlingsreben, die in großer Zahl für den Versuch herange¬ 
züchtet werden, soll erst später mit der Bewurzelung der Stecklings¬ 
reben verglichen werden. 

Die größte Schwierigkeit der Wurzeluntersuchungen liegt be¬ 
kanntlich in der Beschaffung des Materials. Von Freilandpflanzen 
sind nur unter ganz besonderen, kostspieligen Versuchsbedingungen, 
die sich bei Holzgewächsen gar nicht immer ermöglichen lassen, 
unverletzte Wurzelsysteme zu erhalten. Man ist daher in der 
Hauptsache auf Versuchsanpflanzungen in Töpfen oder Kästen an¬ 
gewiesen, namentlich wenn es sich darum handelt, genaue Einsicht 
in die gesamte Wurzelmasse einer Pflanze zu gewinnen. Aus diesem 
Grunde mußte ich auch bei den vorliegenden Untersuchungen vor¬ 
zugsweise Topfpflanzen benutzen. Verwendet wurden, wegen ihrer 
hohen Bedeutung für den einheimischen Weinbau, zuerst Riesling¬ 
pflanzen, die aus Setzreben erzogen waren. Zur Auswahl kam nur 
gut ausgereiftes Holz von völlig gesunden Stöcken, welches im 
Frühjahr 1903 geschnitten und bis zur Pflanzzeit in Erde einge¬ 
schlagen war. Die einzelnen Setzreben waren durchschnittlich 
50 cm lang und bestanden gewöhnlich aus 5 Internodien. Die 
untere Schnittstelle lag unmittelbar unter einem Auge. Die Reben 
wurden im Mai 1903 in ca 1 m hohe Toncylinder von 25 cm 
Durchmesser in gute Gartenerde eingesetzt. Die Aufstellung erfolgte 
teils im Freien, teils in einem nach Süden liegenden Glashause 
neben der Station. Während der Vegetationsperiode wurden die 
Pflanzen regelmäßig bewässert und zum Schutze gegen Peronospora 
und Oidium rechtzeitig gekupfert und geschwefelt. Die Überwinte¬ 
rung erfolgte im Keller der Station. Zur Vornahme der Unter¬ 
suchungen wurden die Pflanzen mit Hilfe eines dünnen Wasser¬ 
strahles sehr vorsichtig ausgeschwemmt Das erste Mal geschah 
dies Anfang Oktober 1903. das zweite Mal bei einer größeren An¬ 
zahl Pflanzen Mitte Juli 1904. Für die Beobachtungen in den 
nächsten Jahren blieb ein gewisser Bestand an Versuchspflanzen 
zurück. Die an solchem Material gewonnenen Ergebnisse können 
allerdings nicht den Anspruch erheben, für völlig einwandsfrei zu 
gelten. Dazu weichen die Versuchsbedingungen von den normalen 
Verhältnissen noch viel zu sehr ab, wenn sie ihnen auch in den 
Hauptzügen ziemlich nahe kommen. Aber trotz dieses Mangels 
sind die erzielten Resultate von großem Wert, denn sie liefern ein 


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IV. Die Versuchsstationen. 


relativ gutes Bild der Rebenbewurzelung, welches in mancher Be¬ 
ziehung durch Freilandversuche vielleicht noch berichtigt werden 
muß, in den wesentlichen Punkten jedoch zutreffend sein wird. Da 
zur Sicherheit neben den Topfpflanzen auch Reben aus dem freien 
Land ausgehoben und in der Bewurzelung mit den Versuchspflanzen 
verglichen wurden, dürften die nachfolgenden Beobachtungen, trotz 
der Kürze und der nicht zu umgehenden Mängel der Versuchs¬ 
anstellung, die wirklichen Vorgänge annähernd richtig wiedergeben. 

Die Ergebnisse der einzelnen Untersuchungen sollen hier im 
Zusammenhang und im Auszug mitgeteilt werden. Die Veröffent¬ 
lichung in erweiterter Form ist an anderer Stelle für später vor¬ 
gesehen. An erster Stelle seien einige bemerkenswerte Tatsachen 
über das Gesamtaussehen der Bewurzelung erwähnt. In allen Fällen 
zeigten sich die Reben am Fußende stärker bewurzelt wie an den 
oberen Knoten. Als Beispiel gebe ich in der nachstehenden kleinen 
Tabelle für 4 im Juli 1904 untersuchte zweijährige Rieslingreben 
die Zahl der Wurzeln an, welche an den einzelnen Knoten gezählt 
wurden. 




Zahl der 

W urzeln 


Knoten 

Riesling¬ 
rebe I 

Riesling¬ 
rebe II 

Riesling¬ 
rebe ILI 

Riesling¬ 
rebe IV 

I (Fußende) 

. . 12 

10 

7 

5 

H. 

. . 8 

9 

7 

3 

m . . . . 

. . 6 

5 

4 

2 

IV .... 

. . o 

5 

6 

2 

v . 

. . 5 

4 

1 

— 

VI .... 

2 

2 

— 

— 


Die in der Tabelle als Rebe I bezeichnte Pflanze stand in der 
Entwicklung am kräftigsten, die Reben III und IV waren annähernd 
gleich stark. Wie die Tabelle zeigt, ist selbst an den schwächer 
bewurzelten Reben die gleiche Gesetzmäßigkeit, für die an anderer 
Stelle noch weitere Belege gegeben werden sollen, zu beobachten. 
Die Erscheinung, die auf die Polarität der Blindreben zurückzuführen 
sein dürfte, entbehrt nicht eines gewissen Interesses in praktischer 
Hinsicht, ln Kreisen der Praxis ist nämlich die Anschauung ziem¬ 
lich verbreitet, daß die Rebe die natürliche Tendenz zeige, die Tau¬ 
wurzeln stärker zu entwickeln wie die Fußwurzeln. Ich verweise 
in dieser Beziehung nur auf einen Artikel von Babo (Weinbau 
1889, Seite 188). Weil man nun möglichst tiefe Bewurzelung der 
Reben erstrebt, um diese gegen die Gefahren des Erfrierens und 
Vertrocknens besser zu schützen, leitet man aus dieser Ansicht die 
Notwendigkeit ab, die Tauwurzeln zu beseitigen. Meine eigenen Be¬ 
obachtungen scheinen mir aber dafür zu sprechen, daß die natür¬ 
liche Organisation der Rebe augenscheinlich die Entwicklung der 
Fuß wurzeln am meisten begünstigt. Wenn an älteren Weinstöcken 
zuweilen stärkere Ausbildung der Tau- und Seitenwurzeln beobachtet 
wurde, so dürfte das mehr auf die Einwirkung äußerer Faktoren, 
in erster Linie auf die Beschaffenheit des Bodens zurückzuführen 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 123 

sein. Falls der Untergrund für das Wachstum der Wurzeln sehr 
viel ungünstiger ist, wie die oberen Bodenschichten, wird das Seiten- 
und Tauwurzelsystem stärker werden als das System der Fußwurzeln. 
Das dürfte aber nicht eintreten, wenn die Eigenschaften des Unter¬ 
grundes die normale Entwicklung der Fußwurzeln zulassen. Jeden¬ 
falls habe ich mich wiederholt überzeugen können, u. a. an Reb- 
stöcken verschiedener Weinbergslagen der Mosel, daß auch an Stöcken, 
•deren Tauwurzeln auf das Sorgfältigste geschont werden, die Fu߬ 
wurzeln am stärksten ausgebildet sind. Ich glaube daher, daß man 
in vielen Fällen von der Beseitigung der Tauwurzeln ruhig absehen 
könnte, ohne den Stock irgendwie zu gefährden. Unter gewissen 
Umständen, wenn nämlich im Untergrund ganz ungünstige Boden¬ 
verhältnisse vorliegen, muß die Vernichtung des höher liegenden Er- 
nährungssysteras für den Stock geradezu eine empfindliche Schädi¬ 
gung bedeuten, weil dann die Wurzelmasse unter das nötigste 
Maß herabgedrückt wird. Einen gewissen Nachteil wird das Ver¬ 
fahren für den Stand des Stockes immer haben, denn es verhindert 
die Ausnutzung derjenigen Bodenschichten, die an Nährstoffen am 
reichsten sind und die besten physikalischen Bedingungen für das 
Wurzel Wachstum bieten. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die auf¬ 
fallend günstige Wirkung, welche eine Aschen- oder Schlackendecke 
auf das Wachstum der Reben äußert, auf den Umstand zurück¬ 
zuführen ist, daß bei diesem Verfahren die Tauwurzeln sich un¬ 
gehindert und in günstigen Verhältnissen entwickeln können. Man 
sollte daher bei dem Wurzelschnitt vorsichtig sein und ihn in jedem 
einzelnen Falle dem Befinden des Stockes und den vorhandenen 
Bodenverhältnissen soweit als möglich anpassen. Auch bei der Boden¬ 
bearbeitung der Weinberge im Sommer dürfte sich möglichste 
Schonung der Tagwurzeln empfehlen. 

An den einzelnen Knoten des Rieslings stehen die Wurzeln 
meist an der unterhalb des Auges liegenden Zone, weniger häufig 
entspringen sie am oberen Knotenrande. Die Wurzelproduktion an 
den Knotenpartien erreicht im ersten Jahre nicht ihren Abschluß, 
sondern erstreckt sich noch auf die späteren Vegetationsperioden, wie 
sich leicht an zwei- und mehljährigen Reben beobachten läßt. Ich 
konnte z. B. feststellen, daß eine Sylvanerrebe noch im fünften 
Jahre nach der Pflanzung als Blindrebe an ihrem Fußende drei 
neue, relativ starke Wurzeln erzeugte, von denen zwei am untersten, 
eine am nächsthöheren Knoten zwischen älteren Wurzeln zu stehen 
kamen. An den eigentlichen Internodien bilden sich augenschein¬ 
lich normal nur wenige und relativ schwache Wurzeln. Eine Aus¬ 
nahme scheint das unterste Internodium zu machen, wenn es am 
Fußende nicht durch einen Knoten abgeschlossen ist, d. h. also, 
wenn der Schnitt beim Herrichten der Blindreben nicht unterhalb, 
sondern oberhalb eines Auges geführt wurde. An solchen Steck¬ 
lingen beobachtete ich, daß sich auf dem untersten Intemodium 
mehrere Wurzeln einstellten, die auf die ganze Zone des Stengel¬ 
gliedes sich verteilten. Auch an den Intemodien der richtig zu¬ 
geschnittenen Reben bilden sich mitunter kräftigere Wurzeln in 


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124 IV. Die Versuchsstationen. 

größerer Zahl aus, die dann aber meist in einer Reihe übereinander 
stehen und aus einem Rindenspalt hervorbrechen. Ich fand z. B. 
am untersten Intemodium einer zweijährigen Rieslingrebe 17 über¬ 
einander angeordnete Wurzeln, die erst im zweiten Jahre nach der 
Pflanzung angelegt worden waren. 

Der morphologische Aufbau der einzelnen Wurzelstränge tritt 
am besten zu Tage, wenn man ihren Entwicklungsgang klarlegt Die 
an den Knoten hervorbrechenden Wurzeln sind beim Riesling schon 
unmittelbar nach ihrer Entstehung ca. 2—2,5 mm dick. Sie bleiben 
nach meinen Beobachtungen völlig unverzweigt, bis sie ungefähr 10 

bis 11 cm lang geworden sind. Später er¬ 
zeugen sie in akropetaler Folge zarte Wurzel- 
zweige I. Grades, die sich jedoch zunächst 
nur an den älteren Wurzelzonen einstellen. 
Die apikale Wurzelregion bleibt in einer 
Länge von durchschnittlich 10 cm bei leb¬ 
haftem Wachstum der Wurzeln im verzweigt 
Bei dem von mir untersuchten Material 
waren die Zweige I. Grades meist vier- 
und fünfzeilig angeordnet. Ihre Bildung 
erfolgt entsprechend dem anscheinend sehr 
lebhaften Längenwachstum ihrer Trag¬ 
wurzeln meist so schnell hintereinander, 
daß sich nennenswerte Längenunterschiede 
an ihnen zunächst nicht einstelleu. Es läßt 
sich das selbst an relativ langen Wurzeln 
leicht beobachten. Das genannte Entwick¬ 
lungsstadium, in welchem die Wurzel¬ 
stränge eigentlich aus Lang- und Kurz¬ 
trieben bestehen, kann unverändert er¬ 
halten bleiben, bis die Tragwurzeln 30 bis 
35 cm lang geworden sind (Fig. 26). Die 
Wurzelzweige pflegen an solchen Strängen 
etwa 0,3 mm dick und ca. 3—7 cm lang 
vom Ries- zu se ' n - Die weitere Entwicklung geht in 
Größe. der Art vor sich, daß die Triebwurzeln sich 
beträchtlich verlängern und neue Wurzel¬ 
zweige I. Grades in bestimmtem Abstand von der Wurzelspitze anlegen. 
Gleichzeitig wachsen auch die älteren Zweige I. Grades in die Länge 
und bilden Wurzelfasem II. Grades, die zunächst außerordentlich 
dünn, meist nicht stärker wie 0,3 mm sind. Ich fand derartige 
Ausbildung gewöhnlich an Wurzelsträngen von etwa 40—45 cm 
Länge. Die am ältesten Teil der Tragwurzeln stehenden Wurzel¬ 
fasern I. Grades waren hier 7—23 cm lang und mit 0,5—4 cm 
langen Fasern II. Grades besetzt. An den jüngeren Zonen der Trag¬ 
wurzeln standen unverzweigte, bis 15 cm, in einem Falle bis 20 cm 
lange Wurzelzweige I. Grades. Eine apikale Region der Trag¬ 
wurzeln von etwa 10—12 cm Länge war unverzweigt (Fig. 27). 
Mit zunehmendem Alter der Wurzelstränge erzeugen die Wurzel- 



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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen physiologischen Versuchsstation. 125 

zweige II. Grades nochmals Zweige M. Grades, die an dem im Juli 
1904 dem Boden entnommenen Material gewöhnlich nur 0.5 cm lang 
und kaum 0,2 mm dick waren. Fast immer fand ich diese feinsten 
Würzelchen kleinwellig gebogen, auch in den Fällen, wo ihre 
Mutterwurzeln einen relativ glatten Verlauf zeigten. 

An etwas älteren Wurzelsträngen fand ich noch Zweige 
IV. Grades, die jedoch meist in ihrer Größe und Gestalt mit den 
oben geschilderten Zweigen III. Grades übereinstimmten und diesen 
gewissermaßen gleichzusetzen sind. 

Sie fanden sich nur an gewissen 
Wurzelteilen, gewöhnlich nur da, 
wo im Verzweigungssystem ein 
Wurzelzweig höheren Grades an die 
Stelle seiner Mutterwurzel getreten 
war und sich dementsprechend kräf¬ 
tiger entwickelt hatte. Es geschieht 
•das nicht selten bei Wurzelzweigen, 

■die in nächster Nähe einer ver¬ 
wundeten oder sonst völlig schad¬ 
haft gewordenen Stelle ihrer Mutter¬ 
wurzel stehen. Solche Endwurzel¬ 
zweige (Endtriebe) nehmen gewöhn¬ 
lich die Wachstumsrichtung ihrer 
Mutterwurzel an, werden stärker wie 
die übrigen Wurzelfasern ihres Ver¬ 
zweigungsgrades und bilden sozu¬ 
sagen in sympodialer Sproßfolge die 
Fortsetzung ihres Mutterorganes. In 
ihrer eigenen Verzweigung reichen 
sie entsprechend ihrer kräftigeren 
Entwicklung bis zu Wurzelgliedern 
IV. Grades, die aber, wie schon 
•erwähnt, in jeder Beziehung den 
normal entstandenen Wurzelfasem 
III. Grades gleichen. Wurzelzweige 
höherer Ordnung als IV. Grades 
konnte ich an dem von mir unter- 
suchten Material nicht beobachten. Junger Wurzelsfräng vom Riesling. 

Die Wurzelstränge der jünge- */, nat. Größe, 

reu Rieslingreben bestehen dem¬ 
nach normal aus monopodial bis zu Gliedern III. Grades, ausnahms¬ 
weise bis zu solchen IV. Grades verzweigten Systemen. Ich konnte 
noch nicht einwandsfrei entscheiden, ob gegen Ende einer Vege¬ 
tationsperiode nach und nach alle Zonen eines Wurzelstranges den 
höchsten Verzweigungsgrad erreichen, oder ob im Sommer und 
Herbst an den wachsenden Triebwurzeln stets eine jüngste unver¬ 
zweigte oder nur mit Wurzelzweigen niederen Grades besetzte 
Spitzenzone vorhanden ist Von einer solchen apikalen Region 
könnte man entweder vermuten, daß sie den Winter überdauert, 



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126 


JV. Die Versuchsstationen. 


oder daß sie infolge ihrer zarteren Struktur unter den Einwirkungen 
von Frost und Nässe zu Grunde geht. Ohne genaue Untersuchungen 
läßt sich jedoch hierüber nichts Sicheres aussagen, wenn man auch 
leicht ältere, an der Spitze beschädigte Tragwurzeln an jedem Stock 
beobachten kann. Es ist nämlich andrerseits sicher, daß die rela¬ 
tiven Hauptwurzeln der hier besprochenen Wurzelsysterae zu äußerst 
kräftigem Längenwachstum befähigt sind, welches möglicherweise 
mehrere Jahre hindurch anhält. Ich selbst beobachtete an den im 
Juli 1904 untersuchten Reben bis zu 65 cm lange Tragwurzeln, die 
nur mehrere Monate alt sein konnten. In Wirklichkeit dürften die 
betreffenden Wurzeln sehr viel länger werden. Dafür sprechen u. a. 
die Angaben von Müller-Thurgau, sowie tägliche Beobachtungen 
an den im Weinberg stehenden Stöcken, deren kräftige, oft mehrere 
Meter langen Wurzeläste aus den Tragwurzeln der jungen Wurzel¬ 
stränge hervorgehen. 

Eine beachtenswerte Differenzierung tritt nach dem Gesagten 
schon an den jüngsten Wurzelsträngen auf. Man kann hier zwei 
nach ihrer Gestalt, Leistung und Lebensdauer wesentlich verschiedene 
Wurzelformen, nämlich die kräftigen von Anfang an stärker an¬ 
gelegten Trag- oder Langwurzeln, d. h. die relativen Hauptwurzeln 
der einzelnen Wurzelstränge, und im Gegensatz zu diesen die viel 
kürzeren und zarteren Saugwurzeln, d. h. die Wurzelzweige, deut¬ 
lich unterscheiden. Die Tragwurzeln entwickeln sich weiter zu 
kräftigen perennierenden Wurzelästen, die durch ihr starkes Längen¬ 
wachstum relativ weite Bodenstrecken bestreichen können. Ihm 
gesamte Organisation weist auf die Funktion hin, für die Aus¬ 
breitung des Wurzelsystems im Boden zu sorgen, neue Wasser¬ 
quellen aufzusuchen und als Träger und Ableitungsorgan für die 
eigentlichen Saugwurzeln zu dienen. Die Funktion der Nährstoff¬ 
aufnahme scheint den genannten Leistungen gegenüber bei den 
Tragwurzeln von untergeordneter Bedeutung zu sein. Sie kann 
überhaupt nur für die jüngsten Entwicklungsstadien und nur für 
die jeweilig jüngsten apikalen Zonen der Tragwurzeln in Frage 
kommen. Die älteren Teile der Tragwurzeln dürften schon unmittel¬ 
bar nach der Anlage der ersten Wurzelzweige die Fähigkeit zur 
Nährstoffaufnahme einbüßen. Immerhin sind auch die Tragwurzeln 
von direktem Nutzen für die Absorptionsarbeit, wenigstens solange 
sie Spitzenwachstum aufweisen. Infolge ihres kräftigen Längen¬ 
wachstums sind sie befähigt, möglichst viele Wasseradern des Bodens- 
zu erreichen und auch selbst mit auszunutzen. Die eigentliche Ab¬ 
sorptionstätigkeit aber kommt den Wurzelzweigen zu, deren Organi¬ 
sation ganz auf diese Leistung eingerichtet ist. Eine gewisse Aus¬ 
nahme hiervon machen die W r urzelzweige I. Grades. Diese werden 
zwar, solange sie selbst nicht weiter verzweigt, sind, hauptsächlich 
als Aufnahmeapparate dienen und können in diesem Stadium, in 
welchem sie in Gestalt und Organisation auch völlig den Wurzel¬ 
zweigen höherer Ordnung gleichen, unbedenklich zu den typischen 
Saugwurzeln gerechnet werden. Sobald sie aber in den verzweigten 
Zustand übergehen, müssen sie mehr zu Leitungsorganen werden 


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Bericht über die Tätigkeit der pflaozenphysiologischen Versuchsstation. 127 

und unterscheiden sich dann in Bau und Leistung von den eigent¬ 
lichen Saugwurzeln. Sie sind in diesem Stadium mehr zum Typus- 
der Tragwuräeln zu zählen, wenn sie auch normal von letzteren 
noch in manchen Eigenschaften abweichen. Durch ein begrenztes 
Dickenwachstum und anscheinend auch durch größere Lebensfähig¬ 
keit nähern sie sich ihnen und können sogar, wenn sie bei Ver¬ 
letzungen an die Stelle ihrer Mutterwurzeln treten, deren Organi¬ 
sationsstufe völlig einhalten, wie übrigens schon früher angedeutet 
wurde. 

Als typische Saugwurzeln sind die Wurzelzweige II. und 
höherer Ordnung anzusehen. Sie bilden äußerst feine, nicht zu 
lange Fasern, welche durch alle Kanäle des Bodens dringen und ihr 
Nährsubstrat in wirksamster Weise ausnutzen können. Ihrer Funktion 
entspricht die große Zahl, in welcher sie von den Tragwurzeln er¬ 
zeugt werden. Eine einzige Langwurzel bildet mehrere Hundert 
von ihnen aus. Eine Vorstellung hiervon vermitteln die Angaben 
der nachstehenden kleinen Tabelle, die sich auf gut verzweigt» 
Langwurzeln verschiedener Stellung von zwei im zweiten Jahre 
stehenden Rieslingstöcken beziehen. Zu bemerken ist dabei, daß 
die in der Tabelle aufgezählten Wurzeln nur einen Teil der zu¬ 
gehörigen Gesamtwurzelsysteme ausmachten. 


Zahl der Wurzelzweige an den Langwurzeln zweijähriger 

Rieslingstöcke. 





Rieslingrebe I 



Rieslingrebe II 


Langwurzel des untersten 
Knoteus. Zweijährig ohne Vege¬ 
tationspunkt 25 cm lang 

Lang wurzel des untersten 
Knotens. Zweijährig ohne Vege¬ 
tationspunkt. 2G cm lang 

Laugwurzel des zweiten Knotens. 
Einjährig mit gesunder Spitze. 

35 cm lang 

Langwurzel des dritten Knotens. 
Einjährig mit gesunder Spitze. 

45 cm laug 

Lang wurzel des dritten Knoteus. 
Einjährig mit beschädigter Spitze. 
22 cm laug 

Lang w ur ze 1 des fünften Knotens.l 
Einjährig mit gesunder Spitze. 

33 cm lang 

Langwurzel des dritten Kuoteus. 
Einjährig mit gesunder Spitze. 

50 cm lang 

Langwurseldee vierten Knotens.l 
Einjährig mit gesunder Spitze, i 
60 cm lang 

Langwuvzel des fünften Knotens.! 
Einjährig mit gesunder Spitze. 

61 cm lang 

Wurzelzweige 

I. Grades . 

43 

49 1 

38 

43 

49 

54 

36 

46 

61 

II. ,. . 

390 

159 

281 

207 

174 

259 

189 

166 

! 213 

III. .. . 

171') 

15 , 

38 

212 

30 

126 

224 

102 

79 

Zusammen 

804 

223 

355 

462 | 

253 

439 

4-19 | 

314 | 

353 


') In dieser Zahl sind auch Wurzelzweige IV. Grades mit einbegriffen, die 
sich unter den schon früher geschilderten Verhältnissen an einigen stärker ent¬ 
wickelten Wurzelzweigen gebildet hatten, äußerlich aber von den normal ent¬ 
standenen Faserwurzoln III. Grades nicht zu unterscheiden waren. 


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128 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Da die der Tabelle zu Grunde liegende Zählung im Juli 1904 
■erfolgte, so ergibt sich aus der vorliegenden Zusammenstellung, daß 
eine Langwurzel schon in einem Alter von wenigen Monaten (vergl. 
die Spalten 4. 6 und 7 der Tabelle) bis zu 450 Saugwurzeln er¬ 
zeugen kann. Das dürfte aber keineswegs die Höchstzahl der 
Wurzelzweige sein, welche eine Langwurzel im Laufe einer Vege¬ 
tationsperiode hervorbringt. Bei der Untersuchung im Juli waren 
die Wurzelzweige durchgehends noch in lebhaftem Wachstum be¬ 
griffen, und daher ist zu vermuten, daß sich an denselben Lang¬ 
wurzeln bei einer Zählung im Herbst, d. h. also gegen Ende der 
Vegetation, noch weit mehr Faser wurzeln gezeigt haben würden. 
Man wird kaum mit der Annahme fehlgehen, daß eine Tragwurzel 
unter normalen Bedingungen bereits in ihrer ersten Wachstums- 
periode, d. h. in der Zeit vom Frühjahr bis zum Herbst eines Jahres, 
insgesamt weit mehr als 500 Wurzelzweige zur Ausbildung bringt. 
Diese Zahl muß sich in den folgenden Jahren ihres Lebens noch 
steigern, weil offenbar gewisse Wurzelzweige, die sich allmählich 
verdicken, von einer Wachstumsperiode in die nächstfolgenden mit 
übernommen und zu Ausgangspunkten neuer Verzweigungssysteme 
werden. Über den Grad dieser Steigerung läßt sich zunächst noch 
wenig aussagen, weil wir über die eigentliche Entwicklung und das 
Schicksal der Saugwurzeln im Verlauf und nach Schluß der Wurzel¬ 
wachstumsperiode noch viel zu ungenügend unterrichtet sind. Die 
Tatsache der Steigerung zeigt aber schon die obige Tabelle in 
Spalte I, die sich auf eine im zweiten Jahre stehende Langwurzel 
bezieht. Die letztere besaß in der Mitte ihrer zweiten Wachstums¬ 
periode bereits 604 völlig gesunde Faserwurzeln. 

Diese Zahlen erscheinen nicht im geringsten auffallend, wenn 
man mit ihnen das ungeheuer dichte und engmaschige Geflecht der 
Saugwurzeln vergleicht, welches man bei der nötigen Sorgfalt und 
Geduld in jedem Weinbergsboden feststellen kann. In den dunkler 
gefärbten humosen Bodenschichten sind allerdings die Saugwurzeln 
des Weinstockes nicht gerade leicht zu sehen, wenigstens nicht in 
den Weinbergen der Geisenheimer Gemarkung. Erziehungsart und 
Bodenbearbeitung bringen es hier mit sich, daß diese Schichten 
relativ wurzelarm sind. Dazu kommt, daß die Saugwürzelchen im 
jüngsten Stadium sehr brüchig sind und deswegen bei der gewöhn¬ 
lichen Bodenbearbeitung, ja selbst bei vorsichtigem Ausgraben und 
Ausschwemmen in großer Zahl von den Bodenbröckchen, die beim 
Lockern des Bodens sich von den stärkeren Wurzelästen loslösen, 
mit abgerissen werden. Namentlich tritt das bei schwerem oder sehr 
stark ausgetrocknetem Boden ein. In älterem Zustande heben sich 
aber die schwach gebräunten Würzelchen von den dunkleren Boden¬ 
schichten nicht stark genug ab und entgehen daher gleichfalls leicht 
der Beobachtung. Dagegen lassen sich die Saugwurzeln leicht in 
den heller gefärbten Letten- oder Lößschichten des Untergrundes 
auffinden. Ich beobachtete dies u. a. im Frühjahr 1904 in einem 
Weinberge der Königl. Domäne Geisenheim, der auf Löß liegt. Hier 
waren die Saugwurzeln in einer Tiefe von 80—100 cm in reinem 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischeu Versuchsstation. 129 


Löß am besten zu sehen. Sie hatten die Lößschichten nicht gleich¬ 
mäßig durchsetzt, sondern waren ausschließlich in die feinen Klüfte 
und Sprünge des Bodens eingedrungen, die sie mit einem eng¬ 
maschigen dichten Netz völlig ausfüllten. Die ausgestochenen Boden¬ 
klumpen ließen sich an diesen Spalten leicht auseinander brechen 
und zeigten dann auf der Bruchfläche die engverflochtenen Wurzel¬ 
filze, die ebenso wie die Bruchflächen des Bodens mit einer pulve¬ 
rigen weißen Rinde von kohlensaurem Kalk bedeckt waren. Dabei 
konnte ich auch die schon von R. Goethe beobachtete Tatsache 
von neuem feststellen, daß die Rebenwurzeln außerdem die Neigung 
zeigen, durch die Regenwurmröhren in den Untergrund einzudringen. 
Man findet in den letzteren ganze Wurzelzöpfe, die genau dem Ver¬ 
lauf der Röhren folgen. 

Diese Orientierung der Saugwurzeln könnte man zum Teil auf 
den Umstand zurückführen, daß an den genannten Stellen des 
Bodens dem Wurzelwachstum der geringste Widerstand entgegen¬ 
gesetzt wird. In der Hauptsache muß sie aber wohl durch die 
hydrotropischen Eigenschaften der Wurzeln erklärt werden. Das 
in den Untergrund sickernde Bodenwasser wird vorzugsweise durch 
die Löcher und Sprünge der Lößschichten seinen Weg nehmen, wie 
die hier erfolgenden Ablagerungen von kohlensaurem Kalk am besten 
beweisen. Daher dürfte es in erster Linie ihr Reaktionsvermögen 
gegen Feuchtigkeitsdifferenzen sein, welches die Wurzeln befähigt, 
nach diesen Orten hinzuwachsen und sich in ihnen auszubreiten. 
Ein derartiges Richtungsvermögen ist für die Aufgabe der Saug¬ 
wurzeln, die Rebe mit dem für ihr Leben nötigen Wasserquantum 
zu versorgen, von der allergrößten Bedeutung. Sicher ist der 
Wasserbedarf der Rebe weit größer, als man in Kreisen der Praxis 
gewöhnlich glaubt. Das hat schon früher Dahlen wiederholt aus¬ 
gesprochen und dabei auf den Vorteil hingewiesen, den man in 
manchen Weinbaugegenden der Schweiz und gewisser Distrikte 
Amerikas durch die Anlage zweckmäßiger Weinbergsbewässerungen 
erzielt hat. Auch Müller-Thurgau hat wiederholt auf das Wasser¬ 
bedürfnis der Rebe aufmerksam gemacht und durch Versuche be¬ 
wiesen, daß u. a. die Prozesse der Zuckerbildung und Zuckerleitung, 
sowie die Wachstumsvorgänge in der Blüte und beim Reifen der 
Trauben eine wesentliche Hemmung erfahren, wenn im Stock nicht 
der genügende Wasservorrat vorhanden ist Das hydrotropische 
Richtungsvermögen der Wurzeln ist daher von höchstem Werte für 
die Rebe, wenn es auch noch fraglich ist, ob es speziell in dem 
hier beschriebenen Falle für die Stöcke vorteilhaft war, daß ihre 
Saugwurzeln vorzugsweise in den sehr kalkreiches Wasser führenden 
Bodenspalten der Lößschichten und weit weniger in den humosen 
und nährstoffreicheren oberen Bodenschichten lagen. 

Wasser- und Nährstoffbedürfnis der Rebe stehen außerdem 
noch in engeren Beziehungen zur Organisation des Wurzelapparates, 
denn sie üben offenbar auf dessen gesamte Tracht und Größe einen 
weitgehenden Einfluß aus. Vor allen Dingen dürfte das für die 
Massenentwicklung des Wurzelsystems zutreffen, die unter normalen 

Gsisenheiroer Bericht 1904. 9 


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130 


IV. Die Versuchsstationen. 


I. Bewurzelung eines zweijährigen Rieslingstockes. 
Zählung ca. 1 x / 4 Jahr nach der Pflanzung. 



Zahl 

,1 Lfde. 

l j No. 

Zahl der 


Stellung der 
Wurzel- 

der Lang¬ 
wurzeln 

Wurzel- 

Wurzel- 

Wurzel- 

Bemerkungen 

Systeme 

(relative 

zweige 

zweige 

zweige 



Haupt¬ 

wurzeln) 

1. Grades 

II. Grades 

HL Grades 




I 

50 

97 

1 

15 

Langwurzeln 15—27 cm 



1 II 

49 

159 

15 

lang 



HI 

48 

202 

23 


Tiefster 


IV 

45 

5 

— 



V 

43 

390 

171 *) 

Zweijährige Wurzel 

Knoten 

12 

VI 

42 

81 

10 

i 

VII 

42 

40 

21 


(Fußende) 


VIII 

41 

19 

— 




IX 

39 

15 

— 




X 

34 

28 

— 




1 XI 

8 

29 

— 




XII 

— 

— 

i 


Tiefstes 

2 ( 

1 I 

22 

74 

— 

Langwurzeln 5 u. 15 cm 

Internodium 


II 

— 

— 

— 

lang 







Langwurzeln 4—30 cm 



I 

36 

281 

38 

lang 



II 

22 

3 

— 

Junge Wurzel 

Knoten 

II 

8, 

III 

IV 

V 

9 

8 

8 

70 

27 

34 

Wurzelstumpf 



1 Vl 

4 

— 

— 

0,5cm lauge junge Wurzel 



VII 

3 

— 

— 

0,5., 



VIII 

2 

— 

— 

0,5 ,, ,, .. 







Langwurzeln 15—45 cm 



I 

49 

174 

30 

lang 

Knoten 

III 

6 

11 

III 

IV 

43 

13 

10 

207 

212 1 ) 

Zweijährige Wurzel 



V 

9 

— 

— 




VI 

8 

7 

— 




11 

55 

92 

i _ 

Langwurzeln 10— 30 cm 

Knoten 


11 

38 

— 

— 

lang 

IV 

5 - 

III 

31 

— 

— 



IV 

17 

64 

— 




1 V 

16 | 

47 

— 




nr 

70 

30 

_ 

Langwurzeln 8—29 cm 

Knoten 


II 

54 

259 

126 

lang 

V 

5 i 

III 

26 

127 

57 



IV 

7 1 

27 

— 

Zweijähriger Wurzel¬ 



1 V 

5 1 

61 

208') 

stumpf 

Knoten 

2 f 

11 

67 

78 

— 

Laugwurzeln 43—45 cm 

VI 


1 II 

39 

73 

— 

lang 

Zusammen 

40 | 

1112 

2772 

960 

= 4884 


') In dieser Zahl sind auch Wurzelzweige IV. Grades mit einbegriffen. 


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Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



Bericht über die Tätigkeit der pflanzen physiologischen Versuchsstation. 131 


II. Bewurzelung eines zweijährigen Rieslingstockes. 
Zählung eines ca. 1 x / 4 Jahr nach der Pflanzung. 



Zahl 

l| Lfde. No. 

Zahl der 


Stellung der 







Wurzel¬ 

systeme 

der Langwurzeln 
(relative 

Wurzel¬ 

zweige 

W urzel- 
zweige 

W urzel- 
zweige 

Bemerkungen 


Hauptwurzeln) 

I.Grades 

11. Grades 

III. Grades 




i i 

66 

80 

— 

Langwurzeln 2 bis 

Tiefster 


ii 

43 


_ 

28 cm lang 

Knoten 

I 

7 < 

ui 

IV 

41 

26 


— 

| Ganz junge Wurzeln 

(Fußende) 


V 

12 

79 

— 



\ I 

6 

— 

— 

4,5 cm lamrerWuraoJstnmpf 



VII 

— 

— 


2 «i 



I 

84 

171 

| 

Langwurzeln 0,5 bis 



II 

73 

53 

— 

57 cm lang, samt- 



III 

64 

— 

— 

lieh auf einer Seite 



IV 

58 

32 

— 

des Internodiums 



V 

50 

— 

— 

aus einem Rinden- 

Tiefstes 


VI 

VII 

VIII 

37 

— 


spalt entspringend 

Internodium 

I 

17 

35 

22 

z 




IX 

18 

— 

— 




X 

9 

— 

— 




XI 

9 

— 

— 




xn 

8 

45 

— 




XIII 

2 

— 

— 




XIV-XVII 

— 


— 




I 

49 

_ 

_ 

Langwurzeln 12 bis 



11 

111 

IV 

37 

101 

44 


32 cm lang 

Knoten 

II 

7 , 

36 

36 

_ 



V 

17 

112 

— 




VI 

15 

83 

— 




VII 

4 

48 

— 




I 

45 

20 

_ 

15 cm lange Wurzel 

Knoten 

J 

II 

36 

189 

224 

50 n ,, 

III 

i 

III 

22 

103 

— 

lö »1 v 1» 


1 

IV 

20 

47 

— 

14 «f 9« 11 



1 

I 

46 

166 

102 

60 cm lange Wurzel 



11 

34 

101 

— 

Knoten 

ß 

III 

8 

108 

69 

Zweijährige Wurzel 

IV 

o ‘ 

IV 

8 

— 

— 




V 

7 

24 

— 




_ V L_ 

2 

— 

— 


Knoten 

V 

1 

I 

61 

213 

79 

60 cm lange Wurzel 

Zusammen 

42 | 

1146 

1819 

474 | 

= 3481 


9* 


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Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 







132 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Bedingungen stets in richtigem Verhältnis zum Wasser- und Nähr¬ 
stoffverbrauch erfolgen wird. Allerdings bestimmen diese Beziehungen 
nicht allein den Modus der Bewurzelung, sondern es wirken hier 
in hohem Grade die äußeren Verhältnisse mit, die sogar je nach 
ihrer Verschiedenheit sehr wesentliche Modifikationen in der Be¬ 
wurzelung herbeiführen können. Immerhin dürfte aber ein gewisses 
Norraalverhältnis zwischen den wasseraufnehmenden und den wasser¬ 
verbrauchenden Teilen der Pflanze bestehen, welches kennen zu lernen 
aus vielfachen Gründen von Bedeutung sein muß. Auch bei der 
Rebe wird die Entwicklung der wasseraufnehmenden Organe, also 
der Saugwurzeln, unter normalen Bedingungen ein gewisses, der 
spezifischen Organisation der Pflanze entsprechendes Normalraaß ein- 
halten. Um auch in dieser Beziehung einige Anhaltspunkte über 
die Bewurzelung der Reben zu gewinnen, habe ich zunächst damit 
begonnen, die Gesamtzahl der von einer Setzrebe in einer bestimmten 
Entwicklungszeit gebildeten Faserwurzeln festzustellen. Bisher konnten 
diese Untersuchungen allerdings nur für einzelne Reben ausgeführt 
werden. In der vorstehenden Tabelle lasse ich die Ergebnisse von 
Zählungen folgen, die ich im Juli 1904 an Rieslingreben, die im 
Mai 1903 gepflanzt worden waren, anstellte. 

Aus den Zahlen der beiden Tabellen geht hervor, daß die Be- 
wurzelungskraft der Rebe relativ groß ist. Im Laufe von etwa 
14 Monaten hatte Rebe I insgesamt 4884, Rebe II insgesamt 3481 
Wurzeln gebildet. Zur Erläuterung muß dabei bemerkt werden, daß 
die Rebe I auch in ihren oberirdischen Teilen kräftiger war als 
Rebe II. Nach ihrem morphologischen Wert gliederten sich die 
Wurzeln bei 

Rebe I in 40 Langwurzeln 1112 Wurzelzweige I. Grades, 2772 
Wurzelzweige II. Grades, 960 Wurzelzweige III. Grades; bei Rebe II 
in 42 Langwurzeln, 1146 Wurzelzweige I. Grades, 1819 Wurzel¬ 
zweige II. Grades, 474 Wurzelzweige III. Grades. 

Die Verteilung dieser Wurzeln auf die einzelnen Regionen der 
Reben zeigen die beiden folgenden Tabellen. 


Zahl der Wurzeln an den verschiedenen Knoten der Ries¬ 
lingstöcke. 

Rieslingrebe I. 


Stellung der Wurzeln 

Lang¬ 

wurzeln 

Wurzel¬ 

zweige 

I. Grades 
• 

Wurzel¬ 

zweige 

II. Grades 

W urzel- 
zweige 
III. Grades 

Zu¬ 

sammen 

Tiefster Kuoten I . . . 

12 

441 

1071 

255 

1779 

Tiefstes Internodium . . 

2 

22 

74 

— 

98 

Knoten II. 

8 

92 

381 

72 

553 

Kuoten 111, 

6 

132 

| 388 

242 

768 

Knoten IV . ... 

r> 

i;>: 

2n3 

1 

365 

Knoten V. 

5 

102 

, 504 

391 

1062 

Knoten VI. . ... 

•> 

100 

151 


259 

Zusammen 

40 

1118 

: %u% 

! 960 

4884 


Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 






Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 133 


Rieslingrebe II. 


Stellung der Wurzeln 

Lang¬ 

wurzeln 

Wurzel¬ 

zweige 

I. Grades 

Wurzel¬ 

zweige 

II. Grades 

Wurzel¬ 
zweige 
QI. Grades 

Zu¬ 

sammen 

Tiefster Knoten I . . . 

7 

194 

159 

, _ 

360 

Tiefstes Internodium 

17 

409 

301 

— 

787 

Knoten II. 

7 

194 ! 

388 

— 

589 

Knoten III. 

4 

123 

359 

1 224 

710 

Knoten IV. 

6 1 

105 

399 

171 

681 

Knoten V. 

1 1 

61 

213 

1 79 

354 

Zusammen 

43 | 

| 1140 

1819 

| 474 

3481 


Wenn man als Fußwurzeln die am tiefsten Knoten und dem 
unmittelbar darauffolgenden Intemodium sitzenden Wurzeln zu¬ 
sammenfaßt, dann ergibt sich aus den vorstehenden Tabellen, daß 
Rebe I insgesamt 1876, Rebe II insgesamt 1147 einzelne Wurzel- 
fasera am Fußende entwickelt hatte. Die übrigen Wurzelregionen 
zeigten fast durchgehends eine viel geringere Zahl von Wurzelfasem. 
Dieser Gegensatz beruht anscheinend ausschließlich auf der schon 
früher erwähnten größeren Ansammlung von Langwurzeln am Fu߬ 
ende; daß aber auch höher stehende Langwurzeln sich in eine auf¬ 
fallend große Zahl von Wurzelzweigen auflösen können, geht aus 
den Angaben für den Knoten V in Tabelle I hervor. 

Besonders charakteristisch für die Bewurzelung der unter¬ 
suchten Reben war das Verhältnis zwischen Saugwurzeln und Leit¬ 
wurzeln. Nach Gestalt und Aussehen der Wurzeln konnte es als 
sicher gelten, daß alle Zweige II. und m. Grades als Saugwurzeln 
fungierten. Dasselbe war anzunehmen für eine große Zahl der 
Wurzelzweige I. Grades, vor allen Dingen für die noch nicht oder 
nur schwach weiterverzweigten Exemplare derselben. Wie die 
Tabellen auf Seite 130 und 131 angeben, waren solche Wurzeln in 
relativ großer Menge vorhanden. Mithin standen sicher bei Rebe I 
3732 Saugwurzeln 1152 Leitwurzeln, bei Rebe II 2293 Saugwurzeln 
1188 Leitwurzeln gegenüber. Ich glaube jedoch eher zu niedere als 
zu hohe Werte einzusetzen, wenn ich zu den Saugwurzeln noch 
2 / 8 der Zweige I. Grades rechne. Bei dieser Annahme erhalten wir 
für die Rebe I 4472 Saugwurzeln und 412 Leitwurzeln, für die 
Rebe II 3057 Saugwurzeln und 425 Leitwurzeln. Das Zahlenver¬ 
hältnis zwischen beiden Wurzelformen würde demnach im ersten 
Falle 10,85:1, im zweiten 7,19 :1 gewesen sein. Augenscheinlich 
war die Rebe II in einem etwas jüngeren Stadium der Bewurzelung; 
mit zunehmendem Alter der Reben ändert sich das Verhältnis offenbar. 

Von Interesse war es, die Zeit, in welcher die Produktion dieser 
Wurzeln erfolgte, etwas genauer festzulegen. Die Stöcke waren, 
wie schon erwähnt, bei der Untersuchung etwa 15 Monate alt. 
Für die Ausbildung der Wurzeln kam natürlich eine erheblich 
kürzere Zeit in Frage, denn es ist sicher, daß das Wurzel Wachstum 
auch bei der Rebe periodisch verläuft. Es existieren darüber aller- 


Difitized 


bv Google 


Original frnm 

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134 


IV. Die Versuchsstationen. 


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dings nur einige Angaben von Wieler, 1 ) die aber zuverlässig er¬ 
scheinen. Nach Wieler geht bei der Rebe die Wurzelbildung haupt¬ 
sächlich in der Zeit von Anfang Mai bis Ende September vor sich, 
während in den Wintermonaten völliger Stillstand im Wurzel Wachs¬ 
tum herrscht Bei den Versuchsreben dürfte sich demnach die 
Zeit der Wurzelproduktion auf eine Periode von 4—5 Monaten im 
ersten und eine solche von 9—10 Wochen im zweiten Jahre er¬ 
streckt haben. Das Aussehen der Wurzeln sprach sogar sehr dafür, 
daß weitaus die größte Menge derselben erst in der kurzen Wachs¬ 
tumsperiode des zweiten Jahres, in der Zeit von Anfang Mai bis 
Mitte Juli 1904 entstanden war. 

Diese Vermutung stützten auch die Ergebnisse eines Versuches, 
welcher über die Art der Reproduktion der Wurzeln einigen Auf¬ 
schluß geben sollte. Es ist im höchsten Grade wahrscheinlich, daß 
sehr zahlreiche Saugwurzeln der Rebe nur eine beschränkte Lebens¬ 
dauer besitzen. Viele von ihnen dürften schon nach einer Tätig¬ 
keit von wenigen Monaten unter dem Einfluß von Trockenheit, 
Frost oder von ähnlichen Verhältnissen wieder zu Grunde gehen. 
Dabei spielt dann vermutlich die Ernährung der Wurzeln mit 
plastischen Stoffen eine Hauptrolle. Die schwächer ernährten Wurzeln 
werden eher unterliegen, wie die besser ernährten. Auf diesen 
Konkurrenzkampf und seine besondere Bedeutung für die Bewurze- 
lung der Rebe hat schon Müller-Thurgau hingewiesen, und An¬ 
gaben ähnlicher Art finden sich auch bei Büsgen (»Einiges über 
Gestalt und Wachstumsweise der Baumwurzeln«. Allgemeine Forst- 
und Jagdzeitung. September 1901). Das Wurzelsystem »reinigt 
sich«, wie Büsgen sagt, »von überzählig entstandenen Organen«, 
ähnlich wie dies in der Baumkrone mancher Bäume mit den über¬ 
schüssigen Ästen geschieht Soweit die Rebe in Frage kommt, ist 
es das Wahrscheinlichste, daß nur diejenigen Wurzeln den Winter 
überdauern, welche schon in der vorhergehenden Wachstumsperiode 
in den Sekundärzustand eingetreten, d. h. durch Dickenwachstum 
zu Leitwurzeln geworden sind. Die im primären, d. h. im typischen 
Saugwurzelstadium verbliebenen Wurzeln oder Wurzelzonen dürften 
dagegen in der Zeit der Wachstumsruhe leicht absterben; wenigstens 
dürfte das für Wurzelzweige ü. und HL Grades gelten, während 
es wohl möglich ist, daß die Wachstuinszonen der Langwurzeln 
und der stärkeren Zweige in einem Ruhestadium, vielleicht geschützt 
durch besondere histologische Vorkehrungen, von einer Wachstums¬ 
periode bis zur anderen erhalten bleiben. 

Es spricht also vieles dafür, daß das Wurzelsystem der Rebe 
bei Beginn einer neuen Wachstumsperiode nur aus Leitwurzeln 
besteht, die möglicherweise auch noch mit wachstumsfähigen, aber 
ruhenden Spitzen ausgerüstet sind, in sehr vielen Fällen aber nicht 
mehr im Besitze eines Vegetationspunktes sein werden. Daraus würde 
folgen, daß das Wurzelsystem für jede Vegetationsperiode alle über¬ 
haupt nötigen Saugwurzeln und Saugwurzelregionen neuerzeugen muß. 

*) Cohns Beiträge zur Biologie der Pfl. Bd. 6. 1893. 


Gck igle 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzeuphysiologischen Versuchsstation. 135 

Diese Erörterungen zeigen, daß die Reproduktionserscheinungen 
sehr wichtige Vorgänge des Wurzellebens sind, deren genaueste 
Kenntnis von größtem praktischem Werte sein muß. Vor allem 
erfordern Interesse der gesamte morphologische Charakter, die Massen¬ 
entwicklung und die räumliche und zeitliche Orientierung des Re- 



Fig. 28. 

Reproduktion des Wurzelsystems beim Sylvaner. 


Produktionssystems, sowie seine Abhängigkeit von äußeren Faktoren. 
Die Versuche des letzten Jahres erbrachten einige bemerkenswerte 
Tatsachen über die beiden erstgenannten Erscheinungen. Die Be¬ 
obachtungen beziehen sich in diesem Falle auf mehrjährige Sylvaner- 
reben, die Anfang März 1904 unter möglichster Schonung der Haupt¬ 
wurzeläste aus dem Weinberg ausgegraben und nach Rückschnitt 


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136 


IV. Die Versuchsstationen. 


Digitized by 


der Triebe auf Zapfen und schwacher Einkürzung der Wurzeln 
sofort in 1 m hohe Kulturcylinder in gute Gartenerde weiter ver¬ 
pflanzt, im übrigen aber genau so wie die anderen Versuchsstöcke 
behandelt wurden. Die Untersuchung erfolgte am 15. Juli desselben 
Jahres an den vorsichtig ausgespülten Reben (Fig. 28). 

Für die Reproduktion der Absorptionsorgane des Wurzelsystems 
gibt es, soweit die Rebe in Frage kommt, offenbar drei verschiedene 
Möglichkeiten. Es ist erstens denkbar, daß der Stock selbst neue 
Langwurzeln erzeugt, die sich zu verzweigten Wurzelsträngen weiter 
entwickeln. Zweitens ist anzunehmen, daß alte Wurzeln neue Zweige 
anlegen und drittens könnten sich einzelne Wurzeln durch Spitzen¬ 
wachstum verlängern und frische Absorptionszonen ansetzen. Soweit 
das bisherige Beobachtungsmaterial reicht, erfolgt die Reproduktion 
in erster Linie durch den an zweiter Stelle genannten Vorgang, 
also sozusagen durch Wurzelausschlag. Daneben kommt es zur 
Bildung von Jungwurzeln durch Stockausschlag, wenigstens bei nicht 
zu alten Stöcken. Den zuletzt erwähnten Prozeß, der auf einer 
Periodicität des Spitzen Wachstums der Wurzeln beruhen müßte, 
konnte ich noch nicht beobachten. Als Beispiele für die Wurzel¬ 
reproduktion durch Stockausschlag können die Angaben der beiden 
nachfolgenden kleinen Tabellen dienen. Tabelle I gibt für einen 
zweijährigen Riesling, Tabelle II für einen dreijährigen Sylvanerstock 
die Zahl der alten und neuen Langwurzeln in den verschiedenen 
Regionen des Holzes an. 


I. Zweijähriger Rieslingstock. 

„ Langwurzeln Langwurzeln 

Stellung des I. Jahres des II. Jahres 

Fußknoten I. 12 0 

Intemodium I. 0 2 

Knoten II. 4 4 

„ m. 3 3 

„IV. 2 3 

„V . 3 2 

VI . . . . . . . _0_ 2 

Zusammen: 24 

II. Dreijähriger Sylvanerstock. 

o f „n_ Alte Laugwurzeln 

Stellung 1 u. 2 Jahre 

Fußknoten I. 3 

Internodium I. 2 

Knoten II. 3 

Intemodium II. 0 

Knoten III. 2 

IV. 0 

„ V. 0 

VI . 1 

VII . . . . . . . _5_ 

Zusammen 16 11 


16 


Langwurzeln 
des 3. Jahres 
2 

4 

1 

3 

1 

0 

0 

0 


Gck igle 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 1-J7 

Die Angaben der beiden Tabellen scheinen dafür zu sprechen T 
daß bei jüngeren Stöcken die Neubildung von Wurzeln durch den 
Stock selbst nicht ohne Bedeutung sein kann. Allerdings ist noch 
fraglich, ob diese Reproduktionsfähigkeit auf die Dauer in gleicher 
Stärke erhalten bleibt und nicht an älteren Stöcken nachläßt. Spätere 
und ausgedehntere Beobachtungen werden diese Frage zu entscheiden 
haben. Die neugebildeten Langwurzeln sind mitunter sehr zart und 
leicht vergänglich, in den meisten Fällen fand ich sie aber ebenso 
kräftig wie die im ersten Jahre erzeugten Wurzeln, von denen sie 
sich schon kurze Zeit nacli ihrer Entstehung kaum noch unter¬ 
scheiden, da sie sich rasch und weitgehend verzweigen. 

Die Wurzelreproduktion durch Anlage neuer Zweige an alten 
Wurzelästen ist natürlich weit ausgiebiger als der eben besprochene 
Modus. Das tritt schon deutlich zu Tage, wenn man die Menge 
der Zweige feststellt, die eine einzige Altwurzel bildet. In dieser 
Beziehung ist die nachstehende Tabelle von Interesse, welche die 
Stärke der Wurzelreproduktion eines 0,75 cm dicken und 20 cm 
langen Wurzelstumpfes zeigt. Die Zahlen sind Ergebnisse der oben 
erwähnten Versuche, beziehen sich also auf einen Sylvanerstock, der 
10 Wochen nach der Umpflanzung untersucht wurde. 

Wurzelproduktion einer Sylvaner-Langwurzel. 

Umpflanzung des Stockes, Anfang Mai 1904. 

Untersuchung am 15. Juli 1904. 

Lange der Wurzel bei der Umpflanzung 20 cm. 

Dicke der Wurzel bei der Umpflanzung 0,75 cm. 


Wurzelzweige 

I. Grades 

Wurzel¬ 

zweige 

11. Grades 

Wurzel¬ 

zweige 

111. Grades 

Wurzel¬ 
zweige 
IV. Grades 

Bemerkungen 


Lfde. 

No. 

7 


1 I 

II 

III 

IV 

V 

VI 

| VII 

37 

4 

3 

11 

86 

96 

67 

2 

67 

165 

325 

i 

21 

1 Schwache Wurzelzweige 
> der basalen Langwurzel¬ 
region 

| Starke unmittelbar an der 
l Spitze der Langwurzel 
j stehende Zweige. (Er¬ 
satzwurzeln) 

Zusammen 

7 

304 

559 

22 


Der relativ kurze Langwurzelstumpf, auf welchen sich die 
Tabelle bezieht, hatte also in der Zeit von 10 Wochen insgesamt 
892 Faserwurzeln neu erzeugt. In anderen Fällen war die Re¬ 
produktionskraft etwas geringer. Die Tabelle zeigt auch eine andere 
bemerkenswerte Tatsache. Wie die Zahlen für die Wurzelzweige I 
bis IV beweisen, sind die an den basalen Regionen der Langwurzeln 
stehenden Zweige weit schwächer entwickelt als die an der Spitze 
des Wurzelstumpfes hervorbrechenden Wurzelzweige; dieselben ent¬ 
wickeln sich zu »Ersatzwurzeln«, wie sie ja in der Praxis für viele 


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138 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Pflanzen bekannt sind. In einem Falle habe ich sämtliche von 
einer Versucbsrebe neu gebildeten Saugwurzeln gezählt. Die Er¬ 
gebnisse stelle ich in folgender Tabelle zusammen. 


Wurzelreproduktion einer dreijährigen Sylvanerrebe. 

Umpflanzung: Anfang Mai 1904. 

Untersuchung: 15. Juli 1904. 


Stellung 

Zahl 

Lfde. No. 

Wurzelzweige 
J. Grades 

Wurzelzweige 
II. Grades 

Wurzelz weige 
111. Grades 

1 Wurzelzweige 
| IV. Grades 

Bemerkungen 

der 

Langwurzeln 

Tiefster 

Knoten 

I 

Fußende 

5 • 

! 

i 

I 

II 

HI 

IV 

V 

12 

1 

5 

92 

77 

99 

65 

44 

60 

182 

16 

11 

21 

— 

Alte Wurzel, 12 cm lang 

1* i! * 11 «1 

•* »i 0 v ^ 

Neue „ 45 „ «, 

ii >» 38 ,, „ 

Intern odium 

I 

2 I 

i 

i 

I 

II 

13 

9 

254 

15 

25 

— 

Alte Wurzel, 18 cm lang 
„ „ 10 .. , 

Knoten 

II 

Internodium 

II 

7 - 


! I 

II 

HI 

IV-VII 

10 

7 

4 

146 

303 

233 

177 

559 

146 

22 

Alte Wurzel, 15 cm lang 

11 11 20 ,, ,, 

ii ii 17 „ ,, 

Neue zarte Wurzeln 

1 

i 

I 

1 

6 

— 

— 

Neue Wurzel, 5 cm lang 

Knoten 

III 

Knoten 

IV 

Knoten 

VI 

5 - 

i 

ii 

i in 

i 

Lj iv—v 

3 

4 

6 

112 

25 

38 

28 

— 

Alte Wurzel, 16 cm lang 

ii n 6 ,, ,, 

Neuer Wurzelstumpf 

8 cm lang 

Neue Wurzeln 

1 


I 

1 

57 

22 

— 

— 

Neue Wurzel, 49 cm lang 

1 

! i 

i 

4 

— 

— 

— 

Alte Wurzel, 3 cm lang 

Knoten 

VII 

5 


i 

ii 

i in 
iv 

1 v 

12 

7 

5 

4 

4 

212 

59 

26 

44 

23 

128 

4 

41 

Alte Wurzel, 21 cm lang 
10 „ 

ii *i 6 „ ,, 

»i ii 9 „ 

ii 9 „ „ 

Zusammen 

27 


337 

1968 

1115 

63 

= 3510 


Die Sylvanerrebe der vorstehenden Tabelle hatte also bei der 
Untersuchung insgesamt 3510 einzelne Wurzeln. Da unter diesen 
nur 16 Altwurzeln waren, betrug die Zahl der im Laufe von etwa 
10 Wochen neugebildeten Wurzeln insgesamt 3494. Nach ihrem 
morphologischem Wert gliederten sich diese Wurzeln in 11 Lang¬ 
wurzeln, 337 Wurzelzweige I. Grades, 1968 Wurzelzweige II. Grades, 
1115 Wurzelzweige III. Grades, 63 Wurzelzweige IV. Grades. 


Gck igle 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 139 


Vergleicht man diese Zahlen mit den für jüngere Reben an¬ 
gegebenen, so fällt zunächst auf, daß die beiden Werte nahezu über¬ 
einstimmen; dann zeigt sich aber auch, wie groß die Arbeitsleistung 
der jährlichen Wurzelneubildung bei der Rebe zu veranschlagen ist 
Man muß dabei noch beachten, daß die hier ermittelten Werte 
keineswegs die Höchstzahl der in einer ganzen Vegetationsperiode 
entstehenden Wurzeln vorstellen; die Zählung erfolgte schon Mitte 
Juli 1904. also aller Wahrscheinlichkeit nach vor Beendigung der 
laufenden Wurzelwachstumsperiode. Aus den angeführten Zahlen 
läßt sich auch nicht auf die Menge der Wurzeln schließen, welche 
altere Stöcke bei der jährlichen Reproduktion erzeugen. 

Bemerkenswert ist eine andere Tatsache, welche sich aus einer 
Gegenüberstellung der beiden Zahlenreihen, wie sie hier folgt, ergibt. 



Riesling¬ 
rebe I 

Riesling¬ 
rebe II 

Sylvaner 

Wurzeln des 
II. Jahres 

Wurzeln des 
II. Jahres 

Wurzeln des 
III. Jahres 

Langwurzeln. 

40 

42 

27 

Wurzelzweige I. Grades. 

1112 

1146 

387 

n. 

2772 

1819 

1968 

in. 

960 

474 

1115 

IV. .. 

— 

— 

63 


Die Menge der Wurzelzweige I. Grades ist bei den jüngeren 
Reben größer, die der Zweige HI. Grades kleiner als bei den älteren 
Reben. Das spricht dafür, daß mit zunehmendem Alter der Stöcke 
einzelne Glieder des Wurzelsystems ihre physiologische Funktion 
ändern; die niederen Glieder, hier die Wurzelzweigs I. Grades, werden 
zu Leitwurzeln und treten gewissermaßen an die Stelle, welche die 
Triebwurzeln an jüngeren Stöcken einnehmen. In ihrer äußeren 
Gestalt, Dicke und in ihrer Verzweigungsgröße stimmen sie mit den 
letzteren völlig überein. Als Leitwurzeln brauchen sie nur in relativ 
geringer Zahl vorhanden zu sein. Dafür entstehen um so mehr von 
den höheren Gliedern des Systems, welche ausschließlich die Ab- 
sorptionsarbeit übernehmen. Auf Grund der bisherigen Beobachtungen 
läßt sich leider nicht mit Bestimmtheit angeben, wie weit der Aus¬ 
bau des Wurzelsystems in dieser Richtung fortschreiten kann. Da¬ 
gegen ergibt sich daraus die Tatsache, daß der morphologische Wert 
einer Rebenwurzel nichts über ihre physiologische Bedeutung aus¬ 
sagt. Nicht die Stellung im System, sondern ihre jeweilige Or¬ 
ganisation befähigt die Wurzeln zur Leitungs- oder Absorptions¬ 
tätigkeit Die Gliederung in Leit- und Saugwurzeln kann daher 
auch nur nach den Kennzeichen, welche die äußere und innere 
Organisation der Wurzeln bieten, erfolgen. 

Bei allen Versuchen wurde auf das Massen Verhältnis zwischen 
Wurzel und Laubsystem geachtet. Dabei stellte sich heraus, daß 
die Massen der in einer Vegetationsperiode erzeugten unterirdischen 
und oberirdischen Teile meist nicht sehr voneinander differierten. 


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140 IV. Die Versuchsstationen. 

Gewöhnlich war das Gewicht der Wurzeln etwas größer wie das der 
Zweige und Blätter, z. B. betrug bei einer zweijährigen Rieslingrebe 
das Gewicht der Wurzeln 49 g, das der oberirdischen Teile 41 g; 
in einem anderen Falle ermittelte ich als entsprechende Werte 26 
und 23 g. Diese Ermittelungen gelten allerdings nur für junge 
Stöcke, sind aber im Hinblick auf die Feststellungen Büsgens 
interessant, der bei Yersuchspflanzungen mit anderen Holzarten 
ebenfalls ein gewisses Gleichgewicht in der Massenentwicklung der 
oberirdischen und unterirdischen Organe festgestellt hat. Die Ver¬ 
suche sollen fortgesetzt und in erweiterter Form an anderer Stelle 
veröffentlicht werden. 

2. Beiträge zur Anatomie der Bebenwurzel. 

ImVerlauf der Arbeiten über die Bewurzelung der Rebe 
wurden auch anatomische Untersuchungen eingeleitet, welche schon 
im Bericht des Vorjahres kurz besprochen wurden. Es existieren 
zwar ältere Arbeiten über die in Frage kommenden Verhältnisse, 
u. a. von Penzig und Cornu, 1 ) von denen namentlich der letztere 
eine zuverlässige Beschreibung der Anatomie der Rebwurzeln ge¬ 
bracht hat Im Hinblick auf die Wichtigkeit der zu lösenden Fragen 
waren trotzdem neue Untersuchungen berechtigt Zu diesen mußte 
außerdem die Tatsache anregen, daß die Arbeiten des Berichterstatters 
und anderer für. die Beurteilung der histologischen Merkmale der 
Wurzeln eine Reihe neuer Gesichtspunkte geschaffen haben, auf 
welche die älteren Autoren nicht achteten. 

Bei einer neuen Untersuchung handelte es sich in erster 
Linie darum, die ernährungsphysiologisch wichtigsten Zellarten und 
Zellgewebe der Primärrinde der Wurzeln, also Wurzelhaut, Hypo- 
dermis und Endodermis genau zu charakterisieren und deren Ent¬ 
wicklungsgang und gegenseitiges Verhalten unter normalen Be¬ 
dingungen, sowie unter dem Einfluß äußerer Verhältnisse zu studieren. 
Daneben war auf die feinere Anatomie der Leitbündel und der 
Sekundärstadien zu achten. 

Ein erster Teil der in Frage kommenden Arbeiten wird sich 
also ausschließlich mit den Primärstadien, ein zweiter mit den Se¬ 
kundärstadien der Wurzeln zu befassen haben. Zu berücksichtigen 
wird dabei die Klarstellung sein, welche die im vorhergehenden 
besprochenen Beobachtungen über die Bedeutung der einzelnen 
Rebwurzeln erbracht haben, d. h. es werden Langwurzeln und Saug¬ 
wurzeln gesondert zu besprechen sein. 

Eine Übersicht über das Querschnittsbild der Primärzustände 
der Wurzeln ist schon im Vorjahr gegeben. Wie dort ausgeführt 
wurde, besteht die Absorptionsschicht der Wurzeln aus einem nor¬ 
malen einreihigen Epiblem, an welches sich lückenlos eine ein¬ 
schichtige Hypodermis, die zum Typus der Interkuten gehört, an- 

') Cornu. Ktudes sur Ia Phylloxera vastatrix. Memoires ä l’academie des 
Sciences de l'iustitut national de France. Tome XXVI. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 141 


schließt Sie findet sich nach den bisherigen Beobachtungen bei 
den Wurzeln aller Rebsorten, auch bei den Amerikanerreben. Die 
an die Interkutis angrenzenden Rindenzellen verkorken zuweilen 
streckenweise und verstärken die Hypodermis. Die Rinde ist durch¬ 
weg aus dünnwandigen Parenchymzellen aufgebaut, in welche ein¬ 
zelne dünnwandige, größere Raphidenzellen eingebettet sind. Gegen 
den Zentralstrang ist die Rinde durch eine dünnwandige Endoder- 
mis abgegrenzt, die zum Endoderraentypus 3 (Geisenheimer Bericht 
1903. S. 80) zu rechnen ist Die an die Endodermis sich an¬ 
schließende Pericambiumzone ist gewöhnlich mehrschichtig, das Leit¬ 
bündel zwei- bis mehrstrahlig je nach der Dicke und physiologischen 
Bedeutung der Wurzeln. 

Das Bild der feineren Strukturen war zuerst für die Primär¬ 
stadien der Langwurzeln d. h. für die unmittelbar am Stock sitzen¬ 
den jungen, etwa 1,5--2,5 mm dicken Triebwurzeln festzulegen. 
Untersucht wurden in dieser 
Hin sicht Rieslingreben, die 
sich in Kulturcylindern mit 
Gartenerde frisch bewurzelt 
hatten. Die jungen Wurzeln 
sind bekanntlich zunächst 
farblos bis weiß, verfärben 
sich aber bald an ihren älte¬ 
ren Teilen bräunlich. 

Die Epiblemzellen (Auf¬ 
zellen) dieser Wurzeln haben 
eine langgestreckte prisma¬ 
tische Form. Auf dem Wurzel- 
querschnitt sind sie meist 
vier- bis fünfseitig und wenig 
radial gedehnt: die Außen¬ 
wand ist etwas vorgewölbt, 

Fig. 29 ep. Von der Fläche gesehen erscheinen sie vierseitig in 
der Richtung der Wurzellängsachse um das Doppelte bis Drei¬ 
fache des Querdurchmessers gestreckt. Ihre zarten Wände sind 
meist nur 0,8—1 /< dick; die Außenwand ist stets etwas stärker. 
An jugendlichen Zellen von geringem Spitzenabstand sind die Mem¬ 
branen farblos, an älteren Zellen dagegen mehr oder minder ge¬ 
bräunt. Mit Chlorzinkjod färben sie sich in jungendlichem Zustande 
schwach hellblau mit Ausnahme der an der Innenwand liegenden 
Zwickel und einer äußerst feinen Innnenschicht der inneren Tangen¬ 
tialwände. Die ersteren bleiben in Chlorzinkjod farblos, der Innen¬ 
saum der Wände färbt sich damit strohgelb. Schwefelsäure scheint 
nur eine feine Randschicht, nicht aber die Hauptmasse der Wände 
zu lösen. Die zurückbleibenden Wandreste bräunen sich in der 
Säure mehr oder minder tief. Mit Korkreagentien lassen sich 
keinerlei Korkstoffe in den Wänden nachweisen. Nach diesen Re¬ 
aktionen haben die Wände dieselbe chemische Zusammensetzung, 
wie sie sich bei Epiblemen nach meinen Beobachtungen (Bibliotheka 



Fig. 29. 

Wurzelhaut uud Hypodermis der Riesling- 
Triebwurzeln im Querschnitt. 


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142 


IV. Die Versuchsstationen. 


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botanica. Bd. 59. S. 14) häufiger vorfindet. Sie sind gänzlich 
unverkorkt und bestehen in der Hauptsache aus Kohlehydraten, 
die vielleicht mit Stoffen unbekannter Natur infiltriert sind. 

Die jungen Zellen besitzen normale Protoplasten; bei 4—5 cm 
langen Wurzeln fand ich dieselben mit kleinen Stärkeeinschlüssen 
versehen. Ältere Zellen gebräunter Wurzelregionen waren mit 
bräunlichem amorphen Inhalt erfüllt (Formalinmaterial), der selbst 
nach kurzer Maceration in Eau de Javelle noch ungelöst zurückblieb. 
Auffallend erschien am Epiblem die geringe Zahl von Wurzelhaaren. 
Soweit dieselben vorhanden waren, konnten sie nur mit Hilfe des 
Mikroskopes als relativ kurze Schläuche festgestellt werden. 

Die Interkutis ist stets einheitlich und einschichtig. Ihre 
Zellen sind untereinander gleichartig, gestreckt prismatisch, quer¬ 
geschnitten polygonal und beträchtlich größer als die Epiblemzellen, 
Fig. 29 in. Auf dem Flächenschnitt bieten sie dasselbe Bild wie 
die Elemente des Epiblems, übertreffen diese aber an Größe. Mit 

den angrenzenden Zellschichten 
und untereinander sind die 
Interkutiszellen lückenlos ver¬ 
bunden. Ihre Wände sind auch 
bei älteren Zellen nicht wesent¬ 
lich dicker als die angrenzen¬ 
den Membranen des Epiblems. 
In jungen Zellen von geringem 
Spitzenabstand sind sie be¬ 
sonders zart und dann auch 
völlig unverkorkt. Bei älteren 
Zellen sind sie verkorkt, aber 
nur wenig kräftiger entwickelt 
Die Rinde der untersuch¬ 
ten Langwurzeln war meistens 
20—25 Zellschichten stark und 
wurde von vielseitig prismatischen, relativ dünnwandigen Parenchym- 
zellen gebildet, von denen sich die Raphidenzellen nur durch etwas 
größeren Umfang unterschieden. Bei manchem Wurzelmaterial ließen 
sich in der Rinde Pilzhyphen nach weisen, die zum Teil in den 
Intercellularen, zum Teil in den Zellen selbst lagen, Fig. 30 i p. Auf 
eine andere Eigentümlichkeit, die sich an gewissen Rindenzellen 
zeigte, soll an anderer Stelle eingegangen werden. An Breite über¬ 
traf die Rinde den Durchmesser des Zentralstranges durchschnitt¬ 
lich um das Doppelte. 

Die Endodermis der jungen Wurzelregionen befindet sich völlig 
im Primärzustand. Ihre Zellen sind langgestreckt, auf dem Quer¬ 
schnitt in radialer Richtung manchmal etwas abgeplattet, gewöhnlich 
aber isodiametrisch, Fig. 31 en. An die Rinde schließen ihre Zellen 
fest an. Fast durchgehends sind ihre Radialwände mit den Mem¬ 
branen der angrenzenden Parenchymzellen durch massive Zwickel 
verbunden. Nur vereinzelt finden sich an diesen Stellen Inter¬ 
cellularen. Die Zwickel erscheinen nach Eau de Javelle-Behandlung 



Fig. 30. 

Rindenzelle der Rieslingtrieb Wurzel mit 
anliegenden I’ilzbyphen (ip) Querschnitt. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 145 


stark lichtbrechend hyalin, sonst gelblichbraun wie die tangentialen 
Scheidewände zwischen Endodermis und Rinde. Nach der Innen¬ 
seite zu, an der Grenze von Endodermis und Zentralstrang, liegen 
Intercellularen in großer Menge vorgelagert, Fig. 31 int Die Wände- 
der Endodermis sind äußerst zart, der Casparische Streifen liegt in 
der Nähe der inneren Tangentialwand Fig. 31 cp. In älteren Wurzel¬ 
regionen geht die Endodermis in den Sekundärzustand über, ohno 
ihre Membranen wesentlich zu verdicken. Den Tertiärzustand 
(Geisenheimer Bericht 1903) erreicht sie nie. 

An die Endodermis schließt sich nach innen nicht ein ein¬ 


schichtiger Pericambiumring, sondern ein mehrschichtiger, gewöhnlich 
4—5 Zellreihen starker Gürtel aus relativ kleinen Parenchymzellen 
an, zwischen denen nur 
spärliche Intercellularen 
auftreten (Pericykel nach 
van Tieghem), Fig. 31p. 

Schon in sehr jungen 
Wurzelstadien stellen sich „ 

in diesem Gewebe — 
gewöhnlich zuerst über 
den Tracheensträngen — 

Zellteilungen ein, welche 
zur Entstehung des Cam- 
biums führen, Fig. 31 t 
Die Leitbündel fand ich 
an den untersuchten 
Langwurzeln meist fünf- 
strahlig, im Zentrum der 
Wurzel an ein mark- 
ähnliches Parenchymge¬ 
webe anstoßend, Fig. 31L 

Bei den weiteren Fig. 31. 

Untersuchungen, welche Periphere Zellschichten des Zentralstranges der 
den Entwicklungsgang Rieslingtriebwurzel. Querschnitt 

der besprochenen Zell¬ 
schichten und ihr gegenseitiges Verhalten aufklären sollten, ergab 
sich, daß die Langwurzeln der Rebe der Form 3 der von mir auf¬ 
gestellten Wurzeltypen (Bibliotheca botanica. Bd. 59) nahekommen, 
jedoch nicht völlig mit ihr übereinstimmen. Weitere Angaben über 
diese Beziehungen, sowie die Ergebnisse der Untersuchung der 
Sekundärstadien können erst später mitgeteilt werden. 



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3. Die AtmungstStigkeit reifer Trauben. 

Die Versuche zur Bestimmung der Atmungsgröße reifer Trau¬ 
ben wurden fortgesetzt Auf die Bedeutung dieser Versuche wurde 
schon im Bericht des Vorjahres hingewiesen. Sie bezwecken haupt¬ 
sächlich ein erweitertes Bild zu geben von denjenigen Verände¬ 
rungen des Beereninhaltes, welche nach dem Absterben des Laubes 


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144 


IV. Die Versuchsstationen. 


ohne Mitwirkung von Pilzen zu stände kommen, und sollen in dieser 
Hinsicht ältere Untersuchungen ergänzen. Die Versuche erstreckten 
sich zunächst auf die Feststellung der Atmungsgröße reifer, edel- 
reifer und edelfauler Trauben. Die Bestimmung erfolgte unter Be¬ 
nutzung der u. a. vonDetmer beschriebenen Methode mit geringen 
Abänderungen derselben, auf die hier jedoch nicht eingegangen 
werden kann. Die Resultate einiger Versuche sind in der nach¬ 
folgenden Tabelle für Riesling- und Sylvanertrauben zusammengestellt. 










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Traubensorte 

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des Versuchs 

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Gesund, reif, 








1. Riesling 

aber noch 
etwas grün 

23. X. 03 

23-25. X. 03 

41 

15—17 

103,5 

0,133 

0.75 

2. 

do. 

29. X. 03 

30.—31.X. 03 

24,5 

14—16 

165,5 

0,119 

0,70 

3. 

Gesund, reif 

6. XI. 03 

6.-7. XI. 03 

23 

15—16,5 

81,2 

0,052 

0,66 

4. 

do. 

6. XI. 03 

6.-7. XI. 03 

22,75 

15—16 

117 

0,073 

0,66 

5. 

Edelreif 

gesund 

6. XI. 03 

6.-7. XI. 03 

23,25 

15—15,25 

148,5 

0,067 

0,46 

(>. 

do. 

9. XI. 04 

9—10. XI. 04 

22,5 

14—15 

150,7 

0,067 

0,47 

(. „ 

Edelfaul 

7. XI. 04 

7.-8. XI. 04 

12 

12-15 

142 

0,075 

1.05 

8. 

Stark 

edelfaul 

15. X. 03 ' 

16.—17.X.03 

24 

15—18 

125,2 

0,152 

1.22 


Gesund 


* 






9. Sylvaner 

reif, noch 
etwas grün 

20. X. 03 

22.—23.X. 03 

25,5 

15—17 

69,5 

0,055 

0,75 

.10. 

do. 

22. X. 03 

22.- 23.X. 03 

20,5 

15—17 

154,8 

0,102 

0,77 

11. 

Edelreif, zum 
Teil edelfaul 

29. X. 03 

29. - 30. X. 03 

24,5 

15—16,5 

80 

0,0605 

0,74 

12. 

do. 

29. X. 03 

29.—30.X. 03 

24,5 

13—14,6 

111,5 

0,078 

0.69 

13. 

Edelfaul 

29. X. 03 

6.-7. XI. 03 

16,5 

14-15 

91,7 

0,073 

1.16 

14. 

Stark 

edelfaul 

29. X. 03 

6.-7. XI. 03 

16,5 

16-16,5 

69,2 

0,064 

1.34 


Wie die Tabelle zeigt, ist die Atmungsgröße der reifen Trauben 
zwar relativ schwach, aber immer noch beachtenswert, auch im 
Vergleich zur Atmungstätigkeit der edelfaulen Trauben, bei denen 
die Atmungsgröße des Edelfäulepilzes mit in Betracht zu ziehen ist. 
Bei Vollreifen Gewächshaustrauben fand ich die Atmungsintensität 
noch schwächer, wie aus nachstehenden Angaben hervorgeht. 


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Lfde. No. 


Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 145 


Traubensorte 


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Zeitpunkt 


der Lese 


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Blauer 
Burgunder 
von Freiland- 
Stöcken 
Gros 

Colraan, Ge¬ 
wächshaus¬ 
traube 
Blaue 

ICyperntraube, 
Gewächshaus¬ 
traube 
Blauer 
Trollinger, 
Gewächshaus¬ 
traube 
Weißer 
Kalabreser, 
|Gewächshaus- 
traube 


VoU- 

reif 


do. 


do. 


do. 


do. 


15. X. 04 


27. X. 04 


30. X. 04 


24. X. 04 


Die Traube 
blieb während 
des Versuches 
am Stock | 


22.—23.X. 04 


27.-28. X. 04 


30.-31. X. 04 


25.-26. X. 04 


8. XI. 04 


24 


28 


24 


24 


9,25 


14—15 


14-15 


14,5-15,5 


15—16 


8—12 


61,5 


83,6 


130,5 


108,1 


136,7 


0,049 


0,019 


0,029 


0,032 


0,024 


0,79 

0,19 

0,22 

0,29 

0,45 


4. Versuche Ober den Bebschnitt. 

Die Anregung zu diesen Versuchen wurde durch Geheimrat 
Seelig-Kiel gegeben, welcher der Station Mitteilung von einer be¬ 
sonderen Schnittmethode machte, die er bei seinen Gewächshaus¬ 
reben seit Jahren mit Erfolg angewendet und auch an Spalierreben 
im Freien als zweckmäßig erprobte. Der Hauptvorteil dieses Schnittes 
soll nach den Beobachtungen des Herrn Seelig darin bestehen, daß 
die Blutungsverluste, die sonst bei etwas verspätetem Schnitt an 
seinen Reben sehr beträchtlich zu sein pflegten, bei dem neuen 
Verfahren fast gänzlich vermieden wurden. Der in Rede stehende 
Schnitt wird so ausgeführt, daß er nicht zwischen zwei Knoten im 
Intemodium, sondern in dem oberhalb des letzten Treibauges 
folgenden Knoten vorgenommen wird. Das hier befindliche Auge 
wird noch mit hinweggenommen. Die Schere muß genau so ge¬ 
führt werden, daß das den Knoten quer durchsetzende Diaphragma 
unverletzt bleibt und die Markröhre gleichsam durch einen Stöpsel 
verschlossen ist. Ist der Schnitt richtig getroffen, dann sollen 
höchstens einige Tropfen Saft hindurchsickern, die aber bald ganz 
nachlassen. Allerdings bleibt bei diesem Verfahren oberhalb des 

Geisenheimor Bericht 1Ü04. 10 


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[Kohlensäure-Verlust be- 














.146 


IV. Die Versuchsstationen. 


letzten Auges noch ein Interaodiumglied stehen, welches abtrocknet. 
Dasselbe wird jedoch später bei dem ersten Sommerschnitt entfernt, 
wenn kein Bluten mehr erfolgt. Herr Seelig benutzt dasselbe meist 
dazu, um die Rebe an das Spalier zu binden, die auf solche Weise 
das oberste Auge in sehr gesicherter Lage hat 

Nach den sehr bestimmt gehaltenen Angaben des Herrn Seelig 
wurde bei diesem Verfahren das Bluten der Stöcke in seinen Kieler 
Anlagen fast gänzlich unterdrückt während Vergleichsstöcke in der 
üblichen Art geschnitten größere Mengen Blutungssaft verloren. 
Da die Erscheinung Interesse beansprucht, wurden auf die dankens¬ 
werte Anregung des Herrn Seelig Reben der Anstaltsweinberge 
auf die betreffenden Verhältnisse untersucht. Die von Herrn Seelig 
benutzte Schnittmethode hatte noch besonderes Interesse, da sie aus 
anderen Gründen schon früher von Frankreich aus empfohlen wurde 
und auch in Rußland bereits vor Jahren zur Anwendung gekommen 
sein soll. Nach einem Artikel der Weinlaube (1893, S. 75) hat in 
der Gironde, in Loupiac bei Cadillac, Reinhold Dezeimeris die 
in Rede stehende Methode zuerst benutzt und als Vorzug derselben 
angegeben, daß sie die Leitungsbahnen zwischen Blatt und Wurzel¬ 
werk auf möglichst normaler Ausbildung erhält und dieselben nicht 
verstümmelt wie der sonst übliche Schnitt. Es soll also im Gegen¬ 
satz zu anderen Regeln hier nicht »glatt«, sondern stets so ge¬ 
schnitten werden, daß ein scheinbar überflüssiger, aber oben mit 
unverletztem Diaphragma abgeschlossener Zapfen stehen bleibt. Auf 
diese Weise soll vermieden werden, daß das Innere des Stammes 
bloßgelegt und in der Richtung der Hauptleitungsbahnen dem Stock 
zu große Wunden zugefügt werden. 

Die von Herrn Seelig gemachte Beobachtung, daß der Schnitt 
auch die Blutungsverhältnisse ändert, fand ich in den älteren Mit¬ 
teilungen dagegen nicht. In theoretischer Hinsicht erschien es mir 
auch von vornherein unwahrscheinlich, daß allein die Form des 
Schnittes die Herabsetzung der Blutungsmenge verursachen könnte. 
Als im Frühjahr 1904, Ende März bis Anfang April, direkte Ver¬ 
suche angestellt wurden, bestätigte sich die Vermutung. Der Schnitt 
wurde von mir selbst an einer ganzen Anzahl Reben verschiedener 
Sorten ausgeführt. Ich benutzte Freilandstöcke von Riesling, Sylvaner, 
Elbling, Traminer und Frühburgunder. Zum Teil wurden alle Schnitt¬ 
stellen eines Stockes in der beschriebenen Weise hergestellt, zum 
Teil kam die neue Methode neben der älteren zur Anwendung, um 
den Einfluß beider Verfahren auf einem einzigen Stock konstatieren 
zu können. Der Erfolg war, daß ich in keinem einzigen einwands¬ 
freien Fall eine Verminderung des Blutungssaftes eintreten sah. 
Die Schnittstellen an den Knoten unterschieden sich in der Flüssig¬ 
keitsabgabe augenscheinlich in keiner Weise von den Schnittstellen 
an den Internodien. Es müssen also noch andere sekundäre Ver¬ 
hältnisse bei dieser Erscheinung mitspielen, über die man zunächst 
allerdings kaum Vermutungen aussprechen kann, auf die aber schon 
Herr Geheimrat Seelig selbst aufmerksam machte. Die Versuche 
sollen in diesem Jahre wiederholt werden. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 147 

5. Untersuchungen über die Anatomie der KernobstfrUchte. 

Die Ursachen der verschiedenen Haltbarkeit und Güte unserer 
einzelnen Kemobstsorten sind, wie auch von anderer Seite schon 
betont wurde, sicher auf gewisse anatomische Eigentümlichkeiten 
mit zurückzuführen, wenn auch chemische Eigenschaften des Zell¬ 
inhaltes, sowie die äußeren Einflüsse des Standortes und der Er¬ 
ziehungsart des Baumes von großer Bedeutung sein mögen. Yom 
Berichterstatter wurden aus diesem Grunde anatomische Unter¬ 
suchungen verschiedener Kemobstsorten eingeleitet, wie schon im 
Vorjahr in einer kurzen Notiz mitgeteilt wurde. Im Berichtsjahre 
konnten diese Untersuchungen wegen dringender anderer Arbeiten 



Fig. 32. 

Großer Katzeukopf. Epidermis aus der Mitte der Fracht. 
Flächeoansicht. 


leider nicht in wünschenswertem Maße gefördert werden, so daß die 
einzelnen Ergebnisse erst später zusammengestellt und eingehender be¬ 
sprochen werden können. Zu einem gewissen Abschluß wurden die 
Untersuchungen über die Anatomie der Oberhautschichten gebracht, 
von deren Struktur die Transpirationsgröße und damit auch die 
Haltbarkeit der Früchte offenbar in hohem Grade abhängig ist. Die 
Beobachtungen brachten im allgemeinen eine Bestätigung der früher 
von Tschokke (Wädensweilcr Berichte 1894/95) gemachten An¬ 
gaben, auch hinsichtlich der Verteilung von Spaltöffnungen und 
Haaren. Interessant war die Feststellung, daß bei manchen Sorten 
nicht nur die äußerste, sondern 2—4 und mehr äußerste Zell¬ 
schichten die Beschaffenheit von Epidermiszellen annehmen (Fig. 33). 

10 * 


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148 


IV. Die Versuchsstationen. 


Auf tangentialen Flächenschnitten ist davon in der Regel wenig zu 
bemerken. Man sieht hier die infolge der starken Tangentialdehnung 
der Epidermis zu stände gekommene Kammerung der Zellen auf¬ 
fallend hervortreten. Die ursprünglichen Grenzen der Zellen sind 
durch die große Dicke bestimmter Wände, die späteren Teilungs¬ 
vorgänge durch ein Gerüst zarter Wände zu erkennen (Fig. 32). 



Fig. 33. 

Großer Katzenkopf. Epidermis und angrenzende Zellschichten aus der Mitte 
der Frucht. Querschnitt. 



Josephine von Mecheln. Epidermis und angrenzende Zellschicht aus der 
Mitte der Frucht. Querschnitt. 

Auf Querschnitten durch die peripheren Zellschichten der Frucht 
zeigt sich dagegen die epidermisähnliche Beschaffenheit der hypo- 
dermen Zellschichten leichter. Ihre Zellwände sind stark verdickt 
schließen fest ohne Intercellularen aneinander und sind stark kritisiert 
(Fig. 33 ks). Daher wird der Charakter dieser Zellen auch am 
besten nach Behandlung mit Sudanglycerin sichtbar, welches die 
gesamten oberhautartigen Schichten intensiv rot färbt. Ich fand die 
Kutisierung stets relativ stark, konnte jedoch wiederholt eine deut- 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen physiologischen Versuchsstation. 149 

lieh abgegrenzte Kutikula. wie sie Tschokke gesehen hat, an der 
Außenwand nicht unterscheiden. Viele Kernobstsorten besitzen also 
eigentlich eine mehrschichtige Oberhaut (Epidermis). Schichtenzahl 
und Dicke derselben wechseln bei den verschiedenen Sorten, so daß 
also hier schon in der Struktur einzelne Besonderheiten zu Tage 
treten, die das verschiedene Verhalten der Früchte auf dem Lager 
mit erklären (vergl. Fig. 33 und 34). Von großer Bedeutung sind in 
dieser Beziehung bei der Epidermis die Spaltöffnungen, kleine Risse, 
Schalenpunkte und Rostflecke. Die Untersuchungen wurden auch 
auf die Struktur des Fruchtfleisches ausgedehnt, wobei die zum 
Teil bekannten Veränderungen in der Beschaffenheit des Gewebes 
bei der Reife genauer studiert wurden. Bei gewissen süßen Bimen- 
sorten, z. B. bei Madame Vertö, Geheimrat Mueller, Ministerial¬ 
direktor Thiel usw. kommt es bei der Nachreife auf dem Lager, d. h. 
bei dem sogenannten Weich werden zu der bekannten Isolierung 
einzelner Parenchymzellpartien und im Verein damit zur Bildung 
von safterfüllten Hohlräumen im Fruchtfleisch. Auf diese Vorgänge 
wird später zurückzukommen sein. 

6. Untersuchungen über die Bakterien der Obst- und 
Gemüsekonserven. 

Die Untersuchungen über die Verderber der vegetabilischen 
Konserven wurden fortgesetzt. Das erforderliche Material wurde 
aus den Beständen der Obsverwertungsstation der Anstalt übermittelt. 
Trotzdem die Konserven hier mit der größten Sorgfalt und mit Hilfe 
der vollkommensten Einrichtungen hergestellt werden, verdirbt nach¬ 
träglich immer noch ein kleiner Prozentsatz, wie das bekanntlich 
auch in jeder Konservenfabrik trotz aller nur denkbaren Vorsicht 
stets der Fall zu sein pflegt Die Untersuchungen über diese Vor¬ 
gänge haben daher große praktische Bedeutung. 

Zur Beobachtung gelangten im Berichtsjahre verschiedene Obst¬ 
und Gemüsekonserven. Als Gärungserreger wurden, soweit säure¬ 
haltige Konserven Vorlagen, stets Sproßpüze vorgefunden, die zum 
Teil offensichtlich nachträglich in den Konserveninhalt eingedrungen 
waren, zum Teil aber schon bei der Herstellung in den Konserven 
erhalten geblieben sein mußten. Reine Hefegärungen konnten auch 
wiederholt in Tomatenbrei, der in verkorkten Weinflaschen sterilisiert 
worden war, nachgewiesen werden. In den säurearmen oder säure¬ 
freien Gemüsekonserven waren die Gärungen stets durch Bakterien 
verursacht. Untersucht wurden von solchen Konserven: Erbsen in 
Blechbüchsen, Stangenbohnen und Puffbohnen in Blechbüchsen, 
Spargel und Blumenkohl in Wolffschen Gläsern. Außerdem kam 
zur Untersuchung eine Blechbüchse mit verdorbenen Erbsen, die 
von außerhalb eingeliefert wurde. Die Büchse trug die Prägung 
»Conserves alimentaires, Petits Pois Moyens«. Als Gärungserreger 
wurden in diesem Falle äußerst widerstandsfähige Mikrokokken fest¬ 
gestellt, deren Resistenz gegen höhere Temperaturen auffallend groß 
war. Reinkulturen dieses Organismus gelangen zuerst mit Hilfe von 


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150 IV. Die Versuchsstationen. 

unverdorbenen Erbsenkonserven, deren Inhalt mit der Konservierungs¬ 
flüssigkeit auf kleine Kölbchen gefüllt und nochmals sorgfältig steri¬ 
lisiert wurde. Von diesen Kulturen wurden weitere auf Nähr¬ 
gelatine abgeimpft, auf welchen der isolierte Mikrokokkus ein sehr 
langsames Wachstum bei 27 0 C. zeigte. In verdorbenen Erbsen¬ 
konserven aus den Beständen der Anstalt zeigten sich ähnliche 
Bakterienformen, in einem Falle auch Stäbchen. In Bohnen fand ich 
schlanke, lebhaft bewegliche Stäbchen. In Spargel und Blumenkohl 
waren mehrere Bakterienformen vorhanden, die namentlich beim 
Blumenkohl einen intensiven, ranzigen Buttersäuregeruch entwickelten. 
Gang und Resultate der Untersuchungen werden später ausführlich 
besprochen werden. 

7. Das Verhalten von Rübenscheiben in Wasser von höheren 

Temperaturen. 

Die Versuche wurden durch eine Anfrage aus der Praxis ver¬ 
anlaßt. Von verschiedener Seite war behauptet worden, daß die 
Zellen von Rüben und ähnlichen Pflanzenteilen in kochendem Wasser 
platzen und ihren Zellinhalt ohne weiteres ausfließen lassen. Da 
diese eigenartige Behauptung recht unerwünschte Wirkungen auf 
die Entwicklung praktischer Betriebe, z. B. auf die Methodik der 
Rübenzuckergewinnung, äußern konnte und die Frage auch für die 
Herstellungsart vegetabilischer Konserven ein gewisses Interesse 
hatte, wurde die Klarstellung der Verhältnisse auf experimentellem 
Wege in Angriff genommen. Es konnte sich dabei natürlich nur 
darum handeln, die Art der Einwirkung des Wassers auf die Zell¬ 
wände und die Tötungstemperatur für die Zellen festzulegen, da 
ja ein Zerplatzen stärkefreier Parenchymzellen im Sinne der an¬ 
geführten Behauptung von vornherein ausgeschlossen war. Es waren 
höchstens Verquellungserscheinungen der Wände oder bestimmter 
Lamellen derselben und die durch die Tötung des Protaplasten be¬ 
wirkten Änderungen der Permeabilitätsverhältnisse zu berücksichtigen. 
Benützt wurden zu den Versuchen auf den Wunsch des Fragestellers 
Rübenschnitte von etwa 1 mm Dicke, weil die Art der Einwirkung 
heißen Wassers auf die Zellen hier besonderes Interesse beansprucht 

Die Versuche wurden in folgender Weise durchgeführt: Eine 
größere Anzahl frisch geschnittener Rübenlängsscheiben von etwa 
1 mm Dicke, 4—5 cm Länge und etwa 1 cm Breite wurde in 
100 g auf eine bestimmte Temperatur erhitztes Wasser geworfen 
und darin 5, 10, 15 und 20 Minuten unter zeitweiligem Umrühren 
belassen. Während der Dauer des Versuches wurde das Wasser 
durch vorsichtiges Regulieren der Flamme genau auf der Anfangs¬ 
temperatur erhalten. Wenn es anders der Fall war, ist dies be¬ 
sonders angegeben. Unmittelbar nach dem Erhitzen wurden die 
Schnitte in Uhrgläschen mit Wasser von Zimmertemperatur gegeben 
und darauf sogleich mit dem Rasiermesser feine, 3—4 Zellagen dicke 
Längsschnitte aus der Mittelschicht der so behandelten Rübenscheiben 
hergestellt und diese Schnitte mikroskopisch untersucht. Als Kriterium 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen physiologischen Versuchsstation. 151 


für den Lebenszustand des Protoplasten benutzte ich die Fähigkeit 
des lebendigen Plasmas zu plasmolytischen Bewegungen. Abgesehen 
davon, daß es nicht viel zuverlässige Reaktionen auf das Leben des 
Cytoplasmas gibt, ist die plasmolytische Eigenschaft für die zu 
klärende Frage besonders wertvoll, weil sie nicht nur über das Leben 
als solches, sondern unmittelbar auch über den Grad der Permea¬ 
bilität des Plasmas Aufschluß gibt also über die grade wesentlichen 
Verhältnisse direkt unterrichtet Als plasmolysierende Mittel wurden 
10 und 20% Kali-Salpeterlösungen benutzt welche seitlich zu dem 
unter Deckglas in Wasser liegenden Schnitten zugegeben wurden. 

Die Resultate der Versuche sind in der nachfolgenden Tabelle 
zusammengestellt. 

Wie die Tabelle zeigt sind die Veränderungen, welche heißes 
Wasser bei kürzerer Einwirkung an den Zellwänden hervorruft 
unwesentlich. Erst in kochen¬ 
dem Wasser tritt sofort eine 
schwache Quellung der Mem¬ 
branen ein. Bei längerer 
Maceration werden die Resul¬ 
tate vielleicht etwas anders aus- 
fallen, eine sehr viel stärkere 
Quellung aber wird auch dann 
kaum zu stände kommen. 

Wiesner u. a. haben früher 
ähnliche Beobachtungen ge¬ 
macht. Soweit gegenteilige Be¬ 
hauptungen vbrliegcn, ist zu 
berücksichtigen, daß bei der 
Maceration von pflanzlichen 
Gew’ebsteilen sich sehr leicht 
Gärungserscheinungen durch 
Entwicklung von Bakterien, 

Hefen usw. einstellen, wenn nicht die Temperaturen zu hoch liegen. 
Quellungs- und Lösungserscheinungen an den Zellwänden der 

untersuchten Gewebe sind in solchen Fällen eher auf Organismen¬ 
tätigkeit als auf die Wirkung des Wassers zurückzuführen. Es 
ist daher für derartige Versuche unbedingt steriles Arbeiten not¬ 
wendig. Was die Tötungstemperatur der Zellen anbelangt, so 

zeigen die Angaben der Tabelle, daß sie bei dem Untersuchungs¬ 
material zwischen 60 und 70° C lag. Bei Temperaturen zwischen 
50—60° wurde aber der Protoplast der Parenchymzellen offenbar 
schon geschädigt und es ist interessant die Folgen dieser Störung 
bei der Plasmolyse zu beobachten (Fig. 35). Die Bedeutung dieser 
Versuche für die Praxis ist im >Centralblatt für die Zuckerindustrie«, 
näher erörtert. 



Fig. 35. 

Parenchymzelle der Rübe nach Behandlung 
mit Wasser von 50° C. und 20 °/ # Salpeter¬ 
lösung. 


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Verhalten von 1 mm dicken Rübenschnitten in Wasser von höheren Temperaturen. 


152 


IV. Die Versuchsstationen 



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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. | 53 


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154 


IV. Die Versuchsstationen. 


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8. Das * Wässern« des Spargels zum Zweck der 
Frischerhaltung. 

Bearbeitet von I)r. R. Schulz, Assistent der Station. 

Es ist eine alte Streitfrage, ob das "Wässern des Spargels, d. li. 
das Einlegen der frisch gestochenen und nicht sofort zum Verkauf 
gebrachten Spargelstangen in täglich gewechseltes und kühl stehendes 
Wasser eine Herabsetzung des Wertes des Spargels bedeutet oder 
nicht. Gerade in der verflossenen Spargelsaison erhob sich eine 
lebhafte Diskussion in verschiedenen Fachblättern und Tageszeitungen 
über das Für und Wider dieser Art der Frischerhaltung des Spargels. 
Spargelzüchter, welche den Anbau nur im kleinen betreiben und 
im stände sind, ihre tägliche Ernte noch am selben Tage in frischem 
Zustande zu verkaufen, und auch Konsumenten warnten vor dem 
Ankauf gewässerten Spargels, weil derselbe beim Wässern beträcht¬ 
liche Mengen Wasser aufnehme und einen großen Teil wertvoller 
Substanzen, sogar bis zur fast völligen Entwertung, verliere. Außer 
Nährsalzen und Geschmacksstoffen solle hauptsächlich das Asparagin 
vom Wasser ausgezogen werden, welchem der Spargel wegen seiner 
der Gesundheit so zuträglichen Eigenschaften hauptsächlich seinen 
großen Wert verdanke. Selbst hygienische Bedenken wurden ge¬ 
äußert Man wies darauf hin, daß manchmal kein gutes Wasser 
verwendet würde, sondern solches, welches die Gefahr einer In¬ 
fektion mit Typhuskeimen nahe lege. An Äußerungen gegenteiliger 
Art, hauptsächlich von seiten der Besitzer großer Spargelanlagen, 
in welchen die Schädlichkeit des Verfahrens bestritten wurde, fehlte 
es natürlich auch nicht. Diese verschiedenen Ansichten der Inter¬ 
essenten gaben die Veranlassung, die Lösung der Frage auf dem 
Versuchswege in Angriff zu nehmen. 

Vom physiologischen Standpunkte aus war von vornherein an¬ 
zunehmen, daß der Verlust des Spargels an wertvollen Substanzen 
nicht bedeutend sein könne, weil derselbe aus lebenden Zellen zu¬ 
sammengesetzt ist, deren Organisation ein Auslaugen dieser Stoffe 
verhindert oder doch außerordentlich erschwert Bisher wurde diese 
Laien allerdings wenig bekannte Tatsache bei der Erörterung der 
Frage in den Tageszeitungen und gärtnerischen Fachblättern fast 
ganz außer acht gelassen. Die Behauptung von beträchtlichen Ver¬ 
lusten an Nährstoffen konnte nur in der Voraussetzung aufgestellt 
werden, daß der Spargel sich chemisch-physikalischen Einflüssen 
gegenüber wie ein unbelebter Körper verhalte. Hierauf ist auch zurück¬ 
zuführen, daß bei der Entscheidung der Frage durch Versuche und 
der Erklärung der dadurch nacligewiesenen Tatsachen von rein 
chemisch-physikalischen Gesichtspunkten aus für einzelne dieser Tat¬ 
sachen keine Erklärung gefunden werden konnte. Man vergißt zu leicht, 
daß auch der gestochene Spargel, wie alle frischen Gemüse, lebendige 
Struktur besitzt und sich deswegen in physikalisch-chemischer Be¬ 
ziehung anders verhält wie unbelebte Körper. Man muß bedenken, daß 
die einzelnen Spargelzellen die Nährstoffe für ihre Ernährung, ihr 
Wachstum und ihre Vermehrung selbst notwendig brauchen und 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen physiologischen Versuchsstation. 155 

daher einer Auslaugung dieser Stoffe durch Wasser, die auch im 
feuchten Erdboden stattfinden könnte, energischen Widerstand leisten 
werden. Die Spargelzellen sind dazu befähigt durch eine Eigen¬ 
schaft des lebendigen Plasmas, der relativen Impermeabilität desselben 
für die im Zellsafte gelösten krystallisationsfähigen Nährstoffe. Diese 
Eigenschaft erlischt nur mit dem Tode des Plasmas. Da derselbe 
bei der Zubereitung des Spargels und beim Konservenspargel durch 
die Siedehitze hervorgerufen wird, ist es einleuchtend, daß dabei 
allerdings ein beträchtlicher Nährstoffverlust wird eintreten müssen. 

Da die Größe der Wasseraufnahme von der anatomischen 
Struktur des Spargels wesentlich abhängt und die letztere auch in 
anderer Beziehung von Inter¬ 
esse ist, wurde zunächst die 
Anatomie des Spargels fest¬ 
gelegt. Mit Ausnahme des 
meristematischen Gewebes an 
der Spitze wird der Spargel in 
der Hauptsache von Parenchym¬ 
zellen aufgebaut, die auf dem 
Querschnitt fast isodiametrisch 
(Fig. 36), auf dem Längsschnitt 
im Sinne der Achse mehr oder 
weniger gestreckt erscheinen. 

Ihre Größe nimmt von der 
Peripherie nach der Mitte zu 
und schwankt zwischen 15 
und 100 /( Querdurchmesser. 

Das Plasma erscheint aller¬ 
meist an die Wände gedrückt, 
welche von 0,8—1 /< dicken 
Zellulosemembranen gebildet 
werden. Dieses Parenchym¬ 
gewebe wird von einer ein¬ 
fachen Epidermis umgeben, die 
mit oberflächlich gelegenen 
Spaltöffnungen durchsetzt ist. 

Die Außenwände der auf dem 
Querschnitt mehr oder weniger radial gestreckten Epidermzellen 
. sind schwach verdickt, etwa 3 ft stark und schwach kutisiert 
(Fig. 36 e). Etwa 10 Zellreihen von der Epidennis entfernt ver¬ 
läuft ein cylindrisches Festigungsgewebe, welches gegen die Spitze 
in den embryonalen Zustand übergeht und daher hier verschwindet 
(Fig. 36 sc). Etwa in der Mitte der Spargelstange erscheinen seine 
verholzten Zellwände nicht dicker als die Membranen des Paren¬ 
chyms, nach der Basis zu werden sie jedoch allmählich stärker. 
Dieses Gewebe wird nach außen gegen die Parenchymzellen durch 
das kleinere Zelllumen und den Mangel an Intercellularen scharf 
abgegrenzt; nach innen setzt es sich weniger scharf ab, sondern 
geht allmählich in Parenchym über, die Zellen werden größer 



Fig. 36. 

Spargelgewebe im Querschnitt. 


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156 


IV. Die Versuchsstationen. 


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und bilden Intercellularen (Fig. 36 sc). Yon der mehr oder weniger 
starken Verholzung dieses Gewebes hängt es hauptsächlich ab, 
wie weit der Spargel ungenießbar bleibt. Innerhalb des Festigungs¬ 
gürtels wird das parenchymatische Grundgewebe von zahlreichen 
kollateralen Leitbündeln durchzogen, welche sich größtenteils noch 
im embryonalen Zustande befinden (Fig. 36 1). Nur die inneren 
im unteren Teil der Spargelstange befindlichen sind in der Ent¬ 
wicklung weiter vorgeschritten und besitzen schon völlig aus¬ 
gebildete Treppengefäße; in den kleineren Außenbündeln sind da¬ 
gegen nur wenige Spiral- oder Ringgefäße fertig entwickelt Sämt¬ 
liche Gewebe befinden sich noch mehr oder weniger im embryonalen 
Zustande und werden, um wachsen zu können, bestrebt sein, Wasser 
aufzunehmen. Ein Hindernis für die Wasseraufnahme dürfte kaum 
bestehen. Sie könnte sowohl von der Schnittfläche aus durch die 
Tracheen, als auch von der Oberhaut aus durch Osmose erfolgen, da 
die Zellwände sehr dünn sind und auch die schwache Kutisierung 
der Epidermiszellen dem Eintritt, des Wassers kaum einen stärkeren 
Widerstand entgegensetzen wird. Diese dürfte vielmehr nur dem 
Austritt der gelösten Nährsalze hinderlich sein. Die Organisation 
des Spargels ließ also von vornherein die Annahme gerechtfertigt 
erscheinen, daß beim Wässern des Spargels wohl merklich Wasser 
angesaugt, Nährsalze und ähnliche Stoffe aber nur in geringer Menge 
abgegeben werden dürften. Um die Mengenverhältnisse kennen zu 
lernen, in denen dies geschieht, wurde eine Reihe Versuche ange- 
gestellt, über welche nachstehend berichtet werden soll. 

Gleichzeitig mit unseren Versuchen waren ohne unsere Kennt¬ 
nis auch in der önochemischen Versuchsstation von Dr. Windisch 
und Dr. Schmidt ganz ähnliche Untersuchungen in Gang gesetzt 
worden, deren Ergebnisse später in der Zeitschrift für Nahrungs¬ 
und Genußmittel (1904, Band 8. Heft 6) veröffentlicht wurden. 
Soweit es im Interesse der Frage liegt, sollen diese Resultate hier 
mitangeführt werden. 

Die Versuche zur Konstatierung der Wasseraufnahme erstreck¬ 
ten sich auf ungeschuppten Spargel und solchen, bei dem die Blatt¬ 
schuppen durch Abbrechen entfernt worden waren. Die Spargel¬ 
stangen wurden gleich nach dem Stechen gut mit Wasser abgespült, 
auf die sorgfältigste Weise mit Fließpapier getrocknet, an der Stich¬ 
stelle glatt geschnitten und gewogen, sodann in bedeckte Glasgefäße 
mit destilliertem Wasser gebracht, welches sie vollständig umgab. 
Nach je 24 Stunden wurden die Spargelstangen aus dem Wasser 
herausgenommen, die anhängenden Wassertropfen mit destilliertem 
Wasser in das Versuchsgefäß abgespült, der Spargel wiederum mit 
Fließpapier abgetrocknet und zur Bestimmung der Gewichtszunahme 
gewogen und schließlich wieder in frisches destilliertes Wasser ge¬ 
bracht. Das Wasser wurde deshalb täglich gewechselt, weil die 
Vermutung nahe lag, daß die Spargelstangen beim Liegen im Wasser 
in längerer oder kürzerer Zeit von Bakterien angegriffen werden 
würden, wodurch das Resultat in ungünstiger Weise beeinflußt 
werden konnte. In der Folge hat. sich diese Vermutung bestätigt 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 157 


Windisch und Schmidt haben den Versuch auf andere Weise, 
nicht mit täglich erneutem Wasser, ausgeführt. Es kommt bei den 
Versuchen auch sehr darauf an, in welchem Alter und Ernährungs¬ 
zustände der Spargel sich befindet und wie lange er nach dem 
Stechen schon an der Luft gelegen hat. Absolut richtige und auf 
alle Fälle passende Werte lassen sich daher nicht ermitteln, sind 
aber für die Frage auch nicht notwendig. Die Resultate meiner 
Versuche sind in der folgenden Tabelle angeführt, daneben auch 
diejenigen von Windisch und Schmidt Die Unterschiede sind aus 
den oben genannten Gründen erklärlich. Die Ergebnisse zeugen von 
einer ziemlich beträchtlichen Wasseraufnahme. 

Wasseraufnahme 



















15S 


IV. Die Versuchsstationen. 


Uni einen Vergleich zwischen den gefundenen Mengen der 
durch Wasser ausgelaugten Stoffe und den überhaupt in Wasser 
löslichen Bestandteilen des Spargels ziehen zu können, wurde auch 
die Menge der letzteren bestimmt. Die gefundenen Zahlen sind in 
der folgenden Übersicht zusammen mit denen von Windisch und 
Schmidt angegeben. Darunter findet sich eine Tabelle, welche das 
Verhältnis der ausgelaugten Stoffe zu den überhaupt wasserlöslichen 
Bestandteilen des Spargels zeigt; die Zahlen sind Mittelzahlen der 
von mir und Windisch und Schmidt ausgeführten Versuche. 



In 100 g 

Spargel sind 

wasserlöslich 

Bestandteile 

nach eigenem 
Versuche 

i nach 

! W. und S, 

| 

1 mittel 


g 

g 

! g 

Extrakt.. 

Mineralstoffe. 

4,21 

0,48 

1 4,63 

f 0,53 

4,42 

0,505 


Bestandteile 


Von der Gesamtmenge der wasserlöslichen 
Stoffe wurden beim Wässern aus- 
gelaugt in 



1 Tag i 2 Tagen ; 

3 Tagen 



0/ 0/ I 

o | 'n I 

0 / 

0 

Extrakt. 

Mineralstoffe. 

1.38 1.81 

3,30 4,15 

2,0 

4,05 


Da die beim Wässern des Spargels ausgelaugten Stoff mengen, 
wie ersichtlich ist, nur gering sind, wurde darauf verzichtet, die 
Mengen der einzelnen Bestandteile festzustellen. Ein Versuch, den 
Verlust v'on Asparagin zu bestimmen, mißlang. Windisch und 
Schmidt haben jedoch auch den Verlust an Stickstoff und Stick¬ 
stoffsubstanz konstatiert. Nimmt man nun an, daß das Asparagin 
in demselben Verhältnis ausgezogen wird, wie die übrigen stickstoff¬ 
haltigen Bestandteile, so ergibt sich durch Berechnung, daß höchstens 
0,005 g aus 100 g Spargel in 3 Tagen ausgezogen werden. Es war 
wie schon gesagt wurde, überhaupt nicht zu erwarten, daß größere 
Mengen von Nährstoffen an das Wasser abgegeben werden würden, 
wegen der relativen Undurchlässigkeit des Plasmas und der Kutisierung 
der äußeren Wand der epidermalen Zellen. Der schon oben erwähnte, 
von Windisch angestellte Versuch mit paraffinierten Schnittflächen 
hat noch kleinere Mengen der ausgelaugten Stoffe ergeben, als bei 
den Versuchen ohne Paraffinierung resultierten. Danach ist an¬ 
zunehmen, daß die Abgabe der Nährstoffe leichter durch die Schnitt¬ 
stellen erfolgt als durch die Wände der Haut, welche von den 
äußeren Zellen des Spargels gebildet wird, wodurch die relative Un¬ 
durchlässigkeit der kursierten Wände der Epidermiszellen für diese- 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischeu Versuchsstation. 159 


Stoffe bestätigt wird. Im Gegensätze hierzu steht, wie oben erläutert 
wurde, die Durchlässigkeit dieser Zellwände für Wasser. 

Es fragt sich nun, zu welchen Schlüssen die Beurteilung der 
Versuchsergebnisse hinsichtlich der Frage führt, ob das Wässern des 
Spargels beibehalten werden darf oder besser eingestellt werden soll. 

Ein nicht zu unterschätzender Vorteil liegt entschieden in der 
Tatsache, daß der Spargel durch dieses Verfahren während etwa 
3 Tagen offensichtlich frisch erhalten bleibt, an seinem Aussehen 
und Nährwert und vermutlich auch an seinem Geschmack kaum 
etwas einbüßt. Länger als höchstens 4 Tage läßt sich der Spargel 
auf diese Weise nicht genußfähig erhalten, denn er wird allmählich, 
namentlich an den Köpfen und den Schnittflächen weich, nimmt 
einen stärkeren, strengen Geruch an und ist jetzt entschieden zit 
verwerfen, weil er durch Entwicklung von Bakterien, die das Weich¬ 
werden des Spargels und den 
schließlichen breiigen Zerfall der 
Köpfe verursachen, eine Zer¬ 
setzung erlitten hat. Diese 
Bakterienfäulnis tritt bei lang¬ 
andauerndem Wässern von 
Spargel immer ein. Trotz sorg¬ 
fältigster Reinigung bleiben an 
jeder Spargelstange Keime von 
Bodenbakterien haften, die sich 
im Wasser weiter entwickeln, 
das Spargelgewebe zersetzen 
und sich auf dessen Kosten 
vermehren. Sie können schlie߬ 
lich, wie ein Versuch gezeigt 
hat, die im Wasser stehenden 
Spargelstangen in einen völligen 
Brei verwandeln. Ihre Wirkung 
auf das Spargelgewebe erklärt 
sich zum Teil aus ihrem Vermögen, die Mittellamellen der Spargel¬ 
zellen zu lösen. Auf diese und ähnliche Erscheinungen haben 
schon Behrens, Arthur Meyer u. a. hingewiesen. Figur 37 zeigt 
einen Zellkomplex aus dem in solcher Bakterienzersetzung befind¬ 
lichen Spargelkopfe. Wie man sieht, sind die Mittellamellen durch 
die Einwirkung der Bakterien verschwunden und die Zellen isoliert. 

Es spricht vieles dafür, daß die Bakterien, welche in dieser 
Weise auf frischen Spargel einwirken, dieselben sporenbildenden 
Spezies sind, welche auch das so häufig auftretende Verderben der 
Spargelkonserven verursachen. Allerdings beteiligen sich bei der 
Zersetzung kalt gewässerten Spargels neben diesen Formen wohl auch 
Bakterien, die im Wasser vorhanden oder erst beim Wässern aus 
der Luft in dasselbe hineingefallen waren. Auf solchen, von Bak¬ 
terien angegriffenen Spargel möchte ich auch die Feststellung von 
Windisch und Schmidt zurückführen, nach welcher der Spargel 
durch mehrtägiges Aufbewahren unter Wasser merklich an Güte 



Fig. 37. 

Durch Bakterientätigkeit isolierte Zellen 
des Spargelkopfes. 


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160 


IV. Die Versuchsstationen. 


und Wohlgeschmack verliert. Derartig durch Wässern verdorbener 
Spargel wird aber kaum zum Verkaufe angeboten und würde, sollte 
dies doch hier und da der Fall sein, sicherlich, weil offenbar ver¬ 
dorben, zurückgewiesen werden. Bei der hier stattfindenden Be¬ 
wertung des Verfahrens soll daher nur eine Dauer des Wässerns 
von höchstens 3 Tagen in Betracht gezogen werden. 

Als ein Nachteil des Verfahrens muß die ziemlich beträchtliche 
Wasseraufnahme gelten, wodurch eine derselben entsprechende Ver¬ 
teuerung des Spargels herbeigeführt wird, die also bei einer Wässerung 
während eines Tages etwa 9°/ 0 und bei längerem Wässern noch mehr 
betragen würde. Diesem Nachteile könnte jedoch abgeholfen werden, 
wenn der gewässerte Spargel als solcher deklariert und entsprechend 
billiger verkauft würde. 

Als Bedenken gegen das Verfahren könnte ferner die eintretende 
Auslaugung von Nährsubstanzen geltend gemacht werden. Wie aus 
■den Tabellen ersichtlich ist, findet eine Abgabe von Nährstoffen 
nur in geringem Umfange statt; auf die Gesamtmenge der wasser¬ 
löslichen Bestandteile des Spargels bezogen erscheint sie aber immer¬ 
hin beachtenswert. Will man jedoch zu keinem falschen Schlüsse 
kommen, so ist es notwendig, auch den Verlust an Nährsalzen bei 
der küchenmäßigen Zubereitung des Spargels in Betracht zu ziehen. 
Es wurde deshalb in dieser Hinsicht ein Versuch angestellt, welcher 
das in der folgenden Tabelle angeführte Resultat ergab. Die Zu¬ 
bereitung geschah derart, daß die Spargelstangen geschält, mit 
siedendem destilliertem Wasser gebrüht und darauf in einer neuen 
Menge destilliertem. Wasser 8 / 4 Stunden lang gekocht wurden. In 
den vereinigten Wassermengen wurden das Extrakt und die Mineral- 
bestandteile bestimmt 


Bestandteile 


Extrakt . . 

Mineralstoffe 


absolute Menge 


100 g geschälter Spargel gaben bei der Zubereitung 
an das Wasser ab 

von der Gesamtmenge der 
wasserlöslichen Bestandteile 
g °lo 

1,75 39,59 

0,25 49,50 


Gegenüber der enormen Einbuße an Nährstoffen bei der küchen- 
mäßigen Zubereitung, welche die Zahlen der Tabelle lehren, sieht 
der Verlust des Spargels an Nährstoffen beim Wässern harmlos aus; 
er kann daher kaum Veranlassung zu Bedenken gegen das Ver¬ 
fahren geben. Übrigens bedingen vermutlich auch in Wasser unlös¬ 
liche Substanzen in hohem Grade den angenehmen Geschmack des 
Spargels. Diese werden bei dem Verfahren des Wässerns gar nicht 
ausgelangt; es kommt daher auf einen kleinen Nährstoffverlust gar 
nicht so sehr an. 

Wenn man das Verfahren richtig einschätzen will, darf man 
auch nicht, wie das in den Tageszeitungen häufig geschehen ist, 
allein das Interesse der Konsumenten in Betracht ziehen, sondern 
muß auch bedenken, daß die Spargelzüchter und Händler unter Um¬ 
ständen gezwungen sind, ein Verfahren zu benutzen, das ihnen er- 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 161 

möglicht, wenigstens während einiger Tage den Spargel frisch, ge¬ 
nußfähig und wohlschmeckend zu erhalten, und daß für diese Kreise 
erhebliche Geldverluste entstehen müßten, wenn sie nur Spargel vom 
Tage der Ernte auf den Markt bringen dürften. Ein solches Ver¬ 
langen wäre doch wohl unbillig, denn auch diese Kreise haben 
Anspruch darauf, daß berechtigten Interessen ihrerseits Beachtung 
geschenkt wird. 

Es fragt sich schließlich nur noch, ob es nicht eine andere 
Methode gibt, den Spargel für einige Tage frisch zu erhalten. 

Die Erfahrung hat schon gelehrt, daß an der Luft trocken 
aufbewahrter Spargel bald rotfleckig wird. Vermutlich ist aus diesem 
Grunde das Verfahren des Wässems in Gebrauch gekommen. Es 
zeigt sich dabei aber noch ein anderer Übelstand, welcher im Gegen¬ 
sätze zu den Folgen des Wässems steht; der Spargel verliert durch 
Wasserverdunstung an Gewicht und wird welk. Die Ergebnisse 
eines von mir in dieser Hinsicht angestellten Versuches, wobei Spargel 
im Keller bei 13° C. auf einem Teller ausgebreitet wurde, sind 
mit denen der Versuche von Windisch und Schmidt, welche im 
kühlen Zimmer und Eisschranke ausgeführt wurden, in der folgenden 
Tabelle zusammengefaßt. 


Ort 

Wasserverlust von 100 g trocken auf¬ 
bewahrtem Spargel in 

1 Tag 

g 

2 Tagen 

g I 

3 Tagen 

g 

G Tagen 

g 

im Keller bei 13° C. n. eign. Vers. . 

3,8 

7,3 

9.4 

11,8 

im kühlen Zimmer (W. u. S.) . . . 

3,55 

8,05 

11,47 

23,1 

im Eisschrank (W. u. S.) .... 

1,37 

2,52 

i 3.37 

9.68 


Wie daraus hervorgeht, ist es möglich, im Eisschranke den 
Spargel während I—2 Tagen ohne großen Gewichtsverlust zu er¬ 
halten, am 3. Tage beginnt nach Windisch auch hierbei schon der 
Spargel sich zu verfärben. Im Großbetriebe dürfte dieses Ver¬ 
fahren aber nicht überall gut angängig sein, man müßte dann schon 
Eiskeller als Aufbewahrungsorte nehmen, wodurch, abgesehen von der 
Durchführbarkeit, wiederum eine Verteuerung des Spargels herbei¬ 
geführt würde. 

Ein anderer von mir angestellter Versuch, welcher erweisen 
sollte, ob nicht durch eine Modifikation des Wässerungsverfahrens 
den dabei eintretenden Übelständen abgeholfen werden könnte, 
wurde so ausgeführt, daß Bündel von Spargelstangen nur mit 
der Schnittfläche in Wasser gestellt wurden. Es ergab sich, wie 
nachstehende Tabelle zeigt, daß dabei eine fast ebenso große Wasser¬ 
aufnahme seitens des Spargels stattfand, wie beim eigentlichen 
Wässern. 

Oeisonheimer Bericht 1901 . 11 


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162 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Die Spargelstangen standen im 

100 g Spargel nehmen Wasser auf in 

W asser 

1 Tag 

2 Tagen 

3 Tagen 

nur mit der Schnittfläche. 

vollständig. 

8,82 g | 

10,7 „ ! 

12,79 g 
i 13,9 „ 

14,75 g 
15,5 „ 


Dieses Resultat beweist auch, dali die Wasseraufnahme durch 
das Leitungssystem ungefähr ebensogut von statten geht, wie durch 
Osmose. 

Ein dritter von mir ausgeführter Versuch ergab bessere Resul¬ 
tate. Der Spargel wurde in einer bedeckten Schale auf feuchtem 
Sande, welcher des sauberen Arbeitens halber mit Fließpapier über¬ 
legt war, im Keller bei 13 0 C. aufbewahrt. Es trat während 
6 Tagen weder eine Zu- noch eine Abnahme an Gewicht ein; auch 
hatte nach 3 Tagen der Spargel noch nichts von seinem guten Aus¬ 
sehen eingebüßt. Erst nach 4—5 Tagen zeigte sich eine Verfärbung. 
Demnach scheint dieses Verfahren, welches darauf hinausgeht, den 
Spargel in feuchter Luft in nicht zu dicker Schicht aufzubewahren, 
das beste zu sein. Ob es sich im großen durchführen läßt, kann 
von hier aus nicht entschieden werden. 

Was nun die Gefahr einer Infektion des Spargels mit Bakterien 
durch schlechtes Wasser anbetrifft, so ist sie wohl nicht ernstlich 
in Betracht zu ziehen. Es dürfte doch zu den seltensten Fällen 
zählen, daß wirklich gesundheitsschädliches, mit pathogenen Bakterien¬ 
keimen durchsetztes Wasser zur Spargelwässerung verwendet wird, 
und selbst dann ist die Gefahr noch nicht allzugroß, denn bei dem 
Schälen und Kochen des Spargels in der Küche dürften die etwa 
den Stangen anhaftenden Keime beseitigt oder getötet werden. Aller¬ 
dings ist es in jedem Falle ganz unzulässig, derartiges W'asser zu 
benutzen, da die Möglichkeit einer Übertragung von Krankheits¬ 
keimen auf den Konsumenten bei einem solchen Verfahren immer¬ 
hin vorhanden ist. 

Das Endresultat unseres Versuches ist kurz gefaßt, daß das 
Wässern des Spargels zwar eine Veränderung des Prozentgehaltes, 
nicht aber eine wesentliche Einbuße an Nährstoffen herbeiführt und 
bei kurzer Dauer und zweckentsprechender Handhabung den Spargel 
nicht in dem Maße entwertet als vielfach angenommen wurde. 
Richtiger scheint es allerdings, das Verfahren durch andere Methoden 
zu ersetzen, welche keine Änderung in der Zusammensetzung des 
Spargelinhaltes hervorrufen. 

9. Untersuchungen Uber die Gärung der Bohnen. 

Bearbeitet von Dr. R. Schulz, Assistent der Station. 

Die Konservierung der Nahrungsnuttel für den Winter ist 
eine für den Haushalt sehr wichtige Angelegenheit Hierfür kommen 
hauptsächlich Früchte und Gemüse in Betracht, deren Haltbar¬ 
machung auf verschiedenem Wege erreicht wird, entweder durch 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 163 


bloßes Aufbewahren an geeigneten kühlen und trockenen Orten, 
durch Sterilisation, durch Einkochen mit Essig oder Zucker oder 
durch Einsalzen. Während bei Obstarten vorwiegend die trockene 
Aufbewahrung und das Einkochen mit Essig oder Zucker und bei 
gewissen Gemüsen, z. B. Spargel, die Sterilisation angewandt wird, 
ist bei anderen Früchten und Gemüsen, so Gurken, Kraut und 
Bohnen, außer der Sterilisation und dem Einkochen mit Kon¬ 
servierungsmitteln das Einsalzen gebräuchlich. Wird dazu nicht 
eine sehr große Menge Salz genommen, so bedingt dieses an und 
für sich die Haltbarkeit der Gemüse nicht, sondern diese werden 
erst durch die nach stattgefundener Gärung vorhandene Säure halt¬ 
bar. Trotzdem die Gärung eine wilde ist, mißglücken die Säue¬ 
rungen verhältnismäßig selten, wenigstens nicht soweit, daß das Er¬ 
zeugnis ganz unbrauchbar wird. Der Wohlgeschmack der Gemüse 
und wahrscheinlich auch ihr Nährwert werden aber doch häufig 
durch fehlerhafte Gärungen so beeinträchtigt, daß eine wissenschaft¬ 
liche Untersuchung des Gärprozesses von größtem praktischem Werte 
sein muß. Bezüglich der Gurken und des Krauts haben uns die 
Arbeiten von Ad er hold, 1 ) Conrad 2 ) und Wehm er 3 ) genügende 
Aufschlüsse gegeben, wenn auch einige fragliche Punkte offen ge¬ 
blieben sind. Die Bohnensäuerung hingegen ist bisher nur gestreift 
worden, und zwar von Wehm er. 4 ) Ist auch bei den Bohnen das 
Verfahren des Einsalzens im Großbetrieb durch die heutige Ent¬ 
wicklung der Konservenindustrie in den Hintergrund gedrängt 
worden, so findet es doch immer noch Anwendung, besonders in 
den Haushaltungen, wo die Sterilisation immerhin mit Umständen 
verknüpft ist. Eine genauere wissenschaftliche Bearbeitung der 
Bohnensäuerung war daher erwünscht, besonders da gerade die 
Bohnen, die zu unseren wichtigsten Gemüsen gehören, beim Ein¬ 
salzen nicht selten durch fehlerhafte Gärungen, kenntlich durch Ent¬ 
wicklung widriger Geruchs- und Geschmacksstoffe, mehr oder weniger 
entwertet werden. Günstige Gelegenheit für eine derartige Unter¬ 
suchung bot das Einsalzen von Bohnen, welches in großem Ma߬ 
stabe in jedem Herbst von der Internatsküche der Anstalt vor¬ 
genommen wird. Zu dieser Zeit wurden daher im letzten Jahre 
eine Reihe von Versuchen eingeleitet, die indes noch nicht alle be¬ 
endigt sind. 

Die bisherigen Arbeiten zielten darauf hin, den natürlichen 
Verlauf der Gärung, den Verlauf derselben unter bestimmten Be¬ 
dingungen und den chemischen Vorgang bei der Säuerung fest¬ 
zustellen, die dabei wirksamen Organismen, ihre Herkunft, ihre 
Tätigkeit und ihre Wirkung aufeinander kennen zu lernen und 

*) Aderhold, R., Untersuchungen über das Einsäuern von Früchten und 
Gemüsen. Landwirtsch. Jahrb. 1899, 8. 69 u. f. 

J ) Conrad, E., Bakteriologische und chemische Studien über die Sauer¬ 
krautgärung. Inaug.-Dissert. Würzburg 1S97 und Archiv f. Hygiene 1897, S. 56 
bis 95. 

3 ) Wehmer, Sauerkrautgärung. Centralbl. f. Bakteriol. 2. Abt., X, S. 625. 

*) Wehmer, Die Vietsbohnengärung. 1. c. 1898, 2. Abt., IV, S. 190. 

11 * 


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164 


IV. Die Versuchsstationen. 


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schließlich zu versuchen, ob eventuell eine Reinsäuerung für das 
Erzeugnis vorteilhaft sei. 

Für das Verfahren des Einsalzens werden in der Praxis sowohl 
rohe, als kurze Zeit gekochte Bohnen verwendet. Letztere sollen 
leichter weich zu kochen und zarter sein. Die Bohnen werden abge¬ 
zogen, in größeren Betrieben maschinenmäßig geschnitten und roh oder 
gekocht in abwechselnden Lagen mit Salz in Töpfe oder Fässer ein¬ 
gestampft und mit einem Leinwandtuche bedeckt Ein aufgelegter 
Deckel wird mit Steinen beschwert, so daß der durch das Salz aus¬ 
gezogene Saft bis an die Oberfläche der Bohnen, und wenn das 
Gewicht groß genug ist, noch mehrere Centimeter darüber dringt 
Die zur Verwendung kommenden Salzmengen sind verschieden. 
Es tritt nun in dem Innern der so erhaltenen Masse eine durch 
Organismen bewirkte Gärung ein, die nach einigen Wochen beendet 
ist Auf der Oberfläche hat sich indessen eine schmierige, widerlich 
riechende Kahmhaut gebildet, die auf dem überstehenden Safte 
schwimmt oder in den Gärtöpfen der Haushaltungen meist auf dem 
Leinwandtuche sich ablagert. Im Großbetriebe kommt das Gemüse 
nicht sofort zur Verwendung. Hier wird nunmehr die Flüssigkeit 
mit der Kahmdecke abgehoben, und meist auch die oberste Lage 
der Bohnen als minderwertig entfernt Sodann wird nochmals Salz 
aufgestreut und das Faß verschlossen. Das Gemüse ist nun längere 
Zeit haltbar. In der Haushaltung findet kein Verschluß der Töpfe 
oder Fässer statt, weil die Bohnen bald zum Verbrauche gelangen. 
Beim Anbruch des Gefäßes wird das Leinwandtuch abgenommen 
und gesäubert oder mit einem neuen vertauscht. Die oberste 
Schicht der Bohnen entfernt man gewöhnlich, weil sie einen wider¬ 
lichen Geschmack besitzt. Der dadurch entstehende Verlust ist 
manchmal ziemlich groß. Treten längere Unterbrechungen im Ver¬ 
brauche ein, so müssen eventuell noch mehrmals die jeweils obersten 
Bohnen weggetan werden. 

Da die Säuerung roher Bohnen von der vor dem Einsalzen 
gekochten verschieden sein konnte, erschien es notwendig, die Be¬ 
obachtungen auf beiderlei Material auszudehnen. Zugleich wurde 
auch die Gärung ungesalzener Bohnen in Betracht gezogen. Die 
im Internat eingemachten Bohnen konnten für diesen Zweck nicht 
benutzt werden, da Veränderungen im Innern wegen der Undurch¬ 
sichtigkeit der Faß wände nicht beobachtet werden konnten, und 
weil, trotzdem sehr große Steine zur Beschwerung genommen wurden, 
der Saft nicht soweit emporgedrückt wurde, daß er mit der Pipette 
abgehoben werden konnte; wurden die Steine entfernt, so zog sich 
der Saft in die Bohnen ein. Es wurden deshalb für die Versuche 
Glascylinder und, zur stärkeren Beschwerung, mit Quecksilber ge¬ 
füllte Flaschen verwendet. In 2 Gefäßen wurden rohe geschnittene 
Bohnen ohne Salz, bez. mit 4% Kochsalz eingestampft; für einen 
3. Versuch wurden die geschnittenen Bohnen 10 Minuten lang ge¬ 
kocht und, nachdem das Wasser abgelaufen und sie auf Tellern aus¬ 
gebreitet erkaltet waren, mit 4% Kochsalz eingesalzen. In allen 
Gefäßen wurden darauf die Bohnen mit einer der Weite des Cylinders 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 165 


entsprechenden Glasscheibe bedeckt, beschwert* und die Gefäße ver¬ 
bunden, so daß also, wie in der Praxis, der Luftzutritt von der 
Hauptmasse der Bohnen abgehalten war. Die Bohnen befanden 
sich während der ganzen Dauer des Versuchs, vom 13. September 
bis 5. -November, im Laboratorium bei einer Temperatur von 19° C. 

Die Gärung der rohen Bohnen, sowohl der gesalzenen, wie 
der ungesalzenen, verlief etwa in gleicher Weise. Die über den 
Bohnen stehende Brühe, welche am Tage des Einsalzens fast klar 
und grün gefärbt erschien und ganz schwach sauer reagierte, zeigte 
schon am nächsten Tage eine schwache Trübung, und es ließ sich 
eine schwache Schaumbildung bemerken in Form von kleinen Bläs¬ 
chen, welche sich am Bande des Cvlinders ansammelten. In der 
Folge nahm die Trübung und Schaumbildung zu, so zwar, daß das 
Maximum der Schaumbildung bei den ungesalzenen Bohnen schon 
am 3. Tage, bei den gesalzenen erst am 5. Tage erreicht war. Es 
trat auch eine Verfärbung der Brühe und der Bohnen ins Gelbgrüne 
und später ins Gelbe bis Gelbbraune ein. Die Schaumbildung nahm 
nun rasch ab, und die Brühe begann sich, etwa vom 8. Tage ab, 
durch Absetzen zu klären. Von Anfang an waren Titrationen der 
Brühe mit 1 / 10 Normal-Kalilauge und Rosolsäure als Indikator erfolgt. 
Sie wurden nur jeden 2. oder 3. Tag ausgeführt, weil befürchtet 
werden mußte, daß die Brühe sonst nicht bis zu Ende des Versuchs 
ausreichen würde. Bei den ungesalzenen Bohnen hatte schon am 
Tage nach dem Einmachen eino Zunahme der Säure stattgefunden, 
bei den gesalzenen zeigte sich erst am Tage darauf eine Säurever¬ 
mehrung. Im weiteren Verlaufe der Gärung stieg der Säuregehalt 
allmählich, und zwar bei den ungesalzenen anfangs schneller als 
bei den gesalzenen; das Verhältnis kehrte sich jedoch bald um, und 
der Höhepunkt der Säuerung wurde, nachdem am 19. Tage bei 
beiden derselbe Säuregehalt festgestellt worden war, bei den ge¬ 
salzenen Bohnen am 39. Tage, bei den ungesalzenen erst 10 Tage 
später erreicht. Bis zu diesem Zeitpunkt waren keine unange¬ 
nehmen Geruchsstoffe beobachtet worden. Im Anfänge der Säuerung 
herrschte der reine Bohnengeruch vor, der im weiteren Verlaufe 
der Gärung immer mehr durch den scharfen, aber reinen und nicht 
unangenehmen Geruch der Säure verdeckt worden war. Die un¬ 
gesalzenen Bohnen erschienen indes nicht ganz so reintönig wie 
die gesalzenen. Nunmehr begann, bei den ungesalzenen später als 
bei den gesalzenen, auf der Oberfläche der Brühe eine starke Kahm¬ 
haut sich zu bilden. Der Säuregehalt nahm jetzt, wenigstens in 
der überstehenden Brühe, sehr schnell ab, und es entwickelte sich 
ein unangenehmer Geruch, der immer stärker wurde und am Ende 
des Versuchs, als die Brühe schon alkalisch reagierte, einem Gemische 
von Ammoniak oder Trimethylamin mit Buttersäure ähnlich schien. 

Die Gärung der vor dem Einsalzen gekochten Bohnen ging 
etwas abweichend von der der rohen von statten. Es trat keine 
Schaumbildung auf. Die schon durch das Kochen in Gelblichgrün 
umgeschlagene Farbe der Bohnen ging allmählich in Falbengelb 
über. Die schon von Anfang an ziemlich trübe Brühe klärte sich 


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IV. Die Versuchsstationen. 


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nach der Gärung nur unbedeutend. Die Säurebildung stieg lang¬ 
samer wie bei den rohen Bohnen und es wurde auch bei weitem 
nicht soviel Säure produziert. Der Höhepunkt der Säuerung war 
nach 25 Tagen erreicht. Danach bildete sich, wie bei den rohen 
Bohnen, eine Kahmdecke, mit deren Vergrößerung der Säuregehalt 
rasch abnahm und das schon während der Säuerung nicht so reine 
und angenehme Aroma in ungefähr denselben widerlichen Geruch 
überging, den die rohen Bohnen zeigten. Die erste Tabelle demon¬ 
striert die Säurebildung und -Abnahme der erläuterten Versuche 
in der Zeit vom 14. September bis 5. November. Die Säure ist auf 
Milchsäure berechnet. Die unausgefüllten Rubriken zeigen an, daß 
die Brühe neutral, bezüglich alkalisch reagierte. 


I. Säuregehalt der Bohnenbrühe. 


Datum 

Beschaffenheit der Bohnen 

roh, 

ungesalzen 

0/ 

,0 

roh, 

gesalzen 

°/ 

lo 

gekocht, 

gesalzen 

°/ 

/ 0 

September 14. 

0,135 

0,090 

0,090 

„ 

16. 

0,594 

0.324 

0,270 


19. 

0,648 

0,450 

0,279 


22. 

0,684 

0,494 

0,306 


24. 

0,810 

0,630 

0,306 


26. 

0,900 

0,792 

0,378 

Oktober 

29. 

1,117 

1,134 

0,540 

1. 

1,224 

1,224 

0,558 


3. 

1,296 

1,278 

0.612 


5. 

1,368 

1,476 

0,648 


7. 

1,440 

1,548 

0,720 


10. 

1,458 

1,656 

0,720 

V 

12. 

1,548 

1,674 

0.594 


14. 

1,584 

1,692 

1 0,594 


17. 

1,620 

1 1,692 

1 0,252 


19. 

1,656 

1,692 

0,180 

% * 

21. 

1,656 

1,710 

— 

V 

24. 

1,692 

I 1,710 

, - 


26. 

1,746 

1,656 

_ 


28. 

1,782 

0,288 

! — 


31. 

1,818 

— 


November 

5. 

1,260 

— 



Der geringe Säuregehalt der Brühe der vor dem Einsalzen ge¬ 
kochten Bohnen, welcher, wie aus der Tabelle ersichtlich ist, fast 
nur ein Drittel so groß ist wie bei den rohen, ist möglicherweise 
auf die frühe Bildung der Kahradecke zurückzuführen. Ich halte 
es aber für wahrscheinlicher, daß durch die Behandlung mit kochen¬ 
dem Wasser ein Teil des in den Bohnen vorhandenen Zuckers aus¬ 
gezogen worden war, weshalb nur weniger Säure gebildet werden 
konnte, und vermute, daß die schnelle Bildung der Kahmdecke 
gerade durch den geringen Gehalt an Säure bedingt wurde. 

Ende November wurden die Versuchsbohnen einer Kostprobe 
unterworfen. Dieser Zeitpunkt war aber zu weit hinausgeschoben. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 107 


Die ungesalzenen rohen Bohnen waren nämlich nur in geringer 
Menge eingestampft worden und bis auf den Grund verdorben. Die 
anderen, welche in größerer Menge eingesalzen worden waren, 
erschienen ebenfalls bis in ziemliche Tiefe so übelriechend, daß sie 
nicht zum Genüsse verwendet werden konnten. Die unteren Lagen 
waren jedoch noch gut Hier rochen die Bohnen noch stark sauer, 
doch nicht ganz rein, und zwar die gekochten Bohnen etwas 
weniger rein als die rohen. Während des Kochens erschien der 
Geruch der Bohnen nach einmaligem Wasserwechsel angenehm; auch 
nahmen die roh eingesalzenen Bohnen wieder eine grünliche 
Färbung an, während die anderen gelb blieben. Die gar gekochten 
Bohnen wurden gekostet und schmeckten gut, doch trat bei den roh 
eingesalzenen Bohnen der Bohnengeschmack etwas mehr hervor. Im 
übrigen erschienen die vor dem Einsalzen gekochten Bohnen be¬ 
deutend weicher als die roh eingesalzenen. 

Da durch bestimmte Bedingungen der im vorangegangenen 
geschilderte Gärungsprozeß und auch das Erzeugnis beeinflußt wer¬ 
den konnten, wurden in dieser Hinsicht Versuche angestellt. Es 
wurde vorläufig die Wirkung verschiedener Mengen Kochsalz und 
der Temperatur, sowie das Verhalten bei Luftabschluß in Betracht 
gezogen. 

Zur Feststellung des Einflusses verschiedener Mengen Koch¬ 
salz wurden am 27. September rohe Bohnen wie im vorigen Ver¬ 
suche mit 1, 2, 3, 4, 6 und 8% Salz unter sonst gleichen Be¬ 
dingungen eingelegt. Die im Anfänge der Gärung stattfindende 
Schaumbildung trat bei den Bohnen mit 1—4 % Salz schon in den 
ersten Tagen ein, bei den übrigen verzögerte sie sich derartig, daß 
bei 6 % Salz erst am 10. Tage, bei 8 % erst ain 13. Tage eine 
Gasentwicklung sich bemerken ließ. Dementsprechend wurde der 
Höhepunkt der Schaumbildung mit zunehmendem Salzgehalte immer 
später erreicht Ebenso verhielt es sich mit der Verfärbung dex 
Brühe und der Bohnen; am schnellsten, schon in den ersten Tagen, 
verfärbten sich die Bohnen mit 1 und 2 % Salz, bald auch die mit 
3 und 4 %, später diejenigen mit 6 und 8 °/ 0 . Am 10. Tage war 
bei 1—4% Salz die Farbe der Bohnen vollständig in Bräunlichgelb 
übergegangen, während diese bei 6% noch grünlich erschienen 
und bei 8% noc h fast die ursprüngliche Farbe besaßen. Letztere 
erwiesen sich auch am 14. Tage noch grünlich gefärbt. Der Säue¬ 
rungsverlauf wurde wiederum durch Titration festgestellt und ist, 
soweit die Brühe noch sauer reagierte, aus der 2. Tabelle ersicht¬ 
lich. Die Zahlen sind auf Milchsäure berechnet Leider traten bei 
diesem Versuche in den Fällen mit höherem Kochsalzgehalte bald, 
noch ehe die Säuerung beendet war oder sogar schon im Beginne 
derselben, Kahmdecken auf, und die Brühe reagierte dann in kurzer 
Zeit alkalisch. Ich schreibe dies dem Umstande zu, daß die Bohnen 
nicht bald nach dem Pflücken verwendet wurden, sondern erst 
einige Zeit im Keller liegen blieben und daselbst stark mit 
Kahm infiziert wurden. Immerhin konnte konstatiert werden, daß 
auch die Säuerung mit zunehmendem Salzgehalte langsamer vor sich 


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168 


IV. Die Versuchsstationen. 


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ging, und daß eine schnelle Säurebildung der Vermehrung des 
Kahms hinderlich ist Durch letzteren Umstand wird auch die Ver¬ 
mutung begründet, die weiter oben ausgesprochen wurde, daß die 
frühe Bildung der Kahmdecke bei Bohnen, welche vor dem Ein¬ 
salzen gekocht wurden, auf die langsamere und geringere Säure¬ 
bildung zurückzuführen sei. 


II. Säuregehalt der Bohnenbrühe bei verschiedenem 

Salzgehalte. 


Datum 

Salzgehalt 

17» 

2 % 

Q 0/ 

| ° / O 

4 % 

6% 

8% 

September 29. 

0,144 % 

0-126 % 

0,126% 

0,126 % 

0,126% 

0,126% 

Oktober 1. 

0,342 .. 

0,258 ,. 

0.216 

0,180 .. 

0.144 ., 

0,126 ., 

3. 

0,342 ., 

0,258 „ 

0.252 

0.216 „ 

0,108 .. 

0.072 .. 

,, 5. 

0,378 „ 

0,306 „ 

0,288 ., 

0,252 .. 

0,108 .. 

0,072 .. 

7. 

0,540 ., 

0,494 „ 

0,450 .. 

0.450 ., 

0,090 ., 

0,054 .. 

10. 

0,702 .. 

0.666 „ 

0,576 „ 

0.270 ., 

— 

— 

12. 

0.090 ,. 

0,792 .. 

0,090 „ 

0,256 ., 

— 

— 

14. 

1,116 „ 

0,738 „ 

0,036 „ 

0,054 .. 

— 

— 

17. 

1,278 „ 

0,720 „ 

— 

— 

— 

— 

19. 

1.404 

0,396 

- 

— 


— 

21. 

1,530 ., 

0,180 

— 

— 


— 

24. 

1,566 ., 

— 

— 

— 

— 

— 

26. 

1,566 .. 

— 

j 

j - 

— 

— 

28. 

1,638 ., 

— 

— 


— 

— 

„ 31. 

1,710 ., 

— 

— 

i - 

j - 

— 

November 5. 

1,872 „ 

— 

- 

— 

— 

— 


Als die Bohnen im Anfänge Dezember auf ihre Güte und 
ihren Geschmack geprüft wurden, stellte sich heraus, daß die 
Säuerung in der Tiefe der Bohnenmasse, auch bei den Bohnen mit 
hochprozentigem Salzgehalte, fortgeschritten war; wie weit dies der 
Fall war, konnte nicht festgestellt werden. Der Versuch mit 2% 
Kochsalz war vollständig verdorben; die Bohnen rochen widerlich 
nach Buttersäure. Auch die übrigen Versuche waren, mit Ausnahme 
derjenigen mit l % Salz, nicht als tadellos zu bezeichnen. Die 
obersten Lagen waren verdorben, und auch in den unteren Schichten 
zeigten die Bohnen einen unreinen oder fast widerlichen Beigerucb, 
meist nach Buttersäure. Am stärksten trat dieser bei den Bohnen 
mit 3 und 4 °/ 0 Salzgehalt auf, bei denen mit 6 und 8 % konnte 
der Geruch nur als unangenehm bezeichnet werden. Beim Kochen 
schwand der Geruch mehr oder weniger, so daß nach dem Abgießen 
des zuerst benutzten Wassers und bei Verwendung von frischem 
die Bohnen einen ziemlich gleichartigen Geruch und Geschmack 
zeigten. Letzterer war wenig ausgeprägt. Das beste Resultat er¬ 
gaben die Bohnen mit 1 % Kochsalz. Sie rochen sauer, aber an¬ 
genehm und ausgeprägt nach Bohnen und schmeckten nach der 
Zubereitung gut. Im übrigen erforderten die Bohnen mit höherem 
Salzgehalte mehr Zeit, um weich zu kochen, als die mit geringerem; 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 16!) 


die längste Kochdauer beanspruchten diejenigen mit 6—8 °/o Salz¬ 
gehalt. 

Ich schließe aus den Ergebnissen dieses Versuchs, daß für die 
Säuerung der Bohnen ein niedriger Salzgehalt von Vorteil ist, daß 
aber bei früh eintretender Kahrahautbildung Bohnen mit geringem 
Kochsalzgehalte, wenn die Säuerung nicht rasch genug vor sich 
geht, leichter dem Verderben ausgesetzt sind, als solche mit hohem 
Salzgehalte. 

Hinsichtlich des Einflusses der Temperatur wurden am 5. Oktober 
rohe geschnittene Bohnen mit 4°/ 0 Kochsalz eingesalzen und ein 
Versuch bei 15°, ein anderer bei 23° und ein dritter bei 30° C. 
gehalten. Auch bei diesen Versuchen traten bei 15 und 23° ziem¬ 
lich früh Kahmdecken auf. Den Säuerungsverlauf dieser 3 Versuche 
gibt Tabelle HI an. Die auf Milchsäure berechneten Zahlen sind 
nur, soweit die Brühe sauer reagierte, eingetragen. 


HI. Säuerung der Bohnenbrühe bei verschiedener 

Temperatur. 


Datum 

Temperatur 

15° 

23° 

30° 

Oktober 7. 

0,090 % 

0,108% 

0,180% 

10. 

0,108 

0,180 „ 

0,540 „ 

12. 

0,126 „ 

0,396 ., 

0,594 ,, 

14. 

0,144 „ 

0,936 „ 

0,972 „ 

17. 

0,180 „ 

1,206 „ 

1,386 „ 

19. 

0,198 „ 

1,260 „ 

1,620 „ 

21. 

0,270 » 

0,720 „ 

1,800 „ 

24. 

0,090 

0,126 „ 

1,800 „ 

„ -6. 

— i 

| 

1,800 „ 

28. 

— 

_ 

1,800 „ 

31. 

— 

_ 

1,836 „ 

November 5. 

— | 

— 

1,836 „ 


Wie die Zahlen lehren, geht die Säuerung bei 15 ^ nur 
äußerst langsam von statten, bei 30 0 dagegen steigt der Säuregehalt 
sehr schnell. Auch die Mitteltemperatur von 23° erscheint noch 
sehr günstig für eine schnelle Säurebildung. Der Unterschied ist 
wohl nur darauf zurückzuführen, daß die die Säuerung bewirkenden 
Organismen in der Nähe von 30° das Optimum der Entwicklung 
besitzen, während ihre Tätigkeit bei einer Temperatur unter 15°, oder 
doch ganz in der Nähe derselben, vollständig gehemmt wird. Eine 
Beeinflussung der Diffusionsgeschwindigkeit des säureliefernden 
Materials aus den Bohnen in die umgebende Flüssigkeit durch die 
Temperatur, wie sie bei Gurken nach Aderhold stattfindet, kann 
hier nicht in Betracht kommen, da die Bohnen geschnitten und 
gepreßt werden, und so ein Saftaustritt erfolgt. Bei der Kostprobe 
lieferten die bei 30° vergorenen Bohnen das beste Erzeugnis. 

Betreffs des Luftabschlusses sind noch keine Versuche an¬ 
gestellt worden. Es ist aber anzunehmen, daß bei Luftabschluß ein 


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170 


IV. Die Versuchsstationen. 


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günstigeres Ergebnis der Säuerung erzielt werden kann, da die 
früher oder später auftretende Kahmhaut ungünstig wirkt, und diese 
nur bei Luftzutritt sich entwickeln kann. 

Die ausgeführten Versuche zeigen, daß der Säuerungsprozeß 
der Bohnen in ganz ähnlicher Weise verläuft wie derjenige der 
Gurken und des Krautes, und daß er auch in gleicher Weise durch 
Zugabe verschiedener Mengen Kochsalz und durch Temperatur¬ 
veränderung beeinflußt wird. Voraussichtlich dürften deshalb auch 
der chemische Vorgang bei der Säuerung ein gleichartiger und die 
■Organismen, welche diesen bewirken, wenigstens nahe verwandt sein 
mit denjenigen, welche die Säuerung der Gurken und des Krautes 
hervorrufen. 

Betreffs des chemischen Vorgangs ist von Wehm er die Ver¬ 
mutung ausgesprochen worden, daß die Kohlehydrate in erster Linie 
von Bakterien, die Eiweißstoffe vorzugsweise von Hefe zersetzt 
würden. Untersuchungen darüber hat er nicht angestellt. Auch 
von hier aus liegen noch keine Versuche vor. Es darf aber als 
sicher angenommen werden, daß im Anfänge die Gärung roher 
Bohnen hauptsächlich, aber nur kurze Zeit, eine alkoholische, durch 
Hefen bewirkte ist, daß aber nebenbei von Anbeginn eine durch 
Bakterien verursachte Milchsäuregärung stattfindet, durch welche, 
wenn eine bestimmte Menge Säure gebildet worden ist, die Hefen 
in ihrer Entwicklung und Tätigkeit gehemmt werden, und somit 
die alkoholische Gärung unterbrochen wird. Die Quelle für die 
Bildung des Alkohols wie der Milchsäure ist der in den Bohnen 
vorhandene Zucker; ob und wie weit auch andere etwa vorhandene 
Kohlehydrate oder verwandte Stoffe in Betracht kommen, ist noch 
nicht festgestellt worden, ebensowenig, wieviel Eiweißstoffe von 
diesen Organismen verbraucht werden. Die Menge Milchsäure, 
welche erzeugt wird, ist ziemlich groß, größer als bei Gurken und 
Kraut; auf den Bohnensaft berechnet, beträgt sie bis 1,8% und 
darüber, während Wehm er für Krautbrühe nur +1% und Ader¬ 
hold für Gurkenbrühe als Maximum nur 0,99% Milchsäure fest¬ 
gestellt haben; letztere Zahl kann allerdings nicht direkt mit den 
beiden andern verglichen werden, da für die Gurkensäuerung nicht 
nur Salz, sondern Salzlösung benutzt wird. Neben der Milchsäure¬ 
gärung dürfte bei nicht fehlerfreien Säuerungen in größerem oder 
geringerem Maße auch eine Buttersäuregärung stattfinden; vielleicht 
wird auch normalerweise etwas Essigsäure gebildet. In dieser Hin¬ 
sicht sowohl, wie bezüglich der anderen noch offen stehenden Fragen 
sollen weiterhin Untersuchungen ausgeführt werden. Die Wirkung 
der Organismen, welche die Kahmdecke bilden, scheint hauptsächlich 
•darin zu bestehen, daß die gebildete Milchsäure wieder zersetzt und 
die stickstoffhaltigen Substanzen verändert werden; es ist dies aus 
•der Säureabnahme und der Bildung von Ammoniak und ähnlicher 
Verbindungen zu schließen. Die Behauptung von Wehm er, daß 
der Salzgehalt den Ausschluß fauliger Zersetzung bewirkt, die ohne 
ihn unfehlbar eintroten würde, ist wohl in dieser Form nicht auf¬ 
recht zu erhalten. Mein Versuch hat gezeigt daß auch ohne Salz 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 171 

nicht nur die Milchsäuregärung eintritt, sondern daß dieselbe bei 
Saizmangel sogar beschleunigt wird. 

Bei vor dem Einsalzen gekochten Bohnen ist der chemische 
Prozeß nicht ganz derselbe. Es tritt keine alkoholische Gärung ein, 
sondern nur die Milchsäuregärung. Demnach ist anzunehmen, daß 
die alkoholbildenden Hefen durch das Kochen abgetötet werden. 

Bezüglich der Organismen, welche den Gärungsprozeß bewirken, 
hat Wehmer in der oben angeführten Abhandlung schon Mitteilungen 
gemacht Er hat in der Bohnenbrühe Bakterien, Sproßpilze und 
Kahmpilze konstatiert Es kann gegenwärtig wenig mehr darüber 
gesagt werden, da die Reinzucht der Organismen noch nicht voll¬ 
ständig beendet und auch noch nicht festgestellt ist, welche der 
reingezüchteten Organismen miteinander identisch sind. 

Während des Stadiums der Schaumbildung wurden in der 
Brühe roh eingesalzener Bohnen gefunden sprossende Hefezellen 
(wahrscheinlich Saccharomyces ellipsoideus) und andere hefeähnliche 
Organismen, in denen ich Saccharomyces apiculatus und Torula ver¬ 
mute, kettenförmig verbundene Kokken und Stäbchen, welche teils 
einzeln sich schnell bewegten, teils zu Fäden verbunden waren. 
Die Brühe der in gekochtem Zustande eingesalzenen Bohnen zeigte 
zur selben Zeit, mit Ausnahme der Hefe, dieselben Organismen. 
Die Kokken waren jedoch fast alle frei. 

Nach 8 Tagen konnten fast nur noch schwärmende oder 
ruhende, oft zu langen Fäden vereinigte Stäbchen oder Kurzstäbchen 
konstatiert werden, welche indes zur selben Art zu gehören schienen. 
Bei den vor dem Einsalzen gekochten Bohnen fanden sich auch schon 
Kahmhefezellen. 

In der später gebildeten Kahmdecke wurden außer Bakterien, 
unter denen wenigstens 2 verschiedene Arten vermutet werden 
konnten, in der Hauptsache Kahmhefen und Oidium, bei den ge¬ 
kochten Bohnen auch eine rote Kolonien bildende Hefeart gefunden. 

Die stinkende Brühe verdorbener Bohnen enthielt außer Kahm¬ 
hefe schwärmende, peritrich begeißelte Stäbchen. Proben von Bohnen¬ 
brühe aus der Internatsküche der Anstalt und von Privatleuten 
zeigten im allgemeinen dieselben Organismen. 

Bezüglich der Herkunft der Organismen wurden ebenfalls 
Untersuchungen ausgeführt Da für das Einsalzen der Bohnen kein 
Wasser verwendet wird, können die Organismen nur von den Bohnen 
selbst oder aus der Luft oder von den benutzten Gegenständen 
stammen; vermutlich kamen dafür zuerst die Bohnen in Betracht. 
Es wurden daher mit sterilen Instrumenten Stücke von Bohnen 
direkt von der Pflanze in sterilen Bohnensaft gebracht, um fest¬ 
zustellen, welche Organismen sich darin entwickeln würden. Die 
Reinzucht derselben ist noch nicht beendet, doch wurden sowohl 
Hefen wie Bakterien und Kahmhefen gefunden. Die Organismen 
befinden sich demnach wahrscheinlich schon zum größten Teile auf 
den Bohnen selbst. 

Nach der Reinkultur sollen die Organismen bestimmt, ihr 
Einfluß auf bestimmte Nährlösungen und auf Bohnen selbst geprüft 


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172 


IV. Die Versuchsstationen. 


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und ihre Wirkung aufeinander untersucht werden. Es wird dann 
voraussichtlich möglich sein, die Bedingungen, welche ein gutes 
Erzeugnis gewährleisten, festzulegen. 


B. Sonstige Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 

1. Kurse in der Versuchsstation. 

a) Um Personen, welche bereits mit der nötigen Vorbildung 
versehen sind, Gelegenheit zu geben, sich über in das Gebiet des 
Wein-, Obst- und Gartenbaues einschlagende wissenschaftliche Fragen 
zu informieren beziehungsweise weiter auszubilden oder aber selb¬ 
ständige wissenschaftliche Untersuchungen auszufübren, sind in der 
Versuchsstation sogenannte Laborantenkurse eingerichtet. Im Laufe 
des verflossenen Etatsjahres arbeiteten als Laboranten die Herren: 
Erwin Hitzlen aus Heilbronn. Ernst Erxleben aus Worms, 
Fritz Hünlich aus Wilthen, Otto Pfennig aus Züllichau, Dr. E. 
Pantanelli aus Siena, Rudolph Busch aus Mendoza, Oberförster 
Malte Hass aus Tsingtau, Max v. Ribbeck aus Spandau, Job. 
Ludwig aus Klein-Windhuk, N. Hjelte Claußen aus Kopenhagen, 
Otto Hofmann aus Mügeln, Ferruccio Calegari aus Parenzo, 
J. Irving Bear aus Wilmington, Jacob C. Best aus Milwaukee. 

b) An dem Unterrichtskursus über Gärungserscheinungen, An¬ 
wendung von reingezüchteten Hefen für die verschiedenen Zwecke 
der Weinbereitung, sowie über Weinkrankheiten, welcher vom 6. 
bis 18. Juni abgehalten wurde, beteiligten sich 23 Herren und zwar 
aus Preußen 15, aus Bayern 5, aus Rheinhessen 1, aus Baden 1, 
aus Argentinien 1. 


2 . Vorträge. 

Vorträge wurden gehalten von dem Berichterstatter: 

1. »Die bakteriologischen Grundlagen für die Herstellung der 
Obst- und Gemüsekonserven.« In der Generalversammlung des Nassau- 
schen Landes-Obst- und Gartenbauvereins in Ems, am 4. Juni 1904. 

2. Die Entwicklung der pflanzlichen Hybridenkunde. Festrede 
zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät am 27. Januar 1905. 

3. »Kleine Feinde unseres Haushaltes«. In der Gartenbau¬ 
gesellschaft zu Frankfurt a. Main, am 17. Februar 1905. 

3. Ausstellungen. 

Die Station beteiligte sich an der großen internationalen Kunst- 
und Gartenbau-Ausstellung von Mai bis Oktober 1904 in Düssel¬ 
dorf mit einer größeren Auswahl von Laboratoriumsapparaten, Unter¬ 
richts- und Sammlungsgegenständen. 

4. Neuanschaffungen. 

Von wertvolleren Neuanschaffungen sind zu nennen: 1 Platin¬ 
schale. 1 neuer Dampfsterilisator. 1 Spaltöffnungsmodell von Helle- 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 173 


borus. 1 Hoftüpfelmodell. Sydow: Mycotheca germanica, Fascikel 
I—VI. Xerophytae exsiccatae 115 Exemplare. Schm eil, Bota¬ 
nische Wandtafeln II und IV. Frank und Tschirch, Wandtafeln 
für den Unterricht in der Pflanzenphysiologie Abteilung I und II. 
Die Originalwandtafeln wurden vermehrt und die Sammlung neu 
organisiert. 

Die Handbibliothek wurde durch nachstehende Werke vermehrt: 

K lock er: Die Oärungsorganismen. 

Lindner: Mikroskopische Betriebskontrolle in den Gärungs¬ 
gewerben. 

Hansen: Pflanzenphysiologie. 

Zimmermann: Die botanische Mikrotechnik. 

Pfeiffer: Stickstoff sammelnde Bakterien. 

Haberlandt: Sinnesorgane. 

Lindau: Hilfsbuch für das Sammeln der Ascomyceten. 

v. Wettstein: Handbuch der systematischen Botanik. 

Goebel: Organographie der Pflanzen. 

Kienitz-Gerl off: Methodik des botanischen Unterrichtes. 

Michael: Führer für Pilzfreunde. 

En gl er: Syllabus der Pflanzenfamilien. 

Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften. 7 Bände 
(Abteilung Botanik). 


5. Wissenschaftliche Publikationen. 

Im Laufe des Etatsjahres gingen aus der pflanzenphysiolo¬ 
gischen Versuchsstation folgende Publikationen hervor: 

1. K. Kroemer: »Die Organe der Zuckerbildung am Rebstock.« 
Mitteilungen über Weinbau und Kellerwirtschaft. 1904, Heft 8. 

2. K. Kroemer: »Verhalten von Rübenschnitten in Wasser 
von höheren Temperaturen.« Centralblatt für die Zuckerindustrie. 
1904, Heft 11 und 12. 

3. Rieh. Schulz: Das »Wässern« des Spargels zum Zweck 
der Frischerhaltung. Geisenheimer Mitteilungen über Obst- und 
Gartenbau. 1904, Heft 11 und 12. 

4. W. Voss: »Über die durch Pfropfen herbeigeführte Sym¬ 
biose einiger Vitisarten. ein Versuch zur Lösung der Frage nach 
dem Dasein der Pfropfhybriden. Landw. Jahrbücher 1904. 

5. W. Voss: Ȇber Verkorkungserscheinungen bei Vitisarten. 
Berichte der Deutschen Botan. Gesellschaft. 


6. Personalveränderungen. 

In der Station arbeitete vom 1. April bis 1. Oktober 1904 
der wissenschaftliche Assistent der Rebenveredelungsstation Dr. W T . 
Voss, früher Assistent am botanischen Institut zu Marburg. An 
seine Stelle trat am 1. Februar 1905 Dr. Rud. Gerneck, vorher 
Assistent am pflanzenphysiologischen Institut zu Güttingen. 


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174 


IV. Die Versuchsstationen. 


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7. Bauliche Veränderungen. 

Das ältere am Osteingang der Station angebaute Vegetations¬ 
haus wurde durch einen Neubau ersetzt, der nach dem Muster des 
von Professor Noll an der landwirtschaftlichen Akademie Bonn- 
Poppelsdorf geschaffenen Versuchshauses eingerichtet wurde und 
in erster Linie dazu bestimmt ist, die Beobachtungen über di© 



Fig. 38. 

Wachstumserscheinungen der Wurzeln zu fördern. Zu diesem 
Zwecke sind an der Nordseite des Hauses 5 Vegetationskästen ein¬ 
gebaut, deren schräg geneigte Vorderwand aus einer Spiegelglas¬ 
platte besteht, die in die Wand eines vorgebauten Tunnels einge¬ 
lassen ist (Fig. 38 Wt). Auf der Südseite des Hauses liegt ein mit 
Pultdach gedeckter kleinerer Vegetationsraum (Fig. 38 Vr), an 
welchen sich östlich ein Dunkelzimmer (Fig. 38 D) anschließt. 


Bericht 

über die Tätigkeit der Hefereinznchtstation. 

Erstattet von Dr. Boetticher, Assistent der Station. 

Zum Beginn des Etatsjahres fand ein Wechsel im Personal 
der Hefereinzuchtstation statt. Am 1. April trat der bisherige 
Assistent der Station. Dr. Schänder aus dem Dienst derselben aus 
und übernahm die neu eingerichtete Stellung eines Assistenten 
des Anstaltsdirektors. An seine Stelle trat Dr. Boetticher, bis¬ 
her Assistent am agrikulturchemischen Institut der Universität 
Oöttingen. 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 


175 


A. Tätigkeit der Station im Verkehr mit der Praxis. 

1. Geschäftsverkehr. 

Die Korrespondenz mit der Praxis erfuhr im verflossenen Jahre 
wiederum eine wesentliche Erweiterung. Die Zahl der eingegangenen 
und erledigten brieflichen Anfragen betrug 2179 gegenüber 2012 
im Vorjahre. Hiervon hatten Bezug auf Umgärungen von gesunden 
und fehlerhaften Weinen 500, auf Vergärung von Obst- und Beeren¬ 
mosten 872, von Traubenmosten 433, auf Herstellung von Schaum¬ 
weinen 94, während der Rest verschiedene nicht gärungsphysiologische 
Dinge betraf. 

Die Zahl der Ausgänge betrug 2820 gegen 2523 im Vorjahre. 

Auch die Zahl der abgegebenen Reinhefen war in dem ver¬ 
gangenen Etatsjahre eine etwas größere als im Vorjahre. Überhaupt 
läßt sich seit der im Jahre 1894 erfolgten Gründung der Heferein¬ 
zuchtstation ein stetes Anwachsen der Menge der von der Praxis 
verlangten Reinhefen konstatieren. Abgesehen von kleinen Schwan¬ 
kungen, die sich als eine Folge der Witterungs- und Ertragsver¬ 
hältnisse in den betreffenden Jahrgängen ergeben, ist die Inanspruch¬ 
nahme der Hefereinzuchtstation von seiten der Praxis eine von Jahr 
zu Jahr größere geworden. Diese erfreuliche Tatsache beweist, daß 
die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung auf dem Gebiete 
der Gärungsphysiologie auch in den Kreisen der Praxis mehr und 
mehr gewürdigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß, nachdem 
durch die Gründung der Geisenheimer Station und durch deren 
wissenschaftliche Arbeiten und Tätigkeit der Anstoß gegeben war, 
in den verflossenen 10 Jahren noch verschiedene andere staatliche- 
Institute, sowie eine größere Anzahl von Privatlaboratorien sich 
ebenfalls mit der Abgabe von Reinhefe an die Praxis beschäftigen. 
Man kann somit sagen, daß schon jetzt ein sehr großer Teil der 
Weinproduzenten die mannigfachen Vorteile, die ihnen die Rein¬ 
hefevergärung bringt und auf die an anderer Stelle bereits wieder¬ 
holt hingewiesen wurde, verstehen und ausnutzen und daß deren 
Zahl von Jahr zu Jahr im weiteren Wachsen begriffen ist: ein Bei¬ 
spiel dafür, wie die wissenschaftliche Forschung direkt in die Praxis 
übertragen wurde und hier hundertfältige Frucht trägt. 

2. Vergärung von Obst- und Traubenmosten. 

Das Jahr 1904 war ein gutes Beeren- und Obstjahr und dem¬ 
gemäß war die Nachfrage nach Reinhefen zur Vergärung von Beeren- 
und Obstmosten entsprechend groß. So wurden in den Monaten 
Juli-August allein über 400 »Beerenweinhefen« abgegeben, während 
im Vorjahre nur knapp 300 von der Praxis verlangt wurden. Der 
Absatz wäre wohl ein noch größerer geworden, wenn nicht die ab¬ 
norm große Hitze im Juli eine Beschleunigung der Ernte und 
Kelterung nötig gemacht hätte, die oft so schnell vorgenommen 
werden mußten, daß an einen Bezug von Hefe nicht mehr gedacht 
werden konnte. 


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176 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Auch in diesem Jahre kamen wiederum viele Anfragen aus 
Ländern, die viel Beerenobst bauen, aber weitab von Weingegenden 
liegen und in denen die echte Weinhefe infolgedessen spontan nicht 
vorkommt. Besonders stark waren vertreten die russischen Ostsee¬ 
provinzen, ferner Schweden und Norwegen. 

An Reinhefen zur Apfelmostvergärung wurden infolge der 
günstigen Ernteerträge im Jahre 1904 annähernd 200 mehr ab¬ 
gegeben als 1903. 

Bei den von der König!. Lehranstalt sowie dem Domanialgute 
in Geisenheim geherbsteten Weinen wurde die Zeit des Abstiches 
durch mikroskopische Trubuntersuchungen bestimmt. In früheren 
Berichten wurde bereits in kurzen Worten auf das neue Verfahren 
hingewiesen, nach dem man den richtigen Zeitpunkt für den Ab¬ 
stich festlegen kann durch Ermittlung des Glykogengehaltes der 
Hefezellen unter Berücksichtigung der Zusammensetzung und der 
sonstigen Beschaffenheit des Trubes. In dem wissenschaftlichen 
Teile folgt eine ausführliche Abhandlung über diesen Gegenstand. 
Nach diesem Verfahren wurden von der Hefereinzuchtstation die 
Trubs sämtlicher Jungweine allwöchentlich mikroskopisch untersucht 
und sobald der Glykogengehalt von 2 / s der Zellen verschwunden 
war, und der Ernährungszustand derselben es angezeigt erscheinen 
ließ, der Abstich der betreffenden Fässer angeordnet. Betreffs Einzel¬ 
heiten sei auf den Bericht über »Weinbau« hingewiesen. 

3. Umgarung von Weinen, Schaumweinbereitung und Durch- 
gärung von fehlerhaften Weinen mittels Beinhefe. 

Die Verwendung von Reinhefe zum Umgären von gesunden, 
aber im Geschmack nicht angenehmen, sowie von mehr oder weniger 
fehlerhaften oder auch von kranken Weinen findet in den Kreisen 
einsichtsvoller Praktiker immer mehr Freunde. Denn jeder, der 
nur einiges Verständnis für gärungsphysiologische Dinge hat, muß 
ja einsehen, daß die Reinhefe den früher verwendeten Drusen un¬ 
bedingt vorzuziehen ist. In den letzteren sind je nach ihrem Alter 
immer ein größerer oder kleinerer Teil der Hefezellen in hungerndem, 
also ruhendem Stadium, ein Teil meist sogar schon abgestorben. 
Diese geben aber, in einen Wein gebracht, infolge der extrahieren¬ 
den Wirkung des Alkohols an denselben unangenehm riechende 
Stoffe ab, die die Qualität des Weines mehr oder weniger ungünstig 
beeinflussen. Die hungernden Hefen dagegen brauchen eine längere 
oder kürzere Zeit, bis sie sich soweit wieder erholt haben, daß sie 
sich von neuem vermehren und Gärung erregen können. Während 
dieser Zeit, wo der umzugärende Wein also noch stumm liegt, finden 
aber andere Organismen, besonders Krankheitserreger, meistens Ge¬ 
legenheit, ihr Zerstörungswerk im Weine zu beginnen. Ein alter 
Trub kann sogar sehr leicht selbst eine große Menge Krankheits¬ 
erreger enthalten, da die abgestorbene Hefe eine willkommene 
Nahrung besonders für verschiedene Bakterien bildet. In der Ver¬ 
wendung von altem Trub liegt also eine doppelte Gefahr für den 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereiuzuchtstation. 


177 


Wein, einmal durch die Erzeugung des unangenehmen Hefe¬ 
geschmacks und sodann durch die Möglichkeit einer direkten Er¬ 
regung von Krankheiten, ohne daß man andererseits die geringste 
Garantie für die Leistungsfähigkeit der in den Wein gebrachten 
Hefe hat. Viel sicherer geht man dagegen bei der Verwendung 
von Reinhefe, denn man bringt dabei nur gärkräftigste, in ihren 
Eigenschaften genau bekannte und erprobte Hefen, frei von fremden 
Organismen und im besten Ernährungszustand in den Wein, die in¬ 
folgedessen die Gärung sofort einleiten, vorausgesetzt, daß die Lebens¬ 
tätigkeit der Hefe nicht durch eine abnorme Zusammensetzung des 
Weines, z. B. zu viel Alkohol, zu wenig Stickstoff oder dergleichen 
überhaupt unmöglich gemacht wird. Eine solche abnorme Zu¬ 
sammensetzung wird aber bei einem rationell behandelten Weine, 
der nicht überzuckert oder überstreckt wurde, nicht Vorkommen. 

Selbstverständlich muß die Bereitung des Hefeansatzes bei den 
Umgärungen oder den Durchgärungen von in der Gärung aus diesem 
oder jenem Grunde stecken gebliebenen Weine auch in der richtigen 
Weise geschehen. Auch im vergangenen Jahre konnte wiederholt 
konstatiert werden, daß nach dieser Richtung hin trotz genauer 
Instruktion in der Praxis leider noch häufig schwere Fehler, und 
zwar aus Unkenntnis der Natur der Hefe und ihrer Wirkungen ge¬ 
macht werden. 

4. Untersuchung und Behandlung kranker Weine. 

Auch im vergangenen Jahre suchten zahlreiche Praktiker 
bei der Station Rat und Hilfe in betreff der Behandlung kranker 
und fehlerhafter Weine. Naturgemäß waren es meistens trübe 
Weine, die zur Untersuchung eingesandt wurden. Vielfach genügt 
in diesen Fällen schon die mikroskopische Prüfung und die Kost¬ 
probe, um das Übel zu erkennen und damit den richtigen Weg 
zur Abhilfe anzugeben. — Außerdem liefen eine Reihe Weine mit 
Geschmacksfehlern ein, von dem kaum merklichen Geschmack einer 
nicht ganz sauberen Gäre bis zu dem aufdringlichsten Schimmel¬ 
geschmack und Essigstich. Meistens werden in solchen Fällen Ver¬ 
suche im Laboratorium ausgeführt und je nach dem Ausfall der¬ 
selben der eine oder andere Weg zur Heilung des Weines vor¬ 
geschlagen. Bei einem Wein mit Schimmelgeschmack erwies sich 
z. B. eine Schönung mit frischer Hefe als ein vorzügliches Mittel, 
durch das der Schimmelgeschmack beinahe ganz beseitigt wurde. 
Auch rahne Weißweine und umgeschlagene Rotweine kamen mehr¬ 
fach zur Untersuchung. Ein derartiger Rotwein, der so stark zum 
Umschlagen neigte, daß eine klar filtrierte Probe im offenen Glase 
schon nach wenigen Stunden vollkommen trüb und braun wurde, 
konnte durch Pasteurisieren gerettet werden. Wenigstens hielten 
sich die pasteurisierten und filtrierten Proben recht gut. Als darauf 
■der Besitzer das Gesamtquantum — es handelte sich um 15000 1 — 
in derselben Weise behandelte, erzielte er ebenfalls, wie er der 
Station raitteilte, ein ^äußerst befriedigendes Resultat«. 

(ioisenheimer Bericht 1> l 4. 12 


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178 


IV. Die Versuchsstationen. 


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B. Wissenschaftliche Tätigkeit der Station. 

1. Die Bestimmung des Abstiches der Weine. 

Die seit mehreren Jahren von Professor Wortmann durch¬ 
geführten Versuche zur Bestimmung der Abstichzeit (s. Jahresbericht 
1904, S. 96) auf exakt wissenschaftlichem Wege sind beendet und 
ihre Resultate in einer größeren Abhandlung in den landwirtschaft¬ 
lichen Jahrbüchern niedergelegt worden. Dieselben basieren auf 
dem Grundgedanken, daß die Zeit, wann die Weine von ihrem 
Trübe zu trennen sind, von dem Ernährungszustände der in dem 
Trübe enthaltenen Organismen, insbesondere der Trubhefe abhängig 
sein müsse. So lange die Hefen im Moste und Weine günstige 
Ernährungsbedingungen vorfinden, sind dieselben in der Lage, sich 
zu entwickeln und zu gären, also den Zucker in Alkohol und Kohlen¬ 
säure zu zerlegen. Gleichzeitig speichern sie in sich Reservestoffe 
auf, von denen besonders das Glykogen leicht nachzuweisen ist, da 
es sich auf Zusatz von wässriger Jodlösung braun färbt, während 
eine glykogenfreie Hefezelle nur eine strohgelbe Färbung annimmt 
Diese Glykogenspeicherung dauert nun so lange an, als die Hefe 
im Weine günstige Ernährungsbedingungen vorfindet Mit abneh¬ 
mender Gärung setzen sich die Hefen und mit ihr andere im Weine 
vorhandene Organismen, sowie die ursprünglich im Moste enthaltenen 
Verunreinigungen und die während der Gärung sich bildenden Ei¬ 
weißausscheidungen als Trub, Geläger oder Drusen auf dem Boden 
des Fasses ab. Je mehr dieser Zustand fortschreitet, um so un¬ 
günstiger werden die Ernährungsbedingungen für die Hefe, da die 
dicht übereinander lagernden Hefezellen nur noch wenig Gelegen¬ 
heit haben, mit unvergorenen Teilen des Weines in Berührung zu 
kommen und sich zudem über dem Trübe eine alkoholreichere 
Schicht Wein bildet, die die Trubhefe noch mehr von den oberen, 
zumeist noch zuckerhaltigen Schichten des Weines trennt Um des¬ 
halb von vornherein eine glatte und vollkommene Durchgärung zu 
erzielen, soll die Hefe um diese Zeit, wenn sich also fast keine 
Gärung mehr bemerkbar macht, aufgeschlagen, bezw. unter Umständen 
gelüftet werden. 

Wird um diese Zeit die Trubhefe mikroskopisch untersucht, 
so erweisen sich fast alle Hefezellen noch stark glykogenhaltig. 
Mit der Abnahme der Nährstoffe bezw. Verschwinden des Zuckers 
aus dem Weine kann man aber beobachten, daß die Hefe beginnt, 
die eigenen, während der kräftigen Ernährung aufgespeicherten 
Reservestoffe aufzuzehren, um sich noch längere Zeit am Leben zu 
erhalten. Die vordem gut ernährt aussehenden vollwandigen Zellen 
schrumpfen immer mehr zusammen, das Protoplasma wird körnelig 
und sieht ausgehungert aus. Prof. Wortmann bezeichnet die Hefe 
in diesem Zustande als »hungernd«. Die bei Zubringung von Jod¬ 
lösung vordem dunkelbraune Färbung des Protoplasmas wird immer 
heller bis die »stark hungernden« Hefezellen nur noch eine stroh¬ 
gelbe Färbung zeigen. Bei diesem Verbrauch der eigenen Reserve- 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 


179 


Stoffe, der Selbstgärung der Hefe, gibt dieselbe noch eine Reihe 
wertvoller Stoffe an den Wein ab. Darin liegt auch die wissen¬ 
schaftliche Begründung der alten praktischen Erfahrung, daß man 
di« Weine gleich nach beendeter Gärung noch nicht abstechen 
darf, sondern noch einige Zeit auf dem Trübe belassen muß, weil 
die Weine während dieser Zeit noch an Qualität zunehmen. 

Sind diese Prozesse aber beendet, hat also die Hefezelle wegen 
Mangel an geeigneter Nahrung ihre eigenen Reservestoffe aufge¬ 
zehrt, dann ist sie nicht nur nicht mehr imstande, an den Wein 
diesen verbessernde Bestandteile abzugeben, sondern sie wird den¬ 
selben durch ihre weiteren Lebensprozesse meist recht ungünstig 
beeinflussen. Hungernde Hefe stirbt keineswegs bald ab, sondern 
sie sucht ihr Leben durch Inangriffnahme anderer Bestandteile des 
Weines, z. B. der Säuren, weiter zu fristen. Erst allmählich geht 
sie infolge dieser für sie ungeeigneten Nahrung zu Grunde, sie 
zersetzt sich dann meist und kann dadurch recht unangenehme 
Trübungen im Weine bewirken. 

Die mikroskopische Kontrolle solchen Trubes zeigt aber weiter¬ 
hin, daß dann, wenn die Trubhefe zu hungern beginnt, in ihm sich 
auch noch andere biologische Vorgänge abspielen können. 

Nach beendeter Kohlensäureentwicklung nimmt der Wein 
nach und nach durch die Faßwandungen wieder Sauerstoff auf, 
durch welchen auch die nicht hefeartigen Organismen des Trubes 
wieder befähigt werden, sich zu entwickeln. Besonders sind es die 
Bakterien, welche zudem in den Diffusionsprodukten der hungern¬ 
den Hefe und in den bei der Zersetzung toter Hefe entstehenden 
Stoffen für sie sehr geeignete Nahrung finden. Zum Teil greifen 
diese Bakterien nur die Säuren des Weines an und vermögen diesen 
dadurch unter Umständen, wenn nämlich eine Säureabnahme für den 
Geschmack des Weines vorteilhaft ist, günstig zu beeinflussen. Unter 
diesen kleinen Organismen gibt es aber auch immer solche, welche 
den Wein krank zu machen vermögen oder die tote Hefe und andere 
feste organische Stoffe in Fäulnis überführen und dadurch schwer 
zu entfernende Trübungen oder gar schlechte Geschmacksstoffe im 
Weine erzeugen können. Die Praxis tut also recht, den Wein nicht 
zu lange auf dem Trübe zu belassen, weil er sich dadurch ungünstig 
verändern und unter Umständen direkt krank werden kann. 

Die wissenschaftlichen Untersuchungen zeigen also, daß diese 
ungünstigen Veränderungen eines zu lange auf dem Trübe liegenden 
Weines niemals durch rein chemische Umsetzungen bedingt werden, 
sondern daß es sich hierbei um biologische Vorgänge handelt. 
Sowohl die bald nach der Gärung einsetzende Qualitätsverbesserung 
als die durch alte Trubhefe verursachte Qualitätsverminderung eines 
Weines werden durch die Lebensprozesse der Truborganismen, ins¬ 
besondere der Trubhefe verursacht. 

Die Praxis konnte sich bisher bei Bestimmung der Abstich¬ 
zeit eines Weines nur auf die individuelle Erfahrung und die sub¬ 
jektive Kostprobe stützen; daher war es ihr auch nur möglich, die 

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180 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Abstichzeit ungefähr zu bestimmen, und es blieb immer dem Zu¬ 
falle überlassen, ob der richtige Zeitpunkt getroffen wurde. 

Ohne Zweifel mußte die mikroskopische Kontrolle der Trub¬ 
hefe eine ganz genaue Bestimmung der allein richtigen Zeit zum 
Abstiche ermöglichen. Derselbe muß eben dann erfolgen, wenn die 
Untersuchung zeigt, daß der Zustand der Truborganismen keine 
Verbesserung, sondern eine Verringerung der Qualität des Weines 
erwarten läßt, und es ist ohne weiteres einleuchtend, daß dieser 
Zustand bei den einzelnen Weinen je nach ihrer Qualität und 
chemischen Zusammensetzung, oder mit anderen Worten je nach 
ihrem Nährstoffgehalt für die ihn verändernden Organismen, zu 
ganz verschiedener Zeit eintreten wird. 

Zunächst ist man geneigt anzunehmen, daß der rechte Zeit¬ 
punkt für den Abstich dann gekommen ist, wenn aus sämtlichen 
Hefezellen das Glykogen verschwunden ist. Die Versuche Prof. 
Wortmanns ergaben aber, daß man dann mit den Abstichen zu 
spät kommt, weil die einzelnen Hefezellen des Trubes sich zu ver¬ 
schiedener Zeit entwickelt haben, verschieden günstigen Ernährungs¬ 
bedingungen ausgesetzt waren und infolgedessen auch zu ganz ver¬ 
schiedener Zeit in den hungernden Zustand übergehen. In einer 
nicht zu alten Trubhefe finden sich immer neben noch gut ernährten, 
glykogenreichen Zellen solche, die ihren Vorrat au Reservestoffen 
bereits aufgezehrt haben und nun beginnen, den Wein ungünstig 
zu beeinflussen. Die Versuche ergaben denn auch, daß der Ab¬ 
stich dann am günstigsten für die weitere Entwicklung des Weines 
ist, wenn er vorgenommen wird, sobald % der Hefezellen glykogen¬ 
frei geworden sind, 1 / s aber noch glykogenhaltig ist Mittels der 
mikroskopischen Untersuchung kann das Eintreten dieses Zustandes 
der Trubhefe leicht nachgewiesen werden. Allerdings dürfen diese 
Befunde nicht rein schematisch verwendet werden, denn diese Be¬ 
stimmung wird immer durch die sonstige Beschaffenheit und Zu¬ 
sammensetzung des Trubes und die chemische Zusammensetzung 
des Weines beeinflußt werden. 

Je unreiner ein Trub ist, d. h. je mehr er nicht hefeartige 
Organismen und andere Bestandteile enthält, um so eher wird er 
den Wein ungünstig beeinflussen können; umgekehrt wird ein reiner, 
nur aus Hefen bestehender Trub erst spät schädlich auf den Wein 
einwirken können. Man wird also einen unreinen Trub verhältnis¬ 
mäßig früh aus dem Weine entfernen müssen, während man einen 
sauberen Trub verhältnismäßig lange im Weine belassen kann, ohne 
befürchten zu müssen, daß ungünstige Veränderungen in demselben 
eintreten. Enthält der Trub z. B. viel Sporen von Botrytis cinerea, 
dem Pilze der Edelfäule, so wird er früh abzustechen sein, event. 
bevor nur noch '/ 3 der Zellen glykogenhaltig ist, weil die Gefahr vor¬ 
liegt, daß durch den Wein die abgestorbenen Botrytis-Zellen aus¬ 
gelaugt werden und dadurch geschmacklich ungünstig wirkende 
Stoffe in denselben gelangen. Ähnlich wird das reichliche Vor¬ 
handensein von Dematium, von Kalunzellen, von Eiweißausschei¬ 
dungen usw. zu beurteilen sein. Ganz besonders ausschlaggebend 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 


181 


ist das Auftreten von Bakterien. Weine, deren Trub neben der 
Hefe reichlich Bakterien enthält, werden immer möglichst früh von 
dem Trübe zu trennen sein. 

% 

Was den Einfluß der chemischen Zusammensetzung der Weine 
auf die Bestimmung der Abstichzeit durch die mikroskopische Kon¬ 
trolle anbetrifft, so wird man in sehr sauren Weinen die Hefe mög¬ 
lichst lange belassen, um durch die Tätigkeit der Hefe und der sonst 
im Trübe enthaltenen Organismen, insbesondere der säureverzehrenden 
Bakterien eine Abnahme des Säuregehaltes herbeizuführen. Weinen, 
welche weich und säurearm erscheinen, wird man durch frühzei¬ 
tigen Abstich ihren ursprünglichen Säuregehalt möglichst zu er¬ 
halten suchen. 

Eine besondere Beurteilung erfordern alle schweren alkohol¬ 
reichen Weine, welche nach vollkommener Vergärung noch unver- 
gorenen Zucker behalten. Auch für diese gilt im allgemeinen die¬ 
selbe Regel wie für die kleineren Weine; sie sind von der Hefe 
zu trennen, wenn nur noch l / 3 der Zellen glykogenhaltig ist Be¬ 
sitzen die Weine einen sauberen Trub, so können sie relativ lange 
auf der Hefe verbleiben, zumal bei ihnen infolge der konservierenden 
Wirkung des Alkohols ungünstige Veränderungen des Trubes weni¬ 
ger leicht eintreten werden. Ist der Trub aber stark» verunreinigt, 
besonders durch Botrytis-Sporen, so wird auch hier ein möglichst 
früher Abstich angezeigt sein. 

Neben der mikroskopischen Kontrolle sind aber bei derartigen 
Weinen zur Bestimmung der richtigen Abstichkeit auch die 
Ergebnisse der chemischen Analyse zu Rate zu ziehen. Der 
Zuckergehalt derselben ist oft ein so hoher, daß die Gärung relativ 
länge Zeit andauert und die Hefe besonders bei Beendigung 
der Gärung infolge der hohen Konzentration und des hohen 
Alkoholgehaltes nur unter großen Schwierigkeiten ihre Lebensfunk¬ 
tionen durchführen kann. Wenn dann solche Weine, bevor sie voll¬ 
kommen vergoren haben, der Alkoholgehalt also kein so hoher ist, 
daß eine weitere Hefetätigkeit dauernd ausgeschlossen erscheint, wie 
es in der Praxis nicht selten geschieht, kalt gelagert werden, so 
stellt die Hefe vorzeitig ihre Tätigkeit ein und beginnt damit ihre 
Reservestoffe abzubauen. Der Trub nimmt also die Beschaffenheit, 
welche seine Entfernung aus dem Weine notwendig macht an, ehe 
der Wein vollkommen vergoren ist. Wird nun auf Grund des 
mikroskopischen Befundes abgestochen, so wird dadurch aus dem 
Weine der größere Teil seiner Hefezellen entfernt. Es bleiben in 
ihm zwar so viele Hefezellen enthalten, daß bei steigender Tempe¬ 
ratur die Gärung erneut einsetzen kann. Diese wird aber nur eine 
langsame, schleppende bleiben können, weil die Zahl der verbleiben¬ 
den Hefezellen eine zu geringe ist, eine weitere erhebliche Ver¬ 
mehrung derselben, des hohen Alkoholgehaltes des Weines halber, 
nicht zu erwarten steht und die verbleibenden Hefezellen relativ ge¬ 
ringwertig sind, da die besternährtesten, gärkräftigsten sich früh 
zu Boden setzten und aus dem Weine mit dem Trübe entfernt 
worden sind. Es würde also ganz dieselbe Erscheinung eintreten. 


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182 


IV. Die Versuchsstationen. 


über die die Praxis bei der Herstellung solcher schweren Weine 
jetzt schon zu klagen hat, daß nämlich dieselben infolge unrichtiger 
Behandlung vor dem zu frühen Abstiche, sehr langsam weiter 
gären und oft Jahre brauchen, ehe sie fertig vergoren haben. 

Derartige Weine sind, wenn die Gärung anscheinend beendet 
ist, auf ihren Gehalt an Zucker und Alkohol zu untersuchen. Lassen 
die Resultate dieser chemischen Untersuchung den Wein als voll¬ 
kommen vergoren erscheinen, dann bat die Bestimmung der Ab¬ 
stichzeit durch die mikroskopische Kontrolle des Trubes wie bei den 
kleineren Weinen zu erfolgen. Erweist sich aber der Alkoholgehalt 
bei Vorhandensein von unvergorenem Zucker noch als zu gering, 
dann ist zunächst die weitere Vergärung durch Aufschlagen des 
Trubes, Lüften des Weines und Erhaltung geeigneter Gärtemperaturen 
nach Möglichkeit zu fördern. In den meisten Fällen wird es durch 
eine derartige Behandlung möglich sein, solche Weine vor dem ersten 
Abstich zu vollkommener Durchgärung zu bringen. Letzterer 
selbst ist natürlich, wie oben schon bemerkt, allein durch 
die mikroskopische Kontrolle zu bestimmen. 

Zeigt nun aber die mikroskopische Untersuchung des Trubes, 
bevor der Wein vollkommen vergoren hat, daß der letztere 
abstichreif ist, dann ist der Wein unbedingt von der Hefe 
zu trennen und eine erneute kräftige Gärung des ab¬ 
gestochenen Weines im Frühjahr durch Zusatz von Rein¬ 
hefe und Herstellung richtiger Gärtemperaturen ein¬ 
zuleiten. 

Die Praxis würde bei der Einführung der mikroskopischen 
Kontrolle des Trubes zur Bestimmung der Abstichzeit, welche wie 
bemerkt auf diesem Wege allein exakt ausgeführt werden kann, 
derart zu verfahren haben, daß sie von vornherein ihre Moste tun¬ 
lichst nach dem Mostgewichte lagert um so schon die Weine deren 
Abstichzeit ungefähr zu gleicher Zeit zu geschehen hat, beieinander 
lagern zu haben. Wenn die Weine keine Gärung mehr zeigen, 
durch den Gärspund also keine Kohlensäureblasen mehr entweichen, 
ist die erste Trubprobe zu entnehmen. Dabei ist zu beachten, daß 
nur die wirklich im Trübe abgesetzten, nicht die noch im Weine 
schwimmenden und diesen trübenden Hefezellen ein Urteil über 
die richtige Abstichzeit gestatten. Die Probeentnahme erfolgt mittels 
einer genügend langen ca 1 cm weiten Glasröhre direkt durch die 
Öffnung des Gärtrichters. Auf diese Weise ist es möglich, genügende 
Trubmengen für die Untersuchung zu erhalten, ohne den Wein 
vorzeitig aufzureißen und zu lüften, wodurch die Entwicklung des 
Weines leicht gestört und besonders das Rahnigwerden gefördert 
werden könnte. Ein Tropfen des erhaltenen Trubes wird der 
mikroskopischen Kontrolle unterworfen. Eine derartige Untersuchung 
kann von jedem Praktiker ausgeführt werden und erfordert nur 
sehr wenig Zeit, so daß der Einwand, die Methode eigne sich ihrer 
Umständlichkeit halber nicht für die Praxis, völlig unzutreffend ist 
Je nach der Beschaffenheit der Hefe wird der Trub nach einem 
längeren oder kürzeren Zeiträume wieder untersucht. Nach einiger 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 


183 


Übung wird es möglich sein, die Zahl der Untersuchungen auf 
2 —3 zu beschränken und so durch die mikroskopische Kontrolle 
des Trubes ohne besondere Mühe und Zeitaufwand sicher und ob¬ 
jektiv die richtige Abstichzeit zu bestimmen. 

Dr. R. Schänder. 

2. Ein neues Gärverfahren bei der Herstellung von Rotwein. 

Die verschiedensten bei der Herstellung von Rotwein gebräuch¬ 
lichen Gärverfabren erstreben als Ziel einen möglichst gleichmäßigen 
und schnellen Verlauf der Gärung und eine gute Auslaugung des 
Farbstoffes aus den Beerenhäuten, bezw. eine genügende Sättigung 
des Weines mit unveränderten Färb- und Gerbstoffen. Bei dem 
offenen Gärverfahren erreicht man dieses Ziel in hohem Maße, nur 
erfordert das öftere Einstoßen der obenschwimmenden Trester viel 
Arbeit und die Gefahr eintretender Essigsäuerung oder Entstehung 
anderer Krankheiten, z. B. des Bitterwerdens, ist eine große. 

Bei der geschlossenen Gärung vermeidet man wohl die freie 
Einwirkung des Sauerstoffes der Luft auf den Wein und besonders 
auf die Trester und verringert dadurch die Gefahr einer Erkrankung 
des Weines, andererseits ist aber die Gärung hier eine ungleich¬ 
mäßige und die Sättigung des Weines mit Farbstoff eine relativ ge¬ 
ringe. Auch hier schwimmt der Tresterhut zunächst an der Ober¬ 
fläche der Maische. Dadurch wird in dem oberen Teile der Maische 
eine sehr intensive Gärung erzeugt, während der untere Teil nur 
langsam gärt und noch zuckerhaltig ist, wenn der obere vollkommen 
vergoren ist. Infolge dieser intensiven Gärung im Tresterhute findet 
dort auch eine hohe Erwärmung statt, durch welche die Trester 
weich und in ihrer gesamten Beschaffenheit ungünstig verändert 
werden. Besonders werden die Farbstoffe in Mitleidenschaft ge¬ 
zogen, die braun werden. Durch eine derartige fehlerhafte Ver¬ 
gärung kann unter Umständen ein späteres Umschlagen der Rot¬ 
weine bedingt sein. 

Solange die Trester schwimmen, können auch ihre Farbstoffe 
nur wenig ausgelaugt werden. Erst nach fast beendeter Gärung 
sinken sie nach und nach unter und setzen sich zu Boden, ihre 
Farbstoffe sind dann aber oft schon ungünstig verändert, auch geben 
sie dann nicht selten an den Wein minder gute Geschmacksstoffe 
ab, die diesen weniger harmonisch, sauber und reintönig erscheinen 
lassen. 

Die ungleichmäßige Gärung und geringe Auslaugung des Farb¬ 
stoffes bringen es außerdem mit sich, daß die Trester viel zu lange 
im Weine verbleiben müssen und dadurch etwaige ungünstige Be¬ 
einflussungen des Weines durch dieselben noch mehr in Er¬ 
scheinung treten. Besonders setzt man sich auch der Gefahr aus, 
daß die Hefen und andere in der Maische enthaltene Organismen 
die Gerbstoffe der Trester angreifen und dadurch bitterkranke Weine 
entstehen. 

Durch Umpumpen des Weines während der Gärung kann man 


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184 


IV. Die Versuchsstationen. 


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sowohl den Verlauf der Gärung gleichmäßiger und schneller ge¬ 
stalten, als auch eine bessere Ausnutzung des Farbstoffes erreichen. 
Durch Einsetzen eines Senkbodens, der die Trester untergetaucht 
erhält, wird man die erwähnten Mängel der geschlossenen Gärung 
verringern können, aber auch hier bleibt die ungleiche Gärung, die 
geringe Ausnutzung des Farbstoffes und das lange Verbleiben der 
Trester im Weine bestehen. Babo und Mach empfehlen deshalb 
die Senkböden herausnehmbar zu konstruieren und die Maischen 
auch bei geschlossener Gärung regelmäßig durchzustoßen und durch¬ 
zuarbeiten. So empfehlenswert dieses Verfahren ist, so hat es doch 
bisher seiner Umständlichkeit halber, soweit mir bekannt, nur wenig 
Anwendung gefunden. Aus der Praxis wurde uns nun ein im 
Kapitel Weinbau und Kellerwirtschaft in diesem Jahresberichte ein¬ 
gehend beschriebenes Verfahren übermittelt, durch welches es mög¬ 
lich ist, die oben genannten Mißstände bei der geschlossenen Gärung 
zu vermeiden. Es wird dies dadurch erreicht, daß ein mit einem 
feststehenden Senkboden versehenes Faß auf eine drehbare Achse 
so montiert ist, daß es leicht gewendet werden kann. Die Trester 
bleiben in diesem Fasse beständig untergetaucht und werden durch 
die Umdrehung des Fasses immer von neuem mit dem Moste bezw. 
dem Weine gemischt. . 

Um feststeJlen zu können, wie sich nach diesem Verfahren 
hergestellte Weine verhalten, wurden sowohl seitens des in Frage 
stehenden Praktikers (Herrn Weingutsbesitzer Fuchs, Dattenberg 
bei Linz a/Rh.) als auch in den Kellereien der Königlichen Lehr¬ 
anstalt vergleichende Versuche angestellt und zwar gelangte die¬ 
selbe Maische a) in offener Gärbütte bei regelmäßiger Durch- 
stoßung des Hutes, b) im Rollfaß mit täglicher Wendung des Fasses 
und Durcharbeitung der Maische und c) im Rollfaß mit täglicher 
Wendung desselben ohne weitere Durcharbeitung der Maische zur 
Vergärung. Die Versuche wurden mit Früh- und Spätburgunder 
ausgeführt und besonders darauf geachtet, die Maische in Qualität 
und Quantität möglichst gleichmäßig auf die einzelnen Gärgefäße 
zu verteilen. 

Sowohl die Weine der an der Lehranstalt als auch der von 
der Praxis ausgeführten Versuche wurden von dem Unterzeichneten 
untersucht und einer Kommission zur Kostprobe vorgeführt. 

Die Weine zeigten schon nach dem ersten Abstiche in Farbe, 
Geruch und Geschmack ganz erhebliche Unterschiede. Die bei ge¬ 
schlossener Gärung hergestellten waren bedeutend dunkler, gedeckter, 
als die in offenen Kufen vergorenen. In Geruch und Geschmack 
erwiesen sich alle Weine als sehr gesund und reintönig. Die Weine 
aus den Rollfässern probten sich aber harmonischer, voller und 
besser. Die besondere Durcharbeitung der Maische in dem einen 
Rollfaß hatte sich dabei nicht bewährt. Wohl zeigte sich der Wein 
auch sehr gedeckt in der Farbe und voll im Geschmack, bei ihm 
traten aber die Gerbstoffe zu stark hervor und machten ihn dadurch 
unharmonisch. Vielleicht wäre dieser Fehler nicht aufgetreten, 
wenn der Wein früher abgestochen wurde. Jedenfalls ist aber eine 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 


185 


besondere Durcharbeitung der Maische im Rollfaß nicht nötig und 
es gelingt durch Umdrehung, eine genügende Durchmischung der 
Maische zu erzielen. 

Die chemische Untersuchung der Weine auf ihren Gehalt an 
Alkohol, Zucker, Säure, Extrakt und Asche wies zwar einige Ver¬ 
schiedenheiten auf, doch sind diese in der nie gleichmäßig zu er¬ 
zielenden Verteilung der Maische begründet und lassen bezüglich 
der Wirkung der einzelnen Gärverfahren keine Schlüsse zu. Eine 
ausführliche Besprechung dieses Rotweingärverfahrens wird an 
anderer Stelle erfolgen. Dr. R. Schänder. 

3. Über ein ln neuester Zelt ln Frankreich zur Anwendung 
gebrachtes Verfahren zum Pasteurisieren ron Traubenmosten. 

In den Landwirtschaftlichen Jahrbüchern 1904, S. 141 u. f. 
beschrieb Prof. Dr. Wortmann ein Verfahren, das Moste zu pasteuri¬ 
sieren gestattet, ohne denselben den dabei bisher unvermeidlichen 
unangenehmen Kochgeschmack zu geben. Für die Praxis der Wein- 
und Obstweinbereitung ist dieses Verfahren von größter Bedeutung, 
denn es wird dadurch ermöglicht, wie in der Bierbrauerei mit wirk¬ 
lich keimfreien Lösungen zu arbeiten. Unter diesen Umständen wird 
aber jede Schädigung von seiten der in jedem Moste vorhandenen 
spontanen Gärungserreger von vornherein ausgeschlossen. Denn 
während man bisher nur darauf angewiesen war, durch zeitigen 
Zusatz von Reinhefe die Entwicklung jener anderen Organismen zu 
hemmen, ohne sie aber ganz verhindern zu können, wird jetzt nur 
die zugefügte Reinhefe die Gärung einleiten und zu Ende führen, 
da die anderen Organismen durch das Pasteurisieren getötet wurden. 
Durch die Einführung dieses Pasteurisierverfahrens würde also eine 
Reinvergärung und alle mit derselben verbundenen Vorteile in 
idealem Sinne erreicht werden. Dabei ist man nicht mehr ge¬ 
zwungen, die in jedem einzelnen Falle nötige Hefe vorher heran¬ 
zuzüchten und bei der Kelterung bereit zu halten, was nach dem 
bisherigen Verfahren unbedingt nötig ist, wenn die Reinhefe die 
anderen Organismen aus dem Felde schlagen soll. Denn man kann 
die Gärperiode von der Kelterperiode durch eine beliebig lange Zeit 
trennen. Man braucht nur die abgekelterten Moste sofort nach der 
Kelterung zu pasteurisieren, um sie dann, wenn die Zeit der Lese 
und der Kelterung mit ihrem Übermaß von Arbeit vorüber ist, zu 
einer beliebigen Zeit mit Reinhefe in Gärung zu versetzen. Die 
Einführung des Pasteurisierverfahrens würde somit eine vollständige, 
aber nach jeder Richtung hin vorteilhafte Umwälzung in der Praxis 
der Weinbereitung zur Folge haben. 

Die Sterilisation wird erreicht durch Erhitzen des Mostes in 
einem allseitig geschlossenen Kessel unter vollkommenem Luft¬ 
abschluß. Dabei wirken die Wärme und der dabei entstehende 
hohe Druck zusammen, so daß alle Organismen abgetötet werden, 
ehe noch jener beim Erhitzen im offenen Gefäß ganz unvermeidliche 
unangenehme Kochgeschmack eingetreten ist. Die Erhitzung selbst 


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186 


IV. Die Versuchsstationen. 


erfolgt durch Wasserdampf, der in einem Röhrensystera den Most 
■durchströmt. Durch den Abdampf werden auch die zur Aufnahme 
des Mostes dienenden Fässer ausgebrüht und dadurch im Inneren 
keimfrei gemacht. Eine besondere Einrichtung gestattet es, den 
durch die Kontraktion des heiß eingefüllten Mostes entstandenen 
leeren Raum in den Fässern nachträglich mit ebenfalls keimfreiem 
Most zu füllen. 

Bei der hohen Bedeutung des neuen Verfahrens für die ganze 
Weinpraxis erschien es angezeigt, durch wissenschaftliche Versuche 
demselben näher zu treten. Es wurden deshalb mehrere Fässer 
verschiedener nach dem beschriebenen Verfahren pasteurisierter, 
französischer Moste in den Jahren 1902 und 1903 nach Geisenheim 
geschickt und hier mit Reinhefe vergoren. In betreff der Versuchs¬ 
anordnung und der Resultate sei auf die zitierte Abhandlung ver¬ 
wiesen. An dieser Stelle sei nur erwähnt, daß sämtliche Moste 
absolut reintönige und reingärige Weine ohne jede Spur 
von Kochgeschmack lieferten. 

Auch in dem letzten Jahre wurde von der Sociötö de Sterili¬ 
sation et d’Exportation des Mouts zu Lyon der Hefereinzuchtstation 
wiederum ein größeres Quantum pasteurisierten Mostes aus Algier 
zur Verfügung gestellt und zwar 6 Fässer ä 500 1, welche mit Rein¬ 
hefe vergoren wurden. Am 27. November fand eine Kostprobe der 
Jungweine statt. Es zeigte sich dabei, daß sämtliche Weine recht 
gut entwickelt waren und sich vorzüglich auszubauen versprachen. 
Auch bei diesem Versuch konnte bei keinem der Weine 
irgend welcher Kochgeschmack konstatiert werden. 


Analyse der pasteurisierten Moste. 


• 

i 

11 

ui 

IV 

V 

e n - 7 r TP , v / Mostwage in 0 Oechsle 

84 

80 

80 

88 

81 

bpez. Oew. j Pykuometer .... 

1.0842 

1,0812 

1,0819 

1,0881 

1,0801 

Alkohol in Gramm pro 100 ccm 

0,32 

0,58 

0,37 

0,21 

0.58 

■ 

Berechnetes Mostgewicht der un- 






gegorenen Moste in 0 Oechsle . 

87,4 

87,0 

85,6 

90,2 

85,9 

Säure in Promille. 

3,48 

3,64 

3,56 

3,64 

3,86 

Zucker in Gramm pro 100 ccm . . 

— 

18,2988 

18,5932 

19,6696 

17,8480 

Analyse der Jungweine. 



Spez. Gew. 

0.9930 

0,9928 

0,9935 

0,9939! 

! 0,9928 

Alkohol in Gramm pro 100 ccm 

9,27 

9,42 

9,27 

9,70 

9,24 

Flüchtige Säure iu Promille . . . 

0,630 

0,d3j 

0,744 

0.92 

0.44 

Gesamtsäure in Promille .... 

4,01 

3,92 

4,27 

3.81 

3,66 

Extrakt (Gesamt). 

2.0694 

2,0586 

2,1858 

2,4756 

2,4630 


— 

2.0422 

2.1706 

2,4778 

— 

Asche. 

0.2092 

0.2078 

0,2226 

i 0,1898 

0,1920 


— 

0,2128 

— 

! 0,2084) 

0,1794 

Glycerin . . 

0,5455 

0,5190 

0,6186 

— I 

1 — 

Zucker . 

0,1781 

0.1862 

0,1618 

0,5981 

! 0,3067 

Stickstoff. 

0,04872 

0.0462 

0,04816 


— 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstatiou. 


187 


Ein zweites auf ähnlichem Prinzip beruhendes Pasteurisier¬ 
verfahren des Dr. A. Eosenstiehl in Enghien les Bains wurde 
ebenfalls einer Prüfung unterzogen. In Gegenwart des Erfinders 
wurden am 22. November 1904 mehrere deutsche Weine geprobt, 
die aus pasteurisierten Mosten durch Vergärung mit Reinhefe her¬ 
gestellt waren. Die Versuchsweine probten sich durchweg rein¬ 
töniger und sauberer im Geschmack und Geruch als die aus dem 
gleichen aber nicht pasteurisierten und spontan vorgorenen Mosten 
gewonnenen Krontrollweine. Dabei waren sie infolge der fehlenden 
Tätigkeit von säureverzehrenden Organismen säurereicher und daher 
härter im Geschmack. Auch bei diesem Verfahren nehmen die 
Moste nicht den geringsten Eochgeschmack an. (Vergl. Schänder, 
Das Pasteurisieren von Most und Wein. Weinbau und Kellerwirt¬ 
schaft 1905, Heft 2.) 

Die Möglichkeit, Moste ohne die geringste Geschmacksbeein¬ 
flussung pasteurisieren zu können, ist danach als erwiesen an¬ 
zunehmen. Trotz der großen Vorteile, die eine derartige Behandlung 
des Mostes bietet, dürfte das Verfahren, soweit der oben beschriebene 
Kuhnsche Apparat in Betracht kommt, in Deutschland doch nur 
vereinzelt zur Anwendung kommen. Denn bei den hohen An¬ 
schaffungskosten des Apparates (derselbe kostet etwa 20000 Franks) 
ist dasselbe nur rentabel, wenn es sich um sehr große Mengen Most 
handelt, die in ununterbrochener Folge den Apparat passieren. Ab¬ 
gesehen davon, daß wir in Deutschland gar nicht mit solchen 
Mengenverhältnissen rechnen können — der Apparat bewältigt in 
24 Stunden etwa 500 hl —, so wird bei uns meistens ein aus¬ 
gesprochener Qualitätsbau getrieben, so daß die Moste verschiedener 
Qualitäten und Lagen jeder für sich streng gesondert zur Vergärung 
gebracht werden müssen. Eine kontinuierliche Tätigkeit des Apparates 
würde also von vornherein ausgeschlossen sein und deshalb die 
ganze Arbeit zu zeitraubend und teuer werden. 

Für die mehr fabrikmäßig arbeitenden Obstweinkeltereien würde 
die Einführung des Verfahrens aber neben der wesentlichen Ver¬ 
einfachung des Betriebes durch die Trennung der Kelterperiode von 
der Gärperiode eine entschiedene Verbesserung in der Qualität der 
Gärprodukte zur Folge haben. 

Eine ebenso große Bedeutung muß dem neuen Verfahren für 
einen durch die modernen Temperenzbewegungen immer mehr auf¬ 
blühenden Industriezweige zugesprochen werden, nämlich der Her¬ 
stellung sogenannter alkoholfreier Weine. Bekanntlich stellen diese 
weiter nichts dar als durch Pasteurisieren vor der Gärung geschützte 
Obst- und Traubensäfte. Man ist hierbei gezwungen, zweimal zu 
sterilisieren, weil bei der ersten Erhitzung eine Ausscheidung von 
Eiweißstoffen erfolgt, die die Säfte stark trüb und deshalb wenig 
mundgerecht macht. Die trüben Säfte werden deshalb filtriert, in 
Flaschen gefüllt und in diesen ein zweites Mal pasteurisiert. Die 
erste Pasteurisierung könnte direkt nach der Kelterung mit dem 
neuen Apparat ausgeführt werden, und die Moste könnten dann bis 
zur Filtration und dem Abfüllen in Flaschen in den Fässern liegen 


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IV. Die Versuchsstationen. 


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bleiben. Natürlich würde auch in diesem Falle die Anschaffung 
des Apparates nur für große Betriebe rentabel sein. 

Dr. Boetticher. 

4. Kranke Korke und Stopfengeschmack. 

Der Stopfengeschmack der Weine kann, wie Prof. Dr. Wort¬ 
mann (Wortmann, Vorkommen und Wirkung lebender Organismen 
in fertigen W r einen. Verlag von Paul Parey, Berlin 1898) nach¬ 
gewiesen hat, einmal durch die spez. Beschaffenheit des Korkmaterials 
bedingt oder aber durch Organismen verursacht werden, welche Ge¬ 
legenheit haben, durch den Kork in den Wein einzudringen. Auch 
Prof. Wortmann teilt in der genannten Abhandlung schon mit, 
daß nicht selten durch fehlerhafte Arbeit der Korkmaschine oder 
aber durch die Tätigkeit von Insekten in den Korken Gänge ent¬ 
stehen, welche von den Pilzen gern zum Eindringen in den Wein 
verwendet werden, welche aber auch dadurch, daß sie ein Ein¬ 
dringen der Luft in den Wein gestatten, zu krankhaften Verände¬ 
rungen in dem letzteren beitragen können. Im vergangenen Etats¬ 
jahre wurden von mir ebenfalls einige diesbezügliche Beobachtungen 
gemacht, die im nachstehenden mitgeteilt werden sollen. 

1. In dem einen Falle lagen mir eine größere Anzahl von 
Stopfen vor, die in den betreffenden Weinen einen mehr oder 
weniger intensiven Stopfengeschmack hinterlassen hatten. Die Korke 
zeigten sich aus dem besten Material hergestellt und waren in ihrem 
Innern auch frei von Pilzmycel. An ihrer äußeren Seite zeigten 
sie dagegen eine Längsrinne, die bei den in Frage kommenden 
Korken ganz verschieden tief war. Bei drei Stopfen war diese 
Längsrinne dicht erfüllt mit dem Mycelium von Penicillium glaucum. 
Es kann deshalb gar keinem Zweifel unterliegen, daß die Längsrinne 
welche immerhin so gering war, daß Wein nicht aus der Flasche 
auslaufen konnte, doch die Ursache des Stopfengeschmackes war, 
indem sie nämlich den außen auf dem Flaschenkorke wuchernden 
Schimmelpilzen Gelegenheit gab, in das Innere der Flasche, in den 
Wein, einzudringen. 

Die nähere Untersuchung dieser Längsrinnen ergab nun, daß 
dieselben offenbar beim Verstopfen der Korke mit einer Nadelstopf¬ 
maschine entstanden sein mußten. Auch bei der Verwendung zu 
großer und zu weicher Korke können solche Rinnen entstehen, in¬ 
dem sich in solchen Fällen die äußeren Korkschichten faltenartig 
übereinanderlegen. 

Unter den beschriebenen Umständen kann in der Flasche selbst 
bei Verwendung des besten Korkmaterials Stopfengeschmack ent¬ 
stehen. Den Schimmelpilzen genügen die geringsten Öffnungen um 
ihre äußerst zarten Pilzfäden hindurch zu zwängen. 1 ) 

') Besonders werden derartige Schädigungen bei noch lange in der Flasche 
lagernden Weinen, und das sind meist solche besserer Qualität, auftreten. Auch 
in den vorliegenden Fällen handelte es sich um ältere, zum Teil wertvolle 
Flaschenweine. 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 


189 


Durch Verwendung solcher Stopfmaschinen, welche auch bei 
weniger sorgfältiger Aufsicht den Stopfen nicht verletzen, Sauber¬ 
haltung der Flascbenköpfe bezw. Verschluß derselben mit Flaschen¬ 
wachs, wird dem Übel zu steuern sein. 

Durch derartige Gänge im Kork kann der Wein aber auch 
noch in anderer Weise ungünstig beeinflußt werden. Wenn die¬ 
selben auch so gering sind, daß kein Wein aus der Flasche aus¬ 
fließen kann, so kann doch andererseits aber Luft zu dem Weine 
gelangen und dadurch können nicht nur nachträgliche Trübungen 
verursacht werden, sondern es werden auch die Organismen des 
Weines zu weiterer Tätigkeit angeregt, wodurch, wie Prof. Wort¬ 
mann gezeigt hat, eine weitgehende Schädigung des Weines ein- 
treten kann. 

In den hier in Frage kommenden Fällen waren zwei Weine 
durch Eiweißauscheidungen stark getrübt. Ähnliche Schädigungen, 
wie die eben beschriebenen, können auch eintreten, wenn Korken 
zur Verstopfung kommen, die aus unreifem Korkholz hergestellt sind. 
Bei diesen trocknen kleinere oder größere Partien ein, und es ent¬ 
stehen dadurch ebenfalls Öffnungen, die ein Eindringen der Pilz¬ 
fäden und der Luft in den Wein gestatten. 

2. Einer größeren Korkfabrik wurden von ihrer Kundschaft 
gelieferte Korke zur Verfügung gestellt, die große Fraßstellen, Löcher 
und Gänge zeigten. Bei näherer Untersuchung wurde in derartigen 
Korken ein kleiner Käfer und außerdem das Stück einer Larve und 
braune Häutchen desselben gefunden. Es sollte nun festgestellt 
werden, ob der Käfer oder seine Larve schon in dem unverarbeiteten 
Korkholze enthalten, oder erst in die fertigen Stopfen gelangt war. 
In letzterem Falle konnte dies schon bei dem Lieferanten, auf dem 
Transport oder aber auch bei dem Konsumenten geschehen sein. 
Da in der betreffenden Korkfabrik alles Korkholz vor der Ver¬ 
arbeitung gut ausgedämpft wird, war es wenig wahrscheinlich, daß 
der Käfer, seine Larven oder seine Eier schon in dem unver¬ 
arbeiteten Korkholze enthalten waren. 

Der Käfer wurde von dem Vorstand der pflanzenpathologischen 
Station Herrn Dr. Lüstner als Dermestes lardarius, der gemeine Speck¬ 
käfer, bestimmt. Es ist dies (Schenkling, Deutsche Käferwelt) ein 
7 — 8 Y 2 mm großer, schwarzer walzenförmiger Käfer, dessen Flügel¬ 
decken an der Wurzel mit einer breiten, bräunlichgrauen Binde versehen 
sind, auf welcher drei schwarze Punkte nebeneinander stehen. Sowohl 
die Larven dieses sehr verbreiteten Käfers als auch dieser selbst sind 
als sehr gefräßige Zerstörer aller tierischen Produkte z. B. von Speck, 
Fleisch, Fellen usw. bekannt. Sie richten auch besonders in Pelzwaren, 
Insektensammlungen, Sammlungen ausgestopfter Vögel usw. oft großen 
Schaden an. Etwa im Mai legt das Weibchen die Eier ab. Die Larve 
ist fast noch einmal solang als der Käfer, ist nach hinten zugespitzt 
am weißen Bauche, und auf dem braunen Rücken mit langen braunen, 
nach hinten oder aufwärts oder selbst nach vorn gerichteten Haaren 
besetzt, von denen die längsten am Hinterende stehen; auch richten 
sich am Grunde des letzten Gliedes zwei etwas nach hinten ge- 


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IV. Die Versuchsstationen. 


bogene Horahacken empor. Die drei Paar kurzen Beine und der 
ausstülpbare After, dazu die lederartige, durch nach hinten gerichtete 
Haare noch besonders geglättete Bauchseite ermöglichen ein ge¬ 
wandtes und rasches Portkriechen, welches jedoch mehr einem ruck¬ 
weisen Hinrutschen gleicht. Man trifft die Larve von Mai bis in 
den September, während welcher Zeit sie sich mehrmals häutet 
und ihre sehr leichten, gekrümmten, braungeringelten, hinten mit 
Hacken versehenen, vom auf dem Rücken offenen Bälge als Merk¬ 
zeichen ihrer Gegenwart zurückläßt. Schließlich wird sie träger, 
kürzer und haarloser, ihre Verwandlungszeit ist nahe. Ende Sep¬ 
tember ist der Käfer entwickelt, sprengt die Haut, bleibt aber noch 
längere Zeit in der Umhüllung sitzen. Später läuft er sehr behende 
umher. Später fand ich, in mir eingesandten Korken, einen nahen 
Verwandten des eben beschriebenen Käfers, nämlich Dermestes 
vulpinus. Von diesem gibt C. G. Calwers Käferbuch folgende Be¬ 
schreibung: Der Käfer ist länglich, auf dem Rücken schwarz und 
grau behaart, die Seiten des Halsschildes sind weiß filzig; die 
Unterseite schneeweiß. Die Bauchringe sind an den Seiten mit 
schwarzen Flecken versehen, der letzte Ring noch mit einem solchem 
in der Mitte. Die Flügeldecken besitzen an der Spitze einen kleinen 
Dom. Der Käfer wird 5 x / 2 —10 mm lang. Lebensweise und Vor¬ 
kommen sind dieselben wie bei Dermestes lardarius. 

Eine Angabe darüber, ob diese Käfer schon in Korkholz be¬ 
obachtet wurden, konnte ich nicht finden, auch waren dieselben, 
wenigstens Dermestes lardarius in den mir vorliegenden Korken 
schon im August entwickelt. Offenbar waren aber die Larven in 
die fertigen Korke eingedrungen, vielleicht befanden sie sich vorher 
in den zum Versande dienenden Säcken oder in der Nähe liegen¬ 
den Korkabfällen usw. Nicht ausgeschlossen erscheint es auch, daß 
die Korken während ihres Transportes von Spanien nach Deutsch¬ 
land auf dem Schiffe mit Tierhäuten zusammen lagerten. In den 
letzteren sind diese Käfer nicht selten anzutreffen. Es ist wohl 
möglich, daß sich solche in den Tierhäuten fressende Käfer oder 
Larven in die daneben lagernden Korken verirrten. Werden in 
Korkensendungen derartige angefressene Korken gefunden, dann ist 
die ganze Sendung sorgfältig zu untersuchen und alle befallenen 
Exemplare sind zu verbrennen. Die Säcke sind vor der Füllung mit 
Korken gut auszudämpfen und die Korken an Orten aufzubewahren, 
an welchen diese Käfer keine Gelegenheit haben, sich einzunisten. 

3. Auch im vergangenen Jahre wurden gebrauchte Flaschen¬ 
korke von der Praxis eingesandt, die von Tinea cloacella angefressen 
waren (siehe Jahresbericht 1903, S. 185). 

4. Die Firma Montaner & Co. Mainz stellte in liebenswürdigster 
Weise eine reichhaltige Sammlung gesunder und kranker Korkrinden 
zur Verfügung, mit welchen weitere Versuche über die Ursachen 
des Stopfengeschmackes angestellt werden sollen. 

Dr. R. Schänder. 


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Bericht über, die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 


19t 


5. Darstellung einer Mostgelatine ohne Ausscheidungen. 

Bekanntlich scheidet eine nach dem gewöhnlichen Verfahren! 
(vergl. Meißner, Anleitung zur mikroskopischen Untersuchung und 
Reinzüchtung der häufigsten im Most und Wein vorkommenden 
Filze, S. 60) hergestellte Mostgelatine nachträglich ihren Gehalt an 
Weinstein in derben Kristalldrusen aus. Erst wenn sich aller 
Weinstein abgeschieden hat, was oft wochen- und monatelang dauert, 
wird die Gelatine verwendbar. 

Bei Gelegenheit der von der Heteroinzuchtstation arrangierten 
Ausstellung für die Gartenbauausstellung in Düsseldorf wurden eine 
große Anzahl von Riesenkulturen der verschiedenen Heferassen und 
Schimmelpilze auf Mostgelatine angefertigt. Bei der Menge des 
Materials stand dabei nicht immer genügend alte Gelatine zur Ver¬ 
fügung und so kam es oft vor, daß die Weinsteinausscheidungen 
erst in den Kulturkolben erfolgten, wodurch die besten Kulturen 
unansehnlich und unbrauchbar wurden. Dieser Übelstand gab die 
Veranlassung zu Versuchen, auf andere Weise eine Gelatine her¬ 
zustellen, die sofort gebrauchsfähig ist 

Da die Ausscheidungen im wesentlichen aus Weinstein, also- 
saurem weinsaurem Kali bestehen, so mußte eine Base zum Neutrali¬ 
sieren gewählt werden, die mit Weinsäure ein unlösliches Salz bildet. 
Es kann hierfür nur Ca(OH), in Betracht kommen. Ein mit Kalk¬ 
milch neutralisierter Most scheidet nach einigem Stehen besondere 
in der Kälte einen dicken Kristallbrei von Calciumtatrat aus. Wenn 
von diesem abfiltriert und in der üblichen Weise weiter verarbeitet 
wird, bekommt man eine Mostgelatine, die zwar längere Zeit ohne 
Kristallisationen bleibt, schließlich aber doch etwas ausscheidet, 
wenn auch lange nicht so stark als beim Neutralisieren mit Kali. 
Ein Blick auf den Chemismus der Reaktion erklärt dies Verhalten 
sofort: 

2 C 4 H 4 0 6 HK + CafOHjj — C 4 H 4 0 9 Ca+ C 4 H 4 0 6 K 8 + 2^0 
Weinstein Kalkhydroxyd weins. Kalk neutr. weins. Kal. 

Der weinsaure Kalk scheidet sich aus und wird durch Filtrieren 
beseitigt; das neutrale weinsaure Kalium bleibt zunächst in Lösung, 
wird aber aus dieser durch die Gelatine später nach und nach ver¬ 
drängt, infolgedessen erscheinen die späteren Kristallausscheidungen. 
Es gilt also, auch das gebildete neutrale weinsaure Kali vor dem 
Gelatinezusatz zu entfernen und zwar durch Zugabe eines Salzes, 
das durch doppelte Umsetzung den Rest der Weinsäure in Form 
einer unlöslichen Verbindung unschädlich macht, ohne aber eine 
nachteilige physiologische Wirkung hervorzubringen. Für diesen 
Zweck eignet sich das salpetersaure Calcium. Denn dasselbe wird 
mit dem neutralen weinsaurem Kali im Sinne folgender Gleichung 
reagieren: 

C 4 H 4 0 6 K 2 + Ca (N 0 3 ) 2 = C 4 H, O s Ca + 2 KN0 3 . 

Dabei fällt also wiederum das weinsaure Calcium als unlös¬ 
lich heraus, während K N 0 :( , also gewöhnlicher Salpeter in Lösung 


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IV. Die Versuchsstationen. 


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bleibt, der einerseits so leicht löslich ist, daß er kaum zu Aus¬ 
scheidungen Veranlassung geben kann, andererseits keinerlei nach¬ 
teilige Folgen auf das Wachstum der Organismen auf der Gelatine 
äußern wird. 

Diese theoretischen Erwägungen wurden durch praktische Ver¬ 
suche bestätigt, die das folgende Verfahren zur Darstellung einer 
ausscheidungsfreien Mostgelatine als das zweckmäßigste ergaben: 
Der Most wird unter kräftigem Umschütteln solange mit aus Ätz¬ 
kalk und wenig Wasser frisch bereitetem Kalkhydroxydbrei versetzt, 
bis die Reaktion noch eben schwachsauer ist. Dann läßt man einen 
Tag möglichst kalt (in der Winterkälte oder auf Eis) stehen. Am 
nächsten Tag wird von dem dicken Kristallbrei durch ein Falten¬ 
filter abfiltriert und das Filtrat mit kristallisiertem Calciumnitrat 
versetzt. Eine kleine Rechnung unter Berücksichtigung des Maximal¬ 
gehaltes eines Mostes an Weinstein und der verschiedenen Molekular¬ 
gewichte ergibt, daß 1 g Ca(N0 3 ) 2 pro 100 ccm Most vollkommen 
ausreicht. Darauf läßt man wiederum 1 Tag kalt stehen, filtriert 
und verarbeitet das Filtrat in der gewöhnlichen Weise, indem man 
es mit 10 % Gelatine in der Wärme versetzt, mit Eiweis schönt 
und im Heißwassertrichter filtriert. Eine so hergestellte Gelatine 
ist dann sofort gebrauchsfähig und scheidet so gut wie gar nicht 
aus. Irgend ein nachteiliger Einfluß auf das Wachstum der auf¬ 
geimpften Organismen, Hefen sowohl wie Schimmelpilze, konnte, 
wie es vorauszusehen war, nicht beobachtet werden. 

Dr. Boetticher. 

C. Sonstige Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 

1. Der Assistent der Station beteiligte sich im vergangenen 
Etatsjahre durch mehrere Vorträge an dem Hefekursus und ebenso 
wie der Assistent des Direktors, Dr. Schänder, an dem Obst- 
•verwertungskursus. Während einer mehrwöchigen Erkrankung des 
Oberlehrers Professor Christ übernahmen sie vertretungsweise einen 
Teil des naturwissenschaftlichen Unterrichtes für die Eleven und 
Schüler. 

2. Vorträge. Vorträge wurden gehalten: 

von Dr. Schänder, Assistenten des Direktors: »Über Schwefel- 
wasserstoftbildung durch Hefe« auf der Versammlung der Vereinigung 
•der Vertreter für angewandte Botanik in München. — »Über den 
Böcksergeschmack im Weine« auf dem XXI. deutschen Weinbau¬ 
kongreß in Konstanz. — »Über die Herstellung von Obstwein« in der 
Gartenbau-Gesellschaft zu Hamburg. — »Über neuere Erfahrungen 
bei der Herstellung und Verwendung der Kupfervitriolkalkbrühe«, 
»Fahrbare Spritzen und ihre Anwendung im Obstbau« auf dem 
deutschen Pomologenkongreß in Düsseldorf. 

3. Wissenschaftliche Publikationen. 

a) Vom Vorstande der Station, Professor Dr. Wortmann: 
»Biologische Untersuchungen über die Abstiche der Weine.« Land¬ 
wirtschaftliche Jahrbücher 1905. 


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Bericht über die Tätigkeit der oenochemischen Versuchsstation. 193 


b) Von Dr. Schänder: »Über Schwefelwasserstoffbildung durch 
Hefe.“ II. Jahresbericht der Vereinigung der Vertreter für an¬ 
gewandte Botanik. — »Über Böcksergeschmack im Wein.« Wein¬ 
bau und Weinhandel 1904. — »Das Pasteurisieren von Most und 
Wein.« Mitteilungen über Weinbau und Kellerwirtschaft 1904 No. 12; 
1905 No. 2. — »Über fehlerhafte Gärung der Beerenweine.« Mit¬ 
teilungen über Obst- und Gartenbau 1905, No. 2. 


Bericht 

über die Tätigkeit der oenochemischen Versuchs¬ 
station während des Etatsjahres 1904. 

Erstattet von Dr. Philipp Schmidt, dem stellveitretenden Dirigenten der 

Versuchsstation. 

A. Wissenschaftliche Tätigkeit. 

1. Untersuchung von Mosten des Jahres 1904. 

Das Jahr 1904 war für den Weinbau bedeutend günstiger 
als das vorhergehende. Der Winter war ziemlich mild; auch von 
Nachtfrösten blieb der Rheingau im April und Mai ganz verschont. 
Das Rebholz war gut reif, die Reben trieben frühzeitig aus. Die 
Blüte verlief ziemlich rasch und gut. Sehr günstig war während 
des Sommers die Witterung, so daß sich die Trauben rasch und 
vorzüglich entwickeln konnten. Während der heißen Sommermonate, 
in denen die Trauben vollständig ausreifen konnten, waren nur sehr 
geringe Niederschläge zu verzeichnen. Zu Beginn der Lese (An¬ 
fang Oktober) trat etwas trübes, regnerisches Wetter ein; im all¬ 
gemeinen jedoch konnte die Lese bei gutem Wetter vorgenommen 
werden. Der Heu- und Sauerwurm trat nur in einigen Gemar¬ 
kungen stärker auf und richtete dort auch großen Schaden an. Eine 
unliebsame Entdeckung wurde in diesem Jahre durch das Auf¬ 
finden der Reblaus in der Geisenheimer Gemarkung (Morschberg) 
gemacht; Edelfäule trat allenthalben auf, so daß gute Auslesen ge¬ 
halten werden konnten. Im allgemeinen war die Menge des ge¬ 
herbsteten Weines zufriedenstellend, wenn auch der Ertrag in den 
einzelnen Gemarkungen wechselnd war. 

Auf Ersuchen wurden der Station, dank dem Entgegenkommen 
einer großen Anzahl von Weingutsbesitzem und Weinproduzenteu, 
im ganzen 425 Mostproben aus den verschiedenen Weinbaugebieten 
eingesandt, welch’ reichhaltiges Material eine ziemlich genaue Über¬ 
sicht über deren Zusammensetzung ermöglichte. 

Die Zahl der Weißweinmoste betrug 398, davon entfallen auf 
den Rheingau 236, auf das Rheintal unterhalb des Rheingaues 27, 
auf das Gebiet der Nahe 20, auf das Gebiet der Mosel und deren 

Goisenhoimer Bericht 1904. 


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IV. Die Versuchsstationen. 


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Nebenflüsse 109, auf das Lahntal 2 und auf andere Weinbau¬ 
gebiete 4. Rotweinmoste wurden im ganzen 27 untersucht, die haupt¬ 
sächlich aus dem Rheingau, aus dem Rheintal unterhalb des Rhein- 
gaues und aus dem Ahrtal stammten. Die Rheingauer Moste ver¬ 
teilten sich auf die einzelnen Gemarkungen, wie folgt: Aßmanns¬ 
hausen 4, Eibingen 23, Erbach 3, Geisenheim 46, Hallgarten 1, 
Hattenheim 8, Hochheim 6, Johannisberg 23, Kiedrich 1. Lorch 2, 
Mittelheim 12, Ostrich 49, Rüdesheim 37, Winkel 21. Die Most¬ 
gewichte (nach Oechsle) waren folgende: Aßmannshausen 77,3 bis 
87,5, Eibingen 74,0—94,0, Erbach 107,8—113,0, Geisenheim 75,0 
bis 111,2, Hallgarten 82,0, Hattenheim 78,6—109,8, Hochheim 83.5 
bis 105,5, Johannisberg 77,2—117,7, Kiedrich 103,8, Lorch 82,2 bis 
91,2, Mittelheim 82,1—105,6, Ostrich 79,3—103,7, Rüdesheim 78,0 
bis 118,7, Winkel 75,8—113,7; Rheintal unterhalb des Rheingaues 
61,1—92,4, Nahegebiet 78,6—106,3, Lahntal 61,2 —65,5, Gebiet der 
Mosel sowie deren Nebenflüsse 65.7 — 99,5, ostdeutsches Weinbau¬ 
gebiet 78,7—79,1. Die Rotweinmoste hatten Mostgewichte von 64,8 
bis 114,3° Oechsle. Der Säuregehalt (in Promillen) betrug in den 
einzelnen Gemarkungen, bezw. Weinbaugebieten: Aßmannshausen 
5,95—7,1, Eibingen 8,8—9,0, Erbach 8,55—9,52, Geisenheim 5,5 
bis 11,0, Hallgarten 8,8, Hattenheim 7,9—9,5, Hochheim 6,2—9,8, 
Johannisberg 6,4—10,55, Kiedrich 6,85, Lorch 7,5—8,3, Mittelheim 
7,0—10,5, Ostrich 6,4—11,1, Rüdesheim 6,8—10,5, Winkel 6,6—10,5. 
Rheintal unterhalb des Rheingaues 5,1—11,0, Nahetal 5,7—9,2, 
Lahntal 10,5—11,3; Gebiet der Mosel und deren Nebenflüsse 5,6 
bis 11,8, ostdeutsches Weinbaugebiet 6,35—7,3. Die Rotweinmoste 
hatten Säuregehalte von 5,9—10,7 % 0 . 

Die untersuchten Mostproben sind zumeist Durchschnittsproben 
von mittlerer Beschaffenheit, doch sind auch sehr viele Proben aus 
besseren Lagen und Auslesemoste mit eingesandt worden. Eine 
große Anzahl von Mosten stammte aus Weinbergen, deren Er¬ 
zeugnisse auch im vergangenen Jahr untersucht worden waren, so 
daß ein unmittelbarer Vergleich ermöglicht wurde. Die 1904 er 
Moste wiesen im Durchschnitt geringere Säuregehalte auf als die 
Moste aus dem Jahre 1903. Moste aus guten Mittellagen hatten 
durchschnittlich 7—9% 0 , solche aus geringen Lagen bis zu 11 % 0 
Säure. Das Mostgowicht war bei den Rheingauer Mosten des Jahres 
1904 fast durchweg höher als bei den 1903 er Mosten, was haupt¬ 
sächlich den heißen Sommermonaten zu verdanken war; auch die 
Edelfäule trug dazu bei. Die große Mehrzahl der kleinen Moste 
zeigte Mostgewichte von 75—85° Oe., solche aus Mittellagen 85 bis 
95° Oe., aus den besten Lagen 95—110° Oe. Bei den Auslese¬ 
mosten wurden noch bedeutend höhere Mostgewichte erzielt, die 
bis 152,7° Oe. zeigten: Eibingen 114,88° Oe., Erbach 152,7° Oe., 
Geisenheim 109,3—135° Oe., Mittelheim 115° Oe., Ostrich 109,4 bis 
145,8° Oe., Winkel 113,7° Oe. 

In einigen Fällen konnten einerseits die aus gesunden, andrer¬ 
seits die aus faulen Trauben der gleichen Weinberge gewonnenen 
Moste untersucht werden. Die Moste aus faulen Trauben hatten 


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Bericht über die Tätigkeit der oenochemischen Versuchsstation. 195 

durchweg höhere Mostgewichte, aber auch höhere Säuregehalte als 
die Moste aus gesunden Trauben. 

Die Moste aus dem Nahetal hatten in diesem Jahre verhältnis¬ 
mäßig höhere Mostgewichte, während die Moste aus dem Moselgebiet 
im Verhältnis zu den anderen Weinbaugebieten niedrigere Most¬ 
gewichte aufwiesen; der Säuregehalt war allerdings auch hier zurück¬ 
gegangen. 

Auch eine größere Anzahl von Mosten, welche von veredelten 
Reben (Sylvaner, Riesling und Spätburgunder auf amerikanischen 
Unterlagen) herrührten, wurden untersucht; sie entstammten der 
Rebenveredelungsstation der Königl. Lehranstalt zu Eibingen. Die 
Moste haben im Verhältnis zum vergangenen Jahr ganz erheblich 
an Mostgewicht zugenommen, an Säuregehalt jedoch mit Ausnahme 
von einigen, bei denen sich die Säure nahezu gleich blieb, bedeutend 
abgenommen. 

Die meisten Mostproben kamen bereits mehr oder weniger an¬ 
gegoren in der Versuchsstation an, so daß in denselben noch neben 
dem Mostgewicht auch der bereits vorhandene Alkoholgehalt fest¬ 
gestellt werden mußte, eine bei der großen Anzahl von Mostproben 
zeitraubende Arbeit 


Infolge der Erledigung der Moststatistik und der zahlreichen 
wöchentlichen Unterrichtsstunden in Chemie und Technologie des 
Weines und der Obstweine, sowie auch durch Abhaltung eines Obst¬ 
weinkursus blieb dem Berichterstatter nur sehr wenig Zeit übrig, 
wissenschaftliche Arbeiten vorzunehmen, zumal ihn auch die laufenden 
Geschäfte der Station und die notwendigen Arbeiten auf den Ver¬ 
suchsfeldern sehr in Anspruch nahmen. 

2 . Über die Veränderungen des Spargels beim Auf bewahren 

im Wasser. 

Der Spargel ist infolge seines hohen Wassergehaltes leicht dem 
Verderben ausgesetzt. Beim Liegen an der Luft fängt er bald an, 
sich rot zu färben und infolge von Wasserverdunstung einzu¬ 
schrumpfen. Solch an der Luft aufbewahrter Spargel ist minder¬ 
wertig. Um Spargel einen oder mehrere Tage frisch zu erhalten, 
pflegt man ihn bekanntlich im Keller oder an sonst einem dunklen 
Ort in kaltes, klares Wasser zu legen. In dieser Richtung hin 
wurden mehrere Versuche ausgeführt. Zuerst wurde der frische 
Spargel untersucht und zwar auf seinen Gehalt an Wasser (durch 
Verreiben mit Seesand und Trocknen bei 105° C. im Toluolbad), an 
Stickstoff, an Mineralstoffen, an Zucker und an wasserunlöslichen 
Bestandteilen. Sodann wurden die wasserlöslichen Bestandteile unter¬ 
sucht, indem 100 g Spargel möglichst fein gemahlen wurden, die 
Masse mit ungefähr 100 ccm destillierten Wassers eine halbe Stunde 
in einer Schüttelmaschine (300 Touren in der Minute) geschüttelt, 
das Ganze auf 1 1 aufgefüllt und in dem Filtrat Extrakt, Mineral- 

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196 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Stoffe, Zucker und Stickstoff bestimmt wurde. Das Ergebnis war 
folgendes: 

Zusammensetzung des Spargels und seiner wasserlöslichen 
Bestandteile (auf 100 Teile des ursprünglichen Spargels berechnet). 

Im ganzen Spargel Im wässerigen Auszug 


Wasser. 

92,67 

— 

Trockensubstanz. 

7,33 

— 

In Wasser Unlösliches . . . 

2,57 

— 

In Wasser Lösliches (Extrakt). . 

4,76 

4,63 

Stickstoff. 

0,423 

0,42 

Stickstoffsubstanz. 

2,64 

2,63 

Zucker . 

0,27 

0,25 

Mineralbestandteile. 

0,559 

0,53 

Alkalität der Asche (ccm N-Kali- 
lauge auf 100 g Spargel). . . 

2,50 

2,25 


Ferner wurde durch Versuche die Veränderung des Spargels 
beim Liegen an der Luft festgestellt, indem je 400 g Spargel im 
Zimmer und im Eisschrank liegen gelassen und sechs Tage lang 
täglich die Gewichtsabnahme festgesteilt wurde. 


Der Spargel verlor durch 
Wasserverlust an Gewicht 
beim Lagern 

Zeitdauer der Lagerung des Spargels an der Luft 

1 Tag 

°/ 

!o 

2 Tage 

0/ 

<0 

3 Tage j 4 Tage ' 5 Tage 

o o / ! o f 

<« j ' o o 

6 Tage 

0/ 

1 0 

In einem kühlen Zimmer 
Im Eisschrank .... 

3,55 

1,37 

8.05 

2,52 

11,47 15,22 19,22 j 23,10 
3,37 | 6,11 ! 7,36 | 9,68 


Die an der Luft im Zimmer lagernden Spargelstangen fingen 
bereits nach einem Tag an, sich ihrer ganzen Länge nach rötlich 
zu färben, am zweiten Tag waren sie bereits deutlich eingeschrumpft. 
Die im Eisschrank aufbewahrten Spargel fingen erst am dritten Tage 
an, sich an den Spitzen (Köpfen) ganz schwach zu röten; erst am 
vierten Tag bemerkte man ein leichtes Einschrumpfen. Es erscheint 
hiernach wohl angängig, Spargel an einem recht kühlen dunklen Ort 
auch ohne Wasser einen Tag, vielleicht auch zwei Tage frisch zu 
erhalten; bei großen Mengen Spargel dürfte diese Art der Auf¬ 
bewahrung jedoch auf Schwierigkeiten stoßen, da sie in der Regel 
die Verwendung von Eis zur Kühlung erforderlich macht. 

Weiter wurden sechsmal gleiche Mengen Spargel abgewogen 
und in Glasgefäßen mit gewogenen Mengen destillierten Wassers 
übergossen, so daß die Spargel mit Wasser vollständig bedeckt 
waren. In dem ersten Gefäß blieb der Spargel 1 Tag, im zweiten 
2 Tage u. s. f., im letzten Gefäß 6 Tage unter Wasser. Nach Ab¬ 
lauf dieser Zeiten wurde das Gewicht der Gefäße -j- Wasser -f- Spargel 
festgestellt, um die Menge des allenfalls verdunsteten Wassers zu 


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Bericht über die Tätigkeit der oenochemischen Versuchsstation. 


197 


ermitteln, hierauf die Spargel rasch und sorgfältig abgetrocknet und 
gewogen, auf diese Weise also die Wasseraufnahme des Spargels 
bestimmt. Die so gefundenen Werte wurden auf die Gesamtwasser¬ 
menge und schließlich auf 100 g Spargel umgerechnet; das während 
der Aufbewahrung verdunstete Wasser und das von den Spargeln 
anfgenommene Wasser wurde dabei berücksichtigt. Da anzunehmen 
war, daß die Wasseraufnahme und die Abgabe von löslichen Nähr¬ 
stoffen hauptsächlich durch die Schnittflächen des Spargels statt¬ 
finden, wurden in einer Versuchsreihe, die 4 Tage dauerte, die 
Schnittflächen sorgfältig mit geschmolzenem Paraffin bestrichen, da¬ 
durch die offenen Zellen der Schnittfläche vollständig bedeckt und 
die so vorbereiteten Spargel 4 Tage in Wasser gelegt 


Menge der durch Wasser ausgezogenen Bestandteile und 
Wasseraufnahme des Spargels. 




Aus 100 g Spargel wurden ausgezogen 

in 

Bestandteile 

1 Tag 

2 Tagen 

3 Tagen 

4 Tagen 

5 Tagen 

6 Tagen 

4 Tagen 1 ) 


g 

g 

g 

g 

g 

g 

g 

Extrakt. 

Stickstoff .... 
Stickstoffsubstanz . . 
Mineralstoffe . . . 


u 

0,087 

0.018 

0,110 

0,023 

m 



0,051 

0,006 

0,035 

0,023 

100 g Spargel nahmen 
Wasser auf. . . 

7,45 

9,47 

11,63 

10,47 

12,16 

7,46 

12,60 


In der folgenden Tabelle sind die dem Spargel durch das 
Wasser entzogenen Bestandteile auf 100 Teile der betreffenden, im 
ursprünglichen Spargel enthaltenen Bestandteile berechnet 


Bestandteile 

Von 100 Teilen der Bestandteile des ursprünglichen 
Spargels wurden durch Wasser ausgezogen in 

1 Tag 

_% 1 

2 Tagen 

«/ 

, 0 

3 Tagen 

°/ 

IQ 

4 Tagen 

°/ 

Io 

5 Tagen 

L °» 

6 Tagen 4 Tag. 1 ) 
° ' 0/ 

/ 0 Io 

Extrakt. 

1 

1,33 

1,73 

i 

1,86 

3,20 

5,02 

5,57 1,10 

Stickstoff .... 

1.31 

3,08 

4,20 

6,36 

6.30 

7,55 1 1,33 

Mineralstoffe . . . 

3,59 

4,17 

4,26 

6,28 

8,36 

7,25 4,32 


Diese Zahlen beweisen, daß der Spargel beim Auf bewahren 
in Wasser nicht unbeträchtliche Mengen Wasser aufnimmt; in zwei 
Tagen kann sein Gewicht durch das aufgenommene Wasser um fast 
10% erhöht werden. Ferner werden durch das Wasser dem Spargel 
zwar nicht sehr große, aber doch recht merkliche Mengen von 
Nährstoffen, insbesondere von sticksoffhaltigen Stoffen und Mineral- 

') Die Schnittflächen der Spargelstangen waren mit geschmolzenem Paraffin 
bestrichen. 


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19S 


IV. Die Versuchsstationen. 


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stoffen entzogen; bei längerer Dauer der Aufbewahrung leidet die 
Güte des Spargels. 

Bemerkenswert ist das Verhalten des Spargels, dessen Schnitt¬ 
flächen mit Paraffin bestrichen worden waren. Durch das Ver¬ 
schließen wurde die Wasseraufnähme nicht gehemmt, vielmehr 
nahmen diese Spargel noch mehr Wasser auf als die Spargel mit 
offenen Schnittflächen. Dagegen wurde durch diese Behandlung 
der Schnittflächen das Auslaugen der Nährstoffe bedeutend gehemmt; 
in vier Tagen verloren diese Spargels nicht mehr Nährstoffe als die 
übrigen mit offenen Schnittflächen in einem Tag. 

3. Über die Beschaffenheit des Filtrierasbestes. 

Zwei Asbestproben, die an die Station zur Untersuchung ein- 
gesandt waren, und bei welchen bei kleineren Versuchen eine starke 
Säureabnahme stattfand, gaben uns den Anlaß, noch weitere Asbeste 
des Handels zu untersuchen. Es standen uns 10 Asbestproben zur 
Verfügung. Diese wurden in folgender Weise geprüft: Es wurde 
festgestellt, wieviel Substanz die Asbestproben an heißes Wasser 
abgeben. Zu diesem Zwecke wurde jo 1 g Asbest mit etwa 200 ccm 
destillierten Wassers übergossen, die Mischung 10 Minuten lang 
gekocht und dann zwei Tage lang unter öfterem Ergänzen des ver¬ 
dampften Wassers auf dem heißen Wasserbad erwärmt Hierauf 
wurde die Flüssigkeit abfiltriert, der Asbest mit heißem Wasser aus¬ 
gewaschen und das gesamte Filtrat in einer Wein-Platinschale ein¬ 
gedampft, der Eindampfungsrückstand 2 1 / 2 Stunden im Weintrocken¬ 
schrank getrocknet und gewogen. Dann wurde der Rückstand stark 
geglüht und nochmals gewogen. Schließlich wurde die Alkalität 
des Glührückstandes in gleicher Weise wie die Alkalität der Wein¬ 
asche bestimmt. Die Untersuchungen führten zu folgenden Er¬ 
gebnissen : 

Von 1 g Asbest wurden durch Alkalität des 
heißes Wasser aufgelöst Glührückstaudes 

Ti ockenriickstand Glühriickstand 



No. des Asbestes 

g 

g 

ccm N/10-Kali 

1 

• . • • • 

. . 0,0621 

0,0356 

2,25 

2 


. . 0,0338 

0,0217 

1,50 

3 


. . 0,0443 

0,0313 

1,75 

4 


. . 0,0355 

0,0220 

1,00 

5 


. . 0,1116 

0,0771 

3,00 

6 


. . 0,0830 

0,0563 

2,50 

7 


. . 0,0726 

0,0496 

2,00 

8 


. . 0,1021 

0,0802 

2,90 

9 


. . 0,0717 

0,0481 

2,25 

10 


. . 0,1107 

0,0750 

3,25 


Die Zahlen 

beweisen, daß heißes 

Wasser 

die Asbestproben 


stark angreift; es gingen bis zu 11% dabei in Lösung. Die Schwarz¬ 
färbung des Trockenrückstandes beim Glühen beweist die Gegenwart 


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Bericht über die Tätigkeit der oeuochemischeu Versuchsstation. 


199 


kleiner Mengen organischer Stoffe. Die wasserlöslichen Bestandteile 
wurden nicht weiter untersucht; es ist jedoch anzunehmen, daß 
sie hauptsächlich aus wasserhaltigen Magnesium* und Calciumsilikaten 
bestehen. 

Weiter wurde das Verhalten der Asbestproben gegen Wein ge¬ 
prüft. Zwei Gramm Asbest wurden mit 200 ccm Wein übergossen, 
durchgeschüttelt und zwei Tage stehen gelassen. Dann wurde der 
Wein durch ein ausgewaschenes Filter filtriert. Falls der Wein 
Bestandteile des Asbestes aufgelöst hat, muß der Extraktgehalt, der 
Mineralstoffgehalt und die Alkalität der Asche erhöht, die Säure 
aber voraussichtlich vermindert werden. Diese Bestandteile wurden 
sowohl in dem ursprünglichen Wein als auch in den mit Asbest 
behandelten Weinen bestimmt Das Ergebnis war folgendes: 


Der Wein wurde be- 

Extrakt 

Gesamtsäure 

Mineralstoffe 

Alkalität der 
Asche ccm 

üoDUull Hut ÄoOvol 




N-Kali auf 

No. 

g 

n 100 ccm Wein 

100 ccm Wein 

Ursprünglicher Wein . 

2,489 

0.54 

0,235 

1.65 

1 . 

2,507 

0,33 

0,298 

3,30 

2. 

2,f)30 

0,41 

0,274 

2,95 

3. 

2,534 

0,40 

0,278 

2.80 

4. 

2,545 

0,44 

0,258 

2,25 . 

5. 

2,517 

0,43 

0,266 

2,50 

6. 

2,525 

0,43 

0,253 

2,60 

7. 

2,501 

0,45 

0,250 

2,40 

8. 

2,521 

0,43 

0,251 

2,70 

9. 

2,522 

0.41 

0,261 

2,65 

]0. 

2,544 

0,41 

0,287 

2,70 


Nach Ausweis dieser Zahlen hat der Wein alle Asbeste ange¬ 
griffen, zum Teil recht stark. Der Extraktgehalt ist durchweg er¬ 
höht doch fällt die Erhöhung nicht sehr ins Gewicht Die Säure 
ist durchweg vermindert worden und zwar um 1 bis 2 Promille. 
Diese Verminderung ist sehr bedeutend, beträgt doch die Säure des 
angewandten Weines nur 5,4°/oo- Offenbar haben die Säuren des 
Weines einen Teil der basischen Bestandteile des Asbestes aufgelöst 
und sich damit zu löslichen Salzen (hauptsächlich Magnesium- und 
Calciumsalzen) verbunden. Dementsprechend ist der Gehalt der Weine 
an Mineralstoffen zum Teil erheblich (um 0,015—0,063 g in 100 ccm) 
erhöht worden. Diese Erhöhung ist sehr bedeutend, da sie bis zu 
7* der in dem ursprünglichen Wein vorhandenen Mineralstoffmenge 
beträgt. Dadurch ist auch die Alkalität der Asche beträchtlich ver¬ 
größert worden. Hiernach kann man wohl sagen, daß die Zusammen¬ 
setzung des Weines durch die aus dem Asbeste aufgelösten Stoffe 
wesentlich verändert worden ist Die chemische Analyse der mit 
Asbest behandelten Weine gibt tatsächlich ein anderes Bild als die 
des ursprünglichen Weines; neben dem niedrigen Säuregehalt ist 
die Alkalität der Asche geradezu abnorm hoch. In der Praxis, wo 
beim Filtrieren der Wein nur kurze Zeit mit Asbest in Be¬ 
rührung bleibt und auf einen Teil Asbest größere Mengen Wein 


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200 


IV. Die Versuchsstationen. 


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kommen, werdet unter diesen Umständen die ersten Anteile der 
Filtrate ähnliche Veränderungen zeigen wie bei den Versuchen, die 
späteren Anteile werden dagegen voraussichtlich nur noch wenig 
oder gar nicht mehr verändert werden, da die ersten Filtratanteile 
die löslichen Bestandteile des Asbestes aufgenommen haben werden. 
An dem gut durchgemischten Gesamtfiltrate werden daher allzu 
große Veränderungen kaum mehr festgestellt werden können. Bei 
Vorversucbeu über die Filtrierfähigkeit der Weine mit Hilfe der 
kleinen Versuchsasbestfilter, wie sie nicht nur in den Laboratorien 
ausgeführt werden, sondern auch in den praktischen Betrieben der 
Filtration im großen vorangehen sollten, kann dagegen durch die 
Löslichkeit des Asbestes im Wein das Versuchsergebnis verschoben 
werden, um so mehr, da auch der Geschmack des Weines durch 
manche Asbestarten bedeutend verschlechtert wird. 

4. Die chemische Zusammensetzung des Bergerschen und des 
Holzschen Weinbergschutzmittels. 

Vor einiger Zeit tauchte ein neues Weinbergschutzmittel auf, 
das nicht nur den Heu- und Sauerwurm, sowie dessen Brut und 
Motten, sondern auch gleichzeitig Oidium und Peronospora be¬ 
kämpfen soll, also gewissermaßen ein Universalraittel. Später ist 
dem Bergerschen Weinbergschutzmittel noch in dem Holzschen Mittel 
ein Konkurrent erwachsen. Letzteres war dem ersteren sehr ähn¬ 
lich, wie auch aus der chemischen Analyse ersichtlich ist. 

Das Bergersche Mittel stellte ein hellgraues Pulver dar, welches 
stark nach Chlor roch und in Wasser nur teilweise löslich war; die 
Lösung reagierte stark alkalisch. Schon mit bloßem Auge sah man 
darin blaue Stückchen von kristallisiertem Kupfervitriol, sowie 
kleine Klümpchen von gemahlenem Schwefel von der Größe eines 
Stecknadelkopfes und noch größer. Das Holzsche Mittel hatte 
genau das gleiche Aussehen, roch aber noch stark nach Naphthalin. 
Die chemische Untersuchung der beiden Mittel führte zu folgenden 
Ergebnissen: 

Bergersche Mittel Holzsche Mittel 


Io io 

Schwefel (in Schwefelkohlenstoff löslich) 15,11 20,25 

Kupfersulfat (kristallisiert). 11,64 11,51 

Bleichendes, wirksames Chlor (aus dem 

Chlorkalk). 4,35 3,28 

Gebrannter Kalk (reiner Kalk, Calcium¬ 
oxyd) . 51,30 44,33 

Sand. 3,72 2,81 

Tonerde und Eisenoxyd. 3.87 3,11 

Magnesia. 3,16 2,77 

Kohlensaurer Kalk. 4,84 5,37 

Chlorcalcium (aus dem Chlorkalk) . . 3,58 4,29 

Naphthalin. —,— 0,95 


Summa 101,57 98,67 


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Original fro-m 

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Bericht über die Tätigkeit der oenochemischen Versuchsstation. 201 


Als wirksame Bestandteile enthält das Bergersche Mittel 
Schwefel, Kupfervitriol, Chlorkalk und gebrannten Kalk; das Holz- 
sche Mittel enthält dieselben wirksamen Bestandteile und daneben 
noch Naphthalin. Die übrigen Bestandteile (wie Tonerde, Sand und 
Magnesia) sind Verunreinigungen des Kalkes. 

Will man sich ein Bild von der Menge der Bestandteile, aus 
denen die beiden Mittel zusammengesetzt worden sind, machen, so 
ist zu berücksichtigen, daß den 3,25, bezw. 4,35 °/ 0 wirksamen Chlors 
höchstens 8—10% Chlorkalk entsprechen. 100 kg der beiden Mittel 
bestehen demnach aus folgenden Bestandteilen: 


Gepulverter Schwefel . . . . 

Bergersche Mittel 
kg 

. . 15 

Holzsche Mittel 
fcg 

20 

Grobkörniger Kupfervitriol. . . 

. . 12 

12 

Gewöhnlicher Chlorkalk. . . . 

. . 10 

8 

Gewöhnlicher gebrannter Kalk 
unrein). 

(sehr 

. . 63 

58 

Naphthalin. 

. . — 

2 


Summa 100 

100 


Schwefel und Kupfersulfat kommen für die Bekämpfung des 
Heu- und Sauerwurms nicht in Betracht Diese beiden Stoffe werden 
schon seit langer Zeit im Weinberg angewandt, der Schwefel als 
trockenes Pulver, das Kupfervitriol in der Bordeauxbrühe. Sie sind 
jedenfalls zur Bekämpfung des Oidiums und der Peronospora be¬ 
stimmt, wozu sie aber schon von jeher gedient haben. Das Kupfer¬ 
vitriol ist jedoch in so groben Körnern in den beiden Pulvern ent¬ 
halten, daß er voraussichtlich wenigstens zum Teil gar nicht auf den 
Blättern liegen bleiben, sondern sofort nach dem Aufstäuben herab¬ 
fallen wird; desgleichen scheint auch der Schwefel nur grob ge¬ 
mahlen zu sein, so daß er, wie die Erfahrung bereits gelehrt hat 
nur mangelhaft gegen das Oi'dium wirkt. Es ist hiernach weitaus 
besser, in üblicher Weise zu schwefeln und zu spritzen; dann lassen 
sich wenigstens die Materialien auf ihre Beschaffenheit prüfen, ob 
bei dem Schwefel die Feinheit des Pulvers, bei dem Kupfervitriol 
die Reinheit den Anforderungen genügt. Die Wirkung des Chlor¬ 
kalks ist jedenfalls darauf berechnet, daß dieser Körper an der Luft 
Zerselzungsprodukte erzeugt welche die Lebewesen nicht vertragen 
können. Voraussichtlich wird aber dagegen die Rebe empfindlicher 
sein als der Wurm, so daß wohl eher die Weinstöcke als die darauf 
lebenden Würmer getötet werden. Daß bei der Anwendung der 
Mittel keine Schädigungen der Weinstöcke beobachtet wurden, ist 
wohl auf die verhältnismäßig geringe Menge des Chlorkalks zurück¬ 
zuführen. Die Wirkung des Naphthalins ist sicherlich auch darauf 
berechnet die Motten durch den Geruch fern zu halten; in den der 
freien Luft stets ausgesetzten Weinbergen verflüchtigen sich jedoch 
solche Mittel bald. Bei zahlreichen Versuchen, die mit den beiden 


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202 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Mitteln ausgeführt wurden, zeigte sich auch nicht eine Spur von 
Erfolg. 


5. Bestimmung der flOchtigen Säuren im Wein. 

Die Bestimmung der flüchtigen Säuren ist nicht nur zur Be¬ 
urteilung nach Maßgabe des Weingesetzes unumgänglich notwendig, 
sie gewährt auch einen Einblick in den Gesundheitszustand der 
Weine. Gegenwärtig werden die flüchtigen Säuren überall im Wein 
durch Destillation im Wasserdampfstrom bestimmt; man verwendet 
hierzu 50 ccm Wein, destilliert unter Einleiten von Wasserdampf 
die Hälfte davon ab und leitet wieder Wasserdampf ein, bis das 
Destillat 200 ccm beträgt. Wenn das Destillat 200 ccm beträgt, 
soll die Gesamtmenge der flüchtigen Säuren durch den heißen 
Wasserdampf übergetrieben sein. Destilliert man nun weiter, so 
zeigt das nun folgende Destillat nur ausnahmsweise neutrale Reaktion, 
in der Regel entsteht auf neutralem Lackmuspapier eine mehr oder 
weniger stark saure Reaktion, hauptsächlich bei Weinen mit etwas 
höherem Gehalt an flüchtigen Säuren, wie dies bei Rotweinen oder 
essigstichigen Weinen der Fall ist. 

Auf die Schwerflüchtigkeit der flüchtigen Säuren wurde man 
bei den zahlreichen hier ausgeführten Milchsäurebestimmungen auf¬ 
merksam ; es mußten nämlich dabei die letzten Spuren von flüchtigen 
Säuren durch heißen Wasserdampf weggetrieben werden, da die 
Baiyumsalze dieser Säuren, wie auch das der Milchsäure in hoch¬ 
prozentigem Alkohol löslich sind und dann fälschlicherweise als 
Milchsäure mitbestimmt würden. Dabei mußte bedeutend mehr als 
200 ccm überdestilliert werden, bevor das Destillat nicht mehr sauer 
reagierte. 

Von 84 untersuchten Weinen waren nur in wenigen (4) Fällen 
in 200 ccm Destillat die gesamten flüchtigen Säuren der Weine ent¬ 
halten. Die flüchtigen Säuren des Weines bestehen größtenteils aus 
Essigsäure, daneben aus wenig Ameisensäure und Buttersäure; der 
Gehalt an höheren Fettsäuren ist nur sehr gering. Es gelingt daher 
meist leicht, die flüchtigen Säuren aus 50 ccm Wein durch Destilla¬ 
tion zu erschöpfen. Es kommen jedoch auch Weine vor, bei denen 
sich die flüchtigen Säuren nicht zu erschöpfen scheinen: selbst 
nach sehr langem Destillieren liefern sie noch ein saures Destillat 
Diese Erscheinung ist aber nicht auf die schwertlüchtigen Säuren 
zurückzuführen, sondern eher auf eine allmähliche stattfindende Zer¬ 
setzung von Extraktbestandteilen unter dem Einfluß des lange¬ 
dauernden Erhitzens. Da diese Erscheinung sich hauptsächlich bei 
Süßweinen zeigt, hat Windisch das Verhalten reiner Zuckerarten 
und Säuren, einzeln und gemischt, beim Erhitzen in der Weise, 
wie es bei der Bestimmung der flüchtigen Säuren des Weines üblich 
ist, studiert. Es ergab sich, daß dabei nicht unerhebliche Mengen 
von Kohlensäure und von Fettsäuren entstehen können, die größten¬ 
teils aus Ameisensäure bestanden; bei langem Erhitzen färben sich 
die sauren Zuckerlösungen gelb, schließlich braun und liefern tage- 


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Bericht über die Tätigkeit der oenochemischen Versuchsstation. 


203 


lang ein deutlich saures Destillat Auf Grund der Untersuchungs¬ 
ergebnisse wird nun der Vorschlag gemacht, bei der Bestimmung 
der flüchtigen Säuren im Wein nicht 200 ccm, sondern 300 ccm 
Destillat herzustellen und zu titrieren. In 300 ccm Destillat sind 
auch bei Rotweinen und stark stichigen Weinen die gesamten 
flüchtigen Säuren enthalten; in allen Fällen bleibt dann der Fehler 
weit unter 0.01 g in 100 ccm. 

Eine Fehlerquelle der Bestimmung der flüchtigen Säuren im 
Wein, die sich stets bemerkbar macht, beruht auf dem Kohlensäure¬ 
gehalte des Destillates. Die Kohlensäure kann aus verschiedenen 
Quellen stammen. Einmal enthält das zur Erzeugung des Wasser¬ 
dampfes meist benutzte Brunnen- oder Leitungswasser nicht uner¬ 
hebliche Mengen von Kohlensäure. Diese läßt sich dadurch ent¬ 
fernen, indem man die ersten Dampfanteile in die Luft gehen läßt 
und erst nach 5—10 Minuten dauerndem Kochen des Wassers den 
Dampf in den Wein leitet Ferner enthält fast jeder Wein gelöste 
Kohlensäure, bald mehr, bald weniger, die beim Destillieren wenigstens 
teilweise in das Destillat gelangt. Aber selbst, wenn der Wein ganz 
frei von Kohlensäure ist entsteht diese Säure aus den Extraktbestand¬ 
teilen beim Destillieren und geht in das Destillat über; besonders 
stark tritt die Kohlensäure dann auf, wenn der Wein stark eingeengt 
wird. Sowohl die Zuckerarten als auch die in dem Weine ent¬ 
haltenen nicht flüchtigen Säuren spalten beim Erhitzen Kohlensäure 
ab, besonders aber stark Mischungen von Zucker und Säuren. Die 
Kohlensäure macht sich beim Titrieren der Weindestillate recht 
unangenehm bemerkbar; man findet zu viel flüchtige Säure und die 
Endreaktion ist nicht scharf zu erkennen. Die Rotfärbung des 
PhenolphtaleYns verschwindet beim Titrieren mit Normallauge wieder¬ 
holt. Diese Erscheinung ist auch mit auf die Anwesenheit un¬ 
löslicher, höherer Fettsäuren im Destillat zurückzuführen, welche nur 
langsam von der Lauge gesättigt werden. Die durch die Kohlen¬ 
säure und die höheren Fettsäuren verursachten Unzuträglichkeiten 
beim Titrieren der Weindestillate können leicht dadurch behoben 
werden, daß man das Destillat bis fast zum Sieden erhitzt Um 
eine Verseifung der Ester bei dem Zusatz der Lauge zu vermeiden, 
läßt man das Destillat vor der Titration zweckmäßig erkalten; die 
Endreaktion bleibt dann in der Regel längere Zeit bestehen. Eine 
Spaltung der flüchtigen Säureester findet während der Destillation 
des Weines nicht statt 

Auch indirekt haben sich die flüchtigen Säuren ziemlich genau 
bestimmen lassen, indem man zuerst die Gesaratsäure in 25 ccm 
Wein in der üblichen Weise titriert. Dann dampft man 25 ccm 
Wein in einer Porzellanschale auf dem Wasserbadc auf 3—5 ccm 
ein, löst den Rückstand in 25 ccm heißem Wasser auf, verdampft 
wieder auf 3—5 ccm, löst den Rückstand wieder in heißem Wasser 
und verdampft zum dritten Mal auf 3 —5 ccm. Hierauf löst man 
den Rückstand in heißem Wasser und titriert ihn wie die Gesamt¬ 
säure. Man erhält so die nichtflüchtigen Säuren des Weines, als 
Weinsäure berechnet. Der Sicherheit halber ist dreimaliges Ab- 


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204 


IV. Die Versuchsstationen. 


dampfen des Weines zu empfehlen. Hierauf zieht man die nicht¬ 
flüchtigen Säuren von der Gesamtsäure ab und multipliziert den 
Unterschied mit 4 / 5 ; man erhält so die flüchtigen Säuren des Weines 
als Essigsäure berechnet 

Ferner sei noch zum Schlüsse auf folgendes hingewiesen: Bei 
der Mehrzahl der Weine besteht die Gesamtsäure zum Teil bald 
mehr, bald weniger aus Milchsäure: bei Äpfelweinen ist meist fast 
die gesamte nichtflüchtige Säure Milchsäure. Auch diese Säure kann 
störend bei der Bestimmung der flüchtigen Säuren wirken; die 
Milchsäure ist, wenn auch sehr schwer, mit Wasserdämpfen flüchtig. 
Eine andere Eigenschaft der Milchsäure erscheint viel bedenklicher, 
nämlich beim Erhitzen in die Anhydridform überzugehen. Das 
Milchsäureanhydrid ist neutral und wird erst durch Erhitzen mit 
Lauge verseift. Hiernach war zu fürchten, daß beim Titrieren der 
nichtflüchtigen Säuren infolge des längeren Erhitzens erheblich zu 
kleine Werte gefunden würden. Dies war jedoch, wie die Analysen¬ 
resultate bewiesen, nicht der Fall. 


6. Untersuchung von Weinbergsböden aus den Versuchs¬ 
pflanzungen mit amerikanischen Rehen. 

Nachdem im verflossenen Jahre die Untersuchungen von 
70 Weinbergsböden beendet waren, wurden uns neuerdings Boden¬ 
proben aus Neuanlagen an der Lahn zugesandt und zwar aus Löhn¬ 
berg, Oberhof und Tiefenbach. Die Ackerkrume und der Unter¬ 
grund wurden hierbei getrennt voneinander untersucht 
Die Ergebnisse der Untersuchung waren folgende: 


1. Mechanische Zusammensetzung. 


ET 


Löhnberg. Ackerkrume . 

Untergrund . 
Oberhof. Ackerkrume . 

„ U ntergrund 
Tiefenbach. Ackerkrume 
„ Untergrund 


Es blieben auf den Sieben von 
Maschen weite 


Kies 


o 

o 

x 

p 

3 


Grobsaud 


3mm!2mm ?' 1mm 


0,5 '0,25 

mm 

0/ 

< o 


mm 

°/ 


ST§ 

§ g. 

p- • 


16,99| 8,79 
10.18, 4,19 
43,71! 6.64 
43,86 5,96 
19,03. 7,25 
19.25! 5,18 


25,78:10,47i 12,81' 3,91;33,19 
14,371 4,74! 13.2(3; 10,2G;28,2ö| 


50,35' 8,57! 5,46 
49,82'10,58 6,35 
26,28 22,01 1 18,54 


5, <4 
2,35 
10,38 


24,43,16,69 19,71! 10,72 


19,77 

19,281 

50,93 

47,12 


Feinerde 


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16,52 

19,32 

8,27 


14,68 

40,85 

10,56 

22,63 


8,24114.55 
18,511 9,94 


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Bericht über die Tätigkeit der oenochemischen Versuchsstaticm. 


205 


2. Chemische Zusammensetzung. 




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100 Teile Erde enthalten 
(in heißer konzentrierter Salzsäure löslich) 


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1. 


Lohnberg. Ackerkrume 
Untergrund 
Oberhof. Ackerkrume . 

„ Untergrund . 
Tiefenbach. Ackerkrumel 
„ Untergrund 


0,1190 


0,1635 


0,08400,1765 
0,10150,2776 
0,0945 !o,2523 


0,3287 ‘ 1,2080.0,25462,0885 
0,3375 1,42130,2402,2,7546 


0,3696 0.8034,0,3075 
0,3892 0,994610,3219 
10,1610,0,290110,2619.3,357310,1921 
|0,0630|0,281ö|0,2979 6,461310,2642 


2,4011 

2,9366 

1,9624 

2,3612 


8.8573 
8,6002 

6.8573 
6,6191 
8.2382 
9,0478 


0,1120 

0,1040 

0,0933 

0,1093 

0,1414 

0,1253 


12,8322 

21,7662 

24,7668 

23,0051 

25,2524 

24,0921 


Die Untersuchungen wurden ebenso wie die im vergangenen 
Jahre von dem Berichterstatter ausgeführt. 

Im verflossenen Jahr weilte auch Herr Professor Dr. Hollrung 
hier, der die Untersuchungen von Weinbergsböden in der Provinz 
Sachsen leitete, wobei betreffs der Bodenentnahme, der mechanischen 
Trennung und der chemischen Analyse folgendes vereinbart wurde: 

Die Erdprobe soll von dem Analysator in seiner Gegenwart 
entnommen werden. Obergrund (Ackerkrume) und Untergrund sind 
getrennt voneinander zu analysieren; sind beide jedoch zusammen¬ 
gemischt, so ist dies besonders zu bemerken. Über die Lage der 
Probestelle ist eine Aufzeichnung anzufertigen; dabei ist die Neigung 
des betreffenden Weinbergs ungefähr festzustellen, sowie nach 
welcher Himmelsrichtung derselbe liegt Auch Ursprung und Mächtig¬ 
keit der Bodenart soll angegeben werden. Ferner ist festzustellen, 
ob der betreffende Boden schon früher Weinbergsboden war oder 
ob andere Früchte darauf gewachsen sind. 

Bei der Entnahme des betreffenden Bodens sind bei Böden 
mit wenig Steinen mindestens 5 kg, bei Böden mit viel Steinen 
ungefähr 10 kg erforderlich. Auch ist bei der Entnahme bereits 
eine oberfächliche Einschätzung der Bodenart (ob Kies- oder Kalk¬ 
boden usw.) vorzunehmen und eventuell die geologische Beschaffen¬ 
heit festzustellen. Bevor man mit der Untersuchung beginnt, muß 
die Bodenprobe an der Luft getrocknet werden. 

Mechanische Trennung: Größere Steine (über 3 mm) werden 
ausgesondert und gewogen, nachdem sie mit Wasser gewaschen und 
getrocknet sind. Die Differenz ist gleich Groberde. Die Bestand¬ 
teile, welche größer als 3 mm und 2 mm sind, werden als Kies 
bezeichnet, diejenigen, die kleiner als 2 mm, aber größer als 0,25 mm 
sind, gelten als Grobsand. Was kleiner als 0,25 mm ist, nennt man 
Feinerde. Zum Abschlämmen dient der Kühnsche Schlämmcylinder, 
wobei man mit dem Abgießen des Wassers immer 10 Minuten 
wartet. Bei dem Abgeschlämmten ist die Bodenart festzustellen. 

Chemische Untersuchung: Hierzu wird das Material verwendet, 


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206 


IV. Die Versuchsstationen. 


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das kleiner als 2 mm ist. 150 g Boden werden 1 Stunde lang mit 
300 ccm Salzsäure (vom spez. Gew. 1,15) gekocht, abfiltriert und 
mit kochendem Wasser ausgewaschen, bis das Filtrat weder eine 
sauere Reaktion, noch eine Chlorreaktion gibt. Die gesamte Flüssig¬ 
keit wird eventuell eingedampft und sodann auf einen Liter (1000 ccm) 
aufgefüllt. 

Zur Kieselsäureabscheidung benützt man 500 ccm Filtrat, 
dampft unter Zusatz von Salzsäure und Salpetersäure einige Male 
zur Trockene ein und wäscht nach dem Filtrieren mit heißem Wasser 
aus, bis das Filtrat nicht mehr sauer reagiert. Die Kieselsäure 
wird als Si0 2 geglüht und gewogen. 

Die Phosphorsäure wird nach König mit Maerckers Mag- 
nesiamixlui bestimmt. 

Tonerde, Eisenoxyd und Phosphorsäure werden mit Ammoniak 
ausgefällt Der Eisengehalt wird auf titriraetrischem Wege ermittelt; 
hierbei ist anzugeben, ob die Oxydations- oder die Reduktionsraethode 
angewendet worden ist. Die Tonerde wird erhalten durch Abziehen 
von Eisenoxyd und Phosphorsäure. 

Kalk wird als oxalsaurer Kalk gefällt und durch Glühen in 
Calciumoxyd (CaO) übergeführt 

Der Gehalt an Magnesia wird genau nach König mit Dinatrium- 
phosphat bestimmt. 

Kalium wird mit Hilfe von Platinchlorid bestimmt. Hierbei 
ist anzugeben, ob das Kaliumplatinchlorid direkt gewogen, oder ob 
es in metallisches Platin übergeführt wurde. 

Die Menge des Stickstoffs wird nach Kjeldahl bestimmt, und 
zwar werden 2 g des betreffenden Bodens mit einem Gemisch von 
Schwefelsäure und Phosphorsäureanhydrid behandelt unter Zugabe 
eines erbsengroßen Stückes von Kupfersulfat 

Die Wasserkapziität des Bodens wird hier mit dem Apparat 
nach A. Mayer bestimmt. 


7. Mitteilangen aas der analytischen Praxis. 

1. Wein. 

Unter den zahlreichen untersuchten Handelsweinen fand sich 
keine Probe, die in 100 ccm weniger als 1,5 g Extrakt oder weniger 
als 1,0 g Extrakt nach Abzug der Gesamtsäure oder weniger als 
1,1 g Extrakt nach Abzug der nichtflüchtigen Säuren aufwies. Die 
große Mehrzahl der Weine hatte Extraktgehalto von 1,9—2,3 g 
Extrakt in 100 ccm. Der Mineralstoffgehalt ging nicht unter 0,17 g 
in 100 ccm herunter. Von Weißweinen hatten 2 Proben einen 
Alkoholgehalt von 4—5 g, 9 Proben von 6—7 g, 14 Proben von 
7 — 8 g, 10 Proben von 8—9 g, 15 Proben von 9—10 g und 2 
Proben von 10—11 g in 100 ccm. Von Rotweinen hatten 3 Proben 
7—8 g, 0 Proben 8—9 g, 2 Proben 9—10 g und 3 Proben 10 bis 
11 g Alkohol in 100 ccm. Die untersuchten Apfelweine hatten 
Alkoholgehalte zwischen 4—6 g in 100 ccm. 


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Bericht über die.Tätigkeit der oeiiochemisehen Versuehsstatiou. 207 


Von Weißweinen hatten 15 Proben einen Zuckergehalt von 
weniger als 0,1 g, 18 Proben hatten 0,1—0,2 g, 2 Proben 0,2 bis 
0,3 g, 2 Proben 0,3—0,4 g und 1 Probe zwischen 0,5 und 0,6 g 
in 100 ccm. 6 Rotweine hatten weniger als 0,2 g Zucker. Mehrere 
Weine waren überzuckert; dieselben besaßen bei einem hohen Al¬ 
koholgehalte noch über 1 g Zucker in 100 ccm. 

An Gesamtsäure hatten von Weißweinen 4 Proben 0,4—0,5 g, 
16 Proben 0,5—0,6 g, 6 Proben 0,6—0,7 g, 5 Proben 0,7—0,8 g, 
3 Proben 0,8—0,9 g, 4 Proben 0,9—1,0 und 5 Proben 1,0—1,2 g 
in 100 ccm. Von Rotweinen besaßen 4 Proben 0,5—0,6 g, 5 Proben 
0,6—0,7 g, 3 Proben 0,7—0,8 und 2 Proben 0,8—0,85 g in 100 ccm. 

Mehr als 0,1 g in 100 ccm flüchtige Säuren hatten 29 Weine. 
Die Rotweine, sowie Beerenweine hatten alle über 0,1 g in 100 ccm. 
Weine, die auf ihren Gehalt an Weinsäure in ihrer verschiedenen 
Bindungsform untersucht worden waren, ergaben folgende Werte: 
Der Gehalt an Gesamtweinsäure schwankte zwischen 0,063—0,243 g, 
an freier Weinsäure zwischen 0,0862—0,135 g, an Weinstein 
zwischen 0,0188—0,094 und an Weinsäure, die an alkalische 
Erden gebunden ist, zwischen 0,045 — 0,12 g in 100 ccm. Boden¬ 
sätze in Flaschenweinen bestanden mehrfach aus Weinsteinkristallen. 

Gerbstoff wurde in einem Rotwein bestimmt, er enthielt 
0,0964 g, ebenso Milchsäure, welche 0,1045 g in 100 ccm betrug. 
An schwefliger Säure und Schwefelsäure hatten die Weine folgende 
Werte: Gesamte schweflige Säure 0,0078—0,0384g, freie schweflige 
Säure 0,0031—0,0044 g in 100 ccm; Schwefelsäure 0,0136 bis 
0,1464 g in 100 ccm; Kaliumsulfat 0,203—3,191 g im Liter. 


2. Wasser. 

Ein aus einer Senkgrube entnommenes, sogenanntes Gaswasser 
hatte bei der Entnahme eine Temperatur von 25° C. und war von 
schmutziggelber Farbe. Ungelöst waren in dem Wasser enthalten 
kleine Partikelchen von Kohle, Schwefel und Mineralbestandteilen. 
Das Wasser zeigte neutrale Reaktion; es war nach dem Filtrieren 
nicht klar nnd roch schwach nach teerigen Produkten. Die chemische 
Analyse ergab folgenden Befund: In 1 1 Wasser waren enthalten: 
1,0927 g Abdampfrückstaud, 0,6684 g Glührückstand (beim Glühen 
färbte sich der Abdampfrückstand schwarz, ein Zeichen, daß organische 
Verbindungen anwesend waren), 0.199 g Kalk (CaO), 0,069 g Mag¬ 
nesia, 0,341 g Schwefelsäure, 0,033 g Chlor, 0,025 g Eisenoxyd und 
Tonerde. Phosphorsäure, Salpetersäure, salpetrige Säure und Schwefel¬ 
wasserstoff waren nicht vorhanden. Ammoniak waren im Liter ent¬ 
halten 0,0425 g. Die Oxydierbarkeit betrug 0,0151 g Kalium¬ 
permanganat auf das Liter. Eine Prüfung auf Rhodan Verbindungen, 
welche gewöhnlich in den Abwässern von Gasfabriken enthalten 
sind, ergab ein negatives Resultat. 

Ein privater Brunnen aus Notgottes enthielt in 1 1 47 mg 
Abdampfrückstand, 25,5 mg Glührückstand, 9,9 mg Kalk, 6,8 mg 
Magnesia, 2,1 mg Eisenoxyd und Tonerde, 4.3 mg Schwefelsäure, 


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208 


IV. Die Versuchsstationen. 


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1,2 mg Chlor. Härte 1,87 deutsche Grade. Ammoniak, Salpeter¬ 
säure, salpetrige Säure und Schwefelwasserstoff waren nicht vor- 

N 

handen. Oxydierbarkeit entsprechend 1,8 ccm Kaliumperman¬ 
ganatlösung auf 1 1 Wasser. Das Wasser ist rein und weich und 
für Trinkzwecke sehr gut brauchbar. 

Eine aus einem Brunnen aus Johannisberg eingesandte Wasser¬ 
probe war schwach gelblich gefärbt. Beim Eindampfen des Wassers 
schied sich Eisenoxyd ab. Chlor und Schwefelsäure waren nur in 
Spuren vorhanden. Salpetersäure fehlte; dagegen ergab die Prüfung 
auf salpetrige Säure und auf Ammoniak die Anwesenheit der beiden 
Bestandteile. 


3. Kupfervitriol. 

Zwei eingesandte Proben enthielten 99,98% und 99,80% 
Kupfersulfat. Die Proben sind als rein zu bezeichnen. 


4. Weinbergschwefel. 

18 Proben Weinbergschwefel zeigten folgende Feinheits- und 


Reinheitsgrade: 

No. 

Feinheitsgrade 

Mineralische 

nach Chancel 

V erunreinigungen 

1 

38 

0,7538 

9 

47 

0.0120 

3 

48 

0,1070 

4 

50 

0,0160 

5 

51 

0,0360 

6 

60 

0,0070 

7 

63 

0,0200 

8 

66 

0,0160 

9 

66 

0,0480 

10 

67 

0,0100 

11 

67 

0,0160 

12 

74 

0,0775 

13 

75 

0,0090 

14 

80 

0,0050 

15 

81 

0,0130 

16 

81 

0,0483 

17 

95 

0,0020 

18 

95 

0,0100 

Die Mehrzahl 

der Proben zeigen 

keine feine Beschaffenheit. 

Bezüglich der Reinheit läßt die erste Probe zu wünschen übrig. 

5. 

Prüfung von Weinen auf Zink. 

17 Weißweine 

wurden auf ihren 

Gehalt an Zinksalzen unter- 


sucht, da der Verdacht bestand, daß sie mit zinkhaltigen Schönungs¬ 
mitteln behandelt worden wären. Geprüft wurde sowohl im Wein 


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Bericht über die Tätigkeit der oenochemischen Versuchsstation. 209 


selbst als auch in den Mineralbestandteilen auf Zink. Es ergaben 
sich jedoch keine Anhaltspunkte, daß Zinksalze anwesend waren. 

6. Abstichversuche, 

Für die Abstich versuche der Anstal ts weine wurden je 325 Alkohol¬ 
bestimmungen, Zuckerbestimmungen uud Gesamtsäurebestimmungen 
ausgeführt 


B. Sonstige Tätigkeit der Versuchsstation. 

1. Honoraranalysen. 

Im Aufträge von Behörden und Privaten wurden im Berichts¬ 
jahre ungefähr 800 Gegenstände untersucht. Etwa 170 davon 
waren Nahrungs- und Genußmittel. Hauptsächlich gelangten Wei߬ 
weine und Rotweine zur Untersuchung. Ungefähr 50 Untersuchungen 
betrafen andere Gegenstände, nämlich Bodenproben, Klär- und Kon¬ 
servierungsmittel, Filtriermaterial und Wein bergschwefel. Ferner 
wurden 432 Mostwagen, 86 Alkoholometer und 69 Extraktwagen 
geaicht. 

2 . Verkehr mit der Praxis. 

Der Verkehr mit der Praxis war sehr rege; das Geschäftsbuch 
weist im Kalenderjahr 1904 über 2400 Eingänge, bezw. Ausgänge 
auf. Die Mehrzahl der Anfragen bezog sich auf die Technologie 
der Trauben- und Obstweine. 

3. Neuanschaffungen. 

Von wertvolleren Anschaffungen sind hauptsächlich eine größere 
Anzahl von geaichten Meßgeräten zu nennen; daneben wurde auch 
die Handbibliothek durch einige Werke vermehrt. 

4. Kurse in der Versuchsstation. 

a) Der in der Zeit vom 20. Juni bis 2. Juli abgehaltene Kursus 
über Weinuntersuchung und Weinbehandlung wurde von 23 Teil¬ 
nehmern besucht. Davon waren 14 aus Preußen, 5 aus Hessen, 
2 aus Bayern, 1 aus Luxemburg und l aus Argentinien. 

b) Der Kursus über Herstellung und Behandlung der Obst¬ 
weine, der in der Zeit vom 20. bis 29. März stattfand, wurde von 
14 Personen besucht. Davon waren 6 aus Preußen, 3 aus Sachsen, 
2 aus Baden. 1 aus Bayern, 1 aus Steiermark und 1 aus Böhmen. 

c) Als Praktikanten waren im Berichtsjahr tätig die Herren 
Fritz Hünlich aus Wilthen, Fritz Kollmcyer aus Neustadt am 
Rübenberg, Max von Ribbeck aus Eisenach, Johann Ludwig 
aus Klein-Windhuk (Deutsch-Südwest-Afrika), Walter Dittmann 
aus Eberswalde. Otto Hofmann aus Mügeln in Sachsen, Lucien 

Goisenheimcr Bericht URU. 14 


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210 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Gerber aus Bleenschwiller, Jakob C. Best aus Milwaukee (Ver¬ 
einigte Staaten), Groing Bear aus Wilmington (Vereinigte Staaten), 
Ferruccio Calegari aus Parenzo. 

5. Wissenschaftliche Veröffentlichungen 

(soweit sie in Händen des Berichterstatters sind). 

Dr. Windisch und 0. Schmidt. 

1. Über Veränderungen des Spargels beim Aufbewahren im 

Wasser. 

2. Über die Beschaffenheit des Filtrierasbestes (1. Artikel). 

3. Die chemische Zusammensetzung des Bergerschen und 

Holz sehen Weinbergschutzmittels. 

4. Über die Beschaffenheit des Filtrierasbestes (2. Artikel). Dr. 

Windisch und Dr. Röttgen. 

5. Die Bestimmungen der flüchtigen Säuren im Wein. 

6. Veränderungen im Personal der Versuchsstation. 

Nachdem der bisherige Dirigent der Station Dr. Karl Windisch 
einen Ruf als ordentlicher Professor an die Landwirtschaftliche 
Hochschule in Hohenheim in Württemberg erhalteu und auch an¬ 
genommen hatte, wurde dem Berichterstatter am 1. Oktober 1904 die 
Leitung übertragen. Am 1. Oktober 1904 trat auch Dr. Theodor 
Röttgen aus, der als freiwilliger Assistent an der Station tätig war; 
ebenso der Assistent Dr. Carl Böhm, an dessen Stelle dann Ernst 
Mer res trat. 


Bericht 

über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen 
Versuchsstation. 

Erstattet von Dr. Gustav Lüstner, Dirigenten der Versuchsstation. 


A. Wissenschaftliche Tätigkeit. 

1. Über den Einflufs des Geruches des Kresolseifenwassers 
auf den Geschmack der Weinbeeren und des Weines. 

Nachdem gefunden worden ist, daß mit Petroleum behandelte 
Rebläuse noch längere Zeit am Leben bleiben und daß dieselben 
auch im stände sind, trotz der Einwirkung des Petroleums auf ihren 
Organismus entwicklungsfähige Eier zu legen, mußte nach einem 
Mittel gesucht werden, das von intensiverer Wirkung auf das Leben 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 211 

des Insektes ist. Als ein solches wurde das Kresolseifenwasser er¬ 
kannt, welche Flüssigkeit vor dem Petroleum noch den großen Vor¬ 
teil hat, daß sie infolge ihres geringen Preises die Reblausbe- 
kärapfungsarbeiten wesentlich verbilligt. Leider besitzt aber das 
Kresolseifenwasser einen sehr starken, unangenehmen Geruch, der 
in Weinbergslagen, in denen von der Reblaus befallene Parzellen 
mit ihm behandelt worden sind, auf größere Entfernungen hin noch 
deutlich wahrgenomraen werden kann. Es ist deshalb nicht ausge¬ 
schlossen, daß die heranreifenden Trauben der an die mit Kresol¬ 
seifenwasser behandelten Herde angrenzenden Weinberge diesen 
Geruch in sich aufnehmen, daß er sich dem Safte mitteilt, um dann 
beim Keltern der Trauben in den Most und später in den Wein 
zu gelangen. Daß die Weinbeeren derartige Gerüche in der Tat 
sehr leicht festhalten, dafür liegen bereits einige Beweise aus der 
Praxis vor. So können z. B. Weine, die an frisch kreosotierten 
Pfählen gezogen worden sind, so stark nach Kreosot schmecken, 
daß sie vollständig ungenießbar sind, eine Erscheinung, wegen der 
man derartig imprägnierte Pfähle auf im Ertrage stehenden Wein¬ 
bergen erst dann verwendet, wenn sie den intensiven Geruch ver¬ 
loren haben. Dieselbe Wahrnehmung kann man an Weinen machen, 
die in der Nähe von Imprägnierungsanstalten gewachsen sind, wo 
die aus denselben ausströmenden Dämpfe den Schaden bedingen. 
Bekannt ist auch der eigentümliche, »rauchige« Geschmack des 
Bernkasteler Doktors, der vielfach darauf zurückgeführt wird, daß 
bei einer bestimmten Windrichtung der Rauch der Bernkasteler 
Häuser über diese Lage hinweg streicht und dabei von den Beeren 
aufgenommeu und festgehalten wird. 

Diese schon längere Zeit bekannten Tatsachen gaben Herrn 
Gartenbaudirektor Ritter-Engers, der in diesem Jahre in der Ge¬ 
markung Rheinbrohl Reblausvemichtungsarbeiten mit Kresolseifen¬ 
wasser vorgenommen hat, Veranlassung, auf die hierdurch eventuell 
ein tretende Benachteiligung der Kreszenz der benachbarten Wein¬ 
berge hinzuweisen. Um klar in dieser Frage zu sehen, fand auf 
Verfügung Sr. Excellenz des Herrn Ministers für Landwirtschaft, 
Domänen und Forsten am Nachmittage des 22. August eine Be¬ 
sichtigung der mit Kresolseifenwasser desinfizierten Rheinbrohler 
Herde statt, bei welcher festgestellt wurde, daß der Geruch dieses 
Reblausvemichtungsmittels noch in einer Entfernung von 50—60 m 
von der damit behandelten Parzelle bemerkbar war. In der sich 
an diese Besichtigung anschließenden Besprechung wurde, da hin¬ 
sichtlich der Aufnahme des Kresolgeschmackes durch die Beeren 
nur Vermutungen geäußert werden konnten, beschlossen, die Frage 
durch Ausführung einiger Versuche, die in der pflanzenpatholo¬ 
gischen Versuchsstation der Königl. Lehranstalt zu Geisenheim vor¬ 
genommen werden sollten, zu lösen. Hierbei sollte zunächst mit 
kleineren Traubenmengen im Laboratorium ermittelt werden, ob 
diese überhaupt den Kresolgeruch in sich aufnehmen und ob sich 
dieser später in dem daraus gewonnenen Weine geschmacklich be¬ 
merkbar macht. Zu diesem Zwecke sollten die Trauben mit sehr 

14 * 


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212 


IV. Die Versuchsstationen. 


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viel größeren Mengen des Geruchsstoffes in Berührung gebracht 
werden, wie dieses im Freien der Fall ist Wird hierbei erkannt, 
daß der aus so behandelten Trauben gewonnene Wein den dem 
Kiesol eigentümlichen Geruch und Geschmack aufweist, so ist die 
Annahme wohl möglich, daß auch im Weinberge eine Aufnahme 
dieses Stoffes durch die Beeren stattfinden kann, was dann durch 
einen Freilandsversuch, der im Versuchsweinberg der Königl. Lehr¬ 
anstalt auszuführen ist, bewiesen werden soll. 


Vorversuche. 

Bei dem Laboratoriumsversuch wurden die Trauben — bereits 
im Saft stehende Sylvaner und Portugieser — zunächst 48 resp. 
24 Stunden lang dem Kresolgeruch ausgesetzt Sie waren auf 
einem Gestell über dem Kresolseifenwasser befestigt. Damit der 
Geruch möglichst gleichmäßig auf die Beeren einwirken konnte, 
wurde ein Teller mit einer dicken Sandschicht belegt und diese mit 
der Flüssigkeit durchtränkt Die ganze Vorrichtung wurde dann 
mit einer großen Glasglocke von 30 1 Inhalt überdeckt Schon bei 
der Kostprobe der Beeren nach 24stündiger Behandlung wurde ein 
deutlicher Geschmack nach Kresol wahrgenommen, der sich noch 
längere Zeit durch »Kratzen« im Halse bemerkbar machte. Dieser 
Geschmack war bei den 48 Stunden lang behandelten Trauben ein 
noch sehr viel auffälligerer. Auch die Moste, die aus diesen Trauben 
gewonnen wurden, rochen und schmeckten deutlich nach Kresol. 
Es wurde somit schon durch diese beiden Versuche bewiesen, daß 
die von Herrn Prof. Dr. Wortmann und dem Berichterstatter aus¬ 
gesprochene Vermutung, daß die Beeren den Kresolgeruch in sich 
aufnehmen können, eine richtige war. 

Während die Trauben, auf die der Geruchsstoff 24 Stunden 
lang eingewirkt hatte, äußerlich eine Veränderung nicht erkennen 
ließen, war eine solche bei denjenigen, welche sich 48 Stunden 
lang unter der Glocke befanden, in sehr auffallender Weise zu be¬ 
merken. Diese längere Zeit mit dem Geruchsstoff in Berührung ge¬ 
wesenen Trauben verloren nach und nach ihre grüne Farbe und wurden 
grau-blau, welche Verfärbung namentlich an den äußeren und 
unteren Beeren, also denjenigen, welche dem Kresolgeruch am 
meisten ausgesetzt waren, stärker in die Erscheinung trat Diese 
Farbenveränderung ist auf das Absterben innerer Beerenteile zurück¬ 
zuführen. Wir erkennen aus derselben, daß nicht, wie vielfach an¬ 
genommen wird, allein die Wachshaut der Beeren es ist, welche 
Geruchsstoffe, wie den in Frage stehenden, festhält und in sich auf¬ 
nimmt, sondern daß diese Stoffe bis in die Zellen des Fruchtfleisches 
Vordringen und unter Umständen diese zu töten vermögen. 

Um noch zu sehen, ob auch bei kürzerer Versuchsdauer die 
Weinbeeren durch das Kresol geschmacklich noch beeinflußt werden, 
wurden Trauben einer 15- resp. 6ständigen Behandlung mit dem¬ 
selben unterworfen, wobei sich ergab, daß auch hierbei noch der 
Kresolgeruch sowohl in den Beeren, als auch in den daraus ge- 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 213 


wonnenen Mosten durch Geruch und Geschmack deutlich wahr¬ 
nehmbar ist. 

Die Gärung der aus den Versuchstrauben gekelterten Moste, 
die vorher gezuckert und mit Reinhefe versetzt worden waren, be¬ 
gann bei denjenigen, welche von Beeren stammten, die 6, 15 und 
24 Stunden lang der Einwirkung des Kresolgeruches ausgesetzt ge¬ 
wesen waren, sofort und verlief lebhaft, bei dem Moste jedoch, der 
aus den 48 Stunden lang unter der Glocke belassenen Trauben her¬ 
rührte, setzte sie später ein und blieb eine langsame. 

Es wurden nach diesen Erfahrungen noch drei weitere Ver¬ 
suche mit frischen Trauben angesetzt, bei denen unter sonst gleichen 
Bedingungen die Zeitdauer der Kresoleinwirkung auf 2, 1 und 1 / t 
Stunde verkürzt wurde; dabei konnte in allen Fällen an den Beeren 
noch ein deutlicher Kresolgeschmack nachgewiesen werden, besonders 
wenn man die Beerenhaut länger im Munde behielt. 

Aber auch der Most von den nur 2 resp. 1 Stunde lang dem 
Kresolgeruche ausgesetzten Trauben, roch und schmeckte deutlich 
nach Kresol. 

Der aus allen oben angeführten Versuchsanstellungen ge¬ 
wonnene Wein wurde in Gegenwart von Prof. Dr. Wortmann 
einer Geruchs- und Geschmacksprobe unterzogen, deren Ergebnis 
folgendermaßen lautet: Die Weine von Trauben, die dem Kresol¬ 
geruche 48, 24 resp. 15 Stunden ausgesetzt waren, rochen und 
schmeckten intensiv nach Kresol; sie sind ungenießbar. Bei einer 
Versuchsdauer von 6, 2 resp. 1 Stunde hatten sich Weine ergeben, 
die in entsprechenden Abstufungen noch deutlichen Kresolgeschmack 
und -geruch aufwiesen, so daß auch sie ungenießbar sein dürften. 
Aber auch die nur 1 / 2 Stunde andauernde Einwirkung des Kresol- 
dunstes auf die Trauben ließ sich bei dem daraus gewonnenen 
Weine geschmacklich und geruchlich noch nachweisen. 


Freilandsversuch. 

Nachdem durch diese Versuche im kleinen bewiesen worden 
ist, daß unter den in den Versuchen gegebenen Verhältnissen die 
Trauben selbst bei sehr kurzer Versuchsdauer den Kresolgeruch 
und -geschmack annehmen können, wurde, nachdem die Erlaubnis 
dazu von Sr. Excellenz dem Herrn Minister erteilt worden war, 
ein größerer Freilandsversuch auf einer 100 qm großen Fläche einer 
mit Kartoffeln bestellten Wust im Versuchsweinberg der Königl. 
Lehranstalt ausgeführt. Die Lage des Versuchsfeldes ergibt sich 
aus der nachfolgenden Skizze (Fig. 39). 

Aus derselben ist zu erkennen, daß das Feld auf zwei Seiten, 
der nördlichen und östlichen, von Reben unmittelbar begrenzt war, 
wodurch der Kresolgeruch bei den hier vorwiegend wehenden West- 
und Südwestwinden ungehindert auf die Trauben einwirken konnte. 
Die Cberbrausung des Bodens mit Kresol erfolgte, nachdem vorher 
die Knollen geerntet worden waren, am 8. September d. Js. Es 
wurden hierzu 250 1 einer lOprozentigen Kresolseifenlösung ver- 


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IV. Die Versuchsstationen. 


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wendet, welche mit Gießkannen gleichmäßig über die Fläche ver¬ 
teilt wurde. Der Kresolgeruch war hierbei sehr stark und ver¬ 
ursachte, wenn man längere Zeit an der behandelten Stelle weilte, 
ein unangenehmes Kratzen im Halse. Er war auch auf größere 
Entfernung hin wahrzunehmen. Noch in einem Abstande von 50 m 
war der Geruch, trotzdem es an dem Tage beinahe windstill war, 
noch deutlich bemerkbar. Das Wetter war bei der Anstellung des 
Versuches trocken, und, weil am Tage vorher die Kartoffeln aus¬ 
gehackt worden waren, sickerte die aufgegossene Flüssigkeit sofort 
in den Boden ein. Einige Insekten, welche auf dem Boden umher¬ 
krochen, wurden durch die Begießung getötet. 1— l l / t Stunden 
nach [der Behandlung des Feldes fiel ein schwacher Begen. Der 



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"Weinberg 


Fig. 39. 


Kresolgeruch wurde später, nachdem die Luft bewegter geworden 
war, noch weiterhin erkennbar; selbst in einer Entfernung von 100 
bis 120 m wurden die im Muttergarten arbeitenden Leute auf ihn 
aufmerksam. 

Am 10. September wurden den Stöcken, die unmittelbar neben 
der überbrausten Fläche standen, einige Beeren entnommen und 
diese einer Kostprobe unterworfen. Obwohl der Kresolgeruch an 
diesen Stöcken naturgemäß sehr stark war, konnte er beim Kosten 
der Beeren geschmacklich nicht erkannt werden. 

12. September. Infolge stärkeren Südwestwindes ist der Kresol¬ 
geruch auf dem zwischen Muttergarten und Versuchsweinberg hin¬ 
ziehenden Wege nicht wahrnehmbar. Erst in 10 m Entfernung 
vom Versuchsfeld ist er deutlich zu merken. Bei der Kostprobe 
von Beeren, die in einer Höhe von 20—30 cm den unmittelbar an 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 215 


den »Herd« angrenzenden Stöcken entnommen wurden, schmeckten 
diese deutlich nach Kresol, welcher Geschmack namentlich dann 
deutlich empfunden wurde, wenn man die Beerenhaut längere Zeit 
im Munde behielt und mit der Zunge und den Zähnen zerdrückte. 
Bei Beeren, die von den hinteren Stöcken stammten, konnte ein 
Kresolgeschmack nicht festgestellt werden. 

Am 13. September ging ein stärkerer Begen nieder. Nach 
demselben — am folgenden Tage — machte sich der Kresolgeruch 
auf größere Entfernungen hin überhaupt nicht bemerkbar; nur auf 
dem begrenzten Felde wurde er ganz schwach wahrgenommen. Beim 
Kosten der Beeren wurde an diesem Tage Kresol nicht geschmeckt 

15. September. In der vergangenen Nacht hat es heftig ge¬ 
regnet. Der Kresolgeruch ist stärker wie gestern, aber doch nicht 
so stark, daß er auf eine größere Entfernung hin festgestellt werden 
kann. Ein Versuch der Trauben ergab, daß sie Kresol nicht in sich 
aufgenommen hatten. 

Am 16. September besuchte Professor Wortmann den Wein¬ 
berg und nahm eine Kostprobe der in der Nähe des Versuchsfeldes 
befindlichen Trauben vor. Er bemerkte an denselben einen deut¬ 
lichen Kresolgeschmack. 

20. September. Der Kresolgeruch ist noch vorhanden. Bei 
der Prüfung der Trauben wurden dieselben als schwach nach Kresol 
schmeckend befunden. 

28. September. In der Umgebung des Versuchsfeldes riecht 
es immer noch nach Kresol. Es herrscht Regenwetter. An den 
Beeren ließ sich Kresol geschmacklicli nicht nachweisen. 

Bei einer am 3. Oktober stattgehabten Besichtigung der behan¬ 
delten Stöcke, an der sich auch Herr Regierungs-Assessor Dr. Huber 
aus Koblenz beteiligte und gelegentlich welcher die Trauben auf 
Kresolgeschmack geprüft wurden, erwiesen diese sich als nicht nacli 
Kresol schmeckend. 

Kurz vor der Lese, die Ende Oktober stattfand, konnte mit 
Sicherheit in den in der Nähe des Versuchsfeldes gewachsenen 
Trauben Kresol durch den Geschmack nicht ermittelt werden. -Die 
Möglichkeit, daß der Geruch in den Beeren nur in Spuren vor¬ 
handen war, ist jedoch nicht ausgeschlossen. 

Beim allgemeinen Herbst (Ende Oktober) wurden auch die in 
der Nähe der behandelten Fläche gewachsenen Trauben geerntet. 
Man ging hierbei, um ein Urteil darüber zu bekommen, ob mit der 
Nähe der Stöcke nach der behandelten Fläche hin auch der in ihren 
Trauben vorhandene Kresolgeschmack ein stärkerer ist, so vor, daß 
man rings um den »Herd« herum bis 12 m Entfernung von dessen 
Rande ab Zonen abgrenzte und die in jeder Zone vorhandenen 
Trauben für sich erntete und kelterte. Solcher Zonen wurden drei 
gezogen: 

Die erste erstreckte sich vom Rande des »Herdes* 3 m weit 
in die anliegenden Zeilen hinein. Hieran grenzte die zweite Zone, 
welche weitere 3 m umschloß. Die dritte Zone begriff weitere 
6 in in sich. 


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IV. Die Versuchsstationen. 


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Die erste Probe der aus diesen Trauben gewonnenen Moste fand 
am 1. November statt Es wurde hierbei ermittelt, daß der aus 
der ersten Zone stammende Most sehr deutlich, die beiden anderen 
weniger stark nach Kresol schmeckten, wobei jedoch bemerkt werden 
muß, daß der Kresolgeschmack und -geruch von der aus dem noch 
gärenden Moste sich entwickelnden Kohlensäure stark verdeckt 
wurde; es konnte deshalb nicht entschieden werden, in welcher der 
drei Proben am meisten Kresol enthalten war. 

Um dies zu ermitteln, wurde am 15. November eine zweite 
Probe vorgenommen, an der sich auch Professor Wortmann be¬ 
teiligte. Die Weine entwickelten an diesem Tage nunmehr ganz 
geringe Mengen von Kohlensäure; sie waren noch trübe und ihr 
Geschmack wurde beeinträchtigt durch die noch in ihnen enthaltenen 
Gärungsbouquets. 

Bei der Probe erwies sich der Wein, der aus der dritten Zone 
stammte, frei von Kresolgeschmack. Dem aus der zweiten Zone 
herrührenden Weine haftete ein geringer aber deutlich merkbarer 
Kresolgeschmack an. Der Wein der ersten Zone schmeckte am 
stärksten und lange anhaltend nach Kresol. Kresolgeruch konnte 
bei keinem der drei Weine ermittelt werden. — Es wurde die Ver¬ 
mutung ausgesprochen, daß der Kresolgeschmack, wenn die Gärungs¬ 
bouquets aus den Weinen verschwunden sein werden, möglicher¬ 
weise noch deutlicher hervortreten und vielleicht auch in dem 
Weine der dritten Zone geschmacklich nachweisbar sein wird. Diese 
Annahme erwies sich als eine richtige. Bei einer nach dem ersten 
Abstich der Weine, am 29. März vorgenommenen Probe wurde 
erkannt, daß dieselben je nachdem sie näher oder entfernter von 
der mit Kresol behandelten Fläche gewachsen waren, schwächer 
oder stärker nach diesem schmeckten. 


Prüfung vorjährigen Rotweines auf Kresolgeschmack und -geruch. 

Während diese Versuche im Gange waren, waren die Herren 
Oberleiter, Gartenbaudirektor Ritter und Ew. H. Rübsaaraen, ent¬ 
sprechend dem ihnen von Sr. Excellenz dem Herrn Oberpräsidenten 
der Rheinprovinz erteilten Aufträge bemüht, Weinproben aus solchen 
Weinbergen zu erlangen, in deren Nähe im vergangenen Jahre 
Kresol zur Bekämpfung der Reblaus Verwendung gefunden hat 
Nur Herr Rübsaamen konnte einen solchen Wein beschaffen, 
welcher zur Untersuchung auf Kresolgeschmack unterm 1. September 
mit folgendem Schreiben von ihm der Station eingesandt wurde: 

»Auf Anordnung des Königl. Oberpräsidiums zu Koblenz über¬ 
sende ich heute zwei Flaschen Wein (Rotwein) zur Untersuchung. 
Der Wein stammt her aus der Umgebung des Herdes 491 zu 
Heimersheim a. d. Ahr, welcher im Jahre 1903 mit Kresolseifen- 
lösung behandelt wurde und zwar mit 5 kg 10 prozentiger Lösung 
pro 1 qm. Ich bemerke jedoch, daß dieser Wein mit Wein aus 
dem Jahre 1901 verschnitten ist. Unverschnittener Wein aus der 
Herdumgebung ist nicht zu haben und wird auch in Zukunft aus 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 217 

meinem Bezirke wohl nie in den Handel kommen. Ich halte daher 
die Untersuchung des übersandten Weines, der im Weinbau-Verein 
zu Heimersheim von mir gekauft wurde, für angebracht.« 

Die in Gegenwart von Prof. Wortmaun vorgenommene Prü¬ 
fung dieses Rotweines ergab weder einen Geschmack noch Geruch 
nach Kresol. Da sich vermuten ließ, daß der starke Rotweingeruch 
das Kresol verdeckte, wurde ein Teil dieses Weines destilliert; 
jedoch auch in dem Destillat konnte kein Kresolgeruch wahrge¬ 
nommen werden. 


Prüfungen von Trauben aus der Nähe von mit Kresol behandelten 

Reblausherden. 

Am 30. September wurden von Dr. Zang 1 ) in den Gemar¬ 
kungen Rheinbrohl und Hönningen einigen Weinbergen, welche an 
die dortigen, mit Kresol behandelten Reblausherde angrenzen, Trauben¬ 
proben entnommen und zur Untersuchung hierher gebracht Es 
waren durchweg Rotweintrauben, deren Moste auch als Rotwein 
behandelt wurden. Sie entstammten verschiedenen Entfernungen 
von der Grenze des Herdes an gerechnet. 

Proben aus Rheinbrohl: 

aus 6 m Entfernung: Trauben: 1 Kresolgeschmack fraglich, nicht mit 

Most:/ Sicherheit zu erkennen. 

Jungwein: ausgesprochener, langanhaltender 
Nachgeschmack nach Kresol; 
kein Geruch. 

aus 2 m Entfernung: Trauben: 1 Kresolgeschmack fraglich, nicht mit 

Most:J Sicherheit zu erkennen. 

Jungwein: starker Geruch und Geschmack 
nach Kresol; Wein dadurch un¬ 
brauchbar. 

Proben aus Hönningen: 

aus 36 m Entfernung: Trauben: J kein Kresolgescbmack. 

Jungwein: Kresolnachgeschmack, wenn der 
Säuregeschmack vorüber ist. 

aus 9 m Entfernung: Trauben: schwacher Kresolgeschmack. 

Most: deutlicher Kresolgeschmack. 

Jung wein: sehr stark hervortretender Kresol¬ 
geschmack, kein Geruch; Wein 
ungenießbar. 

aus 2 m Entfernung: Trauben: schwacher Kresolgeschmack. 

Most: deutlicher Kresolgeschmack. 

Jungwein: schmeckt und riecht ungemein 
stark nach Kresol. 

*) Herrn Dr. Zang, Assistent der Station, spreche ich für seine Mitarbeit 
bei dieser Untersuchung auch an dieser Stelle meinen besten Dank aus. 


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IV. Die Versuchsstationen. 


Weitere Prüfungen von Trauben und Mosten aus der Nähe von mit 
Kresol behandelten Reblausherden. 

Zur Lösung der schwebenden Frage wurden ferner die Herren 
Oberleiter, Landrat Nasse zu Kreuznach, Gartenbaudirektor Ritter 
zu Engers und Ew. H. Rübsaamen zu Remagen von Sr. Excel- 
lenz dem Herrn Oberpräsidenten zu Koblenz beauftragt, in der Nähe 
von mit Kresol behandelten Herden gewachsene Trauben der Station 
zur Untersuchung einzusenden. Die Prüfung dieser Trauben auf 
Kresolgeruch und -geschmack wurde sofort nach ihrer Ankunft vor¬ 
genommen. Danach wurden sie gekeltert und der aus ihnen ge¬ 
wonnene Most probiert und schließlich erfolgte noch eine dritte 
Untersuchung nach beendigter Gärung. 

Zuerst — am 27. September — traf eine Sendung von 5 
Traubenproben und 1 Mostprobe von Herrn Gartenbau¬ 
direktor Ritter ein, begleitet von nachstehendem Schreiben: 

»Im Aufträge des Herrn Oberpräsidenten sandte ich ihnen 
eine Mostprobe von einer an den Rheinbrohler Reblausherd (mit 
Kresolwasser behandelt) angrenzenden Parzelle sowie mehrere 
Traubenproben von derselben und zwei Nachbarparzellen in ver¬ 
schiedenen, auf den beiliegenden Zetteln angegebenen Entfernungen. 
Ich bitte ergebenst um Ihr gütiges Urteil über den eventuellen 
Kresolgeschmack der verschiedenen Proben.« 

Die Untersuchung, bei welcher die Prüfung der Jungweine 
am 1. November vorgenommen wurde, hatte folgendes Ergebnis: 

1. Weiße Trauben; aus einer Entfernung von 36 m von der 
Grenze des Herdes. 

Frische Beeren: 1 

Most: 5 kein Kresolgeschmack. 

Jungwein: j 

2. Weiße Trauben; aus einer Entfernung von 26 m von der 
Grenze des Herdes. 

Frische Beeren: 

Most: kein Kresolgeschmack. 

Jungwein: 

3. Weiße Trauben: aus einer Entfernung von 17 m von der 
Grenze des Herdes. 

Frische Beeren: schmeckten ganz schwach rauchig, was 
wohl durch Kresoldunst hervorgerufen sein mag. 

Most: riecht nicht, schmeckt aber ganz schwach nach Kresol. 

Jungwein: schmeckt deutlich und anhaltend nach Kresol. 

4. Rote Trauben; Entfernung von der Grenze des Herdes 8 m. 

Frische Beeren: lassen keinen fremdartigen Geschmack er¬ 
kennen. 

Most: schmeckt deutlich nach Kresol, während jeder Geruch 
danach fehlt. 

Jungwein: hat Spuren von Kresolgeschmack. 

5. Rote Trauben; Entfernung von der Grenze des Herdes 2 m. 

Frische Beeren: schmeckten stark nach Kresol. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzeopathologischen Versuchsstation. 219 


Most: weist einen starken und typischen Geruch und Ge¬ 
schmack nach Kresol auf. 

Jungwein: von Kresol nichts zu schmecken. 

6. Mostprobe, die bereits stark in Gärung ist; sie wurde am 
17. September in Rheinbrohl gekeltert 

Geruch und Geschmack dieses Mostes und des daraus ge¬ 
wonnenen Jungweines sind ganz unverhältnismäßig stark. 
Man ist daher versucht anzunehmen, daß zur Herstellung dieses 
Mostes einzig und allein die dem mit Kresol behandelten Reblaus¬ 
herde benachbartesten Trauben verwendet worden sind. Jedenfalls 
ist der Geruch und Geschmack der eingesandten Mostprobe bei 
weitem intensiver, als bei irgend einem von uns aus von den 
Trauben gewonnenen Moste. Auch aus dem Moste, der von Trauben 
aus 2 m Entfernung herrührte, ist der Kresolgeruch und -geschmack 
relativ gering im Vergleiche zu demjenigen der eingesandten 
Mostprobe. 

Die Prüfung der genannten Traubenproben und Moste wurde 
an demselben Tage in Gegenwart des Herrn Regierungsassessors 
Dr. Huber aus Koblenz wiederholt und in ihrem Ergebnis im 
wesentlichen bestätigt. 

Diese Untersuchungen haben somit ergeben, daß Weintrauben, 
die aus unmittelbarer Nachbarschaft eines mit Kresol behandelten 
Reblausherdes stammen, den Kresolgeruch -in sich aufzunehmen ver¬ 
mögen. Über eine Entfernung von 17 m hinaus, von der Grenze 
des Herdes an gerechnet, ist der Kresolgeruch ohne nachweisbare 
Wirkung auf die Weintrauben. Auffallend ist jedoch bei dieser 
Untersuchung das Verhalten der Probe 5. Bei der Prüfung der¬ 
selben zeigten sowohl die Beeren, als auch der Most einen deut¬ 
lichen Kresolgeschmack, welcher beim Kosten des Jungweines nicht 
mehr empfunden werden konnte, eine Erscheinung, für die jede Er¬ 
klärung fehlt. 

Traubensendung von Herrn Landrat Nasse zu Kreuznach. 

Tag der Absendung: 30. September. 

Wortlaut des Begleitschreibens: »Es wurden heute im Auf¬ 
träge des Herrn Obeipräsidenten der Rheinprovinz 5 Kistchen 
Trauben aus dem Reblausherd No. 39 N zu Laubenheim nach dort 
gesandt Ich ersuche ergebenst, die Trauben imd den von ihnen 
gewonnenen Wein auf Kresolgeruch und -geschmack gefälligst unter¬ 
suchen und das Ergebnis mir mitteilen lassen zu wollen.« 

Unterm 2. Oktober wurde diesem Schreiben noch zugefügt: 
»Im Anschluß an mein Schreiben vom 30. v. Mts. teile ich er¬ 
gebenst mit, daß die übersandten Kistchen Trauben aus verschiedenen 
Entfernungen von den mit Kresol behandelten Stellen enthalten- 
Es würde daher eine getrennte Untersuchung der Trauben vor¬ 
zunehmen und das Untersuchungsergebnis für jeden Kisteninhalt 
besonders festzustellen sein.« Die Prüfung des Jungweines erfolgte 
am 1. November. Sie hatte folgendes Ergebnis: 


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IV. Die Versuchsstationen. 


No. 1 Trauben: 1 . • ^ , , , 

Most- /kein Kresolgeschmack. 

Jungwein: riecht und schmeckt ziemlich stark nach 
KresoJ. 

No. 2—5 Trauben: 

Most: kein Kresolgeschmack. 

Jungwein: 

Traubensendung von Herrn Oberleiter Ew. H. Rübsaamen zu Remagen. 
Tag der Absendung: 3. Oktober. 

"Wortlaut des Begleitschreibens: »Im Aufträge des Königl. 
Oberpräsidiums zu Koblenz übersende ich heute 7 Kästchen mit 
Weintrauben, zur Untersuchung auf Kresolgeschmack. Jn jedem 
Kästchen liegt ein Zettel, auf welchem die Kontrollnummer verzeichnet 
ist Dem Königl. Oberpräsidium zu Koblenz habe ich dieselben 
Nummern und die betreffenden Entfernungen angegeben und ich 
bitte, der genannten Behörde die Untersuchungsresultate mitzuteilen.« 
Die Trauben stammten aus Heimersheim. Probe 1, 2, 4—6 waren 
gemischte Trauben, Probe 3 enthielt nur rote, Probe 7 nur weiße 
Trauben. Probe 3 wurde als Rotwein behandelt, d. h. der Most auf 
den Beerenhülsen stehen gelassen. 

Die Probe hatte folgendes Ergebnis: 

No. 1 Trauben: 1 

Most: kein Kresolgeschmack. 

Jungwein: 

No. 2 Trauben: schmeckten schwach nach Kresol. 

Most: Kresolgeschmack nicht deutlich zu erkennen, 
vielleicht in Spuren vorhanden. 

Jungwein: hat deutlichen Kresolgeruch und -ge- 
schmack. 

No. 3 u. 4 Trauben: 

Most: kein Kresolgeschmack. 

Jungwein: 

No. 5 Trauben: 1 , . p , , , 

Most - | kein Kresolgeschmack. 

Jungwein: Kiesolgeschmack ist mit Sicherheit 
nicht zu erkennen; vielleicht in 
Spuren vorhanden. 

No. 6 u. 7 Trauben: 

Most: kein Kresolgeschmack. 

J u ngw ein: 

Die Mostsendung des Herrn Landrates Nasse 

vom 6. Oktober konnte leider nicht untersucht werden, weil sie an 
unsere önochemische Station adressiert war und von dieser ander¬ 
weitig verarbeitet wurde. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 221 


Mostsendung von Herrn Gartenbaudirektor Ritter zu Engers. 

Tag der Absendung: 12. Oktober. 

Beim Kosten des Mostes wurde Kresol geschmeckt. Eine 
Prüfung des Jungweines konnte nicht vorgenommen werden, weil 
auf dem Moste, von dem nur eine geringe Menge vorhanden war, 
sich eine starke Kahmhaut bildete, wodurch sein Geschmack sehr 
ungünstig beeinflußt wurde. 


Mostsendung, von Herrn Landrat Nasse zu Kreuznach. 


Tag der Absendung: 15. Oktober. 

Wortlaut des Begleitschreibens: »Es wurden heute 2 Flaschen 
Most nach dort abgesandt Ich ersuche ergebenst um Untersuchung 
auf Kresolgeruch und -geschmack und um Mitteilung des Ergeb¬ 
nisses. Der Most ist von Trauben gewonnen, die auf verschiedenen 
Stellen in der Nähe der mit Kresol behandelten Fläche gehangen 
haben. Ich ersuche daher, jede Flasche für sich zu untersuchen.« 

Ergebnis der Untersuchung: 

No. 1 Most: Kresolgeruch mit Sicherheit nicht erkennbar. 

Jungwein: Kresol schmeckt nach, Geruch nicht vor¬ 
handen. 


■:} 


kein Kresolgeschmack und -geruch. 


No. 2 Most: 

Jungwein: 

Endlich ging noch unterm 8. November nachstehendes Schreiben 
Sr. Excellenz des Herrn Oberpräsidenten der Rheinprovinz ein: 

»Der Gastwirt Georg Leonhard zu Laubeuheim hat bei mir 
Entschädigung beantragt, weil der Most, den er aus den Trauben 
des Laubenheimer Reblausherdes gekeltert habe, wahrscheinlich in¬ 
folge der angewendeten Desinfektionsmittel einen den Verkauf 
hindernden Geruch und Geschmack zeige. Ich habe den Oberleiter 
der staatlichen Bekämpfungsarbeiten, Landrat Nasse in Kreuznach, 
angewiesen, Proben des Mostes zu entnehmen und der Königl. 
Lehranstalt dort zwecks Untersuchung auf Kresolgeschmack ein¬ 
zusenden.« 

Die Proben kamen hier am 11. November an und wurden am 
15. in Gegenwart von Herrn Professor Wortmann geprüft. Die 
Moste waren bereits still geworden, zeigten noch starke Trübung 
und ihre Farbe war im Vergleiche zu derjenigen gleichalter hiesiger 
Jungweine eine sehr viel dunkeiere. Beim Kosten wurden die 
Weine als nicht reintönig befunden: es haftete ihnen ein eigentüm¬ 
licher, unangenehmer Geschmack an, der das eventuell in ihnen 
vorhandene Kresol verdecken könnte. Ein Urteil darüber abzugeben, 
ob in ihnen Kresol enthalten ist ist deshalb sehr schwierig. Mit 
Sicherheit konnte dieses in keiner der zwei Proben ermittelt werden; 
die Probe 1 zeigte keinen Kresolgeschmack, der Geschmack der 
Probe 2 war ein so unreiner, daß mit Bestimmtheit nicht angegeben 
werden kann, ob sie Kresol enthält. 


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IV. Die Versuchsstationen. 


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Zusammenfassung der Ergebnisse der Untersuchung. 

Unsere Versuche zeigen, worauf in dieser Mitteilung schon 
wiederholt hingewiesen worden ist, daß die Weintrauben tatsächlich, 
selbst auf größere Entfernungen hin, den Kresolgeruch in sich auf- 
z unehmen und festzuhalten vermögen, so daß sich der Geruch und 
Geschmack des Kresols später in den aus solchen Trauben gewonnenen 
Mosten und Weinen wiederfindet. Hierbei zeigt das Kxesol unserem 
Gerüche und Geschmacke gegenüber ein sehr auffälliges Verhalten. 
Abgesehen davon, daß es meist nur für unsere Zunge, sehr viel 
weniger für unsere Nase wahrnehmbar ist, ist es in den Beeren 
und den Mosten sehr viel schwerer zu erkennet), wie in den Jung¬ 
weinen; sein Geschmack tritt gewöhnlich erst dann auffällig hervor, 
wenn der Most zu Wein geworden ist. Eine Erklärung für diese 
Erscheinung zu geben ist zur Zeit noch nicht möglich; wahrschein¬ 
lich ist jedoch, daß das Kresol in den Beeren und Mosten durch 
andere Geschmackstoffe — Zucker und Kohlensäure — verdeckt 
wird; auch beim Kosten der Weine äußert es sich vielfach erst im 
Nachgeschmack. 

Bei der Benutzung des Kresol zur Bekämpfung der Reblaus 
ist somit große Vorsicht geboten. Um eine Benachteiligung der 
Kreszenz der benachbarten Weinberge zu verhüten, kann dasselbe 
in Zukunft nur nach der Traubenlese Verwendung finden. 

2. Beobachtungen Ober die sogenannte Mombacher Aprikosen¬ 
krankheit. 

Anfangs der neunziger Jahre machte eine Krankheit der 
Aprikosenbäume viel von sich reden, die, weil sie sich ausschlie߬ 
lich in der Gemarkung Mombach bei Mainz zeigte, kurz als >Mom¬ 
bacher Aprikosenkrankheit« bezeichnet wurde. Wenn man dieselbe 
heute weniger nennen hört, so ist dies darauf zurückzuführen, daß 
sich die dortigen Aprikosenzüchter mittlerweile an den Schaden ge¬ 
wöhnt und, w r eil ein Mittel für die Bekämpfung des Übels noch 
nicht gefunden worden ist, sich in das Unvermeidliche gefügt haben. 

Die Krankheit tritt dadurch in die Erscheinung, daß die Blätter 
der Aprikosenbäume von der Spitze oder vom Rande her vertrocknen 
und früher oder später abfallen, weshalb man ihr in der Mom¬ 
bacher Gegend auch den Namen »Blattfallkrankheit« beigelegt hat. 
Es kann jedoch auch Vorkommen, daß der zuweilen nur sehr 
schmale, häufiger aber centimeterbreite. vertrocknete Blattrand allein 
ausgestoßen wird, und der Rest dos Blattes am Baume verbleibt. 
Durch diesen teilweisen oder vollständigen Battverlust leidet der 
Baum natürlich stark Not, so daß er in kurzer Zeit vollständig zu 
Grunde geht. Die Krankheit soll sich in einem Jahre stärker, im 
anderen schwächer bemerkbar machen. 

Wie mir die dortigen Obstzüchter sagten, kann die frühere 
Annahme, daß verschiedene Sorten auch verschieden stark unter 
der Krankheit leiden, heute nicht mehr aufrecht erhalten werden, 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 223 


denn auch die damals scheinbar widerstandsfähige Wagner-Aprikose 
soll jetzt gleichfalls von dem Übel heimgesucht werden. Auch 
kann das Absterben der Blätter nicht auf einen Stickstoffmangel 
im Boden zurückgeführt werden, weil auch die Anlagen solcher 
Züchter, welche ihre Bäume mehrere Jahre hintereinander mit Stall¬ 
mist, Poudrette und Kunstdünger gedüngt haben, infolge von Blatt¬ 
randdürre eingehen. So haben sich die Hoffnungen, daß man dem 
Übel durch Anpflanzen widerstandsfähiger Sorten oder wiederholte 
Stickstoffdüngung begegnen könnte, als trügerisch erwiesen. 

Mit dem Studium ähnlicher Erscheinungen an anderen Kultur¬ 
pflanzen beschäftigt, mußte ich meine Aufmerksamkeit auch der 
Mombacher Aprikosenkrankheit zuwenden. Um einen Einblick in 
das Wesen derselben zu erlangen, nahm ich am 9. Juni dieses 
Jahres eine Besichtigung der dortigen Pflanzungen vor, wobei ich 
die Gemarkungen Mombach und Budenheim, welch letztere westlich 
an erstere angrenzt, in den verschiedensten Richtungen beging. 
Die Beobachtungen, die ich hierbei machte, haben mir die Über¬ 
zeugung aufgedrängt, daß die Ursache der Blattranddürre der Mom¬ 
bacher Aprikosenbäume in ganz anderen Ursachen zu suchen ist, 
wie sie seither angenommen wurden. 

Zunächst ist auffällig, und damit stimmen auch die anderen 
Beobachter überein, daß die Krankheit allein in der Mombacher, 
so gut wie garnicht dagegen in der benachbarten Budenheimer Ge¬ 
markung auftritt. Dieser Erscheinung wegen hat man früher die 
Krankheit auf ungünstige Nährstoffverhältnisse im Boden zurück¬ 
geführt. Daß jedoch hierin die Ursache des Schadens nicht zu er¬ 
blicken ist, wurde oben bereits erwähnt Das lokale Auftreten der 
Blattranddürre findet jedoch eine plausible Erklärung, wenn wir 
uns den Charakter der dortigen Landschaft etwas genauer be¬ 
trachten. 

Bei Mainz, an der Mündung des Maines, stoßen die Tiefebenen 
des Rheines und des Maines von Xordosten und Süden her zu¬ 
sammen und laufen, sich immer mehr verschmälernd, am Rhein¬ 
knie bei Bingen, am sogenannten Bingerloch, aus. Die dortige 
Gegend ist deshalb nach Nordosten, Osten, Südosten und Süden 
hin weit offen und von dort her können die meist trockenen Winde 
ungeschwächt in unser Gebiet einfallen. Nun sind aber die Baum¬ 
anlagen einerseits der Mombachei, andrerseits der Budenheimer 
Gemarkung wesentlich verschieden orientiert. Während sich die¬ 
jenigen der erstgenannten Gemeinde teils über einen nach Süden 
und Südosten hin flach geneigten Abhang, teils in der Richtung 
des Rheines im ganzen nach Westen erstrecken, liegen die Buden¬ 
heimer Baumstücke zum größten Teil auf einem nach Nordwesten 
abfallenden Gelände. Beide Gemarkungen sind dabei durch einen 
bewaldeten, von Westsüdwest nach Ostnordost gerichteten Höhenzug 
der erst unmittelbar südwestlich des Dorfes Mombach endigt, ge¬ 
trennt. Auf die Mombacher Pflanzungen können somit die aus 
Nordosten, Osten, Südosten und Süden wehenden Winde unge¬ 
schwächt einwirken, während die Budenheimer Bäume im Wind- 


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224 


IV. Die Versuchsstationen. 


schatten des genannten Höhenzuges liegen, also von den hier in 
Frage kommenden Winden viel weniger stark getroffen werden. 

Wenn man die dortigen Obstpflanzungen von diesem Gesichts¬ 
punkte aus betrachtet, so kann man nicht anders, man muß meines 
Erachtens unbedingt den Wind für die Entstehung der Blattrand¬ 
dürre verantwortlich machen, zumal auch andere, sich höher über 
den Erdboden erhebende Kulturpflanzen genau dieselben Blattbe¬ 
schädigungen auf weisen. Es seien vorläufig nur genannt: an Spalieren 
gezogene Weinreben, Pflaumen und Walnüsse. 

Unsere Annahme, daß der Wind die Ursache der Mombacher 
Aprikosenkrankheit ist, wird nach meinem Dafürhalten aber voll¬ 
ständig bewiesen, wenn wir die Größe des von ihm hervorgerufenen 
Schadens an den verschiedenen Seiten der Krone der Bäume fest¬ 
stellen. Sehr geeignet für diese Untersuchungen sind die Bäume, 
welche nördlich und südlich der Straße Mombach-Budenheim stehen. 
Bei diesen fand ich bei meiner Wanderung durch die dortige 
Gegend die Nordost-, Ost- und Südostseite so von der Blattdürre 
heimgesucht, daß sie vollständig dürre war. Es war hier kein ge¬ 
sundes Blatt zu finden, und als ich mit meinem Stock gegen die 
Äste schlug, raschelten die trockenen Blätter zu Boden, der bereite 
mit von selbst abgefallenen bedeckt war — am 9. Juni! Ganz 
anders sah die Südwest-, West- und Nordwestseite dieser Bäume 
aus. Hier waren die Blätter meist noch unversehrt, ■ nur hier und 
da, namentlich an hervorragenden und seitlich überstehenden Ästen 
konnte Windbeschädigung (Blattranddürre') festgestellt werden. Genau 
dieselben Verhältnisse zeigte ein dort vor einem dichteren Gehölz 
stehender hoher Walnußbaum, welcher den Einfluß des Windes 
auf sein Laub noch dadurch erkennen ließ, daß die Fiedern seiner 
Blätter eine fixe, zurückgebogene »Windlage« angenommen hatten, 
wobei sich ihre Unterseiten beinahe berührten und wodurch sie 
den anhaltenden Winden, um nicht randdürr zu werden, auszu¬ 
weichen versuchten. Bei einem auf der Westseite dieses Gehölzes 
stehenden Nußbaum konnten kranke Blätter nicht beobachtet werden. 
Auch ein Blick auf die anderen dort stehenden Bäume sagt uns, 
daß es namentlich östliche Winde sind, die die Aprikosenkrankheit 
hervorrufen. Die höchstwahrscheinlich unter dem Einfluß dieser 
Winde »gipfeldürr« gewordenen Pappeln der Rheinauen haben ihre 
Äste und Zweige ebenso in die Windrichtung gestellt, wie die mehr 
vereinzelt stehenden Obstbäume auf der rechten Rheinseite ihre 
Stämme. Endlich sind die häufigen östlichen Winde, das Sandtreiben 
und das damit zusammenhängende Verwehen des Bodens den Mom¬ 
bacher Landleuten bekannte Erscheinungen. 

8 Wenden wir zum Schlüsse den Blick von den Kulturpflanzen 
ab den wildwachsenden Gewächsen zu. Der Mombacher Sand ist 
ein echtes Steppengebiet, ein Gebiet, in dem sich nur solche Pflanzen 
halten können, die den austrocknenden Winden zu widerstehen ver¬ 
mögen. Es ist in diesem Sande eine Vegetation vorhanden, die sich 
dort seit Urzeiten erhalten hat, und zwar nur deshalb, weil sie mit 
Einrichtungen versehen ist, die sie vor dem Äustrocknen schützt. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 225 

Es ist hier nicht der Ort, näher auf diese interessanten Verhältnisse 
einzugehen, nur soviel sei gesagt, daß nach Reichenau (Flora von 
Mainz und Umgegend) 75°/ 0 der Pflanzen der Mombacher Gegend 
echte Steppenpflanzen sind. Wir finden hier Pflanzen vor, denen 
wir erst wieder in Mähren, in Österreich, in Ungarn, in Rußland 
und Südeuropa begegnen. Man sollte sich also eher darüber wundem, 
daß in diesem Gebiete Obstbau überhaupt noch möglich ist, als 
darüber, daß die Bäume dort so häufig eingehen. Wenn aber die 
Aprikosen ganz besonders stark unter diesen ungünstigen klimatischen 
Verhältnissen leiden, so besagt dies nur, daß sie gegen dieselben am 
wenigsten widerstandsfähig sind. 

3. Beobachtungen über das rheinische Kirschbauinsterben. 

Im Gegensatz zu den meisten früheren Forschem, welche sich 
mit dem rheinischen Kirschbaumsterben beschäftigt haben, erblickt 
Aderhold (Das Kirschbaumsterben am Rhein, seine Ursache und 
seine Behandlung. Arb. a. d. biol. Abt. am Kaiserl. Gesundheits- 
amte III., S. 310) die Ursache dieser Krankheit in ungünstigen 
Witterungsverhältnissen und einem Pilze — Cytospora rubescens —. 
Ich kann ihm in dieser Auffassung nur zum Teil zustimmen, denn 
es ist mir noch fraglich, ob dem Pilze wirklich die Bedeutung zu¬ 
kommt, die ihm Aderhold beimißt. Gelegentlich zweier Besichti¬ 
gungen der Camper und Salziger Kirschenpflanzungen, welche ich 
mit Herrn Geheimrat Aderhold zusammen im Frühjahr und Herbst 
dieses Jahres vornahm, konnten wir einige Beobachtungen machen, 
die mir den Parasitismus der Cytospora zw-eifelhaft erscheinen lassen. 
So wurde von uns besonders in einem Teil der Camper Pflanzung 
festgestellt, daß sich hier das Sterben bei weitem nicht mehr in der 
Stärke zeigt, wie in früheren Jahren. Die Bäume haben sich mittler¬ 
weile wieder erholt und zeigen keine kranken Äste mehr. Es ist 
dies eine Erscheinung, die sich mit der Aderholdschen Ansicht 
über die Ursache des Sterbens nur schwer in Einklang bringen läßt 
und die meiner Ansicht nach eher dafür spricht, daß dem Eingehen 
der Äste oder ganzer Bäume nur ungünstige Witterungs Verhältnisse 
zu Grunde liegen. Denn die Bedingungen für die Ausbreitung des 
Pilzes haben sich an diesen Örtlichkeiten seitdem nicht verändert. 
Heute findet die Cytospora auf den dort überall umherliegenden ab¬ 
gestorbenen Baumteilen genau so wie früher einen ihr sehr zu¬ 
sagenden Nährboden und die an den in der dortigen Gegend im 
allgemeinen sehr schlecht gepflegten Bäumen vorhandenen Wunden 
bieten ihr nach wie vor reichlich Gelegenheit, in diese einzudringen. 
Dazu kommt noch, daß auf benachbarten Grundstücken die Krank¬ 
heit andauernd weitere Opfer fordert. Aber trotz dieser der Ver¬ 
mehrung und Ausbreitung des Pilzes so sehr günstigen Verhältnisse 
geht das Sterben zurück, was dafür spricht, daß er das Vertrocknen 
der Aste nicht verursacht. 

Es deutet hierauf hin auch eine Reihe meiner Schätzung nach 
ungefähr 4—5 Jahre alter Kirschbäumchen der Camper Gemarkung, 

Geisonheimor Bericht 


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IV. Die Versuchsstationen. 


welche samt und sonders in vollständig dürrem Zustande in einem 
stark besonnten Weinberg angetroffen wurden. Trotz sehr sorg¬ 
fältigen Nachsuchens konnte an einigen derselben keine Spur der 
Cytospora gefunden werden. Man kann also ihr Eingehen nicht mit 
dem Pilze in Zusammenhang bringen. Im Gegenteil, es besagen die 
Bäumchen, daß sich die Cytospora erst nach dem Tode der Stämm- 
chen auf diesen angesiedelt hat Hier muß auch eines in diesem 
Jahre zweimal von den Raupen des kleinen Frostnachtspanners voll¬ 
ständig entblätterten Baumes gedacht werden, über welchen sich die 
Cytospora erst verbreitete, nachdem er durch Sonnenbrand getötet 
worden war. Bei unserer Besichtigung im Juni trug derselbe be¬ 
reits einige dürre Äste, von denen aber bei der Untersuchung sich 
nur ein einziger als von der Cytospora befallen erwies. Im 
September dagegen konnte an allen Teilen des mittlerweile ab¬ 
gestorbenen Baumes der Pilz aufgefunden werden. Da ferner auch 
in der Gemarkung Salzig des öfteren an abgetrockneten Asten ver¬ 
geblich nach dem Pilze gesucht wurde und es meines Wissens seit¬ 
her noch nicht gelungen ist unter natürlichen Verhältnissen wachsende 
Bäume ganz oder teilweise durch Impfen mit Cytospora-Sporen zum 
Absterben zu bringen, scheint dieselbe, wie gesagt, nicht im stände 
zu sein, das Leben des Baumes zu benachteiligen. Nicht unwahr¬ 
scheinlich ist es meines Erachtens dagegen, daß dem Absterben der 
Bäume ungünstige Witterungs Verhältnisse zu Grunde liegen. 

Auf solche hat Aderhold bereits früher hingewiesen. Er hat 
festgestellt, daß in der zweiten Hälfte der 1890 er Jahre die Winter 
am Rhein meist abnorm trocken waren. Die Versorgung des Bodens 
mit Feuchtigkeit war also nur eine sehr geringe. Dabei ist die 
Lage der rheinischen Kirschenpflanzungen, welche mit den Reben 
zusammen bis zur Grenze des Waldes reichen, eine sehr heiße, und 
Bäume und Boden sind ungemein starker Besonnung ausgesetzt 
Dazu kommt das an und für sich sehr trockene Erdreich und höchst¬ 
wahrscheinlich auch eine infolge wiederholten Raupenfraßes mangel¬ 
hafte Entwicklung des Wurzelwerkes. Nicht zu vergessen ist au«h, 
worauf Herr Geheimrat Aderhold gleichfalls hingewiesen hat, daß 
die Wildlinge, auf die die rheinischen Kirschen veredelt werden, ein 
viel schwächeres Wachstum zeigen, wie diese, daß ihre Wurzeln 
also bei längere Zeit anhaltender, sehr lebhafter Transpiration die 
Krone nicht genügend mit Wasser versorgen können. 

Unter allen diesen ungünstigen Verhältnissen leiden natürlich 
am meisten solche Bäume, deren Wurzeln noch nicht tiefer in den 
Boden hineinreichen, sondern das Wasser den oberen Bodenschichten 
entnehmen: die jungen Bäumchen. Diese sehen wir denn auch im 
Gebiete des rheinischen Kirschbaumsterbens in größerer Menge zu 
Grunde gehen. Durch den geringen Tiefgang ihrer Wurzeln sind 
sie unter abnorm gesteigerten Transpirationsverhältnissen nicht im 
stände, den andauernden Wasserverlust zu decken, wodurch die 
Krone, oder einzelne weniger günstig gestellte Teile derselben ver¬ 
trocknen müssen. Die älteren Bäume sind durch ihr tiefer in die 
Erde reichendes Wurzelsystem einem solchen Vertrocknen weniger 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 227 

ausgesetzt. Bei ihnen sterben deshalb meist nur ein oder einzelne 
Äste ab, die gegen die anderen infolge der verschiedenen auf sie 
selbst und die Wurzeln ein wirkenden ungünstigen Einflüsse am 
stärksten benachteiligt sind. Unter besonders ungünstigen Verhält¬ 
nissen in der Luft und im Boden müssen hierbei unter Umständen 
mehrere Äste den Tod erleiden, zuweilen sogar der ganze Baum zu 
Grunde gehen. Wird jedoch durch das Eingehen eines oder mehrere 
Äste die Transpiration wieder in normale Bahnen gelenkt, so tritt 
ein Stillstand des »Sterbens« ein, wie wir einen solchen tatsächlich 
im »Kirchgarten« der Camper Gemarkung beobachtet haben. Die 
Bäume schützen sich somit selbst durch Aufopfern eines oder 
mehrerer Äste gegen einen allzustarken Wasserverlust. 

Daß derartige Verhältnisse wahrscheinlich dem rheinischen 
Kirschbaumsterben zu Grunde liegen, ergibt sich ferner daraus, daß 
in diesem so abnorm warmen Sommer junge Bäumchen in großer 
Zahl eingegangen sind. Wie mir Herr Baumschulenbesitzer Lenert- 
Camp mitteilte, sind fast alle in diesem Jahre gepflanzten Bäumchen 
abgestorben. Äuch spricht ein Vergleich der Krankheit an verschie¬ 
denen Baumarten sehr für diese Auffassung. Es sind nämlich nicht 
allein Kirschen, welche das »typische« Sterben zeigen, sondern die 
Krankheit tritt auch an Aprikosen auf. Während dieses Sommers 
hatte ich wiederholt Gelegenheit, das Eingehen von Ästen dieser 
Baumart sowohl hier, als auch an eingesandtem Material zu unter¬ 
suchen. aber nur in einem einzigen Falle konnte ich auf einem mir 
aus Halle a/S. zugegangenen Aste eine Cytospora auffinden. 

An den Waldbäumen sind Vertrocknungserscheinungen, wie 
sich solche an den rheinischen Kirschbäumen zeigen, schon längere 
Zeit bekannt. Der Forstmann bezeichnet sie als »Gipfeldürre« oder 
»Zopftrocknis«. Hartig (Lehrbuch der Pflanzenkrankheiten S. 258 
bis 260) erblickt in »einer bedeutenden Verminderung des bisherigen 
Wasser- oder Nährstoffgehaltes des Bodens, durch welche der unter 
günstigen Verhältnissen entstandene Pflanzen wuchs nicht mehr ge¬ 
nügend ernährt werden kann,« die Ursache dieser Krankheit. 

»In Rotbuchenbeständen tritt diese Krankheit besonders dann 
und zwar schon im Stangenholzalter auf, wenn die Bestände der 
Streunutzung unterworfen sind. Die Bodenverschlechterung äußert 
sich zunächst in einer allgemeinen Wuchsverminderung, oft aber 
auch im Vertrocknen der oberen Baumkrone, während die unteren 
Teile der Krone sich grün erhalten.« 

»In Ellernbeständen hat eine übertriebene Entwässerung Zopf¬ 
trocknis zur Folge. Eichen, die im vollen Bestandesschlusse eines 
Rotbuchenbestandes erwachsen sind und infolgedessen nur eine 
schwache Krone besitzen, entwickeln nach dem Abtriebe des Buchen¬ 
bestandes in der Freistellung reichliche Wasserreiser am Schafte. 
Diese und die Baumkrone gedeihen einige Jahre vortrefflich, dann 
aber stirbt, zumal auf leichteren, schnell austrocknenden und ver¬ 
wilderten Böden, ein Teil der obersten Äste der Baumkrone ab, die 
Eiche wird gipfeldürr. Erhält der Boden durch das Heraufwachsen 
des jungen Bestandes rechtzeitigen Schutz, dann tritt entweder gar 

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IV. Die Versuchsstationen. 


keine Gipfeldürre ein oder diese schreitet nach den ersten Anfängen 
nicht weiter vor. Durch Abwerfen der trockenen Äste kann die 
Gipfeldürre sich wieder ganz verlieren.« 

Um festzustellen, ob die Cytospora parasitäre Eigenschaften 
besitzt, dürfte die Anstellung folgenden Versuches, der von uns für 
nächstes Frühjahr vorgesehen ist, empfehlenswert sein. 

In einer Reihe gleichalter Kirschbäumchen wird jeder Baum 
mit Cytosporasporen oder -mycel geimpft. Die Bäume sind danach 
längere Zeit zu beobachten. Sterben dieselben durch das Impfen 
nicht ab, so wird jeder zweite Baum bis ins Holz geringelt, wodurch 
die über der Ringelstelle befindlichen Baum teile zum Vertrocknen 
gebracht werden sollen. (Als Kontrolle hierzu dienen einige nicht 
geimpfte aber geringelte Bäume.) Findet erst hiernach eine all¬ 
gemeine Verbreitung des Pilzes über den Baum statt und bleiben 
die nicht geringelten Bäume gesund, so dürfte durch diesen Versuch 
bewiesen sein, daß die Cytospora nicht als die Ursache des Kirsch¬ 
hau msterbens zu betrachten ist. 

4. Über eine Ursache der >Blattdttrrc« der Reben. 

Das Auftreten von dürren Flecken an den Blättern der Reben 
ist eine Erscheinung, die man sowohl an Spalierstöcken, als auch 
an Weinbergsreben häufig beobachten kann. Das Blattgewebe stirbt 
hierbei meist vom Rande her oder zwischen den Rippen ab, färbt 
sich braun und vertrocknet Die Blätter sehen hierbei aus, als ob 
sie von der Sonne verbrannt worden wären, weshalb die Krankheit 
auch vielfach als Sang, Senger, Sonnenbrand, Rauschbrand und 
Brenner bezeichnet wird. Daß die Blattdürre jedoch nicht immer 
auf Sonnenbrand zurückzuführen ist, darauf hat erst vor kurzem 
Müller-Thurgau in seiner Arbeit über den roten Brenner des 
Weinstockes (Centralblatt für Bakteriologie, Parasitenkunde und In¬ 
fektionskrankheiten X., 1903, Heft 1—4) hingewiesen, in welcher er 
sechs verschiedene Ursachen für derartige Absterbungserscheinungen 
an den Rebblättern anführt. Die Blattdürre, welche hier erwähnt 
werden soll, fällt unter die vierte der von Müller-Thurgau auf¬ 
gestellten Gruppen: »Blattdürre, verursacht durch ungenügende 
W asser- und Nährstoffzufuhr.« Die Station wurde auf dieselbe auf¬ 
merksam gemacht durch den Ortsvorstand der Gemeinde Wehlen an 
der Mosel, Herrn Weingutsbesitzer Zach. Berg weile r, welcher ihr 
mitteilte, daß in einem von ihm neu angelegten Weinberge von 3 ha 
Größe sich seit mehreren Jahren, und zwar seit dem zweiten Jahre 
der Pflanzung, die Blätter der Reben — Riesling — an einzelnen 
Stellen, namentlich am Rande und zwischen den Rippen rot färbten 
und alsdann an diesen Partien abstarben und vertrockneten. Von 
hier aus griff das Dürrwerden immer weiter um sich, bis endlich 
die ganze Spreite vertrocknet war und die Blätter abfielen. Die 
Reben standen in Schieferboden und waren zweimal, einmal vor 
und einmal nach der Blüte, gespritzt. Herr Bergweiler bezeichnet 
die Krankheit als Laub- oder Rauschbrand oder als roten Brenner. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 229 

Die Neuanlage befindet sich an einer Stelle, die früher mit 
Eichenschälwald bestockt war. Da sich in solchen Anlagen häufig 
der Dickmaulrüsselkäfer (Otiorhynchus sulcatus) einstellt, glaubte ich 
zunächst, daß das Eingehen der Stöcke auf den Fraß der Larven 
dieses Schädlings zurückzuführen sei, weshalb ich Herrn Bergweiler 
ersuchte, die Wurzeln der kranken Reben auf das Vorhandensein 
der Otiorhynchus-Larven hin zu untersuchen. Herr Bergweiler 
führte diese Arbeit auch aus und teilte mir mit, daß Larven an den 
Rebwurzeln nicht vorhanden wären. Darauf hin reiste ich nach 
Wehlen, um an Ort und Stelle die Reben zu untersuchen. Der 
Schaden, den ich dort antraf, überstieg bei weitem meine Erwartung. 
An den Blättern fast aller Stöcke zeigten sich die genannten Ab- 
sterbungserscheinungen, und die Krankheit war sozusagen gleich¬ 
mäßig über den ganzen Weinberg verbreitet. Die benachbarten 
Weinberge zeigten die Erscheinung weniger; in diesen waren nur 
solche Reben krank, die auf einem Boden standen, der demjenigen 
der Bergweilerschen Anlage ähnlich war. Schon hieraus war zu 
erkennen, daß eine Infektionskrankheit nicht vorlag, welche An¬ 
nahme durch eine eingehende Untersuchung der ober- und unter¬ 
irdischen Teile der kranken Stöcke auf Schädlinge und Pilze hin 
nur bestätigt wurde; derartige Organismen wurden an den Reben 
nur hier und da vorgefunden. 

Da die ganze Erscheinung darauf hindeutete, daß das Dürr¬ 
werden der Blätter mit Ernährungsstörungen im Zusammenhang 
stehe, schlug ich Herrn Bergweiler vor, eine Bodenuntersuchung 
vornehmen zu lassen. Auf mein Ersuchen hin wurde dieselbe 
unserer oenochemischen Station übertragen. Sie hatte folgendes 
Ergebnis: 



Probe I 

O : 

Probe 11 

0/ 

Probe III 

«i 

Kalk. 

. . 0,064 

0,093 

1 0 

0,144 

Kali. 

. . 0,052 

0,084 

0,097 

Phosphorsäure . . 

. . 0,073 

0,094 

0,067 

Stickstoff .... 

. . 0,123 

0,158 

0,140 


Der Vorstand der genannten Station, Dr. Windisch, faßte sein 
Urteil über die 3 Bodenproben folgendermaßen zusammen: »Sämt¬ 
liche 3 Böden sind außerordentlich arm an Kalk. Auch der Gehalt 
an Kali und Phosphorsäure ist klein und nur der Stickstoffgehalt 
entspricht annähernd dem eines Bodens von mittlerem Nährstoff¬ 
gehalt. Neben reichlich Stalldünger wird es nicht notwendig sein, 
dem Weinberg noch eine besondere Stickstoffdüngung zu geben, 
wohl aber ist es durchaus erforderlich, den Weinberg stark zu 
kalken, und zwar empfehle ich Ihnen auf den Hektar Weinberg 
200 Ztr. Düngekalk zu geben. Der Kalk wird in den Weinberg 
gebracht, dort am besten mit etwas Erde vermischt, ausgestreut und 
oberflächlich untergebracht. 

Weiter empfehle ich neben dein Stalldünger für 1 ha jährlich 
50 kg Phosphorsäure in der Form von 20 prozent. Superphosphat 


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IV. Die Versuchsstationen. 


und 50 kg Kali in der Form von 40prozent Kalisalz zu geben.« 
Eine derartige Düngung des Weinberges wurde nach Vorschrift 
Ende Februar und anfangs März ausgeführt. Der Erfolg derselben 
trat alsbald in auffälliger Weise ein. Die Blätter der Reben waren 
dunkelgrün und von einem Dürrwerden war an ihnen nichts mehr 
zu bemerken. Entsprechend der besseren Ernährung durch die Blätter, 
trugen die gedüngten Reben auch dickere Trauben wie früher. 

5. Über eine starke Frostspannerepidemie in den Kreisen 
St. Goarshausen und St. Goar am Rhein. 

Gelegentlich einer Besichtigung der Camper und Salziger Obst¬ 
anlagen am 21. Mai d. J. konnte ich feststellen, daß die dortigen 
Kirschbäume und vielfach auch die Aprikosen ungemein stark unter 
den Raupen des kleinen Frostspanners (Cheimatobia brumata) litten. 
Am stärksten waren an ihnen die oberen Äste befallen, nach unten 
zu nahm der Schaden allmählich ab und nur die am tiefsten 
stehenden Äste trugen vielfach noch Blätter, die aber auch mehr 
oder weniger stark durchlöchert waren. Der Schaden war so er¬ 
heblich, daß ich mich nicht erinnere, jemals einen gleichen beobachtet 
zu haben. Wie die beigefügten Photographien (Tafel XII und X ITT) 
zeigen, waren manche Bäume vollständig entblättert, andere zeigten, 
wie gesagt, die Zerstörung nur in den oberen Teilen der Kronen und 
einige nur an einzelnen Ästen. Die Raupen ließen von den Blättern 
meist nur den Blattstiel und die Mittelrippe zurück und vervoll¬ 
ständigten ihr Zerstörungswerk durch Äusfressen der Früchtchen. 
Neben den Raupen des kleinen Frostnachtspanners (Cheimatobia 
brumata), fand ich noch diejenigen des großen Frostnachtspanners 
(Hibernia defoliaria), des Blaukopfes (Diloba caeruleocephala) und 
einer mir unbekannten, noch nicht bestimmten Wicklerart an ihnen 
vor. Wie stark das Auftreten gerade des kleinen Frostspanners 
war, ergibt sich aus den Angaben meines Führers, des Baumschulen¬ 
besitzers Lenert, der mir mitteilte, daß einzelne Besitzer, welche ihre 
Bäume zum Schutze gegen die Schädlinge mit Klebringen versehen 
hatten, auf diesen 600—700 Weibchen gefangen haben. Die Kleb- 
ringe sollen so stark mit Schmetterlingen besetzt gewesen sein, daß 
die an dem Stamme in die Höhe kriechenden Weibchen über die 
auf dem Klebstoff gefangenen hinweg gewandert sind. Auch wurde 
mir erzählt, daß die unter und an den Bäumen arbeitenden Leute 
durch die große Zahl abbaumender Raupen belästigt worden sind. 

Daß ein derartiger Blattverlust von größtem Einfluß auf das 
Leben des Baumes ist, ist selbstverständlich; er wird den Baum 
aber um so mehr benachteiligen, je öfter er sich wiederholt. 

Der ungünstige Einfluß des diesjährigen Raupenschadens auf 
die Entwicklung der Bäume konnte bereits am 27. und 28. Juni 
gelegentlich einer in Gemeinschaft mit Herrn Geheimen Regierungs¬ 
rat Dr. Aderhold vorgenommenen Besichtigung der Camper und 
Salziger Kirschbäume festgestellt werden. Der Eindruck den die 
besessenen Bäume damals auf uns machten, war kein guter. Ihr 


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Geiscnhcimer Bericht 1004. Tafel XII. 



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Blick von einem erhöhten Standpunkte aus in die Krone eines durch die Raupen des kleinen Frostnachtspanners beschädigten Kirsch- 
baumes. Man sieht an den Zweigen nur noch die von den Raupen übrig gelassenen Stiele und die Mittelrippe der Blätter. 

Aufgonominen am 21. Mai 19U4 in der Gemarkung Camp a. Rh. 

Verlag von Paul Parey in Berlin S.W. 






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Geisenhcimcr Bericht 1004. Tafel XII1. 



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Von den Raupen des kleinen Frostnachtspanners beschädigte Kirschbäume. Zwei Bäume sind vollständig entblättert, die anderen 

nur an einzelnen Ästen. 

Aufgenommen am 21. Mai 1904 in der Gemarkung Camp a. Rh. 

Verlag von Paul Parey in Berlin S W, 







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Bericht Uber die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. 231 


Laub war gegenüber dem der unbeschädigt gebliebenen oder nur 
wenig beschädigten kleiner und von gelblichgrüner Farbe, wodurch 
sie schon von weitem zu erkennen waren. Die Bäume hatten meist 
nur Kurztriebe gebildet und eine Anzahl derselben wies mehrere 
dürre Äste in ihren Kronen auf. Dieses Abtrocknen der Äste als 
Folgeerscheinung des Raupenfraßes wurde bei einer mit Herrn Ge¬ 
heimrat Aderhold am 5. September vorgenommenen Untersuchung 
der Bäume öfters festgestellt. Es wurde damals ermittelt, daß durch 
Kahlfraß kleinere, mitunter aber auch größere Astpartien der Kirsch¬ 
bäume zum Absterben gebracht werden können, und daß, wenn ein 
Kirschbaum infolge von Frostspannerfraß in einem Jahre sein Laub 
zweimal verliert, er dadurch zu Grunde gerichtet wird. Auf diese 
W eise beschädigte Bäume fanden sich namentlich in der Umgebung 
von Salzig vor, wo an einigen ganze Äste abgestorben waren, die 
Camper Bäume zeigten diese Erscheinung weniger. 

Über das Auftreten des Frostspanners in den Kreisen St. Goars¬ 
hausen und St. Goar am Rhein in früheren Jahren ist an Ort und 
Stelle so gut wie nichts zu erfahren. Die Aussagen der Kirschen¬ 
züchter hierüber sind keine übereinstimmenden. Sie erinnern sich 
nicht mit Sicherheit der Jahre, in denen die Bäume durch die 
Raupen stark Not gelitten haben, trotzdem manchen unter ihnen das 
Bild der kahlgefressenen Bäume noch deutlich vor den Augen steht. 
Auch in der Literatur finden sich nur wenige Angaben vor. Goethe 
(Jahresbericht der Königl. Lehranstalt für das Jahr 1894/95) be¬ 
obachtete im Jahre 1894 einen ähnlichen Schaden. Er sagt darüber 
auf Seite 26 und 27 folgendes: »Dieser Schädling (der kleine Frost¬ 
spanner) trat 1894 mit außerordentlicher Heftigkeit auf und befiel 
die Kirschbäume in solchen Mengeu, daß an zahlreichen Bäumen 
nur noch die Blattstiele übrig blieben. Auf diese Weise wurden 
in den Gemarkungen Camp, Salzig, Filsen und Osterspai viele 
Hunderte von Kirschbäumen entblättert und in der Baumschule der 
Lehranstalt war dies bei einem Quartiere von Apfelhochstämmen 
der Fall, welches viermal abgesucht werden mußte, um die Bäume 
zu erhalten.« 

Diese Beobachtung Goethes wird durch Labontö bestätigt 
(Geisenheimer Mitteilungen über Obst- und Gartenbau 1900, S. 121). 

Auf ein starkes Auftreten des Frostspanners in der Gemarkung 
Salzig in früheren Jahren weist auch eine Angabe von Obergärtner 
Hagemanu (Geisenheimer Mitteilungen über Obst- und Gartenbau 
1897, S. 157) hin, nach welcher ein dortiger Kaufmann im ersten 
Jahre (das Jahr wird leider nicht genannt) 25 Pfd., im zweiten 
Jahre dagegen 4 Ztr. Polbom’schen Raupenleim zur Bekämpfung 
des Schädlings verkauft hat. 

Im Jahre 1897 hat Labontö in den Camper Anlagen von 
einem Baume Hunderte von Frostspannerraupen abgeschüttelt (1. c., 
S. 62). 

Ist die Zahl dieser Beobachtungen auch eine kleine, so be¬ 
weist sie uns dennoch, daß der kleine Frostspanner in den Kreisen 
St. Goarshausen und St. Goar am Rhein sich wiederholt in großen 


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IV. Die Versuchsstationen. 


Mengen gezeigt hat, und es entsteht die Frage, welche Ursache 
diesem starken Auftreten zu Grunde liegt. Man könnte hierbei 
zunächst daran denken, daß vielleicht das Insekt sich ursprünglich 
auf einer anderen Nährpflanze entwickelt hat und erst im Laufe 
der Zeit auf die Obstbäume übergegangen ist. Wie die Verhältnisse 
am Rheine liegen, ist es höchstwahrscheinlich, daß dies in der Tat 
der Fall ist. 

Die Raupen des kleinen Frostspanners leben außer auf Obst¬ 
bäumen vorwiegend auf Eichen, einer Baumart, die am Rheine sehr 
häufig ist. Fast alle die dortigen Höhen bedeckenden Wälder sind 
Eichenwälder, also für die Vermehrung und Verbreitung des Frost¬ 
spanners sehr günstig. Da nun in den meisten Gemarkungen die 
Kirschenpflanzungen bis zur Grenze dieser Wälder reichen, ist ein 
Übergehen des Schädlings von den Waldbäumen auf die Obstbäume 
leicht möglich. Leider bin ich auf diese Verhältnisse erst im Laufe 
des Sommers aufmerksam geworden, so daß es mir noch nicht 
möglich ist, Angaben über das Auftreten des Insektes in den 
dortigen Schälwäldem zu machen. Sollte jedoch der Frost¬ 
spanner in der Tat in den Eichenwäldern, von denen die 
rheinischen Kirschenpflanzungen sozusagen rings um¬ 
geben sind, gleichfalls in starken Mengen angetroffen 
werden, so hätten wir in denselben die Ursache zu er¬ 
blicken, weshalb sich der Schädling in der dortigen Ge¬ 
gend öfters so ungemein häufig an den Kirschbäumen 
zeigt. Und weiter würde daraus folgen, daß seine Be¬ 
kämpfung dort auf große Schwierigkeiten stoßen wird, 
weil die Schmetterlinge aus den Eichenwaldungen immer 
wieder in die Obstanlagen übergehen und sich hier aus¬ 
breiten können. 

Die im vorstehenden beschriebenen Beschädigungen der Kirsch¬ 
bäume durch die Raupen des kleinen Frostnachtspanners weisen 
darauf hin, daß der Bekämpfung derselben das größte Interesse ent¬ 
gegengebracht werden muß. War schon in diesem Jahre die Zahl 
der durch die Raupen ausgefressenen und infolge Nährstoffmangel 
vorzeitig abgefallenen Früchtchen eine sehr große, so droht den 
rheinischen Kirschen Züchtern für das nächste Jahr noch größerer 
Schaden. Leider werden von diesen bei der Anlage der zum Fange 
der Frostnachtspannerweibchen dienenden Klebringe vielfach noch 
Fehler gemacht, wodurch sie weniger oder gar nicht wirksam sind. 
So wird häufig zur Herstellung dieser Ringe ein Klebstoff ver¬ 
wendet, der seine Klebefähigkeit nur kurze Zeit behält und der 
namentlich auf der Südseite der Stämme und bei stärkeren Ost¬ 
winden schon bald nach dem Aufträgen eintrocknet. Viele Obst¬ 
züchter halten auch ihre Bäume gegen die Angriffe des Frost¬ 
spanners für gesichert und kümmern sich nicht mehr um die Gürtel, 
wenn sie diese einmal mit Klebstoff versehen haben. Es ist dies 
jedoch nicht genügend, denn die Schmetterlinge können von Oktober 
bis in den Januar hinein auftreten. Einen Klebstoff, der während 
dieser ganzen Zeit seine Klebfähigkeit behält, haben wir aber noch 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 233 


nicht; alle hierzu verwendeten Materialien trocknen sehr viel früher 
ein, so daß der Anstrich, wenn er wirksam bleiben soll, öfters er¬ 
neuert werden muß. Jeder Obstzüchter muß also seine Kleberinge 
von Zeit zu Zeit nachsehen, den Klebstoff auf den verschiedenen 
Seiten des Ringes — namentlich auf der Südseite und nach stärkeren 
Winden — mit dem Finger betupfen und sobald er merkt, daß der 
Leim hart geworden ist, sofort den Gürtel mit einem neuen An¬ 
strich versehen, welche Arbeit, es sei dies noch einmal betont, un¬ 
bedingt bis in den Januar hinein ausgeführt werden muß. Es ist 
bei dem Anlegen der Klebringe ferner zu beachten, daß das Papier, 
auf das der Klebstoff aufgestrichen wird, oben und unten fest an 
den Stamm gebunden wird, damit die weiblichen Schmetterlinge 
nicht unter den Gürtel hindurch in die Krone der Bäume gelangen 
können. Endlich sei darauf hingewiesen, daß wenn die Bäume 
eine Stütze haben, auch diese mit einem Klebring versehen werden 
muß. Von allen Klebstoffen, die seither zur Bekämpfung des Frost- 
nachtschmetterlings empfohlen worden sind, hat sich an unserer 
Anstalt der sogenannte »Raupenleim« der Firma Ludwig Polborn 
Nachfolger, Berlin-Charlottenburg, Kaiserin Augusta- Allee 4, am 
besten bewährt. 

Werden die Klebringe in der soeben beschriebenen Weise 
gewissenhaft angelegt, so werden die Bäume sicher von den Frost¬ 
spannerraupen verschont bleiben, denn es ist den Weibchen dann 
nicht möglich, ihre Eier an die Zweige abzulegen. Es ist jedoch 
nicht ausgeschlossen, daß sich trotz der an den Bäumen 
vorhandenen Klebringe Raupenfraß in ihren Kronen zeigt, 
eine Erscheinung auf die seither nur wenig geachtet worden ist 
und auf die hier zum ersten Male, trotzdem die Untersuchungen 
darüber noch nicht abgeschlossen sind, hingewiesen sei. Es wurde 
schon erwähnt, daß die Raupenschäden am Rheine nicht allein vom 
Frostspanner verursacht werden, sondern daß an denselben noch 
andere Raupen, namentlich eine kleine, grün gefärbte Wicklerraupe, 
deren Namen noch nicht ermittelt werden konnte, beteiligt sind. 
Diese Beobachtung hat insofern eine größere praktische Bedeutung, 
als hierdurch eine von verschiedenen Obstzüchtem gemachte Wahr¬ 
nehmung ihre Erklärung findet. Dieselben haben nämlich ermittelt, 
daß trotzdem sie ihre Bäume vorschriftsmäßig mit Klebringen ver¬ 
sehen hatten, deren Blätter dennoch unter Raupenfraß litten, wes¬ 
halb sie den Klebring allein für die Bekämpfung des Frostspanners 
nicht für hinreichend erachten. Wir zweifeln nicht an der Richtig¬ 
keit dieser Beobachtung, können jedoch dem daraus gezogenen 
Schlüsse, daß die Klebringe zuweilen für die Bekämpfung des Frost¬ 
spanners nicht genügen, nicht zustimmen. Die Klebringe werden, 
vorausgesetzt, daß sie richtig angelegt sind, immer ihrem Zweck 
entsprechen und die weiblichen Schmetterlinge von den Kronen 
fernhalten, gegen die genannten Wicklerraupen sind sie jedoch um 
die Zeit, in der sie zur Anwendung kommen, nicht wirksam, denn 
diese entstehen wahrscheinlich aus Eiern, die von fliegenden Weib¬ 
chen an die Äste und Zweige abgelegt werden. Es dürfte sich in 


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234 


IV. Die Versuchsstationen. 


solchen Fällen somit nicht um Frostspanner-, sondern um Wickler¬ 
fraß handeln. 

Es fragt sich nun, welche Maßregeln uns zu Gebote stehen, 
dem Wicklerschaden an unseren Obstbäumen entgegenzutreten. Ich 
möchte hierzu gleichfalls die Verwendung der Klebgürtel aber in 
Verbindung mit dem Abklopfen der Raupen empfehlen. Hierzu 
müssen die Klebringe bis Ende Mai an den Bäumen liegen bleiben 
und sobald sich Fraßspuren an den Blättern zeigen, von neuem 
mit Klebstoff bestrichen werden. Ist dies geschehen, dann erst er¬ 
folgt das Abklopfen der Raupen. Diese fallen durch die Erschütte¬ 
rung der Äste zu Boden und suchen am nächsten Stamm in die 
Höhe zu kriechen, um wieder zu den Blättern zu gelangen, wobei 
sie unterwegs durch den Klebring gefangen und getötet werden. 
Da das Ausgehen der Wicklerraupen sich längere Zeit hinziehen 
wird, muß auch diese Arbeit öfters ausgeführt werden. 


6. Ein neuer Apparat zur Flüssighaltung von Glyzeringelatine, 
am eine schnelle Herstellung von Dauerpräparaten zu 

ermöglichen. 

Von Dr. Wilhelm Zang. 

Die Benutzung von Glyzeringelatine zur Herstellung von 
Dauerpräparaten hatte seither besonders, wenn es darauf ankam, in 
den mikroskopischen Übungen schnell und in großem Umfange mit 
ihr zu arbeiten, mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Wurde zu 
diesem Zwecke die in kleinen Fläschchen gelieferte, feste Glyzerin¬ 
gelatine benutzt, und davon kleine Würfel zum Gebrauche auf dem 
Objektträger zum Schmelzen gebracht, so waren es stets die un¬ 
vermeidlichen Luftblasen, die einem jeden Mikroskopiker ein schnelles, 
sauberes Arbeiten bald verleideten. 

Ist dagegen die Glyzeringelatine in Reagenzröhrchen aufgefüllt, 
so ist es stets notwendig, diese zum jedesmaligen Gebrauche über 
der Flamme solange zu erwärmen, bis die Gelatine flüssig wird. 
Hier liegt die Schwierigkeit in der Handhabung des heißen Reagenz¬ 
röhrchens mit der stark erwärmten Flüssigkeit; letztere erstarrt in¬ 
dessen sehr bald und die unangenehme, zeitraubende Manipulation 
ihrer Verflüssigung muß von neuem vorgenommen werden. 

Diesen verschiedenen Mißständen abzuhelfen und zugleich in 
jedem, auch noch so sehr durch die Kürze der Zeit beschränkten, 
botanischen Praktikum die Herstellung von Dauerpräparaten zu er¬ 
möglichen, benutze ich seit Jahren einen Apparat von folgender Zu¬ 
sammensetzung. 

Das Reagenzröhrchen, das die Glyzeringelatine enthält, steht 
in einem kleinen Wasserbade, wodurch ein zu schnelles Abkühlen 
und ein vorzeitiges Erstarren der Flüssigkeit verhindert, wird. Durch 
ein halbcylindrisch geschnittenes Korkstückchen wird das Reagenz¬ 
rohr seitlich in dem Halse des Kölbchens festgeklemmt (s. Fig. 40); 
auf dem Boden des letzteren darf das Röhrchen unter keinen Um- 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 235 

ständen aufstehen, es muß überall von Wasser umflossen sein. Zum 
Hervorholen der Glyzeringelatinetropfen dient ein durch eine Kork¬ 
scheibe gesteckter Glasstab. Der ganze Apparat wird an einem 
kleinen Stativ in entsprechender Höhe über der Flamme befestigt 
und ist nach dem Verlaufe einiger Minuten gebrauchsfertig, sobald 
die Gelatine unter der Einwirkung des erhitzten Wassers geschmolzen 
ist. Das Sieden des Wassers muß selbstverständlich durch eine ent¬ 
sprechende Justierung der Flamme vermieden werden. 

Je nach der Größe des einzubettenden Objekts ist der Glyzerin¬ 
gelatinetropfen am Glasstabe zu bemessen; bei größeren Objekten 
werden mehrere Tropfen nötig sein. Die 
Bildung von Luftblasen in den Tropfen ist 
bei diesem Verfahren so gut wie ausge¬ 
schlossen. Auch lassen sich die Objektträger 
auf Reserve mit den Glyzeringelatinetropfen 
beschicken, die man dann erstarren läßt. 

Die so vorbereiteten Objektträger werden 
auf Bänkchen unter der Glasglocke bis zu 
ihrem endgültigen Gebrauche aufbewahrt 
Es ist alsdann nur der Objektträger schwach 
zu erwärmen, bis der Tropfen geschmolzen 
ist; so ist in kurzem die Einbettungsflüssig¬ 
keit zur Aufnahme des Präparates bereit. 

Im Gießener botanischen Institute, wo 
im Wintersemester 1903/04 zwei Dutzend 
dieser Apparate im kleinen botanischen 
Praktikum für Anfänger zur Verwendung 
kamen, haben sie sich gut bewährt und 
fanden reichen Zuspruch seitens der Prakti¬ 
kanten, eben weil die Herstellung der 
Dauerpräparate überaus erleichtert wird 
und mit geringem Zeitverlust verbunden ist. 

Auch vor der Benutzung des sonst so empfehlenswerten 
Glyzerins verdient diese Methode den Vorzug, in dem das leidige 
Beschmieren der Objektträger bei einiger Übung leicht vermieden 
wird. Außerdem ist das Umstreichen des Deckglases mit einem 
Lack durchaus nicht so vonnöten wie bei den Glyzerinpräparaten, 
sobald die in Glyzeringelatine eingebetteten Präparate in staubfreien 
Mappen aufbewahrt werden. 

Der gesamte Apparat wird von der Finna Heinrich Vogel in 
Gießen, Westanlage 32, zu wohlfeilem Preise gebrauchsfertig ge¬ 
liefert. (Einzelpreis 4 M, im Dutzend mit 10% Rabatt) 

7. Untersuchungen Aber die Entstehung des Kiefernhexenbesens. 

Von Dr. Wilhelm Zang. 

Mit der Bezeichnung »Hexenbesen der Kieferc lernte ich vor 
Jahresfrist ein Hexenbesenexemplar in der Sammlung der pflanzen¬ 
pathologischen Versuchsstation kennen. Nach Mitteilungen des Herrn 


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Fig. 40. 


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236 


IV. Die Versuchsstationen. 


Dr. Lüstner stammt derselbe aus der Umgebung von Nierstein und 
wurde im Jahre 1901 dort gesammelt. Als »Hexenbesen der Wei߬ 
tanne« wurde die monströse Bildung der Geisenheimer Sammlung 
überlassen, wo man später zur Erkenntnis seiner Zugehörigkeit zur 
gemeinen Kiefer (Pinus silvestris L.) kam. 

Da ich schon seit Jahren mit der Untersuchung von abnormen 
Verzweigungen bei der Kiefer, wie der Rosetten- und Breitnadel¬ 
triebe, beschäftigt bin, interessierte mich dieser fast kugelige Kiefern¬ 
hexenbesen ganz besonders und veranlaßte mich, eine Untersuchung 
über die Entstehungsgeschichte des Kiefernhexenbesens zu veran¬ 
stalten. Durch die große Liebenswürdigkeit von Herrn Professor 
Dr. Hansen in Gießen stand mir ein zweites, größeres Exemplar 
aus der dortigen Sammlung als weiteres Untersuchungsobjekt zur 
Verfügung. Auch erhielt ich durch Herrn Dr. Brick in Hamburg 
einige benadelte Zweigabschnitte von fünf verschiedenen Kiefem- 
hexenbesen in liebenswürdiger Weise übersandt. So lagen mir im 
ganzen zwei vollständige Hexenbesen und von fünf weiteren ge¬ 
nügendes Untersuchungsmaterial vor, um der Entstehungsgeschichte 
dieser Mißbildungen auf den Grund gehen zu können. 

Auf der Kiefer im allgemeinen hat man schon seit längerer 
Zeit das Vorhandensein von Hexenbesen gekannt. So wurde nach 
einer neuerdings von Sorauer (Naturwissenschaftliche Zeitschrift für 
Land- und Forstwirtschaft Bd. III, 1905, S. 17—23) veranstalteten 
Zusammenstellung Hexenbesen auf folgenden sechs Kiefemarten be¬ 
obachtet: Auf P. silvestris L., montana Mill., Murrayana Balf., pon- 
derosa Dougl., Strobus L. und Cembra L. 

Die erste Mitteilung über den Kiefernhexenbesen stammt aus 
dem Jahre 1871 von H. Hoffmann (in Heyers Forst- und Jagd¬ 
zeitung 1871, S. 236—238), der seine Entstehung auf die Infektion 
eines Pilzes zurückführt. Als Verursacher des Kiefemhexenbesens 
nennt er Cladosporium entoxylinum Corda (CI. penicilloides Reuss.). 
Dieser Schwärzepilz soll nach ihm ungefähr die gleiche Rolle spielen 
wie Taphrina Cerasi Sadeb. bei der Entstehung des Kirschenhexen¬ 
besens. Bezüglich der gemeinen Kiefer werden von Ratzeburg 
(WaldVerderbnis, Bd. I, S. 115; 180-181, Taf. la) und Ritzema 
Bos (Zentralblatt für Bakteriologie, II. Bd. IX, 1903, S. 241) im 
Gegensätze zu den Ho ff mann sehen Untersuchungsergebnissen 
tierische Beschädigungen als die Ursache der Hexenbesenbildung 
angesehen. So stehen sich gegenwärtig die Ansichten in dieser 
Frage gegenüber und eine endliche Aufklärung über deren wahren 
Entstehungsursache wäre daher von allgemeinem Interesse, ganz be¬ 
sonders auch in Rücksicht auf die hexenbesenartigen Bildungen der 
übrigen, oben bereits genannten Kiefernarten; denn auch bei ihnen 
ist nach den Mitteilungen der verschiedenen Beobachter die eigent¬ 
liche Ursache entweder unbekannt oder sie werden auf die beiden 
entgegengesetzten Ansichten, wie sie über den Hexenbesen der ge¬ 
meinen Kiefer vorliegen, zurückgeführt. Im folgenden habe ich 
mich indessen nur auf die Untersuchung des Hexenbesens der ge¬ 
meinen Kiefer (Pinus silvestris L.) beschränkt. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflauzenpathologischen Versuchsstation. 237 


I. Die Untersuchungsergebnisse bei den einzelnen Exemplaren. 

Bevor ich die allgemeinen Ergebnisse meiner Beobachtungen 
an den sieben Hexenbesen bespreche, stelle ich kurz die Beschrei¬ 
bung und Untersuchung der einzelnen Exemplare zusammen. Das 
gesamte Material lag mir nur in getrocknetem Zustande vor, so daß 
die mikroskopische Untersuchung der Nadeln tmd Zweige nur mit 
Schwierigkeiten durchgeführt werden konnte. 

No. 1, das Geisenheimer Exemplar stammt, wie schon oben 
bemerkt, aus Nierstein und hat eine fast kugelige, dicht geschlossene 
Gestalt (s. Fig. 41). Die Verzweigung ist überaus reichlich und 



Big. 41. 

Hcxeubesen der gemeinen Kiefer. 

dicht. Der Längsdurchmesser des Hexenbesens beträgt IS cm, der 
Querdurchmesser 14 cm. Die Nadeln sind ungewöhnlich klein und 
durchschnittlich nur 25 mm lang. Neben diesen kleineren Nadeln 
finden sich aber auch größere, normal ausgebildete Nadeln von 5 
bis mehr Centimeter Länge — und zwar an der Basis der einzelnen ein- 
<>der mehrjährigen Triebe. Hierdurch erscheint die Annahme ge¬ 
rechtfertigt, daß die letzteren weiter nichts als die entwickelten 
Scheidenknospen der Kurztriebe darstellen. Da diese Erscheinung 
mehrmals an diesem Hexenbesen festgestellt werden kann und da 
auch jedesmal durch den Verlust der Endknospen die Entwicklung 
der benachbarten Scheiden knospen stattgefunden hat, ist es höchst- 


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238 


IV. Die Versuchsstationen. 


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wahrscheinlich, daß die ganze Bildung des Hexenbesens durch eine 
jährlich wiederkehrende Verletzung — durch Insektenfraß — her¬ 
vorgerufen wird. Die knäuelige Anlage der Seitenzweige an den 
Enden und den Basen der älteren Triebe rechtfertigt die obige 
Behauptung; jährlich werden die Endknospen und der größte Teil 
der Seitenknospen durch Insektenfraß beschädigt und so in ihrer 
Entwicklung gehindert Als Ersatz für deren Verlust werden die 
am Triebende befindlichen Scheidenknospen der Kurztriebe durch 
eine reichlichere Nährstoffanhäufung zum Austreiben veranlaßt So 
entwickeln sich aus den Kurztrieben ausdauernde Langtriebe, indem 
ihre beiden normalen Nadeln, zwischen denen der Vegetationspunkt 
der Scheidenknospe ausgewachsen ist, noch lange erhalten bleiben. 
Diese Beobachtungen sprechen recht deutlich für die Entstehung 
des Kiefemhexenbesens infolge von tierischen Beschädigungen. 

Indessen wurde bei demselben Exemplar auch ein Pilz sowohl 
innerhalb der Nadeln als auch der Zweige festgestellt. So fanden 
sich bei genauerer Untersuchung auf den Nadeln, die besonders 
von den inneren Zweigen des Hexenbesens herrührten, kleine, 
höchstens 1 mm im Durchmesser messende, schwarze, pustelartige 
Sklerotien. Ein Kulturversuch in der feuchten Kammer förderte 
aus dem schon seit 4 Jahren (!) unter Glas aufbewahrten Hexenbesen 
noch einen lebenden Schwärzepilz zu Tage. Die Perithecien mit 
ihren braunschwarzen, bohnenförmigen Sporen, die zu je 8 in den 
Asken eingeschlossen sind, erleichterten die genaue Bestimmung des 
zu den Sphaeriaceen gehörigen Pilzes mit Namen, Rosellinia malaco- 
tricha Mesl. 

Auf mikroskopischen Schnitten durch ein- und mehrjährige 
Zweige ließ sich das Mycel in dem Rindengewebe wie im Paren¬ 
chym der Harkstrahlen und des Markes nachweisen, jedoch uiemals 
im eigentlichen Holzkörper. Ebenso verhielt es sich bei den Nadeln. 
In den Querschnitten der letzteren ist der ganze äußere, chlorophyll¬ 
führende Parenchymmantel dicht von dem bräunlichen Pilzgewebe 
durchzogen; aber niemals fand ich das Mycel innerhalb der Endo- 
dermis und des tieferliegenden Transfusions- und-Leitungsgewebes. 

Ich halte das Auftreten dieses Pilzes für eine sekundäre Er¬ 
scheinung und kann ihn nach der Lage der einzelnen Umstände 
nur für einen Saprophyten und nicht für einen Parasiten halten, 
zumal er sich mit Leichtigkeit auf einem Dekokt abgestorbener 
Kiefernadeln unter Benutzung von Fließpapier als Unterlage kulti¬ 
vieren läßt. 

No. 2, das Gießener Exemplar, aus der Sammlung des dortigen 
botanischen Instituts, wurde im Jahre 1890 von Herrn Forstassessor 
Heyer gesammelt und dem damaligen Professor H. Hoffmann 
zum Geschenk gemacht. Der Durchmesser des dicht verzweigten 
Hexenbesens beträgt nach allen Seiten ungefähr 50 — 60 cm. Auch 
hier ist die Entwicklung der einzelnen Jahrestriebe gering, und die 
Nadeln weisen eine durchschnittliche Länge von nur 25—30 mm 
auf. Alle Triebe, die älter als zwei Jahre sind, haben ihre Nadeln 
verloren. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 231) 


Während hier innerhalb der Nadeln nichts von einem Pilz 
vorgefunden werden konnte, zeigte sich die ganze Rinde von zelligem 
Pilzgewebe durchsetzt Die Art der Ausbildung und die Farbe des¬ 
selben ließen unschwer auf den nämlichen, schon bei No. 1 er¬ 
wähnten Pilz schließen. Auf einzelnen Schnitten durch einen fünf¬ 
jährigen Trieb konnte deutlich das Fortschreiten des Pilzmycels aus 
der Rinde in die breiteren Markstrahlen verfolgt werden. Ich be¬ 
zweifle auch hier keinen Augenblick, daß wir es nur mit einem 
nachträglich zur Entwicklung gekommenen Saprophyten zu tun 
haben. 

No. 3 stammt aus der Geesthacht bei Hamburg. Die Ver¬ 
zweigung scheint bei diesem Hexenbesen, nach den mir zur Ver¬ 
fügung gestellten Zweigen zu urteilen, annähernd normal zu sein. 
Dagegen sind die Nadeln der vorjährigen Triebe überaus kurz; sie 
haben durchschnittlich eine Länge von nur 17—20 mm. Weder in 
den untersuchten 200 Nadelquerschnitten, noch in den Geweben der 
Zweige konnte Mycel nachgewiesen werden. 

No. 4 rührt von derselben Örtlichkeit wie No. 3 her. Die 
Nadellänge beträgt hier bei den vorjährigen Nadeln 25—30 mm. 
Innerhalb der Nadeln und Triebe wurde kein Pilz vorgefunden; da¬ 
gegen waren einige Nadeln von einem Schwärzepilz überzogen, der 
mit der obgenannten Rosellinia zweifellos identisch ist 

No. 5 stammt von Bahrenfeld bei Hamburg. Der Erhaltungs¬ 
zustand der Nadeln ist mangelhaft. Die längsten vorjährigen Nadeln 
sind nur 17 mm groß. Während die Nadeln pilzfrei waren, wurde 
in der Rinde und den Markstrahlen ein- und zweijähriger Zweige 
Mycel konstatiert. Auch hier läßt sich der Weg des Saprophyten 
von der Rinde durch die Markstrahlen bis in den Mark verfolgen; 
nirgends ist das Holz von ihm angegriffen. Auch hier handelt es 
sich um den Schwärzepilz, Rosellinia malacotricha. 

No. 6 wurde gesammelt in Triglitz in der Prignitz und befindet 
sich wie No. 3—5 im Hamburger Museum. Länge der vorjährigen 
Nadeln 12—18 mm. Nur oberflächlich sind die Zweige von dem 
Schwärzepilz überzogen; innerhalb der Querschnitte von Nadeln und 
Zweigen ließ sich nichts feststellen. 

No. 7 stammt aus der Oberförsterei Idstein im Regierungs¬ 
bezirk Wiesbaden, wo er 1895 gefunden wurde; ebenfalls im Ham¬ 
burger Museum. Länge der diesjährigen Nadeln 20—24 mm. Von 
dem Vorhandensein von Mycel konnte nichts bemerkt werden. 


II. Über die Ursache der Hexenbesenbildung bei der Kiefer. 

Nachdem, wie oben gezeigt, nur in dreien von den sieben 
untersuchten Hexenbesen ein Pilz und auch hier nur ein sapro- 
phytischer vorgefunden werden konnte, ist es so gut wie erwiesen, 
daß die Entstehung des Kiefemhexenbesens nicht der Tätigkeit eines 
parasitischen Pilzes zugeschrieben werden kann. Die genaue Be¬ 
schreibung des Befundes bei dem Geisenheimer Exemplar zeigt klar 
die Entstehungsursache des Kiefernhexenbesens: die wiederholte 


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240 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Beschädigung der Endknospen. Wenn bei den übrigen Hexen¬ 
besen, No. 2—7, dieselbe Feststellung mit der gleichen Klarheit wie 
im ersten Falle nicht möglich war, so lag das daran, daß mir von 
ihnen nur Zweigstücke und nicht die ganzen Besen zur Unter¬ 
suchung Vorlagen. 

III. Veränderungen der Axen* und Blattorgane am Kiefern¬ 
hexenbesen. 

Bei allen sieben untersuchten Hexeubesen wurde neben einer 
starken Verkürzung der Zweiginternodien auch eine solche der 
Nadeln vorgefunden. Ich lasse nachstehende Zusammenstellung 
meiner Nadelmessungen bei den einzelnen Exemplaren folgen: 


Exemplar No. 1 

Länge der Nadeln, 

durchschnittlich 

25 mm 

No. 2 


V '' 

V 

25 -30 ., 

No. 3 

v 

,, ,, 


17—20 ., 

No. 4 


„ ,, 

M 

25—30 .. 

No. 5 



die größten 

17 .. 

No. 6 

** 

o «« 

•* 

12-18 ., 

,. No. 7 


•* 

V ” 

20—24 „ 


Wie aus der obenstehenden Tabelle ersichtlich ist, wird nirgends 
die normale Länge der Kiefernadel von 40—80 mm erreicht; die 
größte an den Hexenbesen beobachtete Länge ist diejenige von 
30 mm. Wir haben es hier also unstreitig mit einer Ernährungs¬ 
störung zu tun, die wahrscheinlich in allen Fällen von den tierischen 
Beschädigungen veranlaßt wird. 

Aber auch in der anatomischen Beschaffenheit der Nadeln des 
Hexenbesens finden sich bemerkenswerte Abweichungen gegen die¬ 
jenige der normalen Blattorgane. So fand ich allgemein eine Re¬ 
duktion der gewöhnlich so zahlreichen Harzkanäle. Unter 48 unter¬ 
suchten Nadeln fand ich beispielweise 15 mit 6 Harzkanälen, 13 
mit 7, dagegen nur 9 Nadeln mit deren 9 und nur 2 mit 10 Harz¬ 
kanälen, während doch gerade bei Pinus silvestris L. gewöhnlich 
mehr als 10 Harzkanäle (bei gesunden Exemplaren) in der Nadel 
vorhanden sind. Auch diese Erscheinung dürfte in engem Zusammen¬ 
hang mit der mangelhaften Ernährung der Blattorgane stehen, indem 
die meisten Nährstoffe zur Neuanlage der Ersatzknospen verbraucht 
werden. 

Obwohl es sehr unwahrscheinlich ist, daß der bei drei Exem¬ 
plaren Vorgefundene Pilz, Rosellinia malacotricha, bei der Hexen¬ 
besenbildung der Kiefer eine Rolle spielt, sollen im kommenden 
.Sommer Infektionsversuche mit dem reingezüchteten Pilze angestellt 
werden, über die später berichtet werden wird. Soviel geht aus 
meiner Darstellung hervor, daß der Kiefernhexenbesen seine Ent¬ 
stehungsgeschichte in den meisten Fällen, wenn nicht in allen, einer 
wiederholten Beschädigung der Endknospen und dem dann jedesmal 
folgenden, knäueligen Austreiben der Scheidenknospen verdankt. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflauzenpathologischen Versuchsstation. 241 


B. Bekämpfungsversuche. 

8. Auftreten und Bekämpfung des Springwunnwicklers 
(Tortrix pllleriana) in der Gemarkung Lorch im Blieingau. 

Ebenso wie der einbindige Traubenwickler, ist auch der Spring¬ 
wurmwickler über den ganzen Rheingau verbreitet. Er zeigt sich 
jedoch im großen und ganzen mehr vereinzelt, nur im westlichen 
Teil des Gaues, in den Gemarkungen Lorch und Lorchhausen wird 
häufig über stärkere von ihm angerichtete Schäden geklagt. Hier 
müssen für die Entwicklung und Lebensweise des Insektes be¬ 
sonders günstige Verhältnisse vorhanden sein, denn sein ungemein 
starkes Auftreten wird in den dortigen Weinbergslagen schon Jahr¬ 
zehnte lang beobachtet und gab auch Veranlassung, daß sich die 
Königl. Lehranstalt wiederholt mit dem Studium der Biologie des 
Schädlings an den genannten Örtlichkeiten beschäftigt hat. 

Was den Springwurmwickler veranlaßt, sich nur in diesem 
Teil des Rheingaues aufzuhalten, konnte seither noch nicht ermittelt 
werden. Auch in Frankreich zeigt er dies sonderbare Verhalten. 
Aus diesem Lande liegen Beobachtungen vor, daß seine Raupen in 
einem Departement die Reben fast vernichteten, während sie das be¬ 
nachbarte vollständig verschonten. Und so wie im großen, sind es 
auch hier in kleinen Bezirken bestimmte Plätze, an denen er sich 
mit Vorliebe aufhält. Diese sind aber in Bezug auf ihre örtlichen 
Verhältnisse untereinander so verschieden, daß man durch einen 
Vergleich derselben nicht ermitteln kann, aus welchem Grunde sich 
das Insekt an jenen Stellen so massenhaft aufhält. 

In der Gemarkung Lorch ist der Springwurmwickler am 
häufigsten in der »Niederflur«, einer Parzelle, die sich längs des 
Weges Lorch-Lorchhausen bis zur Gemarkungsgrenze letzterer Ort¬ 
schaft hinzieht Der andere, größere Teil des Lorcher Weinbaues 
liegt östlich der Wisper und erstreckt sich bis zum Bodental. Auch 
hier ist der Schädling, wenn auch nicht ganz so zahlreich wie in 
der »Niederflur« vorhanden. Im Wispertai selbst sind Weinberge 
nur im sogenannten Wispergrund angelegt; sie finden sich hier auf 
dem Ostabhange des Berges, auf welchem die Ruine »Nollich« steht. 
In dieser Lage war, trotzdem sie mit der Niederflur zusammenhängt, 
der »Wurm« in diesem Jahr nicht vorhanden; nach Aussage dortiger 
Winzer soll dieselbe überhaupt stets von ihm verschont bleiben. 
Da sich aus dem Wispertal häufig ein kalter Luftstrom ins Rheintal 
ergießt, scheint es nicht ausgeschlossen, daß das Insekt dessentwegen 
die dortigen Lagen meidet. 

Im Jahre 1876 war der Springwurm in der Gemarkung Lorch 
so massenhaft vorhanden, daß das Ministerium für Landwirtschaft, 
Domänen und Forsten dort Erhebungen über sein Auftreten anstellen 
ließ. Das Insekt fand sich hierbei in fast allen Weinbergen stellen¬ 
weise am zweiten bis dritten, hin und wieder an den meisten Stöcken 
vor. Die im Jahre 1887 in Lorch und Lorchhausen aufgetretene 
Springwurmepidemie benutzten Goethe und Zweifler um Er- 

Geisonhoiruor Bericht UKU. 16 


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242 


IV. Diu Versuchsstationen. 


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mittelungen über die Winterquartiere des Schädliugs anzustellen. 
Sie fanden hierbei die Räupchen, abgesehen von den Pfählen, fast 
ausschließlich in der Rinde der dreijährigen Rebteile vor und be¬ 
trachteten deshalb diese als den eigentlichen Winteraufenthaltsort 
des Schädlings. Ich kann ihnen hierin nicht zustimmen, denn meine 
eigenen Beobachtungen haben mich belehrt, daß das alte Rebholz 
ebenso viele Räupchen beherbergt, wie das dreijährige, und daß die 
Raupen auch am einjährigen Holze vorhanden sind. Die Kleinheit 
der Tierchen und ihre Farbe, die sich von ihrer Umgebung wenig 
oder gar nicht abhebt, ist wohl die Ursache gewesen, weshalb sie 
Goethe und Zweifler unter der alten Borke übersehen haben. 
Ohne direkt nach dem Räupchen zu suchen, kann man sich leicht 
von der Anwesenheit derselben am alten Holze, oder überhaupt an 
irgend einem anderen verholzten, oberirdischen Rebteil überzeugen, 
wenn man einen solchen in ein warmes Zimmer bringt und hier 
auf ein weißes Papier legt. Infolge der Wärme verlassen alsdann 
die Räupchen ihre Schlupfwinkel und kriechen auf dem Papier 
umher, woselbst sie leicht, auch mit unbewaffnetem Auge, erkannt 
werden können. Durch dieses Verfahren kann man leicht feststellen, 
in welcher Menge ungefähr der Springwurm während des Winters 
in den Weinbergen vorhanden ist 

Es dürfte angebracht sein, den Schaden, welchen die am 
häufigsten bei uns vorkommenden Wicklerarten — Springwurm¬ 
wickler und einbindiger Traubenwickler — in den Weinbergen an- 
richten, zu vergleichen, um feststellen zu können, welcher dieser 
Schmetterlinge dem Winzer die größten Verluste verursacht. Viele 
Praktiker erachten den Traubenwickler für den Hauptfeind, weil 
die Verheerungen die dieser anrichtet, an den Teilen des Stockes 
erfolgen, derentwegen sie denselben hegen und pflegen. Mehr als 
alle anderen Teile des Stockes beobachtet der Winzer vom Frühjahr 
bis zum Herbste die Entwicklung der Gescheine und Trauben, wes¬ 
halb es nur natürlich ist, wenn ihm Beschädigungen an diesen be¬ 
sonders auffallen und von ihm, da es sich ja um seine Ernte handelt, 
besonders hoch eingeschätzt werden. Dem von dem Springwurm¬ 
wickler hervorgerufenen Schaden legt er meist eine nicht so hohe 
Bedeutung bei, weil er vorzugsweise an den Blättern erfolgt, deren 
hohe Bedeutung für den Stock ihm leider weniger bekannt ist In 
Wirklichkeit ist jedoch der Schaden, den der Springwurm dem 
Winzer verursacht, der bei weitem größere und wir schließen uns 
in der Beurteilung der zwei Schädlinge der Ansicht eines der besten 
Kenner der dem Weinbau schädlichen Insekten, dem französischen 
Forscher Viala an, welcher in dem Springwurm nach der Reblaus 
den gefährlichsten Feind der Reben erblickt. Abgesehen davon, daß 
dieser durch Abfressen und Einspinnen der Gescheine die Ernte 
schmälert, beeinträchtigt er durch Zerstören der Blätter die Ent¬ 
wicklung des ganzen Stockes nicht allein für das Jahr in dem der 
Eingriff erfolgt, sondern, und gerade dadurch übertrifft er den Heu- 
und Sauerwurm an Schädlichkeit auch für die nächste Vegetations¬ 
periode. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzeupathologischen Versuchsstation. 243 


Die Verwüstungen, welche der Springwurm in diesem Früh¬ 
jahre in den Weinbergen der Gemarkungen Lorch und Lorchhausen 
stellenweise angerichtet hat, waren ungemein stark. In manchen 
Lagen waren die Rehen vollständig ihrer Blätter beraubt, nur die 
Stiele hatten die Raupen übrig gelassen. Die Weinberge sahen 
geradezu aus, als ob ein starkes Hagelwetter auf sie niedergegangen 
wäre und alles Laub durch- und abgeschlagen hätte (siehe Fig. 42). 



Fig. 42. 

Von Springwarm beschädigte Rebtriebe. 


Es war übrigens zu erwarten, daß die Raupen sich in diesem Jahre 
in größeren Mengen zeigen würden, denn sie wurden bereits im 
Winter in ihren Schlupfwinkeln sehr zahlreich beobachtet. 

Da bei der Sommerbekämpfung des Springwurmwicklers mit 
den seither hierbei zur Verwendung gekommenen Mitteln wirkliche 
Erfolge nicht erzielt worden sind, versucht man schon seit längerer 
Zeit, den Schädling in seinem Winterquartier zu vernichten, wozu 
namentlich siedend heißes Wasser und giftige Gase benutzt werden. 

10 * 


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244 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Derartige Versuche sind hauptsächlich in Frankreich, welches Land 
besonders stark unter Springwurmschäden zu leiden hat, angestellt 
worden. Die Behandlung der Stöcke mit siedend heißem Wasser 
bezeichnen die Franzosen als »l’öchaudage«. Bei diesem Verfahren, 
welches in den Monaten November bis März zur Ausführung kommt, 
wird das Wasser in besonderen, in den Weinbergen aufgestellten 
Kesseln gekocht, in Kannen gefüllt und mit diesen von oben nach 
unten auf die Stöcke gegossen. Einjähriges Holz und die Knospen 
dürfen von dem Wasser nicht getroffen werden, weil diese Stock¬ 
teile darunter leiden würden. Für Deutschland kommt diese Be¬ 
kämpfungsmethode kaum in Betracht, weil das Einschaffen größerer 
Wassennengen in die Weinberge hier auf Schwierigkeiten stößt und 
die Bebrühung der Stöcke bei hohen Erziehungsarten kaum möglich 
sein wird. 

Von giftigen Gasen wird bis jetzt nur schweflige Säure zur 
Vertilgung der Springwurmräupchen verwendet. Bei der Behandlung 
der Reben mit diesem Gase werden die Stöcke samt den Pfählen 
unter Blechglocken gebracht, wonach in diesen durch Verbrennen 
von Schwefel schweflige Säure hergestellt wird. Wirkt diese eine 
Zeitlang auf Stock und Pfahl ein. so werden durch sie alle an diesen 
sitzenden Räupchen vernichtet 

Der erste größere Versuch, den Springwurm mit schwefliger 
Säure zu bekämpfen, wurde in Deutschland im Februar 1902 von 
der Gemeinde Wehlen an der Mosel ausgeführt. An diesem Ver¬ 
suche beteiligte sich die Station insofern, als sie auf Wunsch des 
dortigen Gemeindevorstandes, Herrn Bergweiler, feststellte, wieviel 
Schwefel zur Tötung der Räupchen notwendig ist und wie lange 
die aus diesem entwickelte schweflige Säure auf die Tiere einwirken 
muß, um sie zu töten. Es zeigte sich hierbei, daß das Absterben 
der Räupchen sicher erfolgt, wenn unter den Blechglocken 15 g 
Schwefelspan verbrannt werden und die hierbei entstehende schwef¬ 
lige Säure 10 Minuten lang auf die Räupchen einwirkt. Der Er¬ 
folg, welchen die Gemeinde Wehlen durch diese Arbeit erzielte, 
wird von den dortigen Winzern als ein vollkommener bezeichnet 
Nachdem sich die schweflige Säure in den Weinbergen der 
Gemeinde Wehlen an der Mosel für die Bekämpfung des Spring¬ 
wurmes gut bewährt hatte, beschloß die Landwirtschaftskammer für 
den Regierungsbezirk Wiesbaden, in der Gemarkung Lorch in 
gleicher Weise gegen den Schädling vorzugehen. Sie beauftragte 
am 19. Februar die pflanzenpathologische Versuchsstation der Königl. 
Lehranstalt mit der Ausführung des Versuches und stellte dafür 
Mittel bis zur Höhe von 600 M zur Verfügung. Weil sich die 
Einleitung des Versuches längere Zeit hinzog, konnte mit seiner 
Ausführung erst am 14. März begonnen werden. Die nachstehenden 
Weingutsbesitzer stellten für die Bekämpfung ihre Weinberge zur 
Verfügung und verpflichteten sich, die auf denselben stehenden 
Reben bis zum 14. März schneiden zu lassen. 


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Geisrnficuner Bericht 1904. Ta fei XIV. 



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ßekämpfllDg des Springwurm Wicklers. Verlag von Paul Parey in Berlin S.W. 

Vernichtung der überwinternden Räupchen mittels schwefliger Säure. 





















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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenjiathologischen Versuchsstation. 245 



Name 

Lage 

Rutenzakl 

1. 

J. R Choisi .... 

Niederflur . 

. . 100 

2. 

Job. Altenkirch . . . 

Krone . . 

. . 100 

3. 

H. Kaufmann . . . 

Wacken 

. . 100 



Krone . . 

18 

4. 

P. M uno. 

Moospfad . 

. . 30 

Niederflur . 

. . 8 



Niederflur . 

. . 36 

5. 

A. Germersheimer . . < 

\Niederflur . 
Niederflur . 

. . 100 

. . 36 

6. 

P. Bruchhäuser . . . 

Ortkeller . 

. . 30 

7. 

A. Mohr. 

Krone . . 

. . 100 

8. 

Ant. Schmidt .... 

Mandelweg 

. . 20 

9. 

Fried. Altenkirch 

Pfaffen wies 

. . 80 

10. J. Perabo .... 

Geisberg 

. . 60 

11. 

A. Laquai. 

Krone . 

20 

12. 

C. Jung.| 

[Red er . . 

[Krone . . 

. . 20 

. . 5 



| Niederflur 

. . 40 

13. 

P. Perabo . 

Krone . . 

. . 12 



[Mandel weg 

. . 18 

14. 

Conr. Dahlen .... 

[Mandelweg 
[Niederflur . 

. . 36 

18 

15. 

Graf Waldersdorff . . 

Krone . . 

. . 200 

16. 

F. K. Altenkirch . . 

Niederflur . 

. . 30 

17. 

P. Choisi 

Pfaffen wies 

. . 100 


1317 Ruten. 

Es stamlen somit für den Versuch 1317 Ruten zur Verfügung. 

Die Beteiligung der Lorcher Weingutsbesitzer an dem Versuche 
ist demnach eine gute zu nennen; sie zeigt, für wie notwendig die¬ 
selben eine gründliche Bekämpfung des Springwurmes halten. Leider 
haben jedoch auch eine größere Zahl von Besitzer den Arbeiten 
gar kein Interesse entgegengebracht, weil sie fürchteten, daß ihre 
Reben unter der Einwirkung der schwefligen Säure Not leiden würden. 
Wir werden später sehen, daß wahrscheinlich derentwegen der Ver¬ 
such resultatlos verlief. 

Die Blechglocken (siehe Tafel XIV), welche bei der Bekämpfung 
Verwendung fanden, haben Kegelform. Ihr unteres breiteres Ende 
ist schräg abgeschnitten, damit sie auf dem geneigten Weinbergs¬ 
terrain einen festen Stand haben. Die Höhe beträgt entsprechend 
derjenigen der Pfähle ca. 1,(15 m, ihr unterer Durchmesser 60 cm. 
Links und rechts ist, um ihren Transport und das Überstülpen über 
Pfahl und Stock zu erleichtern, je ein fester Griff angebracht. In 
ihrem unteren Teil ist eine kurze, mit einem Holzstopfen verschlie߬ 
bare Röhre eingelassen, durch welche, an einem an dem Holzstopfen 
befestigten Draht, der brennende Schwefel eingeführt wird. Von 
solchen Apparaten, deren Preis pro Stück 7 M beträgt, wurden 20 
beschafft. Die Arbeit wurde von vier Arbeitern ausgeführt, von 


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24(i 


IV. Die Versuchsstationen. 


denen einer, der Flurschütz Rothenberger, zugleich als Aufseher 
fungierte. Vor der Behandlung wurden die Stöcke, um Beschädi¬ 
gungen an ihnen zu vermeiden, mit Bast aufgebunden. Ein Aus¬ 
treten der schwefligen Säure durch die Lücke, welche beim Auf¬ 
setzen der Apparate auf den Boden zwischen diesen und ihrem 
unteren Rand entsteht, wurde durch Behäufeln dieser Stelle mit 
Erde unmöglich gemacht. Die einzelnen Arbeiten: Aufbinden der 
Stöcke. Transport und Überstülpen der Apparate über die Stöcke 
und Pfähle, Behäufeln derselben und Anzünden und Einführen der 
Schwefelspäne waren so verteilt, daß, wenn der letzte Apparat ver¬ 
sorgt war, die im ersten Apparate entwickelte schweflige Säure 
gerade 10 Minuten lang auf die Räupchen eingewirkt hatte. Daß 
hierbei, wie bei allen praktischen Arbeiten auch öfters Unregel¬ 
mäßigkeiten, namentlich Verzögerungen Vorkommen, ist selbstver¬ 
ständlich. Durch dieselben entsteht aber nur ein Zeitverlust, die 
Bekämpfung selbst wird hierdurch nicht ungünstig beeinflußt; im 
Gegenteil die Wirkung des Gases wird alsdann, weil ja die Raupen 
länger mit ihm in Berührung bleiben, eine noch intensivere. Nach¬ 
dem die Apparate über die Stöcke gebracht worden waren, wurden 
sie zunächst behäufelt und erst hiernach erfolgte die Einführung 
der brennenden Schwefelspäne. 

In nachstehender Tabelle ist die Zahl der an den einzelnen 
Tagen behandelten Stöcke angegeben: 


I. In der Niederflur. 


Am 14. März. 

„15. 

..16. 

..17. 

..IS. 

.. 1!). 

..21. 

22. 

« 2 $. ". . . ; 

,.26 . 

.. 28. 

.. 29. 

.. 30. 

.. 31. 

2. April .... 

In 15 Tagen . 

II. Im Kopfstück. 

Am 5. April . .. 

.. 6. 

,. 7. ... 

In 3 Tagen. 


438 Stöcke 
506 

504 .. 

562 .. 

625 .. 

672 .. 

710 .. 

7 38 .. 
100 .. 
728 .. 

425 .. 

840 .. 

852 .. 

847 .. 

870 


0417 Stöcke. 


705 Stöcke 
836 .. 

785 


2416 Stöcke. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpatliologischen Versuchsstation. 247 


III. In der Pfaffen wies. 


Am 8. April 

r> 9- n 

In 2 Tagen 


864 Stöcke 
780 „ 


1644 Stöcke. 


Im ganzen sind somit geschwefelt worden: 

In der Niederflur in 15 Tagen 9417 Stöcke 

Im Kopfstück in 3 „ 2416 ,. 

In der Pfaffenwies in 2 „ 1644 „ 

Zusammen in 20 Tagen 13477 Stöcke. 


Durch Regenwetter wurde die Arbeit an einzelnen Tagen unter¬ 
brochen, an anderen ganz unmöglich gemacht. Daß die schweflige 
Säure die von ihr erwartete Wirkung ausübte, wurde wiederholt 
durch Untersuchung behandelter Räupchen festgestellt; dieselben er¬ 
wiesen sich in allen Fällen als tot. 

Trotzdem kann von einem Erfolge des Versuches nicht die 
Rede sein, denn die Springwürmer zeigten sich, wie oben bereits 
erwähnt wurde, in diesem Sommer in ebensolchen Mengen in den 
Lorcher Weinbergen, wie in früheren Jahren. Dabei traten sie 
nicht nur in den nicht geschwefelten Weinbergen auf, sondern sie 
zeigten sich, wenn vielleicht auch nicht ganz so zahlreich, auch in 
den behandelten Quartieren. Die Ursache dieser Erscheinung liegt 
meiner Ansicht nach in der Ausführung des Versuches. 

Es wurde bereits gesagt, daß nur eine Anzahl von Weinguts¬ 
besitzer eine Behandlung ihrer Reben mit schwefliger Säure erlaubten, 
während andere ihre Reben hierfür nicht hergaben, weil sie eine 
Beschädigung der Stöcke durch das Gas fürchteten. Der Versuch 
konnte deshalb nicht auf einer größeren, zusammenhängenden Fläche 
ausgeführt werden, sondern die Schwefelung mußte auf kleineren 
Parzellen erfolgen, die rings von unbehandelten umgeben waren. 
Die Raupen der umliegenden Weinberge konnten somit auf die 
Versuchsparzellen übergehen und so den Erfolg des Versuches ver¬ 
wischen. Infolge der ungeheueren Menge, in der sich der Schäd¬ 
ling in diesem Jahre zeigte — es wurden öfters an einem Stocke 
über 100 Raupen beobachtet — war er zu einer solch allgemeinen 
Ausbreitung gezwungen. 

Wenn somit der diesjährige Versuch, den Springwurm mittels 
schwefliger Säure während des Winters zu vernichten, resultatlos 
verlaufen ist, so hat er doch wenigstens gezeigt, daß die Schwefe¬ 
lung ohne jeglichen Nachteil auf das Leben des Stockes ist. Hier¬ 
durch werden wohl die Bedenken, welche einige Weingutsbesitzer 
vor und während der Ausführung des Versuches geäußert haben, 
geschwunden sein, so daß nunmehr auch diese ihre Weinberge für 
die Behandlung der Stöcke mit dem Gase zur Verfügung stellen 
werden, wodurch es möglich werden wird, den Versuch auf einer 
größeren, zusammenhängenden Fläche auszuführen. 


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248 


IV. Die Versuchsstationen. 


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9. Auftreten und Bekämpfung des Heu- und Sauerwurmes. 

Die Versuche wurden in Gemeinschaft mit Weinbaulehrer 
Seufferheld ausgeführt. 

I. Ober das Auftreten des Heu- und Sauerwurmes. 

In diesem Sommer zeigte sich der Schädling in der Gemar¬ 
kung Geisenheim hei weitem nicht so stark, wie in den früheren 
Jahren. Schon bei seiner Heuwurm-Generation konnte ein Rück¬ 
gang beobachtet werden, der bei der Sauerwurm-Generation noch 
deutlicher in die Erscheinung trat, so daß das Auftreten der letzteren 
als ein spärliches bezeichnet werden muß. Womit dieses plötzliche 
Verschwinden des Insektes in Zusammenhang steht kann leider 
nicht entschieden werden. Die schnelle Entwicklung der Blüte, 
wodurch die Raupen außer Nahrung gesetzt werden sollen, scheint 
hierfür nicht in Betracht zu kommen, denn wir konnten beobachten, 
daß sie in Ermangelung solcher an die jungen Beeren übergehen 
und sich von diesen ernähren. Auch mit der abnorm starken Hitze 
dieses Sommers kann diese Erscheinung, wie vielfach angenommen 
wurde, nicht in Verbindung gebracht werden, denn an anderen, 
den Geisenheimer Weinbergen benachbarten Örtlichkeiten, z. B. in 
einzelnen Rüdesheimer Lagen, wurde auch heuer sehr über stärkere 
Heu- und Sauerwurmschäden geklagt So bleibt denn nur die eine 
Annahme übrig, daß Parasiten dem weiteren Umsichgreifen des 
Insektes ein Ziel gesetzt haben. Ob aber diese Schmarotzer dem 
Tierreiche oder dem Pflanzenreiche angehörten und ob sie die Rau¬ 
pen oder die Puppen des Schädlings heimsuchten, konnte, da sich 
die ganze Erscheinung sozusagen plötzlich vollzog, nicht festgestellt 
werden. Auf jeden Fall haben die hierbei in EYage kommenden 
Organismen sich in letzter Zeit so erheblich vermehrt, daß nunmehr 
ihre Zahl hinreichend war, den größten Teil der Raupen oder 
Puppen zu vernichten. Es ist deshalb zu erwarten, daß auch in 
den nächsten Jahren unsere Weinberge weniger unter dem Insekte 
zu leiden haben werden, bis dessen Zahl wieder so stark ange¬ 
wachsen ist, um einen stärkeren Schaden hervorrufen zu können. 

II. Prüfung von Bekämpfungsmitteln. 

1. Versuche mit »Horstyl«. 

Wie bereits im letzten Jahresbericht der Anstalt mitgeteilt 
wurde, ist das -/Horstyl« eine hellrot gefärbte, ölartige Flüssigkeit, 
die mit Nähmaschinenölern in die vom Heuwurm befallenen Ge¬ 
scheine getropft wird. Nach den Angaben des Erfinders, des Wein¬ 
gutsbesitzers H. Horst in Winkel im Rheingau, besteht dasselbe 
aus einem öl und einem narkotischen Stoffe, welch’ letzterer das 
Absterben der Raupen herbeiführen soll. Der Preis des Mittels 
stellt sich auf 4,50 M pro Liter. 

Bei unseren Versuchen im vergangenen Jahre hatte sich diese 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 249 


Flüssigkeit gut bewährt. Die diesjährige Prüfung hatte dasselbe 
Ergebnis, denn beim Nachsehen der mit »Horstyl« behandelten Ge¬ 
scheine erwiesen sich die in diesen vorhandenen und von der 
Flüssigkeit getroffenen Würmer als tot. Die Beobachtung, daß das 
öl längere Zeit in den Gescheinen haften bleibt und dadurch die 
Entwicklung der Beerchen hindert, wurde auch in diesem Jahre 
wieder gemacht Dieser ungünstige Einfluß des »Horstyls« auf die 
Entwicklung der Trauben konnte an mit ihm betropften Gescheinen 
häufig festgestellt werden. Die früher ausgesprochene Vermutung, 
daß das auf den Beeren haften gebliebene Ol beim Keltern der¬ 
selben in den Most und später in den Wein gelangen könnte, wo¬ 
durch dieser ungünstig beeinflußt werde, hat sich nicht bestätigt. 
Sowohl die von uns, als auch von Herrn Domäneninspektor lg. 
Henisch zu Schloß Johannisberg aus solchen Beeren gewonnenen 
Weine erwiesen sich bei der Probe als vollkommen rein. 

Bei dem diesjährigen Versuche hat sich ergeben, daß für die 
Behandlung von einem Morgen Weinberg, wozu ein Mann vier 
Tage Zeit gebraucht, 8 1 »Horstyl« erforderlich sind. Die Ausgaben 
für die Bekämpfung betragen somit, den Tagelohn mit 2,50 M be¬ 
rechnet, 46 M pro Morgen. 

Infolge dieser hohen Kosten und des großen Zeitaufwandes 
in einer sehr arbeitsreichen Jahreszeit kommt das Horstyl für die 
Bekämpfung des Heuwurmes im großen kaum in Betracht, selbst 
wenn sein Preis infolge Herstellung größerer Mengen ein niedrigerer 
werden wird. 

Um festzustellen, in welcher Weise das »Horstyl« auf die 
Raupen einwirkt und welcher seiner Teile ihr Absterben hervorruft, 
wurden einige Versuche mit anderen, im Handel leicht erhältlichen 
ölen ausgeführt. Bei diesen Versuchen wurde die betreffende öl¬ 
art, genau ebenso wie bei der Anwendung des »Horstyls« mittels 
Nähmaschinenölers in die Gescheine getropft und danach das Ver¬ 
halten der in diesen vorhandenen Heuwürmer beobachtet. Zur Ver¬ 
wendung kamen hierbei: geringes Olivenöl, rohes Leinöl und Rüböl. 
Es zeigte sich bei allen diesen Versuchen, daß die genannten Öl- 
arten von genau derselben Wirkung auf das Leben der Raupen 
sind, wie das »Horstyl«, daß somit deren Tod nicht, wie Horst an¬ 
nimmt, dem narkotischen Stoffe seines Mittels zuzuschreiben ist, 
sondern daß derselbe allein durch das öl bedingt wild. Die Raupen 
gehen durch Ersticken zu Grunde und zwar besonders dadurch, 
daß, wenn die von ihnen hergestellten und von ihnen bewohnten 
Blütengespinste mit dem öl betropft werden, sie diese eiligst zu 
verlassen suchen, wobei ihre die Ateralöcher (Stigmen) tragenden 
Körperseiten durch das öl verschmiert werden. 

Aus dem Gesagten ergibt sich, daß an Stelle des »Horstyles« 
ebensogut jedes der genannten drei öle zur Bekämpfung der Heu¬ 
würmer verwendet werden kann. Der Praxis ist hierzu um so mehr 
zu raten, als sich dadurch die Bekämpfung wesentlich — um mehr 
wie die Hälfte — verbilligt. Während sich nämlich der Preis des 
»Horstyles«, wie oben schon gesagt, auf 4,50 M pro Liter stellt, 


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250 


IV. Die Versuchsstationen. 


kostet der Liter des von mir benutzten Olivenöles nur 1,10 M, der 
Liter rohes Leinöl und Riiböl gar nur 65 Pf. Bei der Benutzung 
dieser ölarten an Stelle des »Horstyles« können somit pro Liter 
3,40 M, resp. 3,85 M gespart werden, w r as bei Behandlung eines 
Morgen Weinberges 27,20 resp. 30,80 M ausmacht. 

2. Versuche mit dem »Bergerschen Mittel«. 

Im Gegensatz zum »Horstyl«, ist das »Bergersche« Mittel, eine 
pulverförmige Substanz, die wie der Schwefel, mit Blasebälgen auf 
die Reben gestäubt wird. Nach den Angaben seines Erfinders, des 
Imkers S. Berger zu östrich im Rheingau, soll dasselbe nicht 
allein gegen den Heu- und Sauerwurm, sondern gleichzeitig auch 
gegen Peronospora und Oldium wirksam sein. Durch die von 
unserer önochemischen Station ausgeführte Analyse wurde gefunden, 
daß das Pulver aus 11,5% Kupfervitriol, 15% in Schwefelkohlen¬ 
stoff löslichen Schwefel, 8,5% Chlorkalk, etwa 40% Ätzkalk, 3,7% 
Kieselsäure und Sand, Tonerde und Magnesia besteht. Der Gedanke 
Bergers, die drei wichtigsten Weinstockschädlinge mit nur einem 
Mittel zu bekämpfen, ist nicht neu. Derartige Versuche wurden 
schon des öfteren, aber immer mit negativem Erfolge, ausgeführt. 
Daß sich auch das Bergersche Mittel hierfür nicht eignet, ist bei 
einer Betrachtung desselben auf den ersten Blick zu erkennen, 
denn sowohl der Schwefel, als auch das Kupfervitriol sind in ihm 
in so grober Form enthalten, daß sie nicht allein gegen die ge¬ 
nannten Pilze nicht wirksam sein können, sondern auch nicht fest 
genug auf den Stöcken haften bleiben. Auch der Chlorkalk, mit 
dem Berger den Heu- und Sauerwurm vernichten will, ist bereits 
früher zur Bekämpfung von Insekten benutzt worden. So wird 
derselbe im 38. Jahrgang der »Gartenflora« als ein gut wirkendes 
Mittel gegen Raupen empfohlen. Berger hat somit kein neues 
Bekämpfungsmittel erfunden, sondern nur Stoffe, deren Wirksamkeit 
gegen tierische und pflanzliche Feinde bekannt ist, miteinander 
vermischt und unter einem neuen Namen »Bergersches Weinberg¬ 
schutzmittel« in den Handel gebracht. 

Mit diesem Pulver will Berger im vergangenen Jahre in 
eiDem dem Grafen Matuschka-Greifenklau auf Schloß Vollrads ge¬ 
hörigen Weinberge mit Erfolg die Peronospora, das Oldium und den 
Heu- und Sauerwurm unterdrückt haben, auch soll nach seiner An¬ 
gabe das Mittel anregend auf das Wachstum der damit behandelten 
Reben einwirken. Wie ich mich damals durch Besichtigung des 
Bergerschen Versuchsfeldes überzeugt habe, war letzteres in ge¬ 
ringem Maße der Fall. Die bestäubten Stöcke blieben länger grün 
und hatten auch etwas schönere Trauben, wie die nicht mit dem 
Pulver versehenen, allein letztere standen gleichfalls sehr gut und 
trugen auch reichlich Trauben. Eine derartige Wachstumsbegünstigung 
ruft jedoch nicht nur das Bergersche Mittel hervor, sondern die¬ 
selbe wird auch häufig beim Kupfern und Schwefeln der Reben be¬ 
obachtet, ja sie stellt sich sogar ein, wenn, wie Prof. Wortmann 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzeupathologi schon Versuchsstation. 251 

nachgewiesen hat, die Stöcke nur mit Chausseestaub bestäubt werden. 
Das intensivere Ergrünen der Blätter und ihr längeres Grünbleiben, 
welch’ beide Erscheinungen wieder auf die Entwicklung der Beeren 
von Vorteil sind, ist höchstwahrscheinlich darauf zurückzuführen, 
daß die Blätter durch den Belag, den die genannten Substanzen auf 
ihnen bilden, gegen eine allzustarke Besonnung geschützt werden, 
wodurch sie in ihrer assimilatorischen und transpiratorischen Tätig¬ 
keit günstiger gestellt werden. Um ein sicheres Urteil über sein 
Mittel zu erlangen, hätte deshalb Berger die an sein Versuchsfeld 
angrenzenden Parzellen kupfern und schwefeln müssen, um so die 
Wirkung seines Pulvers mit der der anderen altbewährten Perono- 
spora- und Oidium-Bekämpfungsmittel vergleichen zu können. Es 
ist dies jedoch nicht geschehen; und dazu hat sich Berger noch 
für seinen Versuch eine Lage ausgesucht, welche erfahrungsgemäß 
nur wenig unter den Pilzen und dem Heu- und Sauerwurm zu 
leiden hat. Hieraus ergibt sich, daß nach dem Ergebnis des von 
ihm selbst ausgeführten Versuches sein Mittel nicht beurteilt 
werden kann. 

Um den wahren Wert des »Bergerseben Mittels« festzustellen, 
wurde im vergangenen Sommer in den Anstaltsweinbergen und 
zwar in verschiedenen Lagen auf einer Fläche von insgesamt S 1 / i 
Morgen 5 Versuche mit demselben ausgeführt. Das Alter der Stöcke 
der einzelnen Versuchsfelder war ein verschiedenes. Jede Parzelle 
wurde mit dem Pulver dreimal behandelt, wobei, und zwar zu der¬ 
selben Zeit, die angrenzenden Rebzeilen sachgemäß mit Kupferkalk¬ 
brühe gespritzt und geschwefelt wurden. Die erste Bestäubung er¬ 
folgte am 20. und 21. Mai, nachdem die ersten Heuwurmmotten be¬ 
obachtet worden waren; die zweite am 14. und 15. Juni, als die 
ersten Heuwürmer in den Gescheinen angetroffen wurden; die dritte 
am 18. und 19. Juli, zu Anfang der Schwärmzeit der Motten der 
zweiten Generation des Schädlings. An Pulver wurde verbraucht: 
bei der ersten Bestäubung 16—18 Pfd., bei der zweiten 18 Pfd., 
bei der dritten 30—32 Pfd. pro Morgen. 

Wie zu erwarten war, wurde bei keinem dieser Versuche ein 
Resultat erzielt. Die behandelten Reben unterschieden sich hinsicht¬ 
lich ihres Wachstums nicht im geringsten von denen der an¬ 
grenzenden gekupferten und geschwefelten Stöcke. Auf den Trauben¬ 
wickler war das Mittel ohne jegliche Wirkung. Seine Schmetter¬ 
linge und seine Raupen wurden auf den Versuchsparzellen in den¬ 
selben Mengen beobachtet, wie in den umliegenden Weinbergen. 
Ebensowenig ist es gelungen, mit dem Mittel das O'idium und die 
Peronospora vollständig zu bekämpfen; diese Pilze konnten nur 
durch Spritzen mit Kupferkalkbrühe resp. Schwefeln unterdrückt 
werden. 

Nach allen diesen Erfahrungen muß somit das Bergersche 
Mittel als ungeeignet für die Bekämpfung des Heu- und Sauer¬ 
wurmes und der Peronospora und des Oidiums bezeichnet werden. 


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252 


IV. Die Versuchsstationen. 


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3. Prüfungen von Mitteln, welche die Motten von den Stöcken 

femhalten sollen. 

Als ein ideales Mittel für die Bekämpfung des Heu- und 
Sauerwurmes muß dasjenige bezeichnet werden, das die Motten von 
den Stöcken femhält, so daß diese nicht im stände sind, ihre Eier 
in die Gescheine und Trauben abzulegen. Ein solches zu erstreben, 
ist die Königl. Lehranstalt schon längere Zeit bemüht und auch in 
diesem Sommer wurden wieder einige diesbezügliche Versuche aus¬ 
geführt, wobei auch zwei von der Praxis eingesandte Mittel geprüft 
wurden. Es ist jedoch ungemein schwierig, eine hierfür geeignete 
Substanz ausfindig zu machen, denn bekanntlich werden Insekten 
sowohl von übelriechenden als auch von wohlriechenden Stoffen 
nicht nur angezogen, sondern auch abgeschreckt. Dabei ist es nicht 
gesagt, daß Stoffe, welche dem menschlichen Geruchsinn zuwider 
sind, das Riechorgan der Insekten in derselben Weise affizieren, und 
umgekehrt, Düfte, die uns sympatisch sind, auch von diesen Tieren 
als angenehm empfunden werden. In letzterer Beziehung scheinen 
die ätherischen öle als Schutzmittel für die Pflanzen von Bedeutung 
zu sein, weshalb versucht wurde, durch diese die Reben gegen die 
Angriffe des Heu- und Sauerwurmes zu schützen. Benutzt wurde 
dazu 

Lavendelöl und Pfeffermünzöl. 

Um diese stark riechenden öle gleichmäßig über die Stöcke 
zu verteilen und namentlich jedes Geschein mit dem Geruchsstoff 
zu versehen, wurden dieselben auf pulverförmigen Kalk resp. pulver¬ 
förmiges Kaolin getropft, mit diesen ordentlich gemischt und danach 
sofort mittels Blasebalg auf die Reben gestäubt Nach der Ver¬ 
mischung rochen die Pulver noch deutlich nach den ölen, trotzdem 
auf 25 Pfd. derselben nur 125 ccm öl genommen wurden. Da die 
Prüfung dieser öle erst nachträglich in den Bekämpfungsplan auf¬ 
genommen wurde, konnten sie nur zur Flugzeit der Motten der 
zweiten Generation des Schädlings zur Anwendung kommen. Diese 
trat jedoch, wie bereits gesagt, in diesem Jahre so schwach auf, 
daß es nicht möglich ist, ein Urteil über den Wert der genannten 
öle für die Bekämpfung des Traubenwicklers abzugeben. Dasselbe 
gilt auch für einen ähnlichen Versuch, bei dem an Stelle der öle 

Formaldehyd 

in flüssiger und pulverförmiger Gestalt mit den erwähnten Pulvern 
vermischt wurde. Hierbei sollte der scharfe, stechende Geruch des 
Formaldehyds abhaltend auf die Motten einwirken. — 

Die uns von der Praxis zur Prüfung übersandten zwei Mittel 
konnten bereits zur Flugzeit der Heuwurmraotten in Benutzung 
genommen werden. Das eine derselben, das von 

Weingutsbesitzer C. Braß zu Mainz 
zusammengesetzt worden ist, scheint eine Mischung von Kampfer 
und Naphthalin zu sein. Dasselbe wird in kleine, aus Drahtgeflecht 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzeupathologischen Versuchsstation. 253 


angefertigte Behälter gebracht, die dann an Drähten an die Reben 
gehängt werden. Trotzdem diese Mischung einen höchst unange¬ 
nehmen Geruch entwickelte, übte sie keinerlei Einfluß auf die 
Motten aus, denn diese zeigten sich, ebenso wie später die Heu¬ 
würmer, auf dem Versuchsfeld in denselben Mengen, wie in den 
benachbarten Weinbergen. Ja, es wurden sogar einige Motten be¬ 
obachtet, welche sich auf den Drahtkörbchen festgesetzt hatten, ein 
Beweis dafür, wie wenig sie selbst durch starken Naphthalingeruch 
beinflußt werden. 

Nicht besser bewährt sich das andere, ähnlich riechende, 
von der 

Firma Waas zu Geisenheim 

hergestellte Mittel, das auf kleine Drahtnetze aufgetragen ist. In 
den damit versehenen Weinbergen konnte weder ein Verschwinden 
der Motten, noch ein solches der Heuwürmer ermittelt werden. 

Endlich wurde in diesem Jahre noch einmal der Versuch ge¬ 
macht, die Raupen des Traubenwicklers in 

Fallen 

zu fangen. Diese Bekämpfungsart hat sich bekanntlich gegen andere 
Wicklerraupen, besonders gegen die Raupen des Apfelwicklers 
(Carpocapsa pomonella), die sogenannten Obstmaden, sehr gut bewährt 
In neuerer Zeit will man mit solchen Fallen, die leicht dadurch 
hergestellt werden können, daß man Tuchlappen um die Reb- 
schenkel- und -pfähle legt und festbindet, auch gegen die Heu- und 
Sauerwürmer gute Erfolge erzielt haben. Nach unseren Erfahrungen 
nimmt jedoch, wie bereits im letzten Jahresberichte unserer Anstalt 
mitgeteilt wurde, derartige Fallen nur der bekreuzte Traubenwickler 
(Grapholitba botrana) an, während sich der einbindige Wickler (Tor- 
trix arabiguella) nur selten unter denselben einspinnt. Diese Tuch¬ 
fallen eignen sich deshalb nur für solche Gegenden, in denen die 
bekreuzte Art vorhanden ist. Infolge des schwachen Auftretens des 
Schädlings in diesem Jahre wurden unter den von uns angelegten 
389 Fallen nur 94 Puppen vorgefunden. 


C. Sonstige Tätigkeit der Station. 

Auf Veranlassung Sr. Excellenz des Herrn Oberpräsidenten 
der Rheinprovinz, Nasse, fand am 16. und 17. Mai ein außer¬ 
ordentlicher Reblauskursus und vom 16. —18. Juni ein Kursus über 
Feinde und Krankheiten der Rebe statt, an denen die Herren Landräte 
Heising-Ahrweiler, Dr. Brügmann-Saarburg und Nasse-Kreuz- 
nach und Herr Regierungs-Assessor Dr. Huber-Koblenz teilnahmen; 
zu dem ordentlichen Rebiaus-Kursus entsandte der Herr Ober-Präsi¬ 
dent seinen Referenten für Weinbauangelegenheiten, Herrn Regie¬ 
rungs-Assessor Abicht Als Praktikant (s. Statut der Anstalt S. 
13, D.) arbeitete in der Station der Kaiserl. Gouvernements Ober¬ 
förster M. Hass aus Tsingtau (China). 


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254 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Der Berichterstatter hielt einen Vortrag: Ȇber die Gesund 
heitspflege im Obstgarten« auf der General-Versammlung des Nassaui- 
schen Obst- und Gartenbau Vereins zu Ems a. Lahn. 

Dr. Zang hielt zwei Vorträge: 1. »Über neuere Bekämpfungs¬ 
versuche gegen den Heu- und Sauerwurm« vor der Kommission 
für Weinstatistik in Geisenheim. 2. »Über die Obstfäule« auf der 
General-Versammlung des Naussauischen Obst- und Gartenbauver¬ 
eins in Montabaur. Für den an der Anstalt abgehaltenen Obstbau- 
Kursus hatte der Berichterstatter 10 Vorträge über Krankheiten 
und Feinde der Obstbäume und Reben übernommen. 

Der Reblaus-Kursus für die Schüler und der öffentliche Reb¬ 
laus-Kursus, die beide in den Laboratorien der Station abgehalten 
und von dem Berichterstatter geleitet wurden, waren zusammen von 
74 Personeu besucht. 

Anfangs Juli wurden von dem Berichterstatter die im Parke, 
den Gewächshäusern und dem Obstmuttergarten der Anstalt stehen¬ 
den Reben auf das Vorhandensein der Reblaus hin untersucht, wo¬ 
bei verdächtige Erscheinungen nicht wahrgenommen wurden. 

Auch in diesem Jahre stand die Station in regem Verkehr 
mit der Praxis. Erfreulicherweise wurde sie auch mehr wie seit¬ 
her von Behörden als Ratgeber benutzt. Es wurden längere Gut¬ 
achten resp. Berichte erstattet: 

1. An das Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und 

Forsten zu Berlin: Über das Kirschbaumsterben am Vorgebirge 
bei Bonn. 

2. An das Ministerium für Landwirtschaft usw. zu Berlin: 

Über Raupenschäden und das Kirschbaumsterben in den Gemar¬ 
kungen Camp und Salzig am Rhein. 

3. An das Ministerium für Landwirtschaft usw. zu Berlin: 

Über den Einfluß des Geruches des Kresolseifenwassers auf den 
Geschmack der Weintrauben und des Weines. 

4. An das Ministerium für Landwirtschaft usw. zu Berlin: 

Über die Bekämpfung des Wintereies der Reblaus mittels Lysol. 

5. An das Ministerium für Landwirtschaft usw. zu Berlin : 

Über an der Anstalt ausgeführte Versuche zur Bekämpfung des 
Heu- und Sauerwurmes. 

6. An das Ministerium für Landwirtschaft usw. zu Berlin: 

Über die Verwendung von Tabaksaucen zur Bekämpfung von Schäd¬ 
lingen. 

7. An das Königl. Oberpräsidium in Cassel: Über die Ver¬ 
breitung der Reblaus durch Gewächshausreben. 

8. u. 9. An das Königl. Oberpräsidium in Cassel: Zwei Gut¬ 
achten über Versand von Spalierreben. 

10. An die Königl. Regierung zu Wiesbaden: Über die Be¬ 
kämpfung der Winterpuppe des Heu- und Sauerwurraes. 

11. u. 12. An die Königl. Regierung zu Wiesbaden: Zwei 
Gutachten über die Bekämpfung des Heu- und Sanerwurmes. 

13. An die Königl. Regierung zu Wiesbaden: Über die Schäd¬ 
lichkeit der Weißdomhecken für den Obstbau. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 255 

14. An die Königl. Preußische und Großherzogi. Hess. Eisen¬ 
bahn-Direktion in Mainz: Über Tarifierung von Kupfervitriol zur 
Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten. 

15. An die Königl. Preußische und Großherzogi. Hess. Eisen¬ 
bahn-Direktion in Mainz: Über die Schädlichkeit der Weißdorn¬ 
hecken für den Weinbau. 

16. An die Königl. Preußische und Großherzogi. Hess. Eisen¬ 
bahn-Direktion zu Mainz: Über Tarifierung von Eisenvitriol zur 
Bekämpfung der Unkräuter. 

17. An den Bezirksausschuß in Wiesbaden: Über die Schäd¬ 
lichkeit einer chemischen Fabrik für den Weinbau. 

18. An die Landwirtschaftskaramer für den Regierungsbezirk 
Wiesbaden zu Wiesbaden: Über Auftreten und Bekämpfung des 
Springwurmwicklers in der Gemarkung Lorch. 

19. An die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft zu Berlin: 
Über das Auftreten tierischer und pflanzlicher Schädlinge des Obst-, 
Wein- und Gartenbaues und der Land- und Forstwirtschaft in 1904 
(ca. 300 Beobachtungen). 

20. An den Obstbau-Verein zu Seckbach: Über Raupenschäden 
an Obstbäumen. 


Veröffentlichungen der Station, 

a) Vom Berichterstatter. 

1. Über die Ursache der sogenannten Mombacher Aprikosen¬ 
krankheit. Deutsche Landw. Presse 1904, No. 49. 

2. Über den Drahtwurm. Mitteilungen über Weinbau und 
Kellerwirtschaft 1904, No. 9. 

3. Über in diesem Sommer an Obstbäumen beobachtete 
stärkere Insektenschäden. Mitteilungen über Obst- und Gartenbau 
1904, No. 9. u. 10. 

b) Vom Assistenten Dr. Zang. 

4. Sonnenbrandschäden am Weinstock im Sommer 1904. Mit¬ 
teilungen über Weinbau und Kellerwirtschaft 1904, No. 9. 

5. Die Obstfäule. Deutsche Landw. Presse 1904, No. 97. 

6. Die Anatomie der Kiefernadel und ihre Verwendung zur 
systematischen Gliederung der Gattung Pinus. 


Geschenke. 

Vom Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten: 
Schmiedeknecht, Opuscula Ichneumonologica. 

Von dem älteren Eleven Fueß einige Birkenhexenbesen. 

Von dem älteren Eleven Trede ein großer Tannenhexenbesen. 
Die Station sagt für die gütigen Zuwendungen ihren besten 

Dank. 


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256 


IV. Die Versuchsstationen. 


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Neuanschaffungen. 

P. et H. Sydow. Monographia Uiedinearum (Fortsetzung). 

P. Wytsman, Genera insectorum (Fortsetzung). 

L. v. Heyden, Die Käfer von Nassau und Frankfurt. 

0. Penzig, Icones fungorum javanicorum. 

K. Eckstein, Die Technik des Forstschutzes gegen Tiere. 

F. Goldschmidt, Das Reblausgesetz vom 6. Juli 1904. 

0. Appel, Beispiele zur mikroskopischen Untersuchung von 
Pflanzenkrankheiten. 

H. von Berlepsch, Der gesamte Vogelschutz. 

A. Ursprung, Die physikalischen Eigenschaften der Laub¬ 
blätter. 

Judeich und Nits che, Lehrbuch der mitteleurop. Forst¬ 
insektenkunde. 

Witlaczil, Entwicklungsgeschichte der Aphiden. 

A. Thaer, Landwirtschaftliche Unkräuter. 

Metzger und Müller, Die Nonnenraupe und ihre Bakterien. 

Arbeiten aus der biologischen Abteilung am Kaiserl. Gesund¬ 
heitsamte (Fortsetzung). 

Centralblatt für Bakteriologie, Parasitenkunde und Infektions¬ 
krankheiten (Fortsetzung). 

Naturwissenschaftliche Zeitschrift für Land- und Fortwirtschaft 
(Fortsetzung). 

Annales mycologici (Fortsetzung). 

Hedwigia (Fortsetzung). 

Praktische Blätter für Pflanzenbau und Pflanzenschutz (Fort¬ 
setzung). 

Erfurter Führer im Obst- und Gartenbau (Fortsetzung). 


Bericht 

über die Tätigkeit der meteorologischen Station 
während des Etatsjahres 1904. 

Erstattet von Dr. Gustav Lustner, Vorstand der Station. 

Die meteorologische Station der Königlichen Lehranstalt ist 
eine Beobachtungsstation II. Ordnung des Königlichen meteoro¬ 
logischen Instituts zu Berlin. Sie liegt: 

östliche Länge von Greenwich 7° 58': nördliche Breite 49°59‘; 
Höhe des Nullpunktes des Barometers über N. N. (Normal Null), 
d. h. über dem Nullpunkte des Amsterdamer Pegels 193,37 m. 
Die Ablesungen finden täglich statt: 

7 2% ha 
2 2S hp 
9 h p. 


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Bericht über die Ktigkeit der meteorologischen Station. 


257 


Die hierbei gemachten Beobachtungen werden in eine Tabelle 
eingetragen (Monatstabelle, Sonnenscheintabelle), welche nach Schluß 
eines jeden Monats sofort dem Königlichen meteorologischen In¬ 
stitut in Berlin eingesandt wird. Über Gewitter, Wetterleuchten, 
Höhe der Schneedecke oder andere wichtige meteorologische Er¬ 
scheinungen wird besonders dorthin berichtet Die Königliche Rhein¬ 
strom-Bauverwaltung zu Koblenz erhält an jedem Montag über die 
Höhe der Schneedecke und die Temperatur Nachricht; der Wetter¬ 
dienst der Landwirtschaftsschule zu Weilburg a. L. wird täglich 
über die Wetterlage im Rheingau unterrichtet Die Station ist mit 
nachstehenden Instrumenten ausgestattet. 

1. Im Innern einer Wildschen Hütte: 

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3. Ein Maximum-Thermometer mit durch Luftblase abgetrenntem 
Quecksilber-Index nach Negretti und Zambra. 

4. Ein Alkohol-Minimum-Thermometer mit verschiebbarem Glas- 
Index nach Rutherford. 

5. Ein Haarhygrometer nach Koppe. 

6. Ein Richardscher Thermograph. 

7. Ein in halbe Grade geteiltes Quecksilber-Thermometer (Kontroll- 
Thermometer zu 6). 

H. In unmittelbarer Nähe der Wildschen Hütte: 

8. Ein Maximum-Thermometer nach Negretti und Zambra. 

9. Ein Minimum-Thermometer nach Rutherford. 

(Beide Instrumente liegen 7,5 cm über dem Boden.) 

10. Zwei Regenmesser nach Hellmann. 

11. Eine Wild sehe Windfahne mit Anemometer auf hohem Maste. 

IH. In einem Zimmer des Hauptgebäudes: 

12. Ein Stationsbarometer mit thermomötre attachö von R. Fueß 
in Berlin. 

IV. Im Versuchs-Weinberg der Anstalt: 

13. Ein Sonnenschein-Autograph nach Campbell-Stockes. 

V. Besitzt die Station noch: 

14. Einen Wolkeuspiegel. 

15. Einen Schöpftherraometer. 


Goisenhoimor Bericht 1904. 


17 


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*) »Eistage« sind solche Tage, an denen das Maximum der Temperatur unter 0° bleibt (an denen es nicht auftaut); »Frost¬ 
tage«, an denen das Minimum der Temperatur unter 0° sinkt (an denen es friert), und »Sommertage«, an denen das Maximum 25° C. 
(= 20° R.) oder mehr beträgt. (Instruktion für die Beobachter an der meteorologischen Station 2., 3. und 4. Ordnung. Berlin 1888, 8. 60.) 


258 


IY. Die Versuchsstationen. 


Jahresmittel. . 
Summe . . . 

Januar. . . . 

Februar . . . 

März ... 
April . . . 

Mai. 

Juni .... 
Juli .... 
August . . . 

September . . 
Oktober . . . 

November . . 
Dezember . . 

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Zusammenstellung der Beobachtungen aus dem Kalenderjahr 1904. 




















259 


Bericht über die Tätigkeit der meteorologischen Station. 


3. Die Luftfeuchtigkeit. 



Stunde 

der Be¬ 

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Februar 

März 

April 

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Gemessen mittels des Koppschen Ilaarhygrometers. 


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4. Die Bewölkung. 


Stunde 

der 

Beobachtung 

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August 

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3 . 

o 

1 i- 
© 
i -i 

Oktober 

November 

Dezember 

Jahres¬ 

summe 

Heitere Tage 

2 

_ j 

_ 

3 

3 

~~6~ 

11 

i 8 

4 

3 

3 

i | 

44 

Trübe Tage 

21 

19 I 

15 

7 

5 

5 i 

1 

1 o 

1 * | 

9 i 

14 1 

17 

23 | 

138 


5. Die Niederschläge und die Gewitter. 


Monat 

g 8 ? 
5 Zü 

ff cs ff* 

ff cfi g 
(D * 7 

mm 

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i c 3 

g- ff 
§ 3 

mm 

Datum 




rage m 

i t 




mehr als 
0,2 mm 
Nieder¬ 
schlag 

Regen 

Schnee 

Hagel und 
Graupeln 

Keif 

Nebel 
(Stärke 
(1 und 2) 

Schnee¬ 

decke 

Gewitter 

Wetter¬ 

leuchten 

Januar . . . 

:2977“ 

9.0 

14. 

ö 

8 

n 

*> 

& 

_ 

3 

13 

_ 

— 

Februar . . 

45.4 

8,3 

10. 

17 

18 

10 

1 

2 

2 

1 

1 

— 

März . . . 

52,5 

16,0 

11. 

13 

14 

4 

o 

*0 

6 

1 

8 

1 

1 

April . . . 

22,4 

9,4 

18. 

9 

13 

— 

— 

3 

— 

— 

1 

1 

Mai ... . 

41.5 

6,8 

24. 

12 

15 

— 

— 

2 

— 

— 

4 

2 

Juni . . . 

68.3 

22,8 

18. 

10 

10 

—- 

1 

— 

— 

— 

2 

2 

Juli .... 

10.6 

4,2 

26. 

6 

15 

— 

— 

— 

— 

— 

8 

3 

August . . . 

34,0 

20,2 

23. 

8 

13 

— 

— 


— 

- 

5 

2 

September 

63,3 

26,7 

29. 

10 

13 

_ 

— 

2 

2 


1 

— 

Oktober . . 

43.9 

87,8 

8. 

10 

13 


_ 

6 

5 

_ 

1 

— 

November 

27.3 

9,1 

8. 

9 

13 

3 

_ 1 

12 

1 

2 ! 

— 

— 

Dezember . . 

36,5 

9,9 

n 
( . 

14 

17 

2 I 

— 

4 

10 

1 

— 


Jahressumme 

475,1 

169,6 | 

8.X | 127 

162 

: i71 

1 6 ! 

! 37 J 

24 | 

1 25 I 

24 | 

11 


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Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 










260 


IV. Die Versuchsstationen. 


6. Die Windrichtung. 


Windrichtung 

Januar 

Februar 

März 

April 

K 

S. 

Juni 

C2 

er: 

£2 

e 

& 

September 

Oktober 

November 

Dezember 

Jahres¬ 

summe 

Nord .... 

13,0 

7,0 23,0 

9,0 

15,0 

11,5 

21,5 

11,5 

ll,o!l3.0 

9,5 10,5 

155.5 

Nordost . . . 

20.5 

18,5 

18,5 

8,0 

8,5 

13,0 

6,0 

4,5 

28,0 

26,0 

10,0 

11.0 

172.5 

Ost. 

20,0 

9,5 

16,0 

8,0 

9,0 

3,5 

5,5 

13,5 

18,0 

8,5 

3,0 

9,0 

123,5 

Südost.... 

6,0 

1,5 

2,0 

3.0 

3,0 

2,5 

4,0 

4,0 

1,5 

3,0 

1,0 

1,0 

32,5 

Süd. 

4.5 

4,0 

1,0 

3,0 

1,5 

1,0 

3,5 

0,5 

3.0 

— 

3.0 

4,0 

29,0 

Südwest . . . 

7,5 

23,5 

3,5 

20.5 

8,5 

9.0 

9,0 

17,0 

6,0 

8,014.524,0 

151,0 

West .... 

13,5 

16,0 

6,0 

23,0 

20,0 

15,5 

14,0 

16,5 

10,0 

11,5 31,5 11,0 

188.5 

Nord west. . . 

8,0 

7,0 

23,0 

15,5 

27,5 

34,0 

29,5 

25,5 

12,5 

23,0 17,5 22.5 

245,5 

Windstille . . 


— 

I 



— 

— 

— 




_ 

— 


7. Die Windstärke. 


Stunde 

der 

Beobachtung 

Januar 

Februar 

März 

April 

s 

ß . 

Juni 

c : 

August 

September 

Oktober 

November 

Dezember 

Jahres¬ 

mittel 

Jahres¬ 

summe 

7 ” ha . . 

1,8 

2,1 

2,0 

1,7 

2,1 

1,3 

| 

1,7 . 

1,0 

1,2 

1.2 

1,9 

i 

1,4 

1,6 


2 « hp . . 

2,5 

3,0 

2,6 

3,2 

3,0 

2,1 

2,3 ' 

2,0 

2,0 

1,9 

2,3 

2,0 

2,4 

— 

9 ” hp . . 

2,1 

1,9 

2,0 

1,8 

1,8 i 

1,6 

1 , 8 ' 

1,3 

1,6 

1.5 

1,9 

2,2 

1,8 

— 

Mittel . . . 

2,1 

| 2,3 

2,2 

2,2 

2,3 

1,7 

1,9 

1,4 

1,6 

1,5 

2,0 

1.9 

1,9 

— 

Sturmtage . 

2 


! 3 1 
1 1 

2 

1 

1 

1 

_ 

1 “ ' 

_ j 

i 

1 

1 

1 4 

3 

~ 

|20 


8. Die Dauer des Sonnenscheins. 


Monat 

Summe des 

Monatsmittel des 

Vor¬ 

mittags 

Nach¬ 

mittags 

Tages 

Vor¬ 

mittags 

Nach¬ 

mittags 

Tages 

Januar . . . 

7,3 

21.6 

28,9 

0,2 

0,7 

0,9 

Februar . . . 

31,6 

25,1 

56,7 

1,1 

0,9 

2,0 

März .... 

31,5 

44,3 

75,8 

1,0 

1,4 

2,4 

April .... 

76,2 

77,7 

153,9 

2,5 

2,6 

5,1 

Mai. 

109.6 

122,8 

232,4 

3,5 

3,9 

7,4 

Juni .... 

131.5 

137,4 

268,9 

4,4 

4,6 

9,0 

Juli. 

159,3 

147,9 

307,2 

5,1 

4,8 

9,9 

August . . . 

123,9 

130,3 

254,2 

3,9 

4,2 

8,1 

September . . 

68,6 

77,1 

145,7 

2,3 

2,6 

4,9 

Oktober . . . 

42,5 

55,6 

98,1 

1,4 

1,8 

3,2 

November . . 

18,9 

28,2 

47,1 

0,6 

0,9 

1.5 

Dezember . . 

6,7 

10,0 

16,7 

0.2 

I 0,3 

0,5 

Jahressumme 
Jahresmittel . . 

807,6 

' 878,0 

1685,6 

26,2 

1 - 
28,7 

54,9 


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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 










Bericht über die Tätigkeit der meteorologischen Station. 


261 


9. Phänologische Beobachtungen während des Jahres 1904. 

Abkürzungen. 

BO erste normale Blattoberflächen sichtbar und zwar an verschiedenen 
(etwa 3—4) Stellen; Laubentfaltung. 

b »= erste normale Blüten offen und zwar an verschiedenen Stellen. 

f = erste normale Früchte reif und zwar an verschiedenen Stellen; bei den 
saftigen: vollkommen und definitive Verfärbung; bei den Kapseln: spontanes 
Auf platzen. 

W « Hochwald, grün = allgemeine Belaubung: über die Hälfte sämtlicher 
Blätter an der Station entfaltet 

LV = allgemeine Laubverfärbung: über die Hälfte sämtlicher Blätter an der 
Station — die bereits abgefallenen mitgerechnet — verfärbt 

W und LV müssen an zahlreichen Hochstämmen (Hochwald, Alleen) auf¬ 
gezeichnet werden. 

E = Ernteanfang. 


Aesculus Hippocastanum 

BO 9. IV. 
b 26. IV. 
f — 

LV - 

Atropa Belladonna. . b 8. VI. 
(Chaussee-Haus, Wiesbaden). 


Betula alba . . . 

. BO 9. IV. 
b 12. IV. 
LV — 

Cornus sanguinea 

b 22. V. 
f 25. VIL 

Corylus Avellana. . 

b 16. n. 

Crataegus oxyacantha 

b 5. V. 

Cydonia vulgaris . . 

b 5. V. 

Cytisus Labumum . 

b 5. V. 

Fagus silvatica . . 

BO 16. IV. 
W. 7. V. 
LV — 

Ligustrum vulgare . 

b 20. VI. 
f — 

b 19. VI. 

Lilium candidum. . 

Lonicera tartarica 

b 24. VI. 
f 14. VI. 

Narcissus poeticus . 

b 17. IV. 

Prunus avium. . . 

b 16. IV. 

,. spinosa . . 

b 15. IV. 

„ Cerasus . . 

b 18. IV. 

„ Padus. . . 

b 25. IV. 


Pirus communis . . 

b 17. IV. 

„ malus . . . 

b 24. IV. 

Quercus pendunculata BO 16. IV. 

W 5. V. 
LV — 

Ribes aureum. . . 

b 11. IV. 
f 4. VH. 

Ribes rubrum. . . 

b 12. IV. 
f 19. VI. 

Rubus idaeus. . . 

f 25. VI. 
b 16. V. 

Salvia offieinalis . . 

b 3. VI. 

Sambucus nigra . . 

b 18. V. 
f 6. VH. 

Secale cereale bib. . 

b 24. V. 

Ernte Anfang 12. VII. 

Sorbus aucuparia . 

b 8. V. 
f 1. VIII. 

Spartium scoparium 
Symphoricarpus race- 

b 3. V. 

mosus. 

b 25. V. 
f 3. vm. 

Syringa vulgaris . . 

b 24. IV. 

Tilia grandifolia . . 

b 9. VI. 

„ parvifolia . . 

Vitis vinifera 

b 12. VI. 

am Hauptgebäude 
allgemeine Blüte 

b 6. VI. 

im Fuchsberg . . 

b 10. VI. 


l ) Auch veröffentlicht in den Berichten der Obeihessischen Gesellschaft für 
Natur- und Heilkunde zu Gießen. Die Beobachtungen wurden nach dem Gießener 
Schema, Aufruf von Hoffmann-Ihne, angestellt. Die phänologischen Beob¬ 
achtungen wählend der Jahre 1898—1902 sind in den betreffenden Jahresberichten 
der Lehranstalt enthalten. 


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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



262 

IV. Die Versuchsstationen. 



Ergänzungsliste. 


Abies excelsa. . . 

b — 

Juglans regia. . . 

b. 1. V. 

Acer campestre . . 

b 21. IV. 


f — 

„ platanoides. . 

b 11. IV. 

Larix enropaea . . 

er 

r 3 

hH 

<1 


BO 15. IV. 

Leucojum vemum . 

b io. m. 


LV — 

Lonicera Xylosteum 

b 30. IV. 

Acer pseudoplatanus 

b 17. IV. 


f 29. VI. 


BO 14. IV. 

Mespilus germanica. 

b 18. V. 


LV — 

Morus alba . . . 

b 20. V. 

Ainus glutinosa . . 

b 4. m. 


f 1. VH 

Amygdalus communis b 7. IV. 

Narcissus pseudon. . 

b 3. IV. 

Anemone nemorosa 

b 26 . m. 

Olea europaea. . . 

b — 

„ Pulsatilla. 

b 27. III. 

Persica vulgaris . . 

b 16. IV. 

Avena sativa 


Philadelphia coronarius b 22. V. 

Ernte Anfang 24. VII. 

Pinus silvestris . . 

b 15. V. 

Berberis vulgaris 

b 3. V. 

Populus tremula. . 

b 25. HI. 

Buxus sempervirens 

b 13. IV. 

Prunus armeniaca . 

b 12. IV. 

Calluna vulgaris . . 

b 27. VIL 

Picea axcelsa. . . 

b 5. IV. 

Caltha palustris . . 

b 16. IV. 

Ranunculus Ficaria . 

b 28. m. 

Cardamine pratensis 

b 17. IV. 

Ribes grossularia. . 

b 12. IV. 

Cercis siliquastrum . 

b 2. V. 


f 27. VI. 

Chelidonium majus . 

b 17. IV. 

Robiuia pseudacacia 

b 24. V. 

Chrysanthemum leuc. 

b 17. V. 

Salix caprea . . . 

b 29. m. 

Cichoria intybus. . 

b 17. VI. 

Secale cereale aesti- 


Colchicum autumnale 

b 24. Vni. 

vum. 

b 3. VI. 

Comus mas . . . 

b 18. III. 

Salvia pratensis . . 

b 8. V. 


f — 

Tilia grandifola . . 

BO 13. IV. 

Corydalis flava . . 

b 25. ni. 

LV - 

Crocus, gelb . . . 

b 8. III. 

Tilia parvifolia . . 

BO 17. IV. 

Evonymus europaeus 

i b 16. V. 

LV — 


f — 

Triticum vulgare hib. b 9. VI. 

Fagus silvatica . . 

f — 

Ernte Anfang 24. VH. 

Forsythia suspensa. 

b 5. IV. 

Tulipa Gesneriana . 
Tussilago farfara. . 

b 13. III. 

Fraxinus excelsior . 

b 16. IV. 

b 26. HL 


BO 25. IV. 

f 1. V. 


L V - 

Ulmus campestris . 

b 28. III. 

Galanthus nivalis, 


BO 25. IV. 

Blattspitzen 

6. II. 


f 15. V. 


b 14. II. 

Vaccinium myrtillus 

b 20. IV. 

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Qrifmal fro-m 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



Bericht über die Tätigkeit der meteorologischen Station. 


263 


10. Vergleichende Übersichten der letzten fünf Jahre. 

A. Mittel der absoluten Feuchtigkeit- 


Jahr 

Januar 

Februar 

März 

April 

K 

2. 

Juni 

C-H 

August 

September 

Oktober 

November 

ü 

CD 

N 

CD 

s 

c- 

CD 

•-* 

Jahres¬ 

mittel 

1900 

4,8 

5,0 

4,4 

6,0 

i 

7,7: 

11,7 

11,9 

n,i 

10,4 

7,8 

5,9 

5,2 

7,7 

1901 

3,2 

3,4 

5,1 

6,9 

8 ,1, 

10,1 

12.2 

11,8 

10,7 

8.1 

5,0 

5,0 

7,5 

1902 

5,3 

4,0 

5,7 

6,7 

7,1 

10,1 

10,4 

10,9 

9;7 

7,1 

5,0 

4,2 

7,2 

1903 

4,8 

5,1 

5,5 

5,4 

8,2 

9,5 

10,9 

11,1 

10,4 

8,5 

6,1 

4,5 

7,5 

1904 

4,3 

5,8 

! 5,6 

7,4 

9,7 

11.8 

14,5 

12,7 

10,3 

8.6 

i 5,9 

5,5 

8.5 


B. Mittel der relativen Feuchtigkeit 


1900 

84,5 

81.6 

77,0 

69,7 

' 69,2 

i 77,3 

66,7 

74,4 

82,5 

j 85,2 

85,6 

85,8 

78,6 

1901 

73,6 

79,3 

79,6 

74,6 

59.9 

65,0 

69,7 

77,8 

87,6 

88,9 

83,0 

90,3 

77.9 

1902 

84,3 

79,2 

81,8 

68,0 

72,0 

68,0 

62,0 

74,0 

78,0 

86,0 

85,0 

85,0 

76,9 

1903 

76,3 

74,7 

73,0 

75,3 

65,7 

66,3 

66,6 

75,3 

84,3 

89,0 

85,7 

88,3 

76,7 

1904 

88,7 

81,7 

84.3 

70,7 

72,7 

69,7 

62.7 

68,3 

81,3 

88,0 

88,7 

88,7 

78,8 


C. Mittel der Lufttemperatur. 


1900 

2,7 

3,3 

2,8 

9,2 

12,9 

17,7 

20,2 

17,3 

14,4 

9,2 

5,6 

3,6 

1901 

-2,4 

-2,3 

4,4 

10,1 

15.1 

17,6 

19,9 

17,7 

14,3 

9,9 

3,8 

2,6 

1902 

4,3 

1,1 

5,8 

10,9 

10,6 

17,4 

18,3 

16,7 

14,1 

8,1 

2,7 

-0.4 

1903 

1,4 

5,0 

7,2 

6,1 

14,1 

16,7 

17,7 

17,0 

14,8 

10,9 

6,0 

0.6 

1904 

-0,8 

3,0 

4,8 

11, 

14,5 

17,3 

21,2 

17,9 

13,2 

1 

9,6 

4,d 

1 

3,2 


D. Nioderschlagssummen. 


Jahres- 

summe 


1900 

83,6 

50,5 

25,5 

12.8 

31,6 

57,8 

39,21 

47,1 

29,4 

60,7 

32,1 

58,3 

1901 

17,5 

21,2 

39,4 

42,7 

20,9 

44,8 

33,6 

79,6 

101,0 

82,4 

17,9 

32,9 

1902 

20,3 

40,8 

47,6 

26,3 

35.2 

22,7 

28,5 

61,5 

27,1 

31,6 

156 

58,9 

1903 

26,4 

22,1 

24,3 

62,4 

32,5 

78,8 

60,5 

60,4 

34,0 

38,7 

51,2 

17,4 

1904 

29,7 

45,4 

52,5 

22,4 

41,5 

68,3 

10,6 

34,0 

63,3 

43,9 

27,3 

36,5 


528.6 
583,9 
416,1 

508.7 
475,4 


E. Dauer des Sonnenscheins in Stunden. 


1900 

1901 

1902 

1903 

1904 


19.2 

92.2 
38,5 
74,7 
28,9 


62,01113,31161,91203,01219,9! 


68,7 

73,9 

84.6 

56.7 


76,6 

142,7 


175,7 

203,01 


138,9:135,1 
75,81153,91 


276,6| 

211,2 

248,1 

232,4 


264,0 

261,6 

232,7 

268,91 


253,3| 180,9; 173,81112,21 22,8 
81,7! 95,3 
74,3! 68,9 


246,4 

261,1 

204,8 

307,2 


239,41118,4 
185,0| 176,9 
225,5 175,5 


254,2 


145,7 


87,9 

98,1 


24.1 

47.1 


18.911541,2 

25,41760,4 

42,7|1739,8 

31,1|1663,0 

16,7il685,6 


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Druck von Hermann Beyer & Söhne (Beyer & Mann) in Langensalza. 


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Bericht 


der 

Königl. Lehranstalt für Wein-, 
Obst- und Gartenbau 

ZU 

Geisenheim a. Rh. 

für das Etatsjahr 1905 

erstattet von dem Direktor 

Prof. Dr. Julius Wortmann. 



Mit 49 Textabbildungen und 9 Tafeln. 


BERLIN. 

Verlagsbuchhandlung Paul Parey. 

Vsrlaf für Landwirtschaft, Gartenbaa and Fomtwnsao- 

SW., Hedemannstraase 10. 

1900. 


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Allo Rechte, auch da« der Übersetzung, Vorbehalten. 


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Inhalt 


I. Sehalnaehrichten. 


Seite 


1. Veränderuogen im Personal der Anstalt 

2. Frequenz. 

3. Chronik j *> “*• • • 

l b) Besuche. 

4. Ausflüge und Studienreisen .... 

5. Periodische Kurse. 

6. Bauliche Veränderungen. 

V. Neuerwerbungen. 

8. Bibliothek, Sammlungen, Geschenke 


1 

2 

5 

7 

8 
9 

11 

11 

11 


11. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


A. Weinbau und Kellerwirtschaft. 13 

a) Weinbau. Von Weinbauinspektor Seufferheld.13 

b) Keilerwirtschaft. Von Weinbauinspektor Seufferheld.25 

B. Obst- und Gemüsebau.39 

a) Ostbau. Von Garteninspektor Junge.39 

b) Obst- und Gemüse Verwertung. Von Garteninspektor Junge . . . 60 

c) Gemüsebau. Von Garteninspektor Junge.69 

d) Bienenzucht. Von Anstaltsgärtner Baumann.80 

C. Gartenbau, Obsttreiberei, Anstaltspark.86 

a) Pflanzenkulturen. Von Garteninspektor Glindemann.86 

b) Obsttreiberei. Von Garteniuspektor Glindemann.92 

c'l Park. Von Garteninspektor Glindemann. . .93 

d) Düngungsversuche usw. Von Garteninspektor Glindemann . . . 99 


III. Bericht Aber die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 

A. Pflanzenpathologische Versuchsstation. Vom Vorstand der Station 


Dr. Gustav Lüstner.106 

a) Veränderungen in der Station . . .10€ 

b) Wissenschaftliche Tätigkeit.. . ..106 

c) Bekämpfungsversuche.132 

d) Sonstige Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation . . . 196 

e) Neuanschaffungen. 199 


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IV Inhalt. 

Seite 


B. Pflanzenphysiologische Versuchsstation. Vom Vorstand der Station 

Dr. Karl Kroemer .200 

a) Wissenschaftliche Tätigkeit.200 

b) Sonstige Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation . . . 218 

C. Oenochemische Versuchsstation. Vom Vorstand der Station Dr. Karl 

von der Heide . 222 

D. Hefereinzuchtstation. Vom Assistenten der Station Dr. Hans Boetticher 236 

a) Tätigkeit der Station im Verkehr mit der Praxis.236 

b) Wissenschaftliche Tätigkeit der Station.241 

c) Sonstige Tätigkeit der Hefereinzuchtstation.260 

E. Meteorologische Station. Von Dr. Gustav Lüstner.270 


IV. Bericht Ober die Rebenveredelungsstation Geisenheim-Elbingen. 

a) Technische Abteilung. Von Obergärtner Zeißig und Weinbauinspektor 


Seufferheld .278 

b) Wissenschaftliche Abteilung. Von Dr. Karl Kroemer.288 

V. Tätigkeit der Anstalt nach aussen .313 


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I. Schulnachrichten 


1. Veränderungen im Personal der Anstalt. 

Die zur Förderung der Rebenveredelung in den Staatshaushalts- 
etat für 1905 neu eingestellte Obergärtnerstelle wurde vom 1. April 
1905 ab dem seit Jahren in dieser Stellung tätig gewesenen seit¬ 
herigen Assistenten Reinhold Zeißig hierselbst verliehen. Der¬ 
selbe hat seine Tätigkeit bis auf weiteres ausschließlich den Ar¬ 
beiten der Rebenveredelungskommission zu widmen, so daß er aus 
dem Dienst der hiesigen Anstalt ausscheidet. 

Der wissenschaftliche Teil der Arbeiten der Rebenveredelungs¬ 
station Eibingen-Geisenheira wurde der pflanzenphysiologischen Ver¬ 
suchsstation angegliedert, und dem Vorstand dieser Station, Dr. Kroe- 
mer unterstellt. 

Der technische Teil der Arbeiten wurde mit dem Weinbau¬ 
betriebe vereinigt und dem Weinbau-Inspektor Seufferheld zur 
Verwaltung übergeben. 

Dem Weinbau-Inspektor Seufferheld wurde der Unterricht 
in der Traubensortenkunde' übertragen. 

Zur Erforschung der Biologie des Traubenwicklers und zur 
Ermittlung zweckmäßiger Bekämpfungsmethoden für diesen Schäd¬ 
ling wurde seitens des Herrn Ressortministers Dr. Dewitz aus 
Puschdorf Kreis Insterburg der Anstalt als Assistent am 1. Mai 
überwiesen. 

Mit Ende April schied der Assistent der oenochemischen Ver¬ 
suchsstation Mer res aus; sein Nachfolger wurde der Chemiker 
Heinrich Fuchs aus Alzey. 

Der Assistent der pflanzenpathologischen Versuchsstation Dr. Zang 
trat am 1. August aus dem Dienst der Anstalt. Zu seinem Nach¬ 
folger wurde der frühere Studierende der Landwirtschaft Emil Molz 
aus Bingen ernannt. 

Der Assistent der oenochemischen Versuchsstation Fuchs trat 
mit Ende August aus. Zu seinem Nachfolger wurde Dr. Karl 
Krauß aus Köln a/Rh. bestimmt. 

Am 25. September schied der Assistent der pflanzenphysio¬ 
logischen Versuchsstation Dr. Schulz aus. Zu seinem Nachfolger 
wurde mit dem 15. November Dr. Karl Altmannsberger aus 
Darmstadt ernannt. 

Geisonhciinor Bericht l9of>. 


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9 


I. Schulnachriohten. 


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Am 15. Oktober schied der Weinbergsvogt Neumann aus dem 
Dienst der Rebenveredelungsstation Eibingen-Geisenheim aus. Als 
sein Nachfolger trat der frühere Anstaltsschüler Oppermann mit 
dem 18. Oktober ein. 

Maler Frankenbach aus Wiesbaden übernahm vom Winter- 
Semester 1905/06 ab den Malunterricht an der hiesigen Anstalt. 

Der Anstaltsgärtner Karmann schied mit dem 8. November 
aus; an seine Stelle trat mit dem 27. November der frühere An¬ 
staltsschüler Meyer. 

Der bisherige Assistent Dr. Schänder schied mit dem 1. Januar 
infolge seiner Berufung als Leiter der pflanzenpathologischen Ab¬ 
teilung der Königl. landwirtschaftlichen Versuchs- und Forschungs¬ 
anstalten in Bromberg aus seiner Stellung an der Königl. Lehr¬ 
anstalt aus. 

Zu seinem Nachfolger wurde der Lehramtskandidat Carl Löcker- 
mann aus Hamburg ernannt. 

Der Volontär Carstensen trat am 22. Dezember aus dem Dienst 
der Königl. Domäne Geisenheim aus. 

Als Nachfolger desselben wurde der frühere Anstalts-Eleve 
Ffeese aus Wilhelmshaven angenommen. 

Anstaltsküfer Janz schied am 1. Januar aus; an seine Stelle 
trat Küfer Seib aus Geisenheim. 

Der Sekretär Rohde wurde vom 8. Februar ab im Bureau¬ 
dienste des Königl. Ministeriums für Landwirtschaft. Domänen und 
Forsten beschäftigt. 

Als Ersatz trat am 1. April der Bureau-Diätar Tangermann 
von der Königl. landwirtschaftlichen Akademie Bonn-Poppelsdorf ein. 

Der Assistent der oenochemischen Versuchsstation Dr. Krauß 
schied am 1. April aus; sein Nachfolger wurde Dr. Hermann 
Schäfer aus Berg-Gladbach. 

2. Frequenz. 

Das Schuljahr 1905 wurde ausweislich des letzten Jahresberichts 
mit 30 Eleven, 18 Obst- und Weinbauschülern, 33 Gartenbau¬ 
schülern und 6 Praktikanten, insgesamt mit 87 Personen, eröffnet. 
Hierzu traten im Laufe des Schuljahres noch 26 Praktikanten, so 
daß die Gesamtzahl der Schüler und Praktikanten 113 betrug. Aus¬ 
geschieden sind im Laufe des Schuljahres 1 Eleve, 1 Obst- und 
Weinbauschüler, 1 Gartenbauschüler, sowie ferner bis zum Schlüsse 
des Etatsjahres 26 Praktikanten. Nach einigen im Schuljahr er¬ 
folgten Verschiebungen zwischen den Gartenbau- und Obst- und 
Weinbau-Schülern bezw. Eleven nahmen am Unterricht regelmäßig 
39 Eleven, 9 Obst- und Weinbauschüler und 30 Gartenbauschüler 
teil; zur Entlassung kamen mit Schuljahrsschluß 1905 = 57 Per¬ 
sonen, nämlich 18 Eleven, 9 Obst- und Weinbauschüler und 30 
Karten bauschüler, so daß in das Schuljahr 1906 übernommen wurden 
21 Eleven und 6 Praktikanten. 

Am 15. März 1906, dem Beginne des neuen Schuljahres, traten 


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2. Frequenz. 


3 


hinzu: 24 Eleven, 10 Obst- und Weinbauschüler und 26 Garten¬ 
bauschüler, insgesamt 60 Personen. Mithin konnte das Schuljahr 
mit 45 Eleven (30 Weinbau- und 15 Gartenbau-Eleven), 10 Obst¬ 
und Weinbauschülern, 26 Gartenbauschülem und 6 Praktikanten, 
zusammen mit 87 Personen, eröffnet werden. 

Seit Bestehen der Anstalt ist eine derartige Frequenz, wie sie 
das Berichtsjahr autweist, noch nicht erreicht worden. Verschiedent- 
liche Schüleranmeldungen mußten unberücksichtigt bleiben, da eine 
größere Aufnahme wegen Platzmangels nicht erfolgen konnte, sowie 
auch vor allem eine gediegene Ausbildung bei einer zu großen 
Zahl der Lernenden eine Fachschule nicht garantieren kann. 

In Nachstehendem folgt das Verzeichnis derjenigen Schüler 
(Eleven, Obst- und Weinbauschüler, Gartenbauschüler, Praktikanten), 


die im Schul- bezw. 


1. Becker, Georg 

2. Freese, Georg 

3. Gütschow, Friedrich 

4. Lindenberg, Erich 

5. Markowic, Radiwoje 

6. Müller, Paul 

7. Peiniger. Max 

8. Seufferheld, Max 


9. Binder, Walter 

10. Fritsche, Bruno 

11. Hartgen, Georg 

12. Kirchberg, Walter 

13. Klöckner, Michael 

14. Krauß, August 

15. Lange, Robert 

16. Reirnaun, Alfred 

17. Velten, Friedrich 

18. Winkler, Kurt 


19. Augjelkowitsch, Michael 

20. Ballmann, Fritz 

21. Barth, Anton 

22. Bouvier, Clotar 

23. Ecker, Ludwig 

24. Friderichs, Leonhard 

25. Klingner, Heinrich 

26. Müller, Heinrich 

27. Nedelkowitsch, Milan 

28. Paletasehewitsch, Milorad 

29. Richter, Otto 

30. Schneider, Joseph 

31. Wagener, Wulfrain 

32. Zinn, Friedrich 


Berichtsjahr 1905 die 

a) Ältere Eleven. 

(Obst- und Weinbau): 

aus Nieder-Olm 
,, Wilhelmshaven 
„ Hamburg 
,, Berlin 
„ Wratarnitza 
„ Steglitz 
Köln 

Weinsberg 

(Gartenbau): 

aus Halle a. S. 

., Berlin 
.. Köln 

Magdeburg 
„ Köln 

,, Frommetsheim 
„ Polleben 
.. Marienburg 
,, Kreuznach 
„ Mainkur 

b) Jüngere Eleven. 

(Obst- und Weinbau): 

aus Belgrad 
.. Hochheim 
,, Wallhausen 
,, Radkersburg 
Watzelsdorf 
Ediger 

„ Büdesheim 
Ehringshausen 
,, Belgrad 
Krnule 
„ Tellig 
,, Limburg 
,, Kapstadt 
Okriftel 


Anstalt besucht haben: 


Hessen. 
Hannover. 
Hamburg. 
Brandenburg. 
Serbien. 
Brandenburg. 
Rhein provinz. 
W ürttemberg. 


Prov. Sachsen. 

Brandenburg. 

Rheinprovinz. 

Prov. Sachsen. 

Rheinprovinz. 

Mittelfranken. 

Prov. Sachsen. 

Westpreußen. 

Rheinprovinz. 

Hessen-Nassau, 


Serbien. 

Hessen-Nassau. 

Rheinprovinz. 

Steiermark. 

Nieder-Österreich. 

Rheinprovinz. 

Hessen-Nassau. 

Rheinprovinz. 

Serbien. 

Serbien. 

Rh eiu provinz. 
Hessen-Nassau. 
Süd-Afrika. 
Hessen-Nassau. 

1 * 


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4 

I. Schulnachrichten. 



(Gartenbau): 


33. Espenschied, Eduard 

aus Rüdesheim 

Hessen-Nassau. 

34. Herrmann. Bernhard 

„ Wetzlar 

Rheinprovinz. 

35. Mörtlbauer, August 

,, Schönbusch 

Bayern. 

36. Neumann, Alfred 

„ Berlin 

Brandenburg. 

37. Noell, Arnold 

,, Eschweiler 

Rheinprovinz. 

38. Schulz, Erich 

„ Wannsee 

Brandenburg. 

39. Vogel, Karl 

., Remscheid 

Rheinprovinz. 

c) Obst* und WeinbauschQler. 


40. Bihl, Josef 

aus Dürrenzimmern 

Württemberg. 

41. Boeckel, Daniel 

„ Mittelbergheim 

ünter-Elsaß. 

42. Christ, Jakob 

„ Hallgarten 

Hessen-Nassau. 

43. Junge, Ernst 

„ Hamburg 

Hamburg. 

44. Praß, Hermann 

„ Steeg b. Bacharach 

Rheinprovinz. 

45. Reif, Jakob 

„ Andernach a. Rh. 

Rheinprovinz. 

46. Wolf I, Heinrich 

,, Hailgarten 

Hessen-Nassau. 

47. Wolf II, Nikolaus 

„ Arzheim 

Rheinprovinz. 

48. Wuppermann, Wilhelm 

„ Bonn 

Rheinprovinz. 


d) Gartenbauschüler. 


49. Behne, August 

aus Uelzen 

Hannover. 

50. Böhmer, Gustav 

„ Münster 

Westfalen. 

51. Böhning, Friedrich 

,, Gelsenkirchen 

Westfalen. 

52. Brode, Hans 

„ Königsberg 

Ostpreußen. 

53. Carneim, Josef 

,, Winterberg 

Westfalen. 

54. Erdmann, Max 

„ Berlin 

Brandenburg. 

55. Franke, Karl 

., Hannover 

Hannover. 

56. Genth, Karl 

,, Angermünde 

Brandenburg. 

57. Jonen, Franz 

„ Wesseling 

Rhein provinz. 

58. Kleefiscli, Joh. Heinrich 

„ Köln 

Rhein provinz. 

59. Köhler, Wilhelm 

,, Grauhof b. Goslar 

Hannover. 

60. Küster, Richard 

,. Ostrau 

Prov. Sachsen. 

61. Kynast, Paul 

„ Gleiwitz 

Schlesien. 

62. Leich, Ernst 

„ Sien 

Rheinprovinz. 

63. Markmann, Ernst 

,, Gelsenkirchen 

Westfalen. 

64. Mees, Friedrich 

„ Elberfeld 

Rheinprovinz. 

65. Meyer, Wilhelm 

,, Herford 

Westfalen. 

66. Nelilipp, Georg 

,, Bromberg 

Posen. 

67. Nepker, Bernhard 

„ Köln 

Rheinprovinz. 

68. Paessler, Carl 

,, Eisenberg 

Sachs.-Altenburg. 

69. Paulsen, Wilhelm 

,, Flensburg 

Schleswig-Holstein. 

70. Reinckens, Caspar 

,, Aachen 

Rheinprovinz. 

71. Rodde, Wilhelm 

„ Regensburg 

Bayern. 

72. Schliekum, Max 

„ Düsseldorf 

Rheinprovinz. 

73. Schmidt, Paul 

Lauffeu (Neckar) 

Württemberg. 

74. Siemens, Alfred 

„ Hannover 

Hannover. 

75. Teiekuer, Wilhelm 

,, Halle a. S. 

Prov. Sachsen. 

76. Weisbrod, Karl 

,, Heidelberg 

Baden. 

77. Wölker, Alwin 

„ Iggenhausen 

Lippe. 

78. Zeine, Paul 

„ Jena 

Sachs.-Weimar. 


e) Praktikanten. 


79. de Aldecoa, Claudio J. 

aus Lequeitio 

Spanieu. 

80. Armenteras, Santiago 

,, Barzelona 

Spanien. 

81. Bear, Irving 

,, Wilmington 

V. St. v. Nordamerika. 

82. Best, Jacob, C. 

Milwaukee 


83. Calegari, Ferruccio 

„ Parenzo 

Italien. 


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3. Chronik. 


5 


84. von Diergardt, Freddy 

aus Schlebusch 

Rheinprovinz. 

85. von Dschandieri, Elias 

„ Tiflis 

Rußland. 

86. Emmerich, Rudolf 

,, Mutterstadt 

Pfalz. 

87. Fesca, Dr. Felix 

„ Eberswalde 

Brandenburg. 

88. Gäßner, Willy 

„ Spremberg 

Brandenburg. 

89. Geipel, Bruno 

„ Stettin 

Pommein. 

90. Gerlach, Hans 

., Berlin 

Brandenburg. 

91. Gren, Karl August 

,, Helsingfors 

Finnland. 

92. Hentschel, Karl 

„ Zschopau 

Königl*. Sachsen. 

93. Herse, Fritz 

„ Groß-Liehterfelde 

Brandenburg. 

94. Hofmann, Otto 

„ Mügeln 

Königr. Sachsen. 

95. Hule, Eugen 

,, Nikolajew 

Süd-Rußland. 

96. Jacobi, Heinrich 

Battenberg 

Hessen-Nassau. 

97. Kempinski, Hans 

„ Berlin 

Brandenburg. 

98. Kohse, Hermann 

„ Oels 

Schlesien. 

99. Kornhammer, Heinrich 

„ Kreuznach 

Rheinprovinz. 

100. Marone. Alfredo 

,, Pinerolo b. Turin 

Italien. 

101. Marx, Max 

„ Schweinfurt 

Bayern. 

102. Postma, Folkert 

., Telok-Betong 

Niederl. Indien. 

103. Reichard, Hermann 

.. Frankfurt a. M. 

Hessen-Nassau. 

104. Ruprecht, Karl 

„ Kallstadt 

Pfalz. 

105. Salmen, Johann 

„ Schönberg 

Ungarn. 

106. Scheu, Georg 

Hannover 

Hannover. 

107. Schneider, August 

,, Schierstein 

Hessen-Nassau. 

108. Sewrikow, Alexius 

Wladikawkas 

Rußland. 

109. Spindler-Steinmetz, Th. 

., Forst 

Pfalz. 

110. Weber, Miachael, Alex. 

Mainz 

Hessen. 


Zu e 

In der König]. Lehranstalt bieten die Laboratorien der pflanzen¬ 
physiologischen, der oenocheimsehen und der pflanzenpathologischen Ver¬ 
suchsstation, soweit Raum vorhanden ist, denjenigen Interessenten, welche 
die erforderliche Vorbildung besitzen, Gelegenheit, als Praktikanten 
(Laboranten) zu arbeiten. Anmeldungen sind an die Vorstände der be¬ 
treffenden Versuchsstationen zu richten. Außerdem können auch noch 
Praktikanten aufgenommen werden, welche sich ausschließlich in den tech¬ 
nischen Fächern ausbilden wollen; hierzu sind Anmeldungen au die Direktion 
der Lehranstalt zu richten. Das Weitere, auch über das Honorar, ent¬ 
halten die Satzungen der Königl. Lehranstalt die kostenlos auf Wunsch 
übersandt werden. 


3. Chronik, 

a) Besichtigungen usw. 

Dem Direktor der Anstalt, Prof. Dr. Wortmann wurde mittels 
Allerhöchster Ordre der Rote Adler Orden vierter Klasse ver¬ 
liehen. 

Den Fachlehrern der hiesigen Königl. Lehranstalt Junge und 
Seufferheld wurde seitens des Herrn Ressortministers der Titel 
Garten-Inspektor bezw. Weinbau-Inspektor verliehen. 

Am 9. Mai fand im Deutschen Hause die Schillerfeier statt. 

Vom 6. bis 9. Juni fand ein Sonder-Unterrichtskursus über die 
Reblauä und Obstbaumschädlinge statt, an welchem sich die Herren 
Landräte von Nasse in Kreuznach, Dr. Brüggemann in Saarburg 
und Regierungsassessor A bich t-Koblenz beteiligten. 


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6 


1. Schulnachrichten. 


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Am 24. Juni wurde die Anstalt von den Herren Mitgliedern 
des Kuratoriums: Ober-Reg.-Rat Pfeffer von Salomon-Wiesbaden 
und Gartenbau-Direktor Siebert-Frankfurt a. M. besichtigt. 

Am 30. Juni besichtigte eine Ministerialkommission die Bauten 
auf der Jannsehen Hofraite. 

Am 5. und 6. September fand eine Besichtigung der Reben¬ 
veredelungsstation Eibingen-Geisenheim, sowie der Institute und 
Anlagen der Anstalt durch Herrn Geheimen Regierungsrat von 
Schmeling vom Königl. Ministerium für Landwirtschaft usw. statt. 

Am 18. und 19. September unterwarfen Herr Ministerial-Direktor 
Dr. Thiel und der Vorsitzende des Kuratoriums, Herr Geh. Ober- 
Reg.-Rat Dr. Mueller-Berlin die Anstalt, sowie besonders die Neu¬ 
bauten einer eingehenden Besichtigung. Im Anschluß daran fanden 
Beratungen statt 

Vom 7. bis 9. Oktober war von der Anstalt eine Gemüse¬ 
ausstellung arrangiert. Das Nähere ergibt sich aus dem Bericht 
des Garteninspektors Junge (Seite 72 dieses Werkes). 

Am 20. November wurde an der Anstalt zum ersten Male ein 
öffentlicher Kursus in der Handhabung der Desinfektionseinricbtungen 
für Reben abgehalten. 

Am 22. Dezember fand im Beisein der Kuratoriumsmitglieder: 
Gartenbaudirektor Siebert-Frankfurt und Weingutsbesitzer Bürgeff- 
Geisenheim die alljährliche Weihnachtsfeier statt. 

Am 13. Januar fand eine Sitzung des Kuratoriums der Anstalt 
statt, zu welcher die nachstehend aufgeführten Herren erschienen waren: 
Ober-Regierungsrat Pfeffer von Saloraon, stellvertretender 
Vorsitzender, 

Ministerialdirektor Dr. Thiel, 

Geh. Ober-Baurat Böttger, 

Dr. Oldenburg vom Königl. Landwirtschaftsministerium. 
Geh. Ober-Baurat Delius vom Königl. Ministerium der öffent¬ 
lichen Arbeiten, 

Professor Dr. Wortmann, Direktor der Königl. Lehranstalt, 
Landesökonomie-Rat Goethe- Darmstadt, 

Gart e n bau -Di rek tor S i e b e r t - Fra n kf urt, 

Weingutsbesitzer Burgeff, hier. 

Die Lehranstalt beging den Geburtstag Seiner Majestät in feier¬ 
licher Weise durch einen Festaktus in der Aula des Internats. 
Nach dem seitens des Schülerchors unter der Leitung des Gesang¬ 
lehrers Wollstädter vorgetragenen Kreutzerschen Chor: ,.Dir 
möcht ich diese Lieder weihen“ von Uhland, hielt der Vorstand 
der oenochemischen Versuchsstation, Dr. von der Heide die Fest¬ 
rede. Er sprach über die im letzten Jahrzehnt neuentdeckten Ele¬ 
mente (Argon, Helium, Radium). Mittags 1 Uhr fand im Saale des 
„Deutschen Hauses“ ein Festessen statt, an welchen sich die Lehrer, 
Beamten und Schüler usw. beteiligten. 

Im Frühjahr 1906 fand zum ersten Male an der Anstalt ein 
besonderer Unterrichtskursus über den Schädling „Peronospora viti- 
cola“ statt. 


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3. Chronik. 


7 


In der Zeit vom 8. bis 10. Februar unterzogen sich die vor¬ 
genannten älteren Eleven der schriftlichen Prüfung in folgenden 
Fächern: Obstverwertung, Gärungserscheinungen und Bodenkunde. 

Die Themata waren folgende: 

1. Die Verwendung des Beerenobstes im Haushalt. 

2. Das Kahmigwerden der Weine. 

3. Die Bodenbildung (Verwitterung und Verschlemmung). 

An der mündlichen Prüfung, welche am 16. und 17. Februar 
in Gegenwart der Herren Ober-Reg.-Rat Pfeffer von Salomon 
aus Wiesbaden, Gartenbaudirektor Siebert aus Frankfurt a. M. und 
Graf von Ingelheim aus Geisenheim stattfand, nahmen sämtliche 
Schüler teil. 

Die Prüfungen erfolgten in folgenden Fächern: Landschafts¬ 
gärtnerei, Weinbau, organische Chemie, Düngerlehre, Gehölzkunde, 
Buchführung, Spalierzucht und Kellerwirtschaft. 

Am 21. Februar schloß der Direktor das Schuljahr mit einer 
Ansprache an die Schüler, indem er ihnen nach Schluß derselben 
die Zeugnisse überreichte. Chöre eröffneten und schlossen die 
Feier. 


b) Besuche. 

Die Anstalt wurde besucht: 

am 23. April vom Obst- und Gartenbau-Verein Eschersheim 
unter Führung des Landesobstbaulehrers Winkelmann, 

am 8. Mai vom Aufsichtsrat der Palmengartengesellschaft in 
Frankfurt a. H., 

am selben Tage vom Besitzer der Orchideenkulturen in Marien¬ 
felde b. Berlin Otto Beyrodt, 

am 23. Mai von den Schülern und Hospitanten der Königl. 
landw. Winterschule in Fürth, 

am 26. Juni vom Verein deutscher Rosenfreunde in Kreuznach, 
am 27. Juni von mehreren Herren der Kaliwerke in Staßfurt 
unter Führung des Herrn Generaldirektors Graesner, 
am 8. Juli vom landw. Bezirksverein zu Besigheim, 
am 20. Juli von 3 Regierungs-Räten aus den östlichen Pro¬ 
vinzen unter Führung der Herren Prof. Dr. Christ und Dr. Lüstner, 
am 5. August vom Obstbauverein Herbornseelbach unter Füh¬ 
rung des Landes-Obst- und Weinbaulehrers Schilling, 

am 11. August von den Schülerinnen der Rheinfriedschule in 
Eltville unter Führung der Herren Garteninspektor Glindemann 
und Junge, 

am 13. August vom Kreis-, Obst- und Gartenbau-Verein des 
Kreises Mainz unter Führung des Kreisobstbautechnikers Schäfer 
in Mainz, 

am 14. August vom Direktor der Gerard Adriaan van Swieten 
Tuinbouwschool-Bleeker, 

am 22. August von Herrn Freiherrn von Bodmann, Gro߬ 
herzog]. Bad. Ministerial-Direktor und stellvertretenden Bevollmäch¬ 
tigten zum Bundesrat, 


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8 I. Schulnachrichten. 

am 25. August von etwa 20 Personen der Obst- und Weinbau- 
Interessenten in Hattenheim, 

am 27. Augut vom Obst- und Gartenbau-Verein Doernigheim 
b. Hanau, 

am 15. und 16. September von zahlreichen Mitgliedern des 
Deutschen Pomologenvereins, 

am 4. Oktober von einer Kommission aus Neustadt a. H., 
am 19. März vom Königl. Rat Stephan Molnär de Rudina, 
Sektionsleiter im Königl. ungarischen Ackerbau-Ministerium und 
Landes-Ministerial-Kommissar für Obstbau, 
sowie von zahlreichen andern Personen. 

4. Ausflüge und Studienreisen. 

Im Berichtsjahre 1905 wurden folgende Ausflüge und Studien¬ 
reisen unternommen: 

a) unter Führung des Garteninspektors Glindemann: 
am 5. Mai 1905 Ausflug nach Frankfurt a/M. zur Besichtigung 
der städtischen Garten- und Parkanlagen, Besuch des Palmengartens 
und der Orchideen-Ausstellung sowie der Handelsgärtnerei von Sinai 
in Bockenheim-Frankfurt; 

am 8. Mai 1905 Besichtigung der städtischen Garten- und Kur¬ 
anlagen in Wiesbaden; 

am 24. Juli 1905 Besichtigung der städtischen Anlagen in Mainz; 
am 14. August 1905 Ausflug nach Nieder-Walluf a/Rh. zur Be¬ 
sichtigung der Baumschulen und Staudenkulturen von Goos und 
Koenemann und der Rosenschulen von Kreis; 

am 22. August 1905 Ausflug nach Wiesbaden zur Besichtigung 
der städtischen Gartenanlagen, der Handelsgärtnerei von Weber 
& Co. und der Baumschulen von Hirsch. 

In der Zeit vom 24. bis 30. September 1905 unternahmen 
15 Schüler unter Führung des Garteninspektors Glindemann eine 
Studienreise nach den wichtigsten Städten des Oberrheins, die 
folgenden Verlauf nahm: 

1. Tag: Besichtigung der städtischen Anlagen in Mannheim und 
des Schloßgartens in Schwetzingen. 

2. Tag: Besichtigung des botanischen Gartens in Heidelberg, 
des Schlosses, der städtischen Anlagen und einiger handelsgärtnerischer 
Betriebe daselbst. 

3. Tag: Besichtigung des Stadtgartens, der Hofgärtnerei und 
des botanischen Gartens der technischen Hochschule in Karlsruhe. 

4. Tag: Besichtigung der Kuranlagen und Schloßgärtnerei in 
Baden-Baden, der Obstkulturen in Bühl i/B., sowie der Obst¬ 
verwertungseinrichtung daselbst. 

5. Tag: Besichtigung der städtischen gärtnerischen Anlagen in 
Freiburg i B. und Ausflug in das Hüllental. 

6. Tag: Fußtour durch die Vogesen. 

7. Tag: Besichtigung der gärtnerischen Anlagen in Straßburg 
und Rückreise nach Geisenheim. 


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Periodische Kurse. 


9 


Am 11. Januar 1906 Ausflug mit den Gartenbaueleven nach 
Wiesbaden. Teilnahme an der Versammlung des Vereins deutscher 
Garteukünstler, Besichtigung der Pläne für die Umgestaltung der 
Kuranlagen, Besichtigung der Dambach- und Nerotalanlagen und 
Teilnahme an der Versammlung des Gartenbauvereins in Wiesbaden; 

am 19. Januar 1906 Ausflug mit den Gartenbauschülern nach 
Wiesbaden zur Besichtigung der ausgestellten Pläne für die Um¬ 
gestaltung der Kuranlagen, sowie Besuch der Nerotalanlagen; 

b) unter Führung des Gartenbauinspektors Junge mehrere 
Ausflüge in die Umgebung von Geisenheim zwecks Besichtigung 
von Obst- und Gemüsekulturen, Baumschulen und Konserven¬ 
fabriken ; 

c) unter Führung des Weinbau-Inspektors Seufferheld: 

am 17. April Besichtigung der Gutswirtschaft des Schlosses 
Johannisberg; 

am 20. April Besichtigung der Neuanlagen der Domäne Niedern¬ 
hausen a/d. Nahe; 

am 11. Mai Exkursion nach Deidesheim; 
am 15. Mai Besichtigung der Gutsverwaltung Se. Königl. Hoheit 
des Prinzen Albrecbt in Erbach; 

am 1. Juni Besichtigung der von Mummschen Gutsverwaltung 
Johannisberg; 

am 17. Juli Besuch der deutschen Weinkellerei zu Büdesheim; 
am 27. Juli Besuch der Kellereien der Firma Sturm zu Rüdes- 
heim; 

am 3. August Besuch der Sektkellerei Mathaeus Müller und 
der Zentralkellerei der Raiffeisenschen Winzergenossenschaften in 
Eltville; 

am 14. August Besuch der Kgl. Domäne Steinberg und der 
Domänenkellerei Eberbach; 

am 18.—24. September Studienreise an die Mosel und Aar. 

5. A. Periodische Korse. 

a) Kursus Ober Weingärung, Anwendung von Hefen, Krankheiten 

des Weines usw. vom 19. Juni bis 1. Juli 1905. 

An demselben nahmen 37 Personen teil. (Siehe auch Bericht 
der pflanzen physiologischen Versuchsstation.) 

b) Der vierzehntägige Kursus über chemische Untersuchung der 

Weine und Weinbehandlung 

wurde im Berichtsjahre mit Rücksicht auf den kurz vorangegangenen 
Wechsel in der Leitung der oenochemischen Versuchsstation nicht 
abgehalten. (Vergl. auch den Bericht des Vorstandes dieser Station). 

c) Nachkursus zum Obstbau- und Baumwärterkursus vom 14. bis 

19. August 1905. 

An dem Obstbaunachkursns nahmen 20 Personen, am Baum- 
wärternachkursus 21 Personen teil. 


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10 


1. Schulnachrichten. 


d) Obstverwertungskursus für Minner vom 21. bis 26. August 1905. 

Er wurde von 25 Personen besucht. 

e) Obstverwertungskursus für Frauen vom 28. August bis 

2. November 1905. 

An demselben beteiligten sich 53 Personen. 

f) Reblaus-Kurse. 

Am 19. und 20. Februar 1906 wurde für die hieran interessierten 
Schüler der Anstalt ein Kursus abgehalten. Beteiligungszahl 43. 

In der Zeit vom 22. bis 24. Februar 1906 fand ein öffentlicher 
Reblauskursus statt, an dem sich 35 Personen beteiligten. 

g) Obstbaukursus vom 22. Februar bis 14. Mirz 1906. 

Er wurde von 31 Personen besucht. 

h) Baumwärterkursus vom 22. Februar bis 14. März 1906. 

Derselbe zählte 46 Personen. 

i) Der einwöchige Kursus über Herstellung und Behandlung der 

Obstweine. 

Der Obstweinbehandlungskursus, der bisher im Frühjahr statt¬ 
fand, wird von jetzt ab mit dem im Sommer stattfindenden Obst¬ 
verwertungskursus, dessen Dauer auf 14 Tage verlängert wird, ver¬ 
schmolzen. 

B. Außerordentliche Kurse. 

Außer den alljährlich w'iederkehrenden, unter A bezeichneten 
Kursen fanden folgende außerordentlichen Kurse statt: 

a) Rebendesinfektionskurse 

am 25. Juli, 16. August. 20. November, 20. Dezember 1905, am 
29. Januar, 28. Februar und 13. März 1906. An denselben be¬ 
teiligten sich 40 Personen, die zum größten Teil als „Amtliche Sach¬ 
verständige“ in Kebendesinfektions-Angelegenheiten Verwendung 
finden. 

b) Reblauskurse. 

Es fanden im Berichtsjahre drei außerordentliche Reblauskurse, 
und zwar vom 27. bis 29. November, vom 4. bis 6. Dezember und 
vom 11. bis 13. Dezember 1905 statt, an denen sich insgesamt 
65 Personen beteiligten, die zum größten Teile als „Amtliche Lokal¬ 
beobachter“ in Reblaus-Angelegenheiten Verwendung finden. 

c) Peronosporakursus am 26. Februar 1906. 

Derselbe fand vornehmlich infolge der in den Weinbaudistrikten 
der Mosel und des Rheintals stark aufgetretenen Peronospora-Epidemien 
im Interesse der schwergeschüdigteu Winzer statt. Teilnehmerzahl 19. 


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6. Bauliche Veranderuugen. — 7. Neuerwerbungen. — 8. Bibliothek usw. 1) 


Nach Vorstehendem besuchten somit die Lehranstalt 

a) im Schuljahre 1905/06 ... 78 Schüler (dauernd) 

3 Schüler (vorzeitig entlassen) 

b) „ Berichtsjahre 1905/06 . . 32 Praktikanten 

c) „ ,, „ . . 392 Kursisten 

Insgesamt 505 Personen. 


Die Gesamtzahl aller Schüler und Kursisten, welche die An¬ 
stalt seit ihrem Bestehen besuchten, beträgt nun bis zum 31. März 
1906 gerechnet 8142, wovon 1551 eigentliche Schüler bezw. Prakti¬ 
kanten und 6591 Kursisten sind. 

6. Bauliche Veränderungen. 

1. Bau eines Kalthauses nebst Gärtnerwohnung. 

2. Umbau des alten Kelterhauses zu einem Hörsal für das 
oenochemische Institut und Erweiterung des Laboratoriums daselbst. 

3. Neubau eines Kelterhauses und eines Demonstrationssaales 
auf der vormals Jannschen Hofraite. 

4. Verlegung der Wagenhalle der Anstalt nach der Jannschen 
Hofraite. 

5. Erweiterung des bestehenden Obstmuttergartens und Neu¬ 
anlage von Spalierschaurabatten. 

6. Regulierung des Hofes zwischen dem alten und neuen Internat. 

7. Anlegung eines Sickerschachts im Park der Anstalt. 

7. Neuerwerbungen. 

Ankauf eines der Stadtgemeinde Geisenheim gehörigen, 4,17 a 
großen Grundstücks (Gemeindebaumschule) am Eingänge der Anstalt. 

8. Bibliothek, Sammlungen, Geschenke. 

I. Sammlungen. 

A. Gekauft: 

Ausstellungsgläser mit Kunstdünger. 

Pferdegebiß in 10 Altersstadien. 

3 jähriges Pferdegebiß. 

Rindergebisse verschiedener Altersstufen. 

Normaler Vorderhuf. 

Normaler Hinterhuf. 

Längsdurchschnitt eines normalen Hufes. 

Schaucylinder. 

B. Geschenkt: 

Von der landwirtschaftlichen Versuchsstation in Hamburg eine 
Karte über die Produktionsstätten der künstlichen Düngemittel — 
Superphosphate, Ammoniak-Superphosphate, Thomasmehl, Knochen¬ 
mehl usw. 


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12 


I. Schulnachrichten. 


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Vom Königl. Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und 
Forsten anatomische Tafeln über die Honigbiene. 

Von Otto Beyrodt-Marienfelde bei Berlin 1 Nepenthes. 

Vom Königl. Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und 
Forsten 2 Exemplare des von Benary-Erfurt herausgegebenen 
Illustrationswerkes über Gemüse. 

II. Bibliothek. 

A. Gekauft: 

Müller-Grau-Bißmann, Deutschlands Obstsorten. 

Gesundheitswesen des preußischen Staates im Jahre 1908. 

Roth, Europäische Laubmoose. 

Allendorf, Kulturpraxis. 

France, Leben der Pflanzen. 

Bismarck-Denkmal. 

Christ-Junge, Wert- und Rentabilitätsberechnung. 

Viala-Vermorel, Ampelographie, Lieferung 5. 

Ministerialblatt der Königl. Preußischen Verwaltung für Land¬ 
wirtschaft, Domänen und Forsten. 

Vogler, Grundlehren der Kulturtechnik. 

Beihefte zum botanischen Zentralblatt. 

Carus Sterno, Werden und Vergehen. 

R. Hesse, Die Hypogaeen Deutschlands. 

Hohenzollernjahrbuch, Band 9. 

Knuth, Blütenbiologie. 

Just, Jahresberichte (Fortsetzung). 

Latham, The gardens of Italy. 

Karsten, Vegetationsbilder. 

Czapeck, Biochemie der Pflanzen. 

Koch, Jahresbericht 1902. 

Hoops, Waldbäume und Kulturpflanzen. 

Wortmann, Wissenschaftliche Grundlagen der Weinbereitung 
und Kellerwirtschaft. 

B. Geschenkt: 

1. Von Eugen Waecliter-Herrenheim: Vorlagen zum gärtne¬ 
rischen Planzeichnen. 

2. Von der Delegation der vereinigten Salpeter-Produzenten 
Berlin-Charlottenburg: Der Chilisalpeter als Düngemittel. 

3. Vom Königl. Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und 
Forsten, Berlin: Jahresbericht über die Fortschritte auf dem Gebiete 
der Agrikulturchemie, dritte Folge, Band VI. — Jahresbericht über 
die Neuerungen und Leistungen auf dem Gebiete der Pflanzen¬ 
krankheiten, VII. Band, Jahrgang 1904 (von Prof. Dr. Hollrung). 
— Außerdem zahlreiche Bulletins. 

4. Von der Kaiserlichen Hauptverwaltung der Apanagen in 
St. Petersburg: Ampelographie der Krim. 

'). Der Italienische Gartenbau von Professor A. Berlese in 
Portici (Prov. Napoli). 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technische!! Betriebe. 


13 


Außer den voraufgeführten Büchern wurde noch eine größere 
Anzahl kleiner Werke beschafft. In der Bibliothek liegen 38 Zeit¬ 
schriften zur Benutzung für die Lehrer und zu einem gewissen Teile 
auch für die Schüler auf. 

Über die von den Versuchsstationen und technischen Betrieben 
der Lehranstalt beschafften wichtigeren Sammlungs- und Bibliotheks¬ 
gegenstände siehe die Berichte dieser Ressorts. 


II. Bericht über die Tätigkeit der technischen 

Betriebe. 


Bericht 

über die Tätigkeit in Weinban nnd Kellerwirtschaft. 

Erstattet von dem Betriebsleiter, Weinbauinspektor Seufferheld. 


A. Weinbau. 

1. Übersicht über den Gang des Betriebes Im Jahre 1905. 

Das Jahr 1905 ist mit seinen abnormen Witterungverhältnissen 
kaum mit einem der Vorjahre zu vergleichen. Nach einem ver¬ 
hältnismäßig milden Winter folgte unerwartet ein rauhes Frühjahr. 
Das Wetter war in den Monaten März, April bis in die Mitte Mai 
hinein so naß und kalt, daß der Vegetationsanfang des Rebstockes 
erst spät eintreten konnte. Nun stellte sich aber rasch eine günstige 
feuchtwarme Witterung ein, die den Stock zu starkem Triebe brachte. 
Ein in den Morgenstunden des 24. Mai eingetretener Külterückschlag 
mit — 3 0 C. konnte infolgedessen in den niederen und exponierteren 
Lagen erheblichen Schaden anrichten. Nach den kalten Tagen vom 
23. und 24. Mai setzte indessen große Wärme ein, so daß inner¬ 
halb weniger Tage mit dem Heften begonnen werden mußte. Rasch 
folgte jetzt die Traubenblüte und nahm einen ungestörten, schnellen 
und günstigen Verlauf. Nur in jungen starktriebigen Weinbergen 
hatte die schwüle, feuchtwarme Witterung insofern einen Nachteil 
gebracht, als dort ein Durchrieseln der Gescheine in stärkerem Maße 
zu beobachten war. 


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14 


II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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Die Blüte verlief bei den einzelnen Sorten und Lagen wie folgt: 


Sorte 

Lage 

Beginn 
der Blüte 

Ende 
der Blüte 

Elbling 

Fuchsberg 

16. Juni 

30. Juni 

Svlvaner 


14. „ 

26. „ 

Stein acker 

13. 

24. .. 

Riesling 

Theilers 

11. , 

24. 

,, 

Morsch berg 

12. „ 

24. .. 

., 

Mäuerchen 

13. 

25. .. 

„ 

Flecht 

14. „ 

21). 

.. 

Decker 

14. 

2(3. .. 

*y 

Fuchsberg 

14. 

2(3. .. 


Der Heuwurm, der auch im Verhältnis zu den Vorjahren nur 
in geringer Anzahl auftrat, konnte bei dem gleichmäßigen Durch¬ 
blühen aller Lagen nur wenig Schaden anrichten. Interessant war 
es zu beobachten, daß der bekreuzte Traubenwickler Grapholita 
botrana in viel größerer Anzahl auftrat als der einbündige. Es 
scheint, als ob sich nun dieser Schädling mehr und mehr vermehren 
und den Tortrix ambiguella ablösen wollte. 

Juni und Juli zeigten eine beständige, heiße Witterung, die 
durch zahlreiche Gewitterniederschläge unterbrochen wurde. So 
konnten, begünstigt durch den üppigen Stand der Reben und die 
nach den Gewittern herrschende feuchtwarme Atmosphäre die Pilz¬ 
krankheiten nicht ausbleiben und rasch eine solche Ausdehnung 
annehmen, wie in keinem der Vorjahre. Besonders war es die 
Peronospora, welche sich stark verbreitete und mit einer nie zuvor 
beobachteten Heftigkeit die jungen Träubchen und inneren Trieb¬ 
teile befiel, während an den Blättern erst anfangs August Schädi¬ 
gungen bemerkbar waren. Es ist dies wohl darauf zurückzuführen, 
daß die häufigen, starken Gewitterregen den Stock durch und durch 
benetzten. Während nun die äußeren Schichten von den heißen 
Sonnenstrahlen sofort wieder abgetrocknet wurden, so daß für die 
Entwicklung des Pilzes die nötige Feuchtigkeit fehlte, entstand in 
dem Innern des dichten Stockes dagegen eine feuchtwarme Atmo¬ 
sphäre, welche sie außerordentlich begünstigte. Trotz dieses starken 
Auftretens der Peronospora reichte doch in allen Fällen eine 1 prozent 
Kupferkalkbrühe vollständig zur Bekämpfung derselben aus. 

Die zahlreichen Gewitterregen konnten dem wochenlang von 
den heißen Sonnenstrahlen durchglühten Boden keineswegs genügend 
Feuchtigkeit zuführen, da dieselbe sofort wieder verdunstete und so 
war Mitte August in vielen Lagen ein großes Wasserbedürfnis bei 
den Stöcken bemerkbar. Nicht nur, daß das Wachstum derselben 
sichtbar nachließ, auch die Trauben blieben zurück und obgleich 
Ende August stärkere Regenfälle eintraten, konnten doch auch diese 
wenig nützen, ln den tiefgründigen, schweren Tonschiefer- und 
Lettenbödeu war dagegen diese Witterung der Entwicklung des 
Stockes äußerst förderlich. Frühzeitig konnten so schon reife Trauben 


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Bericht über die Tätigkeit in Weinbau und Kellenvirtschaft. 


15 


bemerkt werden und zwar in den verschiedenen Lagen und bei den 
einzelnen Sorten zu folgenden Zeiten: 


Sorte 

Lage 


Frühburgunder 

Fuchsberg 

29. Juli 

Portugieser 

M 

14. August 

Elbling 

„ 

16. 

Sy Ivaner 

Steinacker 

8. 

V 

Fuchsberg 

14. 

,, 

Decker 

14. 

Kiesling 

Theilers 

9. 

,, 

Morsch berg 

11. 


Hohen rech 

14. 


Miiucrchen 

14. 


Altbaum 

15. 


Fuchsberg 

16. 


Nach dem bisherigen Stande der Weinberge war auf eine recht 
gute Ernte zu hoffen, die quantitativ die des Jahres 1904 über¬ 
troffen hätte, qualitativ derselben aber mindestens gleichgekommen 
wäre. Leider machte der September diese Hoffnungen zum Teil 
zu nichte. Wochenlang bekamen wir nun Regenfälle, und kalte 
Winde kühlten so stark ab, daß die Ausreife der Trauben sehr ver¬ 
zögert wurde und allenthalben Fäulnis auftrat. Infolgedessen mußte 
schon Mitte Oktober bei noch dichter Belaubung der Stöcke mit 
der Lese des Svlvaners in den niederen Weinbergen begonnen 
werden, während in den Qualitätslagen versucht wurde, die Lese 
solange wie möglich hinauszuschieben. Ein starker Frost, der den 
24. Oktober auftrat, tötete aber sämtliche Blätter und Traubenstiele 
vollständig ab, so daß eine weitere Tätigkeit derselben ausgeschlossen 
war. Nur eine warme trockene Witterung konnte jetzt noch eine 
Veredelung herbeiführen. Da diese aber ausblieb und das Wetter 
Ende Oktober immer noch schlechter wurde, mußte nun überall 
gelesen werden. 

Auch während der Lese hielt die ungünstige Witterung an und 
ein am 12. und 13. November ununterbrochen niedergehender Regen 
schadete besonders durch Auslaugen der morschen Beeren. Eine 
eigentliche Auslese konnte nicht ausgeführt werden, da einerseits 
die Trauben in ihrer Reife sehr gleichmäßig waren, andererseits 
das schlechte Wetter zu einer Beschleunigung der Arbeit drängte. 
So wurden die Trauben im Weinberge nur in zwei Qualitäten ge¬ 
trennt. 

(Siehe Tab. S. 16.) 

Betrachten wir das Resultat der Ernte, so können wir dasselbe 
quantitativ als ein gutes bis sehr gutes bezeichnen, während es 
qualitativ nur ziemlich gut bis gut ist. Kaum 6 Monate von dem 
letzten Frühjahrsfroste an gerechnet hatte der Rebstock Zeit seine 
Früchte zur Entwicklung und Reife zu bringen. Nur dem überaus 


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16 


II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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Pro Morgen wurde geerntet: 


Tag 

der Lese 

Sorte 

Lage 

Liter 

Most 

Most¬ 

gewicht 

0 Öchsle 

Säure 

0 

00 

15. Oktober 

Elbling 

Fuchsberg 

2700 

70 

11,0 

16. 

V 

Sylvan er 


2300 

80-92 

8-10 

18. 



Stein acker 

860 

88 

8,0 

18. 



Weißmauer 

413 

87 

8,0 

19. 


Traminer 


832 

97 

8.5 

14. 



Schorchen 

650 

90 

7,7 

24. 


Sylvaner 

Decker 

1440 

90 

8,7 

29. 


Riesling 

Hohenrech 

900 

95 

11,3 

21. 



Klaus 

652 

90 

9,5 

31. 



Stallen 

541 

95 

9.3 

33. 

November 


Dechaney 

652 

96 

11,0 

3. 



Kriechende Reben 

1050 

| 89,5 

13,0 

4. 



Bein 

640 

i 95 

13,1 

5. 



Theilers 

1380 

93 

10,6 

5. 



Fuchsberg 

930 

100 

9,9 

6. 



untere Flecht 

950 

83—89 

12,0 

6. 



obere „ 

590 

84 

1L5 

9. 



vorderer Fuchsberg 

G20 

95 

10,1 

9. 



hinterer Altbaum 

506 

99 

9,1 

1. 



Katzenloch 

452 

98 

9,3 

14. 



mittlerer Morschberg 

1493 

, 87 

8,8 

14. 



vorderer „ 

590 

92 

8,1 

15. 


»• 

Becht 

306 

93 

8,2 

IG. 


r 

Mäuerchen 

500 

98 

8,3 


warmen Sommer ist es zu verdanken, daß das Jahr 1905 noch ein 
solch brauchbares Produkt geliefert hat. 

2. Neuanlagen. 

Neu angelegt wurden die Wustfelder im Distrikt „Weiberchen 1 * 
und der „Bein 1 *. Beide wurden 80 cm tief rigolt. Diese Arbeit 
verursachte bei dem ersteren infolge seines lehmigen Bodens einen 
Aufwand von 480 M, bei dem letzteren infolge seines steinigen, 
schieferigen Bodens einen solchen von 520 M pro Morgen. Das 
Grundstück im „Weiherchen“, welches sehr tief lag und häufig durch 
Frühjahrsfröste litt, wurde durch Überfahren mit jungfräulichem 
Boden um 50 resp. 30 cm gehoben und so in seiner Lage .wesent¬ 
lich verbessert. Dasselbe wurde je zur Hälfte mit unveredelten 
Rieslingwurzelreben und bewurzelten Veredelungen von Riesling auf 
Riparia bepflanzt. Diese Pflanzung soll mit zur Klärung der Frage 
des Einflusses der Unterlage auf Quantität und Qualität des Er¬ 
trages der Veredelungen beitragen. Die Anlage ist mit 90 °/ 0 gut 
angewachsen und beide Teile zeigten eine kräftige, vollständig gleiche 
Entwicklung. 

Die „Bein“ wurde ganz mit unveredeltem Riesling bestockt und 
ist ebenfalls sehr gut angewachsen und gediehen. 


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Bericht über die Tätigkeit in Weinbau und Kellerwirtschaft. 17 

3. Kultur-Versuche. 

Einfluß des Wurzelschnittes und der Pflanzart auf das Wachstum 

der Würzlinge. 

Bislang ist es in vielen Gegenden, so auch im Rheingau, all¬ 
gemein üblich, daß die herangezogenen ein- resp. zweijährigen 
Wurzelreben bei der Pflanzung an ihren Wurzeln auf 1 / 3 —1 cm 
kurze Stummeln zurücbgeschnitten werden, um mit dem Setzstückel 
gepflanzt werden zu können. 

Da sehr häufig mit gutem Blindholz angelegte Felder ebenso 
kräftige Jungfelder abgeben, wie solche mit Wurzelreben, kam mir 
der Gedanke einmal nachzuprüfen, ob denn nicht dieser kurze Rück¬ 
schnitt der Wurzeln und die damit verbundene Pflanzung mit dem 
Setzstückel einen nachteiligen Einfluß auf das Wachstum der Reben 
in den ersten Jahren ausüben könne. 

Zu diesem Zwecke wurde ein in seinen Bodenverhältnissen 
(steiniger Schieferboden) vollständig gleichmäßiges Wustfeld rigolt 
und folgendermaßen in 4 Parzellen angelegt. Zur Verwendung ge¬ 
langten ausgesuchte kräftige einjährige Wurzelreben und in der 
Dunstgrube vorgetriebene gesunde Blindreben. 

Parzelle 1. Die Setzreben wurden an ihren Wurzeln nur an¬ 
geschnitten, um eine frische Schnittfläche zu bekommen. Die 
Pflanzung erfolgte mit dem Spaten. 

Parzelle II. Der Wurzelschnitt erfolgte auf kurze Stummeln, 
es wurde mit dem Spaten gepflanzt. 

Parzelle III. Die an den Wurzeln ebenfalls kurz geschnittenen 
Reben wurden mit dem Setzstückel gepflanzt 

Parzelle IV. Blindreben wurden mit dem Setzstückel gesetzt. 
Das Ergebnis ist bis jetzt folgendes: 

Die an den Wurzeln nur angeschnittenen und mit dem Spaten 
gepflanzten Reben hatten ausnahmslos doppelt so starke Triebe erzeugt, 
wie die mit dem Setzstückel gesetzten kurz zurückgeschnittenen. Die 
Gesamterscheinung der einzelnen Stöcke war eine überraschend kräftige. 

Parzelle II zeigte wohl einen kräftigeren Wuchs wie III, blieb 
aber gegenüber den nur angeschnittenen Reben deutlich im Wachs¬ 
tum zurück. 

Die Blindreben entwickelten sich sehr gut. Die jungen Stöcke 
zeigten genau dieselbe Stärke wie diejenigen der mit dem Setz¬ 
stückel gepflanzten Wurzelreben. 

Die einzelnen Parzellen werden in ihrer Entwicklung weiter 
beobachtet, um nach einigen Jahren ein Endresultat zusammenstellen 
zu können. Auch soll in anderen Bodenarten derselbe Versuch 
eingeleitet werden. 

4. Prüfung von Materialien. 

a) Die für die Abwehr der Frühjahrsfröste zur Verwendung 
empfohlenen Räuchermassen. 

Nachdem in verschiedenen Weinbaugebieten mit wechselndem 
Erfolge die Erzeugung künstlicher Wolken durch Verbrennung stark 

Geisonhoimer Bericht l'JOö. 2 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


rauchender Massen 
zur Bekämpfung der 
Frühjahrsfröste iu 
Verwendung gekom- 
. men ist, beschäftigen 
sich zahlreiche Fir¬ 
men mit der Her- 
• Stellung geeigneter 
Räuchermaterialien. 
Jedes Jahr gehen der 
Anstalt solche zur 
Prüfung zu. Die iu 
nachfolgendem Be¬ 
richte aufgeführten 
Präparate wurden in 
den letzten Jahren 
sowohl bei den prak¬ 
tischen Frostwehren 
im "Weinberge als 
auch bei vergleichenden Ver¬ 
suchen einer Prüfung unter¬ 
zogen. 

Sämtliche Materialien ge¬ 
langten einmal in der von 
der Fabrik hergestellten Form, 
sodann in Räucherbüchsen 
(Fig. 1) und endlich iu den 
Waas"sehen Qualmapparaten 
(Fig. 2) zur Verbrennung. So¬ 
wohl die Büchsen als auch 
die Qualmapparate wurden 
bei sämtlichen Proben ein¬ 
heitlich mit 2 kg Räucher¬ 
masse beschickt. 

/ Es kamen folgende Räucher¬ 

materialien zur Verwendung: 

1. Das Räuchermittel der 
Firma W. Andernach in 
Beuel — genannt Tirili. 

Diese Räuchermasse be¬ 
steht aus einer festen Teer¬ 
komposition, welche in Holz¬ 
kisten eingegossen ist. Da 
von vornherein anzunehmen 
war, daß die Verwendung 
'* der Kistchen das Material 
verteuert, so wurde ver¬ 
suchsweise das Räuchermittel auch in der Räucherbüchse (Fig. 1) 
und dem Qualmapparat (Fig. 2) zur Verbrennung gebracht. So- 


Raucherbüchse. 


Fig. 2. Qualmapparat der Firma Waas-Geisen 
heim. 


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Bericht über die Tätigkeit in Weinbau und Kellerwirtschaft. 19 

wohl in der von der Fabrik gelieferten Form, als auch in den 
Apparaten entzündet sich „Tirili“ schnell, gibt indessen anfäng¬ 
lich wenig Rauch, dagegen besonders in den Kistchen bald eine 
Flamme, die große Wärme verbreitet Schon nach 15 Minuten 
muß die Masse, die stark verkrustet, aufgerührt werden, wobei sie 
dann einen stark rußenden Rauch verursacht. Die Raucherzeugung 
kann als gut bezeichnet werden. Die Rauchmenge hält jedoch nicht 
lange an, sofern nicht fortwährend umgerührt wird. Nachdem das 
Kistchen ca. 30 Minuten gebrannt hat, geht es in Flammen auf. 
Die größten Rauchmengen lieferte „Tirili“ in dem Waas'sehen 
Qualmapparat Die Brenndauer der 2 kg Material beträgt ca. eine 
Stunde, der Preis der Brennstunde pro Feuer 30 Pf. Unvorteilhaft 
ist bei dieser Räuchermasse die starke Wärmeentwicklung und die 
durch das Umrühren benötigte große Bedienung. 

2. Das Rauchersalz von der Te.erproduktenfabrik in Biebrich — 
Stephan Mattar. 

Dieses ist ein Teerprodukt, welches in kleinen, krümeligen 
Stückchen in Säcken geliefert wird und sich leicht auf die Feuer¬ 
stellen verbreiten läßt. Da das Anziinden ziemlich lahge dauert, so 
empfiehlt die Firma das Übergießen der Masse mit Öl. Erst nach 
15 Minuten wird ein dichter Rauch entwickelt, der wenig in die 
Höhe geht und über den Boden hinstreicht. Nachdem die Masse 
auf gerührt ist, gibt sie große Mengen eines dicken Rauches, so daß 
die Raucherzeugung besonders im Qualmapparat als eine sehr gute 
bezeichnet werden kann. Nach 40 Minuten sind 2 kg der Masse 

verbrannt Die Brennstunde pro Feuer stellt sich hierbei auf 20 Pf. 

3. Das Räucherpech, von derselben Firma hergestellt, kommt in 

mittelgroßen, trockenen Stücken in Säcken in den Handel. Diese 

Masse brennt ebenfalls langsam an, entzündet sich aber besser als 

das Räuchersalz. Die Rauchentwicklung ist nach 10 Minuten Brenn¬ 
dauer eine sehr gute. Infolge starker Krustenbildung ist das Feuer 
jedoch bereits nach 15 Minuten in der Räucherbüchse erstickt, 
während das im Qualmapparat befindliche Pech nur noch schwachen 
Rauch gibt, wobei auch hier nach 20 Minuten das Feuer erlöscht 
Nachdem die Kruste entfernt und die Masse wieder entzündet worden 
ist, wiederholt sich dasselbe Bild: Uleich nach dem Anzünden zu¬ 
nächst reichliche Mengen dichten Rauches, welcher dann mit zu¬ 
nehmender Krustenbildung abnimmt, bis das Feuer ganz erlöscht. 
Es läßt sich somit das Räucherpech zur Frostwehr nicht gebrauchen. 
Außerdem würde auch eine zu große Bedienungsmannschaft zur 
Instandhaltung der Feuer nötig sein. Die Brennstunde stellt sich 
pro Feuer auf 30 Pf. 

4. Das Räucheröl, ebenfalls von der Firma Mattar geliefert, 
stellt eine ölige Flüssigkeit dar. Es wird in Kannen geliefert, die 
leicht transportabel sind, so daß die Aufstellung und Speisung der 
Feuerstollen keine Schwierigkeiten macht. Während bei den festen 
Stoffen an Stelle der Büchsen und Apparate eventuell auch Erd¬ 
gruben verwendet werden können, müssen bei diesem Oie natur¬ 
gemäß stets geeignete Gefäße zur Verwendung kommen. Das Räucheröl 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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entzündet sich sehr leicht lind gibt schon nach kurzer Zeit eine große 
Menge dichten Rauches, der wenig rußt und nahe am Boden bleibt. 
Bis zu 40 Minuten brannte das öl mit immer stärkerer Rauch¬ 
entwicklung, ohne daß ein Umrühren nötig gewesen wäre. Erst 
gegen Ende bildet sich eine schwache Krustendecke, welche indessen 
leicht entfernt werden kann, worauf die Rauchentwicklung in alter 
Stärke einsetzt, bis nach 80 Minuten die ganze Masse verbrannt ist 
Die Brennstunde kostet pro Feuer 14 Pf., so daß sowohl hinsichtlich 
der Menge des entwickelten Rauches als auch der verursachten 
Kosten das Räucheröl an erster Stelle stellt. 

5. Die Räucherpatrone, von Friedr. Woesch in Würzburg 
hergestellt, hat die Form eines 1 1 f t kg schweren Paketes, welches 
oben mit einer Zündschnur versehen ist. Die Patronen werden in 
den Boden eingegraben und sodann entzündet. Sie geben schnell 
eine große Menge eines weißen, schweren, feuchten Rauches ab, der 
sich über den Boden hinzieht. Würde die Rauchentwicklung in 
dieser Weise längere Zeit anhalten, so könnte man die Rauchpatrone 
vielleicht als das beste Räuchermittel gegen die Spätfröste bezeichnen. 
Leider nimmt* aber die Menge des Rauches schon nach 5 Minuten 
merklich ab, um nach 10 Minuten Brenndauer vollständig aufzuhören. 
Daher werden für eine Brennstunde 4 Kerzen verbraucht, was dem 
hohen Preise von 1 M 40 Pf. pro Feuer und Brennstunde entspricht. 
Schon aus diesem Grunde dürfte von einer praktischen Verwendung 
der Räucherpatronen abzusehen sein. Aber selbst bei geringerem 
Preise wäre ihre Anwendung nicht zu empfehlen, da sie sehr leicht 
explodieren und dann in hellen, eine große Hitze verbreitenden 
Flammen brennen, so daß noch in einer Entfemuug von 8 — 10 m 
die Pflanzen leiden. 

6. Die Räuchermasse der chemischen Fabrik von Dr. H. Nörd- 
linger in Flörsheim a. M. 

Dieses Räuchermittel enthält wohl in der Hauptsache Naphthalin 
und Sägemehl. Es hat eine trockene, krümelige Beschaffenheit und 
kommt in Fässern in den Handel, wodurch der Transport des Mittels 
ein einfacher wird. Die Masse läßt sich mit der Schaufel stechen 
und leicht nach den Feuerstellen bringen. Die Entzündung der¬ 
selben geht gut vor sich. Das Feuer gibt schnell einen grauen, 
dichten Qualm, der am Boden hinstreicht. Das Nördlinger'sche 
Material wurde hier bereits zweimal mit gutem Erfolge im großen 
angewandt. Die Büchsen konnten stets, ohne daß Schaden an den 
Rebstöcken verursacht wurde, zwischen die Zeileu gestellt werden. 
Die Krustenbildung auf den Feuern ist nur gering, so genügt 
ein alle 80 Minuten vorgenommenes Umrühren. Die Brennstunde 
kostet pro Feuer 20 Pf., so daß sowohl hinsichtlich des Preises als 
auch besonders in Bezug auf die Rauchentwicklung und die Ein¬ 
fachheit der Verwendung die Nördlinger’sche Masse an zweiter 
Stelle steht. 

7. Steinkohlenteer. Derselbe entzündete sich gut und gab nach 
10 Minuten dichten, stark rußenden Qualm, der jedoch in der Menge 
hinter dem von dem Räucheröl und der Xördlinger’schen Masse 


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Bericht über die Tätigkeit in Weinbau und Kellerwirtschaft. 21 

entwickelten zurück blieb. Da schon bald eine starke Krustenbildung 
auftrat, so ließ die Rauchentwicklung schnell nach und um sie wieder 
genügend zu stärken, mußte des öfteren gerührt werden. Der Trans¬ 
port des Teeres ist wegen seiner Beschaffenheit schwierig und um¬ 
ständlich. Die Kleider der Arbeiter werden stark beschmutzt, auch 
leiden die Arbeiter sehr unter den großen Rußmassen, die gebildet 
werden. Da außerdem die Rauchentwicklung schwächer ist, als bei 
dem Räucheröl und der Nördlinger’schen Masse, so dürfte einem 
dieser beiden Mittel der Vorzug gegenüber Teer zu geben sein, zu¬ 
mal der Preis der beiden Materialien pro Brennstunde und Feuer 
billiger ist, als der des Teeres, bei welchem der Preis pro Brenn¬ 
stunde 22 Pf. beträgt. 

Alle aufgeführten Räuchermaterialien brannten in dem Waas- 
schen Qualmapparate gleichmäßiger und besser und entwickelten 
dabei größere Mengen von Rauch als in den Räucherbüchsen. 

8. Das Schaaf sehe Räuchermittel. 

Diese von dem Gutsbesitzer Schaaf in Dieskau bei Halle ein¬ 
gesandte und von demselben persönlich vorgeführte Räucherraasse 
besteht aus zwei Teilen, und zwar aus der den Rauch erzeugenden 
Masse und der Zündmasse. Die erstere ist der Menge nach am 
größten und besteht hauptsächlich aus Sägemehl, dem geringere 
Mengen eines harzartigen Stoffes beigemengt sind. Die Zündmasse, 
die in langen Papierdüten, den sogenannten Patronen, eingeschlossen 
ist, beträgt nur Yio der Rauchmasse und besteht allem Anscheine 
nach aus einem harzartigen, leicht brennenden Stoffe. Die Rauch¬ 
masse wird in kleineren oder größeren Haufen aufgeschüttet (die 
Größe der Haufen richtet sich nach der Anzahl der Feuer) und 
dann mitten in dieselbe die Zündmasse eingesteckt Nach Anzünden 
der Patrone entsteht sofort eine große Menge weißer dichter 
Rauch, welcher sich infolge seiner Schwere über den Boden hin¬ 
zieht. Leider hält diese Rauchentwicklung nur ca. 10—15 Minuten 
an, worauf intensiv gerührt werden muß, wenn genügend Rauch 
zur Abwehr des Frostes entwickelt werden soll. Bei öfterem Rühren, 
wobei jedesmal die Entfernung der gebildeten Schlacke nötig ist, hält 
allerdings die Rauchentwicklung ca. 1 1 2 —2 Stunden in genügender 
Stärke an. Der Preis des Materials ist im Verhältnis zur Rauch¬ 
entwicklung ein geringer zu nennen. Derselbe stellt sich unter An¬ 
nahme derselben Verhältnisse wie bei den übrigen Materialien pro 
Brennstunde auf 10 Pf. Die Wärmeentwicklung ist nur gering. 
Trotzdem ist in der Nähe von Pflanzen Vorsicht am Platze, weil bei 
Verwendung von zu viel Zündmasse, was zumal beim Arbeiten im 
großen leicht Vorkommen kann, die ganze Masse explodiert und 
dann helllodernd selbst auf größere Entfernung hin alles verbrennt 
Wenn so das Schaaf'sehe Räuchermittel einen geringen Preis mit 
guter Rauchentwicklung verbindet, so dürften dessen Verwendung 
in der gießen Praxis doch technische Schwierigkeiten im Wege 
stehen, da die für ein umfangreicheres Areal nötigen großen Mengen 
des Mittels sich schwer verteilen lassen und eine größere Arbeiter¬ 
zahl beanspruchen. Auch die Aufbewahrung des Materials bis zur 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


Frostperiode und ganz besonders während derselben dürfte vielfach 
Schwierigkeiten verursachen, da dasselbe andauernd vor Feuchtigkeit 
geschützt werden und dabei doch stets bereit liegen muß. Ein end¬ 
gültiges Urteil über die Verwendbarkeit des Schaaf’schen Räucher¬ 
mittels in der Praxis wird daher erst nach seiner Verwendung im 
großen ausgesprochen werden können. Da das Mittel, wie bereits 
erwähnt, im übrigen nur gute Eigenschaften auf weist, so wäre die 
Ausführung eines auf einem großen Areal angestellten Versuches 
zu wünschen, um darüber zu entscheiden, ob die erwähnten tech¬ 
nischen Schwierigkeiten so hinderlich sind, wie es nach dem Vor¬ 
versuch zu sein scheint oder nicht. 


b) Die Fuchs sehen Patent-Gertbänder (zugleich Fangbänder zur 
Bekämpfung des Heu- und Sauerwurms). 

Von dem Gutsbesitzer Fuchs in Dattenberg bei Linz wurden 
Gertbänder konstruiert (Fig. 3), die aus einem 15—20 cm langen 
dünnen Draht bestehen, der an einer Hülse befestigt ist. Diese 
Gertbänder sollen nun einerseits ein rascheres Gerten bei mehr¬ 
maliger Verwendung des Materials gestatten, andererseits aber den 
Puppen des Heu- und Sauerwurms einen günstigen Schlupfwinkel 
darbieten, in welchem sie im Sommer durch die nützlichen Insekten, 
im Winter durch Eintauchen der gelösten Bänder in heißes Wasser 
resp. Aufhängen der Bänder im warmen Raume abgetötet werden 
können. 

Von diesen Bändern wurden nun im Jahre 1904, 150 Stück 
versuchsweise verwendet. Es ließ sich in dem mit Draht gegerteten 
Teile des Weinberges kein Unterschied in dem Auftreten des Heu- 
und Sauerwurmes gegenüber dem mit Weiden gebogenen Teile be¬ 
merken, obgleich im Spätherbste in den Schilfösen der Fuchs'sehen 
Bänder zahlreiche Spinnen und ausgefresseue Heu- und Sauerwurm¬ 
puppen vorgefunden wurden. Um nun zu sehen, ob nicht bei Ver¬ 
wendung der Bänder in größerer Menge ein günstigeres Resultat 
zu erzielen ist, wurden in dem Berichtsjahre zwei getrennt von¬ 
einander liegende Parzellen von je 1 j i ha mit den Fuchs’schen 
Bändern gegertet und in derselben Lage eine Parzelle von gleichem 
Flächeninhalt mit Weiden. Eine Wirkuug der Fuchs'sehen Fang¬ 
bänder konnte auch bis jetzt nicht beobachtet werden. Dagegen 
stellte sich heraus, daß dieselben für die Praxis wohl zu kostspielig 
sind. Es wurden zum Gerten eines Morgens 5000 Bänder ver¬ 
braucht, was bei einem Preise von 15 M pro Tausend einer Aus¬ 
gabe von 75 M für Gertmaterial gleichkommt. Diese Ausgabe ist 
eine so hohe, daß selbst bei mehrmaliger Verwendung der Bänder 
schon ein durchschlagender Erfolg bei der Bekämpfung des Heu- 
und Sauerwurmes herauskommen müßte, wenn der Verwendung 
derselben in weiten Kreisen das Wort geredet werden könnte. Nach 
den Auslagen, welche in dem Anstaltsgute für Gertmaterial pro 
Morgen bislang entstanden sind, müßten die Patentfaugbänder einer 
mindestens 10 maligen Benützung unterzogen werden, um einiger- 


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Bericht über die Tätigkeit in Weinbau und Kel[erwirtschaft. 23 

maßen mit den Weiden konkurrieren zu können. Davon kann meines 
Erachtens keine Rede sein, da schon ein größerer Teil im Laufe 
von wenigen Jahren verloren gehen dürfte und der Draht der Bänder 
bei 4—5 maligem Gebrauch abgedreht sein wird. Was die Zeit an¬ 
betrifft, welche bei dem Gerten eines bestimmten Areals mit den 



Fig. 3. Gertbaud. 


Patentbändern gegenüber den Gertweiden notwendig ist, so läßt sich 
allerdings nach einiger Übung mit den Patentbändern rascher gerten 
wie mit den Weiden. Der Zeitunterschied zu Gunsten der enteren 
ist aber gegenüber dem hohen Preis ein so geringer, daß er kaum 
in Betracht kommt. 


c) Düngemittel. 

Von der Firma Dietrich in Fritzlar wurde eine größere Menge 
Peruguano der Anglo-Contiuentalen Guanowerke zu Versuchszwecken 
zur Verfügung gestellt. Derselbe wurde zur Düngung eines mit 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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der Sorte Sylvaner bestockten Weinberges in leichtem lehmigem 
Boden verwandt. Zwei durch eine Kontrollparzelle getrennte Teile 
wurden mit 3 und 6 Ztr. Guano pro Morgen gedüngt. 


Menge des Düngers 
pro Morgen 

Ertrag 
pro Morgen 

Most- 

Gewicht 

Säure 

Ztr. 

kg 

« Ö. 

°/oo 

3 

1240 

96 

10,5 

6 

8ü0 

94 

9,0 

ungedüngt 

1100 

94 

9,5 


Diese Zahlen zeigen, daß der Guano nicht zur Wirkung gelangt 
ist, auch infolge der großen Trockenheit gar nicht an die Wurzeln 
der Rebe kommen konnte. Es läßt sich überhaupt in so kurzer 
Zeit kein Urteil über die Wirkung eines Düngers in den Wein¬ 
bergen fällen, da hier so mannigfaltige uns noch zum Teil unbekannte 
Verhältnisse mitsprechen. Sehr häufig kommt es vor, daß oft erst 
nach Jahren, nachdem man an die betreffende Düngung gar nicht 
mehr gedacht hat, deren Wirkung zum Vorschein kommt. 

Aus diesem Grunde wurde gleichzeitig ein Düngungsversuch 
mit Kartoffeln unternommen. 

In mittlerem lehmigem Boden wurden drei jedesmal durch 3 m 
breite uugediingte Streifen voneinander getrennte Parzellen mit ver¬ 
schiedenen Mengen gedüngt Hierbei ergab sich folgendes Resultat: 


Menge des Düngers 
pro Morgen 

3 Ztr. 

9 

1 

ungedüngt 


Ertrag 
pro Morgen 

6300 kg = 126 Ztr. 

5800 = 116 

4100 „ = 82 

3600 „ = 72 ., 


Aus diesen Ernteergebnissen sehen wir, daß der Peruguano 
eine recht gute Wirkung hervorzubringen vermag. In der Land¬ 
wirtschaft ist er deshalb schon stark in Verwendung, wird aber dort 
seines hohen Preises wegen mehr für intensive Kulturen in An¬ 
wendung gebracht. Für den Weinbau dürfte er als Zwischendünger 
besonders in leichterem Boden seiner ganzen Zusammensetzung 
nach ebenfalls recht schätzbare Dienste leisten. 


d) Markasol. 

Von den Farbenfabriken vorm. Friedr. Beyer & Co., Elberfeld 
hergestellt, soll dieses Präparat die pilzlichen Feinde des Rebstockes, 
sowohl Peronospora wie Oidiura, wirksam bekämpfen. Es besteht 
aus einer pastenartigen, unangenehm riechenden bräunlichen Masse, 
die in kleinen 100 g enthaltenden Stückchen in den Handel kommt. 
Nach Angabe der Firma sollte nach den Voruntersuchungen eine 
2 prozent. Lösung genügen und wurden zu diesem Zwecke 2 kg des 
Produktes in 100 l Wasser aufgelöst. Die Auflösung muß in warmem 
Wasser geschehen, weil dieselbe in kaltem nicht vollständig erfolgt. 


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Bericht über die Tätigkeit in "Weinbau und Kellerwiitschaft. 


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Mit dieser Brühe wurden nun verschiedene Parzellen intensiv be¬ 
spritzt. Es ergab sich folgendes Resultat: Die Flüssigkeit haftet 
gut an den Blättern und bildet braune Spritzflecken auf denselben 
ohne irgend einen Schaden anzurichten. Selbst starke Gewitterregen 
konnten ein Abwaschen nicht verursachen, so daß eine zweimalige 
Bespritzung genügte. In den mit Markasol bespritzten Weinbergen 
konnte das Auftreten der Peronospora nicht wahrgenommen werden. 
Somit scheint es gegen diese Krankheit gut zu wirken, da ja die¬ 
selbe in dem Berichtsjahre starb aufgetreten ist. Ob es auch gegen 
Oidium wirkt, war leider nicht festzustellen, da aus Versehen die 
betreffenden Parzellen geschwefelt wurden. 

Dieses Präparat verdient Beachtung. Seine Brauchbarkeit für 
die große Praxis sollte durch weitere allgemeine Versuche fest¬ 
gestellt werden. 

e) Kupferklebekalkmehl. 

Dasselbe wurde von der chemischen Fabrik M. v. Kalkstein 
in Heidelberg zur Prüfung auf seine Brauchbarkeit zur Peronospora- 
bekämpfung eingesandt Die Wirkung desselben war eine gute. In 
keinem der Weinberge, in welchem es zur Kontrolle mit der Kupfer¬ 
kalkbrühe zusammen in Anwendung kam, konnte ein Umsichgreifen 
der Krankheit bemerkt werden. Es kann jedoch trotzdem dieses 
Bekämpfungsmittel für die große Praxis nicht allgemein zur An¬ 
wendung empfohlen werden, da es einerseits teurer ist wie die 
Kupferkalkbrühe und andrerseits die Nachteile aller dieser fertigen 
Präparate in sich birgt. Für Gartenliebhaber, die nur einzelne 
Stöcke zu behandeln haben, und sich deshalb mit der in diesem 
Falle umständlichen Bereitung der Kupferkalkbrühe nicht befassen 
wollen und für exponierte, schwer zugängliche Weinberge wird es 
aber immerhin einigen Wert haben. 


B. Kellerwirtschaft. 

1. Neubauten. 

Mit der Erwerbung des von der Lehranstalt administrierten 
Domanialweingutes war auch gleichzeitig die der Gebäulichkeiten 
und Kellereien der früheren Firma Jann verbunden. Galt es doch 
nicht allein für das Domanialgut Gelegenheit zur Kelterung und 
Einkellerung der Ernten zu schaffen, sondern auch der Lehranstalt, 
deren Kelterhaus und Keller für die Zwecke des Unterrichtes zu 
klein geworden waren, neue Räume zur Verfügung zu stellen. Da 
der von dem früheren Besitzer als Kelterhaus benützte Raum hier¬ 
für nicht ausreichte, wurde im Laufe des Sommers 1905 ein ent¬ 
sprechendes Gebäude von 45 m Länge auf den schon vorhandenen 
großen Kellern errichtet, das die Kelterhalle, einen Lehr- und 
Deraonstrationsraura und ein Probierzimmer enthält (Fig. 4 gibt die 
Außenansicht davon wieder). 

Die Kelterhalle, Fig. 5, hat eine Dinge von 31 m, bei einer 


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26 II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 

Breite von 8 m. und ist so eingerichtet, daß die gemahlenen Trauben 
mit dem Wagen direkt an die an einer Längswand aufgestellten 



Pressen gefahren werden können. Die Fenster sind an dieser Seite 
2,10 m über dem Boden angebracht, damit sie bei der Arbeit an 


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Bericht über die Tätigkeit in Weinbau und Kellerwirtschaft. 


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den Apparaten nicht hindern und die letzteren auch näher an die 
Wand gerückt werden konnten. 



Die Wandbekleidung besteht aus glasierten, abwaschbaren Back¬ 
steinen und der Fußboden aus Tonklinkern, so daß der ganze Raum, 


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Fig. 5. Kelterhalle. 




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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


soweit derselbe während der Arbeit eventuell beschmutzt wird, 
leicht einer gründlichen Reinigung unterzogen werden kann, ein 
Haupterfordernis für einen gut eingerichteten Kelterraum. 

Die Heizung erfolgt mittels zweier Rippenöfen, die mit einem 
weiten Mantel umgeben sind, so daß Bütten und Keltern ohne 
Schaden selbst in unmittelbarer Nähe derselben aufgestellt w r erden 
können. Von einer Zentralheizung wurde abgesehen, weil die 
praktischen Erfahrungen gelehrt haben, daß dieselbe, wenn sie, wie 
dies ja hier der Fall ist, oft einige Jahre hintereinander nicht ge¬ 
braucht wird, mit der Zeit Not leidet 

Fünf verschiedene Keltersysteme sind aufgestellt und zwar eine 
Rheingauer Baumkelter, zwei hydraulische Unterdruckpressen mit 
selbsttätigem Druckapparat und Eisenbiet von Merrem & Knötgen 
in Wittlich an der Mosel, eine hydraulische Oberdruckpresse mit 
Doppelkorb und Holzbiet von Ph. Mayfarth & Co. in Frankfurt a. M., 
eine französische Kniehebelkelter mit Steinbiet und eine eiserne 
Rundkelter mit Hebel Übersetzung ohne Klinker von Heinrich 
Hollmann & Co. in Burgsolms a. d. Lahn. Außerdem haben in 
der Kelterhalle fünf Traubenmühlen verschiedener Systeme ihren 
Platz. Trotzdem bietet dieselbe noch reichlich freien Raum zur 
Aufstellung von weiteren Pressen zur Prüfung neuer Systeme. 

Anschließend an das Kelterhaus folgt der Lehr- und Demon¬ 
strationssaal mit einer Länge von 11 m und weiterhin ein Probier¬ 
zimmer. Der erstere, der reichlich mit Licht von beiden Seiten 
versehen wird, enthält 45 Arbeitsplätze und genügend Raum zu 
praktischen Demonstrationen. Fig. 6 zeigt einen Einblick in den¬ 
selben von der Kelterhalle aus. An den Stirnwänden stehen große 
Glasschränke, welche eine reiche Sammlung der verschiedensten 
Modelle, die auf Weinbau und Kellerwirtschaft Bezug haben, ent¬ 
halten. Die Längswände sind mit zahlreichen Abbildungen aus 
diesen Gebieten geschmückt. Es ist so den Schülern Gelegenheit 
geboten, auch außerhalb der Unterrichtsstunden jederzeit von dem vor¬ 
handenen Unterrichtsmaterial Gebrauch machen zu können. 

Unter dem Gesamtgebäude liegen nun in 2 Etagen übereinander 
schöne, geräumige Keller. Der obere Keller mit 50 m Länge ist in 
3 Abteilungen abgeteilt und liegt der größte davon mit 35 m Länge 
direkt unter der Kelterhalle. Derselbe dient als Hauptgärkeller und 
bietet zur Lagerung von 100 Halbstücken Raum. Durch entsprechende 
Mannlöcher in dem Kelterhausboden kann der Most von den Keltern 
sofort in die Gärfässer geschlaucht werden. Die vor dem Gärkeller 
liegende 2. Abteilung wird zur Aufbewahrung der zahlreichen Lese- 
biittchen, Maischbottiche und leeren Fässer verwendet, während die 
dritte, die nun, da die Keller in den Berg hinein gebaut sind, schon 
zu Tage tritt, als Aufbewahrungsraum für die verschiedenen Keller¬ 
geräte wie Stützen, Trichter, Filtrierapparate, Pumpen, Schläuche usw. 
dient. Beide Räume können bei reichen Ernten oder bei Gär¬ 
versuchen usw. auch als Gärräume benutzt werden. 

Die Heizung des' gesamten oberen Kellers geschieht durch 
eine einfache Warmwasserheizung, die von der Firma Käuffer & Co. 


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Bericht über die Tätigkeit in "Weinbau und Kellerwirtscliaft. 29 

in Mainz geliefert wurde. Der Heizkörper stellt in Abteilung 2. 
Da die Röhren für die einzelnen Teile durch Ventile abgeschlossen 



werden können, so ist es möglich verschiedene Temperaturen zur 
gleichen Zeit in den verschiedenen Abteilungen zu erzeugen. Diese 


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30 


II. Bericht üler die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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Einrichtung ist in solchen Jahren von großem Werte, in welchen 
die verschiedenartigsten Moste gewonnen werden, z. B. neben 
kleinen, leicht und rasch durchgärenden, solche von hohem Zucker¬ 
gehalt, die nur langsam zur Gärung kommen und dieselbe auch 
dementsprechend durchführen. Im ersteren Falle braucht unter 
Umständen, sofern die Außentemperatur günstig ist, gar nicht oder 
nur kurze Zeit geheizt zu werden, im letzteren muß, wenn auch 
vielleicht nur wenig, so doch lange Zeit die Temperatur erhöht 
bleiben. 

Nachdem die Jungweine ein Jahr im Gärkeller verweilt haben, 
werden sie in den kühlen, darunter liegenden Lagerkeller, der eine 
Länge von 55 m hat und ca. 200 Halbstück faßt, eingelagert, um 
dort entweder bis zur Flaschenreife oder bis zur Versteigerung den 
entsprechenden Ausbau durchzumachen. Fig. 7 gibt einen Teil des¬ 
selben wieder. In einer Tiefe von 10 ra in den Berg hinein gebaut 
besitzt dieser Keller alle Eigenschaften, die wir von einem guten 
Lagerraum für die feinen Rheingauer Gewächse verlangen müssen, 
vor allen Dingen sehr günstige, gleichmäßige Temperatur- und 
Feuchtigkeitsverhältnisse. Der Boden des Lagerkellers ist in den 
Gängen asphaltiert, während er unter den Lagern frei ist, um einen 
Ausgleich von Wärme und Feuchtigkeit zu gestatten. Bei dem Gär¬ 
keller, der ja auf dem Gewölbe des Lagerkellers aufliegt, ist der¬ 
selbe in seiner ganzen Ausdehnung zementiert. 

Neben diesen Räumen gehören noch zum Betriebe die Küfer¬ 
werkstätte sowie ein Obstweinkelterhaus mit darunter liegenden 
Kellern. Die Küferwerkstätte bildet den Eingang zu den oberen 
Kellerräumen. Sie ist geräumig und mit den für die Küferarbeiten 
notwendigen Geräten versehen. Ein aufgestellter Dampfkessel er¬ 
möglicht die Erzeugung von Dampf und Brühwasser zum Reinigen 
der Fässer und Geräte. Außerdem ist an denselben ein Brannt¬ 
wein - Brennaparat von Deroy Fils ainö Paris angeschlossen. Aus 
den besten Trestern der guten Jahrgänge sowie aus Hefen, Zwetschen 
und Kirschen werden hier Schnäpse erzeugt. 

Für die Verarbeitung des Abfallobstes des Muttergartens der 
Lehranstalt und zu dem Ausbau der Obst- und Beerenweine wurden 
von dem Weinkellereibetriebe vollständig getrennte Räume geschaffen, 
indem eine vorhandene Scheune mit darunter liegendem Keller zu 
diesem Zwecke umgebaut und eingerichtet wurde. So enthält das 
Obstweinkelterhaus eine mit elektrischem Antriebe versehene Obst- 
waschmaschine nebst Obstmühle, welche letztere mit einer hydrau¬ 
lischen Oberdruckkastenpresse in Verbindung steht. Verschiedene 
kleinere Rundkeltern dienen zur Beerenweinkelterei. Zur Bereitung 
von moussierenden Obstweinen und alkoholfreien Getränken sind 
entsprechende Apparate vorhanden. 

Wio die Beschreibung des ganzen Betriebes zeigt, stehen nun 
der Lehranstalt nach dieser Neueinrichtung große, besteingerichtete 
Räume und zahlreiche Geräte und Apparate für die Kellerei zur 
Verfügung. Alle Zweige derselben werden praktisch in großem 
Maßstabe ausgeübt, beträgt doch das Weinlager allein zur Zeit 


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Bericht über die Tätigkeit in Weinbau und Kellerwirtsehaft. 31 

100 Halbstück und schwankt der Versand der Obstweine zwischen 
9—10 000 1 jährlich. Jedem Schüler und Praktikanten ist somit 



reichlich Gelegenheit zu praktischen Studien in der Kellerei ge¬ 
boten, wie sie zur Zeit wohl nirgends besser zu linden ist. 


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Fig. 7. Lageikeller. 









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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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2. Prüfung von Materialien und Geräten, 

a) Welsblase als Schönungsmittel für Weine. 

M. Scherbakow 1 ) hat bei der Untersuchung verschiedener im 
Handel vorkommender Fischleimsorten auf ihre Eigenschaften und 
Tauglichkeit zum Schönen der Weine gefunden, daß der bisher nicht 
im Gebrauch gestandene Welsleim, der billigste aller Fischleime, 
sehr gute Schönungsresultate aufweist. Nachdem die betreffenden 
Versuche Scherbakow's 1 ) auch in den Geiseuheimer Mitteilungen 
über Weinbau und Kellerwirtschaft veröffentlicht waren, liefen von 
der Praxis zahlreiche Anfragen über die Verwendung der Welsblase 
ein. Bald jedoch folgten ebenso viele Klagen, die alle darauf hin¬ 
ausliefen, daß dieselbe sich nicht zu Leim verarbeiten lasse und 
infolge ihres unangenehmen Geruches nicht als Weinschönung zu 
gebrauchen sei. 

Da es nun für die Kellerwirtschaft von großem Vorteile wäre, 
wenn ein billiges Ersatzmittel für die teure Hausenblase gefunden 
würde, welches ähnliche Eigenschaften wie diese auf weist, galt es, 
•die Resultate Scherbakow’s nachzuprüfen und dieselben auf unsere 
deutschen Verhältnisse zu übertragen. 

Die Firma J. Börstling, Lüneburg, stellte uns zu diesem Zwecke 
das nötige Material in liebenswürdiger Weise in Blättern von I. und 
H. Qualität zur Verfügung. 

Die Welsblase unterscheidet sich in ihrem Äußeren sehr von 
der Hausenblase. Die buchartig an einer verdickten Naht in der 
Mitte zusammengeklappteu Blätter der ersteren, sahen nicht so rein 
und durchsichtig aus, wie dies bei der letzteren gewöhnlich der Fall 
ist. Ungebleichter Welsleim ist hellbraun und einige seiner Sorten 
haben eine schmutzig braune Farbe. Er ist sehr dick und so hart, 
daß man ihn nur mit großer Mühe mit der Hand zerreißen kann. 
Frisch besitzt derselbe einen unangenehm durchdringenden Geruch, 
der jedoch bei Lagerung an der Luft rasch verschwindet Das 
unschöne Aussehen und der starke Geruch hielt natürlich die Prak¬ 
tiker von der Anwendung zurück, da sie mit Recht Schaden für 
ihren Wein befürchteten. 

Auch ich war erstaunt, in der Welsblase ein so unschön aus¬ 
sehendes und unangenehm riechendes Schönungsmittel vorzufinden. 
Schon während der Vorbereitung zeigte sich jedoch, daß der Geruch 
mit der Zeit vollständig verschwindet. 

Wegen seiner eigenartigen Beschaffenheit muß die Zubereitung 
des Welsleimes auf andere Weise geschehen wie bei der Hausen- 
blase. Die Struktur des ersteren, seine Dicke und Zähigkeit, machen 
das Zerrupfen mit der Hand fast unmöglich, weshalb man die Blätter 
mit einem Holzhammer zuerst weichklopfen muß. Nachher zerreißt 
man sie mit einer stumpfen Zange oder Schere in kleine Fetzeu. 
Ain besten ist es, die Welsblase längere Zeit vor dem Gebrauche 


') M. Scherbakow. ..Schönung der Weine mit Welsleim“. Russisches Journ. 
für Weinbau und Kellenvirtsehaft 1 DO 4 , No. 3 und 1905, No. 5. 


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Bericht über die Tätigkeit iu Weinbau und Kellenrirtsckaft. 


83 


so zuzurichten und sie derart zerkleinert an einem luftigen Orte 
liegen zu lassen, da dadurch schon der größte Teil des erwähnten 
Geruches verloren geht. 

Von der zerklopften und zerzupften Masse wird nun die zur 
Bereitung bestimmte Menge weggenommen und 24 Stunden in 
Wasser geweicht, wobei das Weichwasser 5—6 mal erneuert wird. 
Eventuell noch vorhandene Geruchsstoffe werden dadurch vollständig 
entfernt. Zur weiteren Verarbeitung stehen nun folgende zwei 
Methoden, die wir als warme und kalte bezeichnen wollen, zur Ver¬ 
fügung. 

Die warme Vorbereitung. 

Die aufgeweichte Welsblase wird in einen kleineren Topf ge¬ 
geben, mit hartem, saurem Wein übergossen und im Wasserbade 
unter starkem Umrühren und Zerschlagen mit dem Schönungsbesen 
eine Stunde auf 50—60° C. erwärmt. Die heiße Schönung wird 
nun durch ein feines Haarsieb getrieben, um die Faseru zu ent¬ 
fernen. Nach dem Abkühlen hat der auf diese Weise hergestellte 
Welsleim eine gallertartige Beschaffenheit und eine gräuliche Farbe. 
Läßt man ihn noch einige Zeit stehen, so wächst er noch und wird 
vollständig steif. 

Die kalte Methode. 

Hierbei wird die aufgeweichte Masse ebenfalls mit Wein über¬ 
gossen, bleibt aber mit demselben 2—3 Tage ruhig stehen. Hierauf 
erwärmt man sie im Wasserbade 10—15 Minuten leicht und zieht 
die Fasern, welche jetzt aber noch ziemlich Leim enthalten, ab. 
Die abgekühlte Schönung wird in diesem Falle geleeartig, klar, durch¬ 
sichtig und unterscheidet sich äußerlich in nichts von einem guten 
Hausenblasenleim. Die Menge des in den Fasern zurückbleibenden 
Leimes richtet sich nach der Zeit, welche der Wein auf die Wels¬ 
blase einwirken konnte. 

Mit beiden Schönungen wurde nun eine Reihe von Schönungs¬ 
versuchen parallel laufend mit Hausenblasenschönungen durchgeführt 
und ergaben sich hierbei bis jetzt folgende praktische Resultate. 

1. Die Welsleimschönung ist bedeutend billiger wie die Hausen¬ 
blasenschönung. 1 kg der Welsblase kostet 2,50—5 M gegenüber 
15—18 M bei der Hausenblase. 

2. Die Schönung ging bei allen Versuchsreihen gut durch. 

3. Die zur Durchführung einer glatten Schönung nötigen Mengen 
sind dieselben wie bei der Hausenblase (1—2 g pro Hektoliter). 
Häufig genügten sogar geringere Mengen. 

4. Der Welsleim schönte im allgemeinen rascher. 

5. Der Schönungstrub ist fester, flockiger wie bei der Hausen¬ 
blase. Derselbe rührt sich nicht so leicht auf. Wird er aber auf¬ 
gerührt, so setzt er sich infolge seiner eigenartigen Beschaffenheit, 
ohne Spuren zurückzulassen, rasch wieder zu Boden. 

G. Der Wein wird nicht angegriffen, sondern behält bei kleineren 
Mengen Geruch und Farbe. Nur bei stärkerer Schönung, 7—8 g 
pro Hektoliter, findet eine leichte Entfärbung statt. 

Gcisonhoimor Belicht 1!K>5. 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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Nach den zurZeit gemachten Erfahrungen dürfte die Welsblase 
wohl einen Ersatz für die teure Hausenblase und die stärker an¬ 
greifenden billigeren Schönungsmittel wie Gelatine und andere für 
die mittleren und kleineren Weine bieten. Daß darnach ein Ver¬ 
langen vorhanden ist, zeigten die schon erwähnten überaus zahl¬ 
reichen Anfragen aus der Praxis nach Veröffentlichung der 
Scherbakovv’sehen Versuche. 

Um jedoch zur Verwendung des Welsleims für Qualitätsweine 
raten zu können, müssen noch weitere Erfahrungen abgewartet 
werden. 


b) Die Verwendung von Kasein in der Praxis. 

Das von Prof. Windisch, Hohenheim, zur Schönung von Weinen 
so warm empfohlene Kasein hat den Erwartungen, welche man nach 
den Laboratoriumsversuchen an dasselbe gestellt hat, in der Praxis 
keineswegs entsprochen. 

Nach den Versuchen und Empfehlungen desselben sollte das 
Kasein die Eigenschaft besitzen, stark entfärbend zu wirken, ohne 
dabei den Wein mehr anzugreifen, wie die sonst verwandten 
zarten Schönungsmittel, Hausenblase, Eiweiß usw. Ferner soll es 
den großen Vorteil haben, in jedem Wein rasch und glatt durch¬ 
zugehen, ohne je stecken zu bleiben, selbst bei Verwendung der 
größten Mengen. 

Da es in der Praxis bislang an einem Schönungsmittel fehlt, 
welches alle die angegebenen Eigenschaften besitzt und ein solches 
sehr willkommen wäre, wurde Kasein nach den entsprechenden Ver¬ 
öffentlichungen von allen Seiten in weitgehendstem Maße angewandt. 
Noch selten hat ein neues Mittel in der Kellerwirtschaft so rasch 
Eingang gefunden wie das Kasein. 

Leider sollte sich sehr bald zeigen, daß diese Schönung zum 
Schaden vieler Weine in Verwendung kam. Das Kasein greift näm¬ 
lich sowohl nach den damit an der Anstalt gemachten praktischen 
Versuchen als auch nach den nun vorliegenden einstimmigen Urteilen 
zahlreicher Praktiker den Wein sehr stark an und macht daher 
bessere Weine direkt minderwertig. In zahlreichen Fällen ging aber 
auch die Kaseinschönung gar nicht durch, blieb stecken, so daß 
man zur Filtration gezwungen war, wodurch der Wein nochmals 
angegriffen wurde. Außerdem zeigt dieses Präpaiat die sehr un¬ 
angenehme Eigenschaft, daß es nur in vollständig frischem Zustande 
geruch- und geschmacklos ist, nach längerer Aufbewahrung aber 
einen schlechten oft direkt fauligen Geruch und Geschmack annimmt, 
der sich dem Wein sehr leicht mitteilt. 

Nach den von mir mit Kasein durchgeführten, praktischen 
Schönungsversuchen und den damit bis jetzt in der großen Praxis 
gemachten Erfahrungen kann dasselbe deshalb in weitgehendem Maße 
zur Verwendung in der Kellerwirtschaft keineswegs empfohlen werden. 
Es dürfte vielmehr einzig und allein nur als starkes Entfärbungs¬ 
mittel für sehr hochfarbige kleine Weine und als Schönungsmittel 
für kranke Weine in Betracht kommen. 


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Bericht über die Tätigkeit in Weinbau und Kellerwirtscbaft. 


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c) Kork-Schutr-Zement. 

Dieses von Dr. H. Körn er-Göttingen erfundene Präparat soll 
nach den Angaben des Erfinders auf die Korken der Flaschen auf¬ 
getragen einen festen, luftdichten Verschluß hersteilen, der weder 
ein Verdunsten von Wein, noch, da es antiseptisch wirken soll, ein 
Auftreten von Schimmelpilzen oder andern Organismen auf den 
Korken zuläßt. 

Mit diesem Korkschutzzement wurden nun die Korken von 
400 Flaschen verschlossen und kamen dieselben dann zur Lagerung 
in den Keller. Das Resultat der Prüfung ist bis jetzt ein gutes zu 
nennen. Sämtliche Korken sind nun, nach 8 Monaten, noch völlig 
intakt, was um so mehr in die Wagschale fällt, als der Flaschen¬ 
keller der Anstalt, infolge größerer Feuchtigkeit sehr leicht eine 
Schimmelbildung zuläßt. Von den ohne Überzug gebliebenen Flaschen 
waren die Korken schon nach 4 Wochen mit einem dichten Schimmel¬ 
rasen bedeckt. 

Das Präparat stellt eine einem dünnen Zementbrei ähnliche Masse 
dar. Dieselbe ist stets fertig zum Gebrauch und wird mit dem 
Finger oder einem Pinsel auf den Kork und den Rand des Flaschen¬ 
halses in kartenblattstarker Dicke aufgestrichen. Ein Eintauchen des 
Flaschenhalses in den Brei kann ebenfalls vorgenommen werden, 
jedoch wird dann zuviel davon verbraucht. Der Zement erhärtet 
nach 10— 15 Minuten so, daß die Flaschen ins Lager gelegt werden 
können. Nach kurzer Zeit bildet derselbe einen steinharten Überzug, 
der selbst durch mehrmaliges Umlagern der Flaschen nicht absprang. 
Er wird in verschiedenen Farben geliefert und kostet pro Kilo 
1,50 M. Nach den bislang mit dem Korkschutzzement gemachten 
Erfahrungen scheint derselbe eine wertvolle Neuerung auf kellerwirt- 
schaftlichem Gebiete zu sein. 


d) Flaschenhülsen aus Wellpappe. 

Von den Wellpappen- und Flaschenhülsenwerken Bremen- 
Lübbecke wurde der Anstalt eine Partie aus Wellpappe gearbeiteter 
Flaschenhülsen zur Prüfung auf ihre Brauchbarkeit eingesandt Da 
der Preis derselben dem guter Strohhülsen entspricht, so war zu 
untersuchen, welche Vorteile eventuell die Papphülsen gegenüber 
den letzteren bieten. Bei einer zunächst vorgenommenen Stoßprobe 
zeigte sich, daß die Papphülsen die Flaschen gegen Bruch ebenso 
gut schützen, wie solche aus Stroh. 

Der Zweck der Umhüllung der Flaschen mit Strohhülsen be¬ 
ruht nun nicht allein in dem Schutze gegen Bruch, sondern auch 
vor allen Dingen in der Abwehr starker Temperatureinflüsse von 
außen. Es war deshalb notwendig, zu untersuchen, welche von 
den beiden Hülsenarten Kälte resp. Wärme eher in das Flaschen¬ 
innere eindringen läßt. Zu diesem Zwecke wurde eine Flaschen¬ 
kiste in handelsüblicher Weise mit Flaschen gepackt und dieselbe 
stärkerer Kälte und größerer Wärme ausgesetzt. Die Flaschen waren 
mit Obstwein gefüllt. Der Wein hatte bei der Verpackung eine 

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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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Temperatur von 9 0 C. Vom 22. bis 27. Februar stand nun die 
Kiste Tag und Nacht im Freien und war dabei Temperaturen von 
— 1 bis —7° C. ausgesetzt und zwar herrschte an 2 Tagen und 
Nächten eine starke Kälte von —7° C. Nachdem am 28. Februar 
wieder wärmere Witterung eiugetreten war, wurde der Wein in 
eine Temperatur von 30 0 C. gebracht und blieb dort 8 Tage stehen. 

Es zeigte sich nun, daß nach den zahlreichen Temperatur¬ 
messungen die Papphülsen einen besseren Schutz sowohl gegen 
starke Kälte als besonders gegen große Wärme für den Wein ab¬ 
geben, wie die Strohhülsen. Stets war die Temperatur des Inhaltes 
der in erstere verpackten Flaschen während der Einwirkung des 
Frostes eine um 4- I—2° C. höhere als bei den letzteren, während 
dies bei der Einwirkung der hohen Wärme von 30° C. umgekehrt 
war. Hier war eine um 2—3 0 niedrigere Temperatur bei den Papp¬ 
hülsen vorhanden. Außer einem besseren Schutze bieten die aus 
der Wellpappe hergestellten Flaschenhülsen aber auch noch den Vor¬ 
teil, daß sie sauberer und bequemer in der Handhabung sind und 
so vielleicht infolge ihrer glatten Innenseite das Flaschenpapier er¬ 
spart werden kann. Dagegen dürfte die Haltbarkeit der Papphülseu 
etwas geringer sein wie die der Strohhülsen. Es ist dies jedoch 
ein Nachteil, der im Vergleich zu den erwähnten Vorteilen wenig 
in die Wagschale fällt. 

e) Degorgier-Entkorkmaschine 

von Anton D’Avis in Capellen-Stolzenfels b/Coblenz. 

Dieser Apparat soll zum Degorgieren von Flaschenweinen dienen, 
die abgesetzt haben. Zu diesem Zwecke werden die Flaschen zuvor 
mit dem Halse nach unten auf einen Rüttelbock gesteckt und das 
Depot auf die Korken gerüttelt. Hat sich dasselbe vollständig und 
fest auf den Korken gesetzt, so werden die Flaschen vorsichtig in 
ihrer jetzigeu Lage verbleibend von dem Bocke genommen und auf 
die Maschine gestellt. Dieselbe besteht aus einem etwas schräg 
stehenden Flaschenhalter und einem durch eine sinnreiche Hebel¬ 
konstruktion in Bewegung zu setzenden Korkzieher. Mit der linken 
Hand wird die Flasche auf dem Gestelle gehalten und mit der 
rechten ein Hebel von links nach rechts und dann umgekehrt ge¬ 
dreht. Durch diese kurze Hebelbewegung dreht sich der Korkzieher 
in den Kork ein, zieht ihn heraus und das Depot spritzt ab. Der 
Daumen der linken Hand, welcher auf der Flaschenmündung bereit 
liegt, verschließt dann sofort dieselbe, damit außer dem Trübe kein 
Wein verloren geht. Die Flasche wird hierauf umgekehrt und die 
Mündung gereinigt, wenn nötig etwas nachgefüllt und wieder ver¬ 
korkt. Der Korkzieher windet sich, nachdem der Korken aus der 
Flasche ist, von selbst wieder aus demselben heraus. Eine Verstell¬ 
schraube reguliert die Tiefe des Eindringens des Korkziehers in 
den Korken. Derselbe kann so zu einem beliebigen Teile aus der 
Flasche herausgezogen werden, ohne daß dadurch der Wein auf¬ 
gerüttelt oder beunruhigt wird. 


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Bericht über die Tätigkeit in Weinbau und Kellenvirtschaft. 


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Die Maschine hat bis jetzt in allen Teilen den vom Fabrikanten 
angegebenen Arbeitszvvecken entsprochen. Sie arbeitet sehr exakt 
und sauber und dürfte wohl zu den besten und einfachsten der zur 
Zeit im Handel befindlichen Degorgiermaschinen zu zählen sein. Ihre 
in kurzer Zeit starke Verbreitung in der Praxis bestätigt dies. 

f) Patentflaschenbürste. 

von Cosmos Bappert in Johannisberg. 

Der Borstenhalter besteht aus zwei federnden Metallstreifen, die 
durch einen verschiebbaren Ring zusammengehalten werden. Nach¬ 
dem die Bürste in die Flasche gebracht ist, wird der Ring zurück¬ 
geschoben. Darauf pressen sich die beiden Borstenhälften durch 
die federnde Kraft der Metallstreifen an die Flaschenwandungen an, 
wodurch eine gründlichere Reinigung als mit den gewöhnlichen 
Bürsten möglich sein soll und in der Tat arbeitet die Bürste sehr 
gut. Trotzdem wird sie aber zur allgemeinen Flaschenreinigung kaum 
weitere Verwendung finden, da sie etwas umständlich im Gebrauche 
ist und bei frischen Flaschen auch die gewöhnlichen Bürsten ge¬ 
nügen. Dagegen dürfte sie zur Reinigung schon gebrauchter und 
besonders schmutziger Flaschen recht gute Dienste leisten. 

g) Stephans Tünch- und Desinfektionsmaschine. 

Die Firma Adolf »Stephans Nach¬ 
folger, Scharley O./S., sandte der Anstalt 
zwei Modelle ihrer Anstreichmaschinen zur 
Prüfung. Einen kleinen Handapparat „Fix“ 

(Fig. 8) und eine größere trag-und fahr¬ 
bare Maschine (Fig. 9). Die Arbeit beider 
Apparate war in allen Teilen eine sehr 
gute. Der Anstrich eines großen Kellers 
ging rasch von statten. 2 Mann waren 
im stände, in einem Tage denselben sauber 
zu tünchen und gleichzeitig zu desinfizieren. 

Die Kalkmilch bezw. die Desinfektions¬ 
flüssigkeit (Mikrosol) wurde leicht ein¬ 
gesogen und unter einem Drucke von 
8—10 Atmosphären in einem ca. 50 cm 
breiten Streukegel nebelartig fein zerstäubt. 

Die Decke sowie die Wandungen waren 
gleichmäßig mit dem Kalke überzogen und 
drang derselbe sehr leicht in die Risse 
und Ritzen des Mauerwerks ein. Der Ver¬ 
brauch an Material war ein verhältnismäßig 
sparsamer. Außer den Kellern wurden 
auch einige Mauern und eine Scheune mit 
den Apparaten gestrichen. Auch hier war 
die Leistung beider gut. Das kleinere 
Modell Fix ermüdet jedoch auf die Dauer 


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II. Bericht über die Tätigkeit der teehuisehen Betriebe. 


den Arbeiter sehr, während die große Maschine oltue Anstrengung 
bedient werden kann; jedoch dürfte die Ausführung derselben etwas 
massiver, kräftiger sein. 


V 

\ 



Fig. 9. Tünch- und Desinfektionsmaschine. 


h) Apparat zur Entfernung von Kohlensäure aus Gärkellern. 

Einen solchen konstruierte der Fabrikant Eberhardt Bäu in 
Bingerbrück und sandte denselben zur Prüfung ein. Derselbe be¬ 
steht aus einem jalousieartig durchbrochenen und nach oben sich 
verjüngenden Blechkasten, auf welchem ein Benzinbehälter ruht, der 
eine Stichflamme im Inneren des Apparates speist. Durch dieselbe 
soll nun eine so starke Erwärmung der Luft eintreten, daß durch 
ein in der Mitte angebrachtes und nach außen zu leitendes Ofenrohr, 
ein solch starker Luftzug entsteht, daß die am Boden sich befind¬ 
liche Kohlensäure mit herausgerissen wird. Und in der Tat hat sich 
dieser einfache Apparat in vielen Fällen recht gut bewährt Nach¬ 
dem derselbe in dem Oärkeller der Anstalt auf seine Brauchbarkeit 
geprüft war, wurde er von einigen Geisenheimer Winzern, welche 
infolge starker Kohlensäureansammlung ihre Keller nicht mehr be¬ 
treten konnten und die davon gehört hatten, in Gebrauch genommen. 
In einem Falle war die Kohlensäureansammlung so stark, daß der 
Apparat vorsichtig von Kellerstufe zu Kellerstufe geschoben werden 
mußte und schon nach wenigen Stunden konnte der Keller wieder 
betreten werden. Es dürfte diese einfache Vorrichtung für schwer 
zu lüftende und nicht heizbare Keller, besonders Winzerkeller, häufig 
gute Dienste leisten. 


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Bericht über Obst- und Gemüsebau. 


39 


i) Lieberichs Probierfilter „Ideal“. 

An einem hölzernen Stativ hängt ein unten etwas spitz zu¬ 
laufender Glascylinder, der mit einem kleineren abnehmbaren Auf¬ 
satztrichter versehen ist. Dieser ist an seinem unteren Teile abgesetzt 
und der Absatz mit einer Rille versehen. Um denselben wird nun 
ein kleines Filtriersäckchen gelegt und mit einem Gummiring fest¬ 
gehalten. Das Säckchen wird mit einem von der Firma gelieferten 
Filtrierpulver gedichtet. Zur Prüfung von Weinen auf ihre Filtrier¬ 
fähigkeit leistet der kleine Apparat gute Dienste. 


Bericht 

über Obst- und Gemüsebau. 

Erstattet von dem Betriebsleiter, Garten-Inspektor Junge. 

A. Obstbau. 

1. Jahresübersicht. 

Infolge der reichlichen Niederschläge in den Monaten Februar 
und März erwärmte sich der Boden nur langsam. Die Vegetation 
wurde hierdurch derart zurückgehalten, daß die Baumblüte bei sämt¬ 
lichen Obstarten im Durchschnitt 14 Tage später eintrat, als in 
früheren Jahren. 

Die Blüte der Aprikosen Und Pfirsiche begann eist am 
4. April. In der Nacht vom 6. auf den 7. April fiel die Tempe¬ 
ratur auf — 3 0 0. in der Luft und auf — 7 0 C. am Boden. Trotz¬ 
dem hat die Aprikosenblüte an den Hochstämmen keinen Schaden 
erlitten, was die große Widerstandsfähigkeit derselben bewies. Die 
Blüten an den Buschbäuraen habeu stärker gelitten, da dieselben, 
mehr am Boden befindlich, höheren Kältegraden ausgesetzt waren. 
Die geringere Tragbarkeit der Aprikosenbüsche ist nach unseren 
langjährigen Beobachtungen auf das häufigere Erfrieren der Blüten 
zurückzuführen, so daß man mit der Anpflanzung dieser Baumform 
vorsichtig sein sollte. 

Die Pfirsiche hatten bei der Trockenheit des Vorjahres nur 
schwaches Holz gebildet. Infolgedessen fiel ein großer Teil der 
Blüten durch, so daß der Fruchtansatz dem reichen Flore nicht 
entsprach. Einzelne Sorten, wie „Große Mignon“, wurden durch 
die Blütenfülle derart geschwächt, daß sich die Spaliere im Laufe 
des Sommers nur langsam hiervon erholten. 

Die Kirschen haben sich im allgemeinen recht gut entwickelt. 
Besonders große Früchte brachten von den Süßkirschen: die 
Speckkirsche und Esperens Knorpelkirsche: von den Sauer¬ 
kirschen: die Bettenburger Glaskirsche und Bonnemain. 
Die reiche Tragbarkeit der Sauerkirschen, in Buschform auf Prunus 


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40 


II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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Mahaleb (Steinweichsel) veredelt, fiel besonders auf. So lieferte ein 
6jähriges Bäumchen der Bettenburger Glaskirsche über 50 Pfd. gut 
ausgebildete Früchte. Nach unseren Erfahrungen sollte die Busch¬ 
kultur von Kirschen bei Verwendung von Mahaleb als Unterlage 
viel mehr in der Praxis zur Anwendung kommen. 

Trotz des reichen Obstsegens des Vorjahres wies das Kern¬ 
obst, die Äpfel und Birnen, wiederum einen reichen Blütenansatz 
auf. Die Blüte selbst verlief bei diesen Obstarten normal. 

Leider setzte plötzlich am 20. Mai anhaltende Hitze und Trocken¬ 
heit ein, die auf die Entwickelung sämtlicher Obstarten nachteilig 
einwirkten. Die Aprikosen und Pfirsiche ließen zum großen Teile 
die Früchte fallen; auch bei den Reineklauden, Mirabellen und 
Zwetschen blieben die Früchte klein. Die Apfelbäume stießen eben¬ 
falls einen großen Teil der Früchte ab und die verbleibenden waren 
unvollkommen entwickelt. Der Geschmack der Äpfel war aller¬ 
dings ein vorzüglicher. Am widerstandsfähigsten erwies sich wieder 
einmal der Birnbaum. Ohne Zweifel ist die Birne nach den lang¬ 
jährigen Beobachtungen die Hauptobstart für die hiesigen Verhält¬ 
nisse*, da sie große Trockenheit noch recht gut verträgt. Leider 
machte sich auch in diesem Jahre die Obstmade trotz des regel¬ 
mäßigen Anlegens der Fanggürtel recht unangenehm bemerkbar. In¬ 
folge der langanhaltenden trockenen und heißen Witterung der 
beiden letzten Sommer traten 2 Generationen auf, so daß dieser 
Schädling sich recht stark vermehren konnte. Der Schaden wird 
von Jahr zu Jahr größer, so daß ein gemeinsames Vorgehen in der 
Bekämpfung dieses Schädlinges unbedingtes Erfordernis ist. 

Auch das Beerenobst hat unter der anhaltenden Trockenheit 
sehr gelitten. Die Himbeeren und Erdbeeren lieferten nur kleine, 
unvollkommen ausgebildete Früchte. Von den Erdbeersorten erwiesen 
sich Laxtons Noble, Sharples und Belle Alliance als am widerstands¬ 
fähigsten gegen die Trockenheit, so daß dieselben für leichte und 
mehr trockene Böden in erster Linie Empfehlung verdienen. 

Das Gesamtresultat der Ernte ist folgendes: 


Äpfel.gering 

Birnen.gut 

Pfirsich.gering 

Aprikosen.mittelmäßig 

Zwetschen.gut 

Pflaumen.gut 

Kirschen.sehr gut 

Stachel- und Johannisbeeren . sehr gut 

Erdbeeren.mittelmäßig 

Himbeeren.mittelmäßig 


Infolge der abnormen Witterungsverhältnisse während des 
Sommers reiften die Früchte sämtlicher Ohstarten sehr früh und 
die Haltbarkeit auf dem Lager war eine geringe. So kam es, daß 
die spätreifenden Wintertafelbirnen, wie Edelcraßane, Olivier de 
Serres und Frau Luise Goethe bereits vor Weihnachten ihre Genu߬ 
reife erlangten. 


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Bericht über Obst- und Gemüsebau. 


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2. Augenblicklicher Stand und zukünftige Gestaltung der 
Obstkulturen an der hiesigen Anstalt. 

Der Obst-Muttergarten wurde zum größten Teile im Herbste 
1872 bepflanzt. Obwohl somit erst 33 Jahre verflossen sind, so 
geben doch die vielen Nachpflanzungen in den alten Beständen, so¬ 
wie das schwache Wachstum einer großen Zahl von Bäumen zu 
erkennen, daß einheitliche Neupflanzungen an die Stelle der alten 
Anlagen treten müssen, damit die Kulturen auch in Zukunft als 
Vorbild gelten und als Demonstrationsmaterial für den Besucher 
der Anstalt dienen können. 

Der Grund für dieses frühzeitige Zurückgehen der Anlagen ist 
in erster Linie darin zu suchen, daß der Boden des Muttergartens 
ein armer, trockener Löß von geringer wasserhaltender Kraft ist 
Zudem findet sich in einer Tiefe von 1 m bis 1,50 m eine etwa 
20—30 cm starke, äußerst kalkreiche, feste Schicht vor, die den 
Baumwurzeln das Eindringen in den Untergrund unmöglich macht. 
Sämtliche Bäume sind somit bezüglich Entnahme von Nährstoffen 
und Wasser auf den flachen Obergrund angewiesen, und es bedurfte 
reichlicher Zufuhr von Dünger und Wasser, um die nachteilige Be¬ 
einflussung möglichst zu mildern. 

Wenn auch die klimatischen Verhältnisse des Rheingaues die 
denkbar besten sind, so gibt doch der augenblickliche Stand der 
Obstkiüturen zu erkennen, daß die im Sommer meist anhaltende 
große Hitze und Trockenheit in Verbindung mit den wenig guten 
Eigenschaften des Bodens die Entwicklung der Bäume äußerst nach¬ 
teilig beeinflußt. Die bisherigen Erfahrungen lehren, daß selbst das 
beste Klima den Obstkulturen resp. den Besitzern von Obstkulturen 
wenig nützt, wenn nicht gleichzeitig der Boden den Bäumen zusagt. 

Bei aufmerksamer Betrachtung der Pflanzungen finden wir, 
daß das gesamte Steinobst mit Ausnahme der Süßkirschen unter 
den vorliegenden Verhältnissen sich noch am besten entwickelt hat. 
Trotz eines Alters von durchschnittlich 33 Jahren zeigen die Mira¬ 
bellen-, Reineklauden-, Zwetschen- und Pflaumenhochstämme große, 
üppige Kronen. Dem Wüchse nach zu urteilen, müßten diese Obst¬ 
arten noch jahrelang in gutem Wachstum bleiben, wenn ihnen von 
der Natur nicht ein bestimmtes Lebensalter vorgezeichnet wäre. 
Das plötzliche Auftreten von Baumschwämmen sowie das Abbrechen 
von Ästen gibt zu erkennen, daß trotz des guten Äußeren das Zu¬ 
rückgehen in den nächsten Jahren sich sehr schnell vollziehen wird. 

Das Kirschenquartier ist im Laufe der Zeit sehr lückenhaft 
geworden und die kümmerliche Entwicklung der meisten Bäume 
lehrt, daß die Bodenverhältnisse dieser Obstart durchaus nicht Zu¬ 
sagen. Die Ansicht, daß die Kirsche sehr genügsam sei an den 
Boden, daß sie selbst große Trockenheit vertrage, bewahrheitet sich 
hierselbst nicht. Nur da, wo es den Wurzeln möglich ist, in den 
Untergrund zu dringen, um von hier Nahrung und vor allem Feuch¬ 
tigkeit zu holen, ist ein Gedeihen des Kirschenbaumes gesichert. 

Die Birnen zeichnen sieh von allen Obstarten durch reiche 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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und regelmäßige Tragbarkeit aus, und bei hinreichender Zufuhr von 
Wasser und Dünger erreichen die Früchte eine Vollkommenheit be¬ 
züglich Größe, Färbung und Aroma, wie solche in ganz Deutsch¬ 
land nicht besser angetroffen wird. Die Düsseldorfer internationale 
Obstausstellung, an welcher sich die Anstalt mit einem reichhaltigen 
Sortimente beteiligte, lehrte, daß die im Kheingau gezogenen Birnen 
mit dem französischen Obste die Konkurrenz wohl aufzunehmeu 
vermögen. 

Die feste Kalkschicht macht es leider den Wurzeln der Birn¬ 
bäume unmöglich, in den Untergrund zu dringen. Dies hat zur 
Folge, daß die meisten Hochstämme trotz ihres geringen Alters 
eine kleine Krone aufweisen und zum Teil gipfeldürr geworden sind. 
An verschiedenen Stellen war sogar eine Nachpflanzung nötig. 

Der Apfel fühlt sich in den Obstanlagen am wenigsten wohl. 
Dieser Obstart sagt in recht auffälliger Weise der leichte trockene 
Boden und die meist anhaltende Sommerhitze gar nicht zu. Kümmer¬ 
liche Entwickelung der Kronen, mäßiger Fruchtansatz und die mangel¬ 
hafte Ausbildung der Früchte sind die Folgen dieser ungünstigen 
Einwirkung. 

Wie sehr der Boden das Wachstum der einzelnen Obstarten 
zu beeinflussen vermag, ist deutlich auf den beiden Hochstamm¬ 
quartieren zu erkennen. Kernobst, Äpfel und Birnen, sind hierselbst 
in einem abseitigen Abstand von 9 m voneinander gepflanzt und 
Steinobst wurde als Zwischenpflanzung benutzt. Es war vorgesehen, 
die Steinobstbäume herauszunehmen, sobald die Kronen der Kern¬ 
obstbäume den Platz zu ihrer eigenen Entwicklung bedurften. Da, 
wo das Steinobst mit den Äpfeln zusammengepflanzt wurde, sind 
jedoch die letzteren abgängig, während das Steinobst — meist „Große 
grüne Reineklaude“ und „Mirabellen“ — die schönsten Kronen auf¬ 
weisen. Die Bäume beider Obstarten haben dasselbe Alter. Es ist 
hier also gerade das Gegenteil von dem eingetreten, was man er¬ 
wartet hat. 

Über die Einteilung des alten Muttergartens sowie über die 
Bepflanzung der vorhandenen 9 Quartiere ist folgendes mitzuteilen. 

Quartier 1 ist mit Pyramiden und Spindeln von Birnen und 
Äpfeln bepflanzt. Jede Sorte ist in 2—4 Exemplaren vertreten. 
Die Bäume sind zur Zeit 20 Jahre alt und stehen im besten Ertrage. 
Die Ausbildung der auf dieser Fläche geernteten Früchte ist eine 
vorzügliche. 

Quartier 2. 3 und 5 sind zu pomologischen Zwecken mit einem 
großen Sortimente von Äpfeln und Birnen derart bepflanzt, daß jede 
Sorte nur in einem Exemplare vertreten ist. Die Zahl der Bäume 
resp. der Sorten beträgt 170, das Alter 33 Jahre. Der sehr un¬ 
gleichmäßige Wuchs der Bäume, die in Buschform gezogen sind, 
gibt zu erkennen, daß die Sorten auf verschiedenen Unterlagen 
stehen. Ein großer Teil der Bäume ist abgängig, auch sind bereits 
Nachpflanzungen an verschiedenen Stellen ausgeführt, die .sich jedoch 
nur kümmerlich entwickeln. 

Quartier 4, welches vordem mit Birnpyramiden bepflanzt war, 


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Bericht über Obst- uud Gemüsebau. 


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ist im Jahre 1S95 neu angelegt. Insgesamt wurden 10 Apfelsorten 
augepflanzt, die in Buschform gezogen werden sollen. 

Die Quartiere 6, 7 und 8 dienen ausschließlich der Hochstamm¬ 
kultur. Hierselbst sind alle Obstarten vertreten. Jeder Baum ist 
auch auf diesen Quartieren eine andere Sorte; nur auf der West¬ 
seite finden sich mehrere Reihen von den im Handel am meisten 
begehrten Steinobstsorten vor. Wie bereits oben angedeutet, wurde 
auf diesen Quartieren das Steinobst als Zwischen pflanz ung bei Kern¬ 
obst verwendet. Da die meisten Steinobstbäume im Alter von über 
30 Jahren stehen, werden dieselben in kurzer Zeit zurückgeheu. 
Auch die Apfel- und Birnhochstämme lassen zum großen Teile in¬ 
folge der ungünstigen Bodenverhältnisse im Wachstume nach. 

Quartier 9 ist mit Kirschen in verschiedenen guten Sorten be¬ 
pflanzt. Wie das Wachstum der Bäume im allgemeinen erkennen 
läßt, ist auch diese Pflanzung bereits im Zurückgehen begriffen. 

Sämtliche Hauptwege wurden mit Spalieren von Kernobst und 
Reben bepflanzt, die zum Teil mit Spindelbäumen oder Hochstämmen 
von Steinobst abwechseln. Der Pfirsich findet sich nur als Beklei¬ 
dung der Mauern vor, welche den Muttergarten auf der Ost- und 
Nordseite einschließen. 

Der Spaliergarten liegt für sich als abgeschlossenes Ganze. 
Die Größe desselben beträgt 1 Morgen. Über den augenblicklichen 
Stand desselben wurden im Jahresberichte 1904 eingehende Angaben 
gemacht. 

Wie aus dieser kurzen Schilderung des augenblicklichen Standes 
der Obstkultur zu entnehmen ist, bedarf diese in Zukunft einer 
durchgreifenden Umgestaltung, um allen Anforderungen nachkommen 
zu können, die an die Lehranstalt auf diesem Gebiete gestellt 
werden. Es handelt sich zunächst um die Schaffung neuer An¬ 
lagen, die, den heutigen Anschauungen augepaßt, allen Besuchern 
der Anstalt als Vorbild dienen können. Gleichzeitig muß eine Ver¬ 
jüngung der vorhandenen alten Anlagen ins Auge gefaßt werden, 
die mit der Weiterentwickelung der jungen Anlagen gleichen Schritt 
halten muß. 

Durch die Erwerbung einer Fläche von rund 16 Morgen ist 
der Anstalt die Möglichkeit gegeben, mit den Xeuanlagen sofort zu 
beginnen. Die Vorbereitung der Flächen sowie die Bepflanzung 
derselben wird auf 4 Jahre verteilt, um den Schülern mehrerer 
Jahrgänge Gelegenheit zu bieten, sich praktisch mit allen wichtigen 
Arbeiten vertraut zu machen. 

Über den Verlauf der Arbeiten wird in den einzelnen Jahren 
berichtet werden. An dieser Stelle sollen zunächst die allgemeinen 
Gesichtspunkte festgelegt werden, nach denen die Neuanlagen sowie 
die Verjüngung der Quartiere des alten Muttergartens durehgefiihrt 
werden sollen. 

Die jetzt für Obstkultur zur Verfügung stehende Fläche von 
rund 36 Morgen wird in der Weise ausgenutzt, daß die verschiedenen 
Kulturmethoden, jede für sieh getrennt, auf besonderen Quartieren 
vorgeführt werden. Der Erwerbsobstbau wird, den Aufgaben der 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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Anstalt entsprechend, den größten Teil der Anlage in Anspruch 
nehmen. Doch auch der Liebhaberobstbau, d. h. der Obstbau 
im Haus- und Villengarten muß vertreten sein, da auch dieser in 
Zukunft, ohne Beeinträchtigung des Erwerbsobstbaues, trotz vieler 
Anfeindungen den ihm gebührenden Platz behaupten wird. 

Bei dem Erwerbsobstbau muß die Kultur des feinen Tafelobstes 
mit Rücksicht auf die örtlichen Verhältnisse eine hervortretende 
Rolle spielen. Das Wirtschaftsobst wird nur in beschränktem Maße 
angebaut werden, soweit dies die Unterweisung der Schüler in der 
Obstverwertungsstation erfordert. 

Außer der Hochstammkultur wird auch die Halbstamm- und 
Buschobstkultur vertreten sein. Die Formbaumzucht wird auf 
wenige leicht zu ziehende freistehende Formen eingeschränkt Die 
eigentlichen Spaliere werden nur zur Bepflanzung von Rabatten 
dienen; alle übrigen Formen erhalten ihren Platz in den Zieranlagen. 

Die Verteilung der einzelnen Knlturmethoden ist derart gedacht, 
daß am Eingänge in den alten Muttergarten sowie in der Umgebung 
der Obstverwertungsstation und dem Eisenbahnkörper (rechtsrheinische 
Strecke) entlang die Zieranlagen untergebracht werden. Hieran 
werden sich schließen: ein Quartier als Muster für die Bepflanzung 
eines Hausgartens, mehrere Quartiere mit Spindeln, Pyramiden und 
Buschbäumen für die Feinobstkultur, zwei Halbstammquartiere und 
der Rest der Fläche wird der Hochstammkultur eingeräumt werden. 
Die Bepflanzung der einzelnen Quartiere wird in den nächstfolgen¬ 
den Jahren, in dem Maße als die Arbeiten zur Ausführung gelangen, 
eingehender geschildert werden. 

Eine durchgreifende Veränderung wird die Sortenwahl er¬ 
fahren. Die einzelnen Quartiere werden nur mit verhältnismäßig 
wenigen Sorten bepflanzt werden, die sich auf Grund der bisherigen 
Erfahrungen am besten unter den hiesigen Verhältnissen bewährt 
haben, die im Handel sehr gesucht sind und gut bezahlt werden. 

Folgende Sorten werden in größeren Mengen zur Anpflanzung 
gelangen: 

Apfel: 


1. Weißer Klarapfel. 

2. Roter Astrachan. 

3. Charlamowsky. 

4. C'ox's Pomona. 

5. Kaiser Alexander. 

6. Winter-Goldparmäne. 

7. Ananas-Reinette. 


S. Gelber Bellefleur. 

1). Minister v. Hammerstein. 

10. Königlicher Kurzstiel. 

11. Baumanns Reinette. 

12. Canada - Reinette. 

13. Schöner v. Boskoop. 

14. Champagner-Reinette. 


Birnen: 


1. Grüne Sommermagdalene. 

2. Sparbirne. 

3. Di. Jules Guyot. 

4. Clapps Liebling. 

5. Amanlis B.-B. 


6. Williams Christbirne. 

7. Sommer-Eierbirne. 

S. Holzfarbige B.-B. 

0. Gute Luise v. Avranches. 
10. Gellerts B.-B. 


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Bericht über Übst- und Gemüsebau. 


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11. Bose’s Flaschenhirne. 

12. Clairgeaus B.-B. 

13. Diels B.-B. 

14. Madame Verte. 

Pflaumen 

1. Mirabelle v. Nancy. 

2. Doppelte Herrenhäuser 
Mirabelle. 

3. Bühler Frühzwetsche. 


15. Hardenponts Winter-B.-B. 
10. Frau Luise Goethe. 

17. Esperens Bergamotte. 


ud Zwetschen: 

4. Große grüne Reineclaude. 

5. Kirkes Pflaume. 

6. Washington. 

7. Italienische Zwetsche. 


1. Große Frühe. 

2. Ambrosia. 


Aprikosen: 

3. v. Breda. 

4. v. Nancy. 


Kirschen: 

1. Früheste der Mark. 5. Königin Hortensia. 

2. Frühe Maiherzkirsche. 6. Große lange Lotkirsche. 

3. Speckkirsche. 7. Bettenburger Glaskirsche. 

4. Große schwarze Knorpelkirsche. 8. Schöne v. Chatenay. 

Um den Zielen und Aufgabeu einer Lehranstalt gerecht werden 
zu können, wird jedoch auch ein größeres Quartier mit einem 
Sortiment bepflanzt werden. In diesem werden alle diejenigen 
Sorten enthalten sein, die auf den übrigen Quartieren nicht ver¬ 
treten sind. Es werden hierbei besonders berücksichtigt werden: 

1. Die Sorteu, die in anderen Gegenden Deutschlands für den 
Anbau im großen von Bedeutung sind. 

2. Die wichtigsten Handelssorten des Auslandes, die auf den 
deutschen Märkten eine hervorragende Stelle eiuuehmen. 

3. Neuheiten, die auf ihren Wert hin geprüft werden müssen. 
Die Anpflanzung dieser Sorten ist für eine Lehranstalt Erforder¬ 
nis, um vor allem den Besuchern der Anstalt Gelegenheit zu bieten, 
sich die nötigen Kenntnisse in der Obstsortenkunde anzueignen, 
ohne die der Obstbau nicht betrieben werden kann. Das Vorhanden¬ 
sein dieser Sorten ist jedoch auch für die genaue Ausführung von 
Sortenbestimmungen erforderlich, um Vergleiche zwischen den Ein¬ 
sendungen und den an Ort gewachsenen Früchten anstellen zu 
können, da ein Bestimmen nur nach vorliegenden Abbildungen und 
Beschreibungen in den meisten Fällen nicht ausreicht. 

Ganz besondere Aufmerksamkeit wird die Anstalt in Zukunft 
dem Versande von Edelreisern schenken. Mit Recht wurde in 
neuerer Zeit von verschiedenen Seiten die Errichtung von M utter- 
gärten zwecks Prüfung von Sorten und Abgabe von sortenechten 
Reisern angeraten. Wenn auch die Anstalt schon seit ihrem Be¬ 
stehen dieser Aufgabe nachzukommen sich bemüht hat, so soll doch 
in Zukunft im Interesse des gesamten Obstbaues die Abgabe von 
Edelreisern in erweitertem Umfange stattfinden. Die vorhandenen 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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Sortimente von Äpfeln, Birnen, Aprikosen, Pfirsichen, Kirschen, 
Zwetschen und Pflaumen, die auf ihre Sortenechtheit wiederholt ein¬ 
gehend geprüft sind, werden mit Ausschaltung unwichtiger Sorten, 
auch in Zukunft beibehalten, um an dieser wichtigen Aufgabe im 
Interesse des deutschen Obstbaues mitarbeiten zu können. 

3. Ausführung von Neuanlagen, 

a) Die Anlage von Zierrabatten im Muttergarten. 

Da ein Teil der Bäume des sogenannten Obstparkes, der den 
Übergang zwischen den eigentlichen Parkanlagen und dem Obst¬ 
muttergarten bildet, infolge vorgerückten Alters im Zurückgehen be¬ 
griffen ist, so muß damit gerechnet werden, daß diese Anlagen nur 
noch wenige Jahre beibehalten bleiben können. Von einer späteren 
Neubepflanzung dieser Fläche mit Obstbäumen soll abgesehen werden, 
da dieselbe andere Ziergehölze aufnehmen soll. Es war deshalb 
nötig, rechtzeitig für Ersatz zu sorgen. 

Als geeigneter Platz erwies sich derjenige Teil des alten Mutter¬ 
gartens, welcher sich der Frankfurt-Rüdesheimer Bahnstrecke ent¬ 
lang zieht. Es wurde beschlossen, diesen Rabatten den Charakter 
eines Laubenganges zu geben. Die Bepflanzung mußte jedoch 
derart erfolgen, daß den vorbeifahrenden Reisenden der Blick in das 
Innere der Anlage erhalten blieb. Auf der Gartenseite sollten ver¬ 
schiedene Kunstformen gleichsam die Wand des Laubenganges bilden 
und für die nötige Abwechselung sorgen. Unter Berücksichtigung 
dieser Gesichtspunkte wurde das Projekt in der Weise zur Aus¬ 
führung gebracht, wie solche aus den beigefügten Zeichnungen er¬ 
sichtlich ist. 

Der Billigkeit halber wurden die bereits vorhandenen Pfosten 
des Zaunes als Stützpunkt sowohl für die halben, als auch für die 
ganzen Bogen verwendet und mittels Schrauben gegenseitig be¬ 
festigt. Den halben Bogen, welche bis in die Mitte des Weges¬ 
reichen, wurde ein zweiter Stützpunkt dadurch gegeben, daß ein 
6 mm starker Eisendraht über die Mitte des Weges durch die Eisen¬ 
teile der ganzen Bogen gespannt und die einzelnen halben Bogen 
daran befestigt wurden. Die ganzen Bogen stehen in einer durch¬ 
schnittlichen Entfernung von 10 m, während die halben Bogen, den 
Entfernungen der Zaunpfosten entsprechend, 2 m Abstand von¬ 
einander haben. Auf diese Weise ist der Blick nach der Rabatten¬ 
bepflanzung von allen Seiten ein vollständig freier geblieben, die 
verwendeten Pflanzen werden nicht im geringsten durch Beschattung 
ungünstig beeinflußt und dabei ist der perspektivische Blick ein 
recht wirkungsvoller, der den Charakter des Laubenganges in bester 
Weise wiedergibt. Diese Rabatten wurden an 3 bestehenden Quar¬ 
tieren vorbei in einer Gesamtlänge von ca. 160 m angebracht Ein 
Hauptweg bildet den Abschluß für den ersten Teil der Anlage. An 
dieser Stelle wurde ein Pavillon errichtet, dessen Höhe ca. 7 m und 
dessen Grundfläche 30 qm beträgt. Von diesem Punkte aus kann 
der Besucher die Rabatten nochmals gut übersehen und gleichzeitig: 


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Bericht über Obst- und Gemüsebau. 


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streift der Blick über einen großen Teil der Kulturen des Mutter¬ 
gartens. 

Trug dieser erste Teil der Rabatten mehr den Charakter einer 
Luxusanlage, so sollte die Fortsetzung eine Bepflanzung zeigen, bei 
welcher ohne Aufwendung größerer Mittel mehr die praktische Seite 
des Obstbaues zur Geltung kam. Nur durch einzelne, in einer Ent¬ 
fernung von 8 m angebrachte Bogen, paßt sich dieser Teil dem 
erstgenannten an. Am unteren Hauptwege des Muttergartens findet 
diese Abteilung bei einer Länge von ca. 150 m ihren Abschluß. Am 
entgegengesetzten Ende des Laubenganges nach Osten zu wurde 
ebenfalls ein kleiner Pavillon errichtet. Dieser Punkt gewährt einen 
prächtigen Blick sowohl über den oberen Teil der Anlage als auch 
über die mit Pfirsichspalieren bekleidete Wandfläche. 

Da das gesamte für die fraglichen Rabatten vorgesehene Ge¬ 
lände bereits eine lange Reihe von Jahren mit Obstbäumen und 
andern Gehölzen bepflanzt war, mußte eine gründliche, in ihren 
Wirkungen möglichst nachhaltige Bodenverbesserung und -Bearbeitung 
durchgeführt werden. Bereits im Winter 1904—1905 wurden ca. 
200 Fuhren Chausseegrabenaushub sowie ca. 100 Fuhren lehmige 
Weinbergserde angefahren. Des weiteren wurden etwa 100 Ztr. 
Torfstreu mit Abortjauche durchtränkt und sämtliche Stoffe über 
das als Rabatten vorgesehene Gelände ausgebreitet. Anfang April 
schritt man zum Rigolen. Dieses wurde auf 80—100 cm Tiefe in 
der Weise vorgenommen, daß die gesamte aufgefahrene Erdmasse 
mit der vorhandenen gleichmäßig bis zur erwähnten Tiefe abgehackt 
und mit der Schaufel weiterbewegt wurde, so daß die Boden¬ 
mischung die denkbar vollkommenste werden mußte. Der schlechte 
Boden wurde abgefahren. 

Schon des öfteren wurde darauf hingewiesen, daß der Mutter¬ 
garten in 1—2 m Tiefe von einer festen, das Wurzelwachstum sehr 
ungünstig beeinflussenden Kalkschicht durchzogen wird. Da, wo 
sich diese Kalkschicht auf den Rabatten bei einer Höhe von 1 m 
vorfand, wurde dieselbe durchbrochen und das schlechte Erd¬ 
reich ausgehoben und abgefahren. Durch das in großen Mengen 
den Boden durchziehende Wurzelwerk der alten beseitigten Bäume 
wurde das Rigolen wesentlich «•Schwert, so daß die Kosten der Arbeit 
sich durchschnittlich auf 50—60 Pf. pro Quadratmeter bezifferten. 

Nach Beendigung der Rigolarbeiten erfolgte die Anlage der 
Wege und Wasserleitung. Da die Wege in Zukunft mit schwerem 
Fuhrwerk nicht befahren werden, war ein Besticken mit festem Stein- 
material entbehrlich und es fand nur Steinkohlenschlacke Verwen¬ 
dung, die 10 cm hoch aufgetragen wurde. Mit Hilfe dieses Materiales 
ist man wohl im stände, feste und jederzeit trockene Wege anzulegen. 

Besonderer Wert mußte auf eine gute Bewässerungsanlage ge¬ 
legt werden, da die Rabatten auf ihrer Gesamtlänge bahnseitig durch 
«las stellenweise mehr als 1 m tiefer liegende Gelände scharf ab¬ 
gegrenzt werden. Zudem sind die Böschungen nach Süden zu ge¬ 
richtet, so daß im Sommer mit einem starken Austrocknen gerechnet 
werden muß. An die vorhandenen Leitungsstränge anschließend, 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technische!) Betriebe. 


wurden 150 m Röhren mit fünf Hydranten gelegt. Die Gesamt¬ 
länge der zu bewässernden Fläche beträgt etwa 300 m. Das ganze 
Rohrnetz ist dem im alten Muttergarteu gegrabenen Brunnen au¬ 
geschlossen, der Wasser in reichlicher Menge zu liefern vermag. 

Eine der wichtigsten Aufgaben bei der Ausführung dieser Xeu- 
anpflanzungen war die richtige Sortenwahl. Bereits im Jahres¬ 
berichte 1904 wurde an der Hand der jahrelang durchgeführteu 
Aufzeichnungen aus dem Spaliergarten der Anstalt das verschiedene 
Verhalten der einzelnen Sorten in Bezug auf ihre Tragbarkeit usw. 
treffend nachgewiesen. 

Für die Bepflanzung der Rabatten wurden deshalb nur die¬ 
jenigen Sorten verwendet, die sich auf Grund der bisherigen Er¬ 
fahrungen als früh und reichtragend erwiesen hatten. Die Be¬ 
pflanzung der einzelnen Rabatten wurde in folgender Weise durch¬ 
geführt. 

Rabatte I (Fig. 10). 

5 Stück Kesselbäume in den Sorten: Baumanns Reinette. 
Winter-Goldparmäne, Minister von Hammerstein, Geheimrat Wesener 
(letztere zum Versuch). 



3 twViM^ü mm*' 6 | itauw )4 w. 

Fig. 10. 

10 Stück Birnenspindeln: Madame Verte, Hardenponts Winter 
B.-B., Williams Christbirne, Neue Poiteau, Esperens Bergamotte. 

4 Festons von Birnen: Geheimrat Dr. Thiel. 

Je 10 Stück wagerechte Kordons: Weißer Winter-Calvill und 
Minister von Hammerstein. Rechts und links von den Kesselbäumen 
ist je ein Rosenhochstamm in den besten Sorten angepflanzt. 

Rabatte II (Fig. 11). 

Auf dieser Abteilung sind Verrier-Palmetten untergebracht. Um 
die Wandfläche etwas abwechslungsreicher zu gestalten, wurden in 


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Bericht über Obst- und Gemüsebau. 


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Abständen von ca. 9 m Spindeln als Zwischenpflanzung benutzt. 
Damit die Palmetten die Fläche so schnell wie möglich bekleiden, 
sollen dieselben nur mit 4 Armen, also 2etagig, gezogen werden. 



Die Bepflanzung ist in folgender Weise durchgeführt: 

12 Stück Palmetten Baumanns Reinette, 

9 Winter-Goldparmäne, 

12 Minister von Hammerstein, 

3 .. Geheimrat Wesener (versuchsweise), 

7 Spindeln Herzogin v. Angoulerae (auf Zwischen Veredelung), 
10 wagerechte Kordons Minister von Hammerstein, 

10 „ „ Landsberger Reinette. 

Rabatte III (Fig. 12). 

Es sind angepflanzt: 

2 Kesselbäume: Geheimrat Wesener und Minister v. Hammerstein. 



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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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2 Armleuchterpyramiden: Clapps Liebling. 

13 Spindeln: Di eis B.-B., Holzfarbige B.-B., Le Lectier. 

18 Beerenobsthochstämme und zwar: Johannisbeeren: 
Rote Holländische, Weiße Holländische. Rote Kirsch-. Fays Frucht¬ 
bare. Stachelbeeren: Sämling von Maurer, Rote Triumphbeere, 
Weiße volltragende, Früheste gelbe, Grüne Riesenbeere. 

9 wagerechte Kordons: Weißer Winter-Calvill. 

9 wagerechte Kordons: Adersiebener Calvill. 

Rabatte an der Bahnseite. 

Dieselbe ist in einer Breite, von 1 m angelegt. Neben dem 
Obstbaum sollten hier besonders auch schönblühende Stauden, Rosen, 
sowie einige Ziergräser Verwendung finden, um die Anlage wirkungs¬ 
voller und abwechselungsreicher zu gestalten. Der Abhang, der den 
tiefer gelegenen Bahnkörper vom Muttergarten trennt, ist mit einer 
Grasnarbe, vermischt mit den verschiedensten Unkräutern, bewachsen. 
Um nun einer Verunkraiitung der Rabatte vorzubeugen, wurden auf 
der gesamten Länge 30 cm breite und 3 cm starke, bestens kyani- 
sierte Kiefernbretter eingelassen. 

Die für die Bildung des Laubenganges ausgewählten senkrechten 
Kordons der Williams Christbirne wurden auf Wildling veredelt an¬ 
gepflanzt. da mit einem starken Aus trocknen des Bodens gerechnet 
werden muß. Es sind angepflanzt auf dieser Rabatte: 

72 senkrechte Kordons, 32 Rosenhochstämme, 10 Rosenhalb¬ 
hochstämme, 28 div. Stauden, als: Canna, Dahlien, Eryngium, Echinops, 
Delphinium, Eulalia u. a. Wagerechte Kordons: 10 Kaiser Alexander, 
12 Cox's Pomona, 8 Winter-Goldparmäne. 

Auch an den beiden errichteten Pavillons sollte gezeigt werden, 
in welch’ vorteilhafter Weise sich Obstgehölze für deren Bekleidung 
verwenden lassen. An dem kleineren, am oberen Ende errichteten 
Pavillon wurden 14 senkrechte Kordons von Clairgeaus B.-B., auf 
Wildling veredelt, angepflanzt. Die drei Eckpfeiler wurden mit auf 
Wurzelhals veredelten Rosen „Crimson Rambler“ bekleidet. 

Wegen der bedeutenden Höhe und der Form des Kuppelbaues 
des größeren Pavillons war es nicht angängig, diesen vollständig mit 
Obstbäumen zu bekleiden. Der reichlich 3,50 m hohe senkrechte 
Teil wird mit Rebkordons der Sorten Weißer Gutedel und Madelaine 
Royale bepflanzt, während für die Berankung des Daches wilder 
Wein und Glycinen ausgewählt wurden. 

Rabatte IV (Fig. 13). 

Bei der Bepflanzung der Rabatte IV wurden, die Billigkeit im 
Auge behaltend, die Kunstformen vermieden und nur das unter¬ 
gebracht, was für die Wahrung des Charakters eines Laubenganges 
unbedingt nötig war. Die in Abständen von 8 m errichteten eisernen 
Bogen wurden mit Kordons bepflanzt. Im übrigen sind nur frei¬ 
stehende Formen verwendet, wie aus der Skizze Rabatte IV ersicht¬ 
lich ist. 


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Bericht über Obst- und Gemüsebau. 


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Es wurden angepflanzt auf der breiten Rabatte: 

15 Hochstämme: Biililer Frühzwetsche, 
lß Johannisbeerbüsche: Rote Holländische, 

10 : Fays Fruchtbare, 

6 Le Lectier, 

5 Clapps Liebling, 

4 Frau Luise Göthe, 

2 Williams Christbirne, 

Iß senkrechte Kordons: Weißer Winter-Calvill. 



Fig. 13. 

An der Bahnseite wurden untergebracht an Spindeln: 

9 Geheimrat Dr. Thiel, 

9 Mad. Vert6, 

2 Hardenponts Winter B.-B., 

10 Clairgeans B.-B., 

16 senkrechte Kordons: Minister von Hannnerstein, 

32 Johannisbeerhalbstämme: Holländische rote. 

Eingefaßt sind beide Rabatten mit Erdbeeren. 

b) Erweiterung des alten Muttergartens. 

Da in den alten Anlagen die Steinobsthochstämme bereits ein 
Alter von durchschnittlich 30 Jahren haben und infolgedessen im 
Zurückgehen begriffen sind, so mußte in erster Linie für eine Neu¬ 
pflanzung dieser Obstarten Sorge getragen werden. 

Durch den Erwerb einer Fläche von 10925 qm. die auf der 
Westseite nach Rüdesheiin zu unmittelbar den Obstanlagen der An¬ 
stalt anliegt, konnte bereits im Berichtsjahre zu der Schaffung einer 
größeren Steinobstpflanzung geschritten werden. Die Größen Verhält¬ 
nisse 1 sowie die Bepflanzung der Fläche sind aus Fig. 14 zu ent¬ 
nehmen. 

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Bericht über Obst- uud Gemüsebau. 


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Der Boden ist nur von geringer Qualität. Auf der größeren, 
nördlich vom Hauptwege gelegenen Fläche findet sich bis zu einer 
Tiefe von 1 ra ein leichter Lößboden vor, der arm an Humus ist. 
Auf der kleineren Fläche südlich des Hauptweges nimmt sogar der 
Gehalt an Sand noch zu. Überall wurde bei 1 m bis 1,50 m Tiefe 
eine feste Kalkschicht angetroffen, die schon in den alten Anlagen 
den Wurzeln das Eindringen in den Untergrund erschwert Um 
ein möglichst klares Bild von der Beschaffenheit des Untergrundes 
zu gewinnen, wurden an mehreren Stellen Probelöcher bis 2,50 m 
Tiefe ausgehoben. Hierbei stellte es sich heraus, daß die Zusammen¬ 
setzung des Bodens selbst auf kleiner Fläche in den verschiedenen 
Schichten sehr wechselt. 

Vor der Ausführung von Neuanlagen sollte man nicht die Mühe 
scheuen, den Boden einer derartigen eingehenden Untersuchung zu 
unterziehen, denn nur auf Grund derselben ist es möglich, sich ein 
klares Bild über die Tauglichkeit des Grundstückes für Obstkultur 
zu verschaffen und schon vorher die richtige Auswahl der Obst¬ 
arten und Sorten zu treffen. 

Bei dem flachgründ igen, mehr trockenen Erdreiche war von 
vornherein die Verwendung von Birnen und auch von Äpfeln aus¬ 
geschlossen, und das Vorhaben, die Fläche mit Steinobst zu be¬ 
pflanzen, paßte sich somit gut der Bodenbeschaffenheit an. 

Es war vorgesehen, die gesamte Fläche mittels Handgeräten zu 
rigolen. Bei den hohen Arbeitslöhnen und dem Mangel an den 
nötigen Arbeitskräften, der sich im Rheingau ständig bemerkbar 
macht, mußte jedoch von diesem Vorhaben abgesehen werden. Um 
den Boden gleichmäßig auf größere Tiefe zu lockern, wurde die 
Fläche mittels Rigolpflug auf 50 cm Tiefe umgeworfen und mittels 
Untergrund pflüg die Sohle des Graben noch weitere 10 cm gelockert. 
Bei größeren Flächen dürfte diese Art der Bodenvorbereitung all¬ 
gemein zu empfehlen sein. Vorbedingung ist. daß die Fläche mög¬ 
lichst eben liegt und das Erdreich nicht zu schwer, sowie frei von 
größeren Steinen ist. 

Nach dem Rigolen und Planieren der Fläche erfolgte die Er¬ 
richtung des Zaunes sowie das Legen der Wasserleitung. 
Der Zaun ist 1,60 m hoch; die Pfosten stehen auf 2,50 m Ent¬ 
fernung, jeder 2. resp. 3. Pfosten weist eine Gegenstrebe auf. Das 
Maschengeflecht hat 55 mm Weite und 2,5 mm Stärke. 

Das Rohrnetz wurde der vorhandenen Wasserleitung des alten 
Muttergartens angeschlossen. Die Gesamtlänge der Leitung, die 
unter der Erde verläuft, beträgt 340 m. Es wurden 8 Hydranten 
angebracht, die in einer Entfernung von durchschnittlich 50 m von¬ 
einander stehen. 

Nach Fertigstellung der Wasserleitung wurde noch im Herbste 
zu dem Aushebeu der Baumlöcher und der Anfuhr von Materialien 
zur Boden Verbesserung geschritten. Die Löcher sind 80 cm tief und 
1,20 m im Quadrat ausgehoben. Da, wo sich die feste Kalkschicht 
in dieser Höhe vorfand, wurde dieselbe entfernt, so daß die Löcher 
hier eine Tiefe von 1,20—1,50 m erhielten. 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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Als Materialien für die Bodenverbesserung kamen Komposterde 
und Torfmull, der vorher mit Jauche gründlich durchtränkt war, 
zur Verwendung; außerdem wurde eine Untergrunddüngung mit 
Kainit und Thomasmehl vorgenommen. Wo schlechter Boden aus¬ 
geschaltet werden mußte, 'wurde gutes Erdreich als Ersatz angefahren. 
Diese Arbeiten konnten über Winter soweit fertiggestellt werden, 
daß im Frühjahre die Pflanzarbeiten keine Verzögerung erlitten. 
Leider wird in der Praxis in vielen Fällen zu spät an die Anfuhr 
von Materialien für die Boden Verbesserung gedacht, so daß diese so 
notwendige und sich stets als nützlich erweisende Arbeit infolge 
Mangels an Zeit unterbleibt. 

Verhältnismäßig viel Zeit nahm die Wegeanlage in Anspruch. 
Je nachdem der Weg mehr oder weniger mit Lastfuhrwerken be¬ 
fahren wird, betrug die Höhe des aufgeschütteten Steinmateriales 
15—25 cm. Insgesamt war für die 1327 qm Wegefläche rund 
200 cbm Steinmaterial erforderlich. Die Anfuhr erfolgte vom Stein¬ 
bruch bis zur Grenze des Grundstückes mittels Fuhrwerk, und von 
hier aus zum Teil mittels Feldbahn. 

Das größere nördliche Quartier wurde mit Zwetschen-, Pflaumen - 
und Sauerkirschhochstämmen bepflanzt. Der allseitige Abstand der 
Bäume beträgt 5 m. Die Süßkirschen wurden in einer Entfernung 
von 10 m auf dem kleineren südlichen Quartiere untergebracht. 
In den einzelnen Reihen des letzten Quartieres sind Sauerkirschen, 
in Buschform auf Steinweichsel veredelt, angepflanzt. Auf beiden 
Quartieren soll Gemüsebau als Unterkultur betrieben werden. 

Längs des Hauptweges befinden sich 2 Rabatten, die mit Stein¬ 
obsthochstämmen und Spindelbäumen abwechselnd bepflanzt sind. 
Diese Rabatten wurden nach Überfahren mit guter Erde und Torf¬ 
mull auf 1 m Tiefe rigolt. Zwischen den Rabatten und den Hoch¬ 
stammquartieren sind auf beiden Seiten 6 m breite Streifen Land 
liegen geblieben, die zur Aufnahme von Gemüse- und Erdbeer¬ 
sortimenten dienen sollen. 

Am westlichen Ende des Hauptweges und der erwähnten 
Rabatten erweitert sich der erstere zu einem größeren, halbrunden 
Platze, in dessen Mitte ein Nußbaum angepflanzt wurde. Dem Zaune 
entlang ist in der Breite des Platzes eine kleine Schutzpflanzung, 
bestehend aus Haselnüssen, Quitten, Mispeln, Rosa rugosa. Prunus 
Pissardi und anderen Obstgehölzen geschaffen, um der ganzen An¬ 
lage nach dieser Seite hin einen Abschluß zu geben. 

Der Hauptweg erstreckt sich jetzt durch die ganzen Obstanlagen 
in gerader Richtung; die Gesamtlänge desselben beträgt 430 m. Um 
nun gleich beim Eintritt in die Obstanlagen den Besuchern ein Bild 
von der Ausdehnung der Kulturen zu gewähren und die Wirkung 
in der Perspektive zu erhöhen, wurde der alte abgängige Nußbaum 
auf dem ersten Rondell des alten Muttergartens, sowie das mit Schräg¬ 
kordons bepflanzte zweite Rondell beseitigt. Auf den freien Plätzen 
wurde durch Aufstellen von Bänken den Besuchern Sitzgelegenheit, 
geboten, woran es bisher in den Obstanlagen gänzlich fehlte. 


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Bericht über Obst- udü Gemüsebau. 


.).) 


Sortenwahl. 

Bei der Bepflanzung der Fläche wurde vor allem darauf Wert 
gelegt, daß diejenigen Steinobstsorten, welche sich bisher als die 
einträglichsten erwiesen hatten, in größerer Zahl vertreten sind, um 
auf diese Weise der ganzen Anlage mehr den Charakter einer Er¬ 
werbsobstpflanzung zu verleihen. Es kamen demzufolge zunächst 
zur Anpflanzung: 

44 Stück Große grüne Reineclaude, 

44 „ Mirabelle von Nancy, 

« 11 Italienische Zwetsche, 

11 ,, Bühler Frühzwetsche, 

11 „ Gew. Hauszwetsche. 

Gleichzeitig wurde jedoch auch darauf Bedacht genommen, das 
in den alten Anlagen vorhandene Sortiment von Zwetschen und 
Pflaumen in die neue Anlage mit überzuführen. Diese Sorten sind 
durch mehrjährige Beobachtungen und Vergleiche als echt erkannt 
und müssen für Unterrichtszwecke, für das Bestimmen von Sorten 
und zur Abgabe von Edelreisern der Anstalt erhalten bleiben. Die 
Reiser für die Anzucht der Bäume wurden den alten Sortiments¬ 
bäumen entnommen, um Garantie für die Sortenechtheit zu haben. 
In diesem Sortimente sind folgende Sorten vertreten: 

Auerbacher Frühzwetsche, Augustzwetsehe, Admiral Rigny, Anna 
Späth, Biondecks Frühzwetsche, Bunter Perdrigon, Coes rotgefleckte 
Pflaume, Catalonischer Spilling, Des Bejonniere, Durchscheinende 
Reineclaude, Dolaner Zwetsche, Decaisnes Pflaume, Eßlinger Früh¬ 
zwetsche, Esperens Goldpflaume, Frühzwetsche aus Rüdesheim, Frank¬ 
furter Pfirsichzwetsche, Frühe Fruchtbare, Große Zuckerzwetsche, 
Gelbe Katharinenpflaume, Gelbe Herren pflaume, Große Mirabelle, 
Herrenhäuser Mirabelle, Jefferson, Kleine Mirabelle, Königin der 
Mirabellen, Königin Viktoria, Königspflaume v. Tours, Kirkes Pflaume, 
Königs Pflaume, Kleine gelbe Eierpflaume, Lucas Frühzwetsche, 
Löpine, Mirabelle Frühe von Bergthold, Metzer Mirabelle, Otto- 
manische Kaiserpflaume, Rote Nectarine, Rangheris Mirabelle, Rivers 
Frühpflaume, Rote Eierpflaume, Reineclaude v. Oullins, Reineclaude 
v. Jodoigne, Violette Reineclaude, Meroldts Reineclaude, Späte v. 
Courny,• Späte Mirabelle, Serbische Zwetsche, Violette Diapröe, Violette 
Jerusalemspflaume, Wangenheims Frühzwetsche, Washington, Wahre 
Zwetsche, Zwetsche Großherzog v. Luxemburg, Borsumer Zwetsche, 
Zimmers Frühzwetsche, Eberaweierer Frühzwetsche. 

Das Kirschen Sortiment enthält folgende Sorten: 

a) Süßkirschen: Bettenburger Herzkirsche, Coburger Mai¬ 
herzkirsche. Früheste der Mark, Flamentiner, Frühe Maiherzkirsche, 
Fromms schwarze Herzkirsche, Große Prinzessinkirsche, Große 
schwarze Knorpelkirsche, Hedelfinger Riesenkirache, Speckkirsche, 
Schmehls Knorpelkirache, Werderscho frühe Herzkirsche, Winklers 
weiße Herzkirsche, Geisenheitner schwarze, Geisepeter, Büttners gelbe 
Knorpelkirache, Westhöfler Knorpelkirsche. Schwarze hirtarische 
Herzkirache. 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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b) Sauerkirschen: Großer Gobet, Rote Maikirsche, Königin 
Hortensia, Frühe Süßweichsel, Frühe Schattenmorelle, Spanische 
Süßweichsel, Schöne v. Choisy, Schöne v. Chatenay, Bettenburger 
Glaskirsche, Große lange Lotkirsche, Gubens Ehre, Ostheimer 
Weichsel, Süß weichsei v. Olivet, Kleine v. d. Natte, Minister v. Pod- 
bielski. 

Die Rabattenbepflanzung ist ebenfalls in einfacher Weise durch¬ 
geführt Es wurden verwendet: 

30 Hochstämme: Italienische Zwetsche, 

4 „ : Doppelte Herrenhäuser Mirabelle. 

8 Mirabelle vou Nancy. 

Als Spindeln: Dr. Jules Guyot, Diels B.-B., Le Lectier, Harden- 
ponts Winter B.-B., Williams Christbirne, Clapps Liebling, Espereus 
Bergamotte, Neue Poiteau, Geisenheimer Köstliche. 

Als wagerechte Kordons: Minister v. Hammerstein, Winter-Gold¬ 
parmäne, Geheimrat Wesener, Weißer Winter-Calvill, Champagner 
Reinette, Gute Luise v. Avranches, Esperens Bergamotte, Le Lectier, 
Diels B.-B. 

Sämtliche Arbeiten wurden in den neuen Anlagen von Schülern 
und Kursisten ausgeführt, so daß denselben reiche Gelegenheit ge¬ 
boten wurde, ihre Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten zu er¬ 
weitern und zu befestigen. 

4. Beobachtungen Aber spätreifende Birnsorten. 

Da unsere edlen Wintertafelbirnen: Olivier de Serres, Edel- 
crassane und Winterdechantsbirne nur unter den besten Verhältnissen 
ihre volle Güte erlangen, Ist an einen allgemeinen Anbau dieser 
Sorten in Deutschland nicht zu denken. 

Um dem tatsächlichen Mangel an guten Wintertafelbirnen abzu¬ 
helfen, muß dahin gestrebt werden, andere Sorten ausfindig zu 
machen, die bis zu einem gewissen Grade als Ersatz angesehen 
werden können, und deren Kultur vor allem nicht mit so großen 
Schwierigkeiten verknüpft ist, wie dies bei den obigen der Fall ist. 

Im nachfolgenden sollen Aufzeichnungen über das Verhalten 
einiger spätreifender Birnsorten folgen, die von allgemeinem Interesse 
sein dürften. 

Frau Luise Goethe (Züchtung d. Anstalt). Die Sorte wurde 
im Jahresbericht 1896 eingehend beschrieben. Über ihr Verhalten und 
den Wert der Frucht folgten in dem Jahresbericht 1903 und 1904 
weitere Angaben. Die Sorte hat im verflossenen Jahre Früchte von 
hervorragender Güte geliefert. Wenn von verschiedenen Seiten der 
Fracht das Vorhandensein einer großen Zahl von Steinchen nach¬ 
gesagt wurde, so konnte dies bei den in diesem Jahre geernteten 
Früchten nicht festgestellt werden. Das Fleisch war völlig schmel¬ 
zend, äußerst saftreich und sehr edel im Geschmack, so daß die 
Sorte unseren besten Wintertafelbirnen gleichgestellt werden kann. 
Es scheint, als ob die richtige Pflückzeit von großem Einfluß auf 
die gute Ausbildung der Fracht auf dem Lager ist. 


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Bericht über Obst- und Gemüsebau. 


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Die Ernte muß dann vorgenommen werden, wenn ein Teil der 
Früchte zu fallen beginnt. Die Genußreifc trat im verflossenen 
Jahre infolge des trockenen heißen Sommers sehr früh ein, so daß 
bereits nach Neujahr keine Frucht mehr auf dem Lager war. Es 
ist dringend erwünscht, daß unter günstigen klimatischen Verhält¬ 
nissen diese Sorte zum Versuch angebaut wird. 

Geheimrat Dr. Thiel (Züchtung der Anstalt). Die Sorte 
zeichnet sich durch frühe, reiche und regelmäßige Tragbarkeit aus. 
Selbst in der kleinsten Form gezogen, wie als wagerechter Kordon, 
als Feston u. dergl. ist der Fruchtansatz ein vorzüglicher. Die Frucht 
ist von schöner, gleichmäßiger Form, groß, glatt und auf der Sonnen¬ 
seite prächtig gerötet, so daß Bäume mit Früchten behängen, jeden 
Beschauer zur Anpflanzung dieser Sorte reizen müssen. 

Um jedoch zu hochgehenden Erwartungen entgegenzutreteu, sei 
ausdrücklich betont, daß die Frucht im Geschmack nur II. bis 
III. Güte ist. Das Fleisch ist etwas grob, abknackend und erinnert 
an Sterkmanns B.-B., die die Bezeichnung ,,Butterbirne u auch nicht 
verdient. Ohne Zweifel haben wir es hier mit einer prächtigen 
Schaufrucht zu tun, die sowohl am Baume als auch auf der Tafel 
Aufsehen erregt. Alle Personen, die jedoch in erster Linie Wert 
auf den Geschmack legen, dürfte die Sorte nicht befriedigen. Es 
muß dies an dieser Stelle ausdrücklich hervorgehoben werden, um 
einem zu weitgehenden Anbau rechtzeitig Einhalt zu tun. 

Notaire Lepin. Auf diese Sorte wurde in den letzten Jahren 
wiederholt von anderen Seiten aufmerksam gemacht Auf Grund 
unserer mehrjährigen Beobachtungen können wir allen Obstzüchtern 
zu einem Anbauversuch raten. Die Sorte zeichnet sich durch früh¬ 
zeitige und reiche Tragbarkeit aus, und läßt sich, auf Quitte ver¬ 
edelt, recht gut in kleinen Formen ziehen. Die Frucht ist von an¬ 
sehnlicher Größe, in Form und Färbung an Präsident Drouard er¬ 
innernd. Die Reife tritt recht spät ein; im verflossenen Jahre war 
Notaire Lepin noch in bester Ausbildung Ende Februar auf dem 
Lager, während die bekannten Sorten, wie Edelcrassane usw. längst 
vorüber waren. In voller Reite weist die Flucht eine schöne gold¬ 
gelbe Grundfarbe auf, von der sich die feinen Rostpunkte und 
Rostfiguren wirkungsvoll abheben. Die Schale ist sehr dünn. Das 
Fleisch zart, schneeweiß und saftig. Das Aroma tritt nur schwach 
hervor. Ohne Zweifel wird diese Sorte in Zukunft unter unseren 
spätreifenden Tafelbirnen einen besonders bevorzugten Platz ein¬ 
nehmen. 

Belle des Abrös. Diese Sorte zeichnet sich durch bedeutende 
Größe und späte Reife aus. Bei voller Reife ist die Frucht grünlich¬ 
gelb gefärbt. Das Fleisch ist sehr saftig, süß, jedoch etwas grob im 
Geschmack. Auch diese Sorte verdient wegen ihrer Größe und 
späten Reife mehr Beachtung. 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


5. Prüfung von Geräten. 

Der Schubert’sche Zackenheber zum Geraderichten von Bäumen. 

Der Chausseeaufseher K. Schubert in Lakumme, Post Julius¬ 
burg i. Schl., übersandte der Anstalt zwecks Begutachtung einen 
Apparat zum Geraderichten schiefer Bäume. Dieses Instrument 



wurde wiederholt in den Anlagen mit bestem Erfolge angewendet. 
Fig. 15 u. Fig. 10 gibt die Handhabung des Zackenhebers zu erkennen. 
Eine mehrere Meter lange Kette wird mit dom oberen Teile um die 
unteren Äste des gerade zu richtenden Baumes geschlungen, wobei 
ein angebrachtes Polster, welches auf die Äste zu liegen kommt, 
eine Beschädigung der Rinde verhindert. Am entgegengesetzten 
Ende erhält das Instrument durch einen starken eisernen Keil, der 


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Bericht über Obst-: und Gemüsebau. 


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im Boden eingeschlagen wird, den nötigen Halt. Die eigentliche 
Hebevorrichtung befindet sich in der Mitte. Mit Hilfe eines ein¬ 
fachen Hebels wird die Kette angezogen, wobei 2 Zacken abwechselnd 
in die Zähne der Seitenleisten eingreifen. Die Zacken werden 
mittelst Federn festgehalten, so daß ein Zurückgleiten verhindert wird. 

Der Apparat ist sehr leicht zu handhaben und es erfordert keine 



Anstrengung, um selbst größere Bäume im Alter von 25—30 Jahren 
gerade zu richten. 

Der Keil, welcher im Boden eingeschlagen wird, sollte nur 
etwas stärker und länger hergestellt werden, damit auf Grab- oder 
Ackerland der nötige Widerstand geleistet werden kann. Auch die 
eigentliche Hebevorrichtung hat sich bei öfterem Gebrauch und bei 
stärkeren Bäumen als etwas schwach erwiesen. Abgesehen von 
diesen kleinen Fehlern, die sehr leicht behoben werden können, kann 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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der Apparat als ein höchst praktisches Instrument allen Straßen¬ 
verwaltungen, Vereinen, größeren Obstgütern usw. zur Anschaffung 
empfohlen werden. Der Zackenheber kostet 25 M pro Stück. 


B. Bericht der Station für Obst- und Gemüseverwertung. 

1. Allgemeines. 

Die Obsternte fiel bei den Birnen, dem Stein- und Beerenobst 
derart günstig aus, daß die verschiedenen Verwertungsmethoden in 
ausgiebiger Weise durchgeführt werden konnten. Schülern, Prakti¬ 
kanten und Kursisten wurde somit reichlich Gelegenheit geboten, 
sich die nötigen praktischen Kenntnisse und Fertigkeiten für die 
Ausübung der Obstverwertung anzueignen. In größeren Mengen 
wurde Obstsaft, Marmelade und Gelee hergestellt, sowie Obst der 
verschiedensten Art in Gläsern und Büchsen eingelegt. 

Besonders stark war die Station im Berichtsjahre durch die 
Herstellung von Gemüsekonserven in Anspruch genommen, die bei 
Gelegenheit der im Oktober stattgehabten Gemüseausstellung vor¬ 
geführt wurden. Es bot sich hierdurch den Schülern Gelegenheit, 
sich auch mit den verschiedenen Konservierungsmethoden von 
Gemüsen vertraut zu machen. Die hergestellten Produkte dienten 
zur Versorgung des Internates; kleinere Mengen wurden an Beamte 
der Anstalt, sowie an auswärtige Interessenten abgegeben. 

Da die Herstellung der Gemüsekonserven für die Ausstellung 
viel Zeit erforderte und die zur Verfügung stehenden Kräfte stark 
in Anspruch nahm, konnten im Berichtsjahre keine größeren Ver¬ 
suche zur Durchführung gelangen. 

2 . Versuche. 

a) Tauglichkeit verschiedener Erdbeersorten für Konservierungs¬ 
zwecke. 

Nicht ohne Grund wird in neuerer Zeit von seiten des Publikums 
bei dem Einkauf der Konserven Wert darauf gelegt, naturreine 
Produkte zu erhalten und diesen Wünschen muß sich die Konserveu- 
iudustrie anpassen. Die Erfahrung lehrt nun, daß gerade die Kon¬ 
servierung der Erdbeere ohne Anwendung künstlicher Hilfsmittel 
Schwierigkeiten bereitet, denn die Früchte verlieren sehr leicht die 
Farbe und Form, wodurch sie unansehnlich werden. Zur Ver¬ 
besserung der Farbe werden bei der gewerbsmäßigen Herstellung in 
den Fabriken Färbemittel der verschiedenen Art benutzt, und um 
den Früchten die Form zu erhalten, muß eine besondere Behand¬ 
lung mit stärkeren Zuckerlösungen vorausgehen, wodurch für viele 
Personen der Geschmack zu süß und das schöne Aroma zu stark 
verdeckt wird. Dieses Vorgehen hat auch bereits in vielen Haus¬ 
haltungen Eingang gefunden, was von manchen Seiteu energisch be¬ 
kämpft wird. 


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Bericht über Obst- und Gemüsebau. 


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Um festzustellen, ob es möglich ist, auch ohne weiteres Dazutun 
ansprechende Produkte herzustellen, wurden verschiedene Erdbeer¬ 
sorten in gleicher Weise in Gläser mit Zuckerlösung eingelegt und 
nach Ablauf eines Jahres auf Form, Farbe und Geschmack geprüft. 
An Sorten kamen zur Verwendung: Lucida perfecta, Laxtons Noble, 
Marguerite, Garteninspektor Koch, Sharples, Filmore, Belle Alliance, 
Laxtons Royal «Sovereign, St Joseph. 

Die Früchte wurden in bester Entwicklung geerntet, von den 
Stielen befreit, leicht in Wasser abgewaschen und in Gläser gefüllt. 
Die Stärke der Zuckerlösung betrug 1 1 Wasser -f- 1 l / 3 Pfd. Zucker. 
Nach dem Aufgießen der Lösung und dem Schließen der Gläser 
wurde der Inhalt 10 Minuten laug bei 100° C. sterilisiert. Die Be¬ 
handlung der Früchte war bei sämtlichen «Sorten die gleiche. 

Die Prüfung ergab folgendes Resultat: 

Die Form hatten am besten gehalten: Laxtons Noble, Belle 
Alliance und Sharples, w r as auf große Festigkeit des Fleisches bei 
diesen Sorten schließen läßt. Allerdings zeigten sämtliche Gläser 
ein Steigen der Früchte, so daß für das Vollhalten der Gläser ein 
vorhergehendes Heißmachen der Früchte und Nachfüllen nicht zu 
umgehen ist 

Der Unterschied in der Färbung war bei den Sorten ein sehr 
auffälliger. Eine noch recht befriedigende Färbung wiesen folgende 
Sorten auf: Laxtons Noble, Marguerite, Sharples und Filmore. Be¬ 
deutend blasser waren Laxtons Royal, Belle Alliance und Garten¬ 
inspektor Koch. Vollkommen unansehnlich zeigten sich St. Joseph 
und Lucida perfecta. Auf den Tellern erschienen die beiden letzten 
Sorten geradezu unappetitlich. 

Bezüglich des Geschmackes wurde bei den einzelnen Sorten 
folgendes festgestellt: Lucida perfecta zeigt wohl ein sehr feines, 
stark ausgeprägtes Aroma, das Fleisch ist jedoch zu weich, so daß 
es auf der Zunge geradezu vergeht. Da auch, wie schon oben er¬ 
wähnt, die Farbe sehr unansehnlich ist, hat die Sorte für Kon- 
serviernngszwecke keine Bedeutung. Ergänzend sei hierzu noch be¬ 
merkt daß die Frucht auch in frischem Zustande sehr empfindlich 
gegen Druck und demzufolge für den Transport ungeeignet ist. Die 
Sorte hat für den Hausgartenbesitzer nur insofern Bedeutung, als 
die Reife spät eintritt und die Ernte sich auf längere Zeit erstreckt. 

Die Sorte Filmore spricht wohl wegen der dunklen Farbe an, 
der Geschmack erscheint anfangs kräftig, aber die groben Samen¬ 
körner machen sich beim Genuß unangenehm bemerkbar und es 
stellt sich auch ein bitterer Nachgeschmack ein, der von den Samen 
herrührt. Die Früchte sind auch nur von geringer Größe. 

Bei den Sorten Sharples, Belle Alliance. Marguerite, Laxtons 
Noble, Garteninspektor Koch und Laxtons Royal Sovereign konnte ein 
großer Unterschied im Geschmack nicht festgesteJlt werden. Wohl 
zeigte Marguerite und Sharples im Vergleich zu den übrigen Sorten 
ein etwas festeres Fleisch. Garteninspektor Koch fiel im Geschmack 
etwas ab, bei Laxtons Noble trat das Aroma etwas zurück, doch 
erschien dies nicht von wesentlicher Bedeutung. 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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Wie dieses Resultat zu erkennen gibt, besteht zwischen den 
einzelnen Sorten, von den verschiedenen (Gesichtspunkten aus be¬ 
trachtet, ein wesentlicher Unterschied, so daß es ratsam erscheint, 
bei dem Anbau der verschiedenen Sotten mit dem Verhalten der¬ 
selben bei der Konservierung zu rechnen. 


b) Tauglichkeit verschiedener Kirschensorten für Konservierungs¬ 
zwecke. 

Es sollte auch hier durch einen vergleichenden Versuch fest¬ 
gestellt werden, wie sich bei der Konservierung eine Anzahl von 
Kirschensorten bezüglich Form, Farbe und Aroma zueinander ver¬ 
halten, sofern man von der Anwendung besonderer Zusätze und 
Hilfsmittel Abstand nimmt. 

Folgende Sorten wurden für die Konservierung benutzt. Von 
Süßkirschen: Speckkirsche, Esperns Knorpelkirsche und Große 
schwarze Knorpelkirsche. Von Sauerkirschen: Doppelte Glas¬ 
kirsche, Doppelte Schattenmorelle, Schöne von Chatenay, Bonnemain, 
Königin Hortensie, Bettenburger Glaskirsche und Doktorkirsche. 

Die Konservierung erfolgte in der Weise, daß die entstielten 
Früchte direkt in Gläser gelegt und mit einer Zuckerlösung in der 
Stärke von 1 1 Wasser : 1 '/.> Pfd. Zucker übergossen wurden. Die 
Kochzeit betrug 15 Minuten. 

Bei eingelegten Kirschen kommt es darauf an, daß die Frucht 
recht groß und von schön roter Farbe ist. Das Aroma muß ge¬ 
nügend vorhanden sein, auch muß sich Säure und Süße in harmo¬ 
nischem Verhältnis vorfinden. Daß in der Praxis im allgemeinen 
die Sauerkirschen den Süßkirschen für die Konservierung vorgezogen 
werden, hat seinen triftigen Grund. Bei der Kostprobe fielen die 
Süßkirschen im Vergleich zu den Sauerkirschen bedeutend ab. Der 
erfrischende pikante Geschmack, der den Sauerkirschen eigen ist, 
wurde hier vermißt. 

Durch besondere Größe fiel die Speckkirsche und Königin 
Hortensie auf. Die erste Sorte wird deshalb auch von seiten der 
Konservenfabriken mit Vorliebe aufgekauft. Bezüglich Geschmack 
muß jedoch Esperens Knorpelkirsche bedeutend höher bewertet 
werden, weshalb man dieser Sorte mehr Aufmerksamkeit schenken 
sollte. 

Von den Sauerkirschen zeichneten sich durch vorzüglichen 
Geschmack die Sorten Schöne von Chatenay, Bettenbnrger Glas¬ 
kirsche, Bonnemain, und Königin Hortensie aus. Leider sind die 
Früchte der Schönen von Chatenay nur von mittlerer Größe, so daß 
sie für Konservieruugszweeko ausschließlich für den Haushalt 
empfohlen werden kann. Als spätreifende Sorte von hochedlem Ge¬ 
schmack verdient sie jedoch bei dem Anbau im großen mit Rück¬ 
sicht auf den lohnenden Frischverkauf mehr Beachtung. 

Die Königin Hortensie ist leider eine sehr empfindliche 
Frucht, so daß sie den Transport nicht gut verträgt. So edel diese 
Frucht auch ist und so sehr dieselbe auch durch die Größe und 


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Bericht über Obst- und Gemüsebau. 


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prachtvolle Färbung auffällt, so darf sie aus obigem Grunde nur im 
beschränkten Maße angebaut werden. 

Die doppelte Glaskirsche ließ im Geschmack nichts zu 
wünschen übrig, nur ist der Stein im Verhältnis zur ganzen Frucht 
zu groß. Bei der Doppelten Schattenmorelle trat die Säure 
zu stark hervor. Bei dem Einmachen dieser Sorte erscheint es des¬ 
halb geraten, eine etwas stärkere Zuckerlösung (auf 1 1 Wasser 2 Pfd. 
Zucker) zu verwenden. Die Doktorkirsche wies einen fremd¬ 
artigen, etwas herben Beigeschmack auf, der im allgemeinen wenig 
Zusagen dürfte. 

In der Farbe wichen die einzelnen Sorten bedeutend von¬ 
einander ab: Eine tiefduukle Färbung zeigten: Doktorkirsche und 
Große schwarze Knorpelkirsche. Von leuchtend roter, noch recht 
ansprechender Farbe waren: Doppelte Schattenmorelle, Bettenburger 
Glaskirsche, Doppelte Glaskirsche, Bonnemaiu und Schöne von Cha- 
tenay. Eine blaßrote bis gelblichrote Farbe wiesen auf: Königin 
Hortensie, Esperens Kuorpelkirsche und Speckkirsche. Gerade die 
letzten Sorten dürften hinsichtlich der Farbe weniger Zusagen. Aus 
diesem Grunde wurde die Speckkirsche bisher mit Vorliebe zur 
Herstellung von künstlich gefärbten Früchten verwendet. 

Weitere Beobachtungen sind auch bei den übrigen Obstarten 
vorgesehen. 

c) Zur Vorbereitung der Früchte für das Einlegen in Glfisern 

und Büchsen. 

Bei der Herstellung der Konserven wird auf ein tadelloses 
Äußere des Produktes besonderer Wert gelegt. Es werden jedoch 
recht oft zur Erreichung dieses Zieles Verfahren angewendet, die 
den Geschmack des Produkts nachteilig beeinflussen. 

Durch einen Versuch wurde festgestellt, inwieweit das Schälen 
von Zwetschen, welches sehr häufig bei dem Einlegen angewendet 
wird, das Außere sowie den Geschmack der Früchte beeinflußt. 

Es wurden Früchte der Großen italienischen Zwetsche ver¬ 
wendet, die teils geschält, teils ungeschält mit einer Zuckerlösung 
(auf 1 1 Wasser 1 */ 4 Pfd. Zucker) in Gläser eingelegt wurden. Hin¬ 
sichtlich des Äußeren sprechen die geschälten Früchte weit mehr 
an; die Farbe war eine gleichmäßige schön gelbe, während die nicht 
geschälten infolge des roten Farbstoffes, der in den Schalen ent¬ 
halten ist und der zum großen Teil in die Zuckerlösung über¬ 
gegangen war, eine mehr rotbraune, weniger ansprechende Farbe 
aufwiesen. 

Doch auch im Geschmack war ein bedeutender Unterschied 
wahrnehmbar. Die nicht geschälten Früchte schmeckten recht kräftig 
und zeigten den reinen Zwetschengeschmaek, während die geschälten 
Früchte einen mehr faden, fremdartigen Geschmack aufweisen, der 
durchaus nicht an Zwetschen erinnerte. Es kann hieraus der Schluß 
gezogen werden, daß gerade in der Schale und unmittelbar unter 
derselben ein großer Teil der Stoffe sich vorfinden, die der Frucht 
den charakteristischen Geschmack verleihen. Da das Entfernen der 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betiiebe. 


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Schale somit eine nachteilige Beeinflussung des Geschmackes zur 
Folge hat, so sollte diese Art der Vorbereitung nicht in allen Fällen 
und bei sämtlichen Obstarten zur Anwendung kommen. 

Auch das Entsteinen der Früchte, welches sehr häufig bei 
den Steinobstfrüchten zur Ausführung gelangt übt in den meisten 
Fällen einen nachteiligen Einfluß auf den Geschmack aus. Dies 
lehrte nachfolgender Versuch. 

Die Kirschensorten Königin Hortensie und Schöne von Chatenay 
wurden teils mit Steinen, teils entsteint in Gläser eingelegt. Die 
ersteren waren nun bedeutend kräftiger im Geschmack als die 
letzteren; bei den entsteinten Früchten trat das Wässrige der Zucker¬ 
lösung zu sehr hervor. Es fiel ferner auf, daß die entsteinten 
Früchte ihre volle, runde Form verloren hatten und eingefallen er¬ 
schienen, während die Früchte mit Stein sich in bester Weise prä¬ 
sentierten. 

Weitere Versuche nach dieser Richtung sind auch bei anderen 
Obstarten geplant. 


d) Das Kandieren der Früchte. 

Seit einigen Jahren werden von dem Berichterstatter Versuche 
über das Kandieren von Früchten angestellt, um den Anfragen aus 
der Praxis nach einer brauchbaren Herstellungsmethode gerecht zu 
werden. Nachdem zunächst bei verschiedenen Obstarten, wie Kirschen, 
Mirabellen, Reineklauden, Aprikosen und Birnen Vorversuche ange¬ 
stellt waren, wurde im Berichtsjahre die als zweckmäßig befundene 
Methode in größerem Maßstabe bei Melonen und Kürbissen ange¬ 
wendet, um diese Produkte bei Gelegenheit der Ausstellung von 
Gemüsen und Gemüseprodukten vorführen zu können. Da die kan¬ 
dierten Früchte allgemein ansprachen, soll das zur Anwendung ge¬ 
brachte Verfahren näher beschrieben werden. Es sei noch bervor- 
gehobeu, daß die nachfolgenden Angaben speziell für Melonen und 
Kürbis gelten. 

Die Früchte müssen vollkommen ausgebildet, aber noch fest im 
Fleische sein, da sie sonst die erforderliche nachfolgende Behand¬ 
lung nicht vertragen. 

Nach dem Zerteilen und Entfernen der Schale sowie der Kerne 
und inneren weichen Fleischteile wird das Zerlegen in Scheiben 
oder Würfel ansgeführt. Je gleichmäßiger das Zerlegen ausgeführt 
wird, um so besser präsentiert sich später das fertige Produkt 

Die so vorbereiteten Stücke werden zunächst blanchiert, um 
sie für die nachfolgende Zuckerbehandlung zugängig zu machen. 
Das Blanchieren wird in heißem Wasser ausgeführt und erfordert 
besondere Aufmerksamkeit. Das Wasser darf nicht kochen, da sonst 
die Früchte sehr leicht zerfallen und für das Kandieren unbrauchbar 
werden. Sobald die Früchte glasig erscheinen und die Farbe etwas 
lichter wird, ohne daß die Festigkeit zurückgegangen ist, müssen 
dieselben aus dem Wasser herausgenommen werden. 

Dieser Vorbereitung schließt sich die eigentliche Zucker¬ 
behandlung an, die sich auf mehrere Wochen erstrecken muß. 


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Original fram 




Bericht über Obst- und Gemüsebau. 


G5 


um zu einer tadellosen Ware zu gelangen. Es kommt darauf an, 
die Früchte mit immer stärker werdenden Zuckerlösungen zu be¬ 
handeln, bis sie allmählich vollkommen mit Zucker durchtränkt sind. 
Da hier nicht nach Willkür oder Gutdünken vorgegangen werden 
kann, muß mit der Zuckerwage gearbeitet werden. 

Die Zuckerwage ist nach dem Prinzipe der Mostwagen kon¬ 
struiert Die Spindel der Zuckerwage weist eine Einteilung von 0 
bis 40° auf. Tauchen wir die Wage in eine Flüssigkeit, so wird 
dieselbe um so höher steigen, je schwerer die Flüssigkeit ist und 
umgekehrt. Da wo die Oberfläche der Zuckerlösung mit der Spindel 
abschneidet, brauchen wir nur den betreffenden Grad von der Ein¬ 
teilung abzulesen und wir haben sofort das richtige Bild von der 
jeweiligen Stärke der Lösung. Wir werden 0° ablesen bei gewöhn¬ 
lichem Wasser; je mehr Zucker zugesetzt resp. je stärker die Zucker¬ 
lösung eingedickt wird, um so mehr Grade werden wir ablesen. 

Wir beginnen mit einer schwachen Zuckerlösung und lassen 
diese in bestimmten Zwischenräumen und in bestimmtem Verhält¬ 
nisse an Stärke zunehmen. Beginnen wir gleich mit einer zu starken 
Lösung oder gehen wir bei der Behandlung zu hastig vor, so tritt 
ein Schrumpfen der Früchte ein, da die starken Zuckerlösungen zu 
plötzlich auf den Inhalt der Zellen des Fruchtfleisches einwirken. 
Es findet dann kein allmählicher Ausgleich zwischen dem Zellinhalt 
und der äußeren Zuckerlösung statt, sondern die letztere zieht mit 
Begierde Wasser aus den Zellen an, die infolgedessen zusammeu- 
schrumpfen müssen. Diese zusammengeschrumpften Früchte gehen 
später nicht wieder auseinander, schmecken zu zähe und sehen sehr 
unansehnlich aus. 

Es ist nicht möglich, ein für alle Fälle gültiges, einheitliches 
Bezept bezüglich der Zuckerbehandlung aufzustellen. Je nach dem 
Wassergehalt und der Festigkeit der Frucht d. h. der Zugänglichkeit 
für die Zuckerlösungen wird die Stärke der zur Verwendung kommen¬ 
den Zuckerlösungen sowie die Zeitdauer der Behandlung eine ver¬ 
schiedene sein. Dies trifft namentlich für unsere Obstarten zu. 
Hierin immer das Richtige zu treffen, ist Sache der Praxis, d. h. 
der Übung und Erfahrung. Im nachstehenden folgt eine Anleitung 
für die Zuckerbehandlung der Melonen und Kürbisse, die im allge¬ 
meinen gute Erfolge zeitigen wird. 

Es wird mit einer Zuckerlösung von 25° begonnen. Die Steige¬ 
rung erfolgt etwa in folgenden Stufen: 

nach 2 Tagen wieder auf 25° 

., :’> ,' ., 28° 

., 3 ,. ,. 30« 

4 .. .. 33° 

0 .. .. 30° 

Praktisch gehen wir folgendermaßen vor. Die erste Zucker¬ 
lösung von 25° stellen wir uns in der Weise hex*, daß wir auf 1 1 
Wasser 2 Pfd. Zucker rechnen. Dieses Mengenverhältnis entspricht 
etwa 25° der Zuckerwage. Der Zucker wird im Wasser, beide im 

Goisenhoimor Bericht 190i>. ;> 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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richtigen Verhältnis zusammengebracht, aufgelöst und durch kurzes 
Kochen bringt man die Lösung zur Klärung. Mittels der Zuckerwage 
wird jetzt kontrolliert, ob die Lösung die gewünschten 25° aufweist 

Die Herstellung der Zuckerlösung sowie das Blanchieren der 
Früchte muß gleichzeitig ausgeführt werden, damit die blanchierten 
Früchte sofort in die Zuckerlösung untergebracht werden können. 
Sobald nämlich die fertig blanchierten Früchte aus dem Wasser 
herausgenommen sind, bringt man sie auf einen Durchschlag oder 
Sieb, damit das Wasser gut abläuft. Es ist dies nötig, damit die 
Zuckerlösung nicht unnötigerweise verdünnt wird. Die Scheiben 
oder Würfel werden jetzt vorsichtig in nicht zu großer Menge in 
flache Schüsseln gelegt und die fertige Zuckerlösung von 25° 
warm übergegossen. Um sämtliche Früchte unter der Lösung zu 
halten, legt man obenauf ein Stück Pergamentpapier in der Größe 
des Durchmessers des Gefäßes, und drückt mittels Schaumlöffels 
Flüchte und Papier gut unter. 

Die Früchte bleiben in den Schüsseln zum ersten Male im 
Durchschnitt zwei Tage lang stehen. Die Zuckerlösung und der 
Zellinhalt der Früchte gleichen sich inzwischen in ihrer Konzen¬ 
tration aus, wodurch begreiflicherweise die erstere verdünnt wird. 

Wir gießen jetzt die Zuckerlösung vorsichtig von den Früchten 
ab und bringen erstere in einem Kessel zum Kochen. Mit Hilfe 
der Zuckerwage können wir die eingetretene bedeutende Verdün¬ 
nung konstatieren. Wir müssen jetzt die Lösung solange einkochen, 
bis die Wage wieder auf 25° einspielt. In lauwarmem Zustande 
wird die Zuckerlösung auf die Früchte zurückgegossen. Die Be¬ 
hälter werden zugedeckt wieder aufgestellt. 

Das weitere Eindicken der Zuckerlösung auf 28, 30, 33 und 
36°, wie oben angegeben, erfolgt in derselben Weise, wie zuvor. 
Da durch das Einkochen die Menge der Zuckerlösung abnimmt, 
muß eventuell durch Zusatz von Wasser und Zucker dafür gesorgt 
werden, daß die Früchte stets mit Lösung bedeckt sind. Um ein 
Auskrystallisieren des Zuckers, d. h. ein Festwerden der Zucker¬ 
lösung zu vermeiden, ist ein Zusatz von etwas Kapillärzucker an¬ 
zuraten. 

Sobald die Zuckerlösung die Stärke von 36° erreicht hat. halten 
sich die in derselben befindlichen Früchte unbegrenzte Zeit ohne 
zu verderben. Die Lösung erscheint jetzt als zähflüssige Masse. 
Die Fertigstellung eilt also nicht und dieselbe kann nach Belieben 
vorgenommen werden. 

Es kommt bei der Fertigstellung darauf an, den Früchten die 
gewünschte Zuckerglasur zu verleihen. Es wird von gut kandierten 
Früchten verlangt, daß diese Glasur ständig trocken ist, also sich 
nicht feucht anfühlt. Die Glasur darf jedoch auch nicht so kon¬ 
zentriert sein, daß sie die Früchte in Form einer dicken weißen 
Kruste überzieht; sie muß vielmehr glatt und durchsichtig er¬ 
scheinen, so daß die Grundfarbe der Früchte vollkommen hervor¬ 
tritt. Die Fertigstellung in gewünschtem Sinne vollzieht sich in 
folgender Weise: 


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Bericht über Obst- und üemüsebau. 


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Die Früchte werden aus den Behältern herausgenommen und 
auf Siebe gelegt, damit die Zuckerlösung gut abläuft. Inzwischen 
bereiten wir uns eine neue Zuckerlösung, die soweit eingedickt 
wird, bis dieselbe ,,perlt“. Als Anhaltpunkt für den richtigen Grad 
der Stärke der Zuckerlösung (die Zuckerwage kann nicht mehr gut 
hierbei benutzt werden) gilt die sogenannte „Flugprobe“. Sobald 
man das Aufsteigen von Perlen in der Zuckerlösung beobachtet, 
taucht man eine aus dünnem Draht gebogene Schleife in die Lösung 
hinein, zieht dieselbe schnell heraus und bläst sofort gegen die sich 
in der Schleife festgesetzte Flüssigkeit. Finden wir, daß der Zucker¬ 
saft in Gestalt von Blasen herausgetrieben wird, so ist die Lösung 
fertig zur Aufnahme der Früchte. 

Wir ziehen jetzt den Kessel schnell abseits vom Feuer, bringen 
die inzwischen auf den Sieben gut abgelaufenen Früchte in die 
Zuckerlösung und rühren dieselben mittels Schaumlöffels gut um. 
Mit einem breiten und flachen Holzlöffel wird jetzt der Zucker 
durch ständiges Eintauchen und Hin- und Herstreichen an den 
Wandungen des Kessels in möglichst kurzer Zeit zum Krystallisieren 
gebracht. Sobald die Zuckerlösung sich etwas zu trüben beginnt, 
müssen die Flüchte sofort herausgenommen werden. Man läßt den 
überflüssigen Zucker gleich auf dem Schaumlöffel ablaufen und bringt 
die Stücke auf recht weitmaschige Drahtgeflechte, einzeln neben¬ 
einander liegend. Der Zucker wird in kurzer Zeit fest und über¬ 
zieht die Früchte mit der gewünschten Glasur. 

Von der richtigen Ausführung dieser letzten Arbeit hängt 
wesentlich das Gelingen ab. Wird mit dem Einkochen der Zucker¬ 
lösung vor der „Flugprobe“ aufgehört, so bildet sich nicht die ge¬ 
wünschte Glasur, die Früchte sind vielmehr ständig feucht. Wird 
jedoch über die Flugprobe hinaus gekocht, so setzt sich der Zucker 
in Gestalt einer dicken weißen Zuckerkruste auf die Früchte nieder. 

Die kandierten Früchte weiden am besten in kleine Kartons 
gefüllt und an einem trockenen Ort aufbewahrt. 

Wie aus diesen Angaben zu entnehmen ist, erfordert die Her¬ 
stellung der kandierten Früchte Zeit und große Sachkenntnis. 

Die sogenannten „krystallisierten Früchte“ werden in der 
Weise gewonnen, daß an Stelle der letzten Behandlung mit Zucker¬ 
lösung (bis zur Flugprobe eingekocht) ein einfaches Umwälzen in 
feinem Krystallzucker tritt. Die so behandelten Früchte werden 
dann bei gelinder Warme von 30—40° kurze Zeit nachgetrocknet 
Die Herstellung der „krystallisierten Früchte“ gestaltet sich somit 
bedeutend einfacher und erfordert keine so große Sachkenntnis wie 
das erstere Verfahren. 


e) Die Konservierung von Gemüsen. 

Bei der im Oktober des Berichtsjahres stattgehabten Gemüse¬ 
ausstellung wurde Gewicht darauf gelegt, die Verwertung der Ge¬ 
müse in einem möglichst vollständigen Bilde vorzuführen. (Siehe 
Bericht über die Ausstellung auf Seite 72 und ff.) Außer einem 

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^ II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 

reichhaltigen Sortimente von Dörrgemüsen wurden die einzelnen 
Gemüsearten in Büchsen, Gläsern und Krügen nach den bekannten 
Methoden eingelegt Vor allem wurden größere Mengen von Spargel, 
Bohnen und Erbsen — den wichtigsten Gemüsen für die Konser¬ 
vierung — verarbeitet Doch auch von Rhabarber, Karotten, Spinat, 
Tomaten, Melonen, Kürbis, roten Rüben, dicken Bohnen, Zwiebeln, 
Gurken und Blumenkohl wurden Dauerprodukte vorgeführt. Wohl 
hat die Verarbeitung dieser Gemüse in den Konservenfabriken schon 
seit Jahren Eingang gefunden und die Produkte sind im Handel 
sehr begehrt, in den Haushaltungsbetrieben läßt die Verwertung 
jedoch noch sehr viel zu wünschen übrig. Die im nachfolgenden 
wiedergegebenen Beobachtungen dürften wohl von allgemeinem 
Interesse sein. 

Rhabarber wird am zweckmäßigsten gleich als fertiges Kompott 
konserviert. Die Sorte „Viktoria Riesen u lieferte die besten Resultate. 
Die geschälten Rbabarberstangen werden in Würfel zerschnitten 
und mit Zucker bestreut — auf 1 kg Rhabarberstücke x /, Pfd. 
Zucker — etwa 12 Stunden stehen gelassen. Die Masse wird hier¬ 
auf ohne Wasserzusatz zerkocht, durch ein grobes Sieb oder eine 
Passiermaschine getrieben, etwas eingedickt und hierauf in Gläser 
gefüllt. Als Kochzeit genügen 15 —20 Minuten. 

Der Spinat erfordert für die Haltbarmachung größere Auf¬ 
merksamkeit. Der sorgfältig gereinigte Spinat wird zunächst in einer 
leichten Salzlösung kurze Zeit gebrüht Nach dem Zerkleinern der 
Masse erfolgt ein kurzes Aufkochen und sofortiges Einfüllen in die 
Gläser. Als Kochzeit sind 60 Minuten erforderlich. Nach etwa 
4—5 Tagen muß ein Nachkochen von 15—20 Minuten Dauer aus¬ 
geführt werden, da sonst das Produkt nicht haltbar wird. 

Bei den Karotten sollten nur diejenigen Sorten zum Einmachen 
verwendet werden, die eine gleichmäßige Form und eine lebhaft 
rote Farbe aufweisen. Als beste Sorten erwiesen sich „Duwicker 
Treib“ und „Pariser Markt“. Eine etwas beschwerliche Arbeit ist 
das Putzen der kleinen Rüben. Es stellte sich heraus, daß die 
einzelnen Sorten sich nach dieser Richtung hin verschieden ver¬ 
halten und daß auch das Alter hierbei eine große Rolle spielt. 
Man sollte nur junge, zarte Karotten verwenden, die auch im Ge¬ 
schmack am meisten befriedigen. Das Säubern geht am schnellsten 
in der Weise von statten, daß die gewaschenen Wurzeln in Wasser 
ziemlich weich gekocht werden. Sofort in kaltes Wasser gebracht, 
läßt sich die Schale sehr leicht mit der Hand entfernen. Nur die 
Sorte „Sachsenhäuser“ ließ sich trotz dieser Vorbereitung schwer 
putzen. Nach dem Füllen der Gefäße und dem Aufgießen der Salz¬ 
lösung muß 80—90 Minuten lang gekocht werden. Auch Karotten 
erfordern ein Nachkochen von 20 Minuten Dauer. 

Tomaten werden am besten als Püree in gewöhnlichen Flaschen 
konserviert. Es ist dies die einfachste und billigste Methode. Die 
gereinigten Früchte, die recht reif sein müssen, werden in Stücke 
zerteilt und ohne Wasserzusatz vollständig zerkocht. Die Masse 
wird durch ein Sieb oder eine Passiermaschine getrieben und hier- 


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Bericht über Obst- und Gemüsebau. 


69 


auf noch etwas eingedickt Dieses Mark füllt man heiß in Flaschen, 
die verkorkt vorsichtshalber noch 30 Minuten bei 80 0 C. sterilisiert 
werden. Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß Tomaten auch eine 
recht brauchbare Marmelade liefern. Auf 1 kg Mark setzt man 
*/* Pfd. Zucker zu und dickt bis zur nötigen Festigkeit ein. 

Da für die Konservierung der Zwiebeln die Perlzwiebel fehlte, 
so wurde als Ersatz die „Seeländische weiße“ und die kleine ,,weiße 
Queen“ verwendet welche noch recht befriedigende Resultate lieferten. 
Damit das Schälen flott vou statten geht, taucht man die Zwiebeln, 
in ein Säckchen oder Tuch gefüllt, einige Sekunden in kochendes 
Wasser und hierauf sofort in kaltes. Die Schale löst sich bei dieser 
Behandlungsweise leicht los. Da zum Auffüllen Essig benutzt wird, 
der an sich konservierend wirkt, so genügt eine Sterilisation des 
Inhaltes auf 80° C. 10 Minuten lang. 

Bei den übrigen Gemüsearten sollen noch weitere Versuche 
angestellt werden, um die zweckmäßigsten Konservierungsmethoden 
ausfindig zu machen. Nach Abschluß dieser Versuche wird das 
Resultat mitgeteilt werden. 

3. Bauliche Veränderungen. 

Die innere Einrichtung der Station ist im Berichtsjahre fertig¬ 
gestellt, so daß der Betrieb in vollem Umfange aufgenommen werden 
konnte. Die großen Arbeitsräume ermöglichen die praktische Be¬ 
tätigung einer größeren Zahl von Personen, ohne daß die Übersicht 
hierunter Not leidet. 

Auch der Lehrsaal ist fertig eingerichtet und mit Demonstra¬ 
tionsmaterial der verschiedensten Art ausgestattet. Die Firma Eber¬ 
hard in Wiesbaden stellte der Station in dankenswerterWei.se eine 
Sammlung von Baumgerätschaften zur Verfügung, die sich in einem 
großen Kasten unter Glas in schönster Weise präsentieren. Leider 
erwies sich der Lehrsaal bei der bedeutend vermehrten Schülerzahl 
als zu klein, so daß nur der Unterricht während der Kurse in 
demselben abgehalten werden konnte. 

4. Obstpilttcker 

von R. Funk in Schmalkalden. 

Der von dieser Firma eingesandte Obstpflücker wurde wieder¬ 
holt auf seine Brauchbarkeit hin geprüft. Derselbe hat sich jedoch 
nicht als praktisch erwiesen, denn es werden die Fruchtstiele zu 
leicht beschädigt und das Netz bleibt leicht im Fruchtholze hängen. 


C. Bericht über Gemüsebau. 

Da Ende Januar, Anfang Februar recht günstige Witterung 
herrschte, so konnte frühzeitig mit den Aussaaten im freien Lande 
begonnen werden. Leider setzte Ende Mai anhaltende Trockenheit und 


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70 II- Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 

große Hitze ein, die bis in den September hinein anhielt. Unter 
diesen abnormen Witterungsverhältnissen hatten fast sämtliche Ge- 
müse zu leiden und es bedurfte der äußersten Anstrengung, um 
das für die im Oktober stattgehabte Gemüseausstellung erforderliche 
Material in befriedigender Weise vorführen zu können. 

Über die Entwicklung der einzelnen Gemüsearten und -Sorten 
kann folgendes berichtet werden. 

Weißkraut. Bei der Frühkultur lieferten die Sorten „Erfurter 
kleines frühes“ und „Johannistag“ recht befriedigende Erträge. 
Bei der Herbstkultur trat infolge der Trockenheit vorzeitig ein 
Platzen der Köpfe ein; auch ließ die Ausbildung im allgemeinen 
zu wünschen übrig. Die Sorten „Braunschweiger“, „Ulmer“ 
und „Schweinfurter“ widerstanden der Trockenheit noch am 
ehesten. 

Rotkraut Das „Holländische schwarze frühe“ war unter 
den Frübsorten das beste. „Mohrenköpf“ blieb zu klein und 
entwickelte sich bedeutend langsamer. Unter den späten Sorten 
zeigten das „Holländische schwarze“, das „Berliner dunkel¬ 
rote“ und „Utrechter“ die beste Entwicklung. 

Wirsing. Der Frühwirsing hat sich recht gut entwickelt. Die 
Sorten „Kitzinger“ „Granatkopf“ und „Eisenkopf“ lieferten 
besonders gute Ernten. 

Kohlrabi. Der „weiße Delikateß“ bewahrte sich wiederum 
als vortreffliche Frühsorte, so daß dieselbe zum Anbau empfohlen 
werden kann. Eine blaue Sorte, welche von einer Düsseldorfer 
Firma unter dem Namen „Ottenscher blauer“ in den Handel ge¬ 
bracht ist, entwickelte sich nur mäßig. Diese Sorte, der nach¬ 
gerühmt wird, daß sie nur schwer schießt und recht lange zart 
bleibt, soll weiter beobachtet werden. 

Rosenkohl. Sämtliche Sorten haben infolge der Trockenheit 
nur geringe Erträge geliefert. Die Rosen blieben klein und ließen 
auch an Festigkeit zu wünschen übrig. Auch der Blätterkohl 
zeigte eine dürftige Entwicklung. 

Blumenkohl. Mit Ausnahme der Sorte „Berliner“, welche bei 
der Frühkultur im freien Lande befriedigenden Ertrag brachte, war 
im Berichtsjahre eine vollständige Mißernte zu verzeichnen. Alle 
Pflanzen, welche im Spätherbste bei Eintritt des Frostes Ansätze 
von Blütenscheiben zeigten, wurden mit Erdbällen ausgehoben und 
in Mistbeetkästen sowie in einen luftigen frostfreien Keller einge¬ 
schlagen. Bis in den März hinein konnte auf diese Weise Blumen¬ 
kohl geliefert werden. 

Die Wurzelgewächse ließen ebenfalls insgesamt in der Aus¬ 
bildung zu wünschen übrig. Bei den Radies zeigten sich die 
Sorten „Eiszapfen“ und das „Würzburger Radies“ als die wider¬ 
standsfähigsten gegen Trockenheit. Die Zwiebeln starben infolge 
der Hitze vorzeitig ab, so daß dieselben sehr klein blieben. Die 
Steckzwiebelkultur hat sich in solchen trockenen Jahren als die 
empfehlenswerteste erwiesen. 

Bei der Salatkultur wurden in das Sortiment der „Prinzen- 


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Bericht über Obst- und Gemüsebau. 


71 


köpf“ neu aufgenommen. Diese Sorte bat sich bei der Soramer- 
kultur als eine vortreffliche gezeigt; sie ist äußerst widerstandsfähig 
gegen Hitze und Trockenheit und bildet schöne feste Köpfe mit 
zartem Blatt. Unsere bisherigen guten Somraersorten Genezzanu 
und Fürchtenichts wurden durch „Prinzenkopf“ bedeutend über¬ 
troffen. 

Um festzustellen, welche Salatsorten für die Herbstkultur in 
Kästen besonders geeignet sind, wurden 19 Sorten zum Vergleich 
nebeneinander angebaut. Der „Gelbe Steinkopf“ und „Prinzen¬ 
kopf“ entwickelten sich am schnellsten und bildeten trotz des kühlen 
Wetters im Herbste feste Köpfe. Auch die alte bekannte Sorte 
„Brauner Trotzkopf“ erwies sich für die Herbstkultur als recht 
brauchbar. Dagegen versagten die Sorten „Forellen“, „englischer 
blutroter“ und „Pariser Zucker“ vollständig; dieselben bedürfen also 
mehr Wärme, um sich normal entwickeln zu können. 

Die Bohnen lieferten bei reichlicher Bewässerung recht gute 
Erträge. Die Einte mußte jedoch bei dem trockenen, heißen Wetter 
rechtzeitig ausgeführt werden, da die Hülsen sehr schnell hart 
wurden. Bei den Buschbohnen blieben am Stocke am längsten 
zart: „Hinrichs Riesen“ und „Wachs Perfektion“, dagegen wurden 
schnell hart: „Non plus ultra“. „Neger Wachs“ und „Wachs Dattel“. 

Den Gurken und Tomaten sagte die Witterung sehr zu. 
Selbst eine Anzahl von Tomatensorten, die sonst nur für Treib¬ 
zwecke Verwendung finden, brachten in freiem Lande prächtige 
Früchte zur vollkommenen Reife. Am meisten fielen durch die 
Größe, Gleichmäßigkeit der Form und schöne Farbe auf: Ponderosa, 
Golden Jubilee und Early Ruby. Im übrigen wurden die alten 
bewährten Freilandsorten im größeren angebaut, wobei die „Geisen- 
heimer Frühtomate“ als früheste und ertragsreichste besonders in den 
Vordergrund trat. 

Um auf der Ausstellung auch auf die weniger bekannten Ge¬ 
müsearten aufmerksam zu machen, wurden Cardy, Artischoken, 
Bleichsellerie, Pfeffer und Eierfrüchte angebaut. Von Cardysorten 
zeichnete sich Cardy v. Tours durch besonders schöne Entwicklung 
aus. Eine zu frühe Aussaat muß vermieden werden, da sonst die 
Pflanzen frühzeitig Blütentriebe treiben, worunter die Ausbildung 
der Blattstiele, auf deren Gewinnung es abgesehen ist, not leidet. 

Der Pfeffer und die Eierfrucht wurden in Töpfen kultiviert, 
um die Pflanzen bequem auf der Ausstellung vorführen zu können. 
Die Aussaat beider Gemüsearten erfolgte Mitte März auf einem 
lauwarmen Mistbeetkasten. Die jungen Pflanzen wurden in Töpfe 
gepflanzt und während der ersten Monate zweimal umgepflanzt. 
Damit die Früchte sich vollkommen entwickeln können, muß wieder¬ 
holt mit verdünnter Jauche nachgeholfen werden. Bei den Eier¬ 
früchten ist es ratsam, dahin zu wirken, daß die Wurzeln durch 
das Abzugsloch des Topfes in die Erd- und Mistschicht des Kastens 
dringen können, um von hier Nahrung zu holen. 

Die Melonenkultur zeitigte im Berichtsjahre gute Erfolge. 
Besonders große Früchte lieferte die Sorte „Berliner Netz”. In 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


einem 4fenstrigen Mistbeetkasten wurden 12 Früchte im Gewicht 
von 12—25 Pfd. pro Stück geerntet. Fig. 17 gibt diesen Kasten 
mit einem Teil der Früchte wieder. 


Fig. 17. Kasten mit Melonen. 



Bericht über die Gemiiscausstellimg. 

Auf Veranlassung des Direktors, Herrn Prof. Dr. Wort mann, 
wurde in den Tagen vom 7.—9. Oktober eine Gemüse-Ausstellung 
arrangiert. Mit dieser Ausstellung sollte bezweckt werden, auf 
kleinem Raume in erster Linie den Schülern, dann aber auch 
sonstigen Interessenten zu zeigen, 

1. was zu der vorgerückten Jahreszeit auf dem Gebiete des 
Gemüsebaues noch geboten werden kann, 

2. zu welchen Zwecken sich die Gemüse verwenden lassen, 

3. in welcher Weise eine Gemüseausstellung zu arrangieren ist 

Für die Aufstellung der Produkte wurde die Aula im Internate 

der Anstalt mit den Vorräumen benutzt. 

Die 25 m lange und 10 m breite Aula des Internates war in 
der Weise ausgenutzt, daß 4 große Tische von rund 20 qm Fläche 
die Mitte des Raumes einnahmen. Drei Tische dienten zur Auf¬ 
nahme der Gemüsesortimente, ein Tisch war der pflanzenphysio¬ 
logischen Versuchsstation zur Verfügung gestellt. Auf der Ostseite 


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Bericht über Obst- und Gemüsebau. 


73 

hatte ein mit Feuerbohnen und Zierkürbissen bepflanzter Pavillon 
Aufstellung gefunden, dem sich auf beiden Seiten Kästen mit der¬ 
selben Bepflanzung anschlossen. Damit die dekorative Wirkung 



dieser Gruppe besonders zur Geltung kam, waren sowohl der Pavillon 
als auch die Kästen 60 cm vom Fußboden erhöht angebracht. 
Fig. 18 zeigt uns die Anordnung der Mitteltische mit dem Pavillon 
und den Kästen im Hintergründe. 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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Auf der Nordseite des Raumes war in der Mitte die Gemüse¬ 
verwertung untergebracht der sich nach rechts die Ausstellung der 
pflanzenpathologischen Versuchsstation anschloß. Nach links war 
ein reichhaltiges Tomaten- und Radiessortiment aufgebaut. 

Die Westseite nahm in der Mitte ein 2 m breiter Tisch eiu, 
auf dem ein Sortiment Zierkürbisse ausgelegt war. Zur Linken 
schloß sich ein Sortiment Pfeffer, zur Rechten ein Sortiment Eier¬ 
früchte, beide in Töpfen kultiviert, an. 

Auf den Ecken hatten 2 große Verkaufsstände, von je 2 in 
Länge und 1,50 m Tiefe Aufstellung gefunden. Der Stand rechts 
diente dem Gemüseverkauf, derjenige links dem Obstverkauf. Über 
den Zweck dieser Verkaufsstände wird weiter unten berichtet. 

Auf der Südseite des Raumes waren Sortimente von Kohl und 
Kartoffeln in leichter, gefälliger Anordnung untergebracht. Die 
beiden Seiten des Einganges zierten Kästen mit Tomaten bepflanzt, 
die an Spalierlatten hochgezogen waren. Die äußerste Linke nahm 
die Ausstellung der oenochemisehen Versuchsstation ein. 

Der große Saal reichte zur Aufnahme der vorgesehenen Aus¬ 
stellungsobjekte bei weitem nicht aus, so daß die Zahl derselben 
bedeutend eingeschränkt werden mußte. Um jedoch ein möglichst 
vollständiges Bild, wenn auch im beschränkten Maßstabe, von dem 
Gesamtgebiete des Gemüsebaues den Besuchern der Ausstellung 
bieten zu können, war noch der Eingang zum Internate sowie der 
breite Korridor von insgesamt 40 qm Grundfläche in die Ausstellung 
mit hineingezogen. 

Hier waren die Sortimente von Speisekürbissen sowie ein Teil 
der Kohl- und Wurzelgewächse untergebracht. Auf Tischen wurde 
das Demonstrationsmaterial für den Unterricht im Gemüsebau und 
der Gerniiseverwertung dem Publikum zur Schau vorgeführt. Der 
Eingang zum Internate war mit Gemüsen der verschiedensten Art 
bekleidet, die in Verbindung mit dem dunklen Tannengrün die 
dekorative Wirkung derselben im besten Lichte zeigten. 

Besonderer Wert war auf die einheitliche Durchführung einer 
wirkungsvollen, den Ausstellungsobjekten angepaßten Dekoration ge¬ 
legt. Die meisten Geraüseausstellungen lassen nach dieser Richtung 
hin noch sehr zu wünschen übrig. Entweder geht man in Ver¬ 
wendung von Dekorationsstoffen, Fahnen, Wappenschilder usw. zu 
weit, wodurch die Gemüse als eigentliche Ausstellungsgegenstände 
zu sehr in den Hintergrund gedrängt werden, oder aber es fehlt 
überhaupt an dem nicht zu umgehenden dekorativen Beiwerk, wo¬ 
durch die Ausstellung zu nüchtern erscheint und keinen Eindruck 
auf den Besucher macht. Wird in letzterem Falle auf den Aufbau 
der Gemüse selbst keine Sorgfalt verwendet, so macht eine derartige 
Ausstellung einen geradezu trostlosen Eindruck. Kein Wunder, 
wenn durch derartige Vorführungen das Ziel, welches man sich 
steckt: das Interesse für die Gemüsekultur beim Publikum zu 
fördern, nicht erreicht wird. Die Gemüseausstellung der Anstalt 
sollte nach dieser Richtung hin vorbildlich wirken und wir dürfen 
uns wohl der Hoffnung hingeben, daß dieser Zweck erreicht ist. 


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Bericht über Obst- und Gemüsebau. 


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Bei dem Arrangement der Ausstellung war die Ver¬ 
wendung von allen überflüssigen, oder doch entbehrlichen Dekorations¬ 
stoffen vermieden. Auch von der Verwendung von Palmen und 
anderen Topfpflanzen, die nicht so recht zu den Ausstellungsgegen¬ 
ständen passen, wurde Abstand genommen. 

Es wurde vielmehr Wert darauf gelegt, da, wo Dekoration nötig 
war, um Abwechselung für das Auge zu schaffen und das Gesamt¬ 
bild zu einem freundlicheren zu gestalten, ausschließlich Gemüse¬ 
pflanzen zu verwenden. Die Natur hat auch nach dieser Richtung 
für das nötige Material hinreichend gesorgt; es kommt nur daraul 
an, daß man dasselbe in der richtigen Weise verwendet Alle Be¬ 
sucher der Ausstellung gaben ihrer Freude Ausdruck über die Be¬ 
pflanzung des Pavillons und der Kästen, die mit den feurigroten 
Blüten der Bohne in Verbindung mit den mannigfachen und inter¬ 
essanten Formen der Zierkürbisse ein schönes Bild boten. Die 
dekorative Wirkung der Cardypflanzen sowie der Blütenstände dieser 
Gemüseart kam an verschiedenen Plätzen der Ausstellung zur vollen 
Geltung. Tomaten in Kästen, Pfeffer und Eierfrüchte in Töpfen, 
Zierkohl mit Ballen ausgehoben belebten wesentlich das Bild. Das 
dunkle Laub mancher Gemüseart, wie der roten Rüben und Möhren, 
sowie die zierliche Belaubung des Spargels mit den lebhaft rot ge¬ 
färbten Beeren lieferten vorzüglichen Stoff für Dekorationszwecke. 

Dieses Material genügte vollkommen, um in Verbindung mit 
einigen schön gewachsenen Tannen und Eichenlaubguirlanden den 
erforderlichen dekorativen Hintergrund zu schaffen, der die Ge¬ 
müse als eigentliche Ausstellungsgegenstände zur vollen Geltung 
kommen ließ. Einige Körbe, Wandteller und Tableaus, die mit Ge¬ 
müsen garniert waren, lehrten den Beschauer, daß man mit der 
Verwendung dieses Materiales noch weiter gehen kann und recht 
wirkungsvolle Dekorationsstücke zu schaffen vermag. 

Die Ausstellung sollte vor allem jedoch auch zeigen, daß der 
wirkungsvolle Aufbau der Gemüse selbst nicht nur zur Erhöhung 
der Gesamtwirkung beiträgt, sondern auch die einzelnen Gemüse 
zur richtigen Geltung kommen läßt. 

Wie Fig. 18 zu erkennen gibt, waren die Sortimente von 
Gurken, Bohnen, Zwiebeln, Tomaten usw. auf schräg gestellten 
Brettern auf den Tischen aufgebaut, so daß jede einzelne Sorte 
genau betrachtet werden konnte. Die einzelnen Sorten waren sorg¬ 
fältig etikettiert. Auch auf die Vorbereitung der einzelnen 
Gemüse für die Ausstellung war besonderer Wert gelegt. Das 
Ausschneiden der Köpfe bei den Kohlgewächsen, wie dies meist bei 
den Ausstellungen geübt wird, war vermieden, zum Vorteil der vor¬ 
geführten Produkte, die sich hierdurch um so wirkungsvoller prä¬ 
sentierten. Die schnell welkenden Salatgewächse waren mit Wurzeln 
ausgehoben und in feuchtes Moos gebettet, so daß sie am dritten 
Tage noch nichts von ihrer Frische eingebüßt hatten. Nichts bietet 
ein abstoßenderes Bild, als eine Gemüseausstellung, auf welcher bei 
mehrtägiger Dauer zum Schluß diese Blattgewächse verwelkt auf den 
Tischen herumliegen. 


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76 


II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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Um auch bei den Wurzelgewächsen die Frische bis zum Schlüsse 
der Ausstellung zu erhalten, wurde an jedem Abend über jeden 
Tisch ein Tuch ausgebreitet, welches angefeuchtet wurde. Nur auf 
diese Weise war es möglich, der Ausstellung die Frische zu er¬ 
halten, die sie am Eröffnungstage auf wies. Es wäre sehr zu 
wünschen, daß in Zukunft auf Gemiiseaussteilungen diesem Vor¬ 
gehen nachgeeifert würde. Man rechne nicht allein mit dem ersten 
Ausstellungstage und mit den kritischen Blicken des Preisrichter¬ 
kollegiums, sondern nehme besonders Rücksicht auf die große Zahl 
von Besuchern, die erst am zweiten und an den nächstfolgenden 
Tagen die Ausstellung besuchen können; auch diese sollen doch 
einen möglichst guten Eindruck mit nach Hause nehmen und als 
neue Freunde für den Gemüsebau gewonnen werden. 

Treten wir jetzt einen Rundgang durch die Ausstellung 
an, um die ausgestellten Gemüse usw. einer näheren Betrachtung 
zu unterziehen. 

Durch späte Aussaaten im Sommer w’ar es möglich, den Be¬ 
suchern der Ausstellung gute und vollständige Sortimente von Bohnen, 
Erbsen, Gurken, Radies. Tomaten und Salat, welche bei der vor¬ 
gerückten Jahreszeit in den Gemüsegärten nicht oder nur in ge- 
geringer Qualität anzutreffen sind, zu zeigen. Mancher Besucher 
wird die Lehre mit nach Hause genommen haben, daß es bei sach¬ 
gemäßer Kultur möglich ist, auch im Spätherbst von den meisten 
Gemüsen noch Vorzügliches für den Tisch liefern zu können. 

Hesonderes Aufsehen erregte das Sortiment Bohnen, die infolge 
der feuchten Witterung des September vorzüglich geraten waren. 
Folgende Sorten verdienen wegen ihrer Größe und Vollkommenheit 
besondere Erwähnung. Von Stangenbohnen grün: Schlacht¬ 
schwert allergrößte lange, Korbfüller, Don Carlos, Zucker Brech-, 
rheinische Speck-. Stangenbohnen gelb: Mont d’or und Flageolet 
Wachs. Die beiden letzten Sorten waren auch als Buschbohnen in 
schöner Ausbildung vertreten. 

Auch das Zwiebelsortiment sprach bei der Reichhaltigkeit 
sehr an. Leider ließ die Größe der Zwiebeln infolge der anhalten¬ 
den Trockenheit des verflossenen Sommers etwas zu wünschen 
übrig. 

Die Gurken waren in kalten Kästen herangezogen. Durch 
schöne Ausbildung und Größe fielen besonders folgende Sorten auf: 
Berliner Aal, Noas Treib und Mohrenweisers verbesserte. Aus dem 
freien Lande waren die Sorten: Japanische Kletter, Sachsenhäuser 
und Russische Trauben noch in sehr schönen Exemplaren vertreten. 

Von den Wurzelgewächsen verdienen folgende Sorten wegen 
der guten Ausbildung erwähnt zu werden. Sellerie: Sachsenhäuser; 
Radies: Erfurter Dreienbrunner scharlachrotes, Eiszapfen, Würz¬ 
burger rotes Riesen: Rettig: Münchener Bier, langer schwarzer 
Winter; Karotten und Möhren: Pariser Markt, Nantaise halb¬ 
lange, Sachsenhäuser rote lange, Frankfurter dunkelrote, Altringham; 
Rote Rüben: Non plus ultra, schwarzrote lange, kurzlaubige Gebr. 
Dippe. 


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Bericht über Obst- und Gemüsebau. 


77 


Die Kohlgewächse konnten bei der anhaltenden Trockenheit 
und Hitze des Sommers nicht zur vollkommenen Größe, wie man 
sie gerne für Ausstellungszwecke heranzieht, gelangen. Immerhin 
konnte man mit der Ausbildung folgender Sorten zufrieden sein: 
Weißkraut: Braunschweiger, Filderkraut. Schweinfurter; Kotkraut: 
Mohrenkopf, Holländisches sohwarzrotes, Berliner dunkelrotes. Wir¬ 
sing: Groots Liebling, Kitzinger und Ulmer; Kohlrabi: Goliath weiß 
und blau, Wiener Glas. Blumenkohl war wenig vertreten, da der¬ 
selbe infolge der Trockenheit sich nur unvollkommen ausgebildet hatte. 

Unter den Salatgewächsen zeichneten sich folgende Sorten 
durch große feste Köpfe und zartes Blatt aus: Vorläufer, Prinzen¬ 
kopf, Fürchtenichts, Admiral und Genezzana. Die Endiviensorten 
„Eskariol“ und „Sachsenhäuser“ fielen durch die prächtige goldgelbe 
Farbe auf. Bei dem Mangold waren nicht nur die weißrippigen 
Sorten, sondern auch die mit leuchtend roten und gelben Stieleu 
vertreten. Wenn auch die letzteren infolge der lebhaften Farben 
besonders auffallen, so stehen dieselben doch im Geschmack hinter 
den weißrippigen Sorten zurück. 

Unter den Bleichgemüsen nahm der Cardy und der Bleich¬ 
sellerie eine hervortretende Stellung ein. Sicherlich dürfte der ge¬ 
werbsmäßige Anbau dieser beiden Gemüsearten lohnend sein, da 
die Kultur sehr einfach ist und die Preise, die in den Delikateß- 
geschäften von dem kaufenden Publikum gefordert werden, ver¬ 
hältnismäßig hohe sind. 

Ein besonderer Anziehungspunkt bildete in der Ausstellung das 
in Töpfen vorgeführte Sortiment von Pfeffer und Eierfrüchten. 
Diese Gemüse sind in den Delikateßgeschäften der Großstädte schon 
öfters anzutreffen und werden für teuer Geld verkauft. Der Pfeffer 
ist eine bekannte Gewürzpflanze, während die Verwendung der Eier¬ 
frucht sich noch verhältnismäßig wenig in den Haushaltungen ein¬ 
gebürgert hat. Die Früchte werden ähnlich wie Tomaten mit Fleisch 
gefüllt hergerichtet oder in Butter geröstet; sie besitzen, richtige 
Zubereitung vorausgesetzt, einen recht pikanten Geschmack, ln 
dem Sortimente fielen folgende Sorten durch Form, Farbe und 
Größe besondersauf. Von Eierfrüchten: Riese von Peking, runde 
violette, lange weiße, lange rote. Von Pfeffer: Mammuth, spanischer 
Cardinal, Procops Riesen. Bei den Eierfrüchten werden die blau- 
früchtigen Sorten von Kennern bevorzugt, da sie feiner im Geschmack 
sind. Es darf nicht unerwähnt bleiben, daß sich sowohl die Eier¬ 
früchte als auch der spanische Pfeffer als interessante und wirkungs¬ 
volle Topfpflanzen bei Gemüseausstellungen mit Vorteil verwenden 
lassen. — 

Die Aufgabe des Gemüsezüchters besteht jedoch nicht allein in 
der Anzucht von tadellosem Gemüse, sondern er muß auch sein 
Augenmerk darauf richten, sofern er Handel treibt, die Erzeugnisse 
in appetitlicher und vorteilhafter Weise dem Publikum anzubieten. 
Ein jeder, der mit kritischem Blicke die Gemüsestände auf den 
Märkten unserer Städte durchmustert, wird finden, daß vieles nach 
dieser Richtung hin noch verbesserungsbedürftig ist. 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


Um nun den Besuchern der Ausstellung zu zeigen, wie in ein¬ 
facher und dabei doch sauberer und zweckentsprechender Weise ein 
Gemüsestand errichtet werden sollte, war in der Aula ein solcher 
als kleines Vorbild geschaffen; Fig. 19 gibt diesen Stand bildlich 
wieder. Gleichzeitig wurden auch zweckmäßige Verpackungs¬ 
methoden für den Versand vorgeführt. Zur Vervollständigung des 
Gesamtbildes war auf der gegenüber befindlichen Seite ein Obst¬ 
stand nach denselben Leitsätzen von Schülern der Anstalt aufgebaut 
Es wäre sehr zu wünschen, daß auf allen Gemüseausstellungen ähn- 



Fig. 19. Gemüseverkaufsstand auf der Ausstellung. 

liehe Vorbilder geschaffen würden, denn diese Einrichtung wird 
nach jeder Richtung hin Nutzen stiften. 

Da die Gemüseverwertung in ivielen Haushaltungen der 
Verbesserung bedürftig ist, so war auch die Vorführung der ver¬ 
schiedenen Gemüseprodukte in das Programm der Ausstellung auf¬ 
genommen. Fig. 20 gibt den Mittelaufbau der Gemüsekonserven 
wieder. Es war Wert darauf gelegt, den Besuchern zu zeigen, daß 
es selbst mit den einfachsten Mitteln möglich ist, im Haushalt an¬ 
sprechende Gemüseprodukte von unbegrenzter Haltbarkeit herzustellen. 
Gemüse der verschiedensten Art waren teils in Konservengläsern 
und Büchsen, teils in den billigen Einkochkrügen und Flaschen ein¬ 
gemacht. Ein reichhaltiges Sortiment Dörrgemüse lenkte durch die 


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Bericht über Obst- und Gemüsebau. 


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schöne frische Farbe das Augenmerk der Besucher auf sich. Die 
Vorführung von kandierten Melonen und Kürbissen lehrte, daß sich 
aus Gemüsen auch feinere Produkte herstellen lassen. Und die 



ausgestellte Tomatenmarmelade, die im Geschmack nichts zu wünschen 
übrig läßt, lieferte den Beweis, daß man in obstarmen Jahren ohne 
Bedenken zu dieser Gemüseart greifen kann, um einen Ersatz für 
das fehlende Obst zu schaffen. 



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Fig. 20. Gemüsekonserven auf der Aufstellung. 





















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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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Es würde unserem Gemüsebau zu großem Vorteile gereichen, 
wenn auf allen Gemtiseausstellungen auch die Gemüseverwertung 
vertreten wäre. 


D. Bericht über Bienenzucht. 

Von Anstaltsgärtuer 13 au mann. 

Im September 1904 wurden 17 Bienenvölker eingewintert und 
zwar 12 Blätterstöcke, 1 Holzwohnung und 4 Stroh körbe mit be¬ 
weglichem Bau. Die letztere Stockform wird nur beibehalten, weil 
sie gerade vorhanden ist. Die Bienen befestigen die Rähmchen so 
fest an die Wandungen des Korbes, daß man sie nicht ziehen kann. 
Sonst aber überwintern die Bienen ganz vorzüglich in diesen Stroh¬ 
körben. Alle 17 Völker sind gut durch den Winter gekommen; es 
ist nicht eine einzige Königin verloren gegangen; ein Beweis, daß 
der Winter für die Bienen recht günstig war. 

Die ersten Reinigungsausflüge haben die Bienen in diesem Jahre 
am 18., 19. und 20. Februar gehalten und dabei auch schon Wasser 
eingetragen; dies konnte als Beweis dafür dienen, daß in diesen 
Stöcken schon junge Brut vorhanden war. Gleich am ersten Aus¬ 
flugstage mußten wir die Bodenbretter reinigen und von den über 
Winter abgestorbenen Bienen befreien, sonst hätten wir zu viel Ver¬ 
luste an Bienen gehabt. Sie haben gleich am ersten Reinigungstage 
angefangen, die toten Bienen aus ihren W r ohnungen zu tragen. Sie 
sind aber mit der schweren Last auf den kalten Boden gefallen und 
erstarrt; konnten also nicht mehr aufstehen, um in ihre Wohnungen 
zurückzufliegen. Der Bienenzüchter hier im Rheingau darf aus 
diesem Grunde nicht warten bis im März, um seine Bodenbretter zu 
reinigen, sondern muß diese Arbeit gleich beim ersten Reinigungs- 
Ausflug ausführen. Da man aber die Bienen so früh nicht stören 
soll, so führen wir das so frühe Reinigen nicht mit der Bodenkratze, 
sondern mit einer langen Gänsefeder aus. Mit dieser Feder lassen 
sich alle toten Bienen und auch sonstige Abfälle ganz leicht heraus¬ 
kehren. Die gründliche Reinigung nehmen wir erst im Monat März 
vor, wenn die Bienen schon einige Tage hintereinander fliegen, da 
können sie schon ohne Nachteil eine kleine Störung vertragen, 
während man sie im Februar noch ganz in Ruhe lassen muß. Mit 
der Bodenkratze gibt es immer einige kleine Stöße, auch wenn 
man noch so vorsichtig arbeitet. Wenn alle tote Bienen aus dem 
Stock entfernt sind, so bekümmern sich die Bienen fast gar nicht 
mehr um das Bodenbrett. Erst wenn sich die unteren Waben mit 
Brut füllen, dann wird das Bodenbrett ganz sauber von den Bienen 
gereinigt. Diese Beobachtung konnten wir in diesem Frühjahr 
wieder machen. AVir hatten ein Volk mit einer Königin vom vorher¬ 
gehenden Jahre: sie wurde von uns selbst beigesetzt, da sie gar 
nicht nach den unteren AVaben ziehen wollte, um sie mit Eiern zu 
bestiften. Die Bienen haben sich gar nicht um das Bodenbrett ge¬ 
kümmert, denn es hat immer voil AVachsabfälle gelegen. Da haben 


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Bericht über Obst- und Gemüsebau. 


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wir der» Stocke am 8. Mai zwei Bruttafeln von einem kräftigen 
Volk in die untere Etage gehängt. Die Brut wurde sofort von den 
Bienen belagert und die Königin ist mit nach unten gezogen und 
hat die leeren Zellen neben den Bruttafeln mit Eiern bestiftet. Das 
Volk nahm hierauf sofort an Stärke zu, hat aber von der Obstblüte 
fast gar nichts eingetragen, weil es zu schwach war. Die Bruttafeln 
hätte man schon anfangs Mai einhängen sollen, dann wäre es mit 
den andern Völkern weiter gediehen. 

Der März war für die Rheingauer Bienenzüchter ziemlich 
günstig. Die Bienen konnten an 13 Tagen fliegen. Am 11. März 
batten wir Mittags 4-13° C. im Schatten, dabei war es aber recht 
stürmisch; trotzdem sind alle Völker geflogen, haben nur Wasser, 
aber gar keine Pollen eingetragen, obwohl in unserm Park eine 
große Anzahl Crocus blühten. 

Der 20. März war wieder ein sehr schöner Tag, so daß die 
Bienen tüchtig arbeiten konnten; sie haben auch viel Pollen von 
Crocus und Scilla heimgebracht. Bei dieser Gelegenheit konnten 
wir die Wahrnehmung machen, daß die Bienen die blauen Crocus 
mehr besuchen, als die gelben. Ob sie die blaue Farbe mehr lieben 
als die gelbe, oder ob dieser Blütenstaub mehr zusagt, konnten wir 
nicht herausfinden. Blütenstaub war bei allen Pflänzchen in ge¬ 
nügender Menge vorhanden. Auch die Griffel waren in beiden 
Pflanzen gleich stark, sie sind auch an ein und demselben Tage in 
die Blüte getreten. 

Am 30. März sind die ersten Aprikosenblüten aufgebrochen. Da 
war der Tisch für unsere Bienen gedeckt. Die Aprikosenblüte 
spendet ihnen viel Pollen und auch Honig. In diesem Jahr konnte 
diese Blüte recht ausgenutzt werden, denn die Witterung war 
günstig. Nur am 7. und 8. April hatten wir Nachts etwas Reif, 
der aber den Blüten nichts geschadet hat. Um 10 Uhr konnten die 
Bienen wieder fliegen und besuchten gerade an diesem Tag recht 
stark die Aprikosenblüten; es war dies für uns ein Beweis, daß der 
Reif keinen Schaden angerichtet hat. Erfrorene Blüten werden nicht 
mehr von den Bienen aufgesucht. 

In vielen Obst- und Gartenbau-Zeitschriften haben einige Artikel¬ 
schreiber behauptet, daß die Pfirsichblüte nur wenig von den Bienen 
beflogen wird, andere wiederum behaupten das Gegenteil. Den 
letzteren müssen wir nach unseren Beobachtungen beistimmen. Die 
Anstalt hat an einer Süd- und Westmauer eine ganze Anzahl 
von Pfirsich-Palmetten in vielen Sorten angepflanzt. Die Bäumchen 
stehen jetzt 5 und ß Jahre und bedecken die ganze Mauer. Man 
hat in diesem Jahre die Blüte genau beobachtet und dabei gefunden, 
daß sie alle von den Bienen beflogen wurden; die eine Sorte mehr 
wie die andere. Unsere Pfirsichsorten haben zweierlei Blüten. Die 
einen eine sehr große, schöne mit gut ausgebildeten Blumenblättern, 
bei anderen Sorten wiederum sind die Blüten ganz klein, unvoll¬ 
kommen: wenn ich so sagen darf, mit kümmerlichen Blumenblättern. 
Man sollte nun meinen, die großen, schönen Blüten würden am 
meisten von den Bienen beflogen, es war aber umgekehrt der Fall, 

<ii-i>n* . •iiiic: IViii l r r.* '"». 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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die kleinen Blüten haben sie am meisten aufgesucht und zwar die 
Sorten Schöne von Douö, Bonouvrier und Königin der Obstgärten. 

Am 11. April ist die Stachel- und Johannisbeerblüte auf¬ 
gebrochen. Die Bienenzüchter sollten diese beiden Beerenarten 
recht viel anpflanzen, denn sie liefern den Bienen viel Honig. Trotz¬ 
dem diese Beerenarten, besonders die Stachelbeere, so gut bezahlt 
werden, pflanzt man sie doch noch lange nicht genug an. 

Am 12. April sind die Kirschen und am 13. April die Pflaumen 
aufgeblüht. Sie konnten aber nur in den ersten Tagen beflogen 
werden, denn das Wetter schlug bald um und es wurde kühler. 
Die Blüten waren aber schon befruchtet. Wir hatten eine gute 
Kirschen- und auch eine sehr gute Pflaumenernte. 

Auf die Apfelblüte setzt der Rheingauer Bienenzüchter große 
Hoffnung, weil diese Blüte recht lange andauert. In diesem Jahre 
sind die ersten Blüten am 24. April aufgebrochen und die letzten 
erst am 9. Mai. In dieser Zeit wird die Witterung auch schon 
etwas besser und die Bienen können diese Blüte mehr und länger 
befliegen. 

Vom 16. bis zum 26. April war die Witterung sehr schlecht 
für die Bienen. Viele Tiere sind auf der Weide verloren gegangen. 
Das hat man auch an den ersten Schwärmen gesehen, denn sie sind 
recht schwach ausgefallen. Auch der Nektar, den die Bienen vor¬ 
her eingetragen hatten, ist zur Neige gegangen. In diesem Jahre 
wurde der erste Honigraum am 28. April und der letzte erst am 
29. Mai geöffnet Dies zeigt zur Genüge, welch ein großer Unter¬ 
schied in der Vermehrung der Bienen liegt. Den ersten Schwarm 
haben wir am 28. Mai bekommen. 

Die ersten Birnblüten sind am 14. April aufgebrochen. Wir 
haben im letzten Jahresbericht gesagt, daß die Birnblüte gar nicht 
von den Bienen beflogen wurde, ln diesem Jahre war die Sache 
jedoch anders, denn sie haben sehr viel Blütenstaub von den Blüten 
eingetragen. Die Birnblüte ist in diesem und auch in vorigem Jahre 
recht gut verlaufen und die Ernten waren sehr gute. Es kommt 
ja fast bei allen Pflanzen vor, daß die Blüten in dem einen Jahr 
viel und in dem anderen wenig Honig liefern. Ja viele Pflanzen 
honigen in dem einen Jahr sehr stark und in dem anderen wiederum 
gar nicht. So wird es auch bei den Birnen sein. Es kommt dies 
fast immer auf die Witterung an, das konnten die Rheingauer 
Bienenzüchter wieder in diesem Sommer beobachten. 

Die Witterung war von Ende Mai bis Mitte September sehr 
gut, jeden Tag Sonnenschein; trotz des guten Wetters haben sich 
die Honigtöpfe gar nicht gefüllt. Es hat nur eine Mittelernte ge¬ 
geben und es war mehr ein Schwarm- wie ein Honigjahr. In 
kleinen Wohnungen haben fast alle Völker geschwärmt. Wir haben 
6 Blätterstöcke mit 2 Etagen und 30 Halbrähmchen; von diesen Völkern 
bekamen wir 6 Vor- und 6 Nachschwärme. Es wurde versucht, 
die angesetzten Weiselzellen zu beseitigen; es blieben aber in jeden» 
Volke einige sitzen, wie dies ja fast immer bei dieser Arbeit ge¬ 
schieht. Die Bienen setzen so viele Weiselzellen an, daß man sie 


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Bericht über Obst- und Gemüsebau. 


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fast niemals alle findet Das Absuchen von Weiselzellen ist, be¬ 
sonders an Wohnungen, die im Freien stehen, eine sehr schwierige 
Operation. Die Arbeit kann man nur an ein bis zwei Stöcken auf 
einmal vornehmen. Sobald die Nachbarbienen den Honig wittern, 
muß man die Wohnung sofort schließen, sonst gibt es Räuberei, die 
dann den ganzen Tag fortdauert. 

Neben diesen 6 zweietagigen Blätterstöcken stehen noch 6 drei- 
etagige mit 40 Halbrähmcben. Von diesen 6 Völkern hat kein 
einziges geschwärmt; sie haben überhaupt keine Weiselzellen an¬ 
gesetzt. Das kam aber nur daher, weil sie Platz genug hatten, um 
sich auszudebnen. Die 6 dreietagigen Beuten haben uns Honig ge¬ 
liefert und die 6 zweietagigen Schwärme. Wenn man aber keine 
Vermehrung mehr vornehmen will oder keinen Raum hat, um neue 
Wohnungen aufzustellen, so machen die vielen Schwärme nur Arbeit. 
Vorschwärme haben wir überhaupt keine angenommen, weil es 
meistens alte Königinnen waren. Um diese zu beseitigen, hat man 
ein ganz einfaches Verfahren angewendet. Der Schwarm wird, 
sobald er in den Schwarmkorb eingezogen war und sich etwas be¬ 
ruhigt hat, entweder auf den Boden geschlagen und derselbe Korb 
mit der Öffnung nach unten ganz nahe an den Schwarm gestellt. 
Bei dem Herausschlagen bleiben immer noch einige Bienen im Korb, 
das hören die anderen und marschieren sofort wie ein wandernder 
Ameisenhaufen nach dem Korb, dabei kann man die Königin ganz 
leicht ausfangen. Oder man stellt den Fangkorb auf den Kopf, 
stößt ihn mehrmals auf den Boden, damit die Bienen recht durch¬ 
einander kommen. Sie fliegen dabei nicht gleich auf, sondern laufen 
an den Wandungen des Korbes in die Höhe und die Königin er¬ 
scheint alsbald an der Oberfläche, wo man sie ebenfalls leicht be¬ 
seitigen kann. Ist dies geschehen, so fangen die Bienen an zu 
fächeln und fliegen gleich in ihre alte Wohnung zurück. Ist die 
Witterung günstig, so folgt schon am dritten Tag ein kräftiger Nach¬ 
schwarm. Diesen fängt man dann ein, wenn man seinen Stand ver¬ 
mehren, oder eine alte Königin aus einem andern Stock beseitigen 
will. Der Nachschwarm liefert uns eine ganz junge Königin. Sie 
werden aber im ersten Jahre nicht mehr so kräftig, das ist aber kein 
Nachteil, wenn man sie nur gut durch den Winter bringt. Im 
kommenden Frühjahre gibt dies die stärksten und besten Völker. 
Man kann solche Nachschwärme auch schon im Nachsommer kräf¬ 
tigen, wenn man ihnen aus einem Volk, das nicht geschwärmt hat, 
einige Bruttafeln, aber ohne Bienen, einhängt. Einen Fehler haben 
die Nachschwärme: sie sind fast immer schwach und da können sie 
nur noch wenig Futter für den Winter eintragen. Man muß sie im 
Herbst tüchtig auffüttern. 

Die Hitze war vom 30. Juni bis 5. Juli so stark, daß die meisten 
Bienen aus ihren Wohnungen auszogen und ihr Lager um das 
Flugbrett herum anlegten. Die Kästen waren außen fast ganz mit 
Bienen bedeckt, sogar während der Nacht sind sie da geblieben. 
Gearbeitet haben sie während der heißen Tage fast gar nicht Auf 
den AVaben hielten sieh nur noch soviel Bienen auf, um die Brut 

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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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zu pflegen. Die Königin ist aber trotz aller Hitze nicht aus der 
Wohnung herausgezogen. Sie hat sich fast den ganzen Tag auf den 
Rähmchen, die nach dem Fenster zu stehen, aufgehalten. Da konnte 
man ein gar schönes Bild sehen. Die Königin ist immer von einer 
ganzen Anzahl Bienen umgeben gewesen, die alle ihre Köpfe nach 
ihr hinstreckten. Sobald die Königin nur eine kleine Bewegung 
machte, so zogen sich die sie umgebenden Bienen auseinander, um 
ihr Platz zu machen. Hob die Königin ihren Kopf in die Höhe, 
so war aber auch schon gleich eine Bieue bei ihr und reichte ihr 
ihre Zunge hin, um sie zu füttern. Wir konnten in diesem Sommer 
sehr oft sehen, wie die Königin das dargereichte Futter von den 
Zungen der Bienen abgesaugt hat. Hatte die eine Biene nicht 
genug vorbereitetes Futter, so war sofort eine andere da, um die 
Königin zu sättigen. 

Die Drohnenschlacht hat am 3. Juli begonnen und zwar fast 
an allen Völkern. Die abgeschwärmten, schwachen Stöcke haben 
den Anfang gemacht. Sie hatten fast mehr Drohnen, wie Arbeits¬ 
bienen und sind trotzdem sehr schnell mit ihnen fertig geworden. 

Der Rheingauer Bienenzucht-Verein hat am Sonntag, den 
16. Juli eine gut besuchte Bienen-Versammlung auf unserm Bienen¬ 
stand abgehalten, wobei das Thema behandelt wurde: „Das Ver¬ 
setzen eines Volkes in nächster Nähe.“ Die praktischen Arbeiten 
hat man gleichzeitig dabei ausgeführt. Ein Volk sollte mitten im 
Sommer auf einen andern Platz gestellt und in eine bessere Wohnung 
eingehängt werden. Diese Arbeit nimmt man sonst nur im Winter 
vor, wenn die Bienen mehrere Wochen nicht fliegen konnten; sie 
vergessen dann ihren alten Standort und man kann sie, ehe sie 
wieder ausfliegen, ganz gut ohne Verlust an Bienen, an einen andern 
Ort stellen. Das geht aber im Sommer ohne einige Vorbereitungen 
nicht, weil die Bienen immer wieder auf die alte Stelle zurück¬ 
fliegen. Sie vergessen nur dann ihren Standort im Sommer, wenn 
man sie mindestens eine Stunde davon aufstellt. 

Die neue Wohnung kam gerade 1 m über der alten zu stehen. 
Um nun die Bienen von der alten an die neue Wohnung zu ge¬ 
wöhnen, hat man am Tage vorher zwei alte Waben mit Kandis¬ 
zuckerwasser gefüllt und in die alte Wohnung gehängt. In kaum 
5 Minuten war die Wabe ganz schwarz voller Bienen, um das 
Zuckerwasser dahin zu tragen, wo sie es brauchten. Die Wabe hat 
man dann mit samt den Bienen in die neue Wohnung gebracht. 
Das Zuckerwasser haben die Bienen in ganz kurzer Zeit von der 
neuen in die alte Wohnung getragen. Dieselbe Arbeit hat man 
nach einer Stunde wiederholt. Auf diese Weise wurde den Bienen 
der Weg von der alten in die neue Wohnung gezeigt. Die beiden 
mit Zuckerwasser gefüllten Waben sind am Samstag zwischen 5 und 
7 Uhr verhängt worden und am Sonntag Nachmittag um 4 Uhr 
hat man die Bienen in die neue Wohnung gebracht. Sie haben 
sich schon am andern Tag an den neuen Standort gewöhnt, sind 
allerdings noch eine ganze Zeit nach der alten Wohnung hingeflogen, 
bogen aber sofort ab. um in den neuen Kasten einzuziehen. Dieses 


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Bericht über Obst- und Gemüsebau. 


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neue Verfahren hat uns gezeigt, daß wir unsere Bienenvölker auch 
im Sommer verstellen dürfen, wenn wir sie vorher dazu vor¬ 
bereiten. 

Am 17. September hat man an zwei Völker, die sich im Früh¬ 
jahr nicht gut entwickelten, die alten Königinnen beseitigt und je eine 
junge beigesetzt, die man während des Sommers in kleinen Kästchen 
durch Ableger gezogen hat. Bei dem einen Volke ist die Arbeit ganz 
schnell von statten gegangen, während das andere uns beim Aus¬ 
fangen der Königin viele Mühe machte. Die Königin hat man am 
ersten Tag nicht gefunden. Als man am anderen Tage den Stock 
wieder öffnete, da waren die Bienen so aufgeregt, daß man fast 
nicht an ihnen arbeiten konnte. Wenn man sonst ein Volk öffnet 
und gibt aus dem Blasebalg etwas Rauch, so ziehen sich die Bienen 
sofort in ihre Wohnung zurück. Dieses Volk hat sich aber gar nicht 
durch Rauch besänftigen lassen, im Gegenteil, je mehr Rauch man 
einblies, um so wilder sind die Bienen geworden. Da hat man 
ihnen aus einer kleinen Gewächsbausspritze einen Strahl Wasser 
gegeben, die Aufregung legte sich gleich, die Königin war bald ge¬ 
funden und die neue Mutter in ganz kurzer Zeit in einem Weisel¬ 
käfig beigesetzt. Aus einer Wabe der zweiten Etage, die noch 
Brut und Honig enthält, wird ein Stückchen so herausgeschnitten, 
daß man den Weiselkäfig auf das Rähmchenholz stellen kann. Hier 
mußte die neue Königin 48 Stunden bleiben, ehe man sie frei ließ. 
Dieses Verfahren haben wir immer angewendet und es ist uns noch 
niemals eine Königin abgestochen worden. 

Die Anstalt hat in diesem Sommer wieder 6 dreietagige 
Blätterstöcke von Otto Alberti, Bienenzüchter in Amöneburg bei 
Biebrich aufgestellt, so daß unser Bestand jetzt aus 22 Völkern be¬ 
steht. Die neuen Wohnungen sind nur mit Nachschwärmen besetzt. 
Wenn sie gut durch den Winter kommen, so machen sie uns im 
nächsten Jahr gewiß viele Freude und liefern, bei günstigem 
Wetter, auch eine gute Honigernte. 


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II. Beliebt über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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Bericht 

über Gartenbau, Obsttreiberei nnd Arbeiten im Parke 

der Lehranstalt. 

Erstattet von dem Betriebsleiter Garteninspektor F. Glindemann. 

A. Pflanzenkulturen. 

1. Allgemeines. 

Schon im letzten Jahresbericht der Lehranstalt wurde darauf 
hingewiesen, daß durch die Einführung des neuen Unterrichtsfaches 
in „Binderei und Dekoration“ wesentlich höhere Ansprüche an die 
Gewächshäuser gestellt werden müssen, als dieses früher der Fall 
war. Der Verbrauch an feinerem Schnittgrün und Blütenmaterial 
steigerte sich infolge der starken Teilnehmerzahl an diesem Unter¬ 
richtsgange bedeutend. Dazu kam die Bereicherung der Pflanzen¬ 
sammlung und die vermehrte Durchführung einzelner Kulturen. Als 
eine unausbleibliche Folge stellte sich deshalb sehr bald ein Mangel 
an Platz in den Gewächshäusern ein, und so sah man sich ge¬ 
zwungen, eine Vermehrung der Pflanzenkulturhäuser eintreten zu 
lassen, iudem ein Kulturhaus mit angrenzendem Kuppelbau errichtet 
worden ist. Das Bestreben, die einzelnen Gewächshäuser einheitlich 
aneinander zu reihen und miteinander zu verbinden führte dazu, 
das neu zu erbauende Kulturhaus zwischen die beiden vorhandenen 
größeren Häuser (Warm- und Kalthaus) zu legen und durch den 
vorspringenden Kuppelbau gleichzeitig die einheitliche Verbindung 
mit den bestehenden Häusern herzustellen, eine Einrichtung die 
auch für die Überwachung der Häuser und die in denselben aus¬ 
zuführenden Arbeiten von Werte ist. 


2. Beschreibung der neuerbauten Gewächshaus bauten. 

Das Kulturhaus. 

Das Kulturhaus, siehe Abbildung Fig. 21 und 22 ist ein Sattel¬ 
haus von 25 m Länge und 5 m Breite, welches frei über dem Erd¬ 
boden errichtet ist. Seitlich wird dasselbe von einer 0,80 m hohen 
Steinwand und einer 0,50 m hohen Stehglasfläche begrenzt. Die 
Lage der Glasfläche weist einen Winkel von 25 0 auf. Dieses 
Haus zeigt eine Verschmelzung von Holz- und Eisenkonstruktion, 
indem das Gerippe desselben aus Eisen, die Sprossen aus Pitscb- 
pine-Holz hergestellt worden sind. 

In drei Abteilungen eingeteilt und je durch eine Glaswand 
getrennt gehalten, ist die erste Abteilung als ein Verraehrungshaus 
eingerichtet, die zweite soll temperiert gehalten werden, während 
die dritte als Kalthaus Verwendung finden soll. 


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Bericht über Gartenbau, Obsttreiberei und Arbeiten im Parke der Lehranstalt. 87 


a) Die Vermehrungs-Abteilung weist ein gewöhnliches 
Vermehrungsbeet und ein solches über einem Wasserbassin errichtet 
auf. Das Mittelbeet als Warmbeet gedacht, soll für die Kultur 
feinerer und empfindlicher Warmhauspflanzen dienen und als Beet 
zum Auspflanzen von Schlinggewächsen Verwendung finden. 



Fig. 21. Grundplan dtM - Gewächshausanlagen. 

Xo. I. Wein* und Pfirsichtreibhaus. 1 Xo. IV. Warmhaus. 

.. II. Xeuer Kuppelbau. ,, V. Kesselhaus. 

III. Xeues Kulturhaus. ,. VI. Koksehuppen. 

b) Die temperierte und kalte Abteilung besitzt neben 
den seitlichen Stellagen eine Mittelstellage, welche verstellbar ist, 
d. h. bald höher, bald niedriger gestellt werden kann, je nachdem 
es die Pflanzen erforderlich machen. Das gesamte Haus hat eine 
ausgiebige Lüftungs-Vorrichtung am Boden und eine solche am First. 


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bv Google 


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S8 II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 

Die Lüftung am First des Hauses ist als Sattellüftung augelegt 
und für jede Abteilung getrennt gehalten. 

Die Lüftung an den Seitenwandungen besteht aus einzelnen 
Öffnungen, welche durch Schiebeklappen geschlossen werden. Letztere 
sind durch eine Eisenstange verbunden und können durch Hebel¬ 
vorrichtungen beliebig geöffnet und geschlossen werden. 

Jede dieser beiden Abteilungen ist auch hier in der Lüftung 
getrennt gehalten. Außerdem ist noch eine Lüftung seitlicher Steh¬ 
fenster vorgesehen, die in einfacher Weise gehandhabt werden kann. 

Das Haus weist außerdem drei Wasserbehälter auf. welche zum 
Auffangen des, auf der Glasfläche sich ansammelnden Schnee- und 
Regenwassers dienen. Die auf dem Hause angebrachten Rollschatten¬ 
decken liegen erhöht über der Glasfläche und der Beschattungs- 



SdjnvU ou-A. 


Fig. 22. 

Vorrichtung, damit die Luft zwischen Glasfläche und Beschattungs¬ 
vorrichtung hindurchstreichen kann, was von nicht zu unterschätzen¬ 
dem Werte ist. 

c) Der Kuppelbau. Der Kuppelbau weist die Form eines 
Achtecks auf und hat die Höhe von 8 m. Nur aus Eisen her¬ 
gestellt und mit Rohglas gedeckt, ist dieser Bau dazu bestimmt, 
größere Dracaenen, Musa, Lorbeerbäume usw. zu überwintern, 
während hier im Sommer größere Palmen ihren Platz finden sollen. 
Der gesamte Bau ist einfach und praktisch und verleiht der ganzen 
Gewächshausanlage eine besondere Zierde. 

d) Die Heizungsanlagen. Für die Erwärmung der ge¬ 
samten Anlage ist der bisher gebrauchte Climax-Kessel durch zwei 
Gegenstrom-Gliederkessel ersetzt worden, wovon der eine Kessel 
gewöhnlich im Gebrauch ist, während der zweite nur bei strengerer 
Kälte gefeuert wird und als Ersatzkessel dient. 


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Bericht über Gartenbau, Obsttreiberei und Arbeiten im Parke der Lehranstalt. g{) 

Die Gewächshausbauten sowie die Heizungsanlage sind von 
der Firma G. Rubruck-Köln-Ehrenfeld Leyendeckerstraße 11 aus¬ 



geführt und in einer Gesamtansiclit Fig. 23 wiedergegeben worden. 
Wie aus dieser Abbildung zu erkennen ist, ist das Kesselhaus der 


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Fig. 23. Gesamtausicht der Gewächshausanlage. 









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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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Gewächshäuser mit einem Aufbau versehen, in welchem eine Dienst¬ 
wohnung für den betreffenden Anstaltsgärtner eingerichtet wurde. 


3. Prttfüng von Pflanzennenheiten. 

Auch in letzt verflossenem Jahre wurden verschiedene Pflanzen¬ 
neuheiten einer Prüfung unterzogen wobei folgendes Resultat ge¬ 
sammelt worden ist: 


a) Pelargonium zonale in den Sorten: Brunhilde, Die Gartenwelt, 
Ella Förster, Gartendirektor Siebert, Johanna Beckmann, 

bezogen von der Firma R. Bornemann, Blankenburg a. Harz. 

Schon im letzten Jahresbericht der Lehranstalt Seite 85 wurden 
die angeführten Sorten erwähnt. Nachdem die Beobachtungen in 
diesem Jahre fortgesetzt wurden und zwar an im Freien ausge¬ 
pflanzten Pflanzen, kann das Ergebnis dahin zusammengefaßt werden, 
daß die Sorten: 

Brunhilde, Gartendirektor Siebert und Johanna Beckmann sich 
recht gut bewährten, indem sie sich durch niedrigen Bau und 
reichen Blütenflor auszeichneten. Die Sorte: Die Garten weit blühte 
nicht dankbar genug und die Sorte Ella Förster war zu stark 
wachsend, auch wurden die sich entwickelnden Blüten vom Laub¬ 
werk fast vollständig bedeckt. 

b) Pelargonium zonale Oberg&rtner Krüger. 

Von niedrigem gedrungenem Bau und schwachem Wuchs, 
bringt diese Sorte eine Fülle lebhaft rosa gefärbter Blüten, die sich 
im Regenwetter recht widerstandsfähig erwiesen haben. Zur Ein¬ 
fassung von Blumenbeeten, wie auch besonders für Teppichbeete 
scheint diese Sorte recht wertvoll zu sein. 


c) Pelargonium zonale Juwel. 

Der niedrige Bau, schwache Wuchs und die ziemlich zahlreich 
erscheinenden einfachen reinweißen Blüten, daß sind die Eigen¬ 
schaften, durch welche diese Sorte als eine gute Gruppenpflanze 
bezeichnet werden kann. Im Regenwetter haben sich die Blüten 
ziemlich widerstandsfähig gezeigt. 


d) Pelargonium zonale Zwerg Meteor. 

Die allbekannten Eigenschaften der Sorte Meteor sind auch 
bei dieser vertreten. Der reiche Blütenflor, der gedrungene Bau 
machen diese Sorte zur Gruppenpflanzung besonders wertvoll. Die 
angeführten 3 Pelargonien-Sorten wurden von der Firma Theodor 
Lattmann, Handelsgärtner in Blankenburg a. Harz bezogen. 


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Bericht über Gartenbau, Obsttreiberei und Arbeiten im Parke der Lehranstalt. 91 


e) Pelargonium zonale „Saturn“ 

von Handelsgärtner Friedrichs in Seelingstädt bei Werdau i. S. 

Unter den zahlreichen Pelargonien-Sorten verdient diese be¬ 
sondere Beachtung. Kräftig im Wuchs bringt sie eine Fülle be¬ 
sonders großer Blütenstände mit brennend roten, gut gefüllten, 
großen Blüten, die auf straffen Stielen getragen werden. Zur Be¬ 
pflanzung von Blumenbeeten scheint diese Sorte sehr geeignet zu sein. 

f) Veilchen Braukmanns Universal 

von Franz Braukmann, Handelsgärtner in Hildesheim. 

Die Lehranstalt bezog im Frühjahr 1905 von dieser Veilchen¬ 
sorte eine Anzahl Pflanzen und kultivierte diese in der sorgfältigsten 
Weise um später die Eigenschaften in Bezug auf Blüte usw. kennen 
zu lernen. Nach den hier gemachten Beobachtungen ist diese 
Veilchenneuheit aber keineswegs als hervorragend zu bezeichnen 
im Gegenteil, die verhältnismäßig kleinen Blüten, auf schwachen 
Stielen getragen, zeigten eine mattblaue wenig angenehme Färbung. 

g) Chrysanthemum fructescens Queen Alexandra 

bezogen von Sattler & Bethge in Quedlinburg a. Harz. 

Die bezogenen Pflanzen brachten teils gefüllte, jedoch vor¬ 
wiegend halbgefüllte und einfache Blüten zur Entfaltung, deren 
Färbung eine mehr grau-weiße war. Nach den hier gemachten 
Beobachtungen kann diese Pflanze keineswegs als empfehlenswert 
bezeichnet werden, da sie weder durch Blüte noch durch Blüten¬ 
färbung hervortritt. 

h) Blattbegonien His Majesty und Our Queen 

bezogen von J. Tropp, Steglitz-Berlin. 

Die angeführten beiden Blattbegonien können in Bezug auf 
Blattform. Blattzeichnung und Farbenspiel der Blätter als recht 
schöne Neuheiten bezeichnet werden, die für den Handel, für 
Dekorations- und Bindezwecke ein sehr geschätztes Material liefern 
werden. 

i) Blattbegonien Rex Imperator, Frau Cyr, Princesse Alice, Meteor 

von Gebrüder Ketten heil in Quedlinburg. 

Auch diese Blattbegonieu-Sorten können als empfehlenswert 
bezeichnet werden indem sie sich durch schöne Blattzeichnungen 
und eigenartiges Farbenspiel der Blätter auszeichueten. 

k) Erfolge in der Cyclamen-Kultur. 

An dieser Stelle dürfen die vorzüglichen Erfolge in der Cy¬ 
clamen-Kultur des letzten Jahres nicht unerwähnt bleiben. Die in 
Kultur befindlichen Pflanzen zeigten nicht nur eine üppige Ent¬ 
wicklung, sondern sie brachten besonders große, rein gefärbte Blüten, 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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die auf langen, straffen Stielen getragen wurden. Auch die Be¬ 
laubung war sehr schön, indem die großen Blätter mit hervorragen¬ 
den Blatt-Zeichnungen versehen waren. Die in Kultur genommenen 
Sämlinge wurden von 2 verschiedenen Firmen bezogen, wobei sich 
ein wesentlicher Unterschied in der Entwicklung bemerkbar machte. 
Auffallend schön entwickelten sich die von der Firma Wasem & 
Lobermeier, Handelsgärtnerei, Ahlemer-Turm vor Hannover be¬ 
zogenen Pflanzen, die die obenerwähnten Eigenschaften zeigten, was 
hier besonders hervorgehoben werden möge. Unstreitig ist der Er¬ 
folg in der Kultur einer Pflanze nicht zum wenigsten von einem 
guten Sämlingsmaterial mit abhängig. 

4. Geschenke. 

Erfreulicherweise kann auch in diesem Jahre wieder berichtet 
werden, daß die Pflanzensammlung der Lehranstalt durch Geschenke 
bereichert worden ist. So erhielt die Lehranstalt: 

1. Von der Stadtgärtnerei in Karlsruhe verschiedene neuere 
Gruppenpflanzen. 

2. Von der Hofgärtnerei in Baden-Baden ein Sortiment winter¬ 
harter Bambusa und verschiedene Koniferenzapfen. 

3. Von der Stadtgärtnerei in Mannheim ein Sortiment Alter- 
nantheren. 

4. Aus der Hofgärtnerei Friedrichshof b. Cronberg ein Sortiment 
W armhausschlingpf lanzen. 

5. Von der Hofgärtnerei Amorbach eine Palme Pritcbardia 
filamentosa. 

6. Von der Hofgärtnerei in Karlsruhe eine Anzahl Warm- und 
Kalthauspflanzen sowie seltener Koniferen. 

Möge an dieser Stelle der Dank der Lehranstalt noch einmal 
den einzelnen Gebern ausgesprochen werden. 


B. Obsttreiberei. 

Die Entwicklung der Reben schreitet in den Weintreibhäusern 
günstig fort und die Erträge des letzten Jahres waren recht gute. 
Versuchsweise sind in dem einen Hause eine Anzahl von Treib¬ 
sorten, auf amerikanischer Unterlage veredelt, angepflanzt worden« 
um auch hier Beobachtungen über Wachstum und Fruchtbarkeit 
der Stöcke, sowie Entwicklung der Trauben anzustellen. Über die 
Resultate kann erst später berichtet werden. 

Tomaten für die Kultur unter Glas. 

Wiederholt ist in den letzten Jahresberichten auf die Kultur 
der Tomaten unter Glas aufmerksam gemacht worden und es haben 
hier eine Anzahl von Sorten Verwendung gefunden, auf deren Vor¬ 
züge und Nachteile in eingehender Weise hingewiesen ist. Auch 


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Bericht über Gartenbau, Obsttreiberei uud Arbeiten im Parke der Lehranstalt. 93 


im letzten Jabre sind wieder einige Sorten in Kultur genommen, 
deren Eigenschaften sich wie folgt verhalten: 

Sorte: Acquisition. Unter den bisher beobachteten Toraaten- 
sorten zeichnete sich diese durch ganz niedrigen, gedrungenen Bau 
aus, indem die Pflanzen kaum die Höhe von 1 m erreichten. Über¬ 
aus reichtragend, sind die einzelnen Früchte der Pflanzen groß, von 
eigenartig mattroter Färbung, gleichmäßig rund gebaut und sehr 
schön in der Form. Der Geschmack ist ein angenehm säuerlicher, 
wie auch die Frucht selbst von einer dünnen zarten Haut umgeben 
ist. Nach den hier gesammelten Erfahrungen kann diese Sorte sehr 
empfohlen werden. 

Sorte: Early Ruby (Frühe Rote). Wie schon der Name sagt, 
hat man es hier mit einer frühreifenden Sorte zu tun, die dankbar 
trägt und schön gleichmäßig gebaute dunkelrote Früchte zur Ent¬ 
wicklung bringt. Die Früchte scheinen nur sehr leicht aufzupiatzen, 
wodurch diese Sorte an Wert verliert. 

Sorte: Winter-Beauty (Winter-Schönheit). Es scheint zwar 
diese Sorte vorwiegend für die Kultur unter Glas während der 
Wintermonate bestimmt zu sein, doch dürfte dieselbe auch für den 
Anbau im Freien während der Sommerzeit gleiche Berechtigung 
finden. Die tief dunkelrot gefärbten Früchte sind gleichmäßig in 
der Form und von gutem Geschmack. 

Sorte: Perfection. Die Früchte dieser Sorte sind auffallend 
schön durch den gleichmäßigen Bau und der dunkelroten Färbung, 
weshalb die Frucht für Ausstellungszwecke sehr wertvoll ist. Auch 
die Tragbarkeit der Pflanzen ist eine sehr große, wie auch die 
Frucht selbst recht gut für den Versand geeignet erscheint, da die 
Fruchthaut eine ziemlich dicke, lederartige ist. 


C. Park. 

1. Veränderungen in den Parkanlagen der KOnigl. Lehranstalt. 

Der nebenstehende Plan (Fig. 24) zeigt den Entwurf für die 
Neugestaltung der Parkanlagen in der Umgebung der Gewächs¬ 
häuser, des Rosariums. Die Veränderung dieses Teiles der Park¬ 
anlagen wurde erforderlich, einmal durch den Bau des neuen Ge¬ 
wächshauses mit dem kuppelförmigen Vorbau und zweitens durch 
die weniger günstige Einteilung desselben, die sich nicht mehr den 
Gewächshausbauten anpaßte, wie auch die Bepflanzung selbst einer 
Neuanordnung und Verteilung bedurfte. Wenig gegliedert und den 
Grundlinien der Gewächshäuser angepaßt, ist das Rosarium in seiner 
Neugestaltung regelrecht gehalten und gleich wie früher auf die bis¬ 
herige Fläche beschränkt worden. Obgleich für die Gesamtwirkung 
der Parkanlagen eine landschaftliche Bepflanzung und Anordnung 
dieses Teiles als vorteilhaft erscheint, so ist doch das Rosarium, mit 
Rücksicht auf den Unterricht und den zahlreichen Besuch an 
Fremden, nicht zu entbehren und somit als notwendig zu erachten. 


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Fig. 25. Tcilansicht aus ülmi Parkanlagen der Lehranstalt. 

Frühjahrsbepflanzung der Blumenbeete am Springbrunnen vor dem Hauptgebäude der Lehranstalt mit Phlox 

divarieata canadensis. 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


Um somit den Anforderungen im Unterricht möglichst zu ge¬ 
nügen, ist das Rosarium in der Anordnung der Bepflanzung so ge¬ 
halten, daß 



1. die Rosen in einzelnen wichtigen Sorten und geordnet nach 
dem Farbenspiel Verwendung finden, 

2. daß neben der regelrechten auch eine freie landschaftliche 
Verteilung der Rosen in Anwendung kommt und 


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Bericht über Gartenbau, Obsttreiberei mul Arbeiten im Parke der Lehranstalt. 95 


3. daß die Rosen nach Klassen geordnet eingereiht werden, so 
daß dem Schüler Gelegenheit geboten ist, die wichtigsten Vertreter 
einzelnen Klassen und ihre Merkmale kennen zu lernen. 

Zu diesem Zwecke ist es notwendig, daß nicht nur die Edel¬ 
rosen, sondern auch die verschiedenen Strauch- und wildwachsenden 
Rosen, soweit dieselben einen gärtnerischen Wert besitzen, Ver¬ 
wendung finden. 

Das große Mittelstück des Rosariums enthält außerdem ein 
Sortiment der wertvollsten Rosen aus den verschiedenen Klassen, 
wie solche besonders als Wurzelhalsveredelungen zur Bepflanzung 
von Beeten, Rabatten usw. geeignet sind und die Verteilung ist 
unter Berücksichtigung des Farbenspiels der Blüten vorgenommen. 

Ein eingehender Bericht über die Bepflanzung des Rosariums, 
sowie über die angepflanzten Sorten soll im nächsten Jahresbericht 
folgen. 


2. Frühjahrsflor in den Parkanlagen der Lehranstalt. 

Die Abbildung Fig. 25 zeigt die Bepflanzung der Blumenbeete 
vor dem Hauptgebäude der Lehranstalt. Die Beete wurden fast 
ausschließlich mit Phlox divaricata canadensis bepflanzt, der zur Zeit 
der photographischen Aufnahme in voller Blüte stand. Es gibt 
wohl kaum eine schönere frühblühende Staude, die zur Massen¬ 
anpflanzung auf Blumenbeeten sich so gut eignet als diese, denn in 
voller Blüte stehend und durch die zart mattblaue Färbung der 
Blüten hervortretend, ist sie von einer überraschend schönen Wirkung. 
Dieser Staudenphlox ist winterhart und läßt sich sowohl durch 
Stecklinge im Hochsommer, wie auch durch Teilung älterer Pflanzen 
nach Beendigung der Blütezeit leicht vermehren, so daß er für die 
Massenvermehrung und Anzucht keine Schwierigkeiten bietet. Die 
Bepflanzung der Beete mit diesem Staudenphlox sollte möglichst im 
Herbst, Oktober, vorgenommen werden, da zu dieser Zeit gepflanzt, 
ein guter Blütenflor im darauffolgenden Frühjahr erwartet werden 
kann, während die Frühjahrsanpflanzung einen etwas nachteiligen 
Einfluß auszuüben scheint, indem die sich entwickelnden Blüten 
kleiner bleiben. 


3. Ausführung von Entwürfen zu Gartenanlagen. 

An dieser Stelle darf auch nicht unerwähnt bleiben, daß unter 
Leitung des Berichterstatters im Unterricht „Entwerfen von Garten¬ 
plänen“ von den Gartenbaueleven der Königl. Lehranstalt verschiedene 
Entwürfe zu gärtnerischen Anlagen ausgeführt wurden, wie zum 
Beispiel: 

1. Ein Bepflauzungsplan für den Garten des Kgl. Seminars zu 
Werl, Bezirk Arnsberg. Bei der Lösung dieser Aufgabe war es 
notwendig, eine Bepflanzung an Laub- und Nadelhölzern so an¬ 
zuordnen und auszuwählen, daß das Bepflanzungsmaterial des Gartens 
vorzugsweise das nötige Material für den Unterricht des Seminars 
liefert. 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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2. Entwurf zu einem Hausgarten des Herrn N. B. zu Ober¬ 
lalmstein a/Kli. Der Entwurf zu dieser Gartenanlage erforderte die 
Notwendigkeit Nutz- und Ziergarten in einer Anlage zu vereinigen. 

3. Entwurf zu einem Hausgarten des Herrn Rentier R. in 
Bingen a/Rhein. Ausschließlich als Ziergarten zu verwenden, war 
die Ausarbeitung des Entwurfs zu dieser Anlage sehr lehrreich und 
mannigfaltig. 


4. Bepflanzung von Blumenbeeten. 

Das reichhaltige Pflanzenmaterial, welches in den Gewächs¬ 
häusern und Frühbeetkästen herangezogen wird, findet zur Be- 



Fig. 2<3. Grundplan des Blumenbeetes Xo. I. 


Pflanzung der Blumenbeete in den Parkanlagen der Lehranstalt 
vielfache Verwendung. 

Bei der Zusammenstellung der Bepflanzung, die alljährlich 
wechselt, haben sich die folgenden Anordnungen und Zusammen¬ 
stellungen als recht wirkungsvoll erwiesen: 


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Bericht über Gaitenbau, Obsttreiberei und Arbeiten im Parke der Lehranstalt. 97 


Beet No. I (Fig. 26) Zusammenstellung aus Blatt- und Blüten¬ 
pflanzen. Bepflanzung: 

No. 1. Alternanthera nana aurea. 

No. 2. ,, sessilis. 

No. 3. Antennaria tomentosa. 

Alternanthera paronichioides. 

No. 4. Veronica Hendersoni variegata. 

No. 5. Begonia semperflorens Lubeca. 

No. 6. Coleus Hero. 

No. 7. Begonia semperflorens Vesuv. 

Die Mitte des Beetes enthält in leichter unregelmäßiger An¬ 
ordnung: 

Cyperus papyrus. 

Swainsonia coronillaefolia alba. 

Plumbago capensis und 
Gladiolus brenchleyensis. 

Die Hauptwirkung des Beetes bildet der fast ununterbrochene 
Blütenflor von Plumbago capensis, welcher in der mattblauen Färbung 
eine eigenartige Wirkung hervorrief. Dazu kam der Blütenflor der 
Gladiolen in einer brennend roten Färbung und die zierlichen 
weißen Blüten von Swainsonia coronillaefolia alba. Dazwischen 
standen eine Anzahl Cyperus papyrus, die mit ihren lebhaft grünen, 
unregelmäßig gestellten leichten Trieben der gesamten Anordnung 
eine gewisse Leichtigkeit verliehen. Der Blütenflor der Begonien 
währte ununterbrochen bis zum Eintritt des Frostwetlers. 

Beet No. H (Fig. 27). Bepflanzung: 

No. 1. Ficus elastica unterpflanzt mit Begonia semperflorens 
V esuv. 

No. 2. Veronica Hendersoni variegata. 

No. 3. Alternanthera metallica. 

No. 4. „ sessilis. 

Das Beet wirkte in seiner Bepflanzung ruhig und vornehm. 
Zu den einzeln stehenden Ficus elastica paßte der Untergrund von 
Blütengonien besonders schön. 

Beet No. III. Bepflanzung: 

Begonia semperflorens Vesuv unterpflanzt mit Mesem- 
brianthemum cordifolium fol. var. 

Coleus Hero als Einfassung. 

Alternanthera aurea als Einfassung. 

Die reichblühenden Begonien kamen auf weißem Untergründe 
sehr schön zur Geltung und die beiden Einfassungspflanzen in 
schwarzem und gelbem Farbenspiel der Blätter erhöhten die Ge¬ 
samtwirkung. 

Beet No. IV. Bepflanzung: 

Heliotrop unterpflanzt mit Begonia semperflorens Lubeca. 

Einfassung von Ageratum mexicanum nana compacta alba. 

luMsrnheimor Uericht I'.hU». < 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


Bepflanzung der Blumenbeetanlage vor dem Haupt¬ 
gebäude der Lehranstalt (Fig. 28). 

No. 1. Begonia semperflorens kupferrot (eigener Sämling), 
No. 2. Pelargonium Mme. Sallrey. 

No. 3. Iresine Wallisii. 

No. 4. Gnapbalium miniatum. 

No. 5. Iresine Wallisii. 

No. 6. Altemanthera metallica. 



Fig. 27. Grundplan des Blumenbeetes No. II. 

No. 7. Dracaena indwisa mit Untergrund von Iresine 
Lindenii. 

No. 8. Pennisetum Rüppelianum. 

Die Gesamtwirkung der Bepflanzung dieser Blumenbeetanlage 
war mit Bezug auf Farbenspiel eine ruhige und vornehme. 

Im allgemeinen ist die Bepflanzung der Blumenbeete so ge¬ 
wählt, daß jedes Beet einen niedrigen Untergrund erhält, aus dem 
höhere Blütenpflanzen in lockerer Anordnung herausragen. Durch 
diese Art der Bepflanzung erreicht mau, daß die locker gestellten 


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Bericht über Gartenbau, Obsttreiberei und Arbeiten im Parke der Lehranstalt. })<) 


Blütenpflanzen sich freier entwickeln können und entschieden dank¬ 
barer blühen, wie auch jede Pflanze durch den freien Stand zur 
besseren Geltung gelangt. 




D. Düngungsversuche. 

Die Anwenduug des Hefe-(Drusen)Dflngers 

von der Firma H. Meyer-Frey in Xieder-Ingelheim a. Rh. zur 
Düngung von Rasenflächen. 

Dieser Hefe-Dünger, der in getrocknetem und fein gemahlenem 
Zustande (dunkelbraunes Pulver) in zwei verschiedenen Marken in 
den Handel gegeben wird und zwar: 


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II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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31arke F. 


31arke PF. 


(ist die natürliche Weinhefe, ge- 


Kiloprozeut 

trocknet.) 


Stickstoff. 

. 3,00 


Kiloprozent 

Phosphorsäure . 

4,50 

Stickstoff .... 

. 3,5 

Kali. 

. 2,25 

Phosphorsäure . . . 

. 0,153 

Kalk. 

. 6,68 

Kali. 

0,075 

Humusbildende orga¬ 


Kalk. 

. 6,23 

nische Substanz 

. 50,88 

Humusbildende orga¬ 




nische Substanz 

. 70.00 




Detailpreis. 

3 M pro Zentner 3,75 31 pro Zentner 

inklusive neue Zentnersäcke ab Fabriklager Ingelheim a. Rh. 
ist in den Parkanlagen der Lehranstalt zur Düngung der Rasen¬ 
flächen verwendet worden. 

Die Anwendung des Düngers erfolgte in folgendem Verhältnis: 
ln trockner Form. 

Parzelle I pro Quadratmeter 60 g Dünger 
II ,, .. 80 .. 

m ., ioo 

„ IV „ „ 120 „ 

sowohl der 31arke F. wie auch der 3Iarke PF. 

Nachdem der Dünger am 3. April 1905 gleichmäßig ausgestreut 
war, folgte in den nächsten Tagen ein leichter Regen, so daß die 
Bedingungen für die Wirkung des Düngers günstige waren. Nach 
Verlauf von etwa 14 Tagen stellte sich auf den gedüngten Flächen 
ein etwas stärkeres Wachstum der Grasnarbe ein, wobei eine dunkel¬ 
grüne Färbung der Grashalme eintrat. Die Wirkung des Düngers 
war jedoch nur von kurzer Dauer, indem bald nach dem ersten 
Schnitt der Rasenflächen (Anfang Mai) nicht mehr die geringsten 
Spuren einer Düngung gegenüber der nichtgedüngten Flächen zu 
erkennen waren. Selbst ein merklicher Unterschied im Gras wuchs 
und zwar im Verhältnis zur Steigerung der Düngermenge konnte 
nur wenig beobachtet werden. Das gleiche Resultat ist sowohl bei 
der Anwendung des Düngers 31arke F. wie auch der Marke PF. be¬ 
obachtet worden. 

Nach den hier gesammelten Erfahrungen ließe sich der Hefe- 
Dünger zur Düngung von Rasenflächen nur dann verwenden, wenn 
nach jedem Schnitt der Grasnarbe die Anwendung des Düngers er¬ 
folgte, wobei jedoch nicht außer acht zu lassen ist, daß dadurch die 
Düngung der Rasenflächen zeitraubend und kostspielig wird. Auch 
das leichte Zerstäuben des Düngers beim Ausstreuen desselben muß 
als Nachteil in den Gärten und namentlich in der Umgebung des 
Wohnhauses bezeichnet werdeu. 

Aus obigen Angaben läßt sich der Schluß ziehen, daß der 
Hefedünger zur Düngung von Rasenflächen keine besondere Be¬ 
deutung hat. 


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Bericht über Gartenbau, Obsttreiberei und Arbeiten im Parke der Lehranstalt. 101 


E. Anderweitige Versuche. 

1. Stützen für Rosen, Blumen usw. 

von August Krumm, Johann Krumm Sohn in Remscheid. 

Nach einer Mitteilung des Geschäftsinhabers obiger Firma sollen 
diese Stützen folgende Vorteile aufweisen: „Die Stützen sind un¬ 
verwüstlich, nicht biegsam, geben festen Halt und werden wohl 
voraussichtlich noch billiger werden wie die hölzernen Stöcke. Die 
Rinne führt das Wasser direkt der Wurzel zu und der Stock kann 
nach Belieben in die Rinne eingelegt oder auf die Stütze gebunden 
werden.“ 

Die eingesandten eisernen verzinkten Stützen, die einen rinnen¬ 
artigen Querschnitt U aufweisen, sind wohl in erster Linie zum Auf¬ 
binden hochstämmiger Rosen gedacht und auch nur für diese Zwecke 
geeignet, wenn überhaupt verwendbar. Die rinnenförmige Vertiefung 
der Stützen bedeutet aber einen großen Nachteil insofern, als man 
genötigt ist, den anzubindenden Rosenstamra in die rinnenförmige 
Vertiefung der Stütze zu legen. Handelt es sich um schwächere, 
biegsame, gerade Rosenstämme, die in diese Rinne hineinpassen, so 
ist die Befestigung ausführbar; weist dagegen der Stamm Krümmungen, 
Knoten usw. auf, so läßt sich die Stütze nicht verwenden, weil sich 
der Rosenstamm nicht in die rinnenförmige Vertiefung paßt und 
hineingedrückt leicht Beschädigungen der Rinde erhalten könnte. 
Die gedachte Zuführung von Wasser durch die rinnenartige Ver¬ 
tiefung der Stütze, zu den Wurzeln der Pflanzen ist wohl lediglich 
eine Annahme oder doch nur so gering, daß sie kaum erwähnt 
werden kann. Schließlich ist es nicht ausgeschlossen, daß der in 
der rinnenförmigen Vertiefung der Stütze befestigte Rosenstamm im 
Sommer der Hitze in hohem Grade ausgesetzt und vielleicht auch 
Brandwunden erhalten könnte, während im Winter eine Beschädigung 
durch Frost nicht ausgeschlossen ist. Die angestellten Versuche mit 
diesen Stützen werden Veranlassung geben, im nächsten Jahresbericht 
der Königlichen Lehranstalt noch einmal auf dieselben zurück zu 
kommen. 


2. Rasenmähmaschine Brills Victoria" 14” Schnittbreite 

von der Maschinenfabrik Gebr. Brill in Barmen. 

Die Firma Gebr. Brill in Barmen stellte der Königlichen Lehr¬ 
anstalt obigen Rasenmäher im Frühjahr 1905 zum Gebrauche zur 
Verfügung. Nachdem dieser Mäher fast täglich zum Mähen der 
Rasenflächen in den Parkanlagen der Lehranstalt während der 
Sommerzeit Verwendung gefunden hat, läßt sich heute ein Urteil 
über denselben dabin zusammenfassen, daß derselbe sich als sehr 
brauchbar und empfehlenswert erwiesen hat. Der Rasenmäher hat 
einen ruhigen leichten Gang, ist sehr solide gearbeitet und weist 
einen recht gleichmäßigen Schnitt der Rasenflächen auf. 


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102 II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 

3. Dr. Walters Rosenhauben 

aus der Papierwaren-Fabrik von M. Kragen & Co. in Breslau. 

Patentaratlich geschützt unter No. 205057. 

Nach dem vorliegenden Prospekt sollen diese Rosenhauben 
folgende Vorzüge aufweisen: 

„1. Die Rose bleibt aufrecht am Pfahle stehen, daher ist das 
Abbrechen der Stämme ausgeschlossen. Die Krone wird nicht durch 
das Einpacken oder Eingraben beschädigt, die Beete werden nicht 
zerstört. 

2. Das Einbinden der Rosen in Stroh und Tücher kommt in 
Wegfall, somit auch diese gefährliche Brutstätte für Ungeziefer 
aller Art. 

3. Infolge sachgemäß ausgesuchten Materials können die Augen 
nicht faulen, sie entwickeln sich vielmehr normal, sie sind auch ab¬ 
gehärtet, so daß die gewöhnlichen Frühjahrsfröste keinen Schaden 
mehr verursachen hönnen. 

4. Durch das Format der Hauben gezwungen, muß die Krone 
im Herbst entsprechend zurückgeschnitten werden, was sonst häufig 
unterlassen wird. 

5. Rasches Aut- und Absetzen, daher bequem und Zeit er¬ 
sparend. 

6. Durch elegantes Aussehen gereichen sie dem Garten zur 
Zierde, anstatt denselben zu verunzieren und zu verunreinigen, wie 
das bei den verschiedenen früher angewandten Verfahren der 
Fall war. 

7. Die Hauben gestatten eine mehrjährige Verwendung, und 
sind daher billig im Gebrauch.' 1 

So lange man es mit jungen Kronen zu tun hat, an denen die 
Zweige nicht zu stark und noch gut biegsam sind und so lange 
nur kleinkronig Rosenstämme einzudecken sind, lassen sich diese 
Rosenhauben recht gut verwenden und bieten genügenden Winter¬ 
schutz. Für sparrige, ältere Kronen können dieselben jedoch kaum 
noch Verwendung finden, da sich die Rosenkrone schwer in diese 
kleine Haube zwingen läßt und dennoch angewendet eine Be¬ 
schädigung der Hauben leicht eintreten würde. Immerhin werden 
diese Rosenhauben dem Gartenfreund und Rosenliebhaber recht gute 
Dienste leisten, zumal dieselben schnell anzubringen sind und, da 
dieselben aus imprägniertem wetterständigeu Papier hergestellt, 
mehrero Jahre Verwendung finden können. Der Preis der Hauben 
stellt sich 10 Stück 2 M. 

4. Lüftungsschiebefenster „Triumph“ 

von Wilhelm Witt in Halle a. S., Merseburgerstr. 

Von oliiger Firma sind der Königlichen Lehranstalt im Frühjahr 
1005 mehrere Lüftungsschiebefenster „Triumph“ (siehe Abbilduug 
Fig. 20) in verschiedenen Größen zur Verfügung gestellt. 

Auf Grund der mit diesen Lüftungsfenstern hier gesammelten 
Erfahrungen, können dieselben zum Gebrauche nur empfohlen 


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Bericht über Gartenbau. Obsttreiberei und Arbeiten im Parke der Lehranstalt. ]Q 3 


werden. Die Lüftungsfenster sind sehr solide gearbeitet, lassen sich 
leicht und überall auf dem Dache des Gewächshauses anbringen, 
sind in der Handhabung sehr 
einfach und praktisch und ge¬ 
statten eine geringere oder 
ausgiebigere Lüftung des be¬ 
treffenden Gewächshauses, je 
nachdem es die Witterungsver- 
hältnisse erforderlich machen. 

Die eigenartige Konstruktion 
der Lüftungsfenster bietet auch 
noch den Vorzug, daß die¬ 
selben beim Decken der Häuser 
nicht störend wirken, was recht 
beachtenswert erscheint. Die 
Lehranstalt hat Veranlassung 
genommen, die vorhandenen Fig. 29. Lüftuugsschiebefenster ,.Triumph“. 
Lüftungsfenster des einen Ge¬ 
wächshauses durch die oben erwähnten Lüftungsschiebefenster 
..Triumph“ zu ersetzen, was als eine wesentliche Verbesserung des 
betreffenden Hauses angesehen werden muß. 

5. Blumenwecker von Pfister, 

D. R.-P. No. 156, 466. 

bezogen von Carl Seiferdt, Berlin W., Potsdamerstr. 140. 

Preis 4,50 M. 

Dieser Blumenwecker soll den Zweck haben, abgeschnittene 
Blumen und Pflanzen, durch Einpressen von Wasser oder anderen 
der Pflanzenentwickluug zuträglichen Flüssigkeiten, gegen allzu 
rasches Verwelken zu schützen, sowie bereits verwelkten Blumen 
und Pflanzen in kürzester Zeit ihre ursprüngliche Frische wieder¬ 
zugeben und für längere Zeit zu erhalten. Der Blumenwecker soll 
im gewissen Sinne ein Ersatz der Wurzel sein, indem in ihm durch 
Einpumpen von Luft mittels einer Fahrradluftpumpe eine große 
Spannung, bis zu 5 Atmosphären erzeugt wird, die das in den 
Apparat eingefüllte Wasser in die Pflanzenteile einpreßt, und so den 
Wurzeldruck ersetzend, den welken Blumen ein straffes Aussehen 
wieder schenkt. 

,,Je nach der Individualität der Gewächse verhalten sich die¬ 
selben auch dem Auffrischungsprozesse gegenüber verschieden, denn 
während der grüßte Teil derselben zur Wiederbelebung nur wenige 
Minuten bedarf, benötigen einzelne Arten eines Zeitaufwandes von 
mehreren Minuten, ja in seltenen Fällen bis zu einer Stunde, und 
bleiben die meisten Arten nach erfolgter Auffrischung auch ohne 
weitere Wasserzuführung, also ganz trocken gehalten, längere Zeit 
hindurch lebensfähig (viel länger als wie frisch abgeschnittene 
Exemplare gleicher Art), so erfordern andere Arten wieder, nach der 
Entnahme aus dem Apparate, fortgesetzter Wasserzuführung und 



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104 


II. Bericht über die Tätigkeit der technischen Betriebe. 


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müssen daher mit ihren Stielenden in Wasser gestellt werden, ja 
eine kleine Gruppe besonders zarter und hinfälliger Gewächse er¬ 
fordert stetige Wasserzuführung unter Druck und sind solche Aus¬ 
nahmen, zum Zwecke ihrer Frischerhaltung, dauernd in den Appa¬ 
raten zu belassen. 

In allen Fällen aber behalten die im „Wecker* aufgefrischten 
Blumen und Pflanzen viel länger als wie die auf bisher übliche 
Weise behandelten ihr natürliches, lebensfähiges Aussehen und 
dauernde Entwicklungsfähigkeit, diese letztere besonders dann, wenn 
das zur Auffrischung verwendete Wasser durch kleine Gaben von 
Salzen oder anderen der betreffenden Pflanzengattung zuträglichen 
Nährstoffen wachstumsfördernd „gestimmt“ wurde. Für die Auf¬ 
frischung allein genügt aber gewöhnliches Brunnenwasser. 

Mit Hilfe des Blumenweckers können den Pflanzen auch ver¬ 
schiedene leichtlösliche giftfreie Farben eingepreßt und diese so in 
ihrem Kolorit beliebig nuanciert werden, ebenso wird der Apparat für 
die Konservierung auf Zweigen sitzender Früchte usw. gute Dienste 
leisten.“ 

So heißt es wörtlich in einem vorliegenden Prospekt 

Der Blumenwecker ist auch hier wiederholt für die angegebenen 
Zwecke in Anwendung gebracht worden und zwar für abgescbnittenen 
Flieder, Rosen, Nelken usw. Durchgreifende Erfolge konnten jedoch 
niemals beobachtet werden, in dem die zur Kontrolle in Wasser ge¬ 
stellten abgeschnittenen und nicht mit diesem Apparat behandelten 
Blütenstände sich genau so lange frisch erhielten, wie dieses bei 
den mit dem Blumenwecker behandelten der Fall war. Dabei ist 
das Verfahren selbst zeitraubend und umständlich, so daß dieser 
Apparat für die Praxis von ganz geringer Bedeutung sein dürfte. 


6. G. H. Richards Nikotin-Verdampfer, 

bezogen von der Firma Otto Mann, Eutritzsch-Leipzig. 

Dieser Nikotin-Verdampfer ist ein recht praktischer Apparat 
zur schnellen und rationellen Vertilgung des Ungeziefers in den 
Gewächshäusern und Frühbeetkästen. 

Der Apparat besteht aus einem Blechmantel, einer dazu passen¬ 
den vertieften Kupferschale zur Aufnahme der zu verdampfenden 
Nikotin-Kuchen, sowie einer kleinen Spirituslampe. Zur Verdampfung 
gelangen besonders präparierte Nikotin-Kuchen (XL All), wovon je 
nach der Größe des Hauses (auf 25 cbm Luftraum je einen Kuchen) 
ein oder mehrere Kuchen zum Verdampfen kommen. 

Unstreitig wirken die durch Verdampfung der Nikotin-Kuchen 
erzeugten Nikotindämpfe zur Bekämpfung der Blattläuse, schwarzen 
Fliege vorzüglich, ohne dabei den Pflanzen den geringsten Schaden 
zuzufügen. Die Anwendung ist eine sehr bequeme und rasche, was 
als ein besonderer Vorteil angesehen werden kann. Der häufigen 
Verwendung dieses Apparates steht nur leider der hohe Preis der 
Nikotin-Kuchen gegenüber, wodurch die Bekämpfung der Schädlinge 
etwas kostspielig wird. Für die Anwendung in kleineren Gewächs- 


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Bericht über Gartenbau, Obsttreiberei und Arbeiten im Parke der Lehranstalt. 105 


häusern erscheint jedoch dieses Mittel zweckmäßig und empfehlenswert, 
was an dieser Stelle hervorgehoben werden muß. 

7. XL All Liquid Insecticide, 

bezogen von der Orchideengärtnerei Otto Beyrodt, Marienleide 

bei Berlin. 

Nach einer beigegebenen Gebrauchsanweisung wird dieses Mittel 
gegen die rote Milbenspinne und Thrips in der Weise verwendet, 
daß man die Flüssigkeit mit 20 Teilen Wasser verdünnt und mittels 
fein zerstäubender Spritze die betreffenden befallenen Pflanzen damit 
bespritzt. 

Die hier angestellten Versuche haben nur gute Erfolge gezeigt, 
indem die oben angeführten Schädlinge vernichtet wurden, ohne daß 
die betreffenden Pflanzen (Croton, Dracaenen, Ficus, Palmen usw.) 
irgendwelche Beschädigungen zeigten. 

Auf Grund der hier gesammelten Erfahrungen kann dieses 
Mittel daher nur empfohlen werden, zumal auch die Anwendung 
eine sehr einfache und leichte ist. Für die Verwendung der Flüssig¬ 
keit ist jedoch eine fein zerstäubende Spritze erforderlich. 

8. Beitrag zur Vermehrung krautartiger Stecklinge unter Glas. 

Tn dem Artikel einer gärtnerischen Zeitschrift des letzten Jahres 
wurde auf die vorteilhafte Vermehrung verschiedener Pflanzen durch 
Stecklinge hingewiesen, indem dieselben in groben, reinen Flußsand 
oder in recht sandige Mistbeeterde in kleine Töpfe gesteckt, unter 
Glas gestellt, reichlich gelüftet und ganz naß gehalten, sich gleich¬ 
mäßig und schnell bewurzeln sollen. 

Die hier angestellten Versuche haben obige Angaben voll be¬ 
stätigt. Eine größere Anzahl Pelargonien, Coleus, Fuchsien, Nelken 
und Iresinen-Stecklinge wurden auf flachen Eisten in groben Flu߬ 
sand gesteckt, erhielten einen Platz im Mistbeetkasten bei reichlicher 
Lüftung der Fenster und wurden zweistündlich reichlich gespritzt. 
Der Erfolg war ein recht befriedigender, indem die Bewurzelung 
der Stecklinge eine sehr gleichmäßige und gute war. So vorteilhaft 
diese Art der Vermehrung für den Sommer erscheint, um so weniger 
läßt sich dieselbe jedoch im Winter in Anwendung bringen, da die 
Stecklinge zu dieser Jahreszeit gesteckt und wie oben behandelt, zu 
sehr unter Fäulnis zu leiden hätten. Ein ausgeführter Versuch hat 
die letzteren Angaben voll bestätigt. 


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10G III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


III. Bericht Uber die Tätigkeit der wissen¬ 
schaftlichen Institute. 


Bericht 

über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen 
Versnchsstation. 

Erstattet von Dr. Gustav Lüstner, Dirigenten der Versuchsstation. 

A. Veränderungen in der Station. 

Am ersten Oktober wurden der Station die seither von dem 
Anstaltsgärtner Frenzei innegehabten Zimmer des alten Internats¬ 
gebäudes zur Benutzung überwiesen, so daß ihr jetzt sämtliche in 
diesem Hause vorhandenen Räume zur Verfügung stehen. Von 
diesen Räumen ist die frühere Küche in ein Schreibzimmer um¬ 
gewandelt worden; das hieran anstoßende Zimmer wird von Dr. 
Dewitz benutzt und das dritte Zimmer dient dem Assistenten der 
Station als Laboratorium. Das hierdurch im Parterre frei gewordene 
Zimmer wurde in einen Sammlungsraum umgewandelt, in welchem 
jedoch leider nur ein Teil der Sammlungen der Station Aufstellung 
finden konnte. 

Am 1. Mai wurde Dr. Dewitz aus Puschdorf, Regierungs¬ 
bezirk Gumbinnen, von Sr. Excellenz dem Herrn Minister für Land¬ 
wirtschaft, Domänen nnd Forsten beauftragt, an der Station Unter¬ 
suchungen über die Biologie und Bekämpfung des Traubenwicklers 
(Cochylis ambiguella und Eudemis botrana) anzustelien. 

Dr. Zang trat am ersten August aus, um eine Assistentenstelle 
am botanischen Institut der landw. Hochschule in Hohenheim zu 
übernehmen. An seine Steile trat der Landwirtschaftslehrer E. Molz 
aus Darmstadt. 


B. Wissenschaftliche Tätigkeit. 

1. Über die diesjährige Peronospora-Epidemie an der Mosel. 

Von Dr. G. Liistner. 

Die diesjährige Peronospora-Epidemie an der Mosel zeichnete 
sich besonders dadurch aus, daß der Pilz nicht allein, wie es ge¬ 
wöhnlich der Fall ist. die Blätter befiel, sondern daß er fast all¬ 
gemein auch auf die Gescheine und Beeren überging und diese in 
kurzer Zeit zum Absterben brachte. Dabei war das Auftreten des 
Pilzes ein außergewöhnlich frühzeitiges. Während er sich in früheren 
Jahren meist erst Ende Juli bis anfangs August zeigte, waren heuer 
bereits im Juni die ersten Spuren von ihm an den Reben zu er- 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzeupathologischen Versuchsstation. 107 

kennen. Dieses frühzeitige Auftreten des Pilzes und die sonst 
seltene Erkrankung der Beeren zeigen an. daß in diesem Frühjahr 
die Entwicklungsbedingungen für die Peronospora besonders günstige 
gewesen sind. 

Soweit ich es ermitteln konnte, erstreckte sich die Epidemie 
über das ganze Moseltal, ferner über die Weinberge an der Ruwer 
und der Saar, wenn auch hier und da einzelne Weinberge oder 
Lagen weniger befallen waren. Herr Weingutsbesitzer Franz Lang¬ 
gut h hat die hier durch den Pilz verursachten Schäden zusammen¬ 
gestellt und dabei ermittelt, daß sich dieselben, das Fuder Wein im 
Durchschnitt zu 600 M gerechnet, nach der Schätzung erfahrener 
Weingutsbesitzer auf ca. 15 000000 M belaufen. In einzelnen Ge¬ 
meinden wurde durch die Krankheit fast die ganze Ernte vernichtet. 

Die Langguthsche Zusammenstellung ist nachstehend ab¬ 
gedruckt : 


Aufstellu ng 

der geschätzten Schäden, welche die Peronospora im Monat Juli 1(105 an den 
Weinstöcken der Mosel, Saar und Ruwer verursachte. 


Ort 


O be rin osel: 
Königsmachern 

Xiedercontz 


Nennig . 

Nittel . . . 

Oberbillig 

Schengen und 
Umgegend . 
Re mich . . . 

Niederdonven . 

Grevenmachern 

Mertert . . . 

Langsur. . . 

S aar: 

Saarburg . . 

Schoden . . . 

Wiltingen . . 

Canzem . . 

Wawern 

Filzen . . 

Oberemmel. 


i Bemerkung I 

I 1 I 

i 


die Woinbenro be- 
" finden ■‘ich in I 
jl trutem Zustande 
ziemlich gute, 
Aussichten 


Verlust 


Ort 


Ruwertal: 
Ruwer . . 

Eitelsbach . 
Casel . . . 
Waldrach . 


sehr schlecht j 
schlechte Aus-; 
sichten 


stellenweise fa-t 
alle* vernichtet 

geringe Aus¬ 
sichten I 
es gibt wenig! 
Wein 

wenig Wein | 


starker Verlust 
l ieh Hairei und 
1 Vion< »sporn 

' 3 , 

starker Verlust 1 , 
groberSchaden, 
hat im iran/on ca. 1 
::o Fuder 'zu er¬ 
warten 

!* 3 


Ernte 


Haupt m osel 


Mehring . 
Pölich . 
Detzem . 
Cliisserath 
Köverich 
Leiwen . 
Trittenheim 
Dhron 
Piesport . 
Minheim 


Winterich 
Kesten . 
Dusemond 


Burgen . . 

Veldeuz . 
Lieser 

IPlatten . ' 


Bemerkung 


Verlust 


5 r> Ernte 


U 10 

fast keine Ernte 0 10 

4 /ti 


J _3 

3 

in vielen Lairon 
kaum eine Ernte, 
zu erwarten 


in früh gespritzten 
Weinberg, trat»*, 
in spät gespritz¬ 
ten Weinbergen 
schlechte Auf¬ 
sichten 


wird fast nichts 
geerntet 


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10S III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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Ort 


Bemerkung Verlust 


Ort 


Bemerkung Verlust 


Wittlich . 
Cues . . 

Bernkastd 
Graach . 
Wehlen . 


Zeltingen 
Uerzig . 
Erden 
Loesenieh 
Kinheim . 
Trarbach 
Traben . 
Starkenburg 
Enkirch . 
Burg . . 

Reil . . 

Pünderich 
Briedel . 

Bullay . 


Alf . . 

Aldegund 


! 

i 1 Emte| 

•?,' _ 3 / 

1 3 / 4 ’ 


großer Schaden, der 
sich noch nicht 
ganz übersehen 
laüt 

sehr schlecht 1 


E? 


Neef . 
Bremm 
Eller . 
Ediger 
Senheim 
Mesenich 
Poltersdorf 
Ellenz 

Bruttig . 
Valwig . 
Clotteu . 
Pommern 
Treis . . 


* 3 Ernte 
1 1 

I ■ 3 

l l/ 

! '"2 



j :t 

Carden . . . 


« 

3 

t ” 

Müden . . . 


3 

4 M 

1 

Moselkern . . 

sehr schlecht, ganz 
kleine Ernte, die 

2 

Hatzenport . . 

jungen Wein¬ 


Loef . . . 

berge liefern gar 
nichts 


Oberfell . . . 

9 

Niederfell . . 


10 ” 

i 3 /. .. 

Winningen . . 


in d. Mark schlecht, 
im Berg besser 


Schaden mx*h nicht 
zu schützen, in; 
den XioderunLreni 
sehr schlecht 

! i • 

geringer Aus- V 8 -'/* „ 
fall 

i/ 

/3 n 

ziemlich guter l / 4 „ 

Stand 

1 I _ 1 ! 

n 2 *i 


Schaden noch nicht! 
zu taxieren I 


2 

ii/ 

1 .'3 i’2 


Im Herbste stellte sich jedoch heraus, daß die angegebene Ver¬ 
lustziffer viel zu gering geschätzt worden war, denn um diese Zeit 
wurde von Langguth ein Ernteausfall von 23 608180 M ermittelt. 
Derselbe verteilte sich folgendermaßen: 

12578 Fuder Obermoseler von einem durch¬ 
schnittlichen Werte von.210 M = 2641380 M 

1863 Fuder Saarweine von einem durch¬ 
schnittlichen Werte von. 900 „ = 1676700 ,. 

970 Fuder Ruwerweine von einem durch¬ 
schnittlichen Werte von. 800 ,, = 776000 „ 

33662 Fuder Moselweine von einem durch¬ 
schnittlichen Werte von. 550 ,, =18514000 „ 

23608180M. 

In solcher Stärke und in solchem Umfange wie in diesem 
Frühjahre hat sich die Peronospora in früheren Jahren an der 
Mosel noch niemals gezeigt. Im Jahre 1889 soll sie dort zwar 
auch sehr stark aufgetreten sein, allein damals zeigte sie sich nur 
auf den Blättern, wodurch der von ihr verursachte Schaden ein 
viel geringerer war. Indessen ist die Erkrankung der Beeren, die 
sog. Lederbeerenkrankheit, auch an der Mosel keine Seltenheit, 
wenigstens habe ich wiederholt Gelegenheit gehabt, auf von dorther 
an mich eingesandten Trauben den Pilz festzustellen. Außer an 


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Belicht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 109 

den Blättern und Beeren habe ich den Pilz auch an den grünen 
Trieben vorgefunden, an denen er die befallenen Stellen zum Ab¬ 
sterben gebracht hatte. Schon hieraus ist zu erkennen, daß das 
Mycel der Peronospora auch im Innern der Rebtriebe zu leben ver¬ 
mag. Daß es sich jedoch auch in solchen Trieben vorfindet, denen 
man äußerlich eine Erkrankung nicht ansieht, konnte durch eine 
mikroskopische Untersuchung nachgewiesen werden. Bei dieser 
wurde in Trieben, die peronosporakranke Blätter getragen hatten, 
die Hyphen des Pilzes mit seinen charakteristischen Haustorien 
zwischen den Zellen des Rindenparenchyms beobachtet. Durch 
diese Befunde gewinnen die Angaben Istvanffys, daß die Perono¬ 
spora nicht allein als Oospore, sondern auch in Mycelform über¬ 
wintert, an Wahrscheinlichkeit. 

Endlich zeigt die diesjährige Peronospora-Epidemie an der 
Mosel noch eine Begleiterscheinung, die seither an peronospora- 
kranken Reben noch nicht beobachtet worden ist. Infolge des sehr 
frühzeitigen und ungemein heftigen Auftretens des Pilzes, verloren 
natürlich die heimgesuchten Stöcke sehr viel früher ihr Laub, wie 
dies bei einem normalen Auftreten des Parasiten der Fall ist, so 
daß sie bereits Ende Juli blattlos dastanden. Diesen Blattverlust 
suchten nun die kranken Stöcke alsbald dadurch zu ersetzen, daß 
sie die an den oberen Enden der Triebe befindlichen, für das 
nächste Jahr bestimmten Fruchtaugen austrieben. Von welchem 
Einfluß auf die Fruchtbarkeit des Stockes diese Erscheinung sein 
wird, läßt sich mit Sicherheit nicht Voraussagen. Bestimmt zu er¬ 
warten ist nur, daß im nächsten Frühjahr das auf die beschriebene 
Weise verloren gegangene Auge durch eines der beiden neben 
jedem Fruchtauge vorhandenen Nebenaugen ersetzt werden wird. 
Ob dieses Auge jedoch fruchtbar sein wird, ist sehr fraglich. Ja. 
es ist dies sogar sehr unwahrscheinlich, wenn man bedenkt, daß 
die Reben durch das ungemein starke und frühzeitige Auftreten des 
Pilzes und den durch ihn verursachten Blattverlust nicht in der 
Lage waren, sich normal zu ernähren und auch durch das Aus¬ 
treiben der Fruchtaugen noch geschwächt worden sind. Selbst unter 
normalen Emährungsverhältnissen entwickeln sich aus den Neben¬ 
augen, wenn die Hauptaugen durch irgend eine Ursache, z. B. Frost, 
getötet wurden, nur selten fruchtbringende Triebe. Aus diesen 
Betrachtungen geht hervor, daß im nächsten Frühjahr beim Schneiden 
der peronosporakranken Stöcke mit großer Vorsicht zu Werke ge¬ 
gangen werden muß. Läßt man Stöcken, an denen bereits im 

August die Fruchtaugen zur Entwicklung gekommen sind, die 

übliche Zahl von Bogreben in der üblichen Länge, so werden an 

diesen wohl in den meisten Fällen alle Augen austreiben. Von den 
hierbei entstehenden Schossen werden jedoch nur die unteren Ge¬ 
scheine tragen, die oberen dagegen, die aus Nebenaugen entstanden 
sind, nicht nur unfruchtbar sein, sondern auch den Trieb der basalen 
Schosse und die Entwicklung der an diesen gebildeten Trauben be¬ 
einträchtigen, weil sie bei ihrer Ausbildung einen Teil der Reserve¬ 
nährstoffe des Stockes verbrauchen. Dabei ist noch zu berück- 


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HO III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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sichtigen, daß infolge des frühzeitigen BJattverlustes die Wurzeln 
der kranken Reben sich nur unvollkommen entwickelt haben, so 
daß die Triebkraft der Stöcke an und für sich schon eine schwache 
ist. Diesem Cbelstande kann durch Anschneiden nur kurzer Bog- 
reben entgegengetreten werden. Alsdann stehen alle Nährstoffe den 
aus den unteren Augen hervorgehenden Trieben zur Verfügung, 
welche sich hierdurch kräftig entwickeln und ihre Trauben normal 
ausbilden können. Da jedoch die Reben, welche stark unter der 
Peronospora gelitten haben, dem Froste nur wenig zu widerstehen 
vermögen, können bestimmte Angaben über ihren Schnitt im nächsten 
Frühjahr zur Zeit noch nicht gemacht werden, Aufgabe der Weinbau¬ 
wanderlehrer wird es sein, die weinbautreibende Bevölkerung, wenn 
es an der Zeit ist, über diese Frage zu unterrichten. 

Die Ursache die dem so starken und schnellen Umsichgreifen 
der Peronospora an der Mosel in diesem Frühjahr zu Grunde lag, 
dürfte einzig und allein in den abnormen Witterungsverhältnissen 
zu suchen sein, welche damals in der dortigen Gegend herrschten. 
Bekannt ist, daß dieser Pilz zu seiner Entwicklung Feuchtigkeit und 
Wärme verlangt. Je feuchter und wärmer die Witterung ist, um 
so schneller breitet er sich aus. Schlagen diese Verhältnisse plötz¬ 
lich um, so steht mit einem Male seine Vermehrung stille, und die 
Reben werden allmählich wieder gesund. Bei trockener Witterung 
kommt der Pilz überhaupt nicht zum Vorschein. 

In normalen Jahren findet die Peronospora die für ihr Leben 
notwendigen Bedingungen meist eist im Sommer, in den Monaten 
Juli und August in den Weinbergen vor, weshalb wir gewöhnlich 
die Reben erst um diese Zeit von dem Parasiten befallen finden. 
Ist jedoch das Frühjahr warm und reich an Niederschlägen, so 
nimmt der Pilz alsbald diese Gelegenheit wahr und geht bereits 
Ende Mai und im Juni auf die Reben über. 

Unter solchen abnormen Witterungsverhältnissen hat nun in 
diesem Frühjahr der Weinbau an der Mosel gestanden. Es ergibt 
sich dies einmal aus den Angaben, die mir überall, wo ich mich 
danach erkundigt habe, gemacht wurden, dann aber mit aller Sicher¬ 
heit aus den Aufzeichnungen der meteorologischen Stationen zu 
Avelerberg, Ockfen und Serrig. An diesen drei Stationen wurden 
an Niederschlägen gemessen: 


iin Jahre 1904 



Avelerberg 

Ockfen 

Serrig 

im Mai. 

48,0 min 

08,4 mm 

Die Station wurde 

irn Juni. 

75,9 ., i 

54,7 „ 

erbt am 1. VIII. 04 

im Juli. 

00, s .. 

85,8 „ 

eingerichtet. 


im Jahre 1905 


im Mai. 

08,4 mm 

30,5 mm 

30,9 mm 

im Juni. 

160 .« .. 

90.7 .. 

87,0 ,, 

im Juli. 

08,3 «, 

04,5 

Gä.S „ 

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Bericht über die Tätigkeit der |tflaiizeupathologischen Versuchsstation. J XI 

Das Maximum und Minimum der Temperatur betrug im Durch¬ 
schnitt: 


im Jahre 1904 



Avelerberg 

Max. Min. 

Ockfen 

Max. Min. 

Serrig 

Max. Min. 

im Mai. 

19,0 

1 6,8 

24,8 

8.0 

__ 

r 

im Juni. 

21.8 

, 9,0 

21.8 

9,9 

— 

, — 

im Juli. 

2G,3 

1 12,4 

26,5 1 

13.0 

— 

i 


im 

Jahre 1905 




im Mai. 

17,1) 1 

5,2 

18.0 

6,2 

24,3 

6,5 

im Juni. 

* 8,1 

10,1 

23.2 

11.2 

23,0 

l 11.4 

im Juli. 

25.5 

12.0 

20,0 , 

13,6 

23,5 

; 13,2 


Von diesen Zahlen sind namentlich diejenigen des Monates Juni 
für uns von Interesse, weil um diese Zeit die starke Ausbreitung 
der Peronospora begonnen hat. In diesem Monat müssen also die 
Bedingungen für die Entwicklung des Pilzes besonders günstige ge¬ 
wesen sein, sehr viel günstiger wie z. B. im Juni 1904, zu welcher 
Zeit er sich bekanntlich nur spurenweise gezeigt hat. Daß dies tat¬ 
sächlich der Fall war, ergibt sich aus den angeführten Zahlen mit 
großer Deutlichkeit. Wir ersehen aus denselben, daß der Monat 
Juni 1905 nicht allein ungemein reich an Niederschlägen war, 
sondern daß auch seine Temperatur eine bedeutend höhere gewesen 
ist, wie die der nämlichen Zeit des vergangenen Jahres. In Aveler- 
berg sind heuer im Monat Juni 85 mm Kegen mehr gemessen 
worden, wie in demselben Monat des vergangenen Jahres. Nach 
den Angaben von Babo und Mach (Weinbau, S. 784) ist zur Kei¬ 
mung der Peronosporakonidien flüssiges Wasser und eine Temperatur 
von ca. 20—25° C. nötig. Unsere Zahlen besagen uns, daß der 
Pilz diese Bedingungen während einer längeren Zeit in diesem 
Frühjahr an der Mosel vorgefunden hat. 

Die ausgesprochene Ansicht über die Ursache der diesjährigen 
Peronospora-Epidemie an der Mosel erhält noch eine wesentliche 
8tiitze durch das Verhalten des Pilzes um die genannte Zeit in 
anderen Weinbaugebieten. Neben der Mosel hat damals besonders 
noch das Elsaß, Teile von Rheinhessen und das Rheintal unterhalb 
Lorch sehr stark unter der Peronospora gelitten, während der Rhein¬ 
gau und die Pfalz nur wenig über sie zu klagen hatten. Wenn 
hier der Pilz nicht die Verwüstungen hervorgerufen hat, wie in den 
erstgenannten Gegenden, dann ist dies nicht etwa auf eine energische 
Bekämpfung des Parasiten zurückzuführen, sondern einzig und allein 
auf Witterungsverhältnisse, die seiner Verbreitung hinderlich waren. 
Das Elsaß, die gedachten Teile von Rheinhessen und das Rheintal 
hatten nämlich in diesem Frühjahr ganz ähnliches Wetter, wie das 
Moseltal, während um diese Zeit im Rheingnu und in der Pfalz 
warme und trockene Witterung herrschte. An der Geisenheimer 


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112 


III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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Wetterstation wurden in den Monaten Mai, Juni und Juli an Nieder¬ 
schlägen gemessen: 

1905: 

Mai . . . 25,2 nun 

Juni . . . 54,0 „ 

Juli . . . 15,7 „ 

Das Maximum und Minimum der Temperatur in den genannten 
Monaten betrug im Durchschnitt dortselbst: 



1905: 



Max. 

Min. 

Mai . 

. 19,1 

7,3 

Juni . 

. 24,8 

123 

Juli . 

. 27,3 

15,3 


Vergleicht man diese Zahlen mit denjenigen der meteorologischen 
Stationen zu Avelerberg, Ockfen und Serrig, so findet man, daß im 
Rheingau nicht allein sehr viel weniger Regen gefallen ist, sondern 
daß hier auch die Temperatur eine sehr viel höhere war, wie an der 
Mosel, beides Umstände, welche in ihrem Zusammenwirken ein 
stärkeres Auftreten der Peronospora unmöglich machten. 

Wie empfindlich der Pilz gegen Trockenheit ist, konnte ich sehr 
gut auf meiner Reise von Trier nach Geisenheim beobachten. Es 
wurde hierbei ermittelt, daß das ganze Moseltal — einzelne Wein¬ 
berge und Lagen ausgenommen — sehr stark von ihm heimgesucht 
war, und daß sich die Krankheit bis ins Rheintal hinein fortsetzte. 
In den Gemarkungen Lahnstein, Osterspai und Camp hatte der Pilz 
die nämlichen Verwüstungen hervorgerufen, wie an der Mosel. Von 
St. Goarshausen ab wurde der Schaden immer geringer und von 
Aßmannshausen aus den ganzen Rheingau hindurch standen die 
Weinberge wieder gesund da. Das stärkere oder schwächere Auf¬ 
treten des Pilzes in diesen Gegenden deckt sich vollständig mit ihren 
Feuchtigkeitsverhältnissen. Genau so weit, wie sich die Gewitter 
in diesem Frühjahr erstreckten, ebenso weit hat sich der Pilz aus¬ 
gebreitet, und zwar steht sein Auftreten immer im Verhältnis mit 
der bei diesen Gewittern niedergegangenen Regenmengen. Als in 
dem trockenen Rheingau in diesem Frühjahr kaum die ersten Spuren 
der Peronospora sichtbar waren, kamen Nachrichten aus der damals 
an Niederschlägen sehr reichen Camper und Osterspaier Gegend, daß 
dort die Reben infolge des starken Auftretens des Pilzes wie mit 
Mehl bepudert aussähen. 

Bei der Peronospora-Epidemie an der Mosel im Jahre 1889 
lagen die Verhältnisse ähnlich. Nach den Aufzeichnungen der 
Trierer Wetterstation sind damals im Monat Juni 121,2 mm Regen 
gefallen bei einer Durchschnittstemperatur von 25,3 im Maximum 
und 14,4 im Minimum. 

In nachstehender Tabelle habe ich die Beobachtungen der ge¬ 
nannten Station über die Frühjahrswitterung der Jahre 1889 bis 
1899 (nur soweit sind sie hier vorhanden) zusammengestellt: 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 113 


Jahr und Monat 

Lufttemperatur 

Mittl. Max. Mittl. Min. 

Niederschlag 

Summe 

i Mai . . 



18,6 

10,8 

61,5 

1889 { Juni . . 



35.3 

14.4 

121.2 

1 Juli . . 



22,7 

13,7 

77,5 

f Mai . . 



20,5 

9,7 

54 

1890 \ Juni . . 



21.2 

10.5 

51 

[ Juli . . 



21.2 

12.0 

81 

[ Mai . . 



18,2 

8,9 

78 

1891 < Juni . . 



21.5 

10.2 

96 

1 Juli . . 



21,8 

12.7 

111 

f Mai . 



19,6 

8,9 

32 

1892 { Juni 



21.0 

11.1 

87 

[ Juli . . 



22,6 

12,2 

4 < 

f Mai . . 



19.3 

8.8 

18 

1893 { Juni . . 



23.3 

10,9 

47 

| Juli . . 



23.6 

13,4 

80 

1 Mai . . 



17.0 

7,8 

51 

1894 { Juni . . 



20.4 

11.0 

65 

| Juli . . 



24.0 

14.1 

56 

| Mai . . 



18.9 

8.1 

64 

1895 J Juni . . 



22.5 1 

11,4 

86 

[ Juli . . 



23,3 

13.3 

69 

f Mai . . 



18,4 

6.6 

•» 

1896 < Juni . . 



23.6 

12,7 

66 

[ Juli . . 



23.8 

i 

13,3 

52 

( Mai . . 



17,9 

i ,4 

29 

1897 { Juni . . 



24.3 

13,4 

133 

[ Juii . . 



23,8 

13,7 

38 

( Mai . . 



16,9 

8,3 

96 

189S < Juni . . 



21,6 

11,2 

65 

[ Juii . . 



21,8 

11.7 

70 

j Mai . . 



17,5 

7,4 

42 

1899 \ Juui . . 



22.3 

10.8 

42 

[ Juli . . 



24*0 i 

13,3 

70 


Aus ihr ist zu ersehen, daß nur in 1S97 die Verhältnisse ähn¬ 
lich lagen, wie in diesem Jahre, und daß in der ganzen übrigen 
Zeit dem Filze die Bedingungen für eine starke Vermehrung und 
Ausbreitung nicht gegeben waren. Wenn er sich 1897 nicht stärker 
gezeigt hat, so ist dies wahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß 
die Reben damals sehr frühzeitig gespritzt wurden. Es geht dies 
wenigstens aus verschiedenen Berichten über den Stand der Reiten 
hervor, die im „Weinbau und Weinhandel" 1897 veröffentlicht 
wurden, und von denen ich nachstehend einige anführe: 

17. Juni. „Allenthalben hat man die Rebespritzen in Be¬ 
wegung gesetzt, und wo dieses noch nicht geschehen, sollte man 
ungesäumt damit beginnen.“ 

Enkirch, 24. Juni. „In unserer Gemarkung haben die 
Großwinzer ihre Weinberge fast alle schon mit Bordelaiser Brühe 

<ioisenheiinor Bericht 8 


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114 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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bespritzt. Nach vollendeter Blüte werden alle Winzer mit dieser 
Arbeit folgen.“ „Gestern wurden an eingelegten Reben die ersten 
Spuren der Peronospora gefunden.“ 

Enkirch, 30. Juni. „Das Bespritzen der Weinberge schreitet 
rüstig fort.“ „Seit einigen Tagen werden in einem Weinberge im 
Montaneubel, der an ein Feld mit eingelegten Reben stößt, eben¬ 
falls Spuren der Peronospora gefunden.“ 

Trier, 16. Juli. „Unbespritzt blieb heuer, da die 
Winzer die Vorteile dieser Maßnahme jetzt voll zu würdigen 
wissen, kein Berg.“ 

Über den Verlauf der diesjährigen Frühjahrswitterung an der 
Mosel erhielt ich wertvolle Angaben von Herrn Weingutsbesitzer 
Franz Grach zu Machern bei Zeltingen. Nach dessen Aufzeich¬ 
nungen fiel der erste stärkere Regen, nachdem sich die Reben vor¬ 
her bei einer Temperatur von 19—25° B. sehr günstig entwickelt 
hatten, am 7. Juni. Der 10. Juni brachte das erste mit Hagel 
untermischte Gewitter, das den Weinbergen starken Schaden zufügte. 
Vom 12. bis 23. Juni herrschte gutes Wetter, bei dem die Reben 
üppig wuchsen. Mit dem 23. setzten starke Regengüsse und Ge¬ 
witter ein, die bis zum 30. anhielten. Die Temperatur blieb hierbei 
immer hoch: 18— 25y 2 ° B. bei Tage und 10° B. bei Nacht Auch 
der Juli begann mit starker Wärme (24—25° B). Am 1. Juli abends 
herrschte ein zweistündiger sehr starker Regen uud am 5. Juli, 
abends 6 Uhr, ging ein förmlicher Wolkenbruch nieder, der be¬ 
deutende Bodenversehwemmungen in den Weinbergen verursachte. 
Dieser Regen war so stark, daß nach den Angaben des Heim 
Grach am andern Tage „die Weinberge kochten“, d. h. daß Wasser¬ 
dämpfe aus ihnen emporstiegen. Es folgten als Regentage der 6., 
10., 11. und 13. Juli, und der 16. und 2S. brachten wieder äußerst 
starke Gewitter. 

Diese heftigen Regen der MoDate Juni und Juli in Verbindung 
mit den abnorm hohen Temperaturen sind meines Erachtens auch 
die Ursache, weshalb die Peronospora in diesem Jahre sich so häufig 
auf den Beeren zeigte. Sicher bewiesen Konnte diese Annahme 
freilich nicht werden, weil zu der Zeit, in der ich die dortigen 
Reben untersuchte, die Erkrankung der Beeren schon zu weit vor¬ 
geschritten war. Man kann jedoch annehmen, daß heuer infolge der 
starken Regengüsse auch die Trauben stärker benetzt wurden, wie 
in früheren Jahren, so daß das Regenwasser längere Zeit zwischen 
den Beeren und Beerenstielen haften blieb. Dieses Wasser ermög¬ 
lichte es dem Pilz, in die Beerenstiele und Rappen und von diesen 
aus in die Beeren selbst einzudringen. Der Umstand, daß überall 
früh geheftete Weinberge weniger stark von der Krankheit befallen 
wurden, als spät geheftete, scheint für diese Ansicht zu sprechen. 
In ersterem Falle waren die Trauben durch darüber befindliche 
Blätter gegen Benetzung geschützt, während sie im letzteren frei 
standen und dadurch von jedem Regen getroffen werden konnten. 

Die Infektion der Beeren wird höchstwahrscheinlich immer vom 
Stiele aus erfolgen, weil die Beerenhaut durch ihre Wachshaut gegen 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. H5 


Benetzung geschützt ist vielleicht auch letztere das Eindringen der 
Keimschläuche unmöglich macht. Um diese Frage aufzuklären, habe 
ich die Untersuchung auch auf andere, mit der Peronospora viticola 
nahe verwandte Pilze ausgedehnt und hierbei bei der Peronospora 
der Kreuzblütler, der Peronospora parasitica, ganz ähnliche Verhält¬ 
nisse vorgefunden. Dieser Pilz lebt u. a. mit Vorliebe auf den ver¬ 
schiedenen Kohlarten, an denen er aber meist nur die Keimlinge, 
dagegen nur selten die älteren Pflanzen befällt, eine Erscheinung, 
welche auf die verschiedene Beschaffenheit der Keimblätter und der 
Laubblätter der Kohlarten zurückzuführen sein dürfte. Die Keim¬ 
blätter dieser Pflanzen sind nämlich benetzbar, ihre Laubblätter da¬ 
gegen nehmen durch eine auf ihnen vorhandene Wachsschicht kein 
Wasser, an. Man kann sich hiervon leicht überzeugen, wenn man 
junge Kohlpflanzen, die noch ihre Kotyledonen besitzen, in Wasser 
taucht. Die letzteren benetzen sich hierbei sofort und sind auch 
nach dem Herausnehmen der Pflanzen aus dem Wasser naß, die 
Laubblätter dagegen bleiben bei einem solchen Versuche vollkommen 
trocken. Dadurch, daß auf den Laubblättern der Kohlarten Wasser¬ 
tropfen niemals längere Zeit haften bleiben, fehlen auf ihnen dem 
Pilze die für seine Entwicklung notwendigen Bedingungen, weshalb 
es ihm nicht gelingt, in sie einzudringen. Auf den Kotyledonen 
dagegen kann sich der Pilz entwickeln. Sie halten auf ihrer Ober¬ 
fläche die Feuchtigkeit fest, ermöglichen dadurch die Keimung der 
Sporen und somit die Infektion. Aus dem Verhalten der Laub- 
blätter der Kohlpflanzen der Peronospora parasitica gegenüber darf 
wohl der Schluß gezogen werden, daß auch der Wachsüberzug der 
Weinbeeren diese gegen eine Infektion durch die Peronospora viti¬ 
cola schützen wird, und daß dieser Pilz höchstwahrscheinlich von 
den benetzbaren Beerenstieleu aus in die Beeren eindringen wird. 
Ob diese Ansicht über die Entstehung der „Lederbeeren“ zutreffend 
ist, kann nur durch Versuche, die bereits für das nächste Jahr vor¬ 
gesehen sind, festgestellt werden. 

Außer den genannten Witterungsverhältnissen sind jedoch die 
Winzer der Mosel zum größten Teil selbst schuld daran, daß die 
Peronospora in diesem Frühjahr so ungeheure Verwüstungen in 
ihren Weinbergen hervorgerufen hat. Abgesehen von einigen Wein- 
gutsbesitzem, wurde es fast allgemein versäumt, die Reben zur 
richtigen Zeit mit Bordelaiser Brühe zu spritzen. Diese Nicht¬ 
beachtung der alten Regel ist zum Teil darauf zurückzuführen, daß 
sich der Pilz mehrere Jahre hindurch nur spurenweise an der Mosel 
gezeigt hat. Die Winzer erwarteten ihn deshalb auch heuer nicht, 
verschoben das Spritzen von Tag zu Tag, bis es schließlich zu spät 
war, die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Zum andern 
Teil muß aber auch berücksichtigt werden, daß die Weinbaubetriebe 
an der Mosel meist mit Landwirtschaft verbunden sind, wodurch 
sich gerade in den Monaten Juni (dieser Monat hatte außerdem 
heuer 8 Feiertage!) und Juli viele wichtige Arbeiten zusammen¬ 
drängen, die, weil gewöhnlich Arbeitermangel herrscht, nur nach¬ 
einander ausgeführt werden können. So haben in diesem Frühjahr 

s* 


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116 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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die Moselwinzer, weil sie ihre Reben für nicht von der Perouospora 
bedroht hielten, zuerst ihr Heu geerntet und dann erst ihre Wein¬ 
berge besorgt. Welche Folgen jedoch eine solche Verlegung der 
Arbeiten haben kann, mußten sie leider nur allzu bald erfahren, 
denn gerade um die Zeit der Heuernte erfolgte die Ausbreitung 
des Pilzes. Es wurde mir überall, wo ich hingekommen bin, ver¬ 
sichert, daß die Winzer einen solchen Fehler nie mehr begehen 
würden. 

Endlich wurde in diesem Frühjahr der Peronospora ihre Ver¬ 
breitung noch dadurch erleichtert, daß nicht sofort mit den richtigen 
Maßnahmen gegen sie vorgegangen wurde. Dadurch, daß der Pilz 
auf den Beeren weiße, mehlartige Überzüge erzeugte, wie sie in 
ganz ähnlicher Weise von dem Oidium Tuckert hervorgerufen werden, 
wurde er vielfach mit diesem verwechselt und mittels Schwefel zu 
unterdrücken versucht. Da jedoch dieses Mittel ohne Wirkung auf 
den Parasiten ist, konnte er sich ungehindert vermehren und aus- 
breiten, bis man seine Natur erkannte und die Reben durch Kupfer¬ 
kalkbrühe gegen seine Angriffe sicherte. 

Was die Winzer der Mosel durch die obengenannten Umstände 
bei der Bekämpfung der Peronospora versäumten, suchten sie später 
mit aller Gewalt wieder nachzuholen. Der Fleiß, den sie hierbei 
zu Tage legten, war bewundernswert, und man kann wohl sagen, 
daß noch in keinem Weinbaugebiet solche Mengen von Kupfervitriol 
verspritzt worden sind, wie in diesem Frühjahr und Sommer an der 
Mosel. Viele Besitzer haben ihre Reben nicht nur 3 mal, nein, 5-, 
6- und 7 mal mit Bordelaiser Brühe behandelt, wodurch ihnen große 
Kosten entstanden sind. Der’Ortsvorsteher der Gemeinde Wehlen, 
Herr Weingutsbesitzer Bergweiler, hat in seinem 15 ha großen 
Weingute allein für 1000 M Kupfervitriol verbraucht. Infolge der 
großen Nachfrage nach diesem Salz stieg damals sein Preis von 
27—28 M pro Zentner auf 36—38 M, und ein kleiner Krämer in 
Weiden hat allein für 6000 M davon verkauft. Mit welcher Aus¬ 
dauer die Winzer damals arbeiteten, ergibt sich sehr deutlich daraus, 
daß der Erdener Fährmann von morgens '/ 2 4 Uhr bis abends 11 Uhr 
Spritzer und Spritzmaterialien übergefahren hat 

Die alte Regel, die Reben bereits vor der Blüte mit Kupfer¬ 
kalkbrühe zu spritzen und dieser Bespritzung nach der Blüte eine 
zweite folgen zu lassen, wird in den nächsten Jahren von den durch 
Schaden klug gewordenen Winzern sicher beachtet werden, und da¬ 
mit wird es gelingen, die Reben vor dem Pilz zu bewahren. Frei¬ 
lich muß von nun ab auch mit der Lederbeerenkrankheit gerechnet 
werden, die ganz zu verhüten sehr viel schwerer sein wird. In den 
Domänenweinbergen an der Mosel und Saar wurde im vergangenen 
Sommer auf Anordnung des Herrn Forstmeisters Hoepp versucht, 
die Weinbeeren durch Bepinseln mit Bordelaiser Brühe gegen die 
Peronospora zu schützen. Ich glaube jedoch nicht, daß diese Ma߬ 
nahme empfehlenswert ist, weil sie sehr viel Zeit erfordert und auch 
keinen vollen Erfolg verspricht, denn es werden bei dieser Arbeit 
wohl die Beeren, nicht aber die Beerenstiele gleichmäßig mit Kupfer- 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. ] 17 


kalk versehen werden. Letztere zu schützen ist jedoch besonders 
wichtig, weil von ihnen aus höchstwahrscheinlich die Infektion der 
Beeren erfolgen wird. 

Mir will es scheinen, daß die Lederbeerenkraukheit am ein¬ 
fachsten durch eine sorgfältige Bespritzung unmittelbar nach der 
Blüte — also eine frühzeitige zweite Bespritzung — verhütet 
werden kann. Um diese Zeit sind alle Teile des Blütenstandos in¬ 
folge der Entfaltung der Blüten soweit wie möglich auseinander¬ 
gerückt, so daß auch die Beerenstiele leicht von der Brühe getroffen 
werden können. Hierbei ist natürlich nötig, daß die Winzer beim 
Spritzen sehr viel sorgfältiger vorgehen, wie seither. Es genügt von 
nun ab nicht mehr, die Reben sozusagen im Vorbeigehen zu spritzen, 
sondern es muß jetzt an jedem Stocke Halt gemacht und der Ver- 
stäuber auf jedes einzelne Geschein gerichtet werden. Um eine 
Infektion dieser letzteren soviel wie möglich auszuschließen, kann 
den Winzern nur empfohlen werden, auch bei der ersten Bespritzung 
in genau derselben Weise vorzugehen. 

2. Elnflufs der Peronospora-Epldemie auf den Heu- und 

Sauerwurni. 

Das in diesem Jahre an der Mosel so häufige Absterben der 
Gescheine und Trauben war nicht ohne Einfluß auf den Heu- und 
Sauerwurm. Dieser Schädling lebt bekanntlich in seinem Raupen¬ 
zustand fast ausschließlich in den Gescheinen und Trauben der Rebe, 
und nur höchst selten findet man ihn auch an andern Rebteilen vor. 
So beobachtete ich im Jahre 1899 einmal eine Raupe an einem Triebe, 
in den sie sich vom Knoten aus eingefressen hatte. Ein derartiges 
Verhalten zeigten die Sauerwürmer in diesem Jahre an der Mosel 
häufiger, und es ist wohl anzunehmen, daß dies mit der Peronospora- 
Epidemie im Zusammenhang steht. Durch die Lederbeerenkrankheit 
wurde den Raupen ihre gewöhnliche Nahrung genommen, so daß 
sie gezwungen waren, sich von andern, ihnen sonst nicht zusagen¬ 
den Rebteilen zu ernähren. Dr. Lüstner. 


3. Beobachtungen Aber das rheinische Kirschbanmsterben. 

Von Dr. G. Lüstner. 

In seiner Arbeit „Über das Kirschbaumsterben am Rhein, seine 
Ursache und seine Behandlung* 1 weist Aderhold darauf hin. daß 
diese Kirschenkrankheit eine große Ähnlichkeit habe mit einer von 
Xypels beschriebenen Erlenkrankheit. Beide Krankheiten äußern 
sich durch Abtrocknen kleinerer oder größerer Astpartien der ge¬ 
nannten Baumarten, wobei an diesen Teilen in die Gattung Valsa 
gehörige Pilze — auf den Kirschen Valsa leucostoma, auf den Erlen 
V. oxystoma — auftreten. Dieselbe Erlenkrankheit wurde später 
von Appel in Pommern genauer studiert und in der „Xaturw. 
Zeitschrift für Land- und Forstwirtschaft“ 1904. S. .'»Iß beschrieben. 
Auch Appel kommt zu dem Ergebnis, daß das Eingehen der Erlen 


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118 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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von Yalsa oxvstoma verursacht werde, betont aber, daß dieser Pilz 
nur dann den Baum angreifen könne, wenn dieser vorher durch 
Wassermangel geschwächt worden sei. 

Trotzdem ich die Erlenkrankheit selbst noch nicht zu unter¬ 
suchen Gelegenheit hatte, erlaube ich mir doch, dieselbe in diesem 
Berichte kurz zu besprechen, weil bei ihr meines Erachtens die sie 
bedingende Ursache leichter zu erkennen ist, wie beim Kirschbaum¬ 
sterben. 

Appel hat in der oben genannten Arbeit seine Ansicht über 
die Ursache des Absterbens der Erlen durch Ausführung eines Ver¬ 
suches zu beweisen versucht Er pflanzte hierzu eine Anzahl er¬ 
krankter Jungerlen in Töpfe mit gleichem Boden. „Die eine Hälfte 
der Topfpflanzen wurde feucht, die andere trocken gehalten, und 
es ergab sich, daß die trocken gehaltenen unter rascher Weiter¬ 
entwicklung des Pilzes abstarben, die feucht gehaltenen aber sich 
erholten, so daß das Wachstum des Pilzes keine weiteren Fortschritte 
machen konnte, sondern auf die einmal befallenen Zweige be¬ 
schränkt blieb.“ 

Dieser Auffassung des Versuchsresultates kann ich mich nicht 
anschließen. Es geht aus ihm nicht, wie Appel annimmt, mit 
Sicherheit hervor, daß der Pilz die Hauptursache des Absterbens 
der Erlen darstellt, denn die in dem trockenen Boden kultivierten 
Pflanzen können ebensogut infolge Wassermangels zu Grunde ge¬ 
gangen sein, und der Pilz sich erst hiernach Uber sie ausgebreitet 
haben. Diese Möglichkeit hätte auf jeden Fall in Erwägung ge¬ 
zogen und der Einfluß der Trockenheit auf das Leben der Bäumchen 
durch Anstellung eines Parallelversuches mit gesunden Pflanzen 
ermittelt werden müssen. Erst dann, wenn sich aus beiden Ver¬ 
suchsreihen ergibt, daß nur die im trockenen Boden stehenden er¬ 
krankten Pflanzen eingehen, kann behauptet werden, daß der Pilz 
ihren Tod herbeigeführt hat. 

Mir dünkt ein derartiges Versuchsresultat jedoch sehr wenig 
wahrscheinlich, zumal es Appel auch nicht gelungen ist, durch 
Impfen gesunder Topf- und Freilanderlen die Krankheit an diesen 
hervorzurufen, „ln keinem einzigen Fidle kam es zu einer Ent¬ 
wicklung des Pilzes, so daß weder in der Umgebung der Impfstelle 
Mvcel nachgewiesen werden konnte, noch auch ein Absterben der 
infizierten Zweige eintrat.“ 

Hurtig (Lehrbuch der Baumkrankheiten 1. Aufl., S. 168) und 
von Oertzeu (Forstw. Centralhl. 11*01, S. 110) erblicken allein in 
einem Zurückgehen des Wassergehaltes des Bodens die Ursache 
des Erlensterbens. Ich schließe mich der Ansicht dieser Forscher 
an. und zwar aus einem Grunde, der seither bei der Erklärung des 
Erlensterbens eine Berücksichtigung noch nicht gefunden hat: weil 
die eigenartigen Transpirationsverhältnisse der Erlen da¬ 
für sprechen, daß sie nur auf einem Boden mit hohem 
Wassergehalt gedeihen können. 

Die meisten Landpflanzen besitzen in ihren Spaltöffnungen 
Apparate, durch welche sie ihre Wasserdampfabgabe regulieren 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation ] 1 <| 


können. Bei reichlich zur Verfügung stellendem Wasser sind diese 
Apparate weit geöffnet, bei Wassermangel geschlossen. Diese Pflan¬ 
zen sind deshalb im stände, trockene Zeiten ungeschädigt zu über¬ 
dauern. 

Nur einer kleinen Anzahl von Pflanzen geht wie Stahl (Einige 
Versuche über Transpiration und Assimilation. Bot. Zeit. I, 189-1, 
S. 117) gezeigt hat, das Vermögen ab, ihre Spaltöffnungen je nach 
Bedarf zu erweitern oder zu verschließen. Bei ihnen sind die Spalt¬ 
öffnungen stets mehr oder weniger weit offen, sie verdunsten somit 
fortwährend Wasser und sind deshalb nicht im stände, sich gegen 
Trockenheit zu schützen. Nach Stahl gehören hierher von Bäumen 
die Koterle (Ainus glutinosa), die Birke (Betula alba). verschiedene 
Weidenarten (Salix purpurea, S. capraea, S. amvgdalina, S. baby- 
lonica u. a.). Auch die Pappeln, mit Ausnahme der Zitterpappel 
(Populus tremula), verhalten sich ähnlich, sie sind nicht im stände, 
ihre Stomata hermetisch zu verschließen. 

Alle die zuletzt genannten Baumarten sind des eigenartigen 
Verhaltens ihrer Spaltöffnungen wegen auf feuchtes Erdreich an¬ 
gewiesen, sie sind wie Stahl sagt, die „Begleiter des feuchten 
Bodens* 1 . Und daß ihre Wasserdampfabgabe durch die Spaltöffnungen 
in der Tat eine sehr große ist, ergibt sich schon daraus, daß ihre 
Blätter, wenn sie allein oder mit den sie tragenden Zweigen abge¬ 
schnitten werden, sehr schnell welken und sich auch nicht wieder 
erholen, wenn sie später in Wasser gestellt werden. Eine Ver¬ 
minderung der Wasserzufuhr muß somit für diese Bäume von den 
nachteiligsten Folgen sein. Sie sind dann nicht mehr im stände, 
ihre sehr lebhafte Transpiration zu unterhalten, weshalb sich an 
ihnen alsbald AVelkungs- und später Vertrocknuugserscheinungen 
zeigen müssen. Diese Erscheinungen werden sich natürlich zunächst 
an den Teilen der Bäume äußern, welche in letzter Linie mit 
Wasser versorgt werden: am Zopfe und an den Enden der Äste: 
und diese Teile sind es auch, welche beim Absterben der Erlen 
zuerst vertrocknen. Hierbei muß noch berücksichtigt werden, daß 
auch die holzigen Teile der Erlen sehr stark transpirieren. Hartig 
(Bot. Zeit. 1803, 8. 201). welcher über die Verdunstung der Zweig¬ 
spitzen in unbelaubtem Zustande einige Versuche ausführte, fand 
wie aus nachstehender Tabelle hervorgeht, daß von allen von ihm 
untersuchten Bäumen, die Erle am meisten Wasser verdunstet. 
Die Menge des innerhalb 24 Stunden abgegebenen Wassers belief 
sich bei 


der Erle (Ainus). 

auf 35 Milligramm 

der Eiche (Quercus). 

.. 13 

der Robinie (Kobinia) .... 

.. 12 

der Buche (Fagus). 

..11 

dem Amberbäume (Liquidambar) 

.. 10 

der Walnuß (Jugluns) .... 

.. 10 

der Birke (Betula). 

.. 10 

der Linde (Tilia). 

dem Ahorn (Acer). 

S 

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120 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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der Esche (Fraxinus) . . 

. . auf 8 Milligramm 

(Pvrus) . . . 

.... 8 

der Kastanie (Aesculus). . 

. . .. 5 

der Ulme (Ulmus) . . . 

.... 3 

der Weide (Salix).... 

.... 3 


Diese Zahlen wurden von Hartig Knde Winter gewonnen; 
während des Sommers sind die abgegebenen Wassermengen natür¬ 
lich noch viel beträchtlicher. 

Meine Ansicht über die Ursache des „Erlensterbens“ gewinnt 
noch dadurch an Wahrscheinlichkeit, als auch Appel (C. c.) ge¬ 
funden hat, daß sich die Krankheit immer nur in solchen Beständen 
zeigt, deren anfangs nasser Boden im Laufe der Zeit wasserarmer 
geworden ist. 

Es ist nicht ausgeschlossen, ja sogar wahrscheinlich, daß auch, 
worauf schon von Oertzen in seinem oben genannten Aufsatz 
hingewiesen hat, die sogenannte „Gipfeldiirre“ der Pyramidenpappel 
auf die nämliche Ursache zurückzuführen ist. Den Blättern dieser 
Baumart geht nämlich, wie bereits erwähnt, gleichfalls die Fähigkeit 
ab, ihre Spaltöffnungen hermetisch zu verschließen, weshalb sie auf 
eine Verminderung ihres Standortes ähnlich reagieren muß, wie die 
Erle. Bei dem Eintrocknen der Äste der genannten Baumarten 
wird jedoch auch der Wind, als Förderer der Transpiration, eine 
Rolle spielen. 

Die als „Erlensterben“ bezeichnete Krankheit tritt nicht allein 
an der Roterle (Ainus glutinosa) auf, sondern sie wurde auch be¬ 
obachtet an der Weißerle (Ainus incana) und die Alpenerle (Ainus 
viridis). Ob sich die beiden letztgenannten Arten in Bezug auf 
ihre Spaltöffnungen ebenso verhalten, wie die Roterle, darüber habe 
ich in der Literatur keine Angaben vorgefunden. Auch von Herrn 
Prof. Stahl konnte ich hierüber keine Auskunft erhalten, denn er 
hat. wie er mir mitteilte, seine Versuche nur mit Roterlen aus¬ 
geführt. Es ist jedoch höchstwahrscheinlich, daß auch die Weißerle 
und die Alpenerle die Spaltöffnungen ihrer Blätter nicht zu schließen 
vermögen, denn sie sind wie die Roterle Pflanzen feuchter Stand¬ 
orte. Selbst wenn die Alpenerle im Gebirge bis zu einer Höhe von 
2:500 m emporsteigt, haftet sie hierbei an den Ufern kleiner Rinn¬ 
sale (Zeitschr. d. D. ö. A. V. 1005, S. 51). 

An der Weißerle und Alpenerle wurde das „Sterben“ zuerst 
von v. Tubeuf festgestellt. Ihm fiel im August 1892 in der Nähe 
des Brenners eine Erkrankung der Alpenerle auf. welche sich da¬ 
durch äußerte, daß mitten in gesunden Büschen einzelne beblätterte 
und fruktifizierende Äste abstarben. Bei näherer Untersuchung 
solcher Äste fand er an ihnen ein Pilz, Valsa oxystoma Rehm, vor, 
in welchem er die Ursache des Schadens erblickte. (2 Feinde der 
Alpenerle, Ainus viridis I). C.-Forstl. naturw. Zeitschr. 1892, S. 387.) 

Ende August und Anfang September desselben Jahres beobachtete 
v. Tubeuf (C. c. S. 389) dieselbe Krankheit an der Alpenerle in 
der Nähe des Ariberges. Hier traf er aber an den kranken Ästen 


Gougle 


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Bericht über die Tätigkeit der pflauzenpathologi.schen Versuchsstation. 121 


nicht allein die Yalsa oxvstoma, sondern viel häufiger, wie diesen 
Pilz, die Larve eines Rüsselkäfers Cryptorhynchus lapathus L., an. 
Es ist dies die nämliche Larve, die er bereits in demselben Sommer 
in im Absterben begriffenen Ästen von Ainus incana Willd am 
Tegernsee gefunden hat (C. c. S. 3S7). v. Tubeuf ist der Ansicht, 
daß das Eingehen der Äste dieser Erlen teils von den Larven des 
genannten Rüsselkäfers, teils von Valsa oxvstoma hervorgerufen 
worden ist. 

An der Weißerle (Ainus incana Willd) traf v. Tubeuf eine 
ähnliche Krankheit im Jahre 1893 im Tale der Rosana, der Sanna 
und des Inn an. Hier waren die Bäume zum großen Teil in der 
ganzen oberen Partie abgestorben, und ihre Rinde löste sich bis 
zur Basis vom Stamme los. v. Tubeuf führte hier das Abtrocknen 
der Äste auf einen Pilz, Polyporus igniarius L., den er an zahl¬ 
reichen Stämmen vorfand, zurück. Daß aber auch Insekten, resp. 
Insektenlarven in den kranken Bäumen vorhanden waren, war aus 
den vielen Spechtlöchern, die sich in ihnen vorfanden, zu erkennen. 

Außer Yalsa oxystoma stellte Appel auf kranken Roterlen 
noch 3 weitere Pilzarten fest, welche im Gegegensatze zur Yalsa, 
die hauptsächlich auf älteren Bäumen vorkommt, vorwiegend die 
jungen Pflanzen befallen, eine bisher noch nicht beschriebene Cvtos- 
pora, ein Melanconium und Cytospora suffusa. Er schreibt diesen 
Pilzen eine ähnliche Bedeutung zu, wie er sie für die Valsa oxy- 
stoma ausgesprochen bat. 

Endlich wird in der forstlichen Literatur das Eingehen der 
Erlen vielfach auf die Larven des Cryptorhynchus lapathus zurück¬ 
geführt. 

Aus dem Vorstehenden geht hervor, daß die seitherigen An¬ 
sichten über die Ursache des „Erlensterbens“ sehr verschieden sind. 
Während die Krankheit von einigen Forschern auf Wassermangel 
zurückgeführt wird, sehen andere in Pilzen und wieder andere in 
einem Käfer die Ursache des Schadens. Wie bereits gesagt, stimmen 
wir der erstgenannten Ansicht zu und sehen allein in einer Ab¬ 
nahme der Bodenfeuchtigkeit die Ursache des Sterbens.' Alle die 
genannten Pilze halten wir für keine Parasiten, sondern für Orga¬ 
nismen, die sich erst dann auf den Erlen einstellen, wenn diese in 
ihrer Lebenskraft geschwächt sind. Daß die Valsa mit dem Sterben 
nicht in Zusammenhang steht, folgt aus den Angaben v. Tubeuf, 
der selbst in einem Gebiete, wo dieser Pilz häufig war, viele ab¬ 
gestorbene Äste vorfand, auf denen er ihn nicht naclnveisen konnte. 
Über den Schaden des Cryptorhynchus lapathus, resp. seiner Larven 
teilte mir Herr Prof. Eck stein-Eberswalde, an den ich mich um 
Auskunft über diese Frage gewandt habe, folgendes mit: ,,Alte Erlen 
und Weiden halten sehr lange aus, das beweisen schon die starken 
Überwallungen der Fraßstellen. Absterben derselben ist mir noch 
n i eh t vorgek oni men.“ 

Bei dem Kirschbaumsterben scheinen nun die Verhältnisse 
ähnlich zu liegen, A\ie bei dem Erlensterben. Während aber die 
Erlen nur auf feuchtem Hoden Vorkommen, sollen die Kirschen ein 


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122 


III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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trocknes Erdreich lieben. Es ist jedoch höchstwahrscheinlich, daß 
auch sie zu ihrer Entwicklung mehr Feuchtigkeit benötigen, wie 
gewöhnlich angenommen wird. Auf jeden Fall ist die Transpiration 
der Kirschbäume eine sehr starke, was leicht aus dem schnellen 
Welken ihrer Blätter an abgeschnittenen Zweigen zu erkennen ist. 
Die Kirschblätter zeigen somit dasselbe Verhalten, wie die Blätter 
der früher genannten Bäume, die die Fähigkeit verloren haben, ihre 
Spaltöffnungen zu verschließen. Ob letzteres bei ihnen tatsächlich 
der Fall ist, soll im kommenden Sommer festgestellt werden. 

Herr Laudes-Ökonomierat Goethe, mit dem ich mich nach¬ 
träglich über das Wasserbedürfnis der Kirschbäume unterhielt, teilt 
vollständig meine Ansicht. Seiner Meinung nach können sich auf 
den trocknen Hängen am Rhein Kirschbäume nur dann normal ent¬ 
wickeln, wenn ihre Wurzehi Gelegenheit finden, in die wasserhaltigen 
Spalten des Untergrundes einzudringen. 

Um zu ermitteln, ob die Valsa leucostoma parasitäre Eigen¬ 
schaften besitzt, wurden im vergangenen Frühjahr — 25. März — 
folgende Versuche ausgeführt: Von je 4 ca. 4—5jährigen Bäumchen 
der Sorten Geisepeter, Schleibnitzer verbesserte Weichsel und Betten¬ 
burger Glaskirsche wurden 

T. je zwei Bäumchen an zwei Stellen mit den Konidien des 
Pilzes geimpft und der ganze Stamm mit konidienhaltigem Wasser 
angestrichen. 

Ein Erfolg der Impfung trat nicht ein. Die bis 4 cm 
langen und 1 cm breiten Impfwunden heilten ganz normal, wie dies 
aus Photographie Tafel 1 zu ersehen ist. 

II. Die Stämme von je 2 Bäumchen wurden mit konidienhaltigem 
Wasser angestrichen und in ihrem unteren Teile bis tief ins Holz 
geringelt. Als die Kronen dieser Bäumchen nach längerer Zeit nicht 
abtrockneteu, wurden die Stämmchen an der Ringelstelle vollständig 
durchschnitten. 

Dieser Versuch hatte einen vollen Erfolg. Bis Ende 
Oktober waren die toten Stämmchen zum größten Teile mit den 
Pvkniden des Pilzes bedeckt. (Photographie Tafel 2.) 

III. An je einem Bäumchen der Sorten „Schwarze Adlerkirsche“ 
und „Wedelfinger Riesenkirsche" wurden die Kronen abgeknickt, 
das abgeknickte Ende und das stehengebliebene Stammstück mit den 
Konidien des Pilzes geimpft, und danach der ganze Stamm (auch 
das abgeknickte Ende) mit konidienhaltigem Wasser bestrichen. Da 
die Krone infolge der Knickung nicht abstarb, wurde sie an der 
Knickstelle nach einiger Zeit abgeschnitten und an dem Stämmchen 
angebunden. 

Bis Ende Oktober hatte sich der Pilz, wie Photographie 
Tafelß bei —J- zeigt, über das abgeknickte und abgestorbene 
Stammende ausgebreitet, während der übrige Teil des 
Stammes vollständig gesund blieb und wieder austrieb. 
Die Impfwunde an diesem Stück heilte normal. 

Diese Versuche verliefen somit wie wir es vorausgesehen hatten. 
Es gelang nicht, gesunde Bäume durch Impfen mit den Sporen des 


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Ociscnhcimcr Bericht W05. 


Tafel 1. 



Dr. Lüstner pliot. Verlag von Paul Parey in Berlin S.W. 

Mit den Kuuidien von Valsa leucostoma ohne Erfolg geimpfte Kirschenstämmchen. 
Bei X die gut geheilten Impfwunden. 


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Gciscnhcimer Bericht 1905 . 


Tafel 2. 



Dr. Lüstner pliot. Verlag von Paul Parey in Berlin S.W. 

Von Valsa leuoostoma befallene Kirselienstäminchen. 


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Geificnheimer Bericht 1305. 


Tafel 3. 



Dr. Lüstner phot. Verlag von Paul Parey in Berlin S.W. 

Mit den Konidien von Valsa leucostoma an zwei Stellen geimpftes Kirsehen- 
stämmchen, dessen Krone nach der Impfung unterhalb der oberen Impfwunde ab¬ 
geschnitten wurde. Bei U die normal geheilte Wunde, bei X Bykuiden der Valsa 

leucostoma. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. 128 


Pilzes krank zu machen, während sich der Pilz über abgestorbene 
Baumteile schnell ausbreitete. Wie Versuch II zeigt, ist zum Ein¬ 
dringen des Pilzes in den Baum nicht einmal eine Rindenverletzung 
notwendig, es genügen hierzu die Lentizellen, die bereits von Frank 
als die Eingangspforten für die Valsa angesehen wurden. Dieses 
Versuchsresultates wegen erblicken wir in der Valsa leucostoma 
keinen Parasiten, sondern einen Saprophvten und wir werden in 
unserer Auffassung noch dadurch bestärkt, als auch die von 
Beijerinck und Kant angestellten Versuche in derselben AVeise 
verliefen. Dieselben konnten bei ihren Untersuchungen „Über AVund- 
reiz, Parasitismus und Gummifluß bei den Amygdaleen“ (Centralbl. 
für Bakt., Parasitenkunde und Infektionskrankh., Zweite Abteil.. 
B. XV, Seite 374) mit einer auf Kirschenästen allgemein ver¬ 
breiteten Cvtospora (man darf wohl annehmen, daß dies die Konidien¬ 
form der \ r alsa leucostoma gewesen ist) weder bei Pfirsich noch bei 
Kirsche Gummifluß hervorrufen, auch erwähnen sie nichts von 
einem Eingehen der geimpften Äste. 

Zur Ermittlung des Einflusses der Trockenheit des Bodens auf 
die Entwicklung der Kirschbäume wurden am IS. März vergangenen 
Jahres im Gebiete des rheinischen Kirschbaumsterbens — in der 
Gemarkung Camp — eine Anzahl Bäumchen unter verschiedenen 
Bedingungen gepflanzt. 

I. 6 Bäumchen (veredelt) wurden auf die gewöhnliche Art ge¬ 
pflanzt und blieben während des ganzen Sommers sich selbst über¬ 
lassen. An 2 dieser Bäumchen starben bis zum Herbst die Kronen 
ab. Die anderen entwickelten sich mäßig. Die Länge ihrer Triebe 
betrug im Durchschnitt nur 5—6 cm. 

II. 4 Bäumchen (AVildlinge) wurden auf die gewöhnliche Art 
gepflanzt und wurden von Zeit zu Zeit begossen. A'on ihnen ging 
keines ein. Ihre Entwicklung war eine viel bessere wie bei I, denn 
ihre Jahrestriebe waren im Durchschnitt 21 cm lang. 

UI. 4 Bäumchen (Wildlinge) wurden in mit feuchtem Torfmull 
untermischte Erde gepflanzt. Diese Bäumchen entwickelten sich am 
besten. Sie bildeten Jahrestriebe von im Durchschnitt 62 cm und 
keines von ihnen ging ein. 

IV. 4 Bäumchen (veredelt) wurden auf die gew-öhnliche Art ge¬ 
pflanzt und die sie umgebende Erde, um sie gegen AVasserdunst zu 
schützen, wurde mit Mist bedeckt. Diese Bäumchen bildeten Jahres¬ 
triebe von im Durchschnitt 17 cm: sie blieben alle gesund. 

Wir sind weit entfernt, schon jetzt aus diesem Versuche ein 
Resultat herauslesen zu wollen, jedoch ist auffällig, daß gerade au 
2 der auf die gewöhnliche Weise gepflanzten und sich selbst über¬ 
lassenen Bäumchen die Kronen eingegangen sind, während alle 
andere Bäumchen, denen genügende Feuchtigkeit zur A’erfiigung 
stand, am Leben blieben. Und da auch in diesem Jahre in der 
Gemarkung Camp wieder vorw iegend junge Bäumchen abgestorben 
sind, gewinnt unsere Annahme, daß das Kirsehbaumsterben mit 
einem AVassermangel im Boden in Zusammenhang stellt, an AVahr- 
scheinlichkeit. 


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124 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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Die beabsichtigten Teraperaturmessungen mittels Insolations- 
Thermometern an Kirschbäumen konnten im Gebiete des rheinischen 
Kirschbaumsterbens selbst nicht vorgenommen werden, weil dort 
keine geeignete Persönlichkeit gefunden wurde, die mit den Ab¬ 
lesungen betraut werden konnte. Diese Beobachtungen wurden des¬ 
halb im Kirschenquartier des Muttergartens der Anstalt ausgeführt. 
Es wurden hierzu an zwei Stämmen, auf ihrer Xoid- und Südseite, 
ca. 1 m über dem Boden, je ein Thermometer angebracht und die 
Temperatur täglich zweimal, um 11 45 h vormittags und 2 h nach¬ 
mittags, abgelesen. Das Resultat dieser Messungen, die in der Zeit 
vom 18. Juli Bis 30. September vorgenommen wurden, ist in nach¬ 
stehender Tabelle verzeichnet. 


Monat 

Juli 

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Bericht über die Tätigkeit der pfianzenpathologischen Versuchsstation. 125 


Monat 

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1905 

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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 





126 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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Monat 






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25,6 

19,8 


1 1 

36,8 

25.0 

12. 


1 

17,8 | 

17,2 


1 

18,6 i 

18.0 


Gck igle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 






Bericht Uber die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. 127 


Monat 

September 

1903 


1 

| No 

Süd 

Nord 


No. 

Süd 

Nord 

13. 

» i 

1 

1 

1 

40,0 

29,8 

i 

2 Uhtl 

P i 

1 

44,2 

32.2 

14. 

l 

17,2 

17,0 

1 

17.s 

17,4 

13. 


1 

22,4 

20.8 


1 

30,8 

27,0 

10. 


1 1 

:tö,t; 

30.8 


1 

42,0 

34,0 

17. 


1 

30,4 

26,2 


1 

39,0 

30,8 

IS. 


l 

33.0 

27,2 


1 

40,6 

30.2 

13. 


1 

29.8 

23,4 


1 

32.8 

23,8 

20. 


i 1 

i 21,0 

20,1 


1 

21Ä 

21.2 

21. 


1 

10,4 1 

19,4 


1 

20,8 

20,0 

oo. 


1 

33,2 

30,4 


1 

39,8 

32.8 

23. 

.. 

, 1 

22,3 

19.2 


1 

28,8 

20,2 

24. 


1 

18,0 

18,0 


1 

23,0 

22.8 

23. 


' 1 

13.S 

13.0 


1 

19,8 

19.0 

20. 


1 

2s.2 

22,0 


1 

39,8 

30.2 

•>- 
_ <. 


1 

14,2 

14/2 


1 

14,8 

14,0 

28. 


1 

23,3 

18,8 


1 

30,2 

23,8 

‘J0. 

,, 

1 

i 23,0 

i 19.8 


1 

34,8 

21,4 

30. 


1 

22,4 

, -H8 


1 

24,4 

21,2 


Diese Tabelle zeigt, daß durch die Sonnenwärme der Stamm 
der Kirschbäunio zuweilen sehr stark erhitzt wird. Am 24. Juli 
nachmittags 2 Uhr wurden am Baum 1 auf der Südseite 50.4, am 
27. Juli 50,8. am 1. August 51,6 und am 4. August am Baum 1 
52,8, am Baum 2 51.6° abgelesen. Im Gebiete des rheinischen 
Kirschbaumsterbens, wo es noch wärmer ist wie hier, und wo die 
Bäume meist auf einem heißen Abhange angepflanzt sind, werden 
die Stämme noch viel stärker erhitzt werden. Dazu kommt noch, 
daß dort die Bäume meist frei stehen, so daß ihre Stämme im Laufe 
eines Tages von allen Seiten von den Sonnenstrahlen getroffen 
werden. Die Besonnung der Bäume ist dort eine so starke, daß 
sie sich nicht nur warm, sondern geradezu heiß anfühlen, und viele 
der an ihnen vorhandenen Stamm wunden werden wohl, worauf 
schon Aderhold hingewiesen hat, durch Sonnenbrand hervorgerufen 
worden sein. 

Frank fand bei seinen Untersuchungen über das Kirschsterben 
in der Kinde der kranken Bäume kleine, braune Flecken, die er als 
Infektionsinitialen der Valsa bezeichnote. Ähnliche Stellen erwähnt 
Hartig in einer Arbeit ..Das Erkranken und Absterben der Fichte 
nach der Entnadelung durch die Nonne (Forstl.-naturw. Zeitsehr. 1802, 
S. 00). hält sie aber für durch Sonnenbrand hervoigerufene Schäden. 


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128 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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Hartig sagt darüber: „Man sieht aber von Juli an auf allen Seiten 
des Baumes sich braune Stellen in der Rinde bilden, die ein An¬ 
zeichen dafür sind, daß die hungernde Rinde und Cambiumschicht 
unter der Einwirkung hoher Wärmegrade abstirbt, auch an solchen 
Stellen der Bäume, die nur des Abends oder Morgens von der 
Sonne direkt betroffen werden und deshalb wohl kaum Temperaturen 
erreichen, die einem wohlgenährten Carabium schädlich werden 
können.“ Wenn man bedenkt, daß auch die Camper Kirschbäume 
sich seit einer Reihe von Jahren unter abnormen Verhältnissen be¬ 
finden — Trockenheit, Frostspannerfraß — so wird mau in dieser 
Frage eher der Hartigschen, als der Frank sehen Ausicht zu- 
stimmen. 

Es wurde bereits erwähnt, daß in der Gemarkung Camp auch 
in diesem Jahre wieder vorwiegend junge Bäumchen eingegangen 
sind. Wenn wir annehmen, daß das Kirschbaumsterben mit Trocken¬ 
heit im Boden in Zusammenhang steht, so ist diese Erscheinung 
leicht zu erklären, denn an den jungen Bäumchen mit ihrem nur 
schwach entwickelten Wurzelsystem muß sich natürlich ein Wasser¬ 
mangel früher bemerkbar machen, als an alten Bäumen, die ihren 
Wasserbedarf auch aus den tieferen Bodenschichten decken können. 

Zum Beweise unserer Annahme müssen wir uns zunächst klar 
machen, von welchen Faktoren die Innentemperatur eines Baumes 
beeinflußt wird. Über diese Frage hat sich bereits Hartig in seiner 
oben genannten Arbeit (S. 89) wie folgt geäußert: „Einmal ist die 
Bodenwärme von großer Bedeutung, insofern diese durch direkte 
Wärmeleitung mehr noch durch das von den Wurzeln aufgenommene 
Wasser in das Innere des Baumes eindringt. Da die Wasserbeweguug 
normaler Weise in den jüngsten Jahresringen erfolgt, so wird die 
Temperatur der Cambialschicht hierdurch in hohem Maße beeinflußt.“ 

„Hört aus irgend einem Grunde die Wasserbeweguug auf, so 
fällt damit im Sommer für die Cambiumregion ein Moment der Ab¬ 
kühlung fort. Es können Krankheitserscheinungen infolge davon 
auftreten, die als Rindeubrand oder Sonnenbrand bezeichnet werden. 
Verpflanzt man große, dünnrindige Bäume, so ist die Gefahr des 
Sonnen- oder Rindenbraudes eine eminente, weil das beschädigte 
Wurzelsystem und die mangelhafte Belaubung des ersten Jahres 
nur eine sehr langsame Wasserbewegung nach oben zur Folge hat. 
Die Rinde stirbt infolge der Überhitzung schon im ersten Sommer 
auf der Süd- und Südwestseite ab.“ 

„Eine zweite Wärmequelle ist die Lufttemperatur, die sich dem 
Bauminnein um so leichter mitteilt, je dünner der Baumteil ist, je 
weniger ausgiebig das Innere durch Borkebildung oder Korkbilduug 
geschützt ist. Eine dritte und sehr wichtige Wärmequelle ist die 
strahlende Wärme, die bei direkter Besonnung die Oberfläche der 
Baumteile trifft.“ 

„Die Abkühlung des Baumes erfolgt durch Ausstrahlung, durch 
den Verdunstungsprozeß der Blätter und durch das kalte im Splint 
emporströmende Bodenwasser.“ 

Sehen wir nun zu, weiche von diesen Faktoren auf die Camper 


Gck igle 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. 12!) 

Kirschbäume ein wirken. Was zunächst die Boden wärme betrifft, so 
kann ich hierfür für die Camper Gemarkung leider keine Angaben 
machen. Überhaupt sind, meines Wissens, in der hiesigen Gegend 
in den letzten Jahren keine Temperaturmessungen im Boden vor¬ 
genommen worden. An der hiesigen meteorologischen Station wurden 
nur Messungen der Temperatur an der Oberfläche ausgeführt, bei 
welchen in den letzten drei Jahren folgende Zahlen erhalten wurden: 



1903 

1904 

1905 

Absolutes 

Maximum 

Mittleies 

Maximum 

Absolutes 

Maximum 

i 

Mittleres 

Maximum 

Absolutes 

Maximum 

Mittleres 

Maximum 

Mai. 

37,4 

26,6 

37,6 

29.0 

37,1 

28.2 

Juni .... 

43,3 

28,9 

38,0 

21,9 

38,9 

31,7 

Juli. 

39, S 

29,7 

46,5 

36.9 

40,4 

34.8 

August . . . 

33,5 

27.2 

40,5 

32,9 

38,9 

30,9 

September . . 

34,0 

24,0 

34.5 

29 2 

34,9 

24,1 


Die Temperatur unmittelbar über der Erdoberfläche steigt somit 
in der hiesigen Gegend zu ganz beträchtlichen Höhen heran, sie 
wird jedoch in den sehr geschützt liegenden Camper Kirschen- 
pflanzuugen eine noch höhere sein. Da dort die Bäume sehr frei 
und vielfach an einem Abhange stehen, wird selbst die sie unmittel¬ 
bar umgebende Erde durch die Sonnenstrahlen sehr erwärmt und 
ausgetrocknet werden. 

Weiter sind die Winter am Rhein seit der zweiten Hälfte der 
1890 er Jahre abnorm trocken gewesen, so daß wahrscheinlich der 
Boden an und für sich seit dieser Zeit nicht mehr die für die Ent¬ 
wicklung der Bäume notwendige Feuchtigkeit enthält. Beim Rigolen 
eines den ganzen Winter über offenen Feldes (Rübenacker) wurde 
in der Gemarkung Geisenheim im Winter 1905/06 der Boden bereits 
'/, m unter der Oberfläche vollkommen trocken befunden. 

Und drittens ist die Bestrahlung der Stämme der Kirschbäume, 
wie unsere angeführten Temperaturbeobachtungen ergeben haben, 
eine sehr starke. 

Es wirken somit vom Boden wie- von der Luft aus eine An¬ 
zahl ungünstiger Einflüsse auf die Kirschbäume ein, durch welche 
ihre sonst sehr lebhafte Transpiration verringert wird. Die Folge 
hiervon ist, daß eine Übererwärmung ihrer Äste und Stämme und 
damit ihr Absterben eintritt. Alle diese ungünstigen Einflüsse 
wirken auf die jungen, dünnen und flachwurzelnden Bäume natür¬ 
lich viel stärker ein. als auf die älteren, und hiermit hängt zu¬ 
sammen, daß die ersteren vollständig und in großer Zahl absterben, 
während an den letzteren meist nur ein oder wenige Aste ver¬ 
trocknen. Genau in derselben Weise wird auch das Eingehen der 
Erlen erfolgen. 

Sollte unsere Ansicht über die Ursache des Kirschbaumsterbens 
richtig sein, so wird sich für die Bekämpfung dieser Krankheit kaum 
ein brauchbares Mittel finden lassen, denn eine Bewässerung des 

Ocisonhoiinor Bericht I'.mG. 


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Original fro-m 

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]‘{0 III- Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


Bodens läßt sich kaum oder doch nur mit hohen Kosten durch¬ 
führen. Um die Bäume gegen eine allzu starke Erwärmung zu 
schützen, dürfte es sich jedoch empfehlen, sowohl ihre Stämme als 
auch ihre Äste mit Kalkmilch zu bespritzen oder wenigstens erstere 
mit schlechten Wärmeleitern (Schilf oder Stroh) zu umgeben. Zum 
Bespritzen der Bäume mit Kalkmilch wird sich sehr gut die neue 
Spritze „Fix 4, der Firma Adolf Stephans Nachfolger zu Schar- 
ley O./S. eignen. 

Wir beabsichtigen — vorausgesetzt, daß uns die Camper 
Kirschenzüchter eine Anzahl Bäume dafür zur Verfügung stellen — 
in diesem Frühjahr einige Bäume in der beschriebenen Weise zu 
behandeln. 

4. Über eine starke Goldafterepldemie in der Gemarkung 

Hochhelm a/Hain. 

Von Dr. G. Lüstner. 

Gelegentlich einer Fahrt von Geisenheim nach Frankfurt a/Main 
sah ich vom Zuge aus an den in der Gemarkung Hochheim a/Main 
stehenden Obstbäumen eine größere Anzahl von zusammengesponnenen 
Blättern, welche eine große Ähnlichkeit mit Raupennestern hatten. 
Bei einer hierauf hin am 22. Januar vorgenommenen Besichtigung 
dieser Gemarkung konnte ich feststellen, daß ich mich nicht ge¬ 
täuscht hatte. Es wurde hierbei ermittelt, daß der Goldafter 
(Porthesia chrysorrhoea) dort ungemein stark auftritt, denn bei 
näherer Betrachtung ergab sich, daß alle an den dortigen Bäumen 
vorhandenen Blattgespinste die Raupennester dieses gefährlichen 
Obstbaufeindes darstellen. Ich beobachtete diese Nester in größerer 
Zahl vorwiegend an Zwetschenbäumen, dann aber auch an Birn- 
und Apfelbäumen. Fast jeder Baum erwies sich bei der Unter¬ 
suchung, die in den Anlagen am Main vorgenommen wurde, be¬ 
fallen, und an einzelnen Bäumen betrug die Zahl der Raupennester 
über hundert. Die beistehenden Photographien, die in der Ge¬ 
markung Hochheim am 22. Januar aufgenommen wurden, zeigen, 
wie stark die Bäume dort befallen waren. (Tafel 4 und 5.) 

Außer in der Gemarkung Hochheim sah ich vom Zuge aus die 
Nester in größerer Zahl auch an den Obstbäumen (meist Zwetschen) 
der Gemarkung Kostheim und Kastei bis zur Station G’nrve. 

Für das nächste Jahr ist somit in den genannten Gemarkungen 
ein starker Goldafterfraß zu erwarten. Und da sich die Nester in 
so großer Zahl an den Bäumen vorfinden, ist es höchstwahrschein¬ 
lich, daß viele Bäume vollständig kahl gefressen werden, wodurch 
sie nicht allein in ihrer Entwicklung empfindlich gestört werden, 
sondern auch die Ausbildung ihrer Früchte nachteilig beeinflußt wird. 

Um derartigen Schäden vorzubeugen, wurde dem Herrn Regie¬ 
rungspräsidenten zu Wiesbaden über das starke Auftreten des Gold¬ 
afters in der Gemarkung Hochheim Bericht erstattet, in dem darauf 
hingewiesen wurde, daß es zweckmäßig sei, wenn den dortigen Obst- 
ziichtern die Polizei-Verordnung, betreffend das Entfernen der Raupen- 


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CALIFORNIA 


Goldafternester in den Kronen von Zwetschenbäumen. 
Aufgenommen am 22. I. Oü in der Gemarkung Hochheini a Main. 






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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 131 

nester von den Bäumen, ins Gedächtnis zurückgerufen würde. Da¬ 
bei sollte mitgeteilt werden, daß diese Arbeit gerade in diesem Jahre 
so sorgfältig wie nur irgend möglich ausgeführt werden muß, damit 
die Ausbreitung des Schädlings im kommenden Sommer verhindert 
wird. Die abgeschnittenen Nester dürfen auf keinen Fall unter den 
Bäumen liegen bleiben, sondern müssen sofort verbrannt werden, 
weil sonst die Raupen am Leben bleiben und nach ihrem Erwachen 
aus dem Winterschlafe die Obstbäume wieder besteigen. 


5. Zum Auftreten der beiden Traubenwickler im Rheingau. 

Nachdem der einbindige Traubenwickler (Tortrix ambiguella) 
im vergangenen Sommer nur schwach aufgetreten war, zeigte er 
sich auch in diesem Jahre in den Weinbergen des Rheingaues in 
nur geringen Mengen. Dagegen hat der bekreuzte Traubenwickler 
(Eudemis botrana) auch in diesem Jahre wieder an Verbreitung 
gewonnen. Es steht zu erwarten, daß letzterer im Laufe der Zeit 
in der hiesigen Gegend sich nicht nur ebenso stark vermehren wird, 
wie der einbindige Wickler, sondern daß er ihn auch an Schädlich¬ 
keit noch übertreffen wird, da er in 3 Generationen auftritt, also 
sozusagen den ganzen Sommer über im Raupenzustand in den 
Weinbergen vorhanden ist. Wie ich bereits auf der Heu- und Sauer¬ 
wurmversammlung in Mittelheim im Frühjahr vorigen Jahres mit¬ 
geteilt habe, ist es höchstwahrscheinlich, daß der bekreuzte Wickler 
mit Kurtrauben nach Wiesbaden gekommen ist und von hier aus 
über die Spalierreben der Wiesbadener Gärten allmählich in den 
Rheingau gewandert ist. Der bekreuzte Wickler zeigt sich besondere 
häufig in den südlichen weinbautreibenden Ländern. Er liebt somit 
wärmere Gegenden, weshalb wir ihn auch bei uns am häufigsten 
an Mauer- und Hausspalieren antreffen. In diesem Jahre wurde 
die Eudemis namentlich in den westlichen Lagen der Gemarkung 
Geisenheim und besondere häufig in den Rüdesheimer Weinbergen 
beobachtet. 

Als im Sommer 1004 die Vermehrung des einbändigen Trauben¬ 
wicklers im Rheingau plötzlich auffallend stark abnahm, konnte hier¬ 
für eine Erklärung nicht gefunden werden, weil sein Verschwinden 
kein einheitliches war; namentlich von den Rüdesheimer Weinguts¬ 
besitzern wurde damals noch über starke Heu- und Sauerwurm¬ 
schäden geklagt. Heute sehen wir klarer in dieser Frage. Ich 
bin der Ansicht, daß in 1904 infolge der starken Hitze der ein¬ 
bindige Traubenwickler zu Grunde gegangen ist, und daß die Schäden, 
welche damals noch beobachtet wurden, nicht von diesem, sondern 
von dem bekreuzten Wickler, der 1904 in der hiesigen Gegend die 
günstigsten Bedingungen für seine Entwicklung vorfand, verursacht 
worden sind. Dr. Lüstner. 


«r 


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132 IIL Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


C. Bekämpfungsversuche. 

1. Bekämpfung des Springwurmwicklers ln der Gemarkung 

Lorch im Rheingau. 

Von Dr. G. Lüstner. 

Für dieses Jahr waren folgende Maßnahmen zur Bekämpfung 
des Springwurmwicklers vorgesehen. 

a) Während des Winters. 

1. Das Bespritzen der Stöcke und Pfähle mit einer 4 proz. Lysollösung. 

2. Das Behandeln der Stöcke und Pfähle mit schwefliger Säure. 

b) Während des Sommers. 

3. Das Einsammeln der Eier. 

4. Das Abschütteln der Raupen auf mit Klebstoff bestrichene 
Blechgefäße. 

Von diesen Arbeiten konnte die letztgenannte leider nicht vor¬ 
genommen werden, weil hierzu die zur Verfügung gestellten Gelder 
nicht ausreichten. 

Die Arbeiten nahmen am 20. Februar mit der Behandlung der 
Stöcke und Pfähle mit 4 prozent. Lysollösung ihren Anfang. Um 
dieser Flüssigkeit das Eindringen bis zu den verborgen sitzenden 
Räupchen zu erleichtern, wurden die Schenkel der Stöcke zunächst 
mit Drahtbürsten abgekratzt, die hierbei entfernten Borketeile sorg¬ 
fältig auf einem um den Stock ausgebreiteten Tuche gesammelt und 
an Ort und Stelle verbrannt. Durch diese Maßnahmen sollten zu¬ 
gleich alle Räupchen, welche sich mehr oberflächlich eingesponnen 
hatten, vernichtet werden. Die Arbeit wurde von 7 Arbeitern in 
der Zeit vom 20. Februar bis 18. März ausgeführt. Ihre Leistungen 
an den einzelnen Tagen sind aus nachstehender Tabelle zu ersehen. 


Am 

20. 

Februar . . 

.... 700 

Stöcke 


21. 


... 705 



22. 

„ 

.... 909 



23. 

„ . 

. . . . 875 



24. 

, • • 

.... 090 



25. 

. 

785 



27. 

v • 

.... 709 



28. 


.... 790 



1. 

März . . . 

.... 850 



2 


. . . . 775 



4. 


.... 708 



0. 


.... 487 



7. 


.... 530 



8. 


.... 590 



9. 


.... 010 



10. 


. . . . 5S5 



13. 


. 575 



14. 


.... 005 



18. 


. . . .1145 



1!) 

'lagt.' 

13 809 

Stöcke 


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<ele 


Original fro-m 

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Bericht Uber die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 1 ,'53 


In 19 x 7 = 133 Arbeitstagen wurden somit 13 809 Stöcke be¬ 
handelt. Das macht pro Tag und Arbeiter 104 Stöcke. Für die 
Arbeit wurde bezahlt: 373,11 M, wozu noch 11,25 M für die An¬ 
schaffung von 15 Drahtbürsten (ä Stück 75 Pf.) kommen, so daß im 
ganzen 384.36 M verausgabt wurden. Die Kosten für einen Morgen 
(2500 Stöcke) würden hiernach 69,58 M betragen. 

Im Vergleich mit den von französischen Forschem über die 
Kosten dieses Verfahrens gemachten Angaben, ist die von uns er¬ 
haltene Zahl als eine hohe zu bezeichnen. Nach Valöry Mayet, 
der das Entborken der Stöcke mit einer besonders für diesen Zweck 
hergestellten Kette ausführen ließ, belaufen sich dieselben in Frank¬ 
reich nur auf 83,96 Fr. pro Hektar (10000 Stöcke). Laborde gibt dafür 
100—120 Fr. pro Hektar an und nach Chauzit sollen sie je nach 
dem Alter der Stöcke zwischen 45 und 70 Fr. pro Hektar schwanken. 
Bestimmte Angaben über die Kosten des Entborkens der Reben 
werden sich überhaupt nicht machen lassen, da dieselben, neben 
dem Alter der Stöcke, noch je nach ihrer Erziehungsart und der 
Sorgfalt mit der die Arbeit ausgeführt wird, verschieden sein werden. 
Gerade auf diesen letzteren Umstand dürfte es zurückzuführen sein, 
«laß die in Frankreich bei der Durchführung dieser Maßnahmen er¬ 
haltenen Zahlen so weit von den von uns erlangten abweichen. 

Nachdem die alte Borke von den Stöcken entfernt worden war, 
wurde am 15. März mit dem Bespritzen der Schenkel und Pfähle 
mit 4 prozent. Lysollösung begonnen und diese Arbeit auch am 
17. März noch weiter geführt. Zum Bespritzen wurde die bekannte 
Spritze ,,Syphonia u der Firma Mayfarth & Comp, zu Frankfurt a./M. 
benutzt. Es wurden behandelt: 

Am 15. März 1900 Stöcke mit den dazu gehörigen Pfählen 
17 1941 

** xi. v A 1 m V v 11 11 '1 

In 2 Tagen 3841 Stöcke mit den dazu gehörigen Pfählen. 

An Flüssigkeit wurde hierzu gebraucht: 600 1 Wasser mit 24 1 
Lysol ä Liter 2,50 M — 60 M. Dazu kommt noch der Lohn für 
4 Arbeiter und 2 Tage — 8 Arbeitstage ä 2,50 M = 20 31. Die Be¬ 
handlung der 3841 Stöcke mit ihren Pfählen hat somit 80 M ge¬ 
kostet; die Ausgaben für einen Stock betragen hiernach 2 Pf., für 
den Morgen (2500 Stöcke) 50 M. 

Bei dieser Berechnung sind die Anschaffungskosten für die 
Spritzen und die Bütte zur Herstellung der Spritzflüssigkeit nicht 
berücksichtigt worden, weil diese Gegenstände in den meisten Be¬ 
trieben vorhanden sind. Die Kosten hierfür beliefen sich bei 
unserem Versuche auf 

177,— 31 für 4 Syphonia-Spitzen mit Pumpe a 44.25 31 (wovon 
nur 2 neu angeschafft wurden) und 
35.— 31 für eine Bütte 

212,— 31. 

Somit würden sich im ganzen die Ausgaben belaufen auf 
292 31 oder pro Stock auf 8 Pf., pro 3Iorgen 190 31. Die 


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134 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


Kosten für das Herbeischaffen des Wassers kommen bei unserem 
Versuche nicht in Betracht, weil dasselbe sich ganz in der Nähe 
des Versuchsfeldes vorfand. 

Nach unserem Arbeitspläne sollten alle mit Drahtbürsten be¬ 
handelten Stöcke mit Lysol bespritzt werden. Es mußte hiervon 
jedoch aus zwei Gründen Abstand genommen werden. Einmal des¬ 
halb, weil sich bei der Durchführung dieser Arbeit zeigte, daß eine 
viel zu große Menge der Spritzflüssigkeit uubenutzt verloren geht, 
und dann, und das ist der Hauptgrund, weil bei der Kontrolle der 
im allgemeinen sehr stark gespritzten Stöcke beobachtet wurde, daß 
selbst an den sehr sorgfältig entborkten Stöcken, das Insekticid nicht 
immer unter die an ihnen stehen gebliebenen Borkenreste vordringt. 
Beim Abziehen solcher Borkenstreifen zeigte es sich, daß die unter 
ihnen liegenden Borke- resp. Rindenteile, an denen sich hauptsäch¬ 
lich die überwinternden Springwürmchen vorfinden, noch vollkommen 
trocken waren. Das Lysolwasser gelangt somit in vielen Fällen gar 
nicht bis zu den Räupchen, weshalb ein voller Erfolg mit ihm nie¬ 
mals erreicht werden kann. Der Versuch wurde deshalb bereits 
nach zwei Tagen abgebrochen und in anderer Form weitergeführt. 

Um die Flüssigkeit soviel wie möglich auszuuutzen und ihr 
ein möglichst tiefes Eindringen unter die stehengebliebenen Borke¬ 
teile zu ermöglichen, wurden vom 16.—24. März die Schenkel mit 
Lysol abgebürstet. Hierzu fanden kleine Bürstchen, wie sie 
zum Einschmieren der Schuhe benutzt werden, Verwendung. Jeder 
Arbeiter erhielt einen kleinen Zinkeimer mit Lysolwasser, iu welches 
er das Bürstchen nach Bedarf eintauchte, damit die Flüssigkeit auf 
die Stöcke übertrug, um sie dann möglichst gut in die Borke ein- 
zureibeu. Von vier Arbeitern wui'den auf diese Weise gebürstet: 

Am 16. März 976 Stöcke 


20. ,. 

976 

21. .. 

976 

22. 

976 

23. 

976 

24. ,. 

980 


In 24 Arbeitstage 5860 Stöcke. 

Ein Arbeiter hat somit an einem Tage 244 Stöcke abgebürstet. 
An Lysol wurden verbraucht: 6 1 ä 2,50 M = 15 M. Der Arbeits¬ 
lohn betrug für 24 Tage ä 2,50 M == 60 M. Dazu kommen die 
Anschaffungskosten für 4 Zinkeimer ä 0,70 M = 2,80 M und für 
12 Bürstchen ä 0,10 M => 1,20 M. Die Gesamtausgaben für den 
Versuch belaufen sich somit auf 79 31. Die Behandlung eines 
Stockes stellt sich hiernach auf 1 Pf, die eines Morgens (2500 Stöcke) 
auf 25 M. 

Der Rest der entborkten Stöcke blieb, um zu sehen, inwieweit 
diese Maßnahme für sich allein wirksam ist, ohne jede andere Be¬ 
handlung. 

Der Versuch, die Springwürmer mittels schwefliger Säure zu 
vernichten, kam in diesem Jahre im unteren Teile der „Niederflur* 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologisehen Versuchsstation. 135 


in ähnlicher Weise wie im vergangenen Winter zur Ausführung- 
Es fanden hierbei 6 Arbeiter Verwendung, welche, wie aus nach¬ 
stehender Tabelle hervorgeht, innerhalb 57 Arbeitstage 7731 Stöcke 
mit den dazu gehörigen Pfählen behandelten. 


Am 14. März 

530 Stöcke 

mit den dazu gehörigen Pfählen 

,. 15. .. 

625 ,. 


.. 10 . ., 

712 ,. 


., 17. ., 

744 .. 


.. LS. „ 

7S2 .. 


.. 20. ., 

75)0 .. 


,. 21. ,. 

872 


22. 

85)7 


23. " 

889 ,. 

« •• »1 " 

24. ., 

890 „ 



In 10 Tagen 7731 Stücke mit Pfählen. 


Im ganzen wurde an 57 Arbeitstagen ä 2,50 M geschwefelt, 
welche Arbeit 142.50 M kostete. Hierzu waren 260 s / 4 Pfd. Schwefel 
ä Pfund 17 resp. 22 Pf = 47,57 M nötig. Dazu kommen noch die 
Anschaffungskosten für 20 Blechglocken ä 7 M = 140 M und der 
Transport derselben nach dem Versuchsfeld = 3 M, so daß die 
ganzen Ausgaben 333,07 M betragen. Für einen Stock zu schwefeln 
betragen somit die Kosten 4 Pf für einen Morgen (2500 Stöcke) 
100 M. 

Ein auffallender Erfolg trat bei keinem der angeführten Ver¬ 
suche ein. Die Blätter der auf den Versuchsparzellen stehenden 
Reben zeigten im Sommer faßt ebensoviele Fraßstellen, wie die der 
nicht behandelten Stöcke, dabei war der Raupenfraß in den Lagen, 
in denen die Ai’beiten ausgeführt wurden, überhaupt ein auffallend 
geringer. Es war dies um so eigentümlicher, als im vergangenen 
Jahre gerade in den Versuchsweinbergen, die ja deshalb auch für 
die Bekämpfung ausgewählt worden waren, die Raupen sich in sehr 
großen Mengen gezeigt hatten. 

Diese eigenartige Erscheinung kann nur, wie gleich näher ge¬ 
zeigt werden soll, darauf zurückgeführt werden, daß der Spring¬ 
wurmwickler die Lagen, in denen sich seine Raupen im 
vergangenen Jahre so massenhaft gezeigt haben, ver¬ 
lassen und an einer anderen Stelle festgesetzt hat, kurz 
gesagt: daß der Springwurm Wickler wandert, so daß seine Schäden 
im Laufe der Zeit an den verschiedensten Stellen einer 
(Jemarkung in die Erscheinung treten. 

Diese Annahme deckt sich vollständig mit meinen seitherigen 
Beobachtungen. Vor Beginn der Bekämpfungsarbeiten im Sommer 
15)03, zeigte sich ein größerer ..Springwurmherd“ in den mittleren 
Lagen der ..Niederflur“, 15)04 verschob sich derselbe ganz an den 
Fuß dieses Hanges und in diesem Sommer konnte er an dessen 
oberen Ende nachgewiesen werden. Diese Verschiebung des Herdes 
kann, wie gesagt, nur mit einer Wanderung des Schädlings in Zu- 


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III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 

sammenhang stehen. Und da seine Raupen unmöglich größere 
Strecken zurücklegen können, müssen die Wanderungen von 
den Schmetterlingen ausgeführt werden. Hierfür läßt sich 
auch leicht eine Erklärung finden. 

Wenn nämlich die Raupen in einer Weinbergslage in größerer 
Menge auftreten, so fressen sie die Stöcke fast vollständig kahl, so 
daß von den Blättern nur die stärkeren Rippen oder gar nur die 
Stiele übrig bleiben. Hierdurch finden die Weibchen keine Gelegen¬ 
heit mehr, ihre Eier, die nur auf die Oberseite der Blätter abgelegt 
werden, an der Stelle, an der sie sich entwickelt haben, abzusetzen, 
weshalb ihnen nichts anders übrig bleibt, als ihre Brut in anderen 
Weinbergen, deren Stöcke noch ihr Laub besitzen, unterzubringen. 

Hierbei darf auch nicht unbeachtet bleiben, daß der Spring¬ 
wurmwickler ein Nachtschmetterling ist, der sich tagsüber mit Vor¬ 
liebe auf der Unterseite der Blätter oder im Innern der belaubten 
Stöcke aufhält, wo er von den Sonnenstrahlen nicht getroffen wird. 
An stark besessenen Stöcken findet er einen solchen Schutz nicht, 
oder doch nur in geringem Maße, weshalb er sie bei der Suche nach 
einem Ruheplatz für die Tageszeit nicht beachten wird. 

Diese Wanderungen des Schädlings werden natürlich nur dann 
erfolgen, wenn er in einer Gemarkung in stärkerem Maße auftritt, 
während bei einem schwächeren Vorkommen, wie dies z. B. im 
übrigen Rheingau der Fall ist, seine Verbreitung eine gleichmäßig 
fortschreitende ist. 

Soviel mir bekannt, ist auf die Wanderungen des Springwurm¬ 
wicklers seither noch nicht hingewiesen worden, wenigstens fand ich 
sie in keiner mir zugänglichen Beschreibungen des Insektes erwähnt. 
Sie verdienen jedoch die größte Beachtung, weil sie höchstwahr¬ 
scheinlich die Ursache sind, weshalb so viele der gegen 
die überwinternden Räupchen ausgeführten Bekämpfungs¬ 
versuche — auch die unsrigen — resultatlos verlaufen sind. 
Bis jetzt wurde die Vernichtung dieser Räupchen nur in solchen 
Weinbergen vorgenommen, in denen die Raupen der vorhex- 
gegangenen Generation den größten Schaden hervorgerufen hatten, 
weil man vermutete, daß sich hier auch die jungen Räupchen in 
größerer Zahl vorfänden. Unsere neuen Beobachtungen besageu uns, 
daß dies vielfach nicht der Fall ist; sie ließen uns erkennen, daß 
nach einem starken Fräße die jungen Springwürmer sich in einem 
ganz anderen Teile der Gemarkung aufhalten, als wo sich ihre Eltern 
entwickelt haben. Seither kam man sozusagen bei der Bekämpfung 
der überwinternden Räupchen immer zu spät, wie dies sehr schön 
unsere eignen Versuche beweisen. Während sich nämlich in der 
Gemarkung Lorch die größte Zahl der Räupchen in dem unteren 
Teile der „Niederflur 1 befanden, suchten wir sie noch in den mitt¬ 
leren Lagen dieser Parzelle zu bekämpfen und als wir sie in den 
unteren Lagen unschädlich machen wollten, hielten sie sich bereits 
in den oberen auf. 

Wohin die Schmetterlinge ihre Brut absetzen, läßt sich im 
voraus natürlich nicht erkennen, jedoch wird hierbei die Witterung, 


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Gciscuheimer Bericht 1005 . Tafel 6 . 



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■. Lüstner phot. Verlag von Paul Parey in Berlin S.W. 

a Eihäufchen des Springwurmwicklers auf 1. einem Ibduuderblatt, 2. einem AYindenblatt, 3. einem Brombeerblatt. 

Gesammelt in der Gemarkung Lorch. Sommer 1905. 


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Qrigsinal fro-m 

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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 1 37 


namentlich der Wind, durch welchen die Schmetterlinge leicht ver¬ 
weht werden können, eine Rolle spielen. Die neuen Herde werden 
entweder unmittelbar neben den alten oder aber in kleinerer oder 
größerer Entfernung von diesen entstehen. 

Nachdem ich diese Verhältnisse beim Springwurmwickler er- 
kanut hatte, versuchte ich sie gleich bei seiner Bekämpfung zu ver¬ 
weilen. Es kam mir hierbei vor allem darauf an, eine Stelle in 
der Lorcher Gemarkung ausfindig zu machen, an welcher im näch¬ 
sten Jahre — 1906 — ein stärkerer Springwurmfraß, ein sog. 
„Springwuirmherd“ in die Erscheinung treten wird. Als eine solche 
Stelle kann wohl diejenige Lage bezeichnet werden, an der die 
Schmetterlinge in diesem Jahre — 1905 — eine auffallend große 
Menge Eier abgelegt haben, denn die sich aus diesen entwickelnden 
Räupchen sind es ja, welche im nächsten Sommer den Schaden 
hervorrufen. Um den Herd zu ermitteln, blieb somit nichts anderes 
übrig, als die ganze Lorcher Weinbergslagen nach den Eiern des 
Schmetterlings abzusuchen. Diese Arbeit wurde am 24. Juli zu¬ 
nächst in der,,Niederflur“ ausgeführt, hierbei aber leider eine solche 
Stelle nicht ermittelt. Am Nachmittage desselben Tages wurde die 
Untersuchung in den oberhalb der Wispermündung gelegenen Wein¬ 
bergen fortgesetzt und hier gelang es mir nach kurzer Zeit, einen 
zukünftigen Springwurmherd festzustellen. Diese Stelle befand sich 
in der Parzelle „Wacken“ in deren Nähe die Raupen in diesem 
Sommer sehr großen Schaden hervorgerufen hatten. Während sich 
in den anderen Lagen nur hier und da ein Eihäufchen auf den 
Rebblättern zeigte, fanden sich die Eier in der Lage „Wacken“ in 
sehr großen Mengen vor. Es gab hier Stöcke, an denen 6—8 
Blätter mit Eiern belegt waren und auf einzelnen Blättern wurden 
bis über ein Dutzend Eihäufchen beobachtet. Aber nicht allein an 
den Reben traf ich hier die Eier an, sondern ich ermittelte sie auch 
an den in der Nähe stehenden Sträuchern — Holunder (Sambucus 
nigra) •— und einer Brombeerart und an den zwischen den Zeilen 
wachsenden Winden (Convolvulus arvensis). (Tafel 6.) Hieraus 
ist schon zu erkennen, in wie großer Zahl die Schmetterlinge sich 
an dieser Örtlichkeit aufgehalten haben. 

Die Parzelle „AVacken l, ‘ eignete sich somit vorzüglich für die 
Durchführung des dritten Versuches, für das Einsammeln der Eier. 
Di ese Maßnahme ließ ich von Schulkindern — Knaben im Alter 
von 18—14 Jahren — vornehmen, welche mir von dem Bürger¬ 
meister von Lorch, Herrn Baron von Seheibl er, hierzu giitigst 
zur Verfügung gestellt wurden. Jedes Kind erhielt 1,20 M Tage¬ 
lohn woneben noch Prämien von 50 Pf. bis 1.50 AI für die besten 
Sucher ausgesetzt wurden. Vor Beginn der Arbeit ließ ich die 
Kinder in der Schule Zusammenkommen und unterrichtete sie hier 
über die Lebensweise, Entwicklungsgeschichte und Bekämpfung des 
Springwurmwicklers, wobei ich jedem Blätter mit frisch gelegten 
und ausgegangenen Eihäufchen vorlegte, deren Aussehen sie sich 
genau einprägen mußten. Erst hiernach wurde mit der Suche nach 
•len Eiern begonnen. Hierbei zeigte es sich, daß die Kinder die 


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138 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


Eier sofort auffanden. Sie arbeiteten, wie dies zu erwarten war, 
anfangs flüchtig. Als sie jedoch immer wieder auf die von ihnen 
übersehenen Eihäufchen aufmerksam gemacht wurden und manche 
Zeile bis sechsmal absuchen mußten, wurden sie ruhig und ließen 
keine Eier mehr liegen. 

Was diese Kinder in 5 Tagen geleistet haben, zeigt die nach¬ 
stehende Tabelle: 


Zahl der an den einzelnen Tagen von den Kindern 
gesammelten Eihäufchen. 



24. Juli 

i 

25. Juli : 

1 

26. Juli 

27. Juli 

2S. Juli 

Summe 
der ge¬ 
sammelten 
Eier 

Kind 

1 . . . 

4S3 

475 

40] 

225 

260 

1844 


2 . . . 

403 

370 

300 

364 

3! »2 

1829 


3 . . . 

37> 1 

359 

— 

383 

206 

1299 


4 . . . 

291 

530 

379 

171 

501 

1872 


r> . . . 

258 

470 

358 

204 

279 

1659 


o . . . 

3i 19 

4 (iS 

— 

— 

121 

898 


i 

291 

7)75 

639 

276 

400 

2181 


8 . . . 

427 

395 

512 

371 

417 

2122 


9 . . 

"»17 

625 

811 

434 ! 

394 

2781 


10 . . . 

513 

432 

709 

515 

369 

2538 

,, 

11 . . . 

302 

7 65 

1030 

614 

739 

3540 


12 . . . 

570 

865 

346 

439 

440 

2660 


13 . . . 

82 7 

1000 

»>07 

502 

; 6 . 1 .') 

3251 


14 . 

400 

477 

319 

605 

! 510 

2401 


ir> . . . 

286 

327 

2t >9 

319 

! 440 

1581 


16 . . . 

131 

495 

462 

276 

1 318 

1682 


17 . . . 

163 

205 

332 

198 

1 270 

1168 


6702 

; 8833 i 

7o34 

50N0 

6751 

35306 


Es wurden somit in 5 Tagen von 17 Schulknaben 3530t) 
Eihäufchen gesammelt, das macht pro Tag und Kind 415 Eihäufchen. 
Die größte Zahl Eihäufchen die an einem Tage von einem Kinde 
abgeliefert wurde betrug 1030, die geringste 121 Stück. Die Eier 
fanden sich au 2327 Stöcken, also auf ungefähr einem Morgen 
Weinbergsfläche vor. Jedes Eihäufchen enthält im Durchschnitt 
50 Eier, so daß wir in einer Zeit von 5 Tagen 50.35306*= 1705300 
Eier eingesammelt haben. 

Die Eier wurden in einem großen Sack gesammelt und sofort 
verbrannt. Die Kosten für das Aufsuchen der Eier beliefen sich 
— inklusive Aufsicht und Prämien — auf 118,80 M. Beiliegende 
Photographien zeigen die Eihäufchen auf einem Brombeerblatt, 
einem Holunderblatt und einem Windenblatt in ungefähr natür¬ 
licher Größe. 

Die Methode, den Springwurm durch Einsam mein und Ver¬ 
brennen seiner Eier zu bekämpfen, ist schon sehr alt. Sie wurde 
bereits 1837 von Audouin empfohlen und früher in Frankreich 
vielfach angewandt. In neuerer Zeit ist sie dort von dem Echau- 


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Bericht über die Tätigkeit der pflauzeu pathologischen Versuchsstation. ] ;j<) 


dage-Verfahren (Begießen der Stöcke mit heißem Wasser) ver¬ 
drängt worden. (Dewitz, die Bek. der ampelophagen Mikrolepidop- 
teren. Bakt. Centralbl. 1905, S. 467). In Deutscldand ist sie 
meines Wissens seither im großen noch nicht durchgeführt worden 
und zwar höchstwahrscheinlich deshalb, weil man hier der An¬ 
sicht ist, daß die Eihäufchen von den Arbeitern übersehen würden. 
Daß diese Annahme nicht zutreffend ist, hat unser diesjähriger Ver¬ 
such gezeigt. Selbstverständlich müssen die Arbeiter vor Beginn 
des Suchens genau über das Aussehen der Gelege unterrichtet 
werden. i 

Eine ganze Anzahl Wiuzer aus Lorch und Lorchhausen be¬ 
sichtigten während des Einsammelns der Eier das Versuchsfeld und 
anerkannten das Zweckmäßige dieser Bekämpfungsmethode. Einige 
Weingutsbesitzer ahmten sogar die Arbeit sofort nach und ließen in 
ihren eigenen Weinbergen die Eier aufsuchen und vernichten. Es 
ist bestimmt zu erwarten, daß im nächsten Jahre diesen Beispielen 
noch weitere folgen werden, denn die Winzer beginnen einzusehen, 
daß es durch diese Arbeit leicht gelingt, einem größeren Spring- 
wurmfraße vorzubeugen. 


2. Bekämpfungsversuche gegen die rote austernförmige Schild¬ 
laus (Diaspis pyrl Boisd. = D. fallax How.). 

Von Dr. G. Lüstner. 

Auf den großen Schaden, welchen die rote austernförmige 
Schildlaus im Obstmuttergarten der Anstalt anrichtet, ist in diesen 
Berichten schon öfters hingewiesen worden. Sie ist hier sicher der 
gefährlichste Schädling, der nicht allein die Bäume, namentlich die 
Birnen, empfindlich in ihrer Entwicklung stört, sondern auch die 
Ausbildung ihrer Früchte bedeutend beeinträchtigt. Die Worte 
Goethes über den Schildlausschaden im allgemeinen „Es unter¬ 
liegt aber gar keinem Zweifel, daß diese Tiere trotz ihrer Kleinheit, 
wenn sie in größerer Zahl auftreten, die Kräfte einer Pflanze der¬ 
artig zu erschöpfen vermögen, daß Siechtum, Unfruchtbarkeit urfd 
vorzeitiges Absterben die Folge sind“ (Beobacht, über Schildläuse 
und deren Feinde usw. usw., Jahrbücher des nassauischen Vereins 
für Naturkunde, 37. Bd., S. 112). sind vor allen für diese Art zu¬ 
treffend. 

Das Insekt ist im Muttergarten schon längere Zeit vorhanden, 
doch scheint es sicli erst seit ungefähr 10 Jahren stärker auszu¬ 
breiten. Es ist im Jahre 1872 bei der Anlage des Muttergaitens 
der Anstalt mit aus Frankreich bezogenen Birnbäumen bei uns ein¬ 
geführt worden. Hierauf weist wenigstens die Angabe Goethes 
in seiner obengenannten Arbeit (S. 115) „Es fanden sich unter den 
Birnhochstämmen der Anstalt eine größere Anzahl aus Frank¬ 
reich bezogener, deren Stämme einen ganz unregelmäßigen Wuchs 
mit Vertiefungen und heutigen Anschwellungen zeigten,“ hin. ln 
den Vertiefungen fand Goethe ganze Kolonien einer Schildlaus 


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140 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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vor, und er erblickte in dieser den Urheber des Schadens. Goethe 
beschrieb diese Laus damals allerdings noch unter dem Namen 
Diaspis ostreaeformis Curtis, betont aber (S. 114; „daß zwischen dem 
Diaspis ostreaeformis auf Apfelbäumen und demjenigen, welcher auf 
Birnbäumen lebt, ein wesentlicher Unterschied besteht „Das Weib¬ 
chen des ersteren sieht nämlich gelb aus und hat in den oberen 
seitlichen Gruppen 10, in den unteren 9 Filieren. Das Weibchen 
des Diaspis auf Birnbäumen sieht fleisch rosa aus, während die 
oberen seitlichen Gruppen 14 und die unteren 11 Filiören zeigen. 
Freilich muß ich auch hier wieder hervorheben, daß die Zahlen der 
Filieren nicht immer ganz sicher sind. Das letzte Segment ist bei 
beiden Formen charakteristisch honiggelb.“ 

Damit war unser heutiger Diaspis pyri Boid. = Diaspis fallax 
How. zum erstenmal für Deutschland nachgewiesen. Und daß das 
Insekt damals im Muttergarten der Anstalt auch schon auf Pflaumen¬ 
bäumen auftrat, ergibt sich daraus, daß Goethe in der genannten 
Arbeit (S. 115) einen Diaspis Leperii Signoret für diese Obstbaum¬ 
art beschreibt, der mit dem Diaspis pyri identisch ist Auf die 
Pflaumenbäume ist die Laus sicher erst von den Birnbäumen aus 
übergegangen, von wo aus sie später auch Äpfel, Pfirsich und Apri¬ 
kosen befiel, die jedoch nicht so stark unter ihr leiden, wie die 
Birnen. 

Die Heimat der roten austernförmigen Schildlaus ist nicht be¬ 
kannt. In Südeuropa ist sie nach Reh (Zur Naturgeschichte mittel- 
und nordeuropäischer Schildläuse, Allg. Zeitschrift für Entomologie 
Bd. 9, S. 33) weit verbreitet und häufig. Feiner wurde sie beob¬ 
achtet in Frankreich, Portugal und Tirol. In Deutschland zeigt sie 
sich namentlich im Rheingau, im südlichen Baden und in Elsaß 
(Rufach und Kolmar). Reh (1. c.) hat sie ferner für Mähren und 
Österreich (Wien) festgestellt und auf Äpfel, die aus Frankreich, 
bezw. Spanien stammen sollten, nachgewiesen. Nach Comstock 
und Cockereil tritt sie auch in Califomien auf. 

Aus dem Gesagten geht hervor, daß Diaspis pyri wärmere 
Gegenden bevorzugt, weshalb er sich seither auch nur über einen 
kleinen Teil von Deutschland ausgebreitet hat. Mit dem Umstande, 
daß die Laus eist vor 34 Jahren bei uns eingeführt worden ist, 
dürfte auch in Zusammenhang stehen, daß sie, wie Goethe und 
Frank angeben, und was ich bestätigen kann, nur selten unter 
Schlupfwespen zu leiden hat, während unsere einheimischen Arten 
sehr stark von diesen Schmarotzern heimgesucht w r erden. Die starke 
Überhandnahme und Ausbreitung des Diaspis pyri im Muttergarten 
ist vielleicht gerade auf das Fehlen seiner Parasiten zurückzuführen. 
Während die Laus in früheren Jahren fast ausschließlich auf den 
Stämmen, Ästen und Zweigen ihrer Nährpflanzen auftrat und nur 
wenige Individuen auch auf die Früchte — Äpfel und Birnen — 
übergingen, zeigte sie sich in diesem Jahre in sehr viel größerer 
Zahl auf letzteren. Besonders stark befallen war die Bimensorte 
„Kuhfuß“, bei der nicht allein die Kelchhöhle mit der Laus förmlich 
ausgefüllt war, sondern auch an anderen Stellen zahlreiche Läuse 


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Geisenheimer Gericht 1005. 


Tafel 7 . 



Verlag von Paul Parey in Berlin S.W. 

Hote austernförmige Schildlaus (Diaspis pyri Boisd D. fallax llow.). a befallener 
Birnenast mit den charakt. Verunstaltungen, b Weibchen; c Mäunchcn; d Larve. 


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Geisenhcimcr Bericht 1905. Tafel 8. 



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Dr. Lüstner phot. Verlag von Paul Parey in Berlin S.W. 

Zur Bekämpfung der roten austernförmigen Sehildlaus mit Karbolineum behandelte Birnbäume. Dieselben zeigen infolge der 

Behandlung einen sehr starken Trieb. 



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Öeisenheimcr Bericht 1905 . v Tafel 9. 



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Dr. Lüstner phot. Verlag von Paul Parey in Berlin S.W. 

Von der roten austeroförmigen Schildlaus befallene Birnbäume. Dieselben zeigen infolge des Befalles einen nur schwachen 

Trieb. Zum Vergleiche mit Photographie 8. 



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Bericht über die Tätigkeit der [»flauzeupatholügischen Versuchsstation. 141 


aufwies. Die Abbildungen (Tafel 7) stellen ein Männchen, ein 
Weibchen und eine Larve des Diaspis pyri sowie den von ihm an 
Birnzweigen hervorgerufenen Schaden dar. 

Es ist selbstverständlich, daß, nachdem die rote austernförmige 
Schildlaus in den Obstanlagen der Anstalt ermittelt worden war. 
ihrer Bekämpfung das größte Interesse entgegengebracht wurde, um 
sie in ihrer Verbreitung aufzuhalten und die Bäume von ihr zu be¬ 
freien. Die meisten dieser Versuche verliefen jedoch seither resultat¬ 
los und erst in neuerer Zeit ist es gelungen, die Laus durch Be¬ 
streichen der Bäume mit Karbolineum;, resp. Karbolineum- 
Präparaten unschädlich zu machen. Diese Versuche erstreckten 
sich zum Teil bereits über drei Jahre. Es kamen dabei zur Ver¬ 
wendung: 

1. „Dendrin“ und „Karbolineum“ der Firma Avenarius 
in Stuttgart und Gaualgesheim (Rheinhessen). 

2. „Karbolineum“ der Firma Andernach-Beuel-Bonn. 

3. „Karbolineum“ der Firma Linck in Erfurt. 

4. „Tuv“ der Firma H. Er misch, Chemische Fabrik in Burg 
bei Magdeburg. 

5. „Baumschutzmittel“ von Fräulein Emma Homann in 
Berlin. 

Mit allen diesen Mitteln wurden sehr beachtenswerte Erfolge 
erzielt. Sie alle töteten die sonst so widerstandsfähige Laus sicher 
ab und wirkten dabei in hohem Maße anregend auf das Wachstum 
der Bäume ein. Während die nicht behandelten Bäume nur schwache 
Triebe bildeten und nur kümmerliche Früchte lieferten, zeigten die 
mit den genannten Flüssigkeiten bestrichenen ein sehr starkes Wachs¬ 
tum und ihre Früchte entwickelten sich normal. Beschädigungen 
infolge des Anstriches wurden an keinem der behandelten Bäume 
festgestellt. Die Versuche wurden im Frühjahr ausgeführt und dabei 
nur die holzigen Teile der Bäume mit der Flüssigkeit bestrichen. 
Ihre Knospen wurden nicht behandelt, weil eine im kleinen vor¬ 
genommene Probe gezeigt hatte, daß dieselben unter dem Anstrich 
notleiden. Auf beistehenden Photographien (Tafel <H und ü) ist 
zu erkennen, wie sehr viel besser sich die behandelten Bäume 
gegenüber den unbehandelten entwickelt haben. 

Außer den genannten Mitteln kamen noch die folgenden zur 
Bekämpfung der roten austernförmigen Schildlaus in Anwendung: 

1. „Agfa-Anilin“ der Aktien-Gesellscliaft für Anilin- 
Fabrikation zu Berlin in 3 Verdünnungen: 

a) 1 Teil Anilinöl und 3 Teile Wasser. 

b) 1 .. .. .. 5 „ 

c) 1.Ü ,. 

2. „Kil-o-Scale“ der Firma Krewel k Comp, zu Köln- 
Kode nki rchen. 

3. „Plantol“ der Firma Krewel & Comp, zu Köln-Roden¬ 
kirchen. 

4. „Antidin“ der Finna H. Bensmann zu Bremen. 

ö. „Tabakslauge“ der Firma C. Griiff zu Bingen a. Rh. 


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142 


III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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6. „Insekten-Harzölseife u der ehern. Fabrik in Emm en¬ 
din gen (Baden). 

Keines dieser Mittel erwies sich als wirksam. Die damit be¬ 
handelten Läuse blieben alle am Leben. 

Die mit 

7. „Schützet die Pflanzen' 1 der Firma Fromme & Ruh- 
land zu Bonn, 

8. „Miraculin" des Kahlschen chem. Laboratoriums zu 
Würzburg und 

{). „Kyrol“ der Firma Schülke & Mayr zu Hamburg aus¬ 
geführten Versuche sind noch nicht abgeschlossen. Über die Brauch¬ 
barkeit dieser Mittel zur Bekämpfung von Schildläusen kann erst irn 
nächsten Jahre berichtet werden. 


3. Verwendung von Karbolineuni zur Heilung von Krebs* 

wunden. 

Im letzten Bericht (S. 73) ist bereits mitgeteilt worden, daß wir 
das Karbolineuni auch zur Behandlung von Krebswunden verwendet 
haben. Diese Versuche wurden schon vor 3 Jahren ausgeführt, und 
es zeigte sich, daß auch hierbei das Karbolineuni nicht von nach¬ 
teiligem Einfluß auf den Baum ist. Die mit der Flüssigkeit be¬ 
strichenen Wunden, die sich vordem von Jahr zu Jahr vergrößerten, 
kamen zum Stillstand und beginnen nunmehr zu überwallen. 

Dr. Lüstner. 

4. Bekämpfung der Pfirsichmotte (Anarsia üneatella). 

Von Dr. G. Lüstner. 

Wie im vergangenen Frühjahr und Sommer, zeigte sich dieser 
Schädling auch heuer wieder sehr stark an den Pfirsichspalieren im 
Muttergarten der Anstalt. Der ersten Generation fielen zahlreiche 
Triebe, der zweiten zahlreiche Früchte zum Opfer. In Deutschland 
ist die Entwicklungsgeschichte der Pfirsichmotte namentlich von 
R. Goethe ziemlich genau erforscht worden. Es fehlten seither 
nur Beobachtungen über die Eiablage und die Winterform des 
Insektes. Letztere Frage ist für Amerika bereits gelöst, denn dort 
wurde schon vor einigen Jahren gefunden, daß die FTirsichmotte 
den Winter als junge Räupchen in der Rinde der Zweige über¬ 
dauert. Es lag nahe, anzunehmen, daß der Schädling auch bei uns 
in dieser Entwicklungsform überwintert, weshalb im Februar Nach¬ 
forschungen nach den kleinen Räupchen angestellt wurden. Durch 
dieselben fanden die amerikanischen Beobachtungen ihre Bestätigung, 
denn es wurden an den Spalieren eine größere Anzahl junger 
Räupchen vorgefunden. Sie hatten sich hier fast ausschließlich in 
den Zweiggabeln flach in die Rinde eingefressen, sich hier ein Lager 
zurecht genagt und in diesem eingesponnen. Das hierbei entstehende 
Bohrmehl schaffen sie nach außen, wo es sich, wie beistehende Photo- 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 143 


graphie bei a zeigt, in Form eines länglichen, braunen Häufchens 
über der Mündung des Einbohrkanales ansammelt (Fig. 30). Durch 
diese braunen Häufchen ist die Anwesenheit der Häupchen an den 
Spalieren bei einiger Übung sehr leicht festzustellen. Die Zahl der 
Käupchen, welche an solchen Stellen angetroffen werden, war eine 



Dr. Lüstner phot. 

Fig. 30. a Winterquartiere der Käupchen der Pfirsich motte in den Zweigwinkeln 

von Pfirsichtriebeu. 

Aus dem Aluttergarten der Anstalt. 

verschiedene. Meist wurden zwei, selten drei oder nur ein Käupchen 
vorgefunden. Nach der Zahl der an den Spalieren vorhandenen 
Bohrmehlhäufchen zu urteilen, droht auch im kommenden Früh¬ 
jahr und Sommer den Pfirsichen von diesem Feinde aus großer 
Schaden. 


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Original frurn 

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144 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 

Eine Bekämpfung der Pfirsichmotte im Winter dürfte kaum 
lohnend seiD, da das Vernichten der jungen Räupchen zu viel Zeit 
in Anspruch nimmt. Es soll jedoch versucht werden, dieselbe durch 
Betupfen mit Karbolineum unschädlich zu machen. 

Der Schädling wurde auch in diesem Jahre wieder durch tiefes 
Abschneiden der befallenen Triebe bekämpft, wie es im letzten 
Bericht auf S. 73 beschrieben worden ist. 

5. Zur Bekämpfung des kleinen Frostnachtspaniiers 
(Cheimatobia bruuiata). 

Die Kirschenpflanzungen am Rhein — Kreis St. Goarshausen und 
Kreis St Goar — leiden schon jahrelang unter diesem gefährlichen 
Schädling sehr stark Not. Auch im vergangenem Herbste zeigte er 
sich dort wieder in sehr großen Mengen. Erfreulicherweise wurde 
in diesem Jahr der Bekämpfung seiner Schmetterlinge mehr Interesse 
entgegengebracht wie seither, und man kann wohl sagen, daß heuer 
dort fast jeder Baum mit einem Klebring versehen worden war. 

Bei einer Besichtigung der Camper Gemarkung am 7. März 1900 
konnte ich nun in Gemeinschaft mit Herrn Baumschulenbesitzer 
Lehnert feststellen, daß die Weibchen des Frostspanners 
ihre Eier vielfach unter das Papier, auf das der Klebstoff 
aufgestrichen wird, und unterhalb des Klebringes, also 
zwischen diesem und dem Erdboden, auf die Rinde der 
Stämme der Obstbäume abgelegt hatten. Die aus diesen 
hervorgehenden Räupchen begeben sich alsbald in die Krone der 
Bäume, um sich hier von den Blättern und jungen Früchtchen zu 
ernähren. Die auffallende Erscheinung, daß auch an Bäumen, die 
aufs sorgfältigste mit Klebringen versehen worden waren, zuweilen 
dennoch sehr starker Raupenfraß wahrzunehmen ist, findet durch 
unsere neue Beobachtung eine befriedigende Erklärung. 

Zu einer erfolgreichen Bekämpfung des Schädlings 
müssen somit bei der Abnahme der Klebringe die an dem 
Stamm vorhandenen Eier unschädlich gemacht werden. 
Es erfolgt dies am zweckmäßigsten durch sorgfältiges Ab¬ 
bürsten der Stämme mittelst Schmierseifenwassers. 

Dr. Lüstner. 

€. Vorversuche zur Bekämpfung der Reblaus mit gerueh- 
sclnvachcn Krcsolverbindungen. 

In neuerer Zeit wird bekanntlich zur Bekämpfung der Reblaus 
an Stelle des Petroleums eine Kresolseifenlösung verwendet. Die¬ 
selbe hat vor dem Petroleum zwei große Vorzüge: einmal ist ihre 
Einwirkung auf das Insekt eine viel intensivere, und dann ist sie 
auch viel billiger. Der einzige Umstand, der der Verwendung des 
Kresols zur Reblausvernichtung hindernd im Wege steht, ist sein 
starker, unangenehmer Geruch. Derselbe wird, wie unsere vor¬ 
jährigen Versuche ergeben haben, von den Trauben aufgenommen 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. 145 


und festgehalten und haftet nach ihrem Keltern auch dem Moste 
und später dem Weine an, wodurch letzterer unbrauchbar wird. 

Um diesen ungünstigen Einfluß des Kresols auf die Crescenz 
der Weinberge zu beseitigen, hat Herr Regierungs- und Gewerberat 
Dr. Levmann zu Wiesbaden von der chemischen Fabrik Dr. Raschig 
in Ludwigshafen geruchschwache Kresolverbindungen für den in Rede 
stehenden Zweck hersteilen lassen und sie der pflanzenpathologischen 
Station zur Prüfung übergeben. Zu den mit diesen Präparaten aus¬ 
geführten Versuchen wurden Blattläuse (Aphis mali) benutzt, die 
gerade die Wintereier verlassen hatten und in kleinen Kolonien aut 
den Blättchen der im Entfalten begriffenen Knospen saßen. Die die 
Läuse tragenden Zweige wurden so in die Flüssigkeit gestellt, daß 
ihre Schnittfläche aus dieser hervorragte, wodurch ein Eindringen 
der Kresolverbindungen in ihr Inneres verhütet werden sollte. Nach 
der Behandlung wurden die Triebe mit der Schnittfläche in Wasser 
gestellt, um den Einfluß der Kresolverbindung auf die Knospen er¬ 
kennen zu können. Die Dauer der Versuche betrug für jede 
Flüssigkeit eine Stunde. Die Prüfung hatte folgendes Ergebnis: 

Parakresol 2prozent. mit Seife. Läuse tot, gelblichbraun 
gefärbt, eingetrocknet. Knospen der Zweige tot. 

Kontrolle am 1. Mai: Knospen vollständig vertrocknet. 

Parakresoldisulfosäure 20prozent. Läuse lebendig, sind 
dabei sich andere Ansiedlungsstellen aufzusuchen. Junge Blätter 
am Rande braun, sonst nicht beschädigt. 

Kontrolle am 1. Mai: Knospen haben sich weiter entwickelt. 

Parakresoldisulfosäure lOprozent. Läuse lebendig, haben 
ihren Platz verlassen und laufen auf dem Trieb umher. An einzelnen 
Blättern der Triebe Spuren von Schaden. 

Kontrolle am 1. Mai: Mußte ausgeschaltet werden, weil die 
Lösung in die Schnittfläche eingedrungen war. 

Metaparakresolseifenlösung öprozent. Läuse tot, braun 
gefärbt und stark geschrumpft. Junge Blätter und Knospen braun 
und abgestorben. 

Kontrolle am 1. Mai: Knospen und Blätter vollständig ver¬ 
trocknet. 

Metaparakresolseifenlösung 2'/jprozent. Läuse tot, braun 
gefärbt und stark eingetrocknet. Knospen braun und tot. 

Kontrolle am 1. Mai: Knospen vollständig eingetrocknet. 

Metaparakresolseifenlösung 1 prozent. Läuse tot, braun 
gefärbt und stark geschrumpft. Knospen abgestorben und braun 
gefärbt. 

Kontrolle am 1. Mai: Knospen teilweise wieder angetrieben. 

KresolsuIfosaurer Kalk 10",' 0 einer 25 prozent. Lösung. 

Läuse lebendig, laufen auf den Blättern umher. Blätter grün, 
scheinbar gesund. 

Kontrolle am 1. Mai: Knospen haben sich weiter entwickelt. 

Ivresolsulfosaurer Kalk 15% einer 25prozent. Lösung. 

Verhältnisse ebenso wie bei dem vorhergehenden Versuch. 

lieis-onheimer Beruht 


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146 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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Kresolsulfosaurer Kalk 20% einer 25prozent. Lösung. 
Verhältnisse ebenso wie bei dem vorigen und vorvorigen Versuch, 
Knospen jedoch etwas beschädigt. Dr. Lüstner. 

7. Bekämpfung anderer wichtiger Schädlinge und Krankheiten 

im Muttergarten. 

Zur Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten im Mutter¬ 
garten der Anstalt wurden in diesem Jahre 4 junge Burschen ein¬ 
gestellt, welche während des Jahres folgende Arbeiten ausführten: 

I. Im Frühjahr und Sommer. 

1. Bekämpfung der Blutlaus durch Überstreichen der Kolonien 
mit Harzölseife und anderen Mitteln. 

2. Bekämpfung der Obstmade (Apfelwickler) durch Anlegen, 
später Abnahme und Wiederanlegen von Goetheschen Obstmaden¬ 
fallen um die Stämme der Bäume und Sammeln und Vernichten 
des Fallobstes. 

3. Bekämpfung des Heu- und Sauerwurmes (Traubenwicklers) 
an Rebspalieren durch Auslesen der Heuwürmer aus den Gescheinen 
und der Sauerwürmer aus den Trauben. 

4. Bekämpfung des Zweigabstechers durch Sammeln und Ver¬ 
nichten der abgestorbenen Triebe. 

5. Bekämpfung des echten Meltaupilzes der Hebe (Oidium 
Tuckeri) an Spalieren durch wiederholtes Schwefeln der Stöcke. 

6. Bekämpfung des falschen Meltaupilzes der Reben an Spalieren 
durch wiederholtes Bespritzen derselben mit Kupferkalkbrühe. 

7. Bekämpfung der Fusicladium- Pilze auf Äpfel und Birnen 
durch wiederholtes Bespritzen der Bäume mit Kupferkalkbrühe. 

8. Bekämpfung des Polsterschimmels des Kern- und Steinobstes 
durch Sammeln und Vernichten der befallenen Früchte und der 
Fruchtmumien. 

II. Im Herbst und Winter. 

1. Bekämpfung der Blutlaus durch Bestreichen der Kolonien 
mit Harzölseife und anderen Mitteln. 

2. Bekämpfung der Schildläuse, besonders der roten austern¬ 
förmigen Schildlaus (Diaspis fallax), durch Abbürsten der Bäume mit 
Harzölseife und anderen Mitteln. 

3. Bekämpfung des kleinen Frostnachtspanners durch Anlegen 
von Klebringen. 

4. Bekämpfung des Goldafters durch Abschneiden und Ver¬ 
brennen seiner Raupennester. 

5. Bekämpfung des Kohlgallenrüßlers durch Sammeln und Ver¬ 
brennen der befallenen Kohlstrünke. 

6. Bekämpfung des Polsterschimmels des Kern- und Steinobstes 
durch Sammeln und Vernichten der Fruchtmumien. 

7. Bekämpfung der in den abgefallenen Blättern überwinternden 
Pilze durch Zusammenrechen und Verbrennen derselben. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 147 

8. Verminderung des schädlichen Einflusses des Frostes auf die 
Bäume durch Kalben ihrer Stämme. Dr. Lüstner. 

8. Über die Einwirkung von TerpentindSmpfen auf grüne 

Pflanzenteile. 

Vom Assistenten E. Molz. 

Gegen Ende September des laufenden Jahres wurden der 
hiesigen Station einige Rebenblätter von der Stadtgärtnerei in 
Frankfurt a/M. zugesandt mit der Anfrage, ob die an denselben sicht¬ 
baren Schädigungen auf den frischen öifarbenanstrich des Trauben¬ 
hauses zurückführbar seien. 

Was die krankhaften Erscheinungen an den drei eingesandten 
Blättern betrifft, so waren dieselben bei jedem einzelnen ver¬ 
schieden in Aussehen und Entstehungsursachen. Das eine zeigte 
auf der Unterseite Intumescenzen, die namentlich in der Nähe der 
Blattrippen sehr stark entwickelt waren. Man führt diese Gebilde 
bekanntlich auf reichliche Ernährung und Wasserzufuhr bei Gegen¬ 
wart überfeuchter Luft zurück, wie diese Verhältnisse bei Treibhaus¬ 
kulturen ja häufig gegeben sind. 

Das zweite Blatt war von mattgrüner Farbe und zeigte eine 
einseitige, scharf ausgeprägte Fleckennekrose, als deren Ursache ich 
Wassermangel, bedingt durch das dem herbstlichen Laubfall voraus¬ 
gehende Stadium der Bildung der Trennungsschicht und anderer 
gleichwirkender Faktoren annehmen zu dürfen glaubte. Zu dieser 
Annahme wurde ich geführt einmal durch den Umstand, daß nir¬ 
gends eine Spur von Pilzmycel wahrnehmbar war, dann aber weit 
mehr durch die Tatsache, daß die besagten rotbraunen Flecken sich 
nur in der Mitte der Interkostalfelder zeigten, also den Wasser¬ 
leitungsbahnen am entferntesten. Auch die Spitzen der einzelnen 
Blattzähne waren einige Millimeter weit eingedürrt. Daß nun diese 
Fleckenbildung auf dem vorliegenden Blatte nur einseitig auftrat, 
während die andere Blatthälfte nur im unteren Teil diese Erscheinung 
zeigte, ist sehr wahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß der ge¬ 
sund gebliebene Blattteil durch ein überstehendes Blatt vor der 
direkten Besonnung und der dadurch gesteigerten Transpiration ge¬ 
schützt war. Ich hatte wenigstens Gelegenheit einige Tage später 
solche Verhältnisse in einem Quartier amerikanischer Reben bei 
der Sorte Gloire de Montpellier in der eben beschriebenen Weise 
klar charakterisiert vorzufinden. 

Das einge.sandte dritte Blatt endlich ließ in seinem Aussehen in 
Verbindung mit dem eigenartig verkrausten welligen Rand auf Ein¬ 
wirkung giftiger Gase schließen. Als Ursache kämen hier natur¬ 
gemäß in erster Linie die Ausdünstungen des frischen Ölfarben¬ 
anstriches, besonders aber des diesem meist zugesetzten Terpentins 
in Betracht. Die schädliche Einwirkung der ätherischen Öle auf 
frische Pllanzenteile sind meines Wissens schon lange bekannt, je¬ 
doch schien es mir angebracht, trotzdem experimentell den Nach¬ 
weis der Identität der pathologischen Erscheinungsform an dem zur 

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148 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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Untersuchung eingesandten Blatte mit den durch Terpentindampfe 
erzeugten Schädigungen zu führen, um auf Grund der so ge¬ 

wonnenen Resultate in dem vorliegenden Falle den Kausalzusammen¬ 
hang zwischen Ölfarbenanstrich und Blattschaden klarzulegen. 

Zu diesem Zwecke wurde je ein grüner Trieb von der Wein¬ 
rebe, dem Apfelbaum, der Rose und dem Birnbaum am untereu 
Ende in ein Glas Wasser gestellt, und dieses Gefäß auf einem Teller, 
der mit Terpentin getränktem Filtrierpapier ausgelegt war, unter 
eine Glasglocke (44 cm hoch, 24 cm Durchmesser) gebracht. Schon 
nach einer halben Stunde zeigten einige Rebenblätter an ihrem 
Rande eine schwach wahrnehmbare Verfärbung und allmählich zu¬ 
nehmende Verkrausuug. Auch die Rosenblätter zeigten in der 

Peripherie des Blattes hie und da schon eine geringe Farben¬ 
abtönung, ohne jedoch zu verkrausen, was hier wie auch bei den 

Apfel- und Bimblättern später gleichfalls überhaupt nicht eintrat. 
Schon etwas widerstandsfähiger waren die Apfelblätter, am spätesten 
trat die vollkommene Verfärbung bei den Rosenblättern ein. Die 
ersten Anzeichen der Verfärbung zeigten sich bei den Apfelblättern 
nach ungefähr 1 Stunde, bei den Bimblättern etwas später. Bei den 
Apfelblättern stellte sich auf der Oberseite zunächst eine schwach 
rötliche Bräunung ein, die an Intensität immer mehr zunahm, bis 
nach etwa 2 */,—3 Stunden die ganze Oberseite des Blattes ein tiet 
dunkelrotbraunes Kolorit angenommen hatte. Hie und da fand ich 
noch Blätter, die sich einige grüne Stellen zwischen der im übrigen 
totalen Braunfärbung noch lange bewahrten. Manchmal erhielt das 
Blatt durch zahlreicheres Hervortreten solcher grünen Partien ein 
ganz scheckiges Aussehen. Zuweilen trat diese Erscheinung bei 
meinen Versuchen auch bei Rebenblättern hervor, doch ist sie da 
weniger in die Augen springend, da an sich die Verfärbung hier 
nicht so stark gegen die ursprüngliche Farbe absticht. Man be¬ 
obachtet hier ein eigenartiges Olivengrün, das etwas nach braun ab¬ 
getönt ist. Eine ähnliche Farbennüance zeigen die behandelten 
Rosenblätter. Die Bimblätter werden unter Einwirkung der Terpentin¬ 
dämpfe glänzend schwarzgrau. 

Hier trat besonders auffallend eine Erscheinung, die auch bei 
den übrigen Versuchsobjekten w'ahrzunehmen war, hervor, näm¬ 
lich der zeitliche Unterschied in der Verfärbung der Oberseite des 
Blattes gegenüber dessen Unterseite. Es kam vor, daß die Ober¬ 
seite sclion vollkommen schwarz war, während die Unterseite noch 
ihre fast normal grüne Farbe zeigte. Die mikroskopische Unter¬ 
suchung ließ bereits eine starke Abdunkelung der Pallisaden er¬ 
kennen, wenn die Zellen des Schwammparenchyms noch vollkommen 
farblich intakt waren. 

Diese Tatsache gibt der Meinung Raum, daß die Terpentin- 
dämpfe rascher durch die Kutikula und Epidermis der Blattober¬ 
seite einzudringen vermögen als durch die Spaltöffnungen der 
Unterseite, da ja die näherliegende Vermutung eines größereu Reich¬ 
tums der Oberseite an Stomata von vornherein verneint w’ird. Ich 
habe solche auf der Oberseite überhaupt nicht findeu können. Die 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 149 


nach dieser Richtung angestellten Experimente zeigen aber, daß die 
Biattoberseite für Terpentindämpfe bei gesundem Zustande fast in¬ 
permeabel ist. 

Einige Birnblätter wurden auf der Unterseite mit Wachs be¬ 
strichen, einige andere auf der Oberseite ebenso behandelt, das 
Bleiche geschah mit einer Anzahl Apfelblättern. Nach drei Stunden 
waren die Blätter, deren Unterseite gewachst war, noch vollkommen 
normal, während diejenigen, deren Oberseite mit Wachs überzogen 
war, bereits eine starke Verfärbung gerade der Oberseite aufwiesen. 
Erst nach 6 Stunden begannen die Blätter, deren Unterseite mit 
Wachs bestrichen war, kleinere verfärbte Partien auf der Blattober¬ 
seite zu zeigen, die aber korrespondierten mit solchen Stellen der 
Unterseite, an denen die Wachsschicht dünn war. Das Wachs wird 
nämlich unter Einwirkung der Terpentindämpfe halbflüssig, wodurch 
sehr bald halbentblößte Stellen entstehen, die die Terpentingase diffun¬ 
dieren lassen, wie überhaupt das Wachs kein ausreichendes Mittel 
ist, um das Blattinnere gegen Außenwirkungen direkt abzuschließen. 
Einen besseren Schutz erzielte man dadurch, daß man das auf der 
Unterseite und am Rande 2 mm zur Oberseite übergreifend ge¬ 
wachste Blatt mit der Unterseite in Gips einbettete in der Weise, 
daß nur einige Quadratcentimeter der Blattoberseite sichtbar blieben. 
Die Fuge der am Blattrande übergreifenden Gipsschicht wurde noch 
mit Wachs überzogen. So präpariert zeigten die Apfel- und Birn¬ 
blätter sich nach zwei Tagen noch vollkommen normal, die Wein¬ 
blätter zeigten in der Nähe der Blattrippen einige dunkle Fleckchen. 
Nach 5 Tagen begannen einige Apfelblätter sich braun zu verfärben, 
ein Vorgang, der mit 8 Tagen bei allen dem Versuch dienenden 
Blättern vollendet war. Auch hier trat die Farbenveränderung bei 
den Birnblättern wieder etwas später ein. Die dabei auttretende 
Fleckenbildung läßt auf Eindringen durch oberseitliche Spaltöffnungen 
schließen, doch konnte ich durch mikroskopische Untersuchung dies 
nicht bestätigen. Wir müssen also annehmen, daß die Kutikula 
und Epidermis allmählich, letztere wahrscheinlich nach dem Ab¬ 
sterben der Primordialschläuche, für die Terpentingase durchlässig 
werden. 

Was die eigentliche Ursache der Verfärbung der Blätter an¬ 
belangt, so müssen wir darin ohne Zweifel eine Oxydationswirkung 
erblicken, die hervorgerufen wird durch das Vorhandensein von 
Terpentinozon und dessen Wirkung auf bradoxydabele Stoffe der 
Zelle oder deren Inhalt. Daß der aktivierte atmosphärische Sauerstoff 
dabei eine wesentliche Rolle spielt, läßt sich schon aus der gelegent¬ 
lich meiner Versuche gemachten Beobachtung schließen, daß wenn 
man Blätter, die soeben angefangen haben, einige Flecken infolge 
von Terpentineinwirkung zu zeigen, aus der Terpentinatmosphäre 
heraus an die freie Luft bringt, die Verfärbung um etwa das doppelte 
schneller vorwärts schreitet als in der mit Terpentin stark ge¬ 
schwängerten Luft unter der Glocke. Zur Erklärung dieser Er¬ 
scheinung müssen wir an nehmen, daß infolge des Eindringens der 
Terpentindämpfe in die Blattinterzellularen der Eintritt des Luft- 


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150 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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Sauerstoffes, der ganze Gaswechse). gehemmt ist, ein Zustaud, der 
in der freien Atmosphäre durch Diffusion sehr bald wieder auf¬ 
gehoben wird. Über eine analoge Erscheinung berichtet uns Dixon 
(On the effects of stimulatio and anaesthetic gases on transpiration. 
Procceed. R. Irish Acad. Dublin. 3. ser., tom. IV, 1898, S. 018; cit. 
n. Burgerstein, Transpiration), der beobachtete, daß bei beblätterten 
Syringa- und Cytisuszweigen die Transpiration, sobald sich dieselben 
in den ätherischen Exhalationsprodukten von Artemisia Absinthium 
befanden, stark herabgesetzt wurde. 

Aus diesen Untersuchungen geht hervor, daß Terpentingase im 
stände sind, lebende Blätter bei dauernder Einwirkung zu töten, und 
daß man beim Einstellen von lebenden Pflanzen in Räumlichkeiten, 
die mit einem frischen Ölfarbenanstrich versehen sind, vorsichtig 
sein muß, da den Ölfarben meistens Terpentin oder das diese Sub¬ 
stanz gleichfalls enthaltende Siccativ zugesetzt ist. Namentlich ist 
ein zu Nahestellen der Pflanzen an in geschlossenen Räumlichkeiten 
befindliche, frischgestrichene Gegenstände zu vermeiden, da die giftigen 
Effluvien in diesem Falle die vorbeschriebenen Wirkungen hervor¬ 
zubringen vermögen. 

9. Über Phototropismus bei den Larven von Eriocampa 

adumbrata Klg. 1 ) 

Vom Assistenten Emil Molz. 

Ein mit einer Larve der schwarzen Kirschblattwespe, Eriocampa 
adumbrata Klg., besetztes Birnblatt befand sich an einem Fenster 
unseres Laboratoriums so in Lichtstellung, daß infolge einer Konkav¬ 
krümmung des Blattes nur die eine Hälfte der Blattoberfläche be¬ 
lichtet war. Nachdem die Larve diesen vom Licht getroffenen Blatt¬ 
teil benagt hatte, begab sie sich nicht etwa auf den mehr dunkeln 
Teil des Blattes, sondern kroch auf ein benachbartes Blatt, wo sie 
gleichfalls an der dem Lichte am meisten zugekehrten Seite zu nagen 
begann. Diese Tatsache, sowie der Umstand, daß in der freien 
Natur diese Tierchen fast ausschließlich nur die Oberseite der Blätter 
benagen, führten mich zu dem Gedanken, daß mit den angeführten 
Momenten eine phototropische Sensibilität kausal verkettet sei. Zur 
Aufhellung dieser Erscheinungen wurde eine Reihe von Versuchen 
angestellt, die uns zu den nachstehenden Resultaten führten. 

1. Die Larven von Eriocampa adumbrata sind „unterschieds¬ 
empfindlich“ ira Sinne von Loeb (Pflügers Archiv f. d. ges. Phy¬ 
siologie 1893, S. 101) d. h. die verschiedene Lichtintensität an einem 
gegebenen Orte z. B. einem Blatte, übt auf die Tiere einen Be¬ 
wegungsreiz aus, der sie erst an dem am meisten belichteten Blatt¬ 
teile in Ruhe kommen läßt. Biologisch ist diese Eigenschaft für 
diese Tiere insofern von Bedeutung als sie dadurch immer zu Blatt¬ 
stellen mit relativ intensiver Stärkebildung hingelenkt werden. 

1 ) Die Original-Arbeit ist veröffentlicht im Jahresbericht der Vereinigung 
der Vertreter der angewandten Botanik. Dritter Jahrgang 1904 Ob. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 151 


2. Die Eriocampa-Larven sind phototropisch im Sinne von Kadi 
(Untersuchungen über den Phototropismus der Tiere 1903, S. 91), 
d. h. die Larven sind bestrebt, ihre Rückenseite senkrecht zu den 
einfallenden Lichtstrahlen einzustellen, während ihre Bauchseite der 
Unterlage zugekehrt ist. Dieser Umstand steht mit der Tatsache, 
daß unter natürlichen Verhältnissen diese Tiere fast ausschließlich 
auf der Oberseite der Blätter angetroffen werden, in innigem Kausal¬ 
nexus. 

3. Die entwicklungsreifen Eriocampa-Larven nach der letzten 
Häutung sind negativ heliotropisch, d. h. sie stellen bei der Progressiv¬ 
bewegung die Symmetrieebene ihres Körpers in die Richtung der 
Lichtstrahlen, wobei sie den oralen Pol von dem Lichte abwenden. 

4. Die entwicklungsreifen Eriocampa-Larven sind positiv stereo¬ 
tropisch, d. b. sie suchen mit allen Teilen ihres Körpers engen 
Kontakt mit den sie berührenden Gegenständen zu nehmen. Vor 
der Entwicklungsreife vermeiden die Tiere jeglichen Kontaktreiz. 

5. Die entwicklungsreifen Eriocampa-Larven vermögen sich an 
senkrechten Gegenständen nicht festzuhalten, während sich vor ab¬ 
geschlossener Entwicklung diese Larven sogar antipodial fortzubewegen 
vermögen. Dadurch findet die Tatsache, daß in der Natur diese 
Tierchen sich im Boden und nicht zwischen Rindenteilchen usw. 
auf dem Baume verpuppen ihre Erklärung. Die Tiere fallen bei 
Befriedigung der negativ heliotropischen Reizwirkung einfach zu 
Boden, und hier führt sie der gleiche Reiz in Verbindung mit dem 
Stereotropismus zum EinwühJen in die Erde, was vornehmlich 
unterhalb eines Steines oder eines Blattes geschieht. 

10. Über die Bedingungen der Entstehung der durch Sclero¬ 
tinia fructigena erzeugten „Schwarzfäule“ der Apfel. 

Vom Assistenten E. Molz. 

Als eine besondere Erscheinungsform der Fäulniswirkung der 
Sclerotinia fructigena auf Apfel, wurde seither die ,.Schwarz¬ 
fäule“ angesehen. Der Name stammt meines Wissens von Sorauer 
und ist dem äußeren Ansehen solcher Früchte entlehnt. Eine 
typisch „schwarzfaule“ Frucht zeigt außen eine tief glänzend schwarze 
Farbe, die gemeinhin nur in der Schale vorhanden ist, während 
das Fruchtfleisch sich in der gewöhnlich braunen Farbe der Monilia- 
faulen Äpfel darbietet. Die Pilzpolster der Sclerotinia fehlen meist 
ganz, oder sind doch nur sehr spärlich vorhanden. Das Innere 
solcher Früchte ist von dem Sclerotinia-Mycel durchwuchert. 

Über die Ursache des Zustandekommens der „Schwarzfäule“ 
war man seither noch im Unklaren. Einige Forscher, so nament¬ 
lich Wehmer (Älonilia fructigena und die Monilia-Krankheit der 
Obstbäume. Ber. d. d. bot. Ges., Bd. XVI, 1898) und Woronin 
(Über Sclerotinia cinerea und Sclerotinia fructigena. Petersburg 1900, 
S. 23) glauben, daß die stärkere Entwicklung der Kutikula der 
Apfelhaut diese Fäulnisform bedinge. Nach dem letzteren Autor 
,,scheint der Pilz nicht die genügende Kraft zu besitzen, die derbe 


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152 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 

Kutikula durchzubrechen und verflechtet sich unterhalb dieser 
letzteren zur schwarzen, panzerartigen, sclerotischen Rindenschicht -1 . 
Es handelt sich hierbei jedoch nur um Ansichten, die der experimen¬ 
tellen Grundlage entbehren. 

Auf Anregung von Herrn Dr. Liistner habe ich die Bearbeitung 
dieser Frage aufgenommen, um auf dem Wege des Experimentes 
eine Klarstellung der die „Schwarzfäule“ bedingenden Ursachen 
herbeizuführen. Die diesbezüglich angestellten Versuche sind noch 
nicht abgeschlossen, und seien deshalb im nachstehenden nur die 
bis jetzt erhaltenen Resultate in aller Kürze hier wiedergegeben. 



Molz phot. 

Fig. 31. Fruktifikationsanlage von Sclerotinia fructigena auf einem Apfel bei ein¬ 
seitig stärkerer Belichtung. 

Es lag von vornherein nahe, anzunehmen, daß zwischen der 
„Schwarzfäule“ und dem Mangel an Pilzfruktifikation eine direkte 
oder indirekte ursächliche Beziehung bestehen müsse, denn es ist 
mit der ersteren Erscheinungsform die zweite mehr oder weniger 
eng verbunden, d. h. es tritt die Schwarzfärbung um so eher ein, 
je mehr die Frnktifikationspolster fehlen. Auf der anderen Seite 
schließt die Fruktifikation die Schwarzfärbung der Schale nicht aus, 
sie tritt dann aber meist erst viel später und nur unter besonderen, 
unten noch gekennzeichneten Umständen ein. Unter Zugrundelegung 
dieser Tatsachen wird man unmittelbar zur Untersuchung derjenigen 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzeupathologischen Versuchsstation. 153 


Faktoren hingelenkt, die geeignet sind, auf die Frnktifikation unseres 
Pilzes einen hemmenden Einfluß auszuüben. 

Dieserbalb führten mich einige Beobachtungen zu der Annahme, 
daß das Licht hierbei eine sehr bedeutende Rolle spielen müsse. 
Mehrere infizierte Äpfel, die ich an einem Fenster meines Labora¬ 
toriums aufgestellt hatte, zeigten nur auf der dem Lichte zugekehrten 
Seite fruktifizierende Polsterchen, während die Unterseite, wie auch 
die Rückseite dieser Früchte mehr oder weniger vollkommen frei 
davon blieb. Diese letztere Seite der Äpfel wurde sehr bald schwarz, 
während die dem Lichte zugekehrte Seite diese Dunkelfärbung der 



Molz phot. 

Fig. 32. Verhinderung der Entstehung der Fruchtpolster von Sclerotinia fnictigena 
durch Bestreuen der einen Apfelhälfte mit Buß. 

Schale nicht zeigte. Einen dieser Äpfel finden wir in Fig. 31 dar¬ 
gestellt. Weiterhin wurde eine Anzahl Äpfel zur Hälfte mit Ruß 
bestreut dann an der Grenzlinie zwischen berußter und rußfreier 
Apfelseite mit Sclerotinia fructigena geimpft. Diese Versuchsobjekte 
erhielten an einem Ostfenster eines geheizten Zimmers Aufstellung 
und zwar so, daß beide Apfelseiten, sowohl die berußte, wie die 
nicht berußte, gleichmäßig von außen Licht erhielten. Da die Sonne 
jedoch in der winterlichen Jahreszeit einen sehr südlichen Stand 
hat, so wurde bei Sonnenlicht naturgemäß die eine Hälfte stärker 
beschienen wie die andere. Es wurden deshalb die Früchte so 


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154 


III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


gestellt, daß ein Teil derselben die berußte Seite auf dem südlichen, 
ein anderer Teil diese auf der nördlichen Seite hatte. Nach etwa 
10 Tagen waren die Früchte, die sich in großen gedeckten Schalen 
befanden, sämtlich durchaus faul. Diejenigen, deren Hälfte nördlich 
berußt war, zeigten auf dieser Seite keine Pilzpolster, nur auf dem 
oberen mehr besonnten Fruchtteil waren einige Polsterinitiale wahr¬ 
zunehmen (Fig. 32). Die anderen zeigten auf dem berußten Teil 
nur eine sehr geringe und sehr lückenhafte Fruktifikation. Bei 
beiden Aufstellungsarten bildete der Pilz auf den rußfreien Apfel¬ 
seiten sehr gute Fruktifikationspolster. Es sei hier aber ausdrücklich 
bemerkt, daß diese Versuche im Winter ausgeführt wurden, zu einer 
Zeit, wo die Lichtintensität infolge des meist gedeckten Himmels 
sehr herabgestimmt ist, ein Moment, das bei einer eventuellen Nach¬ 
prüfung entsprechend berücksichtigt werden muß. Auch in diesem 
Versuch wurden die nicht fruktifizierendeu Hälften sehr bald äußer¬ 
lich schwarz, während die mit Pilzpolster 
bedeckten Apfelseiten in kurzer Zeit ein¬ 
schrumpften und zumeist wenig, oder gar 
keine Schwärzung der Schale zeigteu. Diese 
Versuche lassen sich in verschiedenster 
Weise variieren. So wurde ein Apfel mit 
seinem unteren Teil in den Deckel einer 
innen und außen mit schwarzem Papier aus¬ 
geklebten Schachtel zur Hälfte eingelassen 
und durch Watte die Fugen zwischen Pappe 
und Apfel fest verschlossen. Diese Watte 
wurde darauf noch mit heißem Wachs und 
später mit schwarzem Lack überstricheu. 
Das Licht war so von dem unteren Apfel¬ 
teil vollkommen abgehalten. Stellt man den 
so präparierten und an der Grenzlinie zwischen 
dem abgedunkelten und hellen Teil infizierten 
Apfel nun ans Fenster, so wird der obere Teil schöne Ringe aus¬ 
bilden, während der in der Schachtel befindliche dunkle Teil steril 
bleibt. Es ist bei Ausführung dieses Versuches darauf zu sehen, 
daß der benutzte Dunkelraum ein möglichst großer ist, da andern- 
teils durch die starke Transpiration des faulenden Apfels innerhalb 
dieses Raumes eine sehr feuchte Luft entsteht, die ihrerseits Luft- 
mycelbüschel aus den Lenticellen hervorlockt. Diese sind jedoch 
fast durchgehend steril: man sieht das schon makroskopisch an ihrer 
weißen Farbe; mit dem Mikroskop sind neben sterilen und sehr 
dünnen Mycelfäden nur hie und da einige unregelmäßig torulierte 
Hyphen wahrzunehmen (Fig. 33). 

Um nun endlich den vorangeführten Versuchsresultateu eine 
weitere Bestätigung zu geben, und um gleichzeitig zu zeigen, daß 
das Fehlen der Pilzfruktifikation der Monilia-faulen Äpfel 
unter den gewöhnlichen Verhältnissen stets „Schwarzfäule“ 
im Gefolge hat, wurde eine große Anzahl geimpfter Apfel der ver¬ 
schiedensten Sorten in große schwarzbeklebte Schachteln eingelegt. 



Molz phot. 

Fig. 33. Im Dunkeln ge¬ 
wachsenes Luftmycel von 
Sclerotinia fructigena. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. ]5Ö 


und diese im Laboratorium bei 18—20 °C. aufgestellt. Ohne Unter¬ 
schied fand man solcher Art aufbewahrte Äpfel nach wenigen 
Wochen schwarzfaul. Es ist nun aber nicht etwa die Einwirkung 
des Lichtmangels an und für sich, der die Schwarzfäule herbei¬ 
führt, denn man kann Äpfel, bei denen man die Fruktifikation 
durch Dunkelstellung hintangehalten hat, nachdem sie vollkommen 
faul sind, ehe sie aber durchaus die typische schwarze Farbe der 
Schale zeigen, ans Licht stellen, und doch wird die Schwarzfärbung 
eintreten. 

Meine zahlreichen Versuche haben die Abhängig¬ 
keit der eigentlichen Fruchtpolsterbildung der Sclero¬ 
tinia fructigena auf Äpfeln vom Lichte klar erwiesen. 
Damit ist uns aber gleichzeitig ein Schlüssel gegeben für 
die Erklärung der ringartigen Anordnung der Fruktifika- 
tionsanlagen, die bedingt ist durch den Beleuchtungs¬ 
wechsel zwischen Tag und Nacht und die dadurch aus¬ 
gelöste Periodizität aller derjenigen physiologischen Vor¬ 
gänge, die vom Lichte abhängen, bezw. durch dasselbe 
beeinflußt werden. Sehr deutlich kann man bei Kulturen in 
Petrischalen auf Fruchtgelatine sehen, wie an den äußersten Enden 
des meist kreisförmigen Pilzthalloms durch Emporwachsen von Luft¬ 
hyphen, die später Sporen abschnüren, die Fruktifikationsringe 
während des Tages angelegt werden. Das Zuwachsmycel während 
der Nacht ist gerade wie dasjenige bei Dunkelkulturen dem Substrat 
eng angeschmiegt und steril. Die Markierung der Ringe ist bei sonst 
gleichen Bedingungen um so schärfer je mehr Sonnenlicht ein Tag 
hat, sie kann auf der anderen Seite bei sehr trübem Wetter voll¬ 
kommen unterbleiben oder doch nur schwach angedeutet sein. Es 
sind also namentlich die jüngsten Mycelenden, die den Licht¬ 
reiz percipieren, was man auch klar daran erkennen kann, daß eine 
schon etwas ältere Dunkelkultur, die bereits nahezu die ganze Schale 
ausgewachsen hat, ms Licht gestellt, fast nur an ihrer Peripherie 
Sporenräschen in größerer Anzahl bildet, während diese auf der 
mehr centralen Fläche nur sehr spärlich erscheinen. Kulturen, die 
ich nachts mit elektrischem Licht beleuchtete, zeigten deutliche Über¬ 
gänge zwischen den einzelnen Ringen. Ohne Zweifel könnte man 
durch ein dem Tageslicht bezüglich des Helligkeitsgrades und der 
Zusammensetzung der Strahlengattungen gleichwertiges Licht durch 
nächtliche .Beleuchtung die ringartige Anordnung der Sporenpolster 
gänzlich eliminieren. Sehr eng rücken die Ringe aufeinander, wenn 
der nächtliche Zuwachs infolge niederer Temperatur nur ein geringer 
ist, am Tage aber neben heller Beleuchtung auch noch günstige 
Wachstumsbedingungen (Wärme, Feuchtigkeit) gegeben sind. Manch¬ 
mal tritt bei Dunkelkulturen eine eigenartige, jedoch nur schwach 
angedeutete Ringbildung auf, die namentlich bei durchfallendem 
Lichte wahrnehmbar ist. Die Entstehung derselben ist jedoch teils 
auf eine wellenartige Aufbauschung des Thalloms, teils aber auf 
Wechsel in der umgebenden Temperatur und das dadurch bewirkte 
verschiedenartige Wachstum des Mycels zurückführbar. 


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156 


III. Bericht über «lie Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


Die Sclerotinia fructigena ist {regen niedere Temperatur sehr 
empfindlich, es wird dadurch nicht nur das Mycelwachstum gehemmt, 
sondern in gleicher Weise auch die Fruktifikationsanlagen beeinflußt. 
Geimpfte Apfel, die bei 5—7° an einem Ostfenster lagen, 
zeigten nicht eineSpur von Fruktifikation, ihre Schale färbte 
sich nach kürzerer oder längerer Zeit schwarz. Das Pilzthallom 
einer auf Apfelgelatine sich entwickelnden Kultur zeigte unter sonst 
gleichen Bedingungen innerhalb 10 Tagen bei 7° C. 16 mm Durch¬ 
messer, während eine andere Kultur bei ca. 20° C. innerhalb dieses 
Zeitraumes bereits 80 mm Durchmesser erlangt hatte. 

Bemerkenswert ist für die Kulturen aut Nährgelatine die Tatsache, 
daß bei ihnen sowohl der Effekt einer geringeren Lichtintensität, 
wie auch besonders die Verhinderung der Fruktifikation infolge 

niederer Temperaturgrade nicht in gleich 
schart pointierter Weise zum Ausdruck 
kommen wie bei den Früchten. So zeigten 
Kulturen in Petrischalen auf Apfelgelatine 
bei 7—8° C. Ausbildung von, wenn auch 
ganz schwachen Fruktifikationsringen mit 
regelmäßiger Sporenentwicklung (Fig. 34), 
während geimpfte Apfel unter gleichen Be¬ 
dingungen vollkommen steril blieben. Äpfei, 
die unter einem dünnge webten weißen 
Leinentuch lagen, blieben steril, während 
unter denselben Lichtbedingungen auf¬ 
gestellte Kulturschalen Fruktifikation zeigten. 
Auch Kulturen im Dunkelkasten in Petii- 
schalen zeigten bei der von mir benutzten 
Apfelgelatine (50% Apfelmost von 0,36% 
Gesamt-Säure, 50% dest. Wasser und 10% 
Gelatine) hie und da torulierte Pilzräschen 
F>1 „„ mit regelmäßiger Sporenabschnürung. Aus 

Fig. 34. Normal torulierte t,er letzteren Beobachtung ergibt sich der 

Fruktifikationshyphen von zwingende Schluß, daß sich die Sporen- 

Sclerotinia fructigena. bildung nicht in enger Abhängigkeit von dem 

Lichteinfluß befindet. Diese Folgerung er¬ 
hält aber eine weitere Stütze noch dadurch, daß man durch gewisse 
Abänderungen des Nährmediums die Wirkung der Dunkelheit auf 
die Ausbildung der Fruktifikationsorgane noch mehr abschwächen 
kann. So entwickelt beispielsweise eine Kultur auf einem Nähr¬ 
boden, der aus 50% Traubenmost, dessen Säure mit CaO voll¬ 
kommen neutralisiert war, 50% destilliertem Wasser -f 10% Gelatine 
bestand, in ihrem zentralen Teil ein etwa 25 mm Durchmesser 
zeigendes Fruktifikationsfeld mit gut ausgebildeter Sporenbildung 
trotz Dunkelstellung. Eine Kultur mit diesem Substrat am Fenster 
fruktifizierte auf der ganzen Fläche mit nur schwacher Andeutung 
von Hingen. Bei einer anderen, die auf neutralisierter Birngelatine 
gezogen wurde, war nur ein kleiner Ring um das Zentrum wahr¬ 
nehmbar, während die übrige Fläche bei auffallendem Lichte ein 



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Bericht über die Tätigkeit der pflauzenpathologischen Versuchsstation. ]57 

fast gleichmäßiges Fruktifikationsfeld zeigte. Vorläufig seien diese 
Beobachtungen als einfache Tatsachen registriert. 

Das Faktum, daß das Licht bei manchen lichtempfindlichen 
Pilzen in seiner Wirkung durch andere Faktoren ersetzt werden 
kann, wird schon von Brefeld erwähnt (Schimmelpilze 111, S. 95). 
Dieser beobachtete, daß bei Coprinus stercorarius eine höhere Tempe¬ 
ratur auch in der Dunkelheit Hutbildung erzeugt, während die Aus¬ 
bildung dieses Fruktifikationsorganes sonst bei diesem Pilze an das 
Licht gebunden ist. Nach Lendner (Ann. d. scienc. naturell. 1897, 
V1LI sör., T. III, p. 60: cit. n. Pfeffer) entstehen bei Mucor race- 
mosus die Sporangien im Dunkeln, bilden aber unter bestimmten 
Ernährungsbedingungen die Sporen nur im Licht. Lendner hat bei 
seinen Untersuchungen sein Augenmerk besonders dem Einfluß der 
Beschaffenheit des Substrates auf verschiedene Pilze zugewendet und 
dabei die Tatsache konstatiert, daß die Unterschiede, die sich bei 
festen und flüssigen Nährmedien bezüglich der Anlage und Aus¬ 
bildung der Fruktifikationsanlagen ergeben, in vielen Fällen den bei 
Licht- und Dunkelwachstum resultierenden Unterschieden gleichen. 
Meine bei Sclerotinia fructigena angestellten Beobachtungen liefern 
auch für diese Feststellungen neues Sammelmaterial, denn die Ent¬ 
wicklung unseres Pilzes auf flüssigen Nährmedieu hat bezüglich der 
Ausbildung der Fruktifikationsorgane eine große Ähnlichkeit mit den 
in Dunkelheit auch auf festem Substrat gewachsenen Kulturen. Die 
spärliche Sporenbildung der Monilia auf Fruchtsaft wurde übiigens 
schon im Jahre 1894 durch Wort mann (Einige Beobachtungen über 
den Grind des Obstes, hervorgerufen durch Oi'dium fructigenum; 
Bericht der Königl. Lehranstalt 1894/95, S. 64) wahrgeuommen und 
später durch Behrens (Beiträge zur Kenntnis der Obstfäule; Central¬ 
blatt für Bakteriologie usw., 1898, Abt. II, Bd. IV, S. 517) nochmals 
bestätigt. Letzterer glaubt, daß eine Anhäufung von Kohlensäure 
oder ein allzugroßer Feuchtigkeitsgehalt innerhalb der Kulturgefäße 
oder beide Umstände vereint diesen Effekt hervorbringe. Gegen 
diese Ansicht ließ sich jedoch einwenden, daß der C0 2 Gehalt in 
Petrischalen bei Gelatinekulturen unzweifelhaft nicht geringer ist 
als bei Fruchtsaftkulturen, und ebenso scheint es sich mit dem 
Feuchtigkeitsgrad der Luft innerhalb dieser Gefäße zu verhalten: 
dieser ist auch bei Anwendung von Gelatine fast immer auf dem 
Sättigungspunkt, was man leicht daran erkennt, daß sich zumeist 
kondensierter Wasserdampf in Tropfenform an dem Schalendeckel 
niederschlägt. Auch die Tatsache, daß in feuchten Glasschalen 
liegende Sclerotinia-faule Apfel viel stärker fruktifizieren als solche, 
die von trockner Luft umgeben sind, spricht gegen die obige An¬ 
nahme. 

Ein sehr geringer Feuchtigkeitsgehalt der Luft ist sogar als ein 
direktes Hindernis für die Polsterbildung der Sclerotinia auf Früchten 
anzusehen, während andrerseits dieser Pilz bei sehr feuchter Luft sogar 
bei Dunkellagerung der Früchte aus den Lenticellen Lufthyphen 
entsendet, die namentlich bei der Ansteckung der anlagernden 
Früchte von ausschlaggebender Bedeutung sind. Mehrere schwarz- 


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15S III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 

faule Äpfel hatte ich im Laboratorium dicht gegen gesunde Früchte 
gedrängt angelegt, ohne daß eine Ansteckung erfolgte, während in 
einem feucht gehaltenen geschlossenen Gefäß die Übertragung der 
Fäulnis auf diesem Wege durch Vermittlung von Luftmycel in 
einigen Fällen gelang. (Siehe auch Wortmann a. a. 0.) 

Für uns hat die Trockenheit der Luft aber deshalb noch ein 
besonderes Interesse als sie im stände ist, die Wirkung einer unge¬ 
nügenden Beleuchtung zu verschärfen und dadurch die Fruktifikation 
in solchen Fällen vollkommen zu sistieren, wo bei einer feuchten 
Atmosphäre die Lichtwirkung zur Polsterbildung vollkommen aus¬ 
gereicht hätte. So kann also indirekt auch ein allzugeringer 
Feuchtigkeitsgrad der Luft die „Schwarzfäule“ der Äpfel 
bedingen. Die Wirkung dieses Faktors scheint mir vorwiegend 
darauf zu beruhen, daß Feuchtigkeit die Härte der Kutikula 
durch Erweiterung der Mizellarinterstitien vermindert und dadurch 
den Durchbruch der Konidienpolster-Änlagen erleichtert. In ähn¬ 
licher Weise ist der schon früher erwähnte Fall einer Beanspruchung 
höherer Lichtintensität zum Fruktifizieren auf Äpfel gegenüber der 
Sporenbildung auf Nährgelatine zu erklären. Bei Lichtmangel oder 
geringer Lichtintensität erlangen die sporenbildenden Hyphen, wie 
ich feststellen konnte, einen viel geringeren Querschnitt, wodurch 
ihre Druckkraft erheblich beeinträchtigt wird. Die Sporenträger bei 
Licht zeigen einen Durchmesser von etwa 7—10 /«, während die 
Lufthyphen bei Dunkelmycel nur etwa 3— 6 Querschnitt erlangen. 
Dadurch wird es begreiflich, daß je dicker und derber die 
Kutikula ist, um so schwerer die Hyphen nach außen zu 
dringen vermögen; um so mehr wird bei gleicher Lichtintensität 
die Polsterbildung gehemmt werden. Die schon eingangs erwähnte 
Ansicht von Wehmer undWoronin erhält damit aber eine tiefere 
Begründung. 

Die nicht zur Fruktifikation gelangenden Hyphen dringen 
zwischen die Zellen der Schale ein und bilden hier und unterhalb 
der Kutikula ein sklerotienartiges Lager, das bis 1 mm dick wird. 
Wir stoßen hier aber auf die Frage, welcher Reiz führt das Mycel 
gerade zum Durchwachsen der äußersten Zellschichten der Frucht,, 
der Epidermis? Darauf erhalten wir durch den nachstehenden Ver¬ 
such Antwort. Mehrere Äpfel wurden zur Hälfte mit Wachs über¬ 
strichen und dann sowohl auf der nicht bedeckten, wie auch der 
gewachsten Seite geimpft und dunkel gelegt. In der Folge zeigte 
sich, daß die nicht behandelte Hälfte schwarzfaul wurde, während 
die Schale der gewachsten Hälfte das gewöhnliche Kolorit Sklerotinia- 
fauler Äpfel zeigte: die Schwarzfärbung der Schale unterblieb hier 
vollkommen. Diese Erscheinung findet ihren Grund einesteils in 
dem Unterbleiben der epidermalen Sklerotienbildung, andernteils, 
und zwar primär, in dem Mangel an Sauerstoff. Daß der Sauerstoff 
bei der Schwarzfärbung als bewirkendes Agens angesehen werden 
muß, geht auch daraus hervor, daß, wenn man die Schale eines 
soeben geimpften Apfels dicht mit Nadelstichen durchlöchert, sie 
punktet, und den Apfel durch Feuchtlegen vor zu großer Wasser- 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. 1 59 


Verdunstung schützt, daß dann bei Dunkellagerung die Schwarz¬ 
färbung fast unmittelbar mit fortschreitender Fäulnis erfolgt. Man 
kann in dieser Weise innerhalb einiger Tage einen Apfel „schwarz¬ 
faul“ machen, während es sonst zumeist einige Wochen dauert. Die 
Schwarzfärbung ist überhaupt nur deshalb an die Schale 
gebunden, weil diese dem Sauerstoff der Luft am ehesten 
zugängig ist. Schneidet man einen Monilia-faulen Apfel auf und 
läßt ihn einige Zeit liegen, so nimmt allmählich auch das Frucht¬ 
mark eine mehr oder weniger schwarze Farbe an. Mit sterilem 
Messer wurde unter einer sterilen Glocke ein Apfel in Stücke ge¬ 
schnitten und diese, nachdem sie mit Sklerotinia-Sporen geimpft 
waren, in vorher steril gemachte feuchte Watte gewickelt und in 
eine gedeckte Schale gelegt. Diese wurde dunkel gestellt. Nach 
10 Tagen ergab die Revision, daß sämtliche Apfelstückchen durch 
und durch schwarzfaul waren. Bei den in diffusem Lichte schwarz¬ 
faul werdenden Früchten kommt für das Eindringen des Mycels in 
die Schale auch noch der von außen wirkende Lichtreiz hinzu. 
Ist dieser zu gering und treten dazu eventuell noch die anderen, 
die Fruchtbildung hemmenden Faktoren hinzu, dann können, wie 
wir schon gesehen haben, die Hyphen nicht durchbrechen und das 
Mycel breitet sich unterhalb der Kutikula und in der Epidermis 
aus. Man kann bei solchen von diffusem Tageslicht getroffenen 
Früchten in der ersten Zeit des Fäulnisprozesses meist deutlich 
schwarze Ringe auf der Schale erkennen, die den durch den Licht¬ 
reiz bewirkten, jedoch nicht zum Durchbruch kommenden Frukti- 
fikationsanlagen entsprechen. 

Welcher Art der ausgeschiedene Farbstoff ist, konnte ich bis 
jetzt noch nicht feststellen, es scheint mir aber, als ob ein Enzym 
als Oxydaso dabei tätig sei, denn geimpfte Äpfel, die im Dunkeln 
in einem Thermostaten bei 36—38° C. lagerten, zeigten die Schwarz¬ 
färbung nicht, desgleichen blieb sie bei einem Apfel aus, der 
während der Fäulnis öfters Kältegraden unter 0 ausgesetzt war. 
Die Vermutung, daß die Tyrosinase bei der Verfärbung wirksam 
sei, fand ich nicht bestätigt, wenigstens bleibt ein Filtrat von in 
der Reibschale unter Zusatz von destilliertem Wasser zerriebenen, 
schwarzfaulen Apfelschalen, wie auch von auf Nährgelatine gezüchteten 
Thallomen bei Zusatz von Tyrosin ohne Reaktion. 

Was nun endlich die Tatsache anbelangt, daß Äpfel, auf 
denen der Pilz stark fruktifiziert. keine oder nur selten Schwarz¬ 
färbung der Schale zeigen, so liegt diese von vornherein etwas be¬ 
fremdliche Erscheinung in dem Umstande begründet, daß einmal 
das Sauerstoffbedüifnis des Pilzes durch die in die Luft ragenden 
Fruktifikationspolster und die Durchbrechungsstellen in der Schale 
in hinreichender Weise befriedigt ist. zum andern aber schrumpft 
die Scbalo und der äußere Teil des Fruchtfleisches infolge starker 
Wasserverdunstung durch die durchbrochene Epidermis und Kutikula 
sehr bald stark ein. und das Mycel breitet sich in tieferen Schichten 
der Frucht aus. Man kann durch ein einfaches Experiment diese 
Ansicht beweisend stützen. Wenn man die eine Hälfte eines Apfels 


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IGO III. Bericht ük*r uie Tätigkeit der wissenschaftlicbeu Institute. 

mit einer Nadel punktet, die andere nicht, den Apfel dann einige 
Tage in ein warmes trocknes Zimmer legt und dann, nachdem die 
präparierte Apfelhälfte bereits anfäugt zu schrumpfen, beide Seiten 
des Apfels impft, so wird bei Dunkel- und Trockenlagerung der Frucht 
nur die nicht behandelte Seite schwarzfaul werden, während die 
andere fault, ohne daß äußerlich an der Schale die typische Schwarz¬ 
färbung eintritt. Legt man jedoch einen gepunkteten Apfel, den man 
sofort bei noch turgesceuter Schale geimpft hat, unter sonst gleichen 
Bedingungen in einen feuchten Raum, dann folgt die Schwarz¬ 
färbung der Schale fast unmittelbar der fortschreitenden Fäulnis. 
Hier färbt sich dann aber nicht nur die Schale, sondern auch noch 
die direkt unterhalb derselben lagernde Fruchtfleischzone schwarz. 
Ebenso verhält es sich mit polsterbedeckten Äpfeln. Ist die Witte¬ 
rung anhaltend trocken, so schrumpfen sie ohne jegliche Schwärzung 
der Schale sehr bald zu den bekannten Mumien ein, während bei 
langanhaltender feuchter Witterung die Frucht allmählich das Aus¬ 
sehen der schwarzfaulen Früchte erhält. Der letztere Fall tritt in¬ 
folge der feuchteren Witterung mehr im Spätherbst ein. 

Für die Praxis ergeben meine Untersuchungen einige nicht 
ganz unwichtige Folgerungen. Gelingt es durch Abschluß von 
Licht, geringen F'euchtigkeitsgrad der Luft, oder niedere 
Temperatur ein Frnktifizieren der Sclerotinia auf dem 
Lager zu vermeiden, so wird man diese Art Fäulnis von 
den Lagerfrüchten leicht fernhalten können. Eine mit 
Sporen bedeckte Frucht vermag durch Vermittlung eines leichten 
Luftzuges hunderte von anderen Früchten anzustecken, denn die 
Schale des Lagerobstes besitzt meist genügende Eingangspforten für 
die keimenden Sporen. Die schon bei der Ernte infizierten Früchte 
aber faulen schon in den ersten Wochen und müssen dann aus¬ 
gelesen werden, um nicht durch Anlagerung andere anzustecken. 
Die Empirie hat übrigens die genannten Faktoren schon lange als 
diejenigen erkannt, die für die Haltbarkeit der Früchte auf dem 
Lager, allerdings auch noch aus anderen Gründen als die von mir 
hier ins Auge gefaßten, von ausschlaggebender Bedeutung sind. 
Fruktifizierende Sklerotinia-faule Äpfel sind deshalb auf dem Lager 
gemeinhin ziemlich selten, häufiger allerdings die „schwarzfaulen** 
Früchte, eine Tatsache, die unter Berücksichtigung der bei Lager¬ 
obst meist obwaltenden Verhältnissen mit meinen Untersuchungen 
in gutem Einklung steht. Anders ist es allerdings bei der Peni- 
cillium-Fäule, denn dieser Pilz vermag auch im Dunkeln seine 
Fruktifikationsorgane vollkommen auszubilden. 

Die Untersuchungen werden in der zum Teil erst angedeuteten 
Richtung fortgesetzt. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. IQ\ 

11. Über den Einfluss der Wärme auf die Raupen der Trauben- 
motten Cochylis ambiguella und Eudemis botrana. 

Von J. Dewitz. 

Vor mehreren Jahren war ich in der Station viticole et de 
Pathologie vögötale in Villefranche (Rhöne) damit beschäftigt, M die 
Temperaturen festzustellen, welche für die Raupen von C. ambiguella 
und T. pilleriana tödlich sind. Ich fand dabei, daß beide Raupen¬ 
arten dem Einfluß von ungefähr derselben Temperatur erlagen und 
daß die Temperatur verhältnismäßig niedrig war, denn sie betrug 
nur 45° C. Die Wirkung dieser Wärmegrade bei einer Dauer von 
nur wenigen Minuten war eine sehr entschiedene. Zur Ausführung 
dieser Versuche diente mir eine einfache Vorrichtung. In einen 
mit Wasser gefüllten Ballon tauchte ein längeres Reagenzglas so 
tief ein, daß ein etwas größerer Abstand zwischen dem Boden des 
Reagenzglases und dem Boden des Ballons blieb. In dem Reagenz¬ 
glase stand ein Thermometer und ein gegen das Ende des Reagenz¬ 
glases vorgeschobener Wattepfropf schloß den unteren Teil des 
Reagenzglases zum Zwecke der Aufnahme der Raupen ab. Wenn 
sich das Quecksilber des Thermometers 45° C. näherte, so fielen 
die Raupen auf den Boden. Ließ man sie hier 10—15 Minuten 
bei derselben Temperatur und nahm man sie dann heraus, so blieben 
sie tot oder sie waren sehr krank und starben nach einigen Tagen. 
Wiederholungen des Experimentes zeigten, daß die Wirkung der 
erhöhten Temperatur eine sehr sichere ist (45° C.). Diese Befunde 
veranlaßten dann die Herren G. Gastine und V. Vermorel, 2 ) 
meine Experimente für die erwachsenen Raupen von T. pilleriaua 
zu wiederholen und den Einfluß erwärmter Luft auf dieselben 
weiter zu beobachten. Sie machen für ihre Beobachtungen folgende 
Angaben: „Les pyrales (Raupen von T. pilleriana) exposöes ä une 
tempörature de 48 ä 50° meurent au bout de trois ä quatre minutes. 
Elles sont tuöes bien au-dessous de ces tempöratures, ä 45° C. si 
l’exposition dure plus longtemps, dix minutes. Vers 40° C. eiles 
s’agitent dösespöröment et sortent de leurs retraites, 3 ) ce qui assure 
mieux l’effet de la temperature destructive 1 '. 

Da bereits diese Versuche für das vitalo Temperaturmaxiraum 
der C. ambiguella eine verhältnismäßig niedrige Temperatur erkennen 
lassen und in ihren Resultaten keine große Schwankungen auf¬ 
weisen und da es andrerseits auffällig ist, daß für die Raupen 
zweier verschiedener Lepidopterenarten die tödlichen Temperaturen 
nahe beieinander liegen, so forderten diese Umstände zu weiteren 

') Vergl. J. Dewitz, Beobachtungen, die Biologie der Traubenmotte Cochyli.s 
ambiguella Hübn. betreffend. Zeitsehr. wissensch. Insektenbiologie. Bd. 1 (10). 
1905, S. 344. 

'•’) Vermorel et Gastine, Note sur un nouveau procede pour la destruction 
de la pyrale et d'autres insectes nuisibles. C. R. Acad. Se. Paris, T. 135, >S. 6(> 
bis 08. 7. Juillet 1902. 

*) Aus den zusammengesponnenen Blattern der Rebe. Die Reben wurden 
mit einer Zinkglocko bedeckt und in diese wurde heißer Wasserdampf geleitet, 
(msonheiiuer Rericht 11 


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162 


III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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Nachforschungen auf. Es Hegt auf der Hand, daß auch im Freien 
Wärmegrade Vorkommen können, welche jenen tödlichen Temperatur¬ 
graden gleichkommen oder sie gar übertreffen. 

Die weiteren Versuche, welche von mir im letzten Sommer 
(1905) und im letzten Winter (1906) angestellt worden sind, wurden 
in der Weise ausgeführt, daß die erwärmte Luft, in der sich die 
Versuchsobjekte befanden, stets genügende Feuchtigkeit enthielt. 
Die Anordnung der Versuche war im Prinzip dieselbe wie in meinen 
früheren, oben angeführten Versuchen. Sie wurde aber öfters je 
nach dem Bedürfnis abgeändert. 

Wärm eexperim ente. 

a) Junge Raupen von Eudemis botrana im Ei. 

Es wurden zu diesen Versuchen Eier benutzt, welche in der 
Gefangenschaft auf Trauben von Schmetterlingen abgesetzt worden 
waren, welche selbst in der Gefangenschaft ausgekommen waren. 
Man ließ die Eier sich soweit entwickeln, bis der schwarze Kopf der 
jungen Raupe sichtbar war. Dann wurde das Ei der Wirkung der 
Wärme ausgesetzt. Die Eier wurden zu diesem Zwecke in ein 
Reagenzglas gelegt, das man in folgender Weise herrichtete. 

Um das Reagenzglas zu beschweren, wird auf den Boden ein 
Stück Blei gelegt. Auf dieses wird ein Pfropf aus angefeuchtetem 
Fließpapier geschoben und ein Thermometer, dessen Quecksilber auf 
dem Papierpfropfen ruht, wird in das Reagenzglas gestellt. Ein 
Stückchen feuchtes Fließpapier wird in mehrere Lagen zusammen¬ 
gelegt und in die Nähe des Quecksilberteiles des Thermometers ge¬ 
bracht, so aber, daß das Thermometer nicht auf das Fließpapier 
drückt. Zwischen den Lagen des Fließpapiers liegt das Stückchen 
Beerenhaut, welches von der Beere mit einem scharfen Messer zu¬ 
gleich mit dem auf ihm sitzenden Ei abgetrennt ist. Anfangs wurde 
die ganze Beere, auf der das oder die Eier befestigt waren und 
welche noch klein war, auf den Fließpapierpfropf neben den Queck¬ 
silberteil des Thermometers gelegt. Schließlich wird das Reagenzglas 
mit einem Stück Watte verschlossen. Das Fließpapier wurde hier 
wie in allen späteren Versuchen in der Weise angefeuchtet, daß 
man es in Wasser tauchte und zwischen zwei Lagen trockenem 
Fließpapier abtrocknete. In dieser Weise konnte man für das Flie߬ 
papier einen Feuchtigkeitsgrad hersteilen, der sich in allen Fällen 
ungefähr gleich blieb. 

Es wird darauf in einen großen, mit Wasser gefüllten Erlen- 
meyerschen Kolben ein empfindliches Thermometer gebracht und 
das Wasser durch eine untergestellte Flamme erwärmt. Wenn das 
Thermometer etwas über 45° 0. (46—46 1 / 2 °) gestiegen ist, nimmt 
man die Flamme fort und senkt das Reagenzglas bis in die Nähe 
seiner Mündung in den Kolben. Im Reagenzglas zeigt dann das 
Thermometer sehr bald 45° an. Man nähert darauf die Flamme 
wieder dem Kolben und reguliert sie in der Weise, daß das im 
Wasser befindliche Thermometer möglichst gleichmäßig etwas mehr 


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Bericht über die Tätigkeit der jiflanzenpathologischea Versuchsstation. 163 


als 45° angibt. Die erwärmten Eier, welche ein in der Entwicklung 
mehr oder minder vorgeschrittenes Räupchen einschlossen, wurden 
genügend lange aufbewahrt, um festzustellen, ob die Räupchen zu 
Grunde gegangen oder am Leben geblieben waren und auskamen. 
Dazu wurden sie in kleine Schälchen gelegt, welche zugedeckt 
wurden und in denen sich ein Stückchen feuchtes Fließpapier be¬ 
fand. Auch in den späteren Versuchen, in denen kleinere oder 
größere Raupen erwärmt wurden, wurden diese in gleicher Weise 
aufbewahrt. Es wurden ihnen außerdem einige Beeren oder Blätter 
in das Schälchen gelegt. Dieses Futter, auch die Beeren, wurde 
gewechselt und die Schälchen von Zeit zu Zeit gereinigt. 

No. 1. Experiment aufgegeben. 

No. 2. E. botrana. 1 Beere mit 2 Eiern; schwarzer Kopf 
des Räupchens sichtbar. Die ganze Beere wird in das Reagenzglas 
gelegt. Erwärmt 20. Juli; aufbewahrt bis 29. Juli + 1 ). 

3 h. 25 m. = 40° 

3 h. 27 m. = 44° 

3 h. 28 m. — 45 0 I 45 ° _ , 
bis 3 h. 47 m. = 45°/i 9 m 

Das Thermometer im Reagenzglase stieg nach Einsenken des 
letzteren in das 46grädige Wasser sehr bald auf 40°. Von diesem 
Zeitpunkte, d. h. von 3 Uhr 25 Minuten an wurden die Minuten 
aufgeschrieben. Um 3 Uhr 27 Minuten stand das Quecksilber auf 
44°; um 3 Uhr 28 Minuten auf 45° und blieb auf 45° bis zum 
Schlüsse des Experimentes, d. h. bis 3 Uhr 47 Minuten. Wenn man 
von dem Zeitpunkt, in dem das Thermometer 45° anzeigt, bis zum 
Schlüsse des Experimentes die Minuten zählt, so erhält man 
19 Minuten. Als Resultat ergab sich, daß das Räupchen sich nicht 
weiter entwickelte, also tot war. 

No. 8 . E. botrana. 1 Beere mit 1 Ei, 1 Beere mit 2 Eiern. 
Schwarzer Kopf des Räupchens sichtbar. Erwärmt 20 . Juli; auf¬ 
bewahrt bis 29. Juli. -j*. 

4 h. 45 m. = 40° 

4 h. 48 m. = 44° 

4 h. 49m. = 45°\ 45«_ _ . 
bis 5 h. 3 m. = 45° | 14 m 

No. 4. E. botrana. 1 Beere mit 1 Ei. Schwarzer Kopf des 
Räupchens sichtbar. Erwärmt 20 . Juli; aufbewahrt bis 29. Juli. f. 

5 h. 15 m. =40° 

5 h. 16 V 2 ni. = 44° 

5 h. 17 m. = 45° \ 45° , 

bis 5 h. 26 m. = 45 0 j 9 m ■ 

No. 5. E. botrana. 1 Ei, welches mit einem Stückchen Beeren¬ 
haut von der Beere abgetrennt ist. Schwarzer Kopf des Räupchens 
sichtbar. Erwärmt 21. Juli; aufbewahrt bis zum 29. Juli. *(*. 

1 1 T ---- tot. 

11 * 


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104 [III- Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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3 h. 46 m. = 40° 

3 h. 48 m. = 45 °1 45° __ , 
bis 4 b. 3 m. = 45 0 J XiTm T ' 

No. 0. E. botrana. 2 Eier mit einem Stückchen Beerenhaut 
abgetrennt. Schwarzer Kopf des Räupchens sichtbar. Erwärmt am 
22. Juli; am 23. Juli nicht nachgesehen; am 24. Juli sind die Ei¬ 
schalen leer und die Raupen sind ausgeschlüpft 

10 h. 2 m. = 40° 

10 h. 5 m. = 40,5° 

10 h. 10 m. = 40° 
bis 10 h. 17 m. = 40° 

No. 7 ausgefallen. 

No. 8. E. botrana. 3 Eier mit einem Stückchen Beerenhaut 
abgetrennt. Nur die Augen der Räupchen sind schwarz gefärbt; 
lebhafte Bewegungen der Kiefer. Diese hatten nach dem Erwärmen 
aufgehört; es fanden aber bisweilen Bewegungen des Kopfes statt. 
Erwärmt am 24. Juli; am 25. Juli morgens eine Raupe ausgekoramen, 
die beiden andern am Nachmittage. 

4 h. 45 m. = 40° \ 40° _. 

bis 5 h. — =40°ji5m = ' 

b) Bereits ausgekommene, mehr oder minder grofse Raupen von 
C ambiguella, E. botrana und Phalera bucephala. 

In den Versuchen No. 9 bis No. 27 inkl. werden die Räupchen, 
ebenso wie es bei den mit einem Stückchen Beerenhaut abgetrennten 
Eiern von E. botrana der Fall war. in gefaltetes, feuchtes Fließpapier 
gelegt. 

No. 9. C. ambiguella. 2 Räupchen von 2 1 / 2 mm Länge. Er¬ 
wärmt am 28. Juli; ohne Bewegung nach dem Erwärmen; auf¬ 
bewahrt bis zum 29. Juli. f. 

8 h. 25 m. = 40 0 

8h. 28m. = 45°\ 45° _ 
bis 8 h. 43 m. = 45 0 j j 5 ^ ’ ’ 

No. 10. C. ambiguella. 2 Räupchen von 3 und 2 J / 2 mm Länge. 
Erwärmt am 28. Juli; ohne Bewegung nach dem Erwärmen; auf¬ 
bewahrt bis zum 29. Juli. f. 

9 h. 10 m. = 40° 

9 h. 13 m. — 45° \ 45° _ 
bis 9 h. 23 m. = 45 0 1 iö in 

No. 11. Eine Raupe von C. ambiguella und eine Raupe von 
E. botra?ia; beide von 3 mm Länge. Erwärmt am 28. Juli; ohne 
Bewegung nach dem Erwärmen; aufbewahrt bis zum 29. Juli. f. 

9 h. 42 m. = 40° 

9 h. 45 m. = 45 0 ) 45 0 
bis 9 h. 50 m. = 45 0 f 5 ^ ~ ''* 


') 1. = lebend. 


40 ^ 
15 m 


= l.i). 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 165 


No. 12. C'. ambiguella. 1 Raupe von 4 mm Länge. Erwärmt 
am 28. Juli; ohne Bewegung nach dem Erwärmen; wird aufbewahrt 
bis zum 29. Juli. f. 

10 h. 16 m. = 40° 

10 h. 19m. = 45°\ 45° 
bis 10 h. 24 m. = 45° J 5 ^ '* 

No. 13. C. ambiguella. 3 Raupen von 4,4 und 3 mm Länge. 
Erwärmt am 28. Juli; ohne Bewegung nach dem Erwärmen; werden 
aufbewahrt bis zum 29. Juli. f. 

2 h. 50 m. = 40° 

2 h. 53 ra. = 45 0 ) 45 0 _ 

bis 2 h. 58 m. = 45 0 j 5 ^ ' * 

No. 14. C. ambiguella. 2 Raupen von 2 V* mm Länge. Er¬ 
wärmt am 28. Juli; bleiben am Leben. 

3 h. 12 m. = 35° 

3 h. 15 tn. = 40° \ 40° 
bis 3 h. 25 m. = 40° / jo m 

No. 15. C. ambiguella. 3 Raupen von 2 x / 2 , 2 x / 2 und 3 x / 2 mm 
Länge. Erwärmt am 28. Juli; nach dem Erwärmen rührt sich 
eine Raupe etwas; nach 1 Stunde eine zweite Raupe. Am 29. Juli 
zeigt eine Raupe starke Zuckungen bei Berührung. 

4 h. 22 m. = 35° 

4 h 25 m = 40 °1 40° 

bis 4 h! 40 m. = 40°j I 5 * = nicht S änzlich 

No. 16. C. ambiguella. 2 Raupen von 2 1 / 2 und 3 x / 2 mm 
Länge. Erwärmt am 28. Juli; beide rühren sich auf Reiz, sind 
sehr matt; am 29. Juli beide vollständig wieder hergestellt 

5 h. 20m. = 37° 

5h. 22m. = 40°\ 40° __ 
bis 5 h. 32 m. = 40°J io m ' 

No. 17. C. ambiguella. 2 Raupen von 3 mm Länge. Er¬ 
wärmt am 29. Juli; wenig matt, kriechen; um 11h. 30 m. vormittags 
laufen sie bereits wieder umher. 

9 h. 6 m. = 35 0 

9 h. 9 m. = 40° 140° 
bis 9 h. 19 m. = 40° J 10 m ‘ 

No. 18. C. ambiguella. 2 Raupen von 3 mm Länge. Er¬ 
wärmt am 29. Juli; nach dem Erwärmen ist eine Raupe normal 
geblieben, die andere rührt sich nicht; am 31. Juli ist auch die 
andere Raupe wieder normal. 

9 h. 39 m. = 35 0 

9 h. 42 m. = 40° I 40° 
bis 9 h. 52 m. = 40 0 1 j q bi ' 

No. 19. C. ambiguella. 2 Raupen von 3 und 3 1 / 2 mm Länge. 
Erwärmt am 29. Juli; auf Berühren mit der Nadel reagiert die 
größere Raupe äußerst schwach; am 31. Juli beide Raupen f. 


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Original frnm 

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16() III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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10 h. 8 m. = 35° 

10 h. 11 m. = 40°} 40° _ . 

bis 10 h. 26m. = 40°/l5l n ~ T ' 


No. 20. C. ambiguella. 2 Kaupen von 2 und 3 mm Länge. 
Erwärmt am 29. Juli; nach dem Erwärmen rührt sich die größere 
Raupe und sucht zu laufen, die kleinere rührt sich auf Berührung; 
aufbewahrt, wird eine Raupe vollkommen gesund, die andere f. 

10 h. 45 V» m. = 35° 


bis 


45 V. 
10 h. 49 m. 
11h. 4 m. 


= 40°1 40° 

=4o»Jrrm=‘ eils 


1 ., teils +. 


No. 21. C. ambiguella. 2 Raupen von 2 1 / 2 mm Länge. Er¬ 
wärmt am 29. Juli; eine Raupe bewegt sich, die andre nur auf Be¬ 
rührung; am 31. Juli sind beide Raupen vollkommen, gesund. 

11h. 25 m. = 35° 

11b. 28 m. = 40° \ 40° 
bis 11h. 43 m. ==40° J 15 m * 


No. 22. E. botrana. 2 Raupen von 3 mm Länge. Erwärmt 
am 1 . August; nach dem Erwärmen laufen beide Raupen umher. 

llh. 16 ra.= 37° 

11h. 20m. = 40°\ 40° 
bis 11 h. 35 m. = 40 0 / 15 m ' 

No. 23. E. botrana. 2 Raupen von 3 1 / 2 mm Länge. Erwärmt 
am 1. August; nach dem Erwärmen beide unbeweglich; am 2. August 
beide f. 

4 h. 15 */» m. = 40° 

4 h. 18 V* ra. = 45°l 45° _ , 

bis 4 h. *33 l j 2 m. = 45 0 / 15 m “ T ' 

No. 24. C. ambiguella. 2 Raupen von 3 und 4 mm Länge. 
Erwärmt am 2. August; nach dem Erwärmen unbeweglich; am 
3. August f. 

9 h. 29 m. = 40° 

9 h. 33 m. = 45° i45° 

bis 9 h. 38 m. = 45°—46° j 5 hi '' 

No. 25. C. ambiguella. 2 Raupen von 2 1 / 2 und 3 mm 

Länge. Erwärmt am 2. August; unbeweglich; am 3. August f. 

9 h. 55 m. = 40° 

9 h. 58 m. = 45 0 145 0 

bis 10 h. 3 m. = 45 0 / 5 ^ = T ' 

No. 26. C. ambiguella. 3 Raupen von 4 mm Länge. Er¬ 

wärmt am 2. August; unbeweglich; am 3. August f. 

10 h. 26 m. = 40° 

10 h. 29 m. = 45 0 1 45 0 , 

bis 10 h. 34 m. = 45° J 5 m 1 ' 

No. 27. Pb. bueephala. Eine kleinere Raupe: wird wie die 


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Bericht über die Tätigkeit der pflauzeupathologischen Versuchsstation. 167 


C. ambiguella-Raupen zwischen teuchtes Fließpapier gelegt. Erwärmt 
am 10. August; bleibt gesund, frißt. 1 ) 

8 h. 50 m. = 35 0 

8 h. 53y*m. = 40°l 40° 

bis 9 h. 13 m. = 40°J l}Ty 2 in 

No. 28. Ph. bucephala. Eine kleinere Raupe. Die Raupen 
dieser Art lassen sich ihrer Grüße wegen schwer in feuchtes 
Fließpapier hüllen. Um die die Raupen umgebende Luft feucht zu 
erhalten, wird in folgender Weise ein feuchter Raum hergestellt. 
Auf das auf dem Boden des Reagenzglases befindliche Bleistück 
wird ein Pfropf aus feuchtem Fließpapier geschoben. Auf diesem 
Pfropf steht der Quecksilberteil des Thermometers und liegt die 
Raupe, ln einigem Abstande vom Pfropf wird ein anderer Pfropf aus 
losem, feuchtem Fließpapier in das Reagenzglas geschoben. Erwärmt 
am 10. August. Nach dem Erwärmen liegt die Raupe auf dem 
Rücken; Bewegungen der Füße und Kiefer; krampfhafte Bewegungen 
des Körpers. Auf Berührung stärkere Bewegungen der Kiefer und 
Füße und Zuckungen des Körpers. Um 6 h. p. in. 2 ) saß die Raupe 
wieder aufrecht. Am 11. August 8 h. a. m. *)+. 

9 h. 34 1 /, m. = 45°| 45° , 

bis 9 h. 44 m. — 45° \ 9 y~m = T ’ 

No. 29. Ph. bucephala. Eine kleine Raupe. Erwärmung wie 
bei No. 28. Erwärmt am 10. August. Nach dem Erwärmen liegt 
die Raupe auf dem Rücken; bei Berührung Bewegungen des Körpers. 
6 ) 1 . p. m. 2 ) sitzt sie wieder aufrecht. Am 11. August 8 h. a. m. 2 ) er¬ 
scheint sie normal; läuft umher, aber nur wenig. Nach 11. August ganz 
normal, frißt aber seit dem 10. August nichts. Entleert in den 
ersten Tagen den Kot, den sie im Darm hat. Darauf keine weitere 
Kotentleerung. Schrumpft allmählich; bewegt sich aber normal. Ist 
am 16. August f, ohne die Nahrung berührt zu haben. 

10h. 4m. =40° 

10 h. 7 V 2 m. = 45° 
bis 10 h. 12 m. =45° 

No. 30. Ph. bucephala. Eine kleine Raupe. Die Raupe wird 
in angefeuchtetes Fließpapier gelegt und in dieses lose eingerollt. 
Die Rolle wird an beiden Enden zugebunden und in das Reagenz¬ 
glas aufrecht neben dem Quecksilberende des Thermometer gestellt. 
Erwärmt am 10. August. Nach dem Herausnehmen ist die Raupe 
unbeweglich; sie bewegt bei Berührung mit der Nadel die Beine. 
Bald nach der Herausnahme Zuckungen des Körpers. Am 11. August 
8 h. a m. *!*. 

3 h. 32 >/, in. = 40" 

3 h. 35 Vj m. = 45° ) 45° , 

bis 3 h. 50m. = 45 0 j 15 ^ 1 ' 


1 ) Woidenblütter. 

*) (> h. p. 111 . = (> Uhr nachmittags: H h. a. nn 8 Uhr vormittags. 


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1 45° 

) - — = schießlicli i. 
I 4 V, m 


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16S III. Belicht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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No. 31. Ph. biicephala. Eine kleine Raupe. Erwärmung wie 
hei No. 30. Erwärmt am 10. August. Unbeweglich nach dem 
Erwärmen; reagiert nicht auf Reiz. Am 11. August f. 

4 h. 56 m. = 40° 

4 h. 59 m. = 45 0 \ 45* _ x 
bis 5 h. 30 ra. = 45 0 / 3 i m '' 


No. 32. Ph. biicephala. Eine fast erwachsene Raupe und eine 
Raupe, welche sich verpuppen will (dunkle Farbe; hat die Be¬ 
haarung verloren; läuft unruhig umher). Erwärmt wie in No. 28: 
nur wird die Raupe mehr und näher mit feuchtem, losen Flie߬ 
papier umhüllt. Darauf wird ein Stück Watte geschoben. Er¬ 
wärmung am 14. August. Die nicht zum Verpuppen reife Raupe 
(a) vollkommen normal, frißt aber nicht; am 17. August morgens 
ist sie f. Die zum Verpuppen reife Raupe (b) gibt am 19. August 
eine normale Puppe. 


3 h. 2 m. = 35 0 
3 h. 5 m. = 40 0 1 40*^ 
bis 4 b. 5 m. = 40° / 60 m 


= a) schließlich +, b) verpuppt. 


No. 33. (= No. 27. 10. August.) Ph. biicephala. Die Ph. buce- 

40° 

phala-Raupe, welche am 10. August auf- ^ -, erwärmt war(=No. 27), 

blieb ganz gesund und fraß. Wird am 14. August noch einmal er¬ 
wärmt. Erwärmung wie in No. 30. Ist nacli dem Erwärmen recht 
matt, fängt bald an sich zu häuten; am nächsten Tage gesund, 
frißt in normaler Weise. 

5 h. 9 m. = 35 0 
5 h. Ilm 
bis 6 h. 11 m. 


= 40 0 I 40° 

= 4o«)wrs=s esuml - 


No. 34. *) C. ambujuclln.. 3 Raupen. Die Erwärmung geschieht 
in folgender Weise. Der mit Wasser gefüllte Erlenmeyersche Kolben, 
in welchem das Reagenzglas bis zu seinem Rande und das äußere 
Thermometer gesenkt wird, ist von sehr großem Inhalt, damit man 
eine möglichst konstante Temperatur erhält. Das Reagenzglas ist in 
der Weise hergorichtet, daß ein Pfropf aus feuchtem Fließpapier 
auf das zur Beschwerung dienende, am Boden befindliche Blei¬ 
stück geschoben ist und ein durchbohrter Kork, durch den das im 
Reagenzglase befindliche Thermometer geht, das Reagenzglas ver¬ 
schließt. Wenn die Raupen eingesetzt werden sollen, lüftet man 
etwas den Kork und wirft die auf einem möglichst kleinen Stück¬ 
chen Fließpapier sitzenden Raupen in das Reagenzglas, in dem sie 
auf den Kließpapierpfropf fallen. Wenn das äußere Thermometer 
1 0 mehr als den verlangten Grad anzeigt, so senkt man das Reagenz¬ 
glas ohne die Raupen in das Wasser und, wenn die Temperatur im Rea¬ 
genzglas den gewünschten Grad erreicht hat, wirft man die Raupen 

40° 

hinein. Erwärmt am 18. August: . Die Raupen haben wenig 


') Ny. 34—42 gröl Vre Raupen, wie aus dem Datum ersichtlich ist. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzeDpathologischen Versuchsstation. 1 (39 


gelitten. Am folgenden Tage dringen sie in die ihnen gebotenen 
Beeren. — 20. August. Nicht kontrolliert. — 21. August. Raupen 
sind munter, fressen; Kot. — 22. August. Munter: vertrockneter 
Kot. — 24. August dasselbe. — 30. August. Munter und groß. — 
4. September wie vorher. — 20. September 1 Raupe +; es bleiben 
noch zwei Raupen. — 8. Oktober. Eine Raupe ist in den 
Beeren zu Grunde gegangen. Die andere hat sich soeben verpuppt. 
Die Puppe ist noch weiß. 

Xo. 35. C. ambiguella. 5 Raupen. Werden erwärmt wie 

Xo. 34. Es ist aber ein Stück zusammengedrücktes, feuchtes Flie߬ 
papier gegen das Ende des Reagenzglases hin vorgeschoben, um den 
Raum abzuschließen, in dem sich die Raupen befinden, und um 
diese daran zu hindern, daß sie emporklettern und sich von dem 
Quecksilberende des Thermometers entfernen. Die Luft war infolge¬ 
dessen in dem unteren Raum, der die Raupen aufnahm, sehr feucht, 
wie man aus dem Beschlagen des Glases sah. Erwärmung am 
40° 

18. August: . Die Raupen liegen da und ieagieren nur auf Berühr 

rung. — 19. August Kriechen; einige Raupen fangen an, die Beeren 
anzunagen und sich eine Wohnung zu machen. — 20. August. Keine 
Kontrolle. — 21. August. Es scheinen nur zwei (fette) Raupen zu 
fressen. Die drei anderen sind schwächlich, kriechen aber normal. 
Diese drei Raupen werden in die zwei Partien a (zwei Raupen) 
und b (eine Raupe) geschieden, während die zwei fetten Raupen 
die Partie c bilden. — 22. August. Die Raupen c fressen normal; 
Kot. — a nur wenig Kot; nur eine Raupe hat sich ein Versteck 
gemacht. Die Raupe b f. Die beiden Raupen a werden von 
jetzt getrennt gehalten (a 1 und a 2 ). — 22. August Die beiden Raupen 
c recht kräftig, a 1 hat sich in die Traube gebohrt und etwas Ge¬ 
spinst angefertigt: nur einige alte vertrocknete Kotkörnchen, a 2 
hat sich in die Traube gebohrt; frischer Kot. — 30. August. Die 
zwei Raupen c sind groß geworden, a 1 mit wenig Kot; an zwei 
Beeren große Teile weggenommen; die Beeren sind aber nicht ge¬ 
fault, wie dieses bei angefressenen Beeren vorkommt; die Raupe 
nicht so fett und groß wie die Raupen c. a 2 Raupe etwas fetter 
als a 1 ; Kothäufchen: eine Beere teilweise ausgehöhlt, aber nur an 
den Rändern der Höhlung etwas gefault — 4. September. Die 
zwei Raupen c sehr fett, a 1 Raupe nicht sehr fett, a 2 Raupe 
fetter als a 1 . — 2. Oktober. Von c eine Puppe; 1 Raupe c scheint 
zu Grunde zu gehen, a 1 wie früher, a 2 wie früher. — 9. Oktober, 
c eine Puppe und eine tote Raupe, a 1 f (das im Glasschälchen 
liegende Fließpapier ist sehr trocken), a 2 eine Puppe. 

Xo. 36. C. ambiguella. 3 Raupen. Werden erwärmt wie 
Xo. 34. Das Emporklettern der Raupen wird nicht in derselben Weise 
wie in Xo. 35 verhindert, sondern durch ein Stückchen Musselin, 
welches das untere Ende des Thermometers kragenförmig umgibt. 

40" 

Erwärmung am 18. August: ,. Die Raupen liegen nach dem 

4n m 


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170 111. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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Erwärmen da und reagieren auf Berührung. — 19. August. Krie¬ 
chen; fangen an sielt ein Versteck zu bauen. — 20. August Keim* 
Kontrolle. — 21. August. Eine Raupe (a) frißt gut: eine wenig: die 
dritte scheint garnicht zu fressen. Die Raupe a wird gesondert ge¬ 
halten. — 22. August. Raupe a normal: in der Beere; Kot nicht 
sehr reichlich. Von den zwei andern kriecht eine nicht, die andere 
ist in eine Beere gedrungen; kein Kot. — 24. August, a kein 
Kot; in einem Gespinst; dein Tode nahe. Von den beiden andern 
Raupen kriecht eine nicht, die andere ist in eine Beere gedrungen: 
kein Kot. — 30. August. Raupe a f. Von den andern zwei 
Raupen kriecht die eine nicht; die andere ist zusammengeschrumpft. 
— 4. September. Die beiden übrig gebliebenen Raupen f. 

No. 37. C. ambiyuella. 4 Raupen. Bei der Erwärmung wird 
das Reagenzglas nicht mit einem Kork verschlossen, sondern offen 
gelassen und die auf ein kleines Stückchen Papier gesetzen Raupen 
werden mit diesem in das Reagenzglas geworfen und fallen auf den 
Pfropf aus feuchtem Fließpapier. Dieses Hineinfallen der Raupen 
läßt das im Rcagenzglase befindliche Thermometer für einige Augen¬ 
blicke etwas sinken. Diese Methode ist wohl die beste, weil die 
Luft im Reagenzglas feucht ist und gleichzeitig der Austausch der¬ 
selben mit der Außenwelt frei besteht. Erwärmung 18. August: 


45« 

für 


—- .Die Raupen sind ganz 


unbeweglich. 


Nach längerer Zeit 


reagieren sie auf Reiz. — 19. August. Sie können normal kriechen, 
sitzen aber ruhig; haben nichts gefressen. — 20. August. Keine Kon¬ 
trolle. — 21 . August. Raupen normal. Drei Raupen haben sich 
ein Versteck gebaut und halten sich in diesem auf: eine Raupe 
hält sich frei. Nur wenige Kotkörnchen. — 22. August. Ein«* 
Raupe +; eine andere in eine Beere gedrungen: eine mit Versteck, 
an dem etwas Kot hängt. — 24. August. Raupen normal. — 
30. August. Das Experiment wird ei nes V ersehens wegen 
abgebrochen. 


No. 38. C\ (nubitjuella. 4 Raupen erwärmt wie in No. 37. 

45 0 

Erwärmung am IS. August: ^ Nach der Erwärmung wie in 

No. 37. — 21 . August. Eine Raupe tot, zwei haben sich eiu Ver¬ 
steck gesucht, in dem sie sich aufhalten; eine sitzt neben den Trau¬ 
ben. Kein Kot. -- 22. August. Eine Raupe f. Zwei Raupen 
mit Versteck; wenig Kot. — 30. August. Von den beiden Raup»*n 
ist eine groß: die andere ist klein geblieben: wenig Kot. — 4. Sep¬ 
tember. Eine Raupe f: die andere ziemlich fett, aber eher klein 
als groß. — 2 . Oktober. Die übrig gebliebene Raupe wie früher. — 
9. Oktober. Raupe noch unverpuppt. — 13. Oktober, morgens. Die 
Raupe frisch verpuppt. 

No. 39. C. aiitliif/ticlla. 4 Raupen; erwärmt wie in No. 37. 

45 0 

Erwärmung am IS. August: t) j - Die Raupen waren nachdem Er¬ 
wärmen noch länger unbeweglich als bei No. 3X. — 20. August. 


Gck igle 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. 17] 


Keine Kontrolle. — 21. August. 3 Raupen f; 1 kümmerlich, et¬ 
was Kot. — 22. August +. 

No. 40. C. ambiguella. 5 Raupen; erwärmt wie in No. 37. 


45 0 

Erwärmung am 19. August: - —.. Alle Raupen nach dem Erwärmen 

unbeweglich. — 20. August. Keine Kontrolle. — 21. August. Alle 
Raupen f. 


No. 41. C. ambiguella. 5 Raupen; erwärmt wie in No. 37. 

45 0 

Erwärmung am 19. August: . Alle Raupen unbeweglich. — 

20. August keine Kontrolle. — 21. August. 4 Raupen +; 1 Raupe 
reagiert auf Reiz. — 22. August. Die Raupe liegt da und reagiert 
auf Reiz. — 24. August. — Reagiert noch. — 30. August eben¬ 
falls f. 


No. 42. C. ambiguella. 5 Raupen: erwärmt wie in No. 37. 

45 0 

Erwärmung am 21. August: -- Nach dem Erwärmen unbeweg¬ 


lich. — 22. August. 2 Raupen f: 1 liegt da und reagiert auf Reiz: 
2 Raupen sitzen, kriechen aber nicht. — 24. August. Dasselbe. — 
30. August. Es lebt noch eine Raupe: sie ist aber nicht groß. — 
4. September. Die noch vorhandene Raupe ist normal, aber in der 
Entwicklung zurückgeblieben. — 2. Oktober. Die Raupe ist normal. 
— 9. Oktober. Die Puppe wird gefunden. 


Zusammenfassung der Experimente. 

a) Junge Raupen von Eudemis botrana im Ei. 

40° 

2 Raupen im Ei.— — 1. 

r lo m 

, . 

1 n m 
45° , 

1 . 

9 m 
45« , 

3 . .- —+. 

14 m 

45° , 

1 . 

1 o m 

45" 

.... - — V. 

19 m 

b) Bereits ausgekommene, mehr oder minder grofse Raupen von C. 
ambiguella, E. botrana und Ph. bucephala. 

C. ambiguella (jung). 

45 0 

2 Raupen (3 mm; 2,5 mm). . 

45° . 

2 (2.5 nun; 2,o mm) . t. 

1 ;> m 


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Go^ 'gle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 






172 


Ilf. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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C\ ambiguella und E. botrana (jung). 

45 0 

2 Raupen (3 mm; 3 mm) . . f. 


C. ambiguella (jung; die 1. werden nicht bis zur Verpuppung auf¬ 
bewahrt). 

' 40° 

2 Raupen (2,5 mm; 2,5 mm) 


(2,5 mm; 3,5 mm) . 
(3 mm; 3 mm) . . 

(3 mm; 3 mm) . . 

(3 mm; 3,5 mm) . . 

(2,5 mm; 2,5 mm; 3,5 mm 


10 m ‘ 
40° 

10 Tn 
40° 

10 m 
40° 

10 m 
40° , 
15 m + ' 
40« 

15 m 
40° 


1. 

1 . 

1 . 


nicht gänzlich f. 


(2 mm; 3 mm) . . . 1 Raupe f; 1 Raupe 1. 

40° 

(2,5 mm; 2,5 mm) . ——-1. 

Io m 


1 

3 


(4 mm) . 


45° 
5 m 
45° 


+. 


(4 mm; 4 mm; 3 mm) . ----- +. 

o m 


E. botrana (jung; dass.). 

40° 

2 Raupen (3 mm; 3 mm) . . — — 1. 

r lo m 

45 0 

2 „ (3,5 mm: 3,5 mm) . • —f. 

1.) m 

C. ambiguella (jung: dass.). 

45 0 

2 Raupen (3 mm; 4 mm) . . 

o m 


(2,5 mm; 3,5 mm) . 


3 


45» 
5 m 
45° 


t- 


(4 mm; 4 mm; 4 mm). - f. 

0 m • 


Ph. bucepbala (die I werden aufbewahrt). 
1 Raupe (klein). 


1 


(kleinere) 


lfl'/.m ' 
40 

00 m 


Gck 'gle 


Original ftom 

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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 173 


, R Ja) fast erwachsen, b) imj 

aiipe s i c h zu verpuppen | 

1 „ (klein) . 

1 (kleinere). 

1 (klein). 

1 „ (klein) . 


40®^ 
60 m 
45 0 

4 V s m 
45° 

»Vt nT 


{ a) 1.; später +, 

b) 


45® 


31 m 


1.; später verpuppt, 
später f. 


+■ 


45° 

--T- 

Lj» m 


+• 


C. ambiguella (groß; die 1. werden bis zur Verwandlung aufbewahrt). 

40® 


3 Raupen 


(später eine Raupe f, eine Raupe f l ): 
20 m ’ U Raupe verpuppt. 

40® 

— ^ 1.; später 3 Raupen f. 

40® 

— — 1.; später 2 Puppen, 3 Raupen +. 

45® 11 Raupe f, die übrigen 3 Raupen 1.; 
lml später 2 Raupen f, 1 Puppe. 

45® 

° m 1’’ s P äter ^ ^ au P en t- 

3 Raupen 1., 2 Raupen f: später 

2 Raupen f, l Puppe. 

Raupe 1., 4 Raupen f: später 

Raupe f. 


m 
45® 


2 m 
45® 
5 in 
45® 
ltTin 


{S 

{! 


t- 


In Worten lassen sich die Ergebnisse dieser Experimente in 
folgender Weise zusammenfassen. 

Was die noch im Ei befindlichen Raupen von E. botrana und 
die kleinen Raupen von E. botrana und von C. ambiguella angeht, so 
werden dieselben bei 45® und den angewandten Expositionszeiten 
(5, 9, 10, 14, 15, 19 m) sämtlich getötet. Für 40® war bei 10 m 
keine Sterblichkeit zu verzeichnen. Bei 15 m blieben am Leben 
die noch im Ei befindlichen Raupen von E. botrana und die jungen 
Raupen von E. botrana. Die jungen C. ambiguella-Raupen gingen 
bei 15 m teils zu Grunde, teils blieben sie am Leben. Die Experi¬ 
mente waren in dieser Hinsicht nicht zahlreich genug, um bestimmt 
sagen zu können, ob solche Unterschiede durch die Größe, das Alter 
der Raupen veranlaßt worden war. 

Die großen Raupen von C. ambiguella wurden in der Zeit um 
den 20. August behandelt, d. h. zu einer Zeit, wo sie fast erwachsen 

') Ist infolge der Fäulnis der Beeren +. 


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Original from 

UNIVERSiTY OF CALIFORNIA 







174 


111. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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waren, denn gegen Ende August fingen sie bereits an, die Trauben 
zu verlassen. Bei 40° und 20, 45, 47 ni hatten sie anfangs mehr 
oder minder gelitten, erholten sich aber am nächsten Tage. Die 
unter diesen Veihältnissen erwärmten 11 Raupen zusammen gaben 
aber schließlich nur 3 Puppen. Bei 45° und 1, 2, 5, 10 m hatte 
bei den niedrigen Werten von m (1 m, 2 m) die Temperatur teils 
einen tödlichen, teils einen am Anfänge nicht tödlichen Einfluß. 
Bei 5 m war der tödliche Einfluß bereits überwiegend und bei 10 m 
gingen alle Individuen zu Grunde. Die 23 auf 45° erwärmten 
Raupen gaben nur 2 Puppen, welche aber auf 1 und 2 m fielen. 

Es wurden ferner 8 Ph. bucephala-Raupen erwärmt. Die 4 
auf 40° erwärmten Raupen sind selbst bei 60 m anfangs alle am 

40° 

Leben geblieben und nur ein auf - . - erwärmtes Exemplar ist 

bO m r 

später gestorben. Bei 45° und 4 ’/ 2 und 9 '/ 2 m erholten sich die 
Raupen anfangs, gingen dann aber in 1 und 6 Tagen zu Grunde. 
Bei 45° und 15 und 31 m reagierten sie teils anfangs noch auf 
Berührung, teils waren sie schon sogleich tot. Es ist bemerkenswert, 
daß der Organismus derjenigen Ph. bucephala-Raupen, welche bei 
40° oder 45° anfangs vollständig wieder hergestellt erschienen, aber 
später starben, dem äußeren Anscheine entgegen doch so tiefgehende 
Veränderungen erfahren hatte, daß die Raupen keine Nahrung be¬ 
rührten. 

Die Veränderungen, welche der Organismus der Raupen unter dem 
Einfluß der Wärme erleidet. 

Die Resultate dieser an drei Raupenarten und an verschiedenen 
Entwicklungsstadien der Raupen angestellten Versuche stimmen gut 
zu den eingangs erwähnten, für C. ambiguella und T. pilleriana 
erhaltenen Resultaten. Ich glaube daher, aus allen diesen Beobach¬ 
tungen schließen zu dürfen, daß die für die Lepidopterenraupen 
verschiedener Art tödliche Wärme zwischen 40° und 45°C. liegt. 
Bei der Einwirkung von 45° bedarf es einer nur geringen Expo¬ 
sitionszeit, um die Tiere abzutöten. Erwärmen auf 40° vermag selbst 
bei 60 m nicht immer ein solches Resultat herbeizuführen. E& 
scheint mir nun die Annahme berechtigt, daß diezwischen 40° und 
45° liegenden Temperaturgrade im Organismus der Raupe tief¬ 
greifende Veränderungen bewirken. Da nun aber in diesen Ver¬ 
suchen dafür gesorgt war, daß sich die Versuchsobjekte in einer 
Atmosphäre mit genügender Feuchtigkeit befanden, so kann man 
annehmen, daß diese Veränderungen durch Wärme allein veranlaßt 
werden. Es fällt dabei auf, daß diese für die Raupen tödlichen 
Temperaturgrade verhältnismäßig niedrig sind. Was nun die Be¬ 
standteile des Raupenkörpers angeht, welche unter der Wärme leiden, 
so kann man an verschiedene Dinge denken. Mich haben meine 
frühem Untei suchungenüber die Blutflüssigkeit der Insekten- 


1 ) Die verschiedenen Veröffentlichungen sind zitiert in Zoolog. Anzeig. Bd. 28. 
S. 100. 11104 und in Arcli. Auat. Physich Fhvsiol. Al»t. 1905. Suppl. S. 489. 


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Original fro-m 

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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 175 


lamm inein Augenmerk auf diese richten lassen und ich wollte 
Zusehen, ob man in der Blutflüssigkeit von Raupen, welche jenen 
Wärmegraden ausgesetzt waren, Veränderungen konstatieren könnte. 

Das Blut sowie einige andere Gewebsteile der Insektenlarven 
und Insektenpuppen haben die Eigentümlichkeit, sich an der Luft zu 
bräunen oder zu schwärzen. Diese Farbenveränderung wird durch 
die Gegenwart eines oxydierenden Enzyms, einer Oxydase, ver¬ 
anlaßt. Schon Krukenberg wußte dieses in den SOer Jahren, wie 
er an verschiedenen Stellen seiner Arbeiten ausführt, und in neuerer 
Zeit haben 0. v. Fürth und H. Schneider 1 ) das in der Blutflüssig¬ 
keit der Insektenlarven und Insektenpuppen enthaltene Enzym als 
Tyrosinase charakterisiert. Dieses Enzym wurde von Bertrand in 
gewissen Pflanzen gefunden, bei denen es durch Oxydierung des 
Tyrosins die Dunkelfärbung der Säfte der Pflanze an der Luft be¬ 
wirkt. Ich selbst 2 ) hatte zu zeigen unternommen, daß dieses oxy¬ 
dierende Enzym einerseits mit der Verfärbung frisch gebildeter 
Puppen und andrerseits mit dem Verwandlungsprozeß in Beziehung 
steht. Diejenigen Agentien, welche der Wirkung des Enzyms bei 
der Verfärbung des Blutes und der anderen Gewebsflüssigkeiten 
und bei der Verfärbung der frisch gebildeten Puppen hinderlich 
sind, sind dieses auch der Verwandlung selbst 

Ich hielt es nun für interessant nachzusehen, ob die Verfärbung 
der Blutflüssigkeit von den auf die obigen Temperaturen erwärmten 
Raupen durch die Wärme ungünstig beeinflußt werde; ob die Oxydase 
geschwächt werde. Bei diesem Punkte meiner Untersuchungen an¬ 
gelangt, hatte mittlerweile leider der Herbst und mit ihm die Ver¬ 
wandlung der Raupen (Sauerwürmer) der C. ambiguella begonnen. 
Aber die wenigen Experimente, welche ich in dieser Hinsicht noch 
machen konnte, ließen schon erkennen, daß das Blut und die Ge¬ 
websflüssigkeiten der bei der Tötungstemperatur zu Grunde ge¬ 
gangenen Sauerwürmer gelitten hatten. Um dieses zu zeigen werden 
die Sauerwürmer auf verschiedene Temperaturgrade bei Gegenwart 
von genügender Feuchtigkeit erwärmt und dann in etwas destilliertem 
Wasser zerrieben. In solchen Versuchen sah man, daß bei Temperaturen 


4i)° 4;V J 

von ■ und , bei denen die Raunen abgetötet werden, auch 

2 o m .10 in 

die darauf zerriebene Masse sich nicht mehr verfärbte; 3 ) daß aber das 
45 0 HD 0 40° 

■ , —- noch nicht genügte um dieses 


•>o in 


Erwärmen auf 

oo m Jo m 
Resultat herbeizuführen. 4 ) 

Da die Jahreszeit meinen Versuchen mit den Sauerwürmern ein 


') n. v. Fürth und II. Schneider, Über tierische Tymsinason und ihre 
Beziehungen zur Piirmentbilduni:. Beitr. ehern. Phvsiul. und Patholo^. ^Hofmeister). 
Bd. 1. lieft :> (> S. ‘JJ7— 

*) Veigl. Anin. 1. 

:1 ) Auf den auf Fliehpapier hervorgebrachten Blutflecken war die Verfärbung 
nur angedeutet. Vergl. über diesen Gegenstand weiter unten. 

*) Diese Versuche sind bereits erwähnt in Aich. Anat. Physiul. Physiol. 
Abt. Suppl. s. ;5Ds— 


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176 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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vorzeitiges Ziel gesetzt hatte, so kehrte ich im Winter dieses 
Jahres (1906) zu meinem alten Untersuchungsobjekt, den Fliegeu- 
maden, zurück, um größere Sicherheit in diese soeben erwähnten 
Befunde zu bringen. Diese Larven gehörten der Art Musca ervthro- 
cephala an. Um sie im Winter in diesem nordischen Klima zu 
haben, ließ ich mir Eier von der französischen Riviera schicken, die 
ich dann in der Station in der gewöhnlichen Weise mit Fleisch 
aufzog. Die meisten zu meinen Versuchen benutzten Larven stammten 
von ein und derselben Zucht. Es wurden zu den Versuchen nur 
erwachsene Larven d. h. solche Larven benutzt, welche aufgehört 
hatten zu fressen und in den Sand gegangen waren. Diese erwachsenen 
Tiere konnte ich in der Weise einen Monat im Larvenzustände erhalten, 
daß ich sie in ein größeres Gefäß mit feuchtem Flußsand legte und 
dieses Gefäß in einem ungeheizten Zimmer mit geschlossenen 
Läden auf das Fenster zwischen Fensterläden und Glasscheibe setzte. 
Ich habe schon früher zu erwähnen Gelegenheit gehabt, daß die 
Kälte ein gutes Mittel ist, um die Verwandlung der Fliegenmaden 
zu verhindern. In allen Fällen standen aber die zu benutzenden 
Larven erst eine Anzahl von Stunden im warmen Zimmer, ehe sie 
zu den Versuchen verwandt wurden. 

Um die Fliegenmaden zu erwärmen, wurden sie in einem offenen 
Reagenzglase den verschiedenen Wärmegraden ausgesetzt. In einem 
großen, mit Wasser gefüllten Becherglase hing ein kleiner, ebenfalls 
mit Wasser gefüllter Erlenmeyerscher Kolben in der Weise, daß 
man auf das Becherglas ein Brettchen gelegt und in einen in diesem 
befindlichen breiten Schlitz den Hals des Kolbens eingeführt hatte. 
In den Kolben wurde das die Larven aufnehmende Reagenzglas 
gestellt. Dieses war wie früher durch ein Stück Blei beschwert. 
Auf das Bleistück wurde ein dicker Pfropf aus feuchtem Fließpapier 
geschoben und in das Reagenzglas das Thermometer gestellt. Die 
Larven wurden dann in das Reagenzglas geworfen, das in allen 
Fällen ganz unverschlossen blieb. Es hat sich für die Einstellung der 
Temperaturgrade als zweckmäßig erwiesen, das Reagenzglas aus dem 
Kolben mehr herauszuziehen oder tiefer in den Kolben zu senken. 
Man klemmt dann das Reagenzglas in der gefundenen Höhe mit 
einem zugeschnittenen Hölzchen fest. 

Bei der Erwärmung der Fliegenmaden handelt es sich auf der 
einen Seite um den Einfluß der Wärme auf das Leben der Larven (a) 
und auf der andern Seite um den Einfluß der Wärme auf die 
Verfärbbarkeit des Blutes (b) und schließlich auf die weitern Schicksale 
der Larven (c). 


a) Einflufs der Wärme auf das Leben der Larven. 

Versuch 9—12. 25. Jan. (1906). Je zwei Larven werden auf 
47 ° 

— - erwärmt. Auf Reiz keine Reaktion. 26. Jan. dasselbe. 

1 o m 


Versuch 13 — 17. 26. Jan. Erwärmung 
dasselbe. 


45° 

15 m 


leblos. 


28 . Jan. 


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bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischeu Versuchsstation. 177 


44° 

Versuch 44. 6. Febr. 3 Larven —— leblos. 7. Febr. (lass. 

20 m 

44° 

Versuch 45. 0. Febr. 3 Larven — leblos. 7. Febr. dass. 

15 ni 

43° 

Versuch 46. 6. Febr. 3 Larven ——. Eine Larve reagiert 

1 o m 

deutlich, eine ist sehr schwach, eine ist leblos. 7. Febr. Die Reaktionen 
deutlicher. 

43° 

Versuch 47. 6. Febr. 3 Larven —-2 Larven reagieren deut- 

lo m 

lieh, 1 Larve reagiert sehr schwach. 7. Febr. Die Reaktionen sind 
deutlicher. 

43° 

Versuch 48. 6. Febr. 3 Larven ——. 1 Larve reagiert sehr 

lo m 

schwach, 2 Larven leblos. 7. Febr. Die Reaktionen sind deutlicher. 

4l o 

Versuch 18—19. 29. Jan. Je 2 Larven —r—Reagieren kräftig, 

20 ni ° 

verkriechen sich aber erst am folgenden Tage. 

41° 

Versuch 20. 30. Jan. 2 Larven _ . Dass. 

20 ni 

Die Larven der Versuche 9—12, 13—17 und 18—20 stammten 
aus derselben Zucht wie die Larven der Versuche 21—40a. 

Für die fünf Versuche 44—48 werden Larven aus einer andern, 
spätem Zucht benutzt. 

Aus diesen Versuchen geht hervor, daß die Larven bei 41 0 Wanne 
und 20 Minuten Dauer am Leben bleiben. Bei den unten (c) auf¬ 
geführten Versuchen 21—40 ist dieses noch bei einer viel langem 

43 0 

Exposition der Fall. Andreiseits liegt ein Erwärmen auf ^ — bereits 

auf der Grenze der Abtötungstemperatur. Es ist nun interessant, 
mit den obigen Temperaturgraden diejenigen zu vergleichen, welche 
die Fälligkeit des Blutes sich zu verfärben aufzuheben bez. abzu- 
schwächen im stände sind (b). 

b) Einflufs der Wärme auf die Verfärbbarkeit des Blutes. 

Zur Untersuchung der Verfärbbarkeit des Blutes vorher erwärmter 
Larven benutzte ich folgende Methode. Die Haut der Larve wurde 
in einiger Entfernung vom Kopfende mit einem flachen Scheren¬ 
schnitt, ohne daß man innere Organe verletzte, angeschnitten. Den 
aus der Wunde hervonjuellenden Tropfen Blut ließ ich darauf auf 
einen kurzen Streifen Fließpapier fallen. Wenn der Tropfen gut 
eingesogen war und einen runden Fleck bildete, ließ ich auf ihn 
1—2 Tropfen gewöhnliches Wasser fallen. Oder es wurde zuerst 
das eine und dann das andere Ende des Streifens ins Wasser getaucht, 
das sich über den Blutfleck hinzog. Dann wurden beide Enden des 
Papierstreifens mit der Pincette umgebogen und der Streifen in eine 
zugedeckte Petrischale gestellt, in der sieh angefeuchtetes Fließpapier 

Ck'Uonlieinu'r I3eiloht IDoj. 1 - 


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178 


III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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befand, um die Luft feucht zu erhalten. Es bedarf keiner weitern 
Ausführung, daß die Instrumente (Schere, Pincette) nach dem jedes¬ 
maligen Gebrauch durch Erhitzen in der Flamme sterilisiert wurden. 

Wenn man Bluttropfen von normalen, vorher nicht erwärmten 
Larven in dieser Weise auf Fließpapier bringt und hnfeuchtet, so 
wird der Blutfleck sehr bald dunkel. Er bleibt aber mehr grau mit 
einem Stich in das Olivenbraune, während die Flecken der vorher 
gewärmten Larven dunkler und schwärzer werden. Er ist ferner 
niemals wie die letztem anfangs rot oder rosa, sondern sofort dunkel. 
Nach Gessard 1 ) steht nun zwar das auf die Rotfärbung folgende 
Schwarzwerden von tyrosinhaltigen Flüssigkeiten unter Einfluß der 
Tyrosinase und der schließlich sich einstellende feine schwarze 
Niederschlag nicht mehr mit der Wirkung des Enzyms im Zusammen¬ 
hänge, sondern hängt nur von der Gegenwart gewisser Salze ab. 
Man kann sich aber angesichts der hier folgenden Wärmeversuche 
der Ansicht nicht verschließen, daß in der Blutflüssigkeit der erwärmten 
Larven eine Veränderung vor sich gegangen ist. Bei nicht erwärmten 
Larven wird der Fleck sogleich schwarz (dunkel), bei erwärmten 
Larven wird er zuerst rot und dann erst schwarz, bei mäßig erwärm¬ 
ten Larven streiten sich diese beiden Erscheinungen um den Vortritt, 
ln dem ersten Falle folgen sich die verschiedenen Stadien des Vor¬ 
ganges so schnell, daß das rote Stadium für unser Auge gänzlich 
unterdrückt ist. Man kann daher glauben, daß auch die Anfangs¬ 
wirkung des Enzyms eine viel energischere ist als in dem zweiten 
Falle. Bei den Larven von Lucilla Caesar ist im Sommer die Wirkung 
des Enzyms eine sehr kräftige und auch hier wird die Masse der 
mit etwas Wasser zerriebenen Larven sogleich schwarz, ohne erst durch 
Rot zu gehen. „Um die Erscheinung des Schwarzwerdens der Gewebe¬ 
flüssigkeit (Blut) der Fliegenlarven zu zeigen, bedient man sich am 
besten während des Sommers (Ende Juni, Juli) der reifen Larven 
von Lucilia.“ „Zerreibt man eine Anzahl dieser ausgewachsenen 
Larven in einem Porzellanmörser mit etwas destilliertem Wasser, so 
färbt sich der Brei in wenigen Minuten und wird in kürzester Zeit 
schwarz wie Tinte. Die Verfärbung tritt so schnell auf, daß, wenn 
man mit der noch ungefärbten Masse zu operieren Avünscht, man 
sich beeilen muß, damit sie sich nicht schon zu schwärzen anfängt, 
ehe man die nötigen Reagenzien usw. hinzufügt“ „Die Blutflüssigkeit 
von Lucilia färbt sich viel schneller als die anderer Arten (Musca 
vomitoria, carinaria), bei denen erst längere Zeit vergeht, ehe sie 
anfängt die Farbe zu wechseln. Sie erhält bei diesen Arten zuerst 
einen rötlichen Schein und wird darauf stärker rot. Aber erst 
nach mehreren Stunden ist die Farbe schwarzbraun oder schwarz.“ 
..Aber auch bei der Breiflüssigkeit von Lucilia kann man den anfäng¬ 
lich rötlichen Farbenton herbeiführen, wenn man zu der verriebenen 
Larvenmasse viel destilliertes V'asser setzt. Unter diesen Verhält¬ 
nissen wird die Flüssigkeit zuerst rotbraun, dann schwärzlich und 

') C. (iossard, Sur la tvrosinasc. C. K. Ae. So. Paris 1900. T. 130. 
>. 1327-1330. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 179 


schließlich schwarz wie Tinte.“ 1 ) Es ist aber denkbar, daß infolge 
der Erwärmung das Medium, in dem sich das Enzym befindet, 
d. h. die Blutflüssigkeit, in physikalischer Hinsicht eine Änderung 
erfährt und daß diese eine Änderung in der Verfärbung veranlaßt 
Man könnte bei den vorliegenden Erwärmungsversuchen auch auf 
den Gedanken kommen, daß in dem Blute der erwärmten Larven das 
Chromogen, auf das das Enzym wirkt und das sich unter Einfluß 
dieses oxydierenden Enzyms verfärbt, eine Änderung erfahren hat 
Ich habe daher in verschiedenen Versuchen den Streifen Fließpapier 
zuerst mit einer Tyrosinlösung angefeuchtet ehe ich den Bluttropfen 
auf ihn fallen ließ. Aber auch in diesen Versuchen wurde das 
Blut der vorher erwärmten Larven anfangs rot. 

Es wurden nun (2. Febr.) in verschiedenen Versuchen je 
3 Larven, welche einige Tage vorher das Fressen eingestellt 

50o 51o 

hatten und in den Sand gegangen waren, auf , _— und auf ~— 

° ° lom lom 


50° 

erwärmt. Bei — stellte sich nach einiger Zeit an einigen Stellen 

der Peripherie des Blutflecks eine ganz außerordentlich geringe 
Rötung ein. Die Schwärzung war dann später hier nur ganz schwach 

51 o 

angedeutet. Beim Erwärmen auf —— war die Rötung und darauf 


die Schwärzung auch nur kaum angedeutet Es wurden darauf 

51 0 

(2. Febr. 5 h. p. m.t drei Larven auf - erwärmt und in einer 
r 15 m 

zugedeckten Petrischale bei Gegenwart von angefeuchtetem Fließpapier 
bis zum 3. Febr. 8 30 h. a. m. aufbewahrt. Sie wurden dann ange¬ 
schnitten und das Blut nach obiger Methode auf Fließpapier fallen 
gelassen. Die drei Blutflecken färbten sich jetzt bald sehr kräftig 
ziegelrot und dann tief schwarz. Aus diesen Versuchen und aus 
früheren, welche mir dasselbe Resultat gegeben hatten, muß man 
folgern, daß das Verfärbungsvermögen des Blutes durch die Erwärmung 
vernichtet w r ar; sich dann aber wieder einstellte, indem die Gewebe 
der Larve dazu wieder die nötigen Substanzen lieferten. Es konnte 
auch der Organismus unter Einfluß der Wärme bestimmte Flüssig¬ 
keiten secernieren, deren Wirkung später aufhört. 

49 ° 

Es wurden ferner 3 mal je 3 Larven auf —— erwärmt. Man 

lom 


schnitt je 2 an. Jetzt war die Rotfärbung der Blutflecken und die 
darauf folgende Schwärzung schon deutlicher, aber noch immer sehr 
schwach. Die drei übrig gebliebenen Larven wurden vom 6. Febr. 
2—3 h. p. m. bis zum 7. Febr. 8 h. a. m. aufbewahrt und dann 
erst angeschnitten. Jetzt färbte sich der Blutfleck ebenso wie in dem 
vorigen Versuche schon bald intensiv ziegelrot und wurde später 
tief schwarz. Der Unterschied zwischen diesen Blutflecken und 


') .1. Dewitz. "Weitere Mitteilungen zu meinen ..Untersuchungen über die 
Verwandlung der Insektenlarven". Arch. Anat. Plivsiol. Phvsiol. Abth. 1902. 
S. 42f>—142. 

12 * 


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180 in- Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


denen, welche von den sogleich angeschnittenen Larven stammten, 
war ein gewaltiger. Die obigen Beobachtungen finden hier also 
ihre Bestätigung. Ähnliche Verhältnisse scheinen bei der Abkühlung 
der Larven statt zu haben. Ich habe schon früher einige Be¬ 
obachtungen über den Einfluß der Kälte auf die hier behandelten 
Vorgänge gemacht. Mir fehlte aber jetzt die Zeit dazu, sie weiter¬ 
zuführen. 

In verschiedenen Versuchen wurden je 3 Larven, welche mehrere 

47° 

Tage vorher das Fressen eingestellt hatten, auf — — erwärmt. Die 

Verfärbung war durch die Erwärmung nicht vernichtet Aber in 
allen Proben wurde der Blutfleck zuerst ziegelrot, um sich dann 
zu schwärzen. Außerdem fiel die Verfärbung ungleich aus und man 
sah, daß das Verfärbungsvermögen geschädigt war. Dabei war es 
auffallend, daß, wenn man die Larven aus der Wärme heraus genommen 
hatte, bei der zuerst angeschnittenen Larve, besonders wenn man 
sehr schnell verfuhr und zwischen dem Verlassen der Wärme und 
dem Anschneiden möglichst wenig Zeit verfloß, das Verfärbungs- 
verraögen sehr oft mehr geschädigt war als bei den beiden andern 
Larven. Es kann diese Erscheinung vielleicht auf die obige zurück¬ 
geführt werden, welche sich an den aufbewahrten Larven zeigte. 

Es wurden in vier Fällen (7. und 8. Febr.) je drei Larven von 
solchen, welche das Fressen eingestellt hatten und sich seit einiger 

45 0 

Zeit schon im Sand befanden, auf —— erwärmt. 

Io m 

Die Blutflecken wurden in allen Fällen zuerst rot, ehe sie die 
schwarze Farbe annahmen. 

Viermal (7. und 8. Febr.) wurden je 3 ebensolche Larven auf 
43° 

--— erwärmt. Bei den ersten zwei Versuchen wurde ein Blutfleck 
lo m 

zuerst rot, ein anderer schwarz und wieder ein anderer fast gleich¬ 
zeitig hier und da rot und in den übrigen Teilen schwarz. Im 
dritten Versuch trat auf 2 Flecken für einen Moment an einigen 
Stellen undeutliches Rosa auf, das sogleich in Schwarzvioletc überging, 
während die übrigen Teile der Flecken sogleich diese Farbe erhielten. 
Ein Fleck wurde aber sogleich schwarzviolett, ohne vorher irgend¬ 
welche Andeutung von Röte gezeigt zu haben. Im vierten Versuch 
wurden 2 Blutflecken zuerst zart rosa. Diese Farbe ging aber schnell 
in Schwarzviolett über. Bei einem Fleck hielt das Rot länger an. 

43° 

elie es schwarzviolett wurde. Bei der Erwärmung auf —-— ist 

lo m 

die Verfärbbarkeit schon, aber nur verhältnismäßig wenig geschwächt. 
Bald färben sich die Blutflecken für einen Augenblick erst rot, bald 
färben sie sich sogleich schwarz, bald treten beide Farben zugleich 

43 0 

auf. Die Erwärmung auf - - war aber als Abtötungstemperatur 

(vergl. a) ebenso unentschieden. 

Schließlich wurde noch in je 1 Fall der Einfluß der Erwärmung 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 181 


auf —;— und - -— auf die Yerfärbbarkeit der Blutflecken unter- 
lom lom 

sucht (9. Febr.), wozu je 3 Stück dergleichen Larven benutzt wurden. 
41° 

—, 3 Larven erwärmt. Reaktion der Larven nach dem 
lom 

Erwärmen deutlich. Ein Blutfleck wird rosa. Die Farbe geht 
sogleich in Violett über derart, daß schwarzviolette und rosa Flecken 
gemischt sind. Darauf wird der Fleck ganz schwarz. Ein Fleck 
wird matt rosa. Die Farbe geht sogleich in Schwarzviolett und 
später in Schwarz über. Ein Blutfleck wird sogleich grau. 


, 3 Larven erwärmt. Die Larven sind nach dem Erwärmen 

15 m 

durchaus lebendig. Ein Blutfleck zeigt für einen Augenblick ein 
Gemisch von Schwarzviolett und Rosa. Dieses letztere geht sogleich 
in Schwarz violett über. Bei zwei Flecken ist der ganze Fleck zuerst 
blaß rosa, dann sogleich schwarzviolett Die Flecken sind schließlich 
schwärzer, als die Blutflecken von nicht gewärmten Larven werden. 
Wie aus diesen beiden letzten Versuchen hervorgeht, sind schon 


40° 41° 

bei so niedriger Erwärmung wie —— und - Anfänge von Ver- 

lnm lom 

änderungen im Blut zu konstatieren. 


Einfluß der Erwärmung. 

auf die Lebensfähigkeit der | auf die Yerfärbbarkeit des 
Larven I Blutes 


51° 

15m 


I 50 ° 

I 15 m 
I 49° 


47° A 

—_— tot. 

47° 

lom j 

lom 

45 0 A 
-tot 

45« 

15 m 

15 m 

43° 

■ - äußerste Grenze des V ider- 

43° 

lo m 

15 m 

Standes gegen die Wärme 


41° kräftige Reaktion nach 

41° 

20 m dem Erwärmen 

20 m 

Über Versuche mit 39 bis 41 0 


und 30 bis 45 m vergl. c). Einfluß 

40° 

der Wärme auf die weitern i 

15 m 

Schicksale der Larven. 



Verfärbung kaum vor¬ 
handen, 
dass. 

sehr schwach. 

vorhanden; geht durch 

Rot hindurch. 

Verfärbung; geht durch 

Rot hindurch, 
das rote oder rosa Stadium 
oft gar nicht vorhanden 
oder zeitlich und räum¬ 
lich sehr beschränkt oder 
Mischung von roten und 
schwarzen Stellen auf 
dem Blutfleck. Sehr 
schnelles Schwarzwerden 
des ganzen Blutflecks. 


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182 


111. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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c) Einflufs der Wärme auf die weiteren Schicksale der Larven. 

Die zu allen diesen Versuchen benutzten Larven stammten aus 
derselben Zucht. Die Larven standen vom 23. Jan. bis zum 19.»Febr. 
im Dunkeln und Kalten. 

41 0 


Versuch 21. 30. Jan. 


4 Larven. — . Beim Berühren des 

40 m 


Kopfes deutliche Reaktionen. — 31. Jan. Gesund, kriechen. — 
3. Febr. 8 h. a. m. 3 Larven tot vorgefunden. Eine L. (= Larve) 
weiß; die zweite L. etwas schmutzigbraun; die dritte von derselben 
Farbe und ziemlich dunkel. Die vierte L. lebt und kriecht ist aber 
hellbräunlich. Ich habe früher zwei L. erhalten, die sich bewegten 
und trotzdem eine chokolad braune Farbe angenommen hatten. Sie 
waren vorübergehend in einer Blausäureatmosphäre gewesen. Blau¬ 
säure ist der Wirkung des Enzyms hinderlich. — 4. Febr. (nach 
5 Tagen). Die vierte L. f (= tot) und schwarzbraun. 

«q_4.0° 

Versuch 25 a. 6. Febr. 3h.p.m. 4 L. - . Nach dem Er- 

40 m 

wärmen reagieren die L. kräftig, kriechen aber nicht. Kriechen bald 
darauf. — 8. Febr. 8 h. a. m. 1 frische Puppe. — 12. Febr. 3 P. 
(= Puppen). — 13. Febr. (nach 7 Tagen) 4 P. 

40_40 l / 0 

Versuch 2(3. 6. Febr. 5 h. p. m. 4 L. —-r— 2 . Reagieren 

' 40 m 

kräftig, kriechen aber nicht. — 7. Febr. kriechen und sind vollständig 
hergestellt. — 10. Febr. 8 h. a. m. i frische P. — 12. Febr. 3 P. — 
13. Febr. 3 P. — 14. Febr. 1 L. noch unverpuppt. — 19. Febr. 
(nach 13 Tagen) 4 P. 

40—41 o 

Versuch 27. 7. Febr. 11 h. a. in. 4 L. , _ -. Reagieren 

40 m 

kräftig, kriechen nicht. Kriechen bald.' Wieder hergestellt. — 
10. Febr. Sh.a.m. 3 P. Eine P. von nicht normaler Gestalt (zigarren¬ 
förmig). — 14. Febr. dasselbe. Die zigarrenförmige P. ganz weich, 
hellbraun, an den Ringen dunkler. Ihre Form wie bei Puppen, 
welche unter die Verwandlung verhindernden Umständen entstehen 
(vergl. meine früheren Publikationen). — 19. Febr. (nach 8 Tagen) 
3 P. 1 nicht normale P. 

‘30—40 0 

Versuch 28. 7. Febr. 3 h. p. m. 4L.—,. - . Reagieren kräftig. 

1 4;>m 

kriechen aber nicht: sind bald wieder hergestellt. — 10. Febr. 8 h. a. m. 
1 frische P. — 12. Febr. 3 P. — 13. Febr. (nach 6 Tagen) 4 P. 

30—40° 

Versuch 29. 7. Febr. 5 h. p. m. 4L. —. Reagieren kräftig, 

40 m 

kriegen aber nicht. Sind bald wieder hergestellt und kriechen. — 
10. Febr. 8 h. a. m. 1 frische P. — 12. Febr. 3 P. — 13. Febr. (nach 
(3 'lagen) 4 P. 

41 ° 


Versuch 30. 8. Febr. 4 h. p. m. 4 L. 


40 m' 


Boi Berührung des 


Kopfes sehr schwache Reaktionen. Nach wenigen Minuten kräftige 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. JS3 


Reaktionen außer bei einem Exemplar, das sehr schwach reagiert. 

— 9. Febr. 8 h. a. m. kräftige Reaktionen; 1 Exemplar etwas matter. 
Kriechen im Laufe des Tages. — 12. Febr. 6 h. p. m. 1 L. hell 
chokoladenfarbig, bei Berührung des Kopfes nur schwache Reaktionen. 

— 13. Febr. 8 h. a. m. 2 weitere L. von derselben Färbung, ohne 
Lebenszeichen. Die vierte L. fängt am Nachmittag an sich zu ver¬ 
puppen. — 14. Febr. (nach 6 Tagen). Dieses Puppengebilde hell¬ 
braun, weich, langgestreckt. 3 L. f. 

41 0 

Versuch 31. 14. Febr. 11h. a. m. 4 L. „„—. (Im Reagenzglas 

3 t m n » 

viel Feuchtigkeit, Temperatur bisweilen etwas über und bisweilen 
etwas unter 41 °.) Bei Berührung schwache Reaktionen. — 2 h. p. m. 
kräftige Reaktionen. — 16. Febr. 8 h. a.m. kriechen noch nicht. — 

19. Febr. 8 h. a. m. kriechen. 1 L. am hintern Ende etwas gebräunt. 

5 h. p. m. Die helle Bräunung zieht sich weiter nach dem mittleren 
Teil des Körpers. Dabei sucht aber die L. mit dem vordem Körper¬ 
teil zu kriechen. Die Verwandlung vollzieht sich langsam und 
schwer. — 20. Febr. 8 h. a. m. Diese zur Puppe übergehende L. ist 
nur am hinteren Abschnitt dunkelbraun; die übrigen Teile der Haut 
sind ganz hell gelbbraun, aber von reiner Farbe wie bei der Ver¬ 
wandlung. Die Haut ist ganz weich und unchitinisiert \vie bei der 
Larve. Der vordere Teil bewegt sich trotz seiner Färbuug noch wie 
bei der Larve. Die übrigen L. vollkommen normal. — 3 h. p. m. 
Die erste L. jetzt über den ganzen Körper gefärbt; ohne normale 
Puppenform, mißgestaltet. Die 3 andern L. kriechen gut. — 21. Febr. 
8 h. a. m. Von den 3 übrigen L. ist eine in eine am Bauche wie 

eine L. abgeplattete P. umgewandelt. — 25. Febr. 8 h. a. m. (nach 

11 Tagen). Die zwei übriggebliebenen L. verpuppt. 

41° 

ersuch 33. 15. Febr. -. Schwache Reaktionen bei Be- 

30 m 

rührung des Kopfes. — 16. Febr. 8h.a.m. kriechen nicht. — 19. Febr. 
8 h. a. m. kriechen. — 20. Febr. 1 L. schwächer als die andern; hat 
schwarze durchscheinende Stellen im Innern des Körpers. — 3 h. p. m. 
eine frisch gebildete normale P. 2 L. +. Davon ist eine schwarz¬ 
braun ; die andere von heller schmutziger Farbe mit schwarzen 
Stellen im Innern des Körpers. — 21. Febr. Die vielte L. mit 
schwachen Zuckungen; Farbe schmutzig gelb; im Innern schwarze 
Stellen. — 22. Fein - , (nach 7 Tagen). Die vierte L. f und schwarz¬ 
braun. 

41 n 

Versuch 34. 15. Febr. 3 L. ■ . Reagieren auf Berührung. 

40 m 

— 16. Febr. 8h.a.m. Kriechen noch nicht. — 18. Febr. 8h.a.m. 
Nur eine L. kriecht. Eine andere macht große Anstrengungen zu 
kriechen (die Muskulatur wird durch das Erwärmen offenbar ge¬ 
schädigt). — 20. Felm 1 L. gesund und beweglich. I L. bräunt 
sich am Kopfende, ist in der Mitte des Körpei-s schwärzlich, bewegt 
sich auf Reiz. 1 L. ist schwach, hat im Innern schwarze Stellen. 

— 3 h. p. m. Diese letzte Larve reagiert vollkommen, ist aber von 


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184 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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schmutzig brauner Farbe. Als sie aufgeschnitten wurde, zeigte sich, 
daß die Haut weiß war und daß die Bluttfliissigkeit eine bräunliche 
Farbe angenommen hatte. 1 L. kriecht. Die L., deren Kopfende 
sich bräunt, ist auch am Hinterende braunrot. — 21. Febr. Die¬ 
selbe L. an beiden Enden braun und chitinisiert, in der Mitte aber 
vollkommen weich und weiß. Die noch übrige L. ist schlaff, zeigt 
schwache Reaktionen, wird schmutzig gelb, hat im Innern schwarze 
Stellen. — 22. Febr. (nach 7 Tagen). Diese zweite L. f und weich; 
Haut stellenweise rotbraun. 

41° 

Versuch 35. 16. Febr. 10 h. a. m. 4 L. . Schwache Reaktionen. 

30 m 

— 18. Febr. 8 h. a. m. Kriechen noch nicht. 1 L. macht An¬ 
strengungen dazu. — 21. Febr. 2 L. kriechen. 1 L. reagiert und 
ist am hinteren Ende braun. 1 L. reagiert schwach und hat im 
Innern schwarze Stellen. — 22. Febr. 1 L. +, von etwas schmutzig¬ 
gelber Farbe, mit schwarzen Stellen im Innern. 1 L. mit schwachen 
Reaktionen, von etwas schmutziggelber Farbe. Die am hinteren 
Ende braune L. auch an anderen Teilen gebräunt. 1 nicht sehr 
regelmäßige P. — 23. Febr. 11 h. a. m. (nach 7 Tagen) 2 L. +, 
schmutzigbraun. 1 P. rotbraun, nicht sehr regelmäßig. 1 P. zigarren¬ 
förmig. Die hintere Hälfte rotbraun, die vordere mehr schmutzig¬ 
braun, stellenweise schwarz; ganz weich. 

41° 

Versuch 36. 16. Febr. 11h.a.m. 4 L. . Schwache Re- 

30 m 

aktionen. — 19. Febr. 8 h. a. m. 2 L. machen Anstrengungen zu 
kriechen; 1 kriecht etwas. — 20. Febr. 1 L. kriecht, hat schwarze 
Stellen im Innern. 3 L. kriechen nicht. Eine davon hat schwarze 
Stellen im Innern. — 21. Febr. 3 L. f, schwarz. 1 L. reagiert, 
ist braun am hinteren Ende und in der Mitte des Körpers an den 
Ringen. — 22. Febr. (nach 6 Tagen). Diese letztere L. hat eine 
zigarrenförmige rotbraune P. gegeben. 

41° 

Versuch 37. 16. Februar 4 h. p. m. 4 L. TX —•. Schwache Re- 

1 40 m 

aktionen. — 19. Febr. Kriechen nicht. — 20. Febr. 1 L. kriecht, 
hat schwarze Stellen im Innern. Die andern L. suchen zu kriechen. 

— 21. Febr. 1 L. hat schwarze Stellen im Innern, kriecht nicht, 
reagiert vollkommen. 2 L. kriechen. 1 L. sucht zu kriechen. — 
22. Febr. 1 L. f, schwarzbraun. 2 L. kriechen. 1 zigarrenförmige P., 
an den Ringen braun. — 23. Febr. 11 h. a. m. Die zigarrenförmige 
P. f und schwarz wie eine abgestorbene L. Von den beiden 
übrigen L. fängt eine an sich zu verpuppen. Die andere hat sich 
in eine unregelmäßige, am vordem Ende zugespitzte und rotbraune, 
sonst gelbe P. umgewandelt. — 27. Febr. 8 h. a. m. (nach 11 Tagen) 
2 rotbraune gestreckte, noch deutlich geringelte P. 

Versuch 38. 17. Febr. 4 L. - Reagieren. — 19. Febr. 2 L. 

30 m 

kriechen. — 21. Febr. 1 L. kriecht. 1 L. sucht zu kriechen. 1 L. 
zur Verpuppung etwas zusammengezogen und rotbraun, aber weich. 


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Belicht über die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. 185 


1 L. am Kopfende rotbraun, ohne Reaktion. — 22. Febr. Die beiden 
letzteren L. etwas dunkler rotbraun, aber weich. 1 L. etwas zu¬ 
sammengezogen, weich, mit einigen rotbraunen Flecken. I L. kriecht. 

— 25. Febr. (nach 8 Tagen) 4 unvollkommene P., mehr oder minder 
zusammengezogen; mehr oder minder schmutziges, fahles Rotbraun. 

41 0 

Versuch 39. 19. Febr. 5 h. p. m. 4L. -—. Schwache Reaktion. 

40 m 

— 20. Febr. 2 L. fangen an etwas zu kriechen. 2 L. reagieren 
kräftig. — 21. Febr. 2 L. kriechen. 2 L. reagieren kräftig. — 

22. Febr. 8 h. a. m. 2 L. kriechen. 1 L. reagiert kräftig. 1 L. 
reagiert sehr schwach und ist schlaff. — 11 h. a. m. 2 L. kriechen. 
I L. schlaff, reagiert nicht gut, mit schwarzen Stellen im Innern. 
1 L. +, mit schwarzen Stellen im Innern, in der Haut einige Pünktchen 
und kleine Flecken von der Farbe einer Puppe. — 25. Febr. (nach 
6 Tagen) 2 L. +, schwarz. 1 L. schlaff, reagiert aber noch. 1 nicht 
ganz normale P. von stumpfer gelbroter Farbe. 

41 0 

Versuch 40. 19. Febr. 5 h. p. m. 4 L. . Schwache Re- 

40 m 

aktion. — 20. Febr. Kriechen nicht reagieren kräftig. — 21. Febr. 
3 L. kriechen, 1 L. reagiert kräftig. — 22. Febr. 4 L. kriechen. 
— 25 Febr. (nach 6 Tagen). 2 P. normal. 2 P. normal, aber etwas 
gestreckt und etwas geringelt. 

Versuch 40a. Von derselben Zucht (Versuch 21—40; 30. Jan. 
bis 19. Febr.) wurden von den im Kalten und Dunkeln aufbewahrten 
Larven 9 Exemplare in das Warme gebracht und in eine zugedeckte 
Petrischale gelegt, in der sich feuchtes Fließpapier befand. Sie 
waren unter denselben Bedingungen als die gewärmten Larven und 
sollten als Kontrollversuch dienen. 

23. Febr. 9 45 h. a. m. Beginn des Versuches. — ll 30 h. a. m. 
1 frische P., welche am Hinterende anfängt sich zu bräunen. — 

24. Febr. 6 h. p. m. bis 20. Febr. 8 h. a. m. nicht nachgesehen. — 
26. Febr. 8 h. a. m. Es wurden vorgefunden 6 P. und 3 L. — 
0 h. p. m. 7 P. und 2 L. — 20. Febr. 6 h. p. m. bis 28. Febr. 8 h. a. m. 
nicht nachgesellen. — 28. Febr. 8 h. a. m. (nach 5 Tagen) alle 9 L. 
verpuppt. 


Zusammenfassung der Resultate der Versuche 21—40. 


Ver¬ 

such 

Datum 

Zahl 

der 

Larven 

Er¬ 

wärmung 

Kriechen 

spater 

oder 

kriechen 

nicht 

Resultat 

21 

30. Jan. 

4 

41" 

40 m 

kriechen 

In 5 Tagen 4 L. +. 

2.') a 

0. Febr. 

4 

30—40" 
40 m _ 

- 

In 7 Tagen 4 normale P. 

2»; 

0 . .. 

4 

40 — 40' 

4o m 


In 13 Tagen 4 normale I\ 


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ISO III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 






Kriechen 


Ver- 


Zahl 

Er- 

später 

R e s u 11 a t 

Datum 

der 

oder 

such 

Larven 

wärmuug 

Kriechen 






nicht 


27 

7. Jan. 

4 

40-41° 
40 ni 

kriechen 

| In 8 Tagen 3 normale P., 1 ganz un- 
\ vollkommene, weiche P. 

28 

i . 

4 

39 — 40 0 

M 

In G Tagen 4 normale P. 

29 

7. 

4 

39-40° 


In 0 Tagen 4 normale P. 




40 m 


30 

8. ,. 

4 

41° 


f ln 0 Tagen 3 L. t; 1 L. Anfang von 

4 

40 m 

** 

\ Verwandlung. 

31 

14. 

4 

41° 

37 m 

- 

i In 11 Tagen 2 normale P.; 1 ah- 
| geplattete I\: 1 ganz unvollk. P. 

33 

15. 

4 

41° 


In 7 Tagen 1 normale P.; 3 L. t. 




30 m 


34 



41“ 

1 L. kr. 

i In 7 Tagen 2 L. f; 1 L. an d. beiden 

!•). 

o 

40 in 

\ Enden mit Anfang von Verwand lg. 

•>' 

10. ., 

A 

41° 

2 L. kr. 

f In 7 Tagen 1 unvollk. J\; 2 L. f ; 

«>. > 

4 

30 m 

\ 1 L. mit Anfang von Verwandlg. 

30 

10. .. 

4 

41° 

1 L. kr. 

In 0 Tagen 3 L. t; 1 unvollk. P. 




30 m 


37 

10. .. 

4 

41° 

40 m 

2 L. kr. 

/ Iu 11 Tagen 1 L. f; 1 L. mit Anfang 
l von Verwandlg., 2 gestreckte P. 

38 

17. .. 

4 

41° 

2 L. kr. 

ln 8 Tagen 4 ganz unvollk. P. 




30 m 


39 

19. ., 

4 

41° 

4') m 

2 L. kr. 

f In 0 Tagen 3 L. +; 1 nicht ganz 
t normale P. 

40 

19. 

4 

41° 

kriechen 

f In 0 Tagen 4 1\, 2 P. nicht giinz- 



40 m 

i lieh normal. 


Aus der soeben mitgeteilten Tabelle folgt, daß 02 Larven er¬ 
wärmt wurden: daß 49 Larven sich später vollkommen erholten und 
krochen; daß dieses bei lß Larven nicht mehr der Fall war, und 
daß man schließlich 2N normale Puppen erhielt, welche 19 Fliegen 
ergaben. Obgleich sich eine Anzahl der erwärmten Larven erholte, 
hatte der Organismus dieser Larven doch oft derartige Verände¬ 
rungen erfahren, daß sie abstarben oder eine nur unvollkommene 
Puppe lieferten. Dieser Erscheinung sind wir oben bei den 
Schmetterlingsraupen begegnet. Ferner ersieht man aus der Tabelle, 
daß solange die Temperatur unter 41° bleibt, die Larven wieder 
kriechen und in den meisten Fällen dann auch normale Puppen 
gelien; daß aber bei 41 0 diese Verhältnisse meist unsicher sind. 
Auf die Dauer der Erwärmung kommt es dabei weniger au. Man 
muß aber zu den in der Tabelle aufgeführten Versuchen noch 
die unter a) erwähnten Versuche IN —19 und 20 (29.—ßO. Januar) 

41 0 

hinzufügen, in denen je 2 Larven auf -erwärmt wurden. Diese 

n J 20 m 

Larven krochen am folgenden Tage. Ihre weitern Schicksale wurden 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. IST 


nicht verfolgt. Wenn man dann noch Versuch 21 — 38 (BO. Januar 
bis 15. Februar) hinzunimmt, so könnte man glauben, daß die zum 
Verwandeln reifen Larven am Anfänge widerstandsfähiger sind (krie¬ 
chen) und daß ihre Widerstandsfähigkeit abnimmt, je länger sie im 
Larvenstadium erhalten bleiben. Ich kann mich mit Gewißheit nicht 
darüber aussprechen, ob überhaupt junge Larven größere Wider¬ 
standsfähigkeit besitzen als ältere und zur Verwandlung reife. 
Im Anschlüsse hieran möchte ich auch erwähnen, daß in früheren 
Experimenten verkümmerte Fliegenlarven ein Erwärmen von 45° 
und mehr teilweise ertrugen. l ) 

Fassen wir die Resultate dieser Versuche an Lepidopteren- 
und Dipterenlarven zusammen, so kommen wir zu dem Schluß, daß 
der schädliche Einfluß der Erwärmung ein recht ausgesprochener 
ist. Die Temperaturgrade, welche hier in Frage kommen, sind ziem¬ 
lich fest und, was besonders interessant ist, ziemlich niedrig. Gleich¬ 
zeitig gehen infolge der Einwirkung dieser Temperaturen Verände¬ 
rungen im Organismus vor sich, die sich bei der Verfärbung des 
Blutes zeigen und die bereits bei so niedrigen Temperaturen wie 
40°C. und einer Expositionszeit von 15 Minuten beginnen. Ist bei 
40- 41° C. die Expositionszeit eine lange, bis 40 Minuten, so können 
sich die Insektenlarven zwar wieder vollständig erholen, ihre spätem 
Lebensschicksale werden aber ungewiß. Wir brauchen nicht weiter 
auf die Anwendung der hier gemachten Erfahrungen auf die freie 


] ) Arch. Anat. Physiol. Physiol. Abt. 1905, S 397. — Ick habe noch nach 
Abschluß dieser Arbeit mit Larven von M. erythrocephala Versuche angestellt, 
von denen ich hier den folgenden erwähnen will Die Larven waren in den Sand 
gegangen, verpuppten sich aber noch nicht. Ihr Darmkanal war bereits gänzlich 
leer. Sie waren noch nicht vollkommen undurchsichtig wie Larven, unter denen 
die Verwandlung begonnen hat. Ein Erlen meyerscher Kolben wurde zur Hälfte 
mit Stückchen feuchtem Fließpapier angefüllt und die Larven in ihn gebracht. 
Darauf wurde der Kolben am 23. April im Thermostaten 70 Minuten lang auf 
40—41° erwärmt. Am 25. April wurden diejenigen Larven, 190 an der Zahl, 
welche umherkrochen, von denen gesondert, welche infolge der Erwärmung ab¬ 
gestorben waren oder nur noch auf Reiz reagierten. Die 19(5 umherkriechenden 
Larven erschienen ganz normal. Nur waren zehn unter ihnen, die, obgleich sie 
vollkommen munter waren und umherkrochen, eine mehr oder minder bräunliche 
Farbe besaßen. Einzelne Exemplare waren recht dunkel. Die braune Färbung 
liegt im Blut. Wenn man die Haut anschneidet, fließt die braune Flüssigkeit aus. 
Solche braunen Larven sterben sehr bald ab. Am nächsten Tage waren sämtliche 
10 Larven tot und schwarzbrauu. Jene 190 Larven wurden in einer mit Stücken 
feuchtem Fließpapier angefüllten Kristallisierschale aufbewahrt. Die Mehrzahl der 
Larven starb nach und nach ab. Es waren am 2(5. April: 70 abgestorbene Larven, 
die meisten schmutzig!)]aun oder schwarzbraun; 2 normale Puppen; 118 kriechende 
Larven. Unter ihnen sind einige (9) biäunlich, andere fangen an bräunlich zu 
werden, andere sind zwar weiß, haben aber schwarze Stellen im Körper. — 
28. April: 50 abgestorbene Larven: 2 verkrüppelte, zigarrenförmige Puppeu, die 
keine Fliege geben; 02 kriechende Larven (einige bräunlich) oder normale Puppen. 
— 10. Mai: 9 abgestorbene Larven; 53 normale Puppen. — Diese 53 normale 
Puppen geben bis zum IS. Mai 41 Fliegen: 12 Puppen sind abgestorben. Mithin 
haben die 19(5 Larven, welche die Erwärmung Überstunden hatteu und krochen, 
nur 53 normale Puppen geliefert, welche ihrerseits nur 41 Fliegen gaben. Die 
zahlreichen, gleichfalls in einer kleinen, mit feuchten Fließpapieistiickchen un¬ 
gefüllten Kristallisiersckale gehaltenen Koutrollarven verwandelten sieh bis auf 
einige Exemplare sämtlich und gaben Fliegen. 


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IBS III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


Xatur einzugehen. Eine derartige Wärme wie wir sie in den vor¬ 
liegenden Versuchen finden, kommt überall im Sommer im Freien 
vor. Ihre Einflüsse unterliegen hier infolge lokaler Verhältnisse 
mannigfachen Abänderungen. 

12. Die Illiuiigkcit des Sauenvumies in den Weinbergen der 
Lehranstalt im Sommer 1905 nebst Bemerkungen über das 
Verhalten der Arten C. ambiguella und E. botrana. 

Von J. Dewitz. 

Um in den zur Königl. Lehransalt gehörenden Weinbergen das 
Auftreten des Sauerwurmes zu beobachten, habe ich gegen Ende des 
Sommers 1905 in den verschiedenen Rebstücken die Anzahl der 
vorhandenen Würmer pro Stock festgestellt. In jedem Rebstück habe 



ich einige oder mehrere Rebenreihen ohne Wahl herausgegriffen 
und in allgemeinen an jedem zehnten Stock sämtliche angegriffeneu 
Beeren abgelesen. Die an den Kauten oder nahe der Kanten ge¬ 
legenen Rebenreihen wurden vermieden. Für jedes Rebstück oder 
für jeden Komplex von Rebstücken wurden die ahgesuchten Beeren 
in getrennten Gefäßen aufbewahrt und dann im Laboratorium Beere 
für Beere auf vorhandene Würmer hin untersucht, wobei die Raupen 
von E. botrana und C. ambiguella getrennt gezählt wurden. Aus 
der Zahl der erhaltenen Würmer und der Anzahl der untersuchten 
Stöcke werde die Zahl der Würmer pro Stock festgesetzt. Es 
folgen hier die für jedes Rebstück bezw. für jeden Komplex von 
Rebstücken erhaltenen Resultate. Bei denselben beziehen sich die 
fortlaufenden Nummern auf die untersuchten Stücke und verweisen 
auf die entsprechenden Zahlen, welche in der beistehenden Skizze 
(Fig. 35) eingetragen sind. Diese Skizze ist der auf Tafel I Bericht 
für 1904 enthaltenen Karte entnommen. Die in der Skizze hellpunk- 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. 1S9 


tierten Stücke sind aus unten näher angegebenen Gründen nicht 
untersucht worden. 

No. 1. 

22. August 1905. 

30 Stöcke untersucht. 

36 E. botrana -f- 50 C. ambiguella = 86 Raupen. 

2. 86 Raupen pro Stock. 

Der hellpunktierte Teil enthält die verschiedenen Erziehungs¬ 
arten und wurde nicht untersucht. 

No. 2. 

23. August 1905. 

25 Stöcke untersucht. 

120 C. ambiguella =120 Raupen. 

4. 80 Raupen pro Stock. 

No. 3. 

23. August 1905 

15 Stöcke untersucht. 

22 C. ambiguella = 22 Raupen. 

1. 46 Raupen pro Stock. 

No. 4. 

Junge Reben ohne Trauben. 

No. 5. 

24. August 1905. 

21 Stöcke untersucht. 

223 C. ambiguella = 223 Raupen. 

10. 60 Raupen pro Stock. 

Der hellpunktierte Teil war ohne Reben. 

No. 6 a + 6 b. 

24. u. 25. August 1905. 

14 Stöcke untersucht. 

313 C. ambiguella = 313 Raupen. 

22. 35 Raupen pro Stock. 

No. 0 c. 

25. August 1905. 

5 Stöcke untersucht. 

137 C. ambiguella = 137 Raupen. 

27. 40 Raupen pro Stock. 

No. Gd. 

26. u. 31. August 1905. 

17 Stöcke untersucht. 

348 0. ambiguella = 348 Raupen. 

20. 47 Raupen pro Stock. 

No. Ge. 

31. August 1905. 

11 Stöcke untersucht. 

33 C. ambiguella = 33 Raupen. 

3. 00 Raupen pro Stock. 


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1 ( N) III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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Xo. 7 b. 

1. September 1905. 

6 Stöcke untersucht. 

39 C. ambiguella = 39 Raupen. 

6. 50 Raupen pro Stock. 

Auf dem hellpunktierten Teil von 7 b standen junge Reben 
ohne Trauben. Auf Stück 7 a waren die Reben an Draht. Der 
Abstand der Stöcke war bedeutend und die Äste der Reben waren 
sehr lang gezogen. Es war daher zwischen Stück 7 a und den üb¬ 
rigen untersuchten Stücken hinsichtlich der Anzahl der Würmer 
pro Stock kein direkter Vergleich möglich. 

Xo. 8. 

1. September 1905. 

22 Stöcke untersucht. 

11 E. botrana -j- 122 C. ambiguella = 133 Raupen. 

0. 04 Raupen pro Stock. 

Es wurden mithin von mir 166 Stöcke untersucht und auf 
diesen 1454 Raupen gefunden, was im Mittel 8,75 Raupen pro 
Stock ausmacht. Es gab aber Stöcke, die sehr viel mehr Raupen 
besaßen. Wie ein Blick auf die beigefügte Skizze zeigt, waren die 
in der Mitte zwischen Geisenheim und Eibingen gelegenen Rebstücke 
(5 und 6) am meisten heimgesucht. Ferner läßt sich ein Unterschied 
erkennen zwischen den an dem Abhange einerseits und den mehr auf 
der Höhe und in der Ebene andrerseits gelegenen Stücken. Nehmen 
wir die drei am meisten nach Geisenheim gelegenen Stücke, so er¬ 
halten wir von der Ebene aufsteigend die Zahlen 2,86—4,80—1,46 
und für die mittlere, am meisten heimgesuchte Partie des Reben¬ 
areals die Zahlen 3,00—20,47 , 27,40, 22,35—10,60. Es ist inter¬ 
essant, daß wir auf einem verhältnismäßig kleinen Areal so be¬ 
deutende Unterschiede in der Häufigkeit des Wurmes finden. Es 
geht auch aus den mitgeteilten Ziffern hervor, daß eine Ausbreitung 
von einem verseuchten Rebstück auf benachbarte Rebstücke durch 
die Würmer nicht oder unvollkommen statt hat. 

Es ist ferner bemerkenswert, daß E. botrana nur an den beiden 
Extremitäten des untersuchten Gebietes konstatiert wurde. Sie war 
nur in No. 1, nahe bei den Gebäuden der Anstalt und bei andern 
Häusern von Geisenheim, und in No. 8 vorhanden. Dieses letztere 
Stück befindet sich ganz nahe an den Gebäuden des Dorfes Ei¬ 
hingen. Man könnte demnach meinen, daß sich die Art von Ge¬ 
bäuden nicht weit entfernt. In Rüdesheim findet sie sich sehr 
zahlreich in den Gärten. Andrerseits sind in der Nähe der andern 
untersuchten Rebstücke, zwischen Geisenheim und Eibingen, keiner¬ 
lei Gebäude vorhanden. Wenn man meinen würde, daß die Art 
nach den beiden Orten Geisenheim und Eibingen von außerhalb ver¬ 
schleppt worden sei, so läge kein Grund dafür vor, daß sie sich 
nicht auch über das zwischen diesen beiden Orten liegende Wein¬ 
gebiet ausgebreitet hätte oder wenigstens angefangen hätte sich aus¬ 
zubreiten. Wie nun aber aus den obigen Angaben hervorgeht, ist 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 191 


das Insekt in sehr auffälliger Weise auf die beiden extremen Enden 
des Areals beschränkt. 

In denselben Weinbergen habe ich gefunden, daß sich die¬ 
jenigen Sauerwiirmer, welche sich in die Kebpfähle zurückgezogen 
hatten, gern an der Spitze der Pfähle in der Masse der zerquetsch¬ 
ten Holzfasern festgesetzt hatten, welche beim Einschlagen der 
Pfähle mittelst eines Schlaginstrumentes entstanden waren. In dieser 
Masse wird dem Kontaktbedürfnis der Würmer Genüge getan, das, 
wie ich früher schon angegeben habe, x ) sehr ausgesprochen ist 
Sodann aber lieben es die Würmer, wie ich gleichfalls an genanntem 
Orte ausgeführt habe, in das Gespinst ihrer Wohnung und ihres 
Puppencocons feine Partikel zu fügen, welche sie an den Gegen¬ 
ständen ihrer Umgebung abnagen. Solche Partikel entnehmen 
sie mit Leichtigkeit der Masse der zerquetschten Holzfasern des 
Pfählendes. Aus dem gleichen Grunde halte ich es, wie ich auch 
bereits gesagt habe, für nicht wahrscheinlich, daß sich die Raupen 
der C. ambiguella in größerer Zahl in den Strohbändern zwischen 
den einzelnen Strohhalmen festsetzen. Denn den Raupen würde es 
nicht sehr leicht fallen, von der glatten, kieselreichen Oberfläche der 
Strohhalme Stückchen abzunagen, um sie dem Puppencocon einzu¬ 
verleiben. Aus demselben Grunde setzten sich wohl auch nicht die 
Heu-Sauerwürmer in größerer Anzahl in die Papierwickel, welche 
man jetzt hier und da in Deutschland an den Reben oder an den 
Drähten der Reben befestigt. Das Papier dieser Wickel ist steif 
und glatt und seine Oberfläche wird sich gegenüber den Mandibeln 
der Raupe von C. ambiguella wohl ähnlich verhalten wie die Ober¬ 
fläche der Strohhalme. Nebenher möchte ich bemerken, daß die 
Arbeiter, welche die steifen Wickel abnehmen und aufrollen, häufig 
die in den Wickeln befindlichen Puppen beschädigen oder quetschen. 
Oder die beschädigten Puppen werden durch die Elastizität des sich 
wieder zusammrollenden, steifen Papiers zusammengepreßt. Es tritt 
unter solchen Verhältnissen Blut und etwas von den inneren Or¬ 
ganen aus der Puppe hervor und trocknet zu Brocken oder Stück¬ 
chen auf dem Papier an. Bei den Puppen vou E. botrana sind 
dieselben von intensivem Hellgrün, bei den Puppen von T. pilleriana 
hellgelb, bei denen von ('. ambiguella mehr bräunlich als gelblich. 
Man kann daher bereits an diesen getrockneten Extravasaten die 
Art der Puppen erkennen, besonders die von E. botrana, welche 
im plattgedrückten Zustande nicht immer auf den ersten Blick von 
denen von C. ambiguella zu unterscheiden sind. 

Tn 64 solcher mit Puppen besetzten Papierwickel, welche mir 
die Herren Sturm in Rüdesheim im Anfänge des Sommers 1905 
gaben, fand ich 61 Puppen, von denen ö.‘{ der E. botrana, 6 der 
C. ambiguella und 2 der T. pilleriana angehörten. Man sieht an 
diesen Zahlen den großen Unterschied in dem Verhalten der Raupe 
von C. ambiguella und von E. botrana. Diese letztere fertigt ebenso 


') J. Dewitz, Beobachtungen, die Biologie der Traubemotten Cochylis 
ambiguella Hübn. betreffend. Zeitsehr. wissensc-h. Insektenbiologie Bd. I (10) 1905. 


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192 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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wie die Raupe von T. pilleriana ein reines Gewebe an, welchem 
keinerlei Fremdkörper zugefügt sind. Ihre Cocons zeichnen sich 
daher denen der C. ambiguella gegenüber durch eine rein weiße 
Farbe aus. 1 ) Sie hat daher auch nicht das Bedürfnis, die sie um¬ 
gebenden Gegenstände anzunagen. Das Fehlen einer größeren An¬ 
zahl von Puppen von T. pilleriana in den Rüdesheiraer Wickeln er¬ 
klärt sich wohl in genügender Weise aus dem verhältnismäßig 
seltenen Vorkommen der Art in Rüdesheim. Die Raupe von T. 
pilleriana verpuppt sich jedoch in den gefalteten Rebenblättern, die 
ähnlich dem Papier glatte Flächen haben. 

Auch sonst zeigt die Art E. botrana in ihrem morphologischen 
oder biologischen Verhalten Anklänge an die Art T. pilleriana. Ich 
habe in dieser Hinsicht bereits das Gewebe der E. botrana erwähnt, 
welches dem von T. pilleriana ähnlich ist. Ferner verpuppen sich 
die Raupen von T. pilleriana in gefalteten Rebenblättern, besonders 
gern in den vertrockneten Blättern. Von Eudemis botrana sagt 
nun aber J. Laborde 2 ): „Lorsque les vers d'Eudemis quittent la 
grappe pour aller se chrysalider. ils cherchent les replis des feuilles 
et s’arretent de pröförence, ainsi que Ta indiquö M. Billot des 
Miniöres, sur les feuilles jaunes ou söches qu'ils rencontrent quel- 
quefois ä la base des serrnents. u Mit Rücksicht auf diesen Umstand 
möchte ich auch bemerken, daß die Angaben von M. V. Slinger- 
land über die Verschiedenheit der europäischen E. botrana und der 
nah verwandten nordamerikanischen Polychrosis viteana Clemens 
einer gewissen Einschränkung bedürfen. In der monographischen 
Bearbeitung von P. viteana durch den letztem Verfasser finden sich 
folgende Worte 3 ): „In making a critical study of the literature in 
1903, we were surprised to find that in European records the 
grape-berry moth pupae hibernate in Coccons on the trunk of the 
vines or on the trellis posts, but iu all American records, where 
hibernation is mentioned, it is said to take place in Coccons on 

the fallen leaves. After searching for several hours in a badly 

infested New York vineyard in autumn and finding coccons on 
the fallen leaves, but none elsewhere, we snspected that the grape- 
berry moth of America niight be after all a native and not a 
foreigner.“ 

Sodann ist die Verwandlung von E. botrana im Herbst sehr 
viel präziser als bei C. ambiguella, bei der sie sich in wärmern 
Gegenden bis in den Dezember und selbst bis in den Januar hin¬ 
ziehen kann, und gleicht iu diesem Punkte mehr derjenigen von 

T. pilleriana. Die Puppe von E. botrana ist schlank wie die von 

T. pilleriana, während diejenige von C. ambiguella breiter und ab¬ 
gerundeter ist. Das hintere Ende der Puppe ist aber nicht kegel- 

') Für das mikroskopische Bild der Gewebe von C. ambiguella und T. pille¬ 
riana sowie für die Beschreibung dieser Gewebe verweise ich auf meine oben 
angeführte Arbeit. 

'•’) l’rogris agrie. et vitic. Ann. 22, 9. Juiu 1901, S. 705. 

:l ) M. V. Slingerland, The grape-berry moth. Cornell University. Agr. 
Exper. Stat. Bull. 223. S. 45. 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. 193 


förmig abgesetzt wie bei T. pilleriana. Die Form der Raupe von 
E. botrana ist schlank wie die der Raupe von T. pilleriana, während 
die Raupe von C. ambiguella eher kurz und dick ist. Auch die 
Bewegungen der beiden ersten Raupen sind rasch. Die Raupen 
sind lebhaft und entschlüpfen leicht. Die Raupe von C. ambiguella 
dagegen hat langsame, schlaffe Bewegungen wie ein echter 
Parasit. 

In andern Punkten gleicht die E. botrana der C. ambiguella. 
So ist das Ei dem der letzteren Art durchaus gleich. Es wird 
ebenfalls auf Trauben abgelegt. Ferner ernähren sich die Raupen von 
E. botrana sowie die von C. ambiguella von den Blüten und Beeren 
der Rebe, während die Raupen von T. pilleriana vorzugsweise die 
Blätter der Pflanzen fressen. T. pilleriana hat nur eine Generation. 
E. botrana und C. ambiguella 2—3. Den Winter verbringen diese 
beiden Allen im Puppenzustande unter der Borke, während T. pille¬ 
riana hier im Raupenzustande überwintert. Was die Nahrung an¬ 
geht, welche die Raupen von E. botrana in der Gefangenschaft an- 
nehmem, so habe ich darüber folgende Beobachtungen gemacht 

Anfangs Juli 1905. Die Raupen wurden in Petrischalen, in 
welchen durch angefeuchtetes Fließpapier die Luft feucht erhalten 
wurde, mit den Blüten von Kräutern und mit Beeren gefüttert In 
den Blüten von Kräutern verpuppten sich die Raupen sehr bald. 
Es fand dort vielleicht Nahrungsmangel statt was die frühe Ver¬ 
puppung bewirkte. Andrerseits aber zeigte der Kot, der nicht sehr 
gering war, an, daß die Raupen die gereichte Nahrung fraßen. 

Reife Himbeeren nahmen die Raupen sehr gern an. Sie ließen 
sich zwischen den einzelnen Beeren sogleich nieder und machten 
hier ihre Gespinströhreu. Man sah aus ihrem Verhalten, daß sie 
sich heimisch fühlten. Viel Kot in Häufchen. Wie ich es bei der 
reifen Brombeere für die Raupe von C. ambiguella getan habe, *) 
könnte man sagen, daß die Himbeere für die Raupe von E. botrana 
ein wirkliches Nahrungsmittel bilden kann. •— Reife Erdbeeren. Sehr 
viel Kot in Häufchen. Die Verhältnisse lagen ungefähr wie bei 
der Himbeere; den Raupen schien aber diese Nahrung etwas weniger 
zu gefallen. — Reife Johannisbeeren. Viel zerstreuter Kot. Die 
Raupen hatten drei Beeren zur Hälfte angefressen. Ihnen schien 
diese Nahrung wieder etwas weniger als die Erdbeeren zuzusagen. 
Es wurden ferner den Raupen die Blütenstände folgender Pflanzen 
gereicht. Senecio sehr viel Kot. Medicago (unter andern Arten 
auch M. sativa) viel Kot. Achillca millefolium ziemlich viel Kot. 
Gelbes Galium weniger Kot. 

Die Raupen waren 5—0 Tage in den Petrischalen mit diesen 
Nahrungsmitteln aufbewahrt. Leider waren sie im Wachstum schon 
sehr weit vorgeschritten. Das Experiment wurde abgebrochen am 
7. Juli 1905. 


') In der oben zitierten Arbeit über C. ambiguella. 

OeivMih'-imer Bericht r.M'ö. 13 


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194 III. Bericht über die Tätigkeit der wisseoschaftlichen Institute. 


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13. Die Verteilung der Geschlechter bei C. amblguella. 

Von J. Dewitz. 

Um festzustellen, in welchem Verhältnis die Männchen und 
Weibchen von C. ambiguella auftreten, wurden im Juni 1905 Heu¬ 
würmer gesammelt und unter einer hohen Glocke für Mikroskope 
mit Gescheinen aufgezogen. Die Luft unter der Glocke wurde mit 
Fließpapier feucht erhalten. Außerdem lagen unter der Glocke 
Weinblätter, da die sich verpuppenden Raupen aus diesen gern 
Blattstücke ausschnitten, um mit ihnen ihre Puppe zu umhüllen. 
Wurde die hohe Glocke durch eine kleine ersetzt, so wollte es mir 
scheinen, als oh ein solcher Wechsel das Auskommen der Schmetter¬ 
linge erschwerte. Ich vermute, daß in einem solchen Falle der Grad 
der Feuchtigkeit zu hoch war. Es kamen aus den gezüchteten 
Puppen aus: 

Alännchen AVeihchen 

3. Juli 1905 .... 2 ... . 0 


4. „ 

5 

... 4 

5.+ 6. 

.... 12 . 

... 10 

7. 

.... 13 . 

. . . 13 

8.+9. 

.... 15 . 

... 17 

10. 

.... 3 . 

... 9 

11.+ 12. ., 

.... 6 . 

... 10 

13. 

2 

... 4 


58 Männchen. 67 Weibchen. 

Bis zum 8. Juli war die Zahl der auskommenden Männchen 
der der Weibchen etwas überlegen. Später trat das umgekehrte 
Verhältnis ein. 

Die Frage nach der Häufigkeit der Geschlechter dieses Parasiten 
hat ein gewisses Interesse, denn es hat den Anschein, als ob mit 
dem Zu- und Abnehmen einer Invasion auch die Zahl der Weibchen 
zu- und abnimmt; daß im letzteren Falle sozusagen ein Degene¬ 
rieren stattfindet. Diese Frage, welche sowohl vom praktischen als 
auch vom wissenschaftlichen Standpunkte von Wichtigkeit ist, kann 
aber nur auf Grund eines großen Materials und durch an ver¬ 
schiedenen Orten und unter verschiedenen Verhältnissen aiigestellte 
Beobachtungen gelöst werden. Hierfür ist aber die Methode des 
Ziehens der Schmetterlinge eine etwas umständliche und eine 
nicht genügend sichere. Denn während der Zucht geht eine 
größere Anzahl von Individuen zu Grunde, was das Endresultat 
fälschen kann. Eine viel einfacheres und sicheres Verfahren würde 
daher darin bestehen, daß man die Raupen auf das Geschlecht hin 
untersucht Schon Malpighi und Sammerdam wußten, daß die 
männlichen Geschlechtsorgane bereits in den Raupen vorhanden 
sind, und Herold hat der Anatomie der männlichen und weiblichen 
Organe in der Raupe eine eingehende Untersuchung gewidmet 
(Herold, Entwicklungsgeschichte der Schmetterlinge anatomisch und 
physiologisch bearbeitet. Kassel und Marburg 1815. 33 Tafeln.) 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen pathologischen Versuchsstation. 1<)5 

Und in der Tat wird bei Raupen das Geschlecht selten so früh an¬ 
gelegt, daß aus dem Ei’ kommende Räupchen bereits geschlechtlich 
differenziert sind. Die Dicke der Chitinhaut hindert aber in den 
meisten Fällen, daß die Geschlechtsorgane (Hoden) schon äußerlich 
sichtbar sind. Bei den erwachsenen Raupen von C. ambiguella ist 
dieses nicht der Fall. Hier ist die Chitinhaut durchsichtig und die 
Hoden sind groß und gefärbt. Daher kommt es, daß sie im achten 
Segment der Raupe als zwei große, runde Körper äußerlich leicht 
wahrgenommen werden können (Fig. 36). Wenn man diese Hoden 



Fig. 36. .Männliche Raupe von C. ambiguella. 



Fig. 37. Männliche Puppe von C. ambiguella. 

auf dem Objektträger in einen Tropfen Glycerin legt und mit einem 
Deckglas «pietscht, so kann man die bereits fertigen Spennatozoen 
sehen, welche in Bündeln angeordnet sind. In der Puppe 1 ) haben 
sich die beiden Körper vereinigt und bilden hier im fünften Ab¬ 
dominalsegment einen ebenfalls äußerlich sichtbaren Fleck (Fig. 37). 

') ln meiner Arbeit „Beobachtungen, die Biologie der Traubenmotte Cochylis 
ambiguella Hübn. betreffend „Zeitschr. für wissenschaftl. lnsektenbiologie Bd. 1 
(10). 1905, S. 247, steht irrtümlicherweise, dalt das läutere Ende der Puppe von 
C. ambiguella lange Borsten trägt. Es sollte dort heißen: Borsten, die an der 
Spitze ein Häkchen haben. 

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196 UI. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


Indem man auf diese Verhältnisse achtet, wird es in Zukunft 
leicht sein, an größeren Massen von Würmern die Geschlechter 
festzustellen und so auf die oben aufgeworfene Frage zu antworten. 


D. Sonstige Tätigkeit der Station. 

Auf Veranlassung Sr. Excellenz des Herrn Oberpräsidenten der 
Rheinprovinz, von Nasse, fand in der Zeit vom 6.—9. Juni ein 
Kursus über Schädlinge der Obstbäume statt, an dem die 
Herren Landräte Dr. Brügmann-Saarburg und von Nasse-Kreuz- 
nach und Herr Regierungsassessor Abicht-Coblenz teilnahmeu. 

Am 20. November fand auf Verfügung des Herrn Ministers für 
Landwirtschaft, Domänen und Forsten ein Rebendesinfektions- 
Kursus statt, an dem sich 27 Personen beteiligten. Außerdem 
wurden im Laufe des Jahres noch 12 Personen in der Handhabung 
des Apparates zur Desinfektion von Reben mittels Schwefelkohlen¬ 
stoff besonders unterwiesen. 

Zur Ausbildung von Lokal beobachtern für den Reb- 
lausdienst wurden in der Zeit vom 27.—29. Novemher, 4.—6. 
und 11.—13. Dezember 3 außerordentliche Reblaus-Kurse ab- 
gehalten, an denen im ganzen 65 Personen teilnahmen. 

Der Reblaus-Kursus für die Schüler und der öffentliche 
Reblaus-Kursus wurden in der Zeit vom 19.—20. und 22. bis 
24. Februar abgehalten. An diesen Kursen beteiligten sich im ganzen 
78 Personen. Außerdem wurden im Laufe des Jahres noch zwei 
Personen für den Reblausdienst besonders ausgebildet 

Auf Verfügung des Herrn Ministers für Landwirtschaft, Domänen 
und Forsten wurde am 26. und 27. Februar ein Peronospora- 
Kursus abgehalten, an dem 19 Personen, darunter die Weinbau- 
Wanderlehrer aus der Provinz Hessen-Nassau und der Rheinprovinz, 
teilnahmen. 

Für den Obstbau-Kursus hatte der Berichterstatter 10 Vor¬ 
träge über Feinde und Krankheiten der Obstbäume übernommen. 

An der an der Anstalt anfangs Oktober abgehaltenen Gemüse- 
Ausstellung beteiligte sich die Station durch Ausstellen von 
Feinden und Krankheiten der Gemüsepflanzen. 

Anfangs Juli wurden von dem Berichterstatter die im Parke, 
den Gewächshäusern und dem Obstmuttergarten der Anstalt stehen¬ 
den Reben auf das Vorhandensein der Reblaus hin untersucht, wobei 
verdächtige Erscheinungen nicht beobachtet wurden. 

Im Aufträge des Obst- und Gartenbau-Vereines hielt der Be¬ 
richterstatter am 10. Januar, 14. Februar und 14. März in Sachsen¬ 
hausen Vorträge über Feinde des Obstbaues, wobei be¬ 
sprochen wurden: Frostspanner, Apfelblütenstecher, Zweigabstecher, 
Ringelspinner, Borkenkäfer, Blutlaus, Kirschfliege, Goldafter, Blatt¬ 
rippenstecher, Weidenbohrer, Schildläuse, Apfelwickler, Apfelbaum- 
gespinsfmotte. Birnengailmücke, Fruehtsteoher. 

Im Aufträge des Herrn Ministers für Landwirtschaft Domänen 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologische» Versuchsstation. 197 


und Forsten stellte der Berichterstatter Untersuchungen über die 
Ursache des rheinischen Kirschbaumsterbens und der Peronospora- 
Epidemie an der Mosel und über die Bekämpfung des Springwurm¬ 
wicklers an. 

Im Aufträge des Herrn Oberpräsidenten der Provinz Hessen- 
Nassau nahm der Berichterstatter Ende März eine Besichtigung 
der in dieser Provinz neu eingerichteten 25 Rebendesinfektions¬ 
anstalten vor. 

Auch in diesem Jahr stand die Station in regem Verkehr mit 
der Praxis und den Behörden. Von längeren Gutachten und Be¬ 
richten, die an letztere erstattet wurden, seien erwähnt: 

1. An das Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und 
Forsten zu Berlin: Über die Bekämpfung der Reblaus mittels Kalium¬ 
permanganat imd einem Salzkalkgemisch. 

2. An das Ministerium für Landwirtschaft usw. zu Berlin: 

Über die Bekämpfung des Heu- und Sauerwurmes mittels ver¬ 
schiedener Öle und Horstyl. 

3. An das Ministerium für Landwirtschaft usw. zu Berlin: 

Über die Bekämpfung der Birnengallmüeke (Diplosis pirivora). 

4. An das Ministerium für Landwirtschaft usw. zu Berlin: 

Über die diesjährige Peronospora-Epidemie an der Mosel. 

5. An das Ministerium für Landwirtschaft usw. zu Berlin: 

Über die Bekämpfung der roten austernförmigen Schildlaus mittels 
Kil-o-8cale. 

I). An das Ministerium für Landwirtschaft usw. zu Berlin: 

Über die Bekämpfung der roten austernförmigen Schildlaus mit 
dem »Baumschutzmittel« von Fräulein Emma Homann-Berlin. 

7. An das Ministerium für Landwirtschaft usw. zu Berlin: 

Über das Kirschbaumsterben in den Kreisen St. Goar und St. Goars¬ 
hausen am Rhein. 

8. An das Ministerium für Landwirtschaft usw. zu Berlin: 

Über die Bekämpfung der Reblaus. 

9. An das Ministerium für Landwirtschaft usw. zu Berlin: 

Über die Bekämpfung der roten austernförmigen Schildlaus (Diaspis 
fallax) mittels Agfa-Anilin. 

10. An das Ministerium für Landwirtschaft usw. zu Berlin: 
Über eine von dem Berichterstatter ausgeführte Reise nach Österreich. 

11. An die Königl. Regierung zu Wiesbaden: Über Desinfektion 
von Reben. 

12. An die Königl. Regierung zu Wiesbaden: (Iber eine starke 
Goldafter Epidemie in der Gemarkung Hochheim am Main. 

13. An die Königl. Regierung zu Wiesbaden: Über die Be¬ 

kämpfung der Reblaus mittels Elektrizität. 

14. An die Königl. Regierung zu Wiesbaden: Über die Be¬ 

kämpfung der Peronospora viticola. 

15. An die Königl. Regierung zu Wiesbaden: Über die Be¬ 

kämpfung des Frostspanners. 

10. An die Königl. Regierung zu Wiesbaden: Über das Auf¬ 

treten des einbindigen und bekreuzten Traubenwicklers im Rheingau. 


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] 9S III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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17. An die König]. Regierung zu Coblenz: Über die Bekämpfung 
des Springwurmwicklers. 

18. An die Köuigl. Württ. Centralstelle für die Landwirtschaft 
zu Stuttgart: Über die Bekämpfung der Reblaus mittels geruch¬ 
schwachen Kresolverbindungen. 

19. An die Landwirtschaftskammer für den Regierungs-Bezirk 
Wiesbaden zu Wiesbaden: Über die Bekämpfung des Springwurm¬ 
wicklers in der Gemarkung Lorch im Rheingau. 

20. An die Direktion der städtischen Wasserwerke zu Frank¬ 
furt a. M.: Über die Ursache einer Efeukrankheit. 

21. wurde von dem Berichterstatter im Aufträge des Ministeriums 
für Landwirtschaft usw. eine Farbendrucktafel »Nützliche Insekten« 
herausgegeben. 

Veröffentlichungen des Assistenten Dr. Zang. 

1. Von den Schnecken im Weinberg. Mitteilungen über Wein¬ 
bau und Kellerwirtschaft 1905. 

2. Krankheiten des Weinstockes. Jahresber. über die Neuerungen 
und Leistungen auf dem Gebiete der Pflanzenkrankheiten 1904. 

Veröffentlichungen des Assistenten Molz. 

1. Zur Bekämpfung der Peronospora. Mitteilungen über Wein¬ 
bau und Kellerwirtschaft, XVII. Jahrg., 1905, No. 8. 

2. Die Schermaus als Rebenfeind. Mitteilungen über Weinbau 
und Kellerwirtschaft, XVIII. Jahrg.. 1906, No. 3. 

3. Über Phototropismus bei den Larven von Eriocampa adum- 
brata. Jahresber. der Vereinig, der Vertr. der angew. Botanik, 
III. Jahrg., 1904/05. 

Veröffentlichungen des Dr. Dewitz. 

1. Die Bekämpfung der ampelophagen Microlepidopteren in 
Frankreich. Centralbl. für Bakteriol., Parasitenkunde usw. Abt. 2. 
Bd. 15, 1905, S. 449—467. 

2. Über die Bekämpfungsmethoden, welche in Frankreich gegeu 
die beiden Traubeumotten Cochylis ambiguella, einbindiger Trauben¬ 
wickler, und Eudmnis botrana, bekreuzter Traubenwickler, in An¬ 
wendung kommen. Mitteilungen über Weinbau und Kellerwirtschaft, 
XVIII. Jahrg. 1906, No. 1 u. 2. 

3. Über Fangversuche angestellt mittels Acetyleulampen an den 
Schmetterlingen von Tortrix pilleriana. Zeitschr. für wissensclmftl. 
Insektenbiologie Bd. 1 (10), 1905, Heft 3. 

4. Beobachtungen, die Biologie der Traubenmotte Cochylis 
ambiguella Hübn. betreffend. Ebenda Heft 5, 6, 7, S. 

5. Über das Zustandekommen der Färbung bei Schmetterling¬ 
kokons. Ebenda Heft 12'. 

6. Untersuchungen über die Verwandlung der Insektenlarven. 
II. Arch. Anat. Phvsiol. Physiol. Abt. Suppl. 1905. 


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UMIVJERSITY OF CALIFORNJA 



Bericht über die Tätigkeit der pflanzenpathologischen Versuchsstation. 199 


Geschenke. 

Vom Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten 
zu Berlin: Schmiedeknecht, Opuscula Ichneumonologica (Fort¬ 
setzung). 

Von Herrn Königl. Hegemeister Müller zu Forsthaus Erlenhof 
bei Kemel: ein großer Fichtenhexenbesen. 

Von dem früheren Eleven Fueß einige abnorme Äste von 
Pinus silvestris und Fusicladium cerasi auf Früchten und Blättern. 

Von Herrn E. M. Freemann, Ph. D.: Minnesota Plant Diseases. 

Von Herrn Landes-ökonomierat Goethe zu Darmstadt: eine 
Broschüre: Spraying for scale insects. 

Von Herrn Direktor Wortmann ein griinfüßiges Teichhuhn 
(Gallinula chloropus). 

Von Herrn C. C. Eiffe, Payette (Idaho) ein Birnbaumast mit 
Fire-Blight. 

Von Herrn Forstassessor Blume in Falkenberg i. Lothr.: ein 
großer Kieferhexenbesen. 

Die Station sagt für die gütigen Zuwendungen ihren besten 
Dank. 


E. Neuanschaffungen. 

P. et H. Sydow, Monographia Uredinearum (Fortsetzung). 

P. Wytsman, Genera insectorum (Fortsetzung). 

Centralblatt für Bakteriologie, Parasitenkunde und Infektions- 
Krankheiten (Fortsetzung). 

Arbeiten aus der Kaiserl. Biol. Anstalt für Land- und Forst¬ 
wirtschaft zu Dahlem (Fortsetzung). 

Naturwissenschaftliche Zeitschrift für Land- und Forstwirtschaft 
(Fortsetzung). 

Annales mycologici (Fortsetzung). 

Hedwigia (Fortsetzung). 

Praktische Blätter für Pflanzenbau und Pflanzenschutz (Fort¬ 
setzung). 

Erfurter Führer im Obst- und Gartenbau (Fortsetzung). 

Altum, B., Forstzoologie (3 Bände). 

Hesse, R., Die Hvpogaeen Deutschlands. 

Dosch, L., Die Reblausbekämpfung. 

Radi, Em., Untersuchungen über den Phototropismus der Tiere. 

Audouin, V., Histoire des insectes nuisibles a la vigne et 
particuliörement de la pvrale. 

Sorauer, Lindau und Reh, Handbuch der Pflanzeukrank- 
heiten. 

Wehm er, Beiträge zur Kenntnis einheimischer Pilze. 

Wieler. Untersuchungen über die Einwirkung schwefliger 
Säure auf die Pflanzen. 

France. Das Leben der Pflanzen. Band I. 


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200 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


Bericht 

über die Tätigkeit der pflan zenphysiologischen Ver¬ 
suchsstation. 

Erstattet von Dr. Karl Kroemer, Dirigenten der Versuchsstation. 


A. Wissenschaftliche Tätigkeit. 

1. Beiträge zur Methodik der Wurzelnntcrsachangeu. 

Die Untersuchungen über das Wurzel Wachstum wurden im Be¬ 
richtsjahre fortgesetzt und auf die Wurzeln veredelter Reben und 
einzelner Amerikanerrebensorten ausgedehnt. In der Methodik der 
Untersuchungen erfolgte insofern eine Änderung, als neben den 
Topfkulturen auch die Pflanzungen in dem neuerbauten Kulturhause 
für die Beobachtung herangezogen werden konnten. Zum Teil 
wurde auch versucht, durch Ausgrabungen brauchbares Material zu 
gewinnen, doch nicht mit günstigem Erfolge. Selbst bei sorgfältig¬ 
stem Vorgehen reißt beim Graben und Abspüleu die Mehrzahl der 
feinen Wurzelfasern ab, so daß ein unrichtiges Bild der Bewurzelung 
zu stände kommt. 

Für viele Zwecke sind auch die Topfkulturen unzureichend, so 
zum Beispiel bei den Beobachtungen über die Wachstums¬ 
geschwindigkeit und Wachstumsgröße. Man ist in diesem Falle auf 
Kulturen in Wurzelkästen angewiesen und kann entweder die be¬ 
kannten Wnrzelkästen nach Sachs oder die ähnlich gebauten, neuer¬ 
dings von En gl er beschriebenen und mit gutem Erfolge benutzten 
Vegetationskästen verwenden. Manche Nachteile sind aber auch 
hierbei nicht zu vermeiden. Die Kästen werden ganz unhandlich 
und sind schwer in Ordnung zu halten, wenn sie über eine gewisse 
Größe hinausgehen. In der üblichen kleinen Form ist aber ihre An¬ 
wendungsfähigkeit beschränkt, da die geringe Höhe der Kästen sie nur 
für kurzfristige Kulturen geeignet macht. Dazu kommen übrigens 
noch andere Unzuträglichkeiten, die auf ungünstigen physikalischen 
und chemischen Veränderungen der eingefüllten Erde, auf Ungleich¬ 
heiten der Temperatur und dergl. beruhen. In ihrer Gesamtwirkung 
können derartige, uns im einzelnen noch unzureichend bekannte 
Vorgänge in der Erde der Versuchskästen höchstwahrscheinlich Ver¬ 
hältnisse schaffen, welche den natürlichen Wachstumsbedingungen 
im freien Lande nicht entsprechen. Am meisten dürfte die Be¬ 
nutzung kleinerer Versuchskästen aber der Umstand erschweren, daß 
es große Schwierigkeiten verursacht, die in ihnen gezogenen Wurzeln 
hinreichend vor Belichtung zu schützen. Die Empfindlichkeit gegen 
Lichtreize ist bei den Wurzeln so groß, daß die kürzeste Einwirkung 
des Tageslichtes eine heliotropische Krümmung auslöst, welche die 
Wurzelspitze von der Beobaehtungsfläche abwendet. Man kann 
allerdings durch Einstellen der Vegetationskästen in Erdgruben, wie 
dies von En gier geschehen ist, die Belichtung der Wurzeln im 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 201 


allgemeinen verhindern, wobei man noch den Vorteil hat, daß die 
in die Erde eingesenkten Kästen allem Ermessen nach die Temperatur 
des sie umgebenden Erdbodens annehmen. Aber selbst bei diesen 
Vorsichtsmaßregeln ist es fast unmöglich, Lichtreize von den Wurzeln 
ganz abzuhalten. Während der Beobachtungszeit müssen die Kästen 
aus dem Boden genommen und dürfen dann eigentlich nur in Dunkel¬ 
zimmern bei gelbrotem, hcliotropisch inaktivem Licht besichtigt 
werden, wenn mit Sicherheit eine heliotropische Reizung der Ver¬ 
suchspflanzen vermieden werden soll. Es ist klar, daß hierdurch 
große Umständlichkeiten entstehen, welche die Methode nicht 
empfehlen und für bestimmte Fälle so gut wie ausschließen. 

Einen Fortschritt für die Methodik der Wurzeluntersuchungen 
bedeutete es infolgedessen, als Noll in Poppelsdorf zuerst dazu über¬ 
ging, die bekannten, von Sachs eingeführten Wurzelkästen ins 
Große zu übertragen. Noll ließ für seine Versuche ein besonderes 
Vegetationshaus erbauen, in dem große gemauerte Kästen für die 
Aufnahme der auf ihre Bewurzelung hin zu studierenden Versuehs- 
pflanzen hergerichtet wurden. Die Versuchskästen erhielten als 
Vorderwand eine schrägsfehende Glasplatte, die in die Wand eines 
mit gelbroten Scheiben gedeckten Beobachtungs-Tunnels eingelassen 
wurde. Von diesem Tunnel aus ließen sich die Wurzeln der Ver¬ 
suchspflanzen jederzeit ohne heliotropische Reizung beobachten. 

Die Vorzüge dieses Wurzelhauses waren offensichtlich. Es be¬ 
deutete daher einen großen Fortschritt für unsere Arbeiten, als es 
durch die Munifizenz des Königlichen Ministeriums für Landwirt¬ 
schaft, insbesondere aber durch die Anregungen und das lebhafte 
Interesse des Herrn Ministerialdirektors Dr. H. Thiel ermöglicht 
wurde, in Geisenheim ein ähnliches Vegetationshaus zu erbauen. 
Es wurde im Wintei 1904 05 im Anschluß an die pflanzenphysio¬ 
logische Versuchsstation an der Stelle des alten He 11 riege 1 sehen 
Kulturhauses errichtet. Letzteres stand nicht mehr am richtigen 
Platze und war in der alten Form nicht recht gebrauchsfähig. Es 
mußte daher dem Neubau weichen. 

Das neue Vegetationshaus wurde wie das alte Haus annähernd 
in der Richtung von Osten nach Westen angelegt, so daß es von 
drei Seiten völlig frei steht, mit der Westfront dagegen an das Ein¬ 
gangsportal der Station anschließt. 

Es wurden fünf Vegetationskästen vorgesehen, die auf der Nord¬ 
sente des Hauses so eingebaut wurden, daß sie möglichst weit vom 
Hauptgebäude der Versuchsstation abstehen und so am größten Teil 
des Tages direkte Besonnung haben. Bei den in Poppelsdorf und 
in Dahlem errichteten Häusern hat man die Wurzelkästen auf die 
Südseite gebracht. In Geisenheim war dies durch die Gesamtlage 
des ganzen Hauses, die möglichste Raumbeschränkung gebot unmög¬ 
lich gemacht, wenn nicht ein für die Zwecke der Station unum¬ 
gänglich notwendiger, mit Glas überdachter Vegetationsraum hätte 
wegfallen sollen. Hauptsächlich sprach aber gegen die Anlage der 
Kästen auf der Südseite die Tatsache der hohen Sommertomperaturen, 
mit denen wir gerade hier zu rechnen haben. Beim Bau des älteren 


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III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Iustitute. 


Hauses hatte mail auf diesen Umstand nicht geachtet und infolge¬ 
dessen durch eine an diesem Ort unzweckmäßige Lage und Kon¬ 
struktion die Gebrauchsfähigkeit des Hauses von Anfang an sehr 
erschwert Bei südlicher Position der Wurzelkästen wäre zu be¬ 
fürchten gewesen, daß die starke Insolation während der Sommer¬ 
tage unverhältnismäßig hohe Bodentemperaturen in den Kästen er¬ 
zeugt und damit ungünstige oder jedenfalls anormale Wachstums¬ 
bedingungen für die Wurzeln hervorgerufen haben würde. Es 
wurde daher vorgezogen, die Kästen auf der Nordseite anzubringen 
uud sie so hoch zu stellen, daß die belaubten Teile der freistehen¬ 
den Versuchspflanzen auch noch die Mittagssonne erhalten. (Fig 38.) 

Die Kästen liegen mit der Sohle etwa 60 cm über dem Erd¬ 
boden in einer Reihe angeordnet. Jeder Kasten besitzt eine mittlere 



Fig. 38. "Wurzelhaus der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 
Außenansicht der Wurzelkästen. 


Höhe von 1,50 m; die Breite beträgt 1,20 m, die Tiefe an der Ober¬ 
seite 80 cm, an der Sohle 40 cm. Boden und Seitenwände des 
Kastens sind aus Beton hergestellt: als Rückwand dienen starke 
Holzbohlen, die in einem Mauerfalz eingelassen sind. Sie können 
leicht herausgenommen werden, so daß die Rückseite der Kästen 
jederzeit bis fast auf die Sohle freizulegen ist. Diese Einrichtung 
wurde hauptsächlich deswegen getroffen, um die Wurzelsysteme auch 
möglichst unversehrt ausspülen zu können. Sie ist außerdem für 
die Instandhaltung und Ausräumung der Kästen sehr zweckmäßig. 
Die Vorderwand der Kästen bildet die Beobachtungsfläche. Sie be¬ 
stellt aus einer durchschnittlich 12 mm dicken Spiegelglasplatte, die 
unter einem Neigungswinkel von etwa 10° in die Kästen eingesetzt 
ist. Ihre für die Besichtigung freiliegende Fläche beträgt ca. 1 m •. 
Es ist also nicht die ganze Höhe der Kästen für die Beobachtung 
freigehalten. Der unter der Glaswand liegende Teil der Kästen ist 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 203 


auf allen Seiten aus Beton hergestellt. Er dient zur Aufnahme 
einer Drainageschicht, zu welcher leicht gebrannte, etwa 20—25 cm 
hoch liegende Ziegelstücke benutzt wurden. Am Boden des Kastens 
führt ein Abzugskanal das sich auf der Sohle sammelnde Wasser iu 
das Innere des Hauses, so daß es hier für Versuchszwecke jederzeit 
aufgefangen werden kann. 

Den Kästen entlang führt der Beobachtungstunnel, der mit 
einem massiven Dach versehen und völlig dunkel gellalten ist. (Fig. 39.) 
Der Zugang erfolgt von einem Dunkelzimmer aus durch eine 
dicht schließende Doppeltür. Das Tageslicht kann somit von den 
Wurzeln gänzlich ferngehalten werden. Vor jedem Kasten ist ein 
elektrisches Glühlämpchen mit drehbarem, durch eine gelbrote Scheibe 
geschlossenem Messingreflektor angebracht. Für diese Beleuchtung 



Fig. 39. Wurzelhaus der pflanzenphysiologischeu Versuchsstation. 
Ansicht des Wurzeltunnels mit den Vegetationskästen. 


sind die Wurzeln nicht empfindlich, und sie ist noch ausreichend, 
um alle Einzelheiten an der Beobachtungsfläche gut hervortreten 
zu lassen. 

Wie schon erwähnt, liegt vor dem Eingang des Tunnels ein 
Dunkelzimmer, welches verhütet, daß beim Betreten des Tunnels 
Tageslicht in den letzteren eindringt. Außerdem ist auf der Südseite 
des Hauses noch ein Vegetationsraum vorgesehen, der für kleinere 
Kulturen bestimmt ist. 

Der Bau des Hauses war Mitte Mai 1905 so weit vorgeschritten, 
daß die Vegetationskästen in Gebrauch genommen werden konnten, 
ohne gröbere Störungen der Versuche befürchten zu müssen. Leider 
zeigte sich bald nach der ersten Erdfüllung, daß selbst die von uns 
gewählten sehr starken Spiegelglasscheiben dem Eiddruck bei den 
verhältnismäßig großen Dimensionen der Kästen nicht stand zu 
halten vermochten. Eine nochmalige Räumung der Kästen war 


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204 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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unvermeidlich. Die Glasplatten wurden daun durch starke, in die 
Seitenmauern eingelassene Querstäbe von Eisen gestützt. Außerdem 
wurde der Eindruck durch Einsetzen von Eisengittern in die Kästen 
nach Möglichkeit abgeschwächt. Erst nach diesen Vorsichtsma߬ 
regeln, die sich bis heute sehr gut bewährt haben, konnten die 
Küsten von neuem gefüllt werden. 

Infolge dieser Änderungen konnten die Versuchspflanzen erst 
Ende Juni 1905 in die Kästen eingesetzt werden. Dieser Termin 
war zu spät, um in der laufenden Vegetationsperiode noch alle 
Vorteile der neuen Einrichtungen verwerten zu können. Da über¬ 
dies die Versuchspflanzungen noch während des ganzen Sommers 
durch Bauarbeiten gestört wurden, so ließen sich die Beobachtungen 
im letzten Jahre noch nicht in wünschenswertem Maße fördern; 
z. B. waren Tatsachen für die Feststellung der Periodicität des Wurzel¬ 
wachstums bei den geschilderten Verhältnissen nicht immer mit der 
nötigen Sicherheit zu ermitteln. 

Als Versuehspflanzen wurden benutzt Blindreben von Riesling, 
Riparia Gloire de Montpellier und eine einjährige Veredelung von 
Riesling auf Riparia Gloire de Montpellier. Außerdem wurde ein 
Kasten mit Tomate, Sorte „König Humbert“, und ein Kasten mit 
Weißkraut bepflanzt. Für die drei Reben wurde aus Lößboden und 
Komposterde eine gleichmäßige Bodenmischung hergestellt, die den 
besseren Weinbergsböden der Geisenheimer Gemarkung entsprechen 
dürfte. Nach der Pflanzung wurde die Erde bei den Reben einmal 
übergossen, später aber nicht weiter bewässert. Infolge stärkerer 
Niederschläge stieg der Wassergehalt des Bodens bald von selbst 
ganz beträchtlich, ohne jedoch anormale Veränderungen in der 
Beschaffenheit der Erde nach sich zu ziehen. Die Drainageschicht 
erwies sich dabei als sehr zweckmäßig. Die obere Bodenkrume 
wurde wiederholt gelockert, eine weitergehende Behandlung des 
Erdbodens aber wenigstens bei den Reben vermieden. 

Die Gemüsekulturen wurden dagegen in den ersten vier Wochen 
nach der Pflanzzeit täglich bewässert, wobei im allgemeinen das in 
unseren Geisenheimer Anlagen übliche Kulturverfahren eingehalten 
wurde. Später wurde den beiden Pflanzen nur wöchentlich zweimal 
Wasser gegeben. Am stärksten war der Wasserbedarf der erwachsenen 
Tomate. 

Über die bisherigen Beobachtungen, die, wie erwähnt, im letzten 
Jahre sehr erschwert und benachteiligt waren, lassen sieh zunächst 
nur einige allgemeine Angaben machen. Ein genauerer, ins einzelne 
gehender Bericht muß einer späteren Darstellung Vorbehalten bleiben. 
Was zunächst die Reben anbelangt, so ließ sich in erster Linie 
deutlich der Unterschied in der Bewurzelungskraft der Amerikaner- 
und der Europäerreben feststollen. Riparia Gloire de Montpellier 
bewurzelte sich schneller und kräftiger als Riesling. Die veredelte 
Rebe, Riesling auf Riparia Gloire de Montpellier, entwickelte 
anfangs nur schwache Wurzeln, zeigte aber bald stärkeren Trieb. 
Ein Vergleich zwischen der unveredelten Amerikanerrebe und der 
veredelten Pflanze ist streng genommen bei diesem Versuche noch 


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Belicht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 205 


nicht zu ziehen, da für diesen Zweck nur Abkömmlinge einer Pflanze 
(Zweigstecklinge), die bei der verspäteten Pflanzung leider nicht 
mehr zu erlangen waren, zu benutzen sind. 

Die Zahl der im Laufe des Sommers an die Beobachtungsfläche 
stoßenden Triebwurzcln betrug bei Riparia Gloire de Montpellier 5, 
bei Riesling auf Riparia Gloire de Montpellier 3 und bei reinem 
Riesling 3. Die Wachstumsrichtung der Triebwurzeln war beim 
Riesling auffallend flach, zeitweise fast der Horizontale genähert; 
bei Riesling auf Riparia Gloire de Montpellier und bei der reinen 
Amerikanerrebe Riparia Gloire de Montpellier war sie etwas steiler. 
Das Bild der einzelnen Wurzelstränge entsprach den im letzten 
Bericht gemachten Angaben. Es entwickelten sich zunächst Lang¬ 
wurzeln, die sich erst verzweigten, nachdem sie 10—15 cm lang 
geworden waren. Die Zahl der im Beobachtungsfelde liegenden 
Wurzelzweige blieb auffallenderweise relativ gering; ich vermute, 
daß die häufigen Störungen durch Lichtreize, die bei den Bauarbeiten 
im Tunnel unvermeidlich waren, vor allen Dingen aber die ver¬ 
spätete Pflauzzeit diese Erscheinung, die man sonst an der Reben¬ 
wurzel nicht beobachtet, verursacht haben. Hinsichtlich der Perio¬ 
dizität des Wachstums, worüber nach dem früher Gesagten Be¬ 
obachtungen kaum möglich waren, läßt sich nur sagen, daß vom Monat 
Oktober 1905 bis zur Abfassung dieses Berichtes, im März 1906, bei 
keiner der Versuchsreben neu gebildete Wurzeln sichtbar wurden. 
Die im vorigen Bericht citierten Behauptungen, nach denen die 
Rebe im Winter in der Bewurzeluug völlig still steht, gewinnen 
dadurch an Wahrscheinlichkeit. Allerdings muß man berücksichtigen, 
daß bei den hier beschriebenen Einrichtungen immer nur ein Teil 
der Wurzeln zur Beobachtung gelangt Alle auf der Rückseite der 
Versuchspflanzen liegenden Wurzelstränge sind nicht wahrzunehmen. 
Bei den späteren Untersuchungen wird hierauf zu achten sein. 

Sehr deutlich traten die Vorteile des neuen Hauses bei den 
Gemüsekulturen hervor. Sowohl die Tomate wie auch das Weißkraut 
lieferten in ihrer Bewurzeluug schon bei den einleitenden Versuchen 
des letzten Jahres reiches und wichtiges Beobachtungsmaterial. Am 
kräftigsten war die Bewurzelung bei der Tomate. In der Zeit von 
zwei Monaten erschienen an der Glaswand von einer Pflanze 14 stärkere 
Langwurzeln, die sich stark verzweigten und das Beobachtungsfeld 
als dichter Wurzelfilz fast völlig überzogen. Leider gelang es bisher 
nicht, das Wurzelbild auf photographischem Wege in wünschens¬ 
werter Deutlichkeit festzulegen. Die Wurzeln konnten jedoch in 
ihrer natürlichen Lage und Größe mit Hilfe einer Art Pausverfahren 
abgezeichnet winden. Der Verlauf jeder Langwurzel wurde zunächst 
auf Pauspapier, welches auf die Glasscheibe aufgelegt war, nach¬ 
gezogen und dann sofort in eine Tafel eingezeichnet. Durch Nach¬ 
fragen der Zuwachszonen und der stärkeren Wurzelzweige ließ sich 
auf diesem Wege ein den natürlichen Verhältnissen sehr nahe 
kommendes Bild der Bewurzelung erhalten, in dem nur die aller- 
kleinsten Wurzeln ohne Pausen, jedoch in ihrer wirklichen Zahl 
und Grüße eingefügt wurden. Fig. -10 zeigt in stark verkleinertem 


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206 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 

Maßstabe ein derartiges Wurzelbild der Tomate, wie es sich Anfang 
September 1905 darstellte. 

Was die Gestalt des Wurzelsystems der Tomate im einzelnen 
anbetrifft, so waren auch hier deutliche Unterschiede zwischen 
Langwurzeln und Saugwurzeln zu beobachten. Es entwickelten sich 
zunächst kräftige Lang wurzeln mit relativ steilem Wachstumsgang. 
Erst nachdem sie 50—60 cm Länge erreicht hatten, bildeten sie 
Wurzelzweige an den älteren Partien. Einzelne von ihnen wuchsen 
sehr bald über die ganze Beobachtungsfläche hinaus und erreichten 



Fig. Hi. Wurzelbild der Tomate im Wurzelhaus. Stark verkleinert 

aller Wahrscheinlichkeit nach die innere Sohle der Wurzelkästen. 
Sie müssen demnach eine Länge von 1,50 m erreicht haben. 
Später entwickelten sich noch einige Langwurzeln, deren Wachs¬ 
tumsgang eine weniger steile Richtung einschlug. 

Sämtliche Langwurzeln bekleideten sich zunächst mit feinen 
Wurzelzweigen I. Ordnung, die sich später zum größeren Teil nochmals 
verzweigten. Im Verhältnis zur ursprünglichen Zahl waren es nur 
wenige Wurzelzweige I. Ordnung, die eine größere Länge und 
reichliche Verzweigung erlangten. Die Mehrzahl der Wurzelzweige 
I. Ordnung blieb relativ kurz. Bei einem starken, in der Mitte des 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 207 


Beobachtungsfeldes verlaufendem Wurzelstrange wurden zahlreiche 
feinere Wurzelzweige I. Ordnung dem äußeren Aussehen nach 
funktionslos, als die relative Hauptwurzel sich merkbar zu verdicken 
begann. Sowohl an den stärkeren wie auch an den feineren Wurzeln 
ließ sich deutlich in einem im allgemeinen konstanten Spitzenabstand 
die Region der Wurzelhaare feststellen. 

Manche Beobachtungen sprachen dafür, daß die Intensität der 
Bewurzelung mit dem Wasserreichtum des Bodens im Zusammenhang 
stand. Die Neubildung von Wurzeln unterblieb fast völlig, wenn 
die Bewässerung längere Zeit ausgesetzt und der Boden sichtlich 
wasserarm wurde. Zur Zeit der Fruchtreife wurde die Neuproduktion 
von Wurzeln überhaupt schwächer und schien gegen Ende September 
völlig still zu stehen. 

Die Bewurzelung des Weißkrautes zeigte zum Teil ähnliche 
Verhältnisse, ohne jedoch iiu Habitus ganz mit der Bewurzelung 
der Tomate übereinzustimmen. 

2 . Über die Anatomie der Rebenwurzel. 

Auf die Zweckmäßigkeit anatomischer Untersuchungen für die 
Kenntnis der Physiologie der Rebenwurzeln ist bereits im Bericht 
des Vorjahres hingewiesen. Nachdem früher die Primärstadien der 
Langwurzeln auf die in ernährungsphysiologischer Hinsicht besonders 
wichtigen Merkmale untersucht wurden, erstreckten sich die neueren 
Beobachtungen namentlich auf den Bau der feineren Saugwurzeln, 
den Entwicklungsgang der physiologischen Scheiden bei der einzelnen 
Wurzel und die feinere Anatomie der Sekundärstadien. 

Die Organisation der eigentlichen Saugwurzeln beansprucht 
naturgemäß besonderes Interesse, da von ihrer Arbeit die Leistungen 
der Wurzel in ei-ster Linie bestimmt werden. Bei unseren Unter¬ 
suchungen handelte es sich namentlich darum festzustellen, ob zwischen 
Langwurzeln und Saugwurzeln anatomische Differenzen von er¬ 
nährungsphysiologischer Bedeutung bestehen. Obwohl im allgemeinen 
der histologische Aufbau der beiden Wurzeln der gleiche ist, ließen 
sich bei genauerer Untersuchung Unterschiede dieser Art dennoch 
auffinden. Es zeigt sich dies zunächst bei dem Epiblem. Während 
die Langwurzeln der von uns untersuchten Rebsorten stets auffallend 
wenig Wurzelhaare entwickelt hatten, waren die Zweige dieser Wurzeln 
gewöhnlich stark behaart. Beim Riesling war dies namentlich an 
den Wurzelzweigen zweiter und höherer Ordnung zu beobachten. 
Der Haarbesatz tritt schon deutlich an ganz jungen, kaum 2 cm 
langen Würzelchen hervor. Die Länge der einzelnen Haare schwankte 
zwischen 80—100/*, die Breite betrug 8—10/«. In der Membran¬ 
beschaffenheit stimmen sie mit dem Basalteil der Zellen überein. Auch 
die Hypodermis verhält sich bei den feineren Saugwurzeln etwas anders 
wie bei den Langwurzeln. In der äußeren Form der Zellen besteht zwar 
kein Unterschied. In beiden Fällen liegt eine scharf differenzierte, ein¬ 
schichtige, sogenannte „einheitliche* 1 Interkutis vor. Während aber bei 
den Langwurzeln die Durchlaßstellen in dieser Schicht relativ spärlich 


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208 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Iustitute. 


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sind, treten sie bei den Saugwurzeln regelmäßig in größerer Zahl auf. 
Sie umfassen hier stets mehrere Zellen und bilden kurze Streifen, 
ähnlich wie ich es früher für andere Pflanzen beschrieben habe. 
An der Durchlaßstelle sind die Interkutiszellen ganz unverkorkt, 
wie sich leicht durch Färbungen mit Sudan-Glycerin und durch die 
bekannten Korkreaktionen nachweisen läßt. Die eigentliche Ver¬ 
korkung der Schicht beginnt aber auch bei den feinsten Wurzel¬ 
fasern schon in sehr geringem Spitzenabstand unter einem völlig 
funktionsfähigen Epiblem. Diese immer wiederkehrende Tatsache 
spricht für die von uns vertretene Anschauung von der Bedeutung 
der Wurzelhypodermen. 

Die Rinde der feineren Saugwurzeln umfaßt gewöhnlich nur 
3 bis 4 Zellschichten und zeigt nichts Bemerkenswertes. Die Endo- 
dermis fand ich an den feineren Wurzelzweigen fast ausnahmslos 
auf ihrer ganzen Länge im Primärstadium. Die Verkorkung, welche 
in der äußeren Scheide, der Interkutis, unmittelbar hinter der Wurzel¬ 
spitze auftritt, fehlt also an dieser Stelle meist gänzlich. Kur an 
älteren Zweigen I. Ordnung, sowie an den zu Ersatzwurzeln ge¬ 
wordenen stärkeren Wurzelzweigen ist sie vorhanden. Der Zentral¬ 
zylinder enthält gewöhnlich 2—4 Tracheensträuge. 

Bei den Langwurzeln (Geisenheimer Bericht 1905, S. 124) wurde 
der Entwicklungsgang der ernährungsphysiologisch wichtigeren 
Schichten: Epiblem, Hypodermis uud Endodermis etwas genauer 
verfolgt. Ohne auf die Einzelheiten dieser Beobachtungen einzugehen, 
sei hier nur kurz angedeutet, wie sich die genannten Schichten bei 
jüngeren Sylvanerwurzelu verhalten. Die Morphologie der Schichten 
ist schon früher beschrieben. 

Das Epiblem bedeckt als lebendes Gewebe im allgemeinen nur 
eine 8—10 cm lange apikale Region. Bei jüngeren Wurzeln mit 
lebhaftem Spitzenwachstum ist diese Zone länger, bei älteren Wurzeln 
oft noch kürzer. Beim Abschluß des Längenwachstums im Herbst 
wird das Epiblem anscheinend in allen Fällen auf der ganzen Wurzel 
funktionslos. Im Sommer fand ich das Epiblem an Wurzeln von 
15—40 cm Länge in den älteren Partien zwar noch erhalten, aber 
ohne lebenden Plasmainhalt. 

Die Interkutis verkorkt schon in einem Spitzenabstand von etwa 
1 cm im ganzen Umkreise der Wurzel. Relativ kleine, unverkorkte 
Durchlaßstreifen entwickelt sie in den jeweilig jüngsten Regionen 
der Wurzel in verhältnismäßig geringer Zahl. Bei längeren, schon 
reichlich mit feinen Zweigen besetzten Wurzeln vermochte ich selbst 
an den jüngeren Partien der Interkutis unverkorkte Stellen nicht 
mehr aufzufinden. An älteren Teilen der Wurzeln, die kurz vor 
dem Abstoßen der Primärrinde stehen, wird die Interkutis strecken¬ 
weise durch Verkorkung der angrenzenden Parenchymzellen auf 
2—0 Schichten verstärkt 

Während also die Hypodermis die Wurzel fast auf ihrer ge¬ 
samten Länge mit einer Art Korkabschluß versieht, bleibt die Endo¬ 
dermis relativ lange im Primärstadium. Bei einer 15 cm langen 
Wurzel zeigten sich zum Beispiel verkorkte Stellen (Sekundärstadien) 


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Belicht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologi.seheu Versuchsstation. 209 


erst in einer Region von 14.5 cm Spitzenabstand; bei einer älteren, 
32 cm langen, stark verzweigten Wurzel, deren jüngste Seitenwurzeln 
einen Spitzenabstand von 7,5 cm hatten, lagen sie etwa 8 cm hinter 
der Spitze. Gewöhnlich scheint der Korkabschluß der Endodemiis 
unmittelbar vor der Kambiumbildung zu erfolgen. Die Interme¬ 
diärzone, in der über den Tracheen Durchlaßstreifen, über den Sieb¬ 
strängen verkorkte Eudodermzellen liegen, fand ich immer relativ 
kurz. An ihre Stelle tritt sehr bald die Sekundärzoue mit allseitiger 
Verkorkung der Endodemiis. Wo dieser Prozeß eintritt, findet sich 
auch die Differenzierung des Kambiums im vollen Gange. Die weitere 
Entwicklung führt dann rasch zum Abwerfen der primären Außen¬ 
rinde, womit der Primärzustand der Wurzel seinen Abschluß er¬ 
reicht hat. 

Die Länge der Primärwurzelzonen ist je nach dem Alter der 
Wurzeln verschieden. Länger als 20 cm scheint sie aber selbst bei 
jungen, lebhaft wachsenden Langwurzeln nicht zu werden, wenigstens 
gilt dies für Sylvaner. Für die eigentliche Absorptionstätigkeit 
der Wurzeln kann aber nicht diese ganze Strecke, sondern nur die 
mit lebendem Epiblem besetzte apikale Region, die über 10 cm Länge 
kaum hinausgeht, in Frage kommen. 

Die Sekundärstadien der Wurzel werden durch die Differenzie¬ 
rung des Kambiums eingeleitet. Die bereits im Primärzustande der 
Wurzel peripher gelagerten Siebstränge werden dabei noch weiter 
nach außen gerückt, während die Tracheenstränge, noch bevor das 
Kambium lebhaftere Tätigkeit entfaltet, seitlich an Breite gewinnen 
und zu einem geschlossenen Hohlzylinder verschmelzen. In dem 
jungen Holzkörper sind die Markstrahlen zunächst relativ schmal. 
Etwa gleichzeitig mit der Ausgestaltung des Kambiums an der Innen¬ 
seite des Pericvkels wird an der Außenseite desselben unmittelbar 
unter der Endodemiis ein Phellogen angelegt, von dem eine anfäng¬ 
lich schmale, oft nur 1 — 2 Zellreihen starke Korkschicht erzeugt 
wird. Die Außenrinde wird darauf sehr bald abgestoßen; z. B. war 
sie bei einer 35 cm langen, relativ jungen Langwurzel hinter einer 
Region von 17 cm Spitzenabstand nicht mehr vorhanden. Den 
peripheren Abschluß der Wurzel bildet nach dem Abwerfen der 
Rinde eine dünne Korkhaut, deren äußerste Schicht die allseitig 
verkorkte Endodemiis bildet. Die einzelnen Endodermzellen erfahren 
jetzt eine sehr beträchtliche, tangentiale Dehnung und bleiben in 
diesem Zustande noch relativ lange an der Wurzel erhalten. 

Noch bevor die primäre Außenrinde abfällt, beginnt im Pericykel 
ungefähr gleichzeitig mit der Entstehung des Kambiums die Ab¬ 
lagerung von Reservestärke. Im Primärzustande fehlt die letztere 
vollkommen, während sie mit der Einleitung des Dickenwachstums 
sofort auftritt Selbst bei jungen, eben bewurzelten Sylvanerblind¬ 
reben, die erst schwache Laubtriebe gebildet hatten, bemerkten wir 
diese Art der Stärkeverteilung, so daß also die jüngeren, primär 
gebauten Teile der Wurzel gänzlich stärkefrei, ihre älteren Zonen 
von sekundärem Bau stärkehaltig gefunden wurden. In die Endo- 
dermis und die Primärrinde tritt der Stärkestrom niemals über, auch 

(icM'Onheiiuer Bericht 1'. 


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III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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die Siebgmppen bleiben anfänglich stärkefrei. Im Zentrum der 
Wurzel speichert dagegen das hier liegende, markähnliche Parenchym¬ 
gewebe ebenfalls Stärke in ziemlicher Menge. 

Über die Struktur mehrjähriger Wurzeln sei nur das folgende 
bemerkt. Zwei- bis dreijährige Langwurzeln werden von einer relativ 
dünnen Korkschicht umschlossen. Beim Sylvaner führt diese stellen¬ 
weise nur 2 Zellreihen, kann aber auf 6 und mehr Schichten an- 
vvachsen. Die Rinde solcher Wurzeln enthält, wenigstens bei im 
Herbst ausgegrabenem Material, auffallend viel Stärke, die in den 
äußersten Schichten der Rinde anscheinend in etwas größerer Menge 
als in der Innenzone der Rinde augehäuft ist. über den Sieb¬ 
gruppen liegt sie hier zuweilen dichter als in den Rindenstrahlen. 
Der Holzkörper speichert ebenfalls Stärke, jedoch nicht in so großen 
Massen wie die Rinde und vorzugsweise in den Markstrahlen. 



X 


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Fig. 41. Querschnitt einer dreijährigen Sylvanerwurzel. Lupenbild. Vergr. 1 :13. 
Die dunkelgehaltcnen Teile (t) sind abgestorben und durch eine Korkschicht (k> 

isoliert. 

Auffallend ist die relativ große Anzahl raphidenführender Zellen 
im Gewebe der Mark- und Rindenstrahlen. Auf die genauere Charakte¬ 
ristik der Einzelelemente des Holzkörpers, der ebenso wie in der 
Achse stärkespeichernde Ersatzfasern enthält, soll hier nicht ein¬ 
gegangen werden. Dagegen sei noch kurz erwähnt, daß öfter ein 
eigenartiger Abschluß älterer, abgestorbener Gewebekörper von 
jüngeren, lebenden Partien der Wurzel beobachtet wurde. Er er¬ 
folgt durch nachträgliche Entstehung von Korkschichten, die manch¬ 
mal über eine ganze Flanke der Wurzel hinwegziehen. Ältere Ge¬ 
fäße werden im absterbenden Wurzelholze durch stark verkorkte 
Thvllen und durch Wundgummi völlig verstopft 

3. Untersuchungen über das Diaphragma der Rebe. 

Es ist eine in der Praxis weit verbreitete Meinung, daß dem 
Diaphragma, d. h. der Querscheidewand, welche im Knoten des Reb- 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzen physiologischen Versuchsstation. 211 


holzes das Mark zweier aufeinander stoßender Internodien trennt, 
für das Leben der ,R&be eine große Bedeutung_ zu komme. Das 
Diaphragma soll nach Ansicht vieler Draktiker als Eppicherorgan 
von besonderer Wich tigkeit sein, und man glaubt deshalb, bei den 
verschiedensten, im Laufe des Jahres im Weinberg auszuführenden 
Arbeiten auf diese Bedeutung des Diaphragmas Kiicksicht nehmen 
zu müssen. Andrerseits schreibt man den Diaphragmen auch einen 
gewissen diagnostischen Wert für die Bestimmung der Rebsorten zu, 
wie u. a. eine Bemerkung iw-Bahn lind Mach, Handbuch des Wein¬ 
baues, II. Aufl., S. 11, beweist. Es Avird hier auf den Unterschied 
in der Uiokß-dcE— Qiiiphrngtnpn a ufmerksam _ gemflclit. Vitis Kißaria 
bildet z. B. sehr dünne, Vitis vinifera stärker e. Vitis aestivalis und 
besonders Viti s lah msca sehr kräftige Diaphragmen. 

Eine genauere Untersuchung der Diaphragmen erschien daher 
zAveckruäßig, um so mehr, als einige Versuche über das Bluten der 
Reben, über die im vorigen Jahre berichtet Avurde, diese Beob¬ 
achtungen noch besonders nahe legten. Die Bearbeitung übernahm 
Dr. Gerneck. 

Zur Untersuchung Avurden im ersten Jahre stehende, im Herbst 
geschnittene Reben der Sorten: Riesling, Sylvaner, blauer Burgunder, 
Riparia Gloire de Montpellier, Solonis und des Bastardes Riparia X 
Rupestris G 12 benutzt. 

Im allgemeinen zeigt das Diaphragma bei Reben dieses Alters den 
nachstehend beschriebenen Bau. Die _Z*44en des Diaphragmas sind 
sämtlich bis auf einige Avenige, Aveiter unten zu besprechende Aus¬ 
nahmen igbend; sie führen lebendes Protoplasma, und in jeder ist 
mit Hilfe-_vun Färbungen leicht der Zellkern festzustellen. Die 
ZellAvände sind stark verdickt, und zwar sind sie gcAvöhnlich ebenso 
stark wie die Membranen der Holzparenchymzellen: stets sind sie/ 
von zahkoieheuJUipfeln durchbohrt. Mit Hilfe von Phloroglucin -f- 
Salzsäure oder Anilinsulfat läßt sich nacliAveisen, daß die Wandungen 
der Diaphragmazellen in allen Fällen, sobald die Rebe ausgewachsen 
ist, verh olzt sin d. Wie schon erwähnt, finden sich in den Diaphragmen 
des Herhstliolzes einige tot£_J£dleu. Diese abgestorbenen Zellen 
dienen stets als Speicher für Kalkuxulat, das in Form von Raphiden- 
bündeln daselbst abgelagert ist. Stets sind die Wände dieser Kalk¬ 
oxalatzellen verkorkt. Diese Raphidenzellen ließen sich in mehr oder 
Avoniger großer Zahl bei allen von uns untersuchten Vitisarten be¬ 
obachten. Die einzelnen parenchynuitisch gestalteten Zellen des 
Diaphragmas stoßen Lückenlos, ohne Intercellularen zAvisehen sieh zu 
lassen, aneinander. 

Merkbare konstante Unterschiede in der Zellstruktur und Zell- 
größe des Diaphragmas ließen sich bei den untersuchten Sorten 
nicht feststellen. Dagegen ist die Gw samthrnit o des Diaphragmas 
bei den verschiedenen Rebsorten verschieden. Das Diaphragma ist 
schmal bei Riparia Gloire de Montpellier und Solonis, nur wenig 
breiter bei Riparia x Rupestris (r 12, bei Riesling. Sylvaner und 
blauem Burgunder aber relativ breit. 

Besonders Avurde auf die Fülligkeit und das Mall der Stärkc- 

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III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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Speicherung im Diaphragma geachtet. Um sichere vergleichbare 
Resultate zu erhalten, wurden nur sehr kräftige, gesunde und voll¬ 
kommen ausgewachsene, einjährige Reben vom Jahre 1905 benutzt 
und die anatomischen Untersuchungen erst im Spätherbst nach Ab¬ 
schluß der Vegetationsperiode angestellt. D . ie -m ikr os kop isc he n Beob- 
achtungen führten ?n folgendem Ergebnis: Bei sämtlichen zur Unter¬ 
suchung gelangten Rebsorten stellt das gesamte Holz einen einzigen 
großen Reservebehälter dar. Alle lebenden Elemente des Holzes 
sind in reichem Maß e mit Stärke ungefüllt, besonders, stark—speichern 
die Zelle n der Markstrahlen Stärke. Die verschiedenen Regionen 
dienen in gleichem Maße zur Stärkespeicherung, nur das Auge und 
die demselben benachbarte Holzregion ist stets in erhöhtem Grade 
zur Stärkespeicherung herangezogen; hier erhöht sich die Menge 
der abgelagerten Reservestärke noch gegenüber den anderen Teilen 
der Rebe. Während also das Holz bei den verschiedenen unter¬ 
suchten Rebarten stets sehr reichlich Stärke speichert, verhält sich 
das Diaphragma betreffs der Stärkeablagerung recht verschieden bei 
den verschiedenen Vitissorten. Sehr stärkereich ist das Diaphragma 
bei Riparia Gloire de Montpellier: alle Diaphragmazellen führen hier 
reichlich Stärke, und zwar, soweit sich nach mikroskopischen Beob¬ 
achtungen beurteilen läßt, ebensoviel oder nur um ein Geringes 
weniger als die Holzzellen. Blauer Burgunder und Solonis besitzen 
ziemlich stärkereiche Diaphragmen; jedocheothallen dinDiaphragma- 
Zgllen niemals die bedeutenden Stärkemengen, die im .Holze der 
beiden Rebarten abgelagert sind. Stets läßt sich dabei noch nach- 
weisen, daß die äußeren, ans Holz angrenzenden Diaphragmazellen 
weit stärkereicher sind als die innen gelagerten, die in mäßigerem 
Grade speichern, so daß also die Fähigkeit der Stärkespeicherung 
nach den inneren, vom Holze entfernteren Teilen des Diaphragmas 
stark abnimmt. 

Nur geringe Stärkespeicherung weisen die Diaphragmazellen 
von Riesling und Sylvaner auf; bei ihnen sind die innen gelagerten 
Zellen sehr arm oder selbst frei von Stärke, und nur den äußeren, 
dem stärkereichen Holz benachbarten Diaphragmazellen kommt die 
Fähigkeit einer schwachen bis mittelstarken Stärkespeicherung zu. 

Dabei macht sich jedoch noch ein bemerkenswerter Unterschied 
in der Verteilung der Stärke bemerkbar. Nur an der Augen seife 
wird in dem äußeren Diaphragmaring Stärke in größerer Menge ge¬ 
speichert, während an der gegenüberliegenden Seite der Stärkegehalt 
der Zellen relativ gering ist. Eine annähernd gleichmäßige Ver¬ 
teilung der Stärke findet dagegen statt, wenn dem Auge eine Ranke 
gegenüber steht. 

Das Diaphragma von Riparia x Rupestris G 12 ist stets so gut 
wie stärkefrei, nur einige in nächster Nachbarschaft des Holzes ge¬ 
legenen Zellen zeigen spärliche Stärkeeinschlüsse. 

Die Diaphragmen führen also bei den einzelnen Vitisarten ver¬ 
schiedene Mengen von Stärke, bei manchen Arten viel, bei anderen 
nur Spuren. Nur die Diaphragmazellen von Riparia Gloire de Mont¬ 
pellier speichern etwa ebensoviel Stärke wie die Zellen des Holzes; 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologisehen Versuchsstation. 21 •! 


bei allen übrigen zur Untersuchung gelangten Hebsorten war die 
Starkespeieherung im Diaphragma geringer, zum Teil sogar sehr viel 
schwächer als im Holze, wo immer eine ganz ansehnliche Stärke¬ 
ablagerung stattfindet. Selbst bei Riparia Gloire de Montpellier kommt 
die im Diaphragma abgelagerte Stärke gegenüber der im Holze ge¬ 
speicherten gar nicht in Betracht. Vergleicht man daher die großen 
Mengen von Stärke, die bei allen Vitissorten in sämtlichen Regionen 
des Holzes abgelagert sind, mit der Stärkemenge, die in den ins¬ 
gesamt doch nur einen kleinen Gewebekomplex bildenden Diaphragmenii 
liegt, so gelangt man notwendigerweise zu dem Schlüsse, daß die 
Diaphragmen für die Speicherung von Stärke gegenüber dem Holz« 
nur eine untergeordnete Rolle spielen. 

Es war noch die Frage zu entscheiden, ob eventuell.nennens- 
\v£XüL._Mongen von gelöstem Zucker während der Vegetationsperiode 
in den Diaphragmazellen Vorkommen. Zu diesem Zwecke wurden 
von frischem Holz verschiedener Rebsorten (Riparia Gloire de 
Montpellier, Sylvaner und Riesling) Schnitte liergesteilt und eine, 
Minute in kochende Fehlingsche Lösung gebracht. Dabei stellte 
sich heraus, daß im Diaphragma nur eine äußerst schwache Fällung 
von Kupfern x yd ul eintrat. Gegenüber den großen Mengen von 
Kupferoxydul, die in den lebenden Zellen des Holzkörpers aus¬ 
geschieden wurden, kamen sie kaum in Betracht. Das eigentliche 
Diaphragma scheint demnach, wie zu erwarten war, auch für die 
Wanderung von Zucker während der Wachstunisperiode größere 
Bedeutung nicht zu besitzen. Dabei mag betont werden, daß die 
Mengen an löslichem Zucker, die sich im Sommer im eigentlichen 
Rehholz finden, sehr beträchtlich sein müssen; auf diese Verhält¬ 
nisse werden wir bei anderen Untersuchungen zurückkommen. 

Für die Nährstoffspeicherung hat «las eigentliche Diaphragma, 
dessen Zellen andere als die genannten Reservestoffe nicht besitzen, 
nach diesen Beobachtungen wenig zu bedeuten. Hierfür spricht 
übrigens auch die Tatsache, daß die Diaphragmen der einzelnen 
Sorten in ihrer Größe sehr verschieden sind und bei einzelnen 
Arten sogar völlig fehlen. 

Eine bevorzugte Stellung in der Nährstoffansammlung nimmt 
nicht das Diaphragma, sondern das dem Diaphragma unmittelbar 
angrenzende Holz ein, allerdings nur auf der Augenseite; doch fällt 
selbst dieses Mehr an Reservestoffen gegenüber den großen Mengen 
von Stärke, die in den Intcrnodialzonen bei gut ausgereiftem Holz 
vorhanden sind, nicht allzu sehr ins Gewicht. 

Nicht unwesentlich für die physiologische Funktion der 
Diaphragmen dürfte eine anatomische Eigentiimlichki'it sein, die bei 
allen untersuchten Rebsorten zu beobachten war. Wie schon an 
anderer Stelle dieses Berichtes erwähnt wurde, sind die Diaphragmen 
bei einjährigem Herbstholz sowohl auf der Untorsiate wie auf der 
Oberseite gewissermaßen mit einer Korkplatte überzogen. Die 
iiußerstim, unmittelbar an das Mark angrenzenden Zellen verkorken. 
Bei einjährigem Herbstholz von Riesling fanden wir durchschnittlichJ£, 
stellenweise ;j—4 Zollreihen starke Korkschichten auf beiden Seiten 


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214 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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des Diaphrag mas. Eine scharfe morphologische Grenze bilden diese 
Korkscheiben nicht; sie sind daher auch nicht ohne weiteres, sondern 
erst nach Sud anfär bung wahrzunehmen. An die horizontal ver¬ 
laufenden Korkschichten der Diaphragmaränder setzen sich, wenigstens 
beim Riesling, stellenweise vertikal gerichtete Korkstreifen an, die 
ins Mark übergehen. 

Nach dem Holzkörper zu fehlt der Korkmantel im Diaphragma 
gänzlich, so daß also hier das lebende Gewebe des Holzes unmittelbar 
in das Diaphragmagewebe übergeht.” Die Diaphragmen bilden dem¬ 
nach wenigstens bei einjährigem Rebholz Br ücken lebenden Gewebes, 
in welchen ein seitlicher Stoffverkehr in beschränktem Grade statt¬ 
finden kann. Die Verkorkung der Diaphragmaränder scheint fin¬ 
den Haushalt der Pflanze in vielfacher Hinsicht zweckmäßig zu sein. 

4. Beiträge zur Morphologie der Blute von Pirus dioica 

Mönch.') 

Die in den letzten Jahren in Tages- und Fachzeitungen wiederholt 
auftauchenden Mitteilungen über einen in Amerika in größerem Ma߬ 
stabe kultivierten „kernhausloseu Apfel“ hatten verschiedene An¬ 
fragen an die Station zur Folge, die uns Veranlassung gaben, diese 
Notizen, soweit es nach dem Wortlaut des sehr populär gehaltenen 
Aufsatzes überhaupt möglich war, in einem kleinen Referat richtig¬ 
zustellen. Wir hielten uns dabei an eine Abhandlung, die in der 
populär - wissenschaftlichen amerikanischen Zeitschrift Scientific 
American, Bd. XCII No. 55, 100—102, unter dem Titel: „Ein blüten¬ 
loser, kernhausloser und wurmfreier Apfel“ erschienen war. Schon 
die dem Artikel beigegebenen Abbildungen zeigten, daß die Be¬ 
zeichnung „blütenlos“ jedenfalls unzutreffend war; nach der Be¬ 
schreibung mußte es sich vielmehr um eine Form mit apetalen 
Blüten handeln. Daher lag die Vermutung nahe, daß eine der 
Pirus dioica Mönch ähnliche Form oder diese selbst vorliegen 
könne, worauf auch Voss, der Herausgeber des Deutschen Garten¬ 
rats, schon aufmerksam gemacht hatte. 

Infolge unseres, in den „Geisenheimer Mitteilungen über Obst¬ 
und Gartenbau“ erschienenen Referates wurden der Station von drei 
verschiedenen Seiten 2 ) blühende Triebe einer Apfelbaumsorte zu¬ 
gesandt, die augenscheinlich völlig mit der in dem amerikanischen 
Berichte beschriebenen Form übereinstimmteu, und von den einzelnen 
Züchtern auch als „kernloser Apfel“ vor Jahren bezogen und kultiviert 
worden waren. Das Hauptcharakteristik um der Blüten war der 
völlige Mangel von Krone und Staubgefäßen. Auch die Beschaffen¬ 
heit des Gynoeceums war auffällig, so daß eine nähere Unter- 


') Müucli, Verzeichnis ausländischer Bäume uud Stauden des Lustschlosses 
Weilk'iistein Bei Kassel J7S5, 8. 87, tab. V. 

■-) Durch Vermittlung der Herren Richard Zorn, Hofheim a. Taunus, und 
Stadtseh ultheih Wiughofer, Rothenburg, denen wir auch an dieser Stelle unseru 
Dank aussprechen. 


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Belicht über die Tätigkeit der pflauzeuiihysivlogiselien Versuchsstation. 21”) 


suchung der Morphologie der Blüten angebracht war. Sie wurde 
vom Assistenten der Station, Dr. Schulz übernommen. 

Es handelte sich bei den übersandten Trieben um Zweige einer 
weiblichen Form des Apfelbaumes, wie sie schon lange, wenn auch 
unter verschiedenen Benennungen bei uns bekannt ist. Soweit uns 
die Literatur zugänglich war, ließen sich folgende Synonyma fest¬ 
stellen : 

Malus fructifcra, flore fugaci. I)u Hamei du Monccau. 
Abhandlung von Bäumen, Stauden und Sträuchern, welche in Frank¬ 
reich in freier Luft erzogen werden: übersetzt durch C. C. Oelhofeu 
von Schöllenbach, Nürnberg 1763, S. 5; Pirus Malus e) Malus 
apetala Münchhausen. Hausvater V. 1770, S. 247; Pirus 
dioica, Mönch, Verzeichnis ausländischer Bäume und Stauden des 
Lustschlosses Weißenstein bei Kassel 17S5, S. S7, tab. V, ferner 
Wildenow, Baumzucht, Berlin 1796, S. 262, d. C. Prodr. II, S. 635; 
Malus dioica, Medicus, Geschichte der Botanik, 1793, S. 78 und 
Wen zig, Die Pomaceen, Jahrbuch des Königl. botanischen Gartens. 
Berlin 1883, Bd. II, S. 291; Pirus pumila, 5) Feigenapfel, Koch, 
Dendrologie I,. 1869, S. 204; Malus paradisiaca f. dioica, Koehne, 
Dendrologie 1893, S. 259; Malus communis, ssp. mitis. b. dioica, 
Dippel, Handbuch der Laubholzkunde, III. 1893: Malus dasyphylla 
dioica. Beißner, Schelle und Zebel, Handbuch der Laubholz- 
beuennung, 1903, S. 185. 

Wie sich herausstellte, lagen uns Triebe von zwei verschiedenen 
Pflanzen vor, die nicht völlig miteinander übereinstimmten. Die 
Kothenburger Pflanzen weichen etwas von den aus Hofheim be¬ 
zogenen ab. Beide Formen stehen einander jedoch sehr nahe und 
sind beide zu Pirus dioica zu zählen. 

Vermutlich existieren noch mehrere Formen dieser Pflanze, 
z. B. eine, die im Bau des Gynoeceums nicht von den gewöhnlichen 
Rassen von Pirus Malus abweicht: die hier behandelten Formen 
hätten sonst nicht leicht übersehen werden können. 

Die genauere Charakteristik der Blüten soll an anderer Stelle 
veröffentlicht werden. Im Prinzip stimmt der Blütenbau bei beiden 
Formen überein. Von den Blüten des gewöhnlichen Apfelbaumes 
unterscheiden sie sich durch die Knospendeckung, die bei Pirus 
Malus offen, bei Pirus dioica quincuneial ist, durch den Mangel 
des Androeceums und die Polymerie des Gynoeceums. 

Bei den von uns untersuchten Formen ist das Gynoeceum 
syncarp, 10 — lögliedrig, unvollständig, unterständig in zwei über¬ 
einandergestellten Kreisen. Die Glieder des äußeren (oberen) Kreises 
sind teilweise oder ganz, selten nicht dedoubliert. daher 5—10 an 
der Zahl, paarweise je einem Gliede dos inneren Blütenhüllkreises 
superponiert. Der innere (unten*) Kreis ist fiinfzählig. mit dem 
Kelchblattkreise korrespondierend; der Griffel ragt zwischen den 
Gliedern des äußersten Kreises hindurch. Jedes Fruchtblatt besitzt 2, 
bei der Keife sieh nicht zu Samen entwickelnde Samenanlagen. 

Bei Pirus Malus L. ist das Gynoeceum dagegen fiinfzählig, 
syncarp. unterständig; die einzelnen Glieder stehen über den Kelch- 


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216 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 

teilen. Jedes Fruchtblatt besitzt zwei, sich zu Samen entwickelnde 
zentralwinkelständige Samenanlagen. 

Eigenartig ist die Polymerie des Gynoeceums bei den von uns 
untersuchten Formen von Pirus dioica, besonders da in der Gruppe 
der Pomaceen die Fünfzahl im Gvnoeceum sonst nicht überschritten 



Fig. 42. Blühender Trieb von Pirus dioica M. 

wird. Es scheint, als ob an Stelle des zweiten Staubblattkreises im 
Diagramm von Pirus Malus ein dedoublierter Fruchtblattkreis ge¬ 
treten ist, während der äußere Staubblattkreis und der sonst auch 
oft fehlende innerste Kreis unterdrückt wurde. Männliche Stämme 
von Pirus dioica sind bisher nicht bekannt geworden. Figur 42 
zeigt eine Blüte von Pirus dioica im Durchschnitt 

Die von Mönch (1. c.) beschriebene und abgebildete Form von 


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UMVER5ITY OF CÄLJFORNJ^ 




Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 217 


Pirus dioica unterscheidet, sieh von den hier behandelten Pflanzen 
hauptsächlich dadurch, daß sie nur ein fünfgliedriges (»ynoeceum 
besitzt. Da auch die von uns untersuchten Bäume, wie erwähnt, 
von einander verschieden sind, war es zweckmäßig, ihre Unterschiede 
klar zu legen und sie kurz zu beschreiben. Wir haben zu diesem 
Zwecke die Hofheimer Pflanze als Kasse Hofheim, die Kothenburger 
Pflanzen als Kasse Kothenburg bezeichnet. 

Die Kasse Hofheim wurde 1 MIT von Transon in Orleans als 
einjährige Veredelung einer aus Amerika stammenden und in Transons 
Kataloge als saus pepins aufgeführten Sorte auf Doucin bezogen. 
Sie hatte bis zum Jahre 1905 bereits zweimal geblüht, aber noch 
nicht getragen. 

Die Kasse Kothenburg wird schon seit länger als 20 Jahren in 
Kothenburg kultiviert und trägt jedes Jahr Früchte, von denen 
einzelne Exemplare der Station ebenfalls zugeschickt wurden. 

Kasse Hofheim: Blattspreite der blühenden Triebe rundlich bis 
länglich, am Ende plötzlich zugespitzt und meist gedreht. Blatt¬ 
hälften öfters ungleich. Spreite der mittleren Blätter der Triebe 
durchschnittlich .'{.00 cm lang und 2.00 cm breit: Verhältnis von 
Lütge zur Breite demnach 1 : 0.70. Blattrand klein gesägt. .'{—1 nun: 
1— 0,4 mm: Blütenstände 5—8 bliitig. Blütenstiele ca. 1,2 — 2 cm lang. 

Kasse* Kothenburg: Blattspreite der blühenden Triebe länglich, 
oft gegen die Spitze am breitesten, meist allmählich in den Blatt¬ 
stiel verschmälert, am Orunde meist ungleich. Spreite der mittleren 
Blätter der Triebe durchschnittlich 4.5 cm lang und 2.2 cm breit: 
Verhältnis der Länge zur Breite mithin 1 : 0,49. Die nach der 
Blütezeit sich vergrößernden Blätter erreichen im Durchschnitt eine 
Länge von 5.4 cm und eine Breite von 2.07 cm. zeigen also dasselbe 
Verhältnis zwischen Länge und Breite. Die Blätter der nicht blühen¬ 
den Triebe sind gewöhnlich größer als die der blühenden. Blatt¬ 
rand klein, kerbsägig. .“>—0.75 mm : 0,0 mm oder weniger. Blüten¬ 
stände .‘{—7, meist B—5bliitig; Blütenstiele ca. 0.0—1 cm lang. 

Wenn auch die beiden Bassen nach dem Vorangegangenen in 
der Blattform, der Blütenzahl der einzelnen Inflorescenzen und der 
Länge der Blütenstiele voneinander abweichen, so stimmen sie in 
der Beschaffenheit der Blüten doch im großen und ganzen überein. 

Die 5 Blättchen des äußeren Hüllkreises, welcher als Kelch 
aufzufassen ist, erscheinen, wie auch die Blütenstiele, bei beiden kraus 
behaart, gegen die Spitze zu kahler werdend. Die 5 an Stelle der 
Kronenblätter stehenden grünlichen Blättchen sind kleiner als die 
Kelchblätter, ebenfalls kraus behaart und gegen die Spitze kahler. 
Die Fruchtblätter, welche bei der Kasse Hofheim stets in der 
Anzahl 10 + 5 vorhanden waren, während bei der Hasse Kothen¬ 
burg im äußeren Kreis meist weniger festgestellt wurden, erscheinen 
im unteren (inneren) Kreise fast vollständig verwachsen, während die 
(Bieder des oberen Kreises nur seitlich, aber nicht in der Mitte 
Zusammenstößen, so daß (‘in zentraler Hohlraum gebildet wird, durch 
welche die (iriffel der unteren Fruchtblätter hindurchragen. 

Die Fruchtreife wurde bei der Kasse Kothenburg verfolgt. Beim 


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218 III. Bericht üln*r die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 

Hcranwachsen zur Frucht vergrößert sich hauptsächlich der unter 
den Fruchtblättern liegende Teil der Blütenachse und zwar derart, 
daß oft die unteren Karpelle zwischen die oberen gekeilt werden: 
dadurch kommen beide Kreise später fast in gleiche Höhe zu stehen. 
Meist bleibt aber ein Teil der oberen oder ein Teil der unteren 
Fächer unentwickelt. Die Samenanlagen werden nicht ausgebildet. 

Die Früchte, welche uns Vorlagen, waren meist ungleichseitig, 
nur 3,3—3,5 cm hoch, 3—3,5 cm breit, vom Stiel bis zum Kelch¬ 
ansatz 2,3—3 cm; Kernhaus im allgemeinen 2 cm hoch und 1,8 cm 
breit, nach oben zu am breitesten; die Kelchhöhle flacher als die 
Achselhöhle; Schale glatt, fettig glänzend, grünlich gelb oder gelb; 
Stiel kurz, verhältnismäßig dick. Geschmack mehlig süß. Blütezeit 
Anfang Mai; Fruchtreife Ende Juli. 

Die Rasse Rothenburg entwickelt also „kernlose'' Früchte. Das 
Kernhaus ist dagegen vorhanden und zeigt zuweilen noch Reste der 
verkümmerten Samenanlagen. Auf die physiologischen Vorbedin¬ 
gungen für die Entstehung derartiger Früchte hat schon Müller- 
Thurgau hingewiesen; vermutlich handelt es sich auch hier um 
eine nach vorangegangener Bestäubung, jedoch ohne Befruchtung 
erfolgte Fruchtbildung. Eigene Beobachtungen konnten wir nach 
dieser Richtung nicht anstellen, da wir von der Existenz der Bäume 
zu spät Kenntnis erhielten und die große Entfernung des Standortes 
das auch zu sehr erschwerte. Für die Praxis haben die Früchte 
der Rothenburger Rasse kaum irgendwelche Bedeutung, und es ist 
demnach nicht unwahrscheinlich, daß auch die von Amerika aus 
im Vorjahre wieder angepriesenen „kernlosen Sorten" ohne praktischen 
Wert sind. 


5. Untersuchungen Uber die Gärung der Bohnen. 

Die im vorigen Jahr eingeleiteten Untersuchungen über die 
Bohnensäuerung erlitten im Berichtsjahr leider eine unliebsame Ver¬ 
zögerung, da der frühere Assistent, Dr. Schulz, dem die Versuche 
übertragen waren, aus der Station austrat. Sie konnten erst ver¬ 
spätet durch Dr. Altmannsberger, den Nachfolger des Dr. Schulz, 
wieder aufgenommen werden. Die diesjährigen Versuche erstreckten 
sich auf die Reinkultur der Gärungsorganismen und Beobachtungen 
über die Einwirkung der letzteren auf sterilisierte Bohnen. Über 
die Ergebnisse kann erst später berichtet werden. 


B. Sonstige Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 

1. Verkehr mit der Praxis. Kleinere Untersuchungen. 

Der Verkehr der Station mit der Praxis hat im Berichtsjahre 
zmrenommon. Außer der Beantwortung von Anfragen lag der Station 
häufiger die biologische Kontrolle von Obst- und Gemüsekonserven 
und die mikroskopische Untersuchung von Weinen ob. Haupt¬ 
sächlich gelangten trübe Weine zur Beurteilung. Mit gutem Erfolge 


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Bericht über die Tätigkeit der pflanzenphysiologischen Versuchsstation. 219 


wurde vom Berichterstatter für diese Untersuchungen die Benutzung 
der Zentrifuge eingeführt. Gegenüber dem anfänglich benutzten 
Sedimentierungsverfahren, bei dem die Weine in Spaethschen Sedi- 
meutiergläsern zum Absetzen gebracht wurden, bietet diese Methode 
erhebliche Vorteile, weil die Trübungskörper mit Hilfe der Zentri¬ 
fuge in kürzester Zeit ausgeschleudert werden, ohne daß die Gefahr 
einer Infektion und Veränderung der Organismenflora des Weines, 
wie sie beim Sedimentieren leicht eintreteu kann, vorhanden wäre. 
Allerdings gelingt es auch mit Hilfe der Zentrifuge nicht in allen 
Fällen, die Weine zum Absetzen und zur Klärung zu bringen. Man 
ist in solchen Fällen gezwungen, die Weine direkt ohne weitere 
Vorbehandlung zu untersuchen. 

Für die Analyse der im Sediment Vorgefundenen Trübungs¬ 
körper wird zur Zeit ein Verfahren ausgearbeitet, welches sich an 
die bekannte Trüpfchenkultur nach Lindner anlehnt. Nach den 
bisherigen Ergebnissen scheint dieses Verfahren auch für die biolo¬ 
gische Kontrolle der Weine sehr brauchbar zu sein. 

2 . Kurse in der Versuchsstation. 

a) Um Personen, welche bereits mit der uötigen Vorbildung 
versehen sind, Gelegenheit zu geben, sich über in das Gebiet des 
Wein-, Obst- und Gartenbaues einschlagende wissenschaftliche Fragen 
zu informieren, beziehungsweise weiter auszubilden oder aber selb¬ 
ständige wissenschaftliche Untersuchungen auszuführen, sind in der 
Versuchsstation sogenannte Laborantenkurse eingerichtet. Im Laufe 
des verflossenen Etatsjahres arbeiteten als Laboranten die Herren: 
Bruno Geipel aus Stettin, Fritz Herse aus Großlichterfelde, 
Alfredo Marone aus Pinerolo bei Turin, Elias von Dschandieri 
aus Tiflis, Hans Kernpinski aus Berlin. 

b) An dem Unterrichtskursus über „Gärungserscheinungon, An¬ 
wendung von reingezüchteten Hefen für die verschiedenen Zwecke 
der Weinbereitung, sowie über Weinkrankheiten“, welcher vom 
19. Juni bis 1. Juli abgehalten wurde, beteiligten sich 40 Herren 
und zwar aus Preußen 2.4, aus Hessen 4. aus Bayern ö, aus Baden 
1, aus Luxemburg 1. aus Österreich 2, aus Italien 1. aus Spanien 2, 
aus Rußland 1. 

3. Vorträge. 

Von dem Berichteistatter wurden folgende Vorträge gehalten: 

1. „Grundregeln für die Konservierung der Gemüse.“ Auf der 
Gemüseausstellung der Kgl. Lehranstalt, am 8. Oktober 1905. 

2. „Die Bedeutung der Bodenbakterien für den Obst- und 
Gartenbau.“ Auf der Generalversammlung des Xassauischen Landes- 
Obst- und Gartenbauvereins in Idstein. 

3. „Über Entstehung und Behandlung von Weintrübungen.“ 
Auf der 10. Generalversammlung des Verbandes der Weinhändler 
des Rhein- und Maingaues in Wiesbaden, am G. Januar 190(5. 

4. „Über stickstoffsammelnde Organismen.“ In der Gartenbau¬ 
gesellschaft zu Mainz, am 12. Februar 190G. 


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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



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220 III Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 

4. Ausstellungen. 

Die Station beteiligte sich an der Gemüseausstellung der KOnigl. 
Lehranstalt in der Zeit vom 7. bis 9. Oktober 1905 mit einer 
größeren Kollektion von Spirituspräparaten, welche die Wurzel¬ 
en twieklung der einzelnen Gemüsepflanzen demonstrierten. Für 
sämtliche Präparate wurden die Pflanzen vorher besonders kultiviert 
und dann sorgfältig mit Hilfe eines feinen Wasserstrahles ausgespült. 
Die Wurzeltypen, die auf diesem Wege erhalten wurden, sollen 
später abgebildet werden. Zur Ausstellung gelangten außerdem eine 
Sammlung von Gemüsesamen, Apparate für Keimprüfung, Wasser¬ 
kulturen von Gemüsepflanzen und Kulturen von Gärungserregern. 

5. Neuanschaffungen. 

Von wertvolleren Neuanschaffungen sind zu nennen: 1 neues 
Wasserbad mit Iriseinstellungen: 1 Handzentrifuge: 1 Turbinenzen¬ 
trifuge, I Kursmikroskop, Seibert (i A: 1 Mikroskopierlampe nach 
Arthur Meyer: 2 Kompensationsokulare No. 12 und No. 14 von 
Seibert. 

Die Handbibliothek erfuhr eine wertvolle Bereicherung durch 
Überweisungen aus dem Nachlasse des verstorbenen Herrn Prof. 
Askenasy, Heidelberg. Den Herren Dr. Paul Askenasy, Nürn¬ 
berg, und Ingenieur Alexander Askenasy, Frankfurt a. M„ spricht 
der Berichterstatter für diese Zuwendungen den herzlichsten Dank aus. 

Die Station erhielt: 

Agardh, Speeies Genera et Ordines Algarum: Ascherson. 
Synopsis der Mitteleuropäischen Flora; d e Bar v, Morphologie 
und Physiologie der Pilze: de Bary, Anatomie der Vege¬ 
tationsorgane: (1 e Ba ry, Vergleichende Morphologie und Biologie 
der Pilze; de Bary, Vorlesungen über Bakterien: Bericht über die 
Senckenbergische naturforschende Gesellschaft vom Juni 1890 bis 
Juni 1891: de Candolle, Pmdromus: DölJ, Flora des Großherzogt. 
Baden: D ü 11, Kiieinisehe Flora: H a berl a n d t, Physiologische 
Pflanzenanatomie: „Justs Botaniseher Jahresbericht, 30 Bde.: Koch, 
Synopsis Florae Germanicae et Helvetieae: Flitzing, Speeies Alga- 
rum: Milde, Bryologia Silesiaea: Müller, Die Befruchtung der 
Blumen durch Insekten: Rahen hörst, Kryptogamenflora von Sachsen 
Bd. 1; Sachs, Ivxperimental-Physiologie: Schm i d t, Flora von Heidel¬ 
berg: Zimmermann, Die botanische Mikrotechnik; ferner eine 
größere Anzahl von Sonderabdrücken. 

Angekauft wurden: 

Delbrück & Sch rohe, Hefe, Gärung und Fäulnis: 

Flora, Bd. 1905: 

Ga u eh er, Veredelungen; 

Groß, Der praktische Gemüsesamenbau; 

Ha rz. Landwirtschaftliche Samenkunde : 

Jahrbuch für Wissenschaftliche Botanik, Bd. 1905: 

K üst or. Pathologische Anatomie: 

Lindau, Hilfshuch für das Sammeln der Ascomyceten, Bd. II. u.]ll; 


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UMIVERSITY OF CALIFORNIA 



Bericht über die Tätigkeit der pflanzen physiologischen Versuchsstation. 221 


Naturwissenschaftliche Zeitschrift für Land- und Forstwirtschaft, 
Bd. 1905; 

Schneider, Botanisches Wörterbuch; 

Sorauer, Handbuch der Pflanzenkrankheiten I—IV; 
Wendisch, Der Champignon. 


6. Neuanlagen. 

Die Station erhielt ein ca. 
ha großes, unmittelbar hinter 
dem Muttergarten der Anstalt 
gelegenes Versuchsfeld, welches 
für größere, sich über mehrere 
Jahre hinaus erstreckende Ver¬ 
suche über die Ernährung und 
vornehmlich die Erziehungsarten 
der Gartengewächse und ähn¬ 
liche Fragen bestimmt ist. Die 
Bepflanzung erfolgte im Früh¬ 
jahre 190t) nach dem neben¬ 
stehenden Plane. 

Fig. 13. Versuchsfeld der pflauzen- 
physiologischen Versuchsstation. 

7. Publikationen. 

Im Berichtsjahre wurde veröffentlicht: 

1. K. Kroemer. „Kleine Feinde unserer Obst- und Gemüse¬ 
produkte“ Geisenheimer Mitteilungen über Obst- und Gartenbau. 
1905, S. 81 ff. 

2. K. Kroemer, „Empfehlenswerte Mikroskope für die Betriebs¬ 
kontrolle in der Kellerwirtschaft.“ Weinbau und Weinhandel. 
1905, No. 22. 

3. K. Kroemer, „Neue Einrichtungen zur Untersuchung des 
Wurzellebens.“ Geisenheimer Mitteilungen über Obst- und Garten¬ 
bau. 1906. Heft 2. 

4. K. Kroemer, „Weintrübungen.“ Mitteilungen über Wein¬ 
bau und Kellerwirtschaft. 1906, Heft 2 und 3. 

5. R. Schulz: „Der Apfel ohne Kernhaus.“ Geisenheimer 
Mitteilungen über Obst- und Gartenbau. 1905, S. 56. 

8. Personalrcrändcrungen. 

Am 1. Oktober trat der seitherige Assistent Dr. Richard 
Schulz aus der Station aus. Sein Nachfolger wurde I)r. Carl 
Altmannsberger, Volontär-Assistent der Kaiserl. Biologischen 
Anstalt für Land- und Forstwirtschaft in Dahlem. Vom 2. Januar 
ab war Obstbaulehrer Gottfried Lichnu als Volontär-Assistent an 
der Station tätig. Der Sekretär der Station Herr Peter Gootz ver- 


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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 




222 UI. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 

ließ seine Stellung am 1. Oktober 1905. Sein Nachfolger wurde 
Karl Riihl, an dessen Stelle am 1. März 1906 Herr Theodor 
(iroß, früher an der Großherzogi. Hessischen Landwirtsehaftl. Ver¬ 
suchsstation in Darmstadt, trat. 


Bericht 

über die Tätigkeit der önochemischen Versuchsstation. 

Erstattet von Dr. C. von der Heide, Vorstand der Versuchsstation. 


1. Untersuchung von reinen Naturweinen des Jahres 190J 
aus den preußischen Weingebieten. 

Über die Witterungsverhältnisse dieses Erntejahres wurde das 
Nötige schon im vorjährigen Bericht, auf den ich hier verweise, 
gelegentlich der Besprechung der Weinuntersuchungsergebnisse gesagt. 
Die Weine des Jahres verdienen im Durchschnitt mindestens das 
Prädikat gut bis sehr gut, wie schon die hohen Mostgewichte und 
die niedrigen Säurezahlen haben voraussehen lassen. Die Weine 
wurden als Jungweine, also nach dem 1. Abstiche, der Analyse 
unterzogen. 

Die gesamten Analysenres altate werden vollständig in der 
Sammlung: „Arbeiten aus dem kaiserlichen Gesundheitsamte — Berlin", 
publiziert werden. Hier möge nur ein kurzer Auszug über die Rhein- 
gauer, Mosel- und gesamten preußischen Rotweine Platz finden. 



n: 

Spez. 

Gewicht 

Alkohol 

Gesamt- 

Säure 

Nicht 

flüchtige 

Säure 

Milch¬ 

säure 

Ges. 

Wein¬ 

säure 

Freie 

Weinstein¬ 

säure 

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B j ? 

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W e i i > w c ine: 
a) Rheingau . 

Ri Mosel . . . 

Tv ot w e i n o . 

74 

ö7 

9 

0.9020 : 1,0488 
0.9940 1,0002 

0,9927 0.9992 

7.1*11.57 
0.27 8,91 

6,59, 9,03 

i 

0.49 1.13 
0.59 1.02 

i 

0,4S,0,60 

0.43 

0,51 

0.39 

1.0 i 
0,98 

0,54 

0,04 

0,06 

0,06 

0,40 

0,44 

0,25 

! 

0,0780,428 

0,039^.43.) 

0,154 0,477 

! 

— 0,3t» 

— jo ,221 

— jo,165 



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Weinstein 

f \ S 

An alkal. 

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ai Klieingau . 

74 

0.0Ü9 0.229 

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I.i M.^ef . . 

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— o.2un 

— 0.229 

Rotwein** . 

9 

;0.094 0.477 

— 0,170 


Extrakt 

nach Ah/inr nach Abzug- nach Ahzii}? 
dos ( 1 . fliuhtif;. <1. Gesamt- 

Zuckors Säure säure 

^ 's |Y 

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= , X p | X p | X 

Alk.- 

ülyc. 

Verhält¬ 

nis 

Mineral¬ 

bestand¬ 

teile 

Alkalität 

der 

Asche 

5* 

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X 

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ES 

P 

X 

r?i 

s 

p 

* 

' i ! 1 

2.08 5,36' 1.42 4,59; 1,43 4,48 
1,99 3,23 1,35 2,47 1.30 2,41 

2,1S 2,67 1.64 2,26j 1.58 2,16 

7.2 
8,5 

7.3 

14,6 

14,5 

11,1 

0.140 

0,120 

0,203 

0,306 

0,226 

0,288 

i 

0,651,70 

1,002,20 

1,252,10 


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UNIVERSJTY OF CALIFORNIA 







Bericht über die Tätigkeit der önochpmi>ehen Versuchsstation. 


223 


Den gesetzlichen Mindest-Extraktgehalt von l.ß g in 100 ccm 
erreichte ein einziger Weißwein aus Camp-Bornhofen mit 1,580 nicht. 

Nach Abzug der nicht flüchtigen Säure verblieb unter den ge¬ 
setzlichen 1,1 g: Derselbe Weißwein aus Camp-Bornhofen mit 
1.00 g. einer aus Feils a Saar mit 0,81 g, und einer aus Boppard 
mit 1,05 g. 

Aach Abzug der (lesamtsäure verblieb unter dem gesetzlichen 
Extraktgehalt von 1 g nur der schon erwähnte Weißwein aus 
Feils a/Saar mit 0,75 g. 

Weniger als 0,13 g Mineralbestandteile, wie dies das Gesetz 
verlangt, enthielten: ein Weißwein aus Ganzem a Saar mit 0,110 g, 
2 Weißweine aus Wittlich a/Mosel mit 0,120 g und 0,120 g. und 
einer aus Caub mit 0,123 g. 

Die Rotweine entsprachen alle den gesetzlichen Bestimmungen. 


2. Untersuchung der Moste des Jahres 1905. 

Das Jahr 1005 begann für den Weinbau mit ebenso glücklichen 
Zeichen wie das vorhergehende. Der Winter war ziemlich mild. 
Im Frühjahr traten zwar im Rheingau stellenweise Nachtfröste auf, 
so daß die Reben, besonders in niederen Lagen. Not litten. Doch 
erholten sie sich überraschend schnell und setzten Frucht an. Die 
Blüte verlief rasch und günstig. Der Fruchtansatz an den sehr 
zahlreichen Gescheinen war gut. Während der heißen Jahreszeit 
fehlten im Rheingau die Niederschläge fast vollständig. Infolgedessen 
blieben unsere Weinberge von der Peronospora verschont. Ganz 
anders gestaltete sich die Sachlage an der Mosel. Es gingen dort 
zahlreiche Gewitterniederschläge nieder, so daß die Peronospora die 
günstigsten Bedingungen zur weiten Ausbreitung vorfand. In der 
Tat hat die Mosel seit langem durch die Blattfallkrankheit, die diesmal 
auch die Kämme und Stiele befiel, keinen so großen Ernteausfall 
erlitten, wie dies Jahr. Es zeigte sich auch hier wiederum, daß 
ein versäumtes rechtzeitiges, erstes Spritzen selbst durch 3-, 5- 
und 8 maliges späteres Spritzen nicht ersetzt werden kann. Auch 
im Rheintal war die Krankheit noch zu bemerken. Im Rheingau 
berechtigten die Trauben im Anfänge des Herbstes zu den besten 
Hoffnungen. Eintretendes und andauerndes Regenwetter verminderte 
aber schließlich die Aussichten auf einen hervorragenden Qualitäts¬ 
wein. 

Während die (Rite der Moste gegen das Vorjahr etwas zuriiek- 
blieb. wurde an Menge bedeutend mehr geerntet. Die Winzer sind 
mit dem Ernteergebnis sehr zufrieden. Die Weine versprechen 
angenehme, spritzige' Getränke von etwas flüchtiger Art zu worden. 

Leider wurden auch in diesem Jahre in der Nähe der vorjährigen 
Verseuchungsgebiete am Morschberg neue Reblausinfektionen von 
allerdings geringem Umfang«' festgostellt. 

Auf Ansuchen wurden der Station von einer großen Anzahl 
Weingutsbesitzer und Winzer Mostproben aus den verschiedenen 
Weinbaugebieten überlassen. 


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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



224 


III. bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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Eingesandt und untersucht wurden 405 Mostproben: sie verteilen 
sich auf die verschiedenen Weinbaugebiete folgendermaßen: 


Weißweinmoste: 


Rheingau. 

171 

Rheintal, rechtsrheinisch 

27 

,’ linksrheinisch . 

3 

Weinbaugebiet der Mosel 

50 

.. Nahe 

15 

.. Saar . 

14 

., „ Lahn 

1 

Sonstige Weinbaugebiete 

5 


205 


B. Rotweinmoste aus ver¬ 
schiedenen Weinbau¬ 
gebieten . 10 (darunter 5 von der Ahr). 

Zusammen 305. 



Weinbaugebiet hezw. 

Anzahl 

der 

unter¬ 

suchten 

Moste 

Mostgewi eilt 

Säuregehalt 

C 

Gemarkung 

Minimum 

Maximum 

Minimum 

Maximum 

1. 

A. We i ß w e i n - M ost e: 
Rheingau. Eibingen . . 

26 

r> 2 ,:> 

85,0 

10.0 

17.2 


Erbach . . . 

4 

S4,0 

95,5 

<.) 

9.7 


Geisenheim . . 

45 

72,0 

11.4,0 

7.0 

13.1 


Hattenheim. . 

3 

83.0 

92,7 

8.3 

1H,1 


Hochheim . 

1 

(95,5) 

— 

(10,5) 



Johannisberg . 

1 

(SS.(I) 

— 

(11,7) 

— 


Kiedrich. . . 

1 

(92.3) 

— 

(10,7) 

— 


Lorch . . . 

4 

(3!M) 

74,0 

8,0 

9.0 


Mittelheim . . 

12 

70.0 

91,8 

8,2 

11,3 


i »strich . . . 

21 

74.0 

95,5 

8,2 

12.5 


Kiidesheim . . 

42 

SO 3 

110.7 

7.3 

11 .s 


Winkel . 

11 

Si »,o j 

90,0 

8 0 

11,2 

o 

Rheintal, rechtsrheinisch 

27 

51,(j 

90,0 

7.3 

15,0 

3. 

linksrheinisch 

3 

04.0 

77,0 

10.4 

12.7 

4. 

Weinbaugebiet der Mosel . 

59 

00,0 

85,9 

9.3 

10.7 

Tu 

,, .. Nahe . 

15 

08.0 

90.0 

8,0 

12.0 

0. 

.. .. Saar 

14 

57,0 

80,9 

10,1 

13.0 

i. 

,, Lahn 

1 

(0*7.;)) 

— 

(12,0) 

— 

8. 

Sonstige Weinbaugebiete . 

r> 

02.5 

73.0 

8,4 

11 7 

<). 

B. Rotwein-Moste: 

Aus verschiedenen Wein- 
bange bieten . 

10 

00.1 

82,0 

9.0 | 

14, s 


Ferner wurde eine größere Anzahl von Mosten untersucht, 
welche von veredelten Reben (Sylvaner und Riesling auf ameri¬ 
kanischen Unterlagen) herrührten; sie entstammten der Reben- 


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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 





Belicht über die Tätigkeit der önochemischen Versuchsstation. 


225 


Veredelungsstation der Königl. Lehranstalt zu Eibingen. Die Most¬ 
gewichte und der Säuregehalt waren folgende: 


No. 

Traubensorte 

Zeit der Lese 

Most- 
gewicht 
(° Öchsle) 

Säure 

0 ' 

0 

1. 

Sylvaner auf Riparia. 

27. 

Oktober 

«7,0 

10,2 

2. 

•' . 

27. 


«6,0 

10,7 

3. 

i» ♦* . 

27. 

,, 

70.0 

10.2 

4. 

.. Solonis. 

27. 


64,0 

10,4 

5. 

,. „ Rupestris. 

27. 


81,0 

10,0 

6. 

(gemischte Veredelung) . . 

27. 


«7,0 

12,0 

t. 

Riesling auf Solonis. 

27. 

- 

77.0 

15,7 

8. 

, ,, . 

27. 

•* 

73,0 

17,0 

9. 

,, . 

27. 


SO. 5 

13,4 

10. 


27. 

.. 

81,0 

17,2 

11. 

,, ,, .. . 

27. 


74.0 

15,1 

12. 

,, ., . 

20. 

September 

83,0 1 

10,0 

13. 

,, .. Riparia. 

27. 

Oktober 

78,0 

14,3 

14. 

,, ,, . 

27. 

,, 

79,0 | 

13,6 

15. 

„ ,, . 

27. 

M 

78,0 

13,0 

10. 


27. 


70.0 ; 

15.5 

17. 

,, ,, . 

27. 


78,0 | 

15,9 

18. 

., . 

20. 

September 

81,4 i 

13,4 

19. 

.. fork Madeira .... 

27. 

Oktober 

70,0 | 

12,1 

20. 

., Gutedel und Riparia . . 

27. 

i 

83,0 ! 

15,0 

21. 

(gemischte Veredelung) . . 

27. 

! 

70,0 ; 

14.0 

22. 

auf Rupestris ...... 

•)- 

! 

70,0 ! 

15.7 

2:1’ 

,, Rupestris metalliea . . 

27. 

•* i 

82,5 | 

13,4 

24. 

.. Riparia und Rupestris . 

27. 


85,0 1 

14,1 

25. 

,, ., Amarencis. 

27. 


83,5 i 

14,1 

20. 

., ,, Riparia Portalis . . . 

2 *. 


79.5 ; 

13,8 


3. Untersuchung von Weinbergsböden aus den Versuchs¬ 

pflanzungen mit amerikanischen Reben. 

In diesem Jahre wurden 4 Weinbergsböden de* - Untersuchung 
unterzogen, und zwar aus Hochheim zwei, Steinberg und Riidesheim 
je einer. Bei dem ersten Boden von Hochheim wurde Ackerkrume 
und Untergrund gesondert, bei den übrigen 3 Böden zusammen 
analysiert. 

Die Ergebnisse der Unsersuchung waren folgende: 

(Siehe Tab. S. 22Ö.) 

4. Über die Bestimmung der flüchtigen Säure im Wein. 

Die offiziellen Angaben über die Apparatur bei der Bestimmung 
der flüchtigen Saure sind zu allgemein gehalten. Die üblichen 
Apparate für diese Bestimmung zeigen verschiedene kleine Mängel. 
Wir bemühten uns. einen möglichst einfachen, leistungsfähigen und 
dauerhaften Apparat herzustellen. Keine der einzelnen Verbesserungen 
ist unser geistiges Eigentum, höchstens die Kombination der Einzel¬ 
heiten zu einem organischen Ganzen. 

(icisenheimor Bericht 100.'». 


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15 


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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 























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226 III- Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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säure | 


’ Eisenoxvd : 


r* Tonerde 


© Calci um- 
oxvd 


Magne- 

sium- 

oxvd 


~ Kalium- 
: oxvd 


Schwefel- 
? säure- 
anhydnd 

Phosphor- 
5 säure- 
anhvdrid 


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Feuchtigkeit 

Glühverlust 

Kohlensäure 

Stickstoff 


Wasserkapazität nach 
A. Mayer 


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Laufende Nummer 



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. Mechanische Zusammensetzung. 







Bericht über die Tätigkeit der onochemischen Versuchsstation. 


227 


Als gewöhnlicher Wasserdampf-Entwickler ist üblich ein zer¬ 
brechlicher Glasballon oder ein Kessel aus Weißblech, der durch 
Oxydationsvorgänge rasch zerfressen wird. Kulisch bat wohl als 
Erster einen tauglichen und haltbaren Kessel aus Kupfer konstruiert. 
Wir haben letzteren noch dadurch verbessert, daß wir das Wasser¬ 
standrohr nicht wie früher, mit Gummischläuchen befestigten, sondern 
in eine haltbare Metallverschraubung einsetzten. Der Dampf kann 
vermittels dreier Hähne entnommen werden. Da besonders in der 
Hand ungeübter Arbeiter die Gefahr besteht, daß der Kessel bei 
geschlossenen Hähnen stark erhitzt wird und dann eine Explosion 
eintritt, so haben wir ein sehr einfaches Sicherheitsventil s angebracht. 
Aus dem Kessel führt ein offenes Röhrchen, das einfach mit einer 
Gummikappe verschlossen wird. Ein Überdruck wird die Stelle des 
schwächsten Widerstandes zuerst zerreißen, das ist aber auf jeden 
Fall dieser Gummi-Verschluß. 

Das Wasser, das möglichst kohlensäurefrei sein muß, wird durch 
die Verschraubung v in den Kessel gefüllt. 

Schließlich ist noch zu beachten, daß der Kessel k von dem 
Gehäuse g überall ungefähr 1 cm absteht, damit die heißen Gase 
längs der Kesselwand entlang streichen und durch die Abzugslöcher 1 
entweichen können. Gehalten wird der Kessel durch einen heraus¬ 
springenden Wulst im Gehäuse. 

Eine weitere Unbequemlichkeit bei den alten Modellen ist die 
Beschaffenheit des Ein- und Ableitungs-Glasrohres für den Wasser¬ 
dampf in den Destillationskolben. Unsere Konstruktion macht nur 
eine, allerdings weite Durchbohrung des Gummi-Stopfens nötig. Das 
kleine Röhrchen r, das senkrecht an das eigentliche Einleitungsrohr 
angeschmolzen ist, endigt in ein ganz feines Capillarrohr. Bei der 
Destillation entweichen dadurch nur ganz geringe Mengen Dampf. 
Dagegen verhindert es mit Sicherheit ein Zurücksteigen der Flüssig¬ 
keit in den Dampfkessel, falls aus irgend einem Grunde die Dampf¬ 
entwicklung schwächer wird, da dann sofort Luft in genügender 
Menge eintreten kann. 

Ferner nehmen die alten Liebig-Kühler sehr viel Platz ein; 
die von uns angewandten senkrecht stehenden Kugel- oder noch 
besser Energie-Kühler genügen bei 30 cm Länge vollständig. Der 
unter dem Kühler stehende Auffangkolben, der 300 ccm faßt, ent¬ 
hält bei 200 ccm eine Marke, so daß die Destillation im richtigen 
Augenblick unterbrochen werden kann. 

Auf Vorschlag des Herrn Dr. Bötticher, der ebenfalls eine 
neue Konstruktion für Essigsäure-Bestimmungsapparate angegeben 
hat, bemühten wir uns. einen passenden Destillationskolben zu finden, 
der leicht und sicher festzustellen gestatten soll, ob noch 25 ccm 
Wein sich in ihm befinden. Soweit wir bis jetzt sehen können, 
wird der Kolben etwa die in dei Figur angedeutete Form annehmen 
müssen. 

Von Wichtigkeit ist, daß die Verbreiterung des Kolbens dicht 
über der 25 ccm-Marke beginnt; weil sonst ein überaus lästiges 
.Schäumen der Flüssigkeit unvermeidlich ist. 

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228 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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Ich wäre den Herren Fachgenossen zu großem Danke verpflichtet, 
falls sie mir ihre Erfahrungen mit dem beschriebenen Apparat mit- 
teilen würden. Zu beziehen ist der Apparat von Ehrhardt & Metzger, 
Darmstadt. 

5. Bestimmung der Phosphorsäure im Wein nach Veraschen 
des Extraktes mit Ammonpersulfat. 

Von C. von der Heide und Dr. C. Kraus. 

Die offizielle „Anweisung zur chemischen Untersuchung des 
Weines“ schreibt für die Bestimmung der Phosphorsäure im Wein 
ein Verfahren vor, das wegen der verschiedenen, dabei auszuführen¬ 
den Manipulationen des Eindampfens, Veraschens, Ausziehens, Fil¬ 
trierens usw. und des schließlich erfolgenden, zweimaligen Fällens 
(einmal als Ammoniumphosphormolybdat, dann als Ammoniutn- 
raagnesiumphosphat) langwierig und zeitraubend genannt w r erden muß. 
Es hat deshalb auch nicht an Vorschlägen gefehlt, die Phosphor¬ 
säure im Wein auf bequemere und schnellere Weise zu bestimmen, 1 ) 
jedoch dürfte außer vielleicht der Citratmethode bisher keine andere 
neben der offiziellen in Aufnahme gekommen sein. 

Nach der Ammoncitratmethode werden 50 ccm Wein, ebenfalls 
nach Zusatz von Soda und Salpeter, eingedampft und verascht. 
Hierauf wird die Asche tropfenweise mit verdünnter Salzsäure bis 
zur stark sauren Reaktion versetzt und filtriert; zum Filtrat wird 
Ammoncitrat zugegeben und mit Magnesia-Gemisch gefällt. 

Die Ammoncitrat-Methode ist weniger zeitraubend, liefert aber 
stets etwas höhere Werte, wie folgende Beleganalysen zeigten. Ein 
89 er Rheingauer Wein enthielt nach der offiziellen Methode in 100 ccm 

I. 0,0389 g II. 0,0394 g P 2 0 5 . 
nach der Citratmethode: 

I. 0,0399 g II. 0,0400 g P 2 0 5 . 

Eine alkoholische Lecithinlösung enthielt nach der offiziellen Methode 
in 25 ccm: 

I. 0,0189 g II. 0,0193 g P 2 0 5 , 
nach der Citratmethode: 

I. 0,0197 g II. 0,0195 g P 2 0 5 . 

Ein Kunstwein, der 0,02025 g P 2 0 5 enthielt, lieferte nach der 
1. Methode 0,0195 g, nach der Citratmethode 0,0204 g P 2 O-, 

Im folgenden soll nun ein Verfahren beschrieben werden, nach 
dem sich die Bestimmung der Phosphorsäure im Wein ebenso exakt 
wie bequem und schnell gestaltet. 

50 ccm Wein werden in einer Platinschale eingedampft und 
das erhaltene, noch flüssige Extrakt mit 2 — 3 g fein gepulvertem 
Ammonpersulfat zu einem gleichmäßigen Brei verrieben. Hierauf 
wird die Schale auf einem Asbestdrahtnetz mäßig stark erhitzt, wo- 

') E. Läszlo. Zeitschrift für analytische Chemie XXXV. 229: F. Glaser u. 
K. Mühle. Chemiker - Zeitung XX. 728; Zeitschrift für analytische Chemie 
XXXII, 053. 


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Bericht über die Tätigkeit der önocheniischen Versuchsstation. 


229 


durch sehr bald eine mit Zersetzung des Persulfats verbundene 
Reaktion einsetzt, die, in der Regel von einem Punkte ausgehend, 
langsam und lind die ganze Masse durchläuft. letztere bläht sich 
dabei zu einer äußerst lockeren und weichen Kohle auf. Bei weiterem 
Erhitzen entweichen zunächst Ammonsalze und Schwefelsäuredämpfe. 
Da ein Teil der aus dem Persulfat herrührenden freien Schwefel¬ 
säure durch die Kohle reduziert wird, entwickelt sich auch schweflige 
Säure. 

Sobald die Reaktion zu Ende ist, zerdrückt man die Kohle mit 
dem zum Verrühren benutzten Glasstab; bei weiterem Erhitzen 
verbrennt die Kohle infolge ihrer äußerst feinen und lockeren Be¬ 
schaffenheit mit großer Leichtigkeit. Nachdem man die au dem 
Glasstab haftenden Reste von Kohle in der Flamme genügend erhitzt 
hat, nimmt man die gesamte Asche mit etwas verdünnter Salzsäure 
auf, filtriert, wäscht aus und fällt im Filtrat nach Zusatz von Amraon- 
citrat-Lösung mit Magnesia-Gemisch. 

Bestimmungen, die in dieser Weise ausgeführt wurden, ergaben 
stets Zahlen, die mit den nach den übrigen Methoden gefundenen 
völlig übereinstimmten. Eine Reduktion der Phosphorsäure wird 
durch die stark oxydierende Wirkung des zerfallenden Persulfats, 
wie auch durch die noch einige Zeit zurückbleibende Schwefelsäure 
verhindert. 

I. mit Persulfat verascht: 0,0290 g Phosphorsäure; mit Soda 
und Salpeter: 0,0286 g, 

II. mit Persulfat verascht: 0,0364 g Phosphorsäure: mit Soda 
und Salpeter: 0,0366 g. 

Da die Bestimmung der Phosphorsäure in fast allen Weinen — 
ausgenommen sehr zuckerhaltige Süßweine und Moste — auch dann 
völlig exakt ist, wenn das Weinextrakt ohne Zusatz von Soda und 
Salpeter oder Persulfat verascht wird, so war es von Wichtigkeit, 
die Wirkung des Persulfats in Fällen zu studieren in denen ohne 
Zusatz von oxydierenden Substanzen erwiesenermaßen Verluste durch 
Reduktion von Phosphorsäure entstehen. In Süßweinen oder Mosten 
wird wohl kaum jemand die Phosphorsäure anders bestimmen als 
nach erfolgtem Impfen mit Hefe und Vergärenlassen des Zuckers. 

Da Süßweine — Naturweine — in der Regel einen hohen 
Gehalt an Phosphorsäure zeigen, da weiter die Phosphorsäure in 
solchen Süßweinen zu einem beträchtlichen Teil in Form von Lecithin¬ 
phosphorsäure vorhanden ist, so schien dieser Fall am geeignetsten, 
um die Möglichkeit einer Reduktion der Phosphorsäure zu studieren. 

Zu diesem Zwecke wurden zunächst zu einem Wein, dessen 
Phosphorsäuregehalt bekannt war, 10 ccm einer konzentrierten, 
alkoholischen Lecithiulösung, deren Phosphorsäuregehalt ebenfalls 
vorher bestimmt worden war, zugegeben und ohne weiteren Zusatz 
eingedampft. Das Extrakt wurde verascht und die Phosphorsäure 
in der Asche nach der üblichen Weise bestimmt. Dabei ergab sich 
ein großes Minus an Phosphorsäure. Wurde dagegen die Phosphor- 
saure in derselben Mischung durch Veraschen des Extraktes mit 
Ammonpersulfat bestimmt, so wurden nur annähernd richtige Zahlen 


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2:50 IU. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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gefunden. Die Bedingungen für eine Reduktion der Phosphorsäure 
waren hier ganz besonders günstige, da größere Mengen freier — 
aus dem Lecithin herrührender — Säure vorhanden waren. 

2 Süßweine, ein Madeira- und ein Malagawein, ergaben folgende 
Werte nach der Persulfatmethode: 

Madeirawein: 0,0245 g P 2 0 5 , 

Malagawein: 0,0348 g P 2 0 5 
(nach der offiziellen Methode: 0,0249, resp. 0,0358 g). 

Es scheint demnach das Persulfat in sehr extraktreichen Weinen 
einen Phosphorsäureverlust doch nicht ganz verhindern zu können. 
Ob etwa durch Sodazusatz diesem Fehler abzuhelfen ist, ohne daß 
man dabei den Vorteil der Methode, das leichte Verbrennen der 
Kohle einbüßt, soll noch näher untersucht werden. 

In der Asche des in oben beschriebener Weise mit Ammon¬ 
persulfat veraschten Extraktes liegen alle Mineralsalze — mit Aus¬ 
nahme der unveränderten Phosphate — als Sulfate vor. Könnte 
man sich entschließen, die kleine Ungenauigkeit, die daraus resul¬ 
tiert, daß nur die Phosphate unverändert bleiben, in Kauf zu nehmen 
und zu einer konventionellen zu machen, so müßte die beschriebene 
Methode ihrer Bequemlichkeit und Schnelligkeit wegen auch ein 
vorzügliches Verfahren zur Bestimmung der Asche des Weines ab¬ 
geben. Man würde dann das Extrakt in derselben Zeit völlig ver¬ 
aschen können, in der man es jetzt nur zu verkohlen vermag. 

Weiter fällt ins Gewicht, daß bei dem durch die Anweisung 
vorgeschriebenen Verfahren zur Bestimmung der Asche nachweislich 
von verschiedenen Analytikern häufig verschiedene Zahlen gefunden 
werden, was teils wohl auf verschieden starkes Erhitzen beim Ver¬ 
kohlen des Extraktes, teils darauf zurückzuführen ist, daß die Asche 
des Weines infolge ihres hohen Gehalts an Kaliumkarbouat stark 
hygroskopisch ist, ein Umstand, der ein exaktes Wägen sehr er¬ 
schwert. Diese beiden Übelstände würden bei der Persulfatmethode 
in Wegfall kommen. Dagegen ließe sich nicht, wie bisher, in der¬ 
selben Asche auch deren Alkalität feststellen. 


6. Der Ausbau und die Neu-Einrichtung der önocliemischen 

Versuchsstation. 

Nachdem das Königl. Landwirtschafts-Ministerium die nötigen 
Mittel in liberalster Weise bewilligt hatte, wurde zunächst der Aus¬ 
bau des Hörsals begonnen und zu Ende geführt. Als geeigneter 
Raum hierfür erwies sich der frühere Kelterraum der Anstalt, der 
infolge des Neubaues der Kelterei im Kgl. Dominialgut überflüssig 
geworden war. Ein bis über das Dach geführter Lichtschacht, so¬ 
wie große Fenster verschaffen ihm überreichliche Mengen Licht: 
für Abendbeleuchtung ist durch 4 große, 160kerzige Nernstlampen 
gesorgt. Die Wände sind mit Ölfarbe gestrichen, um möglichste 
Reinlichkeit zu gewährleisten. Der wichtigste Teil des Inventars ist 
der große, eichene Experimentiertisch, der nach eigenen Angaben von 


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Bericht über die Tätigkeit der önochemischen Versuchsstation. 


231 


dem Tischler Haas II aus Geisenheim zu meiner Zufriedenheit aus¬ 
geführt wurde. Er ist mit elektrischer und Gasleitung, sowie mit 
Wasserzu- und -ableitung ausgestattet Die Hähne für Gas und 
Wasser, sowie die Abzweigung für Elektrizität sind so unter der 
Tischplatte angebracht, daß sie von vorne nicht gesehen werden 
können. An der rechten Kopfseite des Tisches befindet sich ein 
großes Wasserbecken aus Terrazzo, das durch eine besondere eichene 
Holzplatte ebenfalls den Blicken vollständig entzogen werden kann. 
Ein besonderer Wasserhahn erleichtert das häufig sehr unbequeme 
Füllen des Gasometers mit Wasser. Daneben führt ein Kamin von 
oben nach unten durch den Tisch schädliche Gase in den Schorn¬ 
stein, so daß ein besonderer Abzug im Hörsaal überflüssig wurde. 
Auf der linken Kopfseite ist in den Tisch eine Schieferplatte 4 cm 
tief eingelassen für das Arbeiten mit Quecksilber, um das lästige 
und gesundheitschädliche Umherspritzen des Metalles mit Sicherheit 
zu vermeiden. Eine verschiebbare 2 teilige Wandtafel mit einer 
nutzbaren Fläche von 5 qm gibt hinreichenden Platz für das An¬ 
schreiben von Tabellen, Kurven usw. Sie ist von der Firma J. E. 
Meyer, Berlin C., geliefert. Links und rechts der Tafel sind große 
Gestelle für die nötigen Reagenze angebracht Der ganze Raum wird 
von einem eisernen Zirkulationsofen erwärmt, der auch in der näch¬ 
sten Nähe nicht durch strahlende Hitze belästigt, sondern von unten 
die kalte Luft ansaugt und sie erwärmt oben heraussteigen läßt. 

Zunächst sind Tische und Stühle für etwa 30 Hörer aufgestellt, 
doch können nötigenfalls 70—80 Plätze eingerichtet werden, so daß 
auch große Kurse in der Station abgehalten werden können. Die 
Platten der Hörertische, sowie auch die des Experimentiertisches 
sind mit der Anilin-Knpfersulfat-Beize, d. h. mit Anilinschwarz tief 
dunkelschwarz gefärbt. 

Man betritt den Hörsaal durch einen Vorraum, der als Garderobe 
eingerichtet ist. Neben der Garderobe befindet sich noch ein 
zweites kleines Zimmer, das zur Aufbewahrung der Sammlungs¬ 
präparate und der größeren Vorlesungs- Instrumente und -Apparate 
dienen soll. Der Vortragende selbst betritt den Hörsaal von rück¬ 
wärts durch eine Tür, die von den Laboratoriumsräumen direkt 
hinter den Experimentiertisch führt. 

Der frühere Hörsaal, der mittlerweile für die stetig wachsende 
Hörerschar zu klein geworden war, wurde infolge des oben ge¬ 
schilderten Umbaues frei. Er dient jetzt hauptsächlich als Schreib¬ 
und Aktenstube; in ihr hat der Schreiber die weitläufige Korre¬ 
spondenz mit der Praxis zu führen, sowie die zahlreichen Journale 
in Ordnung zu halten und die Akten aufzubewahren. Ferner werden 
hier die großen, aber selten gebrauchten Instrumente und teuren 
Glasapparate aufbewahrt. Außerdem ist hier noch eine sehr gute, 
analytische Wage zum Gebrauch für den Vorsteher aufgestellt und 
ein mikroskopischer Arbeitsplatz am Fenster eingerichtet. In der 
Mitte des Raumes steht ein Lesetisch, auf dem die letzten Nummern 
der periodisch erscheinenden Zeitschriften ausgelegt sind. 

Der neben der Schreibstube befindliche Vorrats-Raum für 


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232 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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chemische Präparate ist neu in stand gesetzt und mit neuen Ge¬ 
stellen versehen worden. Die ganze Einrichtung ist in hellen, 
freundlichen Farben gehalten. Die Reagentien sind in möglichst 
gleichen Glasflaschen mit Glasstopfen untergebracht und so geordnet, 
daß sie besonders mit Hilfe des neuen Verzeichnisses leicht auf¬ 
gefunden werden können. 

An diesen Vorratsraum schließt sich das Laboratorium des Vor¬ 
stehers. Die Wände sind mit Zinkweiß gestrichen. Zwei neue 
Arbeitstische, zusammen 7 m lang, fanden hier ihre Aufstellung. 
Die Gas- und Wasserleitung, sowie der Wasser-Abfluß (nebst Becken) 
wurde neu gelegt Ebenso wurde eine Druckluft-Leitung gelegt 
Die Druckluft wird von dem Ventilator des Gasolin-Apparates ge¬ 
liefert Für die Arbeit im luftverdünnten Raume sorgt eine Körting- 
sche Wasserstrahlluftpumpe. Ferner wurden zwei neue Reagentien- 
gestelle, eines auf dem Arbeitstisch, das andere an der Wand auf¬ 
gestellt Der frühere Abzug wurde zweckentsprechend umgebaut 
so daß er jetzt berechtigten Ansprüchen genügt. 

Das Schreibzimmer des Vorstandes wurde ebenfalls neu in 
stand gesetzt. Die dort früher befindliche Präparaten-Sammlung 
wurde im Sammlungszimmer neu aufgestellt, weil hier jetzt die kleine 
Handbibliothek, die eine ziemliche Vergrößerung erfuhr, unter¬ 
gebracht wurde. 

Wenden wir uns nun dem eigentlichen, großen Arbeits- und 
Unterrichts-Laboratorium zu. Der Eintritt erfolgt durch einen be¬ 
sonderen Vorplatz, der einer gründlichen Ausbesserung unterzogen 
werden mußte. Das Laboratorium wurde durch zwei neugebaute, 
kleinere Nebenräume vergrößert: Das Wäge- und das sogenannte 
Stickstoff-Zimmer. Die stets zunehmende Schülerzahl (im kommen¬ 
den Jahre arbeiten 25 Eleven und 6 Praktikanten) machte eine Ver¬ 
mehrung der Arbeitsplätze zur dringenden Notwendigkeit. An einem 
8 m langen Arbeitstisch, der in der Mitte des Saales so aufgestellt 
ist, daß an beiden Längsseiten gearbeitet werden kann, wurden 16 
Arbeitsplätze neu eingerichtet. Der Tisch wurde zu diesem Zwecke 
mit Gasleitung versehen. An der Rückwand des Saales sind noch 
weitere 12 Plätze für Schüler vorgesehen, so daß der Raum voraus¬ 
sichtlich mehrere Jahre ausreichen dürfte. Die beschränkten, zur 
Verfügung stehenden Mittel erlaubten es vor der Hand nur, für je 
2 Schüler einen Satz von Reagentien - Standflaschen anzuschaffen. 
Allein schon 14 solcher Sätze erfordern einen Kostenaufwand von 
etwa 400 Mark. An der Hauptfenster-Seite sind drei größere 
Arbeitsplätze für die Assistenten, sowie für 3—4 Praktikanten ein¬ 
gerichtet. Die Schüler haben die ihnen zum Gebrauch überwiesenen 
Geräte, wie Flaschen, Reagenzgläser, Kolben, Platindraht in einem 
besonderen Regal aufzubewahren, das in Fächer geteilt ist, so daß es 
möglich sein wird, auch hier strenge Ordnung zu halten. In einem 
anderen Gestell befinden sich die für die Weinanalyse in großer 
Anzahl nötigen Glasgefäße. Die Gelegenheit zum Reinigen der Ge¬ 
fäße wurde durch Anbringung eines großen Wassersteines vermehrt, 
in den 4 Wasserhähne münden. Zwei neu angeschaffte Körting- 


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Bericht über die Tätigkeit der önochetnisohen Versuchsstation. 


233 


sehe Säugpumpen dienen hauptsächlich zum Absaugen von Kupfer- 
oxvdul-Niederschlägen bei Zuckerbestimmungen, zum Absaugen des 
Weinsteins bei Weinsäure-Bestimmungen und anderer schwer filtrier¬ 
barer Niederschläge. An der Wand ist ferner noch ein korapen- 
diöser Alkohol-Destillier-Apparat befestigt, der gestattet, 10 Alkohol- 
Bestimmungen zu gleicher Zeit auszuführen. Der Apparat ist zum 
Teil nach altem Muster, zum Teil nach eigenen Angaben von 
Ehrhardt & Metzger, Darmstadt, erbaut (Preis 150 M). Die 
Kühlrohre sind aus Kupfer, außen und innen stark verzinnt, 1 m 
lang und als Schlangen ausgebildet In der Längsachse des Saales 
stehen noch ein Schreibtisch und ein großes Titriergestell nach eigenen 
Angaben von Münke in Berlin geliefert. Es befinden sich darauf 
eine ‘/ 12 , Vs wnt ^ 7i Normallauge, sowie VsClH und ViS0 4 H 2 . 
Von jedem Vorratsgefäß werden gleichzeitig automatisch 2 Büretten 
mit automatischer Nullpunkt - Einstellung gespeist, so daß also im 
ganzen 10 Büretten aufgestellt sind. Auch zweckmäßig angebrachte 
Vorräte von Indikator-Flüssigkeiten erleichtern die Arbeit. Daneben 
steht ein Tisch, der speziell für „flüchtige Säure-Bestimmungen“ ein¬ 
gerichtet ist und ebenfalls gestattet, 10 Bestimmungen zur selben 
Zeit durchzuführen. 

Im Wägezimmer sind 4 analytische Wagen verschiedener Kon¬ 
struktion aufgcstellt. Die Lage des Raumes gewährleistet, haupt¬ 
sächlich im Sommer, eine möglichst gleichmäßige Temperatur. In 
einem besonderen Dunkelkabinett ist ein großes Polarisations-Instru¬ 
ment neuer Konstruktion, von Schmidt & Haensch, Berlin, 
untergebracht. Für Petroleum-, Gas-, und elektrische Beleuchtung 
ist Sorge getragen. 

Ein kleines Schränkchen beherbergt die Platingefäße der Station 
in einem Gesamtgewichte von 1200 g. 

Gestelle an den Seiten geben Gelegenheit zur Unterbringung 
von Exsikkatoren, Gewichtssätzen usw. 

Im Stickstoffzimmer fällt vor allem ein großer, zweiteiliger Ab¬ 
zug auf, der nach eigenen Angaben gebaut wurde und sich be¬ 
sonders durch die sehr leicht beweglichen Schiebefenster auszeichnet. 
Die rechte Abteilung ist speziell zur Schwefelsäure-Aufschließung 
nach Kjeldahl bestimmt. Der ganze Boden ist mit starkem Blei¬ 
blech belegt; die entweichenden Gase werden nicht im ganzen Ab¬ 
züge verbreitet, sondern in einem 15 cm weiten Bleirohre gesammelt 
und von dort in den Schornstein geführt. Es scheint dies das ein¬ 
zige Verfahren zu sein, um der lästigen Dämpfe Herr zu werden. 
Durch besonders angebrachte Öffnungen werden die Kolben¬ 
mündungen in dieses Bleirohr hineingesteckt. Dadurch wird der 
Neigung der schweren Schwefelsäuredämpfe, nach unten zu fallen, 
auf das glücklichste entgegen gewirkt. Ich lernte dieses Verfahren 
im Delbrücksehen Brauerei-Laboratorium in Berlin kennen, wo es 
sich sehr bewährt hat. — Es ist auch hier möglich, 10 Bestimmungen 
gleichzeitig auszuführen. 

In der linken Abteilung des Abzuges ist ein großer Schwefel- 
wasserstoff-Entwicklungs-Apparat nach Küster untergebracht. Sein 


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234 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 

Preis ist zwar sehr hoch, dafür zeigt er aber die verschiedenen 
Mängel des gewöhnlichen Kippschen Apparates nicht. Seine be¬ 
sonderen Vorteile sind: 1. faßt er einen großen Vorrat an Säure 
und an Schwefeleisen; 2. Die verbrauchte Säure, resp. die Ferro- 
chlorid-Lösung, kommt nicht mit unverbrauchter Säure in Be¬ 
rührung und verdünnt sie nicht bis zur Unwirksamkeit Sie kann 
durch einen Quetschhahn abgelassen werden. 3. Durch einen 
anderen Hahn kann man jederzeit Schwefelwasserstoffwasser ab- 
ziehen. 

An der Wand des Zimmers sind ferner die verschiedenen 
Trockenschränke befestigt. Es sind dies 3 Luft-Trockenschränke, 
die auf beliebig hohe Temperaturen erhitzt werden können, 3 Wasser- 
Trockenschränke, die eine konstante Temperatur von 100° gewähr¬ 
leisten, sowie 2 Extrakt-Trockenschränke, wie sie nach der offiziellen 
Vorschrift für die Wein-Analyse vorgeschrieben sind. Bei allen 
Wassertrockenschränken wird durch Aufsetzen von Rückfluß-Kühlern 
ein Verdampfen des Wassers sicher verhindert. Ferner steht hier 
noch ein großes Körtingsches Wasserstrahlgebläse, welches zum 
Erhitzen analytischer Präparate und zum Glasblasen dient. 


7. Kleinere Mitteilungen, 

a) Honoraranalysen. 

Im Aufträge von Behörden oder auf Wunsch von Privatleuten 
wurden im Berichtsjahre ungefähr 300 Untersuchungen ausgeführt. 
Hauptsächlich gelangten Weißweine, Rotweine und Beerenweine 
zur Untersuchung. Ferner waren noch zu prüfen: Schönungsmittel, 
Weinbergschwefel, Kupfervitriol, cyanisierte Pfähle, und ähnliche 
auf den Weinbau und die Kellerwirtschaft bezügliche Dinge. Ferner 
wurde eine Anzahl Mostwagen geeicht. 

In einer Probe Wein wurde Zink gefunden; es stammte aus 
einem zinkhaltigen Schlauche. 

b) Gutachten. 

Für das Vorgesetzte Königl. Ministerium waren eine Anzahl 
ausführlicher Gutachten Weinangelegenlieiten betreffend abzugeben 
und zu begründen. Der schriftliche Verkehr mit der Praxis bezog 
sich auf die Technologie der Trauben- und Obstweine. Besonders 
häufig handelte es sich um trübe, umgeschlagene, nicht durch¬ 
gegorene, stichige Weine. Zur Beseitigung des Essigstichs wurde 
das Pasteurisieren empfohlen. In der Tat wurde der der Station 
gehörige Pasteurisierapparat wiederholt benutzt. 

c) Neuanschaffungen. 

Von wertvolleren Neuanschaffungen seien folgende erwähnt: 

1. Platingefäße, so daß die Station jetzt besitzt: 20 Weinschalen. 
7 große Schalen, S gewöhnliche Tiegel und 2 Gooch- Tiegel nebst 


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Bericht über die Tätigkeit der önochemischen Versuchsstation. 


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einigen kleineren Platingegenständen, wie Deckel, Blech und Draht; 
ira ganzen 1200 g Platin. 

2. 1 Scheiblerscher Kohlensäurebestimmungsapparat. 

3. 1 Schwefelwasserstoffapparat nach Küster. 

4. 1 Alkoholdestillierapparat für 10 Bestimmungen. 

5. 10 Büretten mit automatischer Nullpunktseinstellung. 

6. 2 Ätherextraktionsapparate nach Pip. 

7. 1 Glycerinbestimmungsapparat nach Zeisel. 

8. Geeichte Maßgetäße für die Weinanalyse. 

9. 20 Pyknometer, von der Normaleichungskommission geeicht. 

10. 4 Wasserbäder neuester Konstruktion. 

11. 4 Körtings Wasserstrahlluftpumpen. 

12. 1 elektrolytischer Apparat für Kupferbestimmungen. 

13. 1 Apparatur zur gleichzeitigen Yomahme von 10 Bestim¬ 
mungen der flüchtigen Säure. 

14. Ergänzung der Apparate für die Bodenanalyse. 

15. 1 Atommodellsammlung. 

16. Vollständig neue Einrichtung für 28 Arbeitsplätze, dazu 
gehören hauptsächlich 14 Standflaschen Sätze aus je 27 Flaschen 
bestehend. 

17. Schließlich mußte für den Gasolin-Erzeugungsapparat ein 
neuer Ventilator aufgestellt werden. 

d) Neuerwerbung von Büchern für die Handbibliothek. 

Es wurde angekauft: 

1. Beilstein, Handbuch der organ. Chemie, III. Auflage. 

2. König, Chemie der menschlichen Nahrungsmittel, IV. Auflage. 

3. Zeitschrift für Nahrungs- und Genußmittel. 

4. Eine größere Anzahl Lehrbücher, Monographien usw. 

e) Kurse, Vorträge, Unterricht 

a) Der Kurs über Herstellung und Behandlung der Obstweine, 
der bisher im Frühjahr stattfand, wird von jetzt ab mit dem im 
Sommer stattfindenden Obstverwertungskursus, dessen Dauer auf 
14 Tage verlängert wird, verschmolzen. An diesem erweiterten Obst¬ 
verwertungskurs wird der Vorsteher der chemischen Versuchsstation 
sich mit 6 Vorträgen beteiligen. 

b) Der im vergangenen Jahre mit ministerieller Genehmigung 
ausgefallene Weinuntersuchungs- und Weinbehandlungskurs wird 
nicht mehr wie bisher im Hochsommer, sondern im Spätherbst (nach 
der Traubenlese) abgehalten werden. Im Jahre 1906 ist der Be¬ 
ginn auf 19. November, der Schluß auf 1. Dezember festgesetzt. 

c) Anläßlich der anfangs Oktober stattgefundenen Gemüse¬ 
ausstellung in der Lehranstalt hielt der Vorsteher der Station einen 
Vortrag über die Bedeutung der Gemüse als menschliche Nahrungs¬ 
und Genußrnittel. 

Außerdem beteiligte sich die Station an der Ausstellung durch 
Vorführung verschiedener Tafeln, Präparate usw., die von Herrn 
Dr. Feld mann in sorgfältiger Weise hergestellt worden waren. 


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III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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d) Der Vorsteher hatte den ehrenvollen Auftrag erhalten, zur 
Geburtstagsfeier des Kaisers und Königs am 27. Januar die Fest¬ 
rede zu halten. Er sprach über die im letzten Jahrzehnt neuent¬ 
deckten Elemente (Argon, Helium, Radium, Emanationen). 

e) In der Station arbeiten in diesem Jahre 16 ältere Eleven. 
Als Praktikanten waren außerdem beschäftigt 12 Herren, nämlich: 
R. Greu-Helsingfors, E. von Dschandieri-TMflis, M. Marx-Schwein- 
furt, M. Weber-Mainz, A. Schneider-Schierstein. W. Gräpner- 
Sprembprg, A. Marone-Turin, R. Emmerich-Mutterstadt (Pfalz), 
C. Hentschel-Zschopau, Th. Spindler-Forst (Pfalz), A.Sewrikow- 
Wladikawkas (Kaukasien), S. Armeuteras-Barcelona. 

f) Veränderungen im Personalbestände der Station. 

Am 1. April 1905 erhielt der Berichterstatter, Dr. C. von der 
Heide, bisher Honorardozent und Assistent an der Königl. Land¬ 
wirtschaftlichen Hochschule zu Berlin, die Leitung der Station über¬ 
tragen. Am 1. April traten die Assistenten, Herr Dr. Ph. Schmidt 
und Herr E. Merres aus. An ihre Stelle traten Herr Dr. L. Feld¬ 
mann und Herr Dr. Fuchs. Letzterer verließ am 1. September 
die Station, dafür trat Herr Dr. Kraus ein. 


Bericht 

über die Tätigkeit der Hefereinznchtstation. 

Erstattet von Dr, H. Boetticher, Assistent der Station. 

Im laufenden Etatsjahre fand insofern ein Wechsel im Personal 
der Hefereinzuchtstation statt, als die Korrespondentin Fräulein Pad¬ 
berg am 1. Oktober aus dem Dienste der Station ausschied. An 
ihre Stelle trat der bisherige Sekretär der pflanzenphysiologischen 
Versuchsstation P. Götz. 

Vom 1. April bis 31. Juli 1905 arbeitete Fräulein C. Seiss 
aus Halle a. d. Saale als Volontär-Assistentin in der Station und 
trat nach einer vorübergehenden anderweitigen Tätigkeit am 
15. Januar 1906 wieder in den Dienst derselben zurück. 


A. Tätigkeit der Station im Verkehr mit der Praxis. 

1. Geschäftsverkehr. 

Die Zahl der eingegangenen und erledigten brieflichen Anfragen 
betrug 1996. Hiervon hatten Bezug auf Umgärungen von gesunden 
und fehlerhaften Weinen 606, auf Vergärungen von Obst- und 
Beerenmosten 557, von Traubenmosten 471, auf Herstellung von 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 


237 


Schaumweinen 144, während der Rest verschiedene nicht gärungs¬ 
physiologische Dinge betraf. 

Die Zahl der Ausgänge betrug 2493. 


2 . Tätigkeit der Station in Bezug auf die Vergärung der 
Obst- und Traubenmoste. 

Die Dauer dieser Tätigkeit erstreckt sich von Ende Juni bis 
Ende November. Sie beginnt im Juni mit der Beerenmostvergärung, 
der sich im September die Vergärung der Obst- und roten Trauben¬ 
moste anschließt, während im Oktober und November die Vergärung 
der weißen Traubenmoste den Schluß bildet. 

Im allgemeinen konnte man auch im vergangenen Jahre die 
erfreuliche Tatsache konstatieren, daß die Praxis mehr und mehr 
zu der Einsicht kommt, daß die geringe Mühe, welche der Bezug 
der Hefe und die Vermehrung derselben auf das nötige Quantum 
verursacht, überreich durch die großen Vorteile der Rein¬ 
vergärung belohnt wird, Vorzüge, die im wesentlichen in einer 
glatten Durchgärung, einem schnelleren Fertig werden des Weines 
und der Erzielung eines reintönigen, gesunden Produktes gipfeln. 

Bis zu einem gewissen Grade ist die Menge der abgegebenen 
Reinhefen abhängig von den allgemeinen Erntebedingungen. Das 
Jahr 1904 war im großen ganzen ein gutes Weinjahr mit wenig 
oder gar keinen kranken Trauben. Der Hefeabsatz war infolgedessen 
ein relativ niedriger. Das Jahr 1905 dagegen stand fast allgemein 
unter der Kalamität der Peronospora, und das veranlaßte viele, die 
vielleicht sonst nicht viel von der Reinhefe halten, in der Befürch¬ 
tung einer schlechten spontanen Gärung, den Mosten doch Hefe 
zuzusetzen. Dazu kam, daß während und vor der Lese in den 
meisten Gegenden starke Regengüsse niedergingen, und auch die 
Temperatur auffallend tief war. Die Folge davon war, daß die 
spontane Hefe leicht von den noch harten Beerenschalen herunter¬ 
gewaschen wurde oder doch sich nur mangelhaft ernähren und 
vermehren konnte. Daher gerieten die Moste auffallend schwer in 
Gärung, und mancher besorgte sich, um dem abzuhelfen, noch nach¬ 
träglich Hefe. 

Die Mosel bezog in diesem Jahre relativ wenig. Es ist dies 
einmal auf die teilweise Vernichtung der Ernte durch die Peronospora 
zurückzuführen, teilweise aber auch auf einen gerade an der Mosel 
sehr starken Vertrieb von Reinhefen von privater Seite. Soweit 
diese Hefen in Bezug auf ihre Reinheit und ihre physiologischen 
Eigenschaften, vor allem Gärkraft und Bouquetbildung allen berechtigten 
Ansprüchen genügen, ist gegen einen solchen Vertrieb natürlich 
nicht das geringste einzuwenden. Leider trifft dies aber nur teilweise 
zu. So konnte z. B. in einem Falle der Nachweis geliefert werden, 
daß eine solche von einem Wiederverkäufer als „garantierte Reinhefe” 
bezogene Hefe weiter nichts als ein Gemenge verschiedener, meist 
sogarschädigend wirkender Mikroorganismen darstellte, indem die echte 
Hefe nicht einmal den Hauptbestandteil ausmachte. Die Verwendung 


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238 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 

einer solchen ..Hefe“ ist natürlich schlimmer als die spontane Gärung, 
da wir bei derselben den Most direkt künstlich mit Krankheits¬ 
erregern beimpfen. Der Bezug von Hefe wird eben immer Vertrauens¬ 
sache bleiben, und es kann der Praktiker in der Beziehung gar 
nicht vorsichtig genug sein. Leider herrscht in Kreisen der Winzer 
und auch der Weingutsbesitzer noch lange nicht die Aufklärung in 
gärungsphysiologischen Dingen, wie sie im eigensten Interesse der 
Praxis wünschenswert ist. Großen Segen kann und wird zweifellos 
in diesem Sinne das in diesem Jahre erschienene Werk von Professo r 
Dr. Wortmann „Die wissenschaftlichen Grundlagen der 
Wein berei tung und Keil erwirtschaft' 41 ) bringen. In populär¬ 
wissenschaftlicher auch jedem Laien verständlicher Form werden 
in diesem Buche alle für die Praxis wichtigen physiologischen Vor¬ 
gänge beim Werden des Weines, sowohl die normalen Gärungs¬ 
erscheinungen, wie die krankhaften Veränderungen, ihre Erreger 
und deren Leben und Wirken ira Wein, eingehend besprochen. 

Für die Apfelweinbereitung wurden in diesem Jahr über 200 
Hefen weniger abgegeben als ira Vorjahre. Es hängt dies natürlich 
auf das engste mit der sehr geringen Ernte von Äpfeln im Herbst 1905 
zusammen. 

Für die Vergärung von Beerenmosten war die Nachfrage nach 
Reinhefe eine recht gute, wenn auch nicht die Zahl der im Jahre 190J 
für die Beerenweinbereitung abgegebenen Reinhefen erreicht wurde. 
Der Ausfall an Hefen für die Apfel- und Beerenmostvergärung gegen 
das Vorjahr wurde aber durch die stärkere Nachfrage nach Reinhefen 
für Traubenmoste vollkommen ausgeglichen, so daß im ganzen sogar 
etwa 100 Hefen mehr als im Vorjahre abgegeben wurden. 

Auffallend war die sehr lebhafte Nachfrage von seiten der 
russischen Ostsee-Provinzen. Diese Gegenden liegen so weitab von 
Weinländern, daß die echte Weinhefe mit ihren wertvollen Eigen¬ 
schaften dort wohl kaum vorkoramt, infolgedessen muß auch der 
Zusafz einer aus einem typischen Weinlande stammenden Reinhefe 
zum Beerenmost das Gärprodukt im Vergleich zu dem durch spontane 
Gärung erhaltenen in besonders günstiger Weise beeinflussen. 

3. Tätigkeit der Station in Bezug auf llmgären von Weinen, 
Schaumweinbereitung und Durchgären von Weinen mittels 

Reinhefe. 

Die Verwendung von Reinhefe zum Umgären von gesunden, 
aber im Geschmack nicht angenehmen, sowie von mehr oder weniger 
fehlerhaften oder auch von kranken Weinen findet in den Kreisen 
einsichtsvoller Praktiker immer mehr Freunde. Auf die Vorteile, 
die dies Verfahren gegenüber der Verwendung von altem Trub 
bietet, wurde bereits in früheren Jahresberichten wiederholt hin¬ 
gewiesen. 

Im allgemeinen machte der 1905-er Umgärungen viel eher 

') Verlag von Paul l’arey, Berlin S."W. Iledeniannstraße. Preis geb. 12 M. 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 23!) 

nötig als der 1904-er; infolgedessen war auch die Nachfrage nach 
Reinhefen im Dezember, Januar und Februar eine entsprechend 
lebhaftere, als im Vorjahre. 

Ziemlich häufig wurden im November und Dezember auch 
Reinhefen verlangt zur Durchgärung steckengebliebener Weine. 
Leider konnte bei der chemischen Untersuchung der betreffenden 
Proben wiederholt konstatiert werden, daß dies Steckenbleiben durch 
eine unrichtige Zuckerung selbst verschuldet war. So schmeckte 
einer der eingesandten Weine noch sehr stark süß, trotzdem der 
Alkoholgehalt bereits 10,74 g pro 100 ccm betrug. Bei einem 
so hohen Alkoholgehalte kann aber selbst eine sehr leistungsfähige 
Reinhefe kaum noch gären. Bei der Zuckerung dieses Weines als 
Most war nach dem leider in der Praxis noch sehr üblichen Verfahren 
gearbeitet, ohne eine genauere Untersuchung des Mostes einfach 
nach Gutdünken ein bestimmtes Quantum Zuckerlösung in jedes 
Faß zu geben. Dieses Quantum war in diesem Falle bei weitem 
zu hoch gegriffen. Mindestens sollte der Praktiker sich über den 
Zuckergehalt seiner Moste genau informieren und sich dement¬ 
sprechend die zuzusetzenden Zuckermengen jedesmal berechnen. 
Noch empfehlenswerter ist aber in Anbetracht der Veränderungen, 
welche der Most bei seinem Werden zu Wein besonders auch bezüg¬ 
lich seines Säueregehaltes erleidet, die Moste erst ohne Zuckerzusatz 
vergären zu lassen, „Natur zu legen“ wie der Praktiker sagt, zweck¬ 
mäßig natürlich unter Zusatz von Reinhefe. Nach dem ersten Ab¬ 
stich werden die Jungweine auf Alkohol, Säure und eventuell un- 
vergorenen Zucker untersucht, und an der Hand dieser Zahlen 
kann man, ohne mit einem Risiko rechnen zu müssen, die Ver¬ 
besserungsbedürftigkeit des Weines und die nötige Zuckermenge 
auf das genaueste bestimmen. Diese wird dann zugesetzt und 
mit Reinhefe nochmals vergoren. Bei einer Befolgung dieses Ver¬ 
fahrens werden die aus falsch gezuckerten Mosten gewonnenen, 
nicht vollkommen vergorenen Weine, die eben wegen ihrer Zucker¬ 
reste den Stamm aller fehlerhaften und kranken Weine bilden, 
immer seltener werden. 

Selbstverständlich muß die Vermehrung der von der Station 
abgegebenen Anstellkultur in der richtigen Weise geschehen. Diese 
erfolgt so, daß man 20 I Wein mit 2 kg Zucker versetzt, durch 
Kochen vom Alkohol befreit und dann mit der Anstellhefe in Gärung 
bringt. Diese 20 1 reichen zur Beimpfung eines Stückfasses aus. 
Die Fehler, die trotz genauer Instruktion hie und da besonders von 
Neulingen noch gemacht werden, bestehen meistens darin, daß der 
Ansatz garnicht oder nicht genügend gekocht wird, sodaß der 
Alkoholgehalt ein noch zu hoher ist, als daß eine genügende Hefe¬ 
vermehrung stattfinden könnte: ein zweiter Fehler ist meistens der, 
daß man die Ansatzflüssigkeit nach dem Kochen nicht genügend ab¬ 
kühlen läßt, ehe man die Hefe zusetzt, so daß diese sofort in der 
noch heißen Lösung abgetötet wird. Sind diese beiden Fehler ver¬ 
mieden, dann wird bei den günstigen Lebensbedingungen für die 
Hefe die Gärung in diesem Ansatz meist sehr schnell einsetzen, oft 


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240 III. Bericht über die Tätigkeit der wisseuschaftlicken Institute. 


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schon nach 24 Stunden. Vielfach wird nun der noch junge unver- 
gorene Ansatz, schon am zweiten bis dritten Tage in den um¬ 
zugärenden Wein hineingegeben. Darin liegt ein weiterer Fehler. 
Denn in dem Wein findet die Hefe sehr viel ungünstigeren Lebens¬ 
bedingungen als in dem Ansatz. Abgesehen von dem verhältnis¬ 
mäßig geringen Zuckergehalt ist es vor allem der Alkoholgehalt des 
Weines, der eine weitere Vermehrung der Hefezellen sehr wesent¬ 
lich hemmt ja ganz unmöglich macht, während die Gärtätigkeit 
zunächst nicht sehr beeinträchtigt wird. Bei der relativ geringen 
Anzahl von Hefezellen, die mit dem noch jungen Ansatz in den 
Wein gebracht wurden, wird die Uragärung also auch nur langsam 
von statten gehen. Als Regel muß es deshalb gelten, den Ansatz 
von 20 1 erst dann dem Wein zuzugeben, wenn die stürmische 
Gärung vorüber ist, also etwa am 4.—5. Tage nach der Beimpfung. 
Was man so an Tagen mehr gebraucht, holt man später als Wochen 
wieder ein. 

Zur Schaumweinbereitung wurden die Rassen „Steinberg 1892** 
und besonders „Champagner Ay u viel abgegeben. Gerade auf diesem 
Gebiete hat sich die Reinhefo viele Freunde erworben, da ihre 
Verwendung bei sonst richtiger Zusammensetzung der Cuvöes ein 
Steckenbleiben der Flaschengärung so gut wie unmöglich macht 

4. Tätigkeit der Station in Bezug auf die Untersuchung und 
Behandlung kranker Weine. 

Auch im vergangenen Jahre wurden der Station von seiten 
der Praxis eine große Menge kranker und fehlerhafter Weine zur 
Untersuchung eingeschickt. Meistens handelt es sich dabei um ver¬ 
schiedenartige Trübungen. In solchen Fällen genügt oft schon die 
mikroskopische Prüfung und Kostprobe, um das Übel zu erkennen 
und damit den richtigen Weg zur Abhilfe zu finden. Jedenfalls 
ist eine genaue mikroskopische Untersuchung das erste Erfordernis; 
die chemische Analyse kann den mikroskopischen Befund wohl er¬ 
gänzen, aber niemals ersetzen. 

Zur Erleichterung der mikroskopischen Untersuchung wurde 
im vergangenen Jahre eine elektrisch betriebene Laboratoriums¬ 
zentrifuge angeschafft. Der fragliche Wein wird dabei in kleine 
unten spitz zulaufeude Gläschen gefüllt, die in horizontaler Richtung 
mit einer sehr großen Geschwindigkeit herumgewirbelt werden. 
Alle trübenden Bestandteile werden dabei durch die Zentrifugal¬ 
kraft nach außen, also in die Spitze des Gläschens geschleudert. 
Man erreicht durch das Zentrifugieren in wenigen Minuten dasselbe, 
was sonst nur ein tagelanges Absitzenlassen zu stände bringt, und 
braucht nicht mit der bei letzterem sehr leicht eintretenden Infektion 
des Weines durch Kahm und Essigstich und dabei einer gewissen 
Unzuverlässigkeit der mikroskopischen Untersuchung zu rechnen. 

Die meisten der untersuchten trüben Weine enthielten aus- 
geschiedene Eiweißsubstanzen. Da durch diese der Geschmack nur 
wenig beeinträchtigt wird, so steht der Praktiker gerade diesem 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzucht.Station. 


241 


Falle meist ratlos gegenüber. Das einzige, was gegen diese 
unangenehme, einen noch unfertigen Ausbau des Weines kenn¬ 
zeichnende Erscheinung zu machen ist, ist eine Beschleunigung der 
Ausscheidungen durch Lüften und möglichst kaltes Lagern herbei¬ 
zuführen. Denn eine Behandlung durch Filtration oder Schönung 
hilft dauernd erst dann, wenn die zum Unlöslichwerden neigenden 
Substanzen sich vollkommen ausgeschieden haben. 


B. Wissenschaftliche Tätigkeit der Station. 

1. Die Kultur und die Vermehrung der Sammlung der Rein¬ 
hefen und sonstigen Därungsorganismcn. 

Neben der geschilderten Tätigkeit der Station im Verkehr mit 
der Praxis nach außen ist es eine weitere Aufgabe, die für die 
verschiedenen Zwecke der Praxis bestimmten reingezüchteten Hefen 
und die zu wissenschaftlichen Zwecken dienenden sonstigen Gärungs¬ 
und Mikroorganismen nach wissenschaftlichen Verfahren von Jahr 
zu Jahr lebend weiter zu erhalten, andrerseits aber auch neue Rein¬ 
hefen aus von der Praxis eingesandten Trubs heranzuzüchten und 
in Bezug auf ihre Leistungen zu prüfen, um sie dann eventuell in 
den Vertrieb mit aufzunehmen. 

Dabei wird besonders darauf geachtet, Hefen für die ver¬ 
schiedensten Zwecke und aus möglichst verschiedenen Weinlagen 
zu erhalten, da es nach den bisher gemachten Erfahrungen am 
empfehlenswertesten ist, die Moste möglichst mit Reinhefen aus 
denselben oder ähnlichen Lagen, denen die Moste selbt entstammen, 
zu vergären. Im Laute der Jahre ist auf diese Weise eine äußerst 
wertvolle Sammlung entstanden, die Reinhefen so ziemlich aus allen 
Weinbaugebieten Europas enthält. Für Deutschland fanden selbst¬ 
verständlich auch kleinere Weinbaubezirke, ja einzelne Lagen Be¬ 
rücksichtigung, so daß in dieser Beziehung die Ansprüche der Praxis 
in weitgehendstem Maße befriedigt werden können. 

Neu hinzugezüchtet wurde eine Hefe Disibodenberg für 
Nahewein und eine Mosel hefe aus einem Wein, der mit einer 
aus dem Institut Pasteur stammenden „levure de la Moselle“ ver¬ 
goren war, und dem der betreffende Praktiker besonders hervor¬ 
ragende Eigenschaften zuschrieb. 

Außer diesen deutschen Hefen wurde eine ganze Reihe aus 
außerdeutschen zum Teil außereuropäischen Ländern stammende 
Hefen gezüchtet, da die Annahme wohl berechtigt ist, daß diese 
an ganz andere Lebensbedingungen gewöhnten Rassen vielleicht auch 
ein anderes physiologisches Verhalten in Bezug auf Gärkraft usw. 
zeigen, als unsere einheimischen Hofen, und ihre wissenschaftliche 
Erforschung also von hohem Interesse ist. Es sei hier nur an die 
von Ilare und Johnson 1 ) auf Eukalyptusblättern entdeckte, wegen 

') J ah rituell der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei, Berlin 1904, 150 
und Wochenschrift für Brauerei 1000, 200. 

Cioi^ciilioimer Bericht IOU'j. 


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III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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ihrer Widerstandsfähigkeit gegen hohe Temperaturen Saccharo¬ 
myces thermantitonum genannte Tropenhefe erinnert, die Tempe¬ 
raturen bis zu 84° C. verträgt, am besten bei 39—45° C. gärt und 
bei 10° vollkommen zur Ruhe kommt. 

An ausländischen Rassen wurde eine Hefe „Bika“ aus dem 
Trub von Formosa-Reiswein, ferner drei Hefen „Goi“, „Albo“ und 
„Erdi“ von Lequeitio in Spanien stammend, endlich eine Hefe aus 
Argentinischem Rotwein und eine aus Algerischem Most ge¬ 
züchtet. Zum Vergleiche wurde auch eine Bierhefe aus Wies¬ 
badener Lagerbier isoliert. Das Gärvermögen dieser neun Rassen 
wurde in der üblichen Weise durch Bestimmung der täglichen Kohlen¬ 
säureproduktion ermittelt und zwar sowohl in gewöhnlichem Most 
mit 11% Zuckergehalt als Nährlösung, als auch in auf 24 % ge¬ 
zuckertem Most. Die letztere Versuchsreihe wurde deshalb an¬ 
gestellt, um die Widerstandsfähigkeit der neuen Rassen gegen Alkohol 
und was damit in direktem Zusammenhang steht, ihre Alkohol¬ 
produktionsfähigkeit festzustellen. Die Gärtemperatur war dauernd 
konstant 22° C. 

(Siehe Tab. S. 243.) 

Wie aus den Tabellen hervorgeht, die die Kohlensäure-Produk¬ 
tionen an den einzelnen Tagen und die gebildeten Alkoholmengen 
angeben, stehen vier der Hefen nämlich Albo, Disibodenberg, Mosel¬ 
hefe und Bika in ihrem Gärvermögen weit über der zum Vergleich 
herangezogenen Steinberg 93; auch vermögen sie bei den gleicheu 
Versuchsbedingungen, wie aus den vorgenommenen Alkoholbestim¬ 
mungen hervorgeht, w r eit mehr Alkohol zu bilden. Selbstverständ¬ 
lich können sich wesentliche Unterschiede im Alkoholgehalt nur bei 
der zweiten Versuchsreihe mit gezuckertem Most ergeben, so daß 
nur diese zur Beurteilung der Alkoholproduktionsfähigkeit heran¬ 
gezogen werden kann; wohl aber lassen die geringen Unterschiede 
der Alkoholgehalte bei dem nicht gezuckerten Most einen Rück¬ 
schluß auf die von den einzelnen Rassen für ihre Zellvermehrung 
verbrauchten Zuckermengen zu, wonach also Argentinien und Albo 
in der Beziehung am anspruchlosesten wären. 

Nach den Versuchsergebnissen müssen mehrere der neugezüch¬ 
teten Hefen und besonders die Albo in Bezug auf ihre Gärkraft 
als geradezu vorzüglich bezeichnet w erden, so daß die neuen Rassen 
eine wertvolle Bereicherung der Sammlung bilden. 

Da die Hefe Albo sich wegen ihrer hohen Gärkraft und auch 
wegen ihrer Herkunft aus Spanien besonders für die Bereitung von 
Beerenweinen eignen dürfte, so wurde sie in zwei weiteren Ver¬ 
suchsreihen mit der bisherigen Beerenw'einspezialhefe Laureiro, aus 
Portugal stammend, und zur Kontrolle außerdem noch mit der 
Steinborg 93 verglichen. Ein Blick auf die so ermittelten Tabellen 
zeigt, daß sie auch die Laureiro überflügelt, die Steinberg ebenso 
wie in dem ersten Versuch weit hinter sich zurückläßt 


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UMIVERSITY OF CALIFORNTÄ' 



(iärverlauf der Hefen in Most mit 11% Zuckergehalt. 


Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation, 


243 


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244 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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Tag j 

2. 

Tag 

3. 

Tag 

4. 

Tag 

5. | 6. 1 
Tag i Tag 

Tag 

8. | 9. ! 10. 
Tag | Tag ; Tag 

11. 

Tag 

12. 

Tag 

Alkohol 

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Steinberg . 
Albo . . 

Laureiro . 

0.05 

0,10 
| 0,15 

10,10 

1 0,60 3,75 4,55 4,30! 
3,60 6,15 3,85 2,80] 
, 1,25) 4 , 20 , 4.95; 3,30, 

, 2,40: 1,80 1.40, 0.95 
l.ÖOj 1,40; 1,00 0,701 
2,151 L85| MOj 0.90 

0.75; 0,55 
0.35| 0,40 
; 0.70, 0.70 

5,45 

5,76 

5,70 


Gärverlauf in gewöhnlichem Most. 



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Tag 

2 . 

Tag 

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Albo . . 

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0,07 1 
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0,07; O.lOi 0,70 4,40 5,40; 3,85; 3.75; 2,90 2,60' 2,40 2,20 

o.io 0,20 ans 5,43 5 . 3213 , 40 * 3 . 15 ; a,eo ! 2 , 20 ! 1 , 9011,45 

0,07] 0,20 2,40; 5,85 5,20| 3,10] 2,70j 2,25' 1,95 1,60| 1,65 

9,56 

9,56 

8,84 


Gärverlauf in auf 21,5% gezuckertem Most. 


Es sollen deshalb im kommenden Sommer mit der neuen Hefe 
Versuche in größerem Maßstabe durch Vergärung von Johannis¬ 
beermosten angestellt werden. Fallen diese günstig aus, was wohl 
anzunehmen ist, da auch die Bouquetbildung, soweit Laboratoriums¬ 
versuche eine Beurteilung derselben zulassen, allen Anforderungen 
genügt, so wird die Hefe unter die an die Praxis abgegebenen 
Reinhefen aufgenommen werden. 

In morphologischer Beziehung ist von den neuen Rassen kaum 
etwas Bemerkenswertes mitzuteilen, höchstens daß einige, besonders 
die Bika, auffallend große Zellformen aufweisen. Die Erdi ballt 
außerdem bei der Gärung sehr stark zusammen, ähnlich wie die 
Rasse Steinberg 92, die deshalb für die Champagnerfabrikation sehr 
geeignet ist. 

2 . Der Einfluss der Weinsteinausscheidung auf den Säure- 

rfickgang der Weine. 

Es ist eine bekannte, durch die neueren gärungsphysiologischen 
Untersuchungen besonders von Kulisch, Mülier-Tburgau, Wort¬ 
mann, A. Koch und Seifert auch genügend begründete Erschei¬ 
nung, daß der Wein während und nach der Gärung in seinem 
Säuregehalt stetig zurückgeht. Die genannten Forscher erbrachten 
den Nachweis, daß die Tätigkeit von Organismen und von diesen 
vor allem einer Gruppe säureverzehrender Bakterien die Ursache 
für diesen Säurerückgang ist, daß wir es bei demselben also mit 
einem komplizierten für das Werden des Weines aber äußerst 
wichtigen Prozeß physiologischer Natur zu tun haben. 1 ) 

Bis zu einem gewissen Grade ist aber auch ein chemisch¬ 
physikalischer Vorgang bei demselben beteiligt, nämlich die durch 
die Entstehung des Alkohols bewirkte Ausscheidung des Weinsteins. 

') Man vergl. auch Boottic her. Uber den Säureriickgang beim Wein- und 
dessen Ursachen. Mitteilungen über Weinbau und Kellerwirtsehaft 1905, 70. 


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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 


245 


Dieses in jedem Weine vorkommende Salz, bekanntlich saures wein¬ 
saures Kalium, ist in einer wässerigen Lösung wie dem Most leichter 
löslich als in einer alkoholhaltigen Flüssigkeit wie dem Wein, der 
Überschuß muß sich infolgedessen in Kristallen ausscheiden, und 
diese sinken zugleich mit der Hefe und den anderen den Most 
trübenden Bestandteilen zu Boden und werden beim Abstich entfernt 

Kulisch 1 ) stellte eine Berechnung darüber an, wie groß diese 
Ausscheidung und der durch sie bewirkte Säurerückgang sein wird. 
Nach Chancel lösen 100 ccm Most bei 15° C. 0,453 g Weinstein, 
100 ccm Wein mit 10 Vol.-°/ 0 Alkohol lösen bei 5° C. 0,175 g und 
bei einem Alkoholgehalt von 15 Vol.-% nur noch 0,120 g Weinstein. 
Es würden also 100 ccm Most durch das Auftreten des Alkohols 
und die Temperaturerniedrigung 0,278 resp. 0,333 g Weinstein aus¬ 
scheiden, je nachdem der Alkoholgehalt auf 10 oder 15 Vol.-°/ 0 steigt. 
In Promille Weinsäure umgerechnet würde die Ausscheidung im 
ersten Falle einen Säurerückgang von 1,10% 0 , im letzteren Falle 
von 1,33 %o bedeuten. 

Es schien nun interessant, diese durch theoretische Erwägungen 
auf indirektem Wege gefundenen Zahlen durch einen praktischen 
Versuch zu bestätigen, also die Menge von Weinstein direkt ana¬ 
lytisch zu bestimmen, die in einem Faß Wein während oder nach 
der Gärung sich ausscheidet und beim Abstich mit der Hefe ent¬ 
fernt wird. Zu dem Zwecke mußte zunächst die Trockensubstanz 
des Gesamttrubes und m diesem dann der Weinsteingehalt bestimmt 
werden. 

Am 22. März 1905 erhielt ein Halbstück mit genau 600 1 
Inhalt nach den gewöhnlichen kellerwirtschaftlichen Methoden seinen 
ersten Abstich, indem der Jung wein so weit als möglich klar ab¬ 
gezapft, dann der trübe Wein für sich aufgefangen, und die dicke 
Hefe unter Benutzung des Blasebalges aus dem Faß entfernt wurde. 
Mit dem trüben Wein wurde das Faß ausgeschwenkt, und Schwenk¬ 
wein und Trub zusammen in einen Ballon gefüllt Der Versuchs¬ 
wein war ein Fuchsberg Kiesling Auslesewein von ganz vorzüglicher 
Qualität mit einem Mostgewicht von zirka 110° Öchsle. Über seine 
chemische Zusammensetzung geben nachstehende beide Analysen 
Aufschluß, von denen die eine nach der Hauptgärung, die andere 
vor dem ersten Abstich ausgeführt wurde. 


Tag 

Gesamt-Säure 

Alkohol 

Alkohol i 


der Untersuchung 

0/ 

00 

£ 

Vol.-% ; 

Zucker 

2 . XII. 1904 .... 

8.C).") 

8,70 i 

11.04 

5,890 

17. III. 1905 .... 

8,40 

8,84 j 

11,14 ; 

4,814 


Nach etwa 14 tägigem Stehen hatte sich der Trub in dem Ballon 
soweit abgesetzt, daß der überstehende klare Wein abgehebert, und 
die Hefe in zwei Preßsäcke gefüllt werden konnte. Dann wurde 
4 Tage lang langsam mit immer stärkerem Druck abgepreßt. Der 


') Weinbau und Wein Handel 1889, 409. 


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246 111. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 

abgeheberte Wein sowohl, wie der Preß wein waren nur schwach 
trüb, so daß auf die verhältnismäßig verschwindend kleinen Mengen 
in denselben suspendierter Hefe verzichtet werden konnte. Die 
beiden Preßsäcke mit der Hefe wurden gewogen, dann die Hefe¬ 
kuchen herausgenommen, was sich sehr gut machen ließ, da die 
Hefe zusammenhaftete und sich im ganzen von der Leinwand los¬ 
löste. Endlich wurden die leeren Säcke zurückgewogen. Die Hefe¬ 
kuchen selbst wurden vollständig bis zu etwa erbsen- bis bohnen¬ 
großen Stücken zerkrümelt, und daraus 8 Proben zu Trockensubstanz- 
und Weinsteinbestimmungen entnommen, wobei in jedes tarierte 
Trockengläschen Hefestückchen aus möglichst verschiedenen Stellen 
der flach ausgebreiteten Hefe ausgewähit wurden. 

Sack I wiegt mit Hefe 4299 g und leer 379,0 g 
II „ „ „ 5538 „ „ ,, 344,0 „ 

Summa 9837 g und 723,0 g 

In dem Halbstück sind also vorhanden 9114 g feuchte Hefe. 

Die Hefeproben wurden in den Trockengläschen zuerst bei 100, 
später bei 105° solange getrocknet, bis zwei aufeinanderfolgende 
Wägungen keine zu berücksichtigende Gewichtsdifferenz mehr er¬ 
gaben. Es war dazu ein über lOstündiges Erhitzen notwendig. 
Die Tabelle gibt über die Zahlen Aufschluß. 


Treckeng 

leer j 

'laschen 

mit Hefe 

c? > ! « £> 

| ? ä. 2. 5 % 

S-g 1 |f | S-f? 

E5 c iT 13 £ £ *“ 

c Sr . - - p - ~ 

JT c =§. 

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Nach 

weiterem 

Trocknen 

a ? 

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% £- 
£ a 

N i 

g 

er c 

X “■ 

s 

N 7 

0 

. 0 

22,75TH 

29.5893 

6.8320 26.6522 2(5,503!) 

26,4119 

( ! 

26.4010 1 

3,6437 

53.33 

28,11)20 

35,2974 

7.1054 32,2599 32,0890 

31.9912 

31,9896 

3,7976 

Oil.J.) 

31,1 H77 

40.1120 

8,9748 30,3452 36,1457 

36,0125 

36.0100 

4,8723 

54,29 

25,0100 

34.4181 

9.4081 30,4071 1 30.2181 

30.0287 

30,0253 , 

5.0153 

53.31 

52.2012 

59.6030 

7,3118 56.4086 1 56.2517 

56,1928 

7)6,1884 ; 

3.8972 

53.30 

21.HS04 

30.3887 

8,9993 20.5425 20,385(5 

26,1745 

20,1724 

4,7830 

*Kl,lt) 

H( >,5007 

38.(5803 

8,11(56 35.2031 35,0150 

34,8876 

34.8802 

4,3165 

53,18 

28,3" H 

3(5.8807 

8.5813 , 33.1855 j 33.0060 

, 32,8505 

32.8540 , 

4,5496 

53,02 


Wenn man berücksichtigt, daß ein in der Hefeprobe vor¬ 
handener Traubenkern, die Auswahl der Stücke vom Rande oder 
mehr aus der Mitte des Kuchens u. dergl. die Analyse wesentlich 
beeinträchtigen kann, so muß man mit der Übereinstimmung der 
Prozentzahlen wohl zufrieden sein. Als Mittelwert der 8 Bestim¬ 
mungen ergiebt sich 53,35% Trockensubstanz der abgepreßten Hefe. 

An wasserfreier Hefe inklus. Weinstein, Eiweiß und Ver¬ 
unreinigungen waren in dem Halbstück also 4861,3 g vorhanden. 

Die Bestimmung des Weinsteins geschah in der Weise, daß 
einige der Hefeproben mit einer zur Neutralisation des Weinsteins 
mehr als ausreichenden Menge Kalilauge von bekanntem Gehalt 
(cirka %-normal) gekocht wurden: die überschüssige Kalilauge 
wurde dann mit ’ j,,-normal Schwefelsäure zurücktitriert. Aus dem 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereiuzuehtstation. 


247 


Verbrauch an Schwefelsäure läßt sich der Gehalt an Weinstein leicht 
berechnen. Das Nähere ergibt sich aus folgender Tabelle: 


Trockensubstanz 
der Hefe 

Kalilauge 

ccm 

Weinstein 

S 

Weinstein der 

i Trockensubstanz 

0 

O 

4,8723 i 

110,0 

2.00800 

42,4 

5,0153 

113,3 

2,13004 

42,4 

1.3105 

101.4 i 

1,90032 

i 44,2 

4.5490 | 

99.0 

1,87248 

41.2 


Im Mittel dieser 4 Bestimmungen ergeben sich 42,54% der 
Trockensubstanz des Trubes als Weinstein. Auf die Gesamtmenge 
umgerechnet besagt diese Zahl, daß in den 4861,3 g trocknen Ge¬ 
lägers 2068 g Weinstein enthalten sind. Wenn auch der Weinstein¬ 
gehalt des Mostes je nach dem Reifezustand der Trauben, nach der 
Traubensorte, der Temperatur der Maischen usw. gewissen Schwan¬ 
kungen unterworfen ist, so kann man nach diesen Versuchen doch 
sagen, daß rund 2 kg Weinstein a Is Nebenprodukt der Wein¬ 
bereitung gewonnen werden. Rechnet man die gefundene Zahl 
in Weinsäure um, so bekommt man 825 g pro 600 1. Pro Liter 
würde also durch die Weinsteinausscheidung ein Säurerückgang um 
1.37 % 0 verursacht sein, also genau so viel, wie Kulisch in der 
eingangs zitierten Arbeit aus dem Löslichkeitskoeffizienten von 
Weinstein in Most resp. in Wein berechnet. Daß dieser Säure¬ 
rückgang in der oben angeführten Analyse des Jungweins nicht zu 
Tage tritt, beruht darauf, daß während der Gärung geringe Mengen 
von Bernsteinsäure und Essigsäure gebildet weiden, wodurch der 
gleichzeitige Säureverlust ausgeglichen wird. 

3. Der Einfluss der im Most gelösten Luft auf die GürtBtig- 

kelt der Hefe. 

Bei der Heranzüchtung von größeren Mengen Hefe, wie sie 
für die später mitgeteilten Studien über den Glykogenabbau benötigt 
wurden, war eine interessante Beobachtung gemacht worden, die des 
weiteren näher verfolgt wurde. Von zwei Flaschen mit zirka 10 1 
Most war die eine wie gewöhnlich im strömenden Dampf sterilisiert. 
Die andere dagegen wurde nur mit 90 prpzent. Alkohol gut aus- 
gespiilt, und nach dem vollkommenen Ablaufen des Alkohols der 
noch warme Most hineingegossen. Die Hefeausbeute war in dieser 
Flasche eine sehr viel bessere, auch ging die Gärung schneller von 
statten. Es konnte dies nur darauf zurückgeführt werden, daß durch 
das lang dauernde Pasteurisieren der ersten Flasche (die Flasche 
muß bei der großen Flüssigkeitsmenge sehr langsam angeheizt und 
ebenso abgekühlt werden, uin ein Zerspringen zu vermeiden) die 
Luft so gut wie vollständig aus dem Moste verdrängt und auch 
beim Abkühlen nur wenig Sauerstoff absorbiert wurde, und daß 
dieser Mangel an Sauerstoff der Grund der schlechten Gärung w>ar. 


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248 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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Um dies zu kontrollieren und damit gleichzeitig den Einfluß 
der im Most gelösten Luft auf die Gärung experimentell zu prüfen, 
wurden zwei Gärflaschen mit je 400 ccm des gleichen Mostes be¬ 
schickt, und dann beide gleichzeitig 2 Stunden lang im strömenden 
Dampf erhitzt, um möglichst alle Luft aus der Flüssigkeit zu ver¬ 
drängen. Nun wurde die eine noch heiß mit Gärspunden ver¬ 
schlossen, die andere dagegen durch ein 2 Stunden langes Durch¬ 
leiten von steriler Luft durch die erkaltete Flüssigkeit wieder mit 
Luft gesättigt. Dann wurde auch auf diese Flasche ein Gärspunden 
aufgesetzt, beide mit je einer Öse Steinberg 92 beimpft und der 
Gärverlauf an der Hand des durch tägliche Wägungen bestimmten 
Kohlensäure-Verlustes verfolgt. Bei diesem Versuch handelt es sich 
also nicht um den bekannten Lüftungsversuch, bei dem während 
der Gärung fortwährend Luft durch die Flüssigkeit getrieben wird 
und daher mit prinzipiell anderen Lebensbedingungen für die Hefe 
zu rechnen ist, sondern es kommt nur die von Anfang an in dem 
Most gelOste Luft in Frage. 

Die täglichen Gewichte der Flaschen bezw. die Verluste an 


Kohlensäure sind folgende: 

Luftfrei . . | 
Lufthaltig . . | 

797,30 1 797,30 
752,801 752,80 

797,3oj 797.10 796,05 794.60 792,65i 791,00 789,37 

— 0.20' 1,05 1.45| 1,95 1.65 1.63 

751,82 745,851 739,27 1 736,50, 734,77, 733,65 732,80 

0,98 5,97 i 6,58, 2.77 j 1.73| 1,12 0,83 


Nach Beendigung des Versuches wurde die klare Lösung von 
der am Boden fest zusammengeballten Hefe in einen tarierten Kolben 
abgegossen, durch Schütteln die gelöste Kohlensäure vollkommen 
entfernt, und dann durch Wägen sowohl des Kolbens als der Gär- 
flascbe die Gesamtmenge der gebildeten Kohlensäure bestimmt. In 
der C0 2 -freien Flüssigkeit wurde der Alkoholgehalt bestimmt und 
endlich auch die Trockensubstanz der gebildeten Hefe durch Filtrieren 
derselben durch gewichtskonstante Filter, Auswaschen und Trocknen 
bei 105° ermittelt. Die Resultate sind folgende 

Gesamt-CO, Alkohol liefe 

g pro 100 ccm g 

Luftfrei .... 10,95 3,12 g 0,4465 

Lufthaltig . . . 19,93 5,70 g 1,3419 

Der Unterschied im Gärverlauf sowohl, wie auch in der Menge 
der gebildeten Gärprodukte ist aiso ein ganz gewaltiger. 

Offenbar wurde der Zell Vermehrung in der Flasche mit 
luftfreiem Most sehr bald ein Ziel gesetzt, und es ging dann auch 
die Gärung bei der viel geringeren Anzahl von Zellen entsprechend 
langsamer von statten. Daß die einzelne Zelle eine geringere Gärungs¬ 
intensität entfaltet hätte, also auch für ihre Gärtätigkeit, abgesehen von 
der Vermehrungstätigkeit, auf die Anwesenheit von Luft angewiesen 
wäre, scheint nach diesem Versuch nicht der Fall zu sein, da zirka 
1 / 3 der Hefezellen in dem luftfreien Most über die Hälfte des im 
lufthaltigen Moste erzeugten Alkohols gebildet also im Gegenteil 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstatiou. 


249 


sogar eine intensivere Tätigkeit entfaltet haben, als die im lufthaltigen 
gewachsenen. 

Um die Menge von Luft bezw. Sauerstoff zu bestimmen, die 
in einem bestimmten Quantum von Most gelöst ist, wurden 6 Gär¬ 
flaschen mit vorher ausgemessenem Inhalt annähernd mit Most ge¬ 
füllt und sterilisiert. Durch ein 8 Stunden langes Durchleiten von 
steriler Luft wurde der Most in sämtlichen Flaschen wiederum mit 
Luft vollkommen gesättigt. Sodann wurden aus der sechsten 
Flasche die fünf anderen vollkommen vollgefüllt und an Stelle des 
doppelt durchbohrten ein einfach durchbohrter Gummistopfen mit 
einem längeren Glasrohr aufgesetzt, das in einer engen Spitze unter 
einem unter Wasser befindlichen Eudiometer endigt. Dabei wurde 
dafür Sorge getragen, daß weder unter dem Stopfen noch auch im 
Glasrohr kleine Luftbläschen zurückbliebeu. Nunmehr erhitzte ich 
die Mostflaschen 3—8 Stunden in einem siedenden Wasserbad, wo¬ 
durch die im Most gelöste Luft in das Eudiometer übergetrieben 
wurde; durch zeitweiliges Klopfen an die Flaschen wird dies er¬ 
leichtert Das Luftvolumen im Eudiometer wurde in der üblichen 
Weise bei Atmosphärendruck und Zimmertemperatur (20° C.) ab¬ 
gelesen. Über die Ergebnisse des Versuches gibt folgende Tabelle 
Aufschluß. 


Inhalt der 
Flaschen 

ccm 

Dauer des 
Erhitzens 

Stunden 

Eudiometer- , 
ablesung 

ccm 

Luft pro 
100 ccin 

ccm 

Sauerstoff ! 
pro 100 ccm 
|== V ß der Lufti 

j ccm | 

Sauerstoff 
pro 100 ccm 

g 

(>30 

4,5 

1 0,95 

0,15 

i 

0.030 

0,000043 

T>40 

0,0 

1,10 

0,17 

0,034 ; 

0,000048 

04.") 

0,0 

1.00 j 

0,15 

; 0.11.30 

0.000043 

035 

8.0 

1 1,80 ! 

0,28 

0.056 

0.000080 

000 

8,0 

, 2.20 1 

0,33 

| 0,066 

0,000094 


Aus der Tabelle geht hervor, daß es nur ganz minimale 
Mengen von Luft und also auch von Sauerstoff sind, die der Most 
gelöst enthält, und daß es eines sehr langen Kochens bedarf, 
um diese Spuren vollkommen aus der Flüssigkeit zu verdrängen. 
Der bei dem oben beschriebenen Gärversuch zwei Stunden lang er¬ 
hitzte Most war also jedenfalls noch nicht vollkommen luftfrei, und 
doch hat die Erniedrigung des Sauerstoff-Gehaltes um nur s /, 00 Milli¬ 
gramm schon einen so großen Effekt in dem Gärverlauf hervor¬ 
gebracht. Dies Resultat legt die Vermutung nahe, daß vielleicht 
jede Entwicklung der Hefe unterbleiben würde, wenn es gelänge, 
einen Most wirklich vollkommen vom Sauerstoff zu befreien. Ob 
dies freilich praktisch überhaupt erreichbar ist, müssen erst weitere 
Versuche lehren. 

Auf andere Weise hat Wortmann dies Problem früher in 
bisher noch nicht veröffentlichten Arbeiten zu lösen versucht. Er 
brachte Hefe in einen hängenden Tropfen ausgekochten Most und 
leitete während der ganzen Dauer der Beobachtung fortgesetzt Kohlen¬ 
säure durch die feuchte Kammer. Dabei zeigte die Hefe aber aus- 


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250 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 

nahmslos, wenn auch spät eine langsame Vermehrung, so daß das 
Vorhandensein von Sauerstoff also kein unbedingtes Erfordernis für 
die Zellvermehrung zu sein scheint. 

Für die Praxis der Weinbereitung haben die von mir un- 
gestellten Versuche insofern eine Bedeutung, als sie die auf die 
Tätigkeit der Hefe anregende Wirkung des Lüftens von Weinen er¬ 
klärlich machen. Zuweilen macht man von dieser anregenden 
Wirkung bekanntlich absichtlich Gebrauch, um steckengebliebene 
Weine durch die Gärung durchzubringen, zuweilen schlagen aber 
auch schon fertige aber noch zuckerhaltige Weine in recht unlieb¬ 
samer Weise infolge der durch die Lüftung angeregten neuen Hefe¬ 
vermehrung nachträglich wieder um. In Mosten wird es bei der 
Art deren Gewinnung wohl nie an der nötigen Luft fehlen, wohl 
aber wäre es denkbar, daß ältere Weine, die vor der Umgärung 
pasteurisiert wurden, infolge Luftmangels eine schleppende Gärung 
zeigen, so daß dann eine nochmalige Lüftung angezeigt wäre. 


4. Beiträge zur Chemie der Glykogcn-Jod-Reaktion. 

Über die Glykogen-Jod-Reaktion liegen von chemischer Seite 
so gut wie gar keine Arbeiten vor, während dieselbe seitens der 
Botaniker vielfach zum Nachweis des Glykogens in pflanzlichen 
Zellen herangezogen wurde. Uabei gibt beinahe jeder Autor eine 
andere Konzentration der zu benutzenden Jod-Jodkaliumlösung an. 
So verwendet Meißner 1 ) auf 100 ccm Wasser und die entsprechende 
Menge Jodkalium 7 g Jod, Heinze 2 ) 5 g, Will 3 ) l 2 / 3 g. Henne¬ 
berg 4 ) sogar nur 0,1 g und weniger. Ünter diesen Verhältnissen 
erscheint es angebracht, die Glykogenreaktion auch einmal vom 
chemischen Standpunkte aus zu beleuchten. 

Nach von mir angestellten Versuchen ist die Verbindung des 
Glykogens mit Jod eine überaus lockere, und gleicht in der Be¬ 
ziehung der bekannten blaugefärbten Jodverbindung der Stärke. 
Durch Zusatz von Natriumthiosulfat werden beide momentan ent¬ 
färbt, indem das Jod mit diesem Salz in Reaktion tritt; ja durch 
bloßes Erwärmen werden beide Verbindungen oder besser gesagt 
Färbungen zerstört, um dann beim Erkalten von neuem gebildet zu 
werden. Trotzdem danach auch die Jodstärke schon ungeheuer labil 
ist, ist die Affinität des Jods zur Stärke doch noch immer weit 
größer als die zum Glykogen. Das ergibt sich aus folgenden von 
mir ausgeführten Versuchen. 

Versetzt man zwei gleiche Mengen durch Jod intensiv braun 
gefärbten Hefetrubs, die eine mit etwas Wasser, die andere mit dem 
gleichen Volumen Stärkelösung, so erscheinen bei der mikroskopischen 
Kontrolle die Zellen in letzterer viel weniger braun als im Wasser. 


*) Bakt.-Central-Blatt VI, f>_! 1. 

-) Bakt.-Central-Blatt XII. 04. 

: ‘) Zeitsehr. für das gesamte Brauwesen 1000, 073. 

4 ) Zeitschr. für Spiritus-Industrie 1902, Xu. 35 — 39. 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuehtstatiou. 


‘251 

Wurde zur Färbung der Hefezellen nur sehr wenig Jod benutzt, 
so bleiben dieselben bei Zusatz von nicht allzuviel Wasser noch 
schwach bräunlich, mit der gleichen Menge Stärkelösung dagegen 
werden sie vollkommen farblos, während die Lösung selbst momentan 
blau wird, gleichzeitig auch ein Beweis dafür, daß die Zellmem¬ 
branen bei der Beobachtung dieser Reaktionen kein Hindernis bieten. 

Umgekehrt: setzt man zu einer Aufschwemmung von glykogen¬ 
haltigen Hefezellen in Stärkelösung tropfenweise Jodlösung, so färbt 
sich die Lösung zuerst rein blau; in diesem Stadium erscheinen die 
Hefezellen nach dem Absitzen vollkommen ungefärbt und bleiben es 
auch beim längeren Stehen: auch die einzelne Zelle ist bei der mikro¬ 
skopischen Prüfung farblos. Erst bei weiterem Zusatz von Jod tritt 
makroskopisch eine schwärzliche Mischfarbe ein, und jetzt erst beginnen 
auch die Hefezellen sich braun zu färben. Aus diesen Versuchen 
geht einwandsfrei hervor, daß das Jod stets zuerst zur Stärke geht, 
wenn es die Wahl zwischen dieser und dem Glykogen hat, ja 
daß die Stärke schon vorhandenem Glykogenjod unter Entfärbung 
desselben und eigener Bläuung das Jod entzieht. 

Noch frappanter treten diese Tatsachen bei folgendem Versuch 
hervor, der für die Beurteilung der Sachlage überaus charakteristisch 
ist. Eine Aufschwemmung von glykogenhaltiger Hefe in Stärke¬ 
lösung nimmt bei Gegenwart von viel Jod einen olivgrünen Farben¬ 
ton an. Läßt man zu dieser Lösung rasch Thiosulfat in der richtigen 
Menge zufließen, so bekommt man aus dem Olivgrün einen momen¬ 
tanen Farbenumschlag in Rotbraun, und diese Farbe geht dann 
beim Umschtitteln sofort in ein reines Blau über. Dieser Versuch 
wirkt bei richtiger Ausführung, wobei es hauptsächlich auf die 
gerade ausreichende Menge Thiosulfat ankommt, überaus über¬ 
raschend Die Erklärung ist folgende: Der olivgrüne Ton ist die 
Mischfarbe aus dem Rotbraun der Zellen, dem Braum des freien 
Jods und dem Blau der Jodstärke. Das einfließende Thiosulfat nimmt 
nun zunächst das freie Jod auf, und dann das Jod der Jodstärke. 
Die Folge davon ist, daß in diesem Augenblick die reine rotbraune 
Farbe der glykogenhaltigen Hefezellen zu Tage tritt. Denn das 
Glykogen ist der Stärke gegenüber insofern im Vorteil, als es sich 
in einer allseitig geschlossenen Zelle befindet, deren Membran 
wenigstens für einen Augenblick vor der Wirkung des Thiosuifats 
geschützt hat. Aber nur für einen Augenblick, denn schon im 
nächsten Moment entzieht die nunmehr ungefärbte Stärke dem 
Glykogen sein Jod, wird dabei selbst blau, und nun erscheinen die 
Hefezellen farblos. Bei weiterer Zugabe von Thiosulfat verschwindet 
dann natürlich auch die blaue Farbe. 

Gegen W iisser verhält sieh die Jodstärke insofern prinzipiell 
anders als das Jodglykogen, als man letzteres durch Waschen mit 
immer neuen Mengen Wasser vollkommen entfärben kann, was bei 
der Jodstärke nicht gelingt, die bei noch so häufigem Dekantieren 
ihre blaue Farbe behält. Sowohl freies Glykogen wie auch glykogen¬ 
haltige Hefezellen dagegen werden schon beim einmaligen Aufgießen 
von viel Wasser wieder weiß; ich konnte dies sowohl mit größeren 


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252 III- Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 

Mengen im Becherglas, als auch mikrochemisch auf dem Objekt¬ 
träger konstatieren. 

Aus allen diesen Befunden muß man schließen, daß die Reaktion 
des Jods auf das Glykogen kein nach unveränderlichen Gewichts¬ 
verhältnissen verlaufender chemischer Prozeß ist, sondern ein rein 
physikalischer Färbevorgang. Das Jod befindet sich im Glykogen 
im Zustand der sogenannten festen Lösung. Bei der Reaktion findet 
gleichsam ein Kampf zwischen den Molekülen des Wassers und 
denen des Glykogens statt, wobei jede Partei das Jod für sich haben 
möchte. Für derartige Prozesse gilt aber das Massenwirkungsgesetz, 
nach dem die Substanzen im Verhältnis zu ihren Gewichten wirk¬ 
sam sind, und außerdem noch bei jeder eine gewisse Konstante, in 
diesem Falle die Löslichkeit des Jods einerseits im Wasser beziehungs¬ 
weise Jodkalium, andrerseits im Glykogen mitspricht. 

Aus dieser Erklärung erhellt die hohe Bedeutung, die die 
Konzentration der Jodlösung bei der Farbreaktion spielen muß. Aus 
einer verdünnten Lösung werden die gleichen Glyklogenmengen 
weniger Jod aufnehmen als aus einer konzentrierten, w r eil in ersterem 
Falle eine größere Wassermenge wirksam ist. Ferner: eine größere 
Glykogenmenge wird sich mit einer verdünnteren Lösung ebensogut 
nachweisen lassen, wie eine geringere erst mit einer konzentrierteren. 
Handelt es sich um den Nachweis von nur minimalen Mengen 
Glykogen, dann muß also die Konzentration der Lösung so hoch 
sein, daß auch die Wassermoleküle entsprechend wenig wirksam 
werden. Vom theoretischen Standpunkte aus betrachtet, müßte man 
also, um wirklich Vergleichsresultate zu erzielen, bei wechselnden 
Glykogenmengen auch die Konzentration der Jodlösung variieren. 
Das ist für die praktische Untersuchung natürlich nicht möglich. 
Für die Hefeuntersuchungen auf ihren Glykogengehalt, speziell zur 
Beurteilung der Absticbreife wurde bei allen meinen Versuchen stets 
die Lösung von Will, die auf 

100 ccm Wasser 5 g Jodkalium und l 2 / s g Jod 
enthält als die geeignetste befunden. Jedenfalls muß man sich nach 
obigen Erörterungen auf eine bestimmte Konzentration einarbeiten, 
da man sonst Gefahr läuft, in der Beurteilung der vorhandenen 
Glykogenmengen schwere Fehler zu begehen. 

5. Die Bedeutung des Glykogens fftr den Ausbau der Weine 
nach der Hauptgärung bis zum ersten Abstich. 

In Thiels landwirtschaftlichen Jahrbüchern veröffentlichte im 
vorigen Jahre Wortmann die Ergebnisse jahrelanger Versuche, 
durch die er den Beweis geliefert hatte, daß man die Abstichzeit 
der Weine einwandsfrei durch die mikroskopische Untersuchung 
der Trubhefe bestimmen kann. 

Bekanntlich ist der Wein ein Produkt der Tätigkeit der Hefe¬ 
organismen, die durch ihr Leben und Wirken in dem Moste, dem 

M Siehe auch vorigen Jahresbericht 8. 178. 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstatiou. 


253 


zuckerhaltigen Ausgangsmaterial der Weinbereitung, jene tiefgreifen¬ 
den Änderungen hervorbringen, die eben den Most zum Wein 
machen. Während ihrer intensivsten Tätigkeit in der Flüssigkeit 
frei schwebend und dadurch die bekannte Trübung des gärenden 
Mostes (Federweißen) hervorrufend, senken sich die Hefezellen gegen 
Ende ihrer Tätigkeit mehr und mehr zu Boden, um schließlich auf 
dem Grunde des Fasses ein dichtes Geläger zu bilden, während die 
überstehende Flüssigkeit sich allmählich klärt. Dieses Depot, dieser 
Trub muß dann aus dem Wein entfernt werden, wenn derselbe in 
seiner Güte nicht geschädigt, ja ungenießbar werden soll. 

In der Bestimmung des wichtigen Zeitpunktes für diesen „Ab¬ 
stich“ war man neben der chemischen Analyse bisher nur auf die 
Kostprobe und den Eintritt der Klärung angewiesen, also auf eine 
mehr oder weniger subjektive Beobachtung. Es ist Wortmanns 
Verdienst, eine Methode gefunden zu haben, die es gestattet, durch 
eine auf wissenschaftlicher Grundlage basierende Untersuchung 
diesen Zeitpunkt einwandsfrei zu bestimmen. Ohne auf Einzelheiten 
einzugehen, sei an dieser Stelle nur erwähnt, daß der durch die 
Jodfärbung leicht nachzuweisende Glykogengehalt der Hefezellen die 
wichtigste Handhabe für die richtige Beurteilung der Abstichzeit 
bietet. Während ihrer besten Ernährung, zur Zeit, wo der Most 
also noch Zucker enthält, speichern die Hefezellen das Glykogen in 
sich auf, um es dann, wenn ihnen von außen aus der vergorenen 
Flüssigkeit keine oder doch nur sehr wenig Nahrung geboten wird, 
wieder zu verarbeiten. 

Sticht man also ab, ehe die Zellen ihr Glykogen verbraucht 
haben, so verzichtet man auf die aus dem Glykogen entstehenden 
Abbauprodukte und die eben wegen ihres Glykogengehaltes und der 
durch denselben dokumentierten guten Lebensbeschaffenheit noch 
mögliche weitere Tätigkeit der Hefezellen. Läßt man die Hefe aber 
in dem Wein, auch wenn sie kein Glykogen mehr besitzt, also 
arbeitsunfähig und dem Absterben nahe ist, so wird der Wein durch 
die aus den absterbenden oder schon toten Zellen austreteuden 
Stoffe erheblich geschädigt. Man wird also bei der mikroskopischen 
Kontrolle auf den immer mehr abnehmenden Glykogengehalt zu 
achten haben. Zeit zur Entfernung der Hefe wird es nach Wort¬ 
manns Versuchen, wenn */., der Zellen glykogenfrei geworden 
sind. Wollte man nämlich solange warten, bis auch der letzte Rest 
des Glykogens in den jüngsten Zellen verschwunden wäre, so würden 
die ältesten, also m den ersten Stadien der Gärung entstandenen 
den Wein bereits ungünstig beeinflussen, und der von diesen ver¬ 
ursachte Schaden würde in keinem Verhältnis stehen zu dem Vor¬ 
teil, den die jüngsten also auch noch glvkogenhaltigen Zellen dem 
Weine noch bringen können. 

Es erhebt sich nun die Frage, inwiefern wird die chemische 
Zusammensetzung des Weines durch diesen Abbau des Glykogens 
verändert, oder ist eine solche Veränderung nach unseren bisherigen 
analytischen Methoden nicht zu beobachten? Zu dem Zwecke mußte 
zunächst die noch vollkommen offenstehende Frage beantwortet 


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254 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 

werden: „Um welche Mengen von Glykogen handelt es sich 
überhaupt pro Faß?" Nach der mikrochemischen Reaktion mit 
Jodlösung, die bei gutem Ernährungszustand der Zellen eine tief¬ 
dunkelbraune Färbung derselben erkennen läßt, ist man geneigt, 
mit großen Mengen dieses Reservestoffes zu rechnen. Wie die ein¬ 
gehenden Untersuchungen gezeigt haben, handelt es sich, auf die 
Menge Wein umgerechnet, aber nur um ganz verschwindende 
Prozentzahlen. 

Die Arbeit gliedert sich naturgemäß in 3 Teile nämlich 

a) Die Bestimmung der Hefemenge, die sich in einem 
gewissen Quantum Most bildet, 

b) die Bestimmung der Glykogenmenge, die in diesem 
Quantum Hefe in der Zeit der besten Ernährung vor¬ 
handen ist und, 

c) die Beobachtung, welche Veränderungen durch die 
Verarbeitung dieser Glykogenmenge hervorgerufen werden. 


a) Die Bestimmung der Hefemengen, die in einem gewissen Quan¬ 
tum Most gebildet werden. 

Naturgemäß werden die Hefemengen in keinem absolut kon¬ 
stanten Verhältnis zu der vergorenen 3Iostmenge stehen, sondern 
je nach der Menge der vorhandenen Nährstoffe und der im Most 
vorhandenen Luft, nach dem Gärverlauf während der ersten Stadien 
der Gärung, nach der Temperatur usw. verschieden groß ausfallen. 
Immerhin wird man unter gewöhnlichen Verhältnissen eine gewisse 
Norm aufstellen können. 

Um zunächst die Verhältnisse zu kontrollieren, wie sie sich 
im großen abspielen, wurde der S. 245 beschriebene Versuch an¬ 
gestellt, der gleichzeitig einen Rückschluß auf die gebildeten Hefe¬ 
mengen zuläßt, ln den ermittelten 4861 g trocknen Trubs wurden 
2068 g Weinstein nachgewiesen: es blieben für die Hefe ein¬ 
gerechnet die mechanischen Verunreinigungen des Mostes, Schmutz, 
Beerenhäute, Kerne usw., ferner das nachträglich ausgeschiedene Ei¬ 
weiß, also 2793 g pro 600 1; pro 100 ccm macht dies 0,46 g. 
Leider lassen sich jene anderen Stoffe nicht bestimmen, so daß die 
Zellsubstanz der Hefe allein jedenfalls einen niedrigeren Wert 
repräsentieren wird. 

Diesen Schluß bestätigen eine große Reihe von Versuchen, die 
zu dem Zwecke mit filtrierten und dadurch von den Verun¬ 
reinigungen befreiten Mosten angestellt wurden. Dabei habe ich 
die Moste zum Teil außerdem noch sterilisiert und mit Reinhefe be¬ 
impft, zum Teil spontan vergären lassen. Die gebildete Hefe wurde 
durch konstante in Trockengläschen gewogene Faltenfilter filtriert 
und mit heißem Wasser bis zum Ausbleiben der sauren Reaktion 
ausgewaschen. Dann wurde bei 105° bis zur Gewichtskonstanz ge¬ 
trocknet und gewogen. Die Hefe Steinberg 1892 wurde bei 
diesen und den späteren Versuchen deshalb gewählt, weil dieselbe 
stark zusammenballt und sich deshalb vorzüglich ohne jeden Verlust 


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Bericht über die Tätigkeit der llefereinzuchlstation. 255 


filtrieren und auswaschen läßt. Die Resultate der Gewichts¬ 
bestimmungen ergeben sich aus folgender Tabelle: 



Quan- 


Gebildete* 

liefe pro 

Material 

tum 

Vergoren 

Hefe | 

100 ccm 

com 

mit 


K 


Itheinhess. Most, sterilisiert u. filtriert . 

400 

Steinberg 92 

1,2933 

0,3233 

400 

1.2020) 

0.3000 


400 


1.3419 

0,3355 


2000 

1 

5.7649 

0,2882 


2000 


9,0709 1 

0,4535 


400 

! 

0,6931 

0,1733 


400 

i 

0,7861 

0,1965 


400 


0,6601 

0,1650 


400 


0,6937 

0,1734 

(»eisenheimer Fuchsberg filtriert 

400 

spontan 

1,1538 

0,2884 

400 

, 1,1163 

0,2791 


Als Mittel dieser Bestimmungen ergibt sich 

0,2706 g Hefetrockensubstanz pro 100 ccm. 


b) Die Bestimmung der Ciykogenmengen in der Hefe. 

Es wurden zwei Wege eingeschlagen, um die in der Hefe 
vorhandenen Glykogenmengen zu bestimmen, einmal wurde ma߬ 
analytisch die Menge Jod ermittelt, die von dem Glykogen absor¬ 
biert wird und aus dieser Zahl auf das vorhandene Glykogen zu¬ 
rückgeschlossen, und zweitens, wurde das Glykogen der Hefezellen 
durch Kochen mit Salzsäure invertiert und ais Zucker bestimmt. 


1. Mafsanalytische Bestimmung nach der Jodmethode. 

Drei Flaschen wurden mit je 2 1 Most derselben Zusammen¬ 
setzung gefüllt und mit gleichen Hefemengen der Rasse Steinberg 
1892 beimpft. Ais die Hauptgärung vorüber war und die Hefezellen 
bei der mikroskopischen Kontrolle einen starken Glykogengehalt 
aufwiesen, wurde die Flüssigkeit von der am Boden fest aufsitzen¬ 
den Hefe abgegossen und diese selbst mit Wasser in 3 Kölbchen 
gespült. 

Aus Kölbchen Ko. 1 filtrierte ich die Hefe auf zwei vorher 
bis zur Gewichtskonstanz getrockneten und gewogenen Faltenfiltem 
ab. dann wurde vollkommen ausgewaschen, bei 105° bis zur Ge¬ 
wichtskonstanz getrocknet und gew-ogen: 

Wägegläschen -(- Filter 52,1758 
,, + Filter + Hefe 57,9407 

Hefetrockensubstanz 5,7649 

Unter der Voraussetzung, daß in allen drei Flaschen bei den 
vollkommen gleichen Versuchsbedingungen auch gleiche Hefemengen 
sich gebildet haben, würden wir also mit diesem Wert, entsprechend 


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256 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


0,2882 g Hefetrockensubstanz pro 100 ccm zu rechnen haben, einer 
Zahl, die mit dem vorher aufgestellten Mittelwert gut überein¬ 
stimmt. 

Aus Kölbchen No 2. wurde die Hefe in ein 200 ccm- Maßkölb¬ 
chen gespült, das Spülwasser, sobald es sich geklärt hatte, abgegossen 
(wegen des starken Zusammenballens der Rasse Steinberg 92 er¬ 
folgt diese Klärung ziemlich rasch und das Abgießen des Spül¬ 
wassers ist mit kaum nennenswerten Verlusten verknüpft), 100 ccm 
titrierte Jodjodkaliumlösung mit zirka 1 % Jodgehalt auf die Hefe 
gegeben, bis zur Marke aufgefüllt und nach kräftigem Umschütteln 
wieder absitzen lassen. In der überstehenden klaren Flüssigkeit 
wurde dann die noch übrig gebliebene Jodmenge durch Titration 
mit 1 ; 10 -norm. Natriumthiosulfatlösung ermittelt. Auf 10 ccm der 
Lösung werden 2.8 ccm l / 10 n-Na 2 S 2 0 3 gebraucht, während der 
Titer 1 ccm = 1,28 ccm Vio n-Na 2 S 2 0 3 ist. 

Die Hefe aus Kölbchen No. 3 endlich wurde nach dem Ab¬ 
gießen des überschüssigen Wassers unter Watteverschluß bei 30 0 
stehen gelassen, damit das Glykogen durch Selbstgärung verschwinden 
sollte. 24 Stunden, wie Grüss 1 ) angibt, reichen dafür aber bei 
weitem nicht aus, sondern erst nach mehreren Tagen erwies sich die 
Hefe bei der mikroskopischen Kontrolle sc gut wie glykogenfrei. 
Der Geruch, der sich dabei entwickelt, ist in den ersten Tagen 
angenehm blumig, später unangenehm süßlich. Als die Hefe bei der 
mikroskopischen Kontrolle keinen Glykogengehalt mehr zeigte, wurde 
sie ebenfalls in ein 200 ccm-Kölbchen gespült und genau so weiter 
gearbeitet wie bei Kölbchen No. 2. 10 ccm der Jodlösung brauchen 
in diesem Falle noch 3,3 ccm 1 / 10 n-Na 2 S 2 0 3 . Die Differenz der 
beiden Jod bestimm ungen in 2 und 3 muß uns die durch das Gly¬ 
kogen absorbierte Jodmenge ergeben. 

Berechnung: 

Glykogenhaltige Hefe aus Kölbchen 2 

Titer der Jodlösung 1 ccm = 1,28 ccm l / 10 n-Na 2 S 2 0 3 

_ 100 „ =128 „ _ 

nach der Absorption I 10 „ == 2,8 ccm 1 / 10 n Na 2 S 2 0 3 

durch die Hefe \ 200 ., = 56 ,. ,. 

Durch die Hefe wurde also soviel Jod absorbiert als 128 — 56 
= 72 ccm */,„ Na 2 S 2 0 3 entspricht 

= 0,9144 g Jod. 

Glykogen freie Hefe aus Kölbchen 3 

Titer der Jodlösung 1 ccm = 1,13 ccm 1 / l0 n-Na 2 S.>O s 
_ 100 „ —113 „ ,. _ ' 

nach der Absorption f 10 ccm = 3.3 ccm l / l0 n-Na 2 S 2 0 3 
durch die Hefe \ 200 „ = 66 ,, „ 

J ) Zeitschrift für das gesamte Brauwesen lf)04. 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 


257 

Durch die glykogenfreie Hefe wurde also nur noch soviel Jod 
absorbiert als 113 —66 = 47 ccm Vio n-N'a 2 S 2 0 3 entspricht 

= 0.5969 g. 

Das Glykogen allein hat also 0,9144 — 0,5969 g = 0,3175 g 
Jod absorbiert. 

Da die Absorption des Jods durch das Glykogen, wie schon 
oben genauer nachgewiesen wurde, kein chemischer Prozeß ist, also 
nicht nach bestimmten in den Molekular- und Atomgewichten ge¬ 
gebenen Gesetzmäßigkeiten verläuft, so kann man aus der gefundenen 
Jodmenge die Glykogenmenge nicht direkt berechnen. Es mußte 
zunächst das Verhältnis zwischen Glykogen- und Jodmengen unter 
den gegebenen Versuchsbedingungen ermittelt werden. 

Zu dem Zwecke wurden in zwei Versuchsreihen je zirka 1 g 
käufliches, pulveriges, durch Erhitzen auf 100° getrocknetes Gly¬ 
kogen das eine Mal mit 100 ccm, dus andere Mal mit 150 ccm 
Jodlösung (Titer 1 ccm = 1,26 ccm Yio n-Na 2 S 2 0 3 ) iibergossen, 
auf 200 ccm aufgefüllt und nach dem Absitzen zurücktitriert Da¬ 
bei zeigte es sich, daß auch nach zweitägigem Stehen die an¬ 
scheinend klare abpipettierte braune Lösung nach der Titration stark 
opalescierend getrübt ist, ein Beweis dafür, daß sich Glykogen und 
damit auch ein Mehr an Jod in kolloidalem Zustande in der Lösung 
befand, und somit die aus der Differenz der Cubikcentinier verbrauchter 
Thiosulfatlösung sich ergebenden Jodwerte zu niedrig ausfallen müssen. 
Deshalb wurde die Flüssigkeit soweit als möglich von dem am 
Boden sitzenden Glykogen abgegossen, ein Teil dieser relativ klaren 
Lösung durch fortwährendes Wiederaufgießen auf ein kleines Falten¬ 
filter mit etwas Filtrierasbest bis zur vollkommenen Klärung filtriert 
und dann der Rest der Lösung auf das so vorbereitete absolut dichte 
Filter gegossen, um auf diese Weise durch vorherige Sättigung des 
Asbestes und Filters mit Jodlosung eine aus der Absorptionsfähig¬ 
keit dieser Materialien entstehende Fehlerquelle nach Möglichkeit 
zu beseitigen. Nach der Entfärbung mit Na 2 S 2 0 3 sind jetzt die 
Lösungen so gut wie klar. Für die Titration wurden die zuletzt 
ablaufenden Filtrate benutzt. 

10 ccm der in der beschriebenen Weise erhaltenen Flüssigkeit 
brauchen zur Entfärbung noch 5,65 ccm resp. 8,7 ccm Vio Na 2 S 2 0 3 - 
Djsung. Die angewandten Glykogenmengen betrugen im ersten Falle 
0,9295 g, im zweiten Falle 0,8513 g. 

Berech nung: 


I. 0.9*205 g 

Glykogen. 

— 100 ccm Jodlus. 

ii. o.s:*i3 

g Glyk. l. r >( 

) ccm Jodids. 

Titer d. Jodk 

>s. 1 ccm - 

1,2(5 ccm 1 . 1() Xa„S,0 3 

1 ccm = 

= l.-(> ccm 



100 „ — 

1 *J(> 

150 ,. 

-- IM) „ 

nachher: 

10 ccm - 

- 5,05 cem 

10 

ccm — M,7 

ccm 


200 - 

- 113,00 „ 

200 

— 174 



Das (ilykn^ri hat also soviel .lud absorbiert als 
12(3— 113 ccm -- 13 ccm | ISO— 174 ~ 15 ccm 

1 Na, S., O a - la'isung entspricht oder 

0,1651 g Jod. | 0,1905 g Jod 

< loi'o nlii-imer Bericht 


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25,S III. Bericht über die Tätigkeit dei wissenschaftlichen Institute. 


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Auch aus diesen Zahlen geht der große Einfluß sehr deutlich 
hervor, den die Konzentration der Jodlösung auf die Absorptions¬ 
fähigkeit des Glykogens für Jod äußert. In Versuch II, bei dem 
die auf das Glykogen wirkende Jodlösung um die Hälfte konzen¬ 
trierter ist als bei I, wird mehr Jod absorbiert als bei I, trotzdem 
die Glykogenmenge in diesem Falle sogar eine geringere ist Es 
finden also die S. 252 aufgestellten Behauptungen durch diese Ver¬ 
suche auch eine zahlenmäßige Bestätigung. 

Das Glykogen ist bekanntlich ein amorpher Körper, der sich 
nur äußerst schwierig von den anderen gleichzeitig mit ihm im 
Tier- und Pflanzenkörper vorkommenden Substanzen besonders den 
Gummi- und Schleimstoffen trennen läßt. Nur durch langwieriges 
Auskochen mit Kali, Fällen mit Alkohol, Wiederauflösen usw. ist 
dies dem wissenschaftlich arbeitenden Chemiker möglich, und auch 
dann nicht vollkommen, denn beinahe jeder Forscher ermittelte aus 
seinen Elementaraualysen eine etwas andere Molekularformel, was 
zweifellos darauf zurückzuführen ist, daß noch keiner wirklich absolut 
reines Glykogen in Händen gehabt hat. Bei dem verwendeten 
käuflichen Präparat mußte von vornherein angenommen werden, 
daß dasselbe mehr oder weniger stark verunreinigt sei. Es mußte 
deshalb, um die obigen Jodzahlen verwenden zu können, zunächst 
sein wirklicher Glykogengehalt festgestellt werden. 

Zu dem Zwecke wurde eine vorher getrocknete und genau 
abgewogene Menge des Glykogenpräparates durch 3 ständiges Kochen 
mit 25 ccm Salzsäure von 12,4°/ 0 HCl in Zucker übergeführt, und 
dieser in der üblichen Weise mit Fehlingscher Lösung bestimmt. 
Wegen der mitgerissenen organischen Substanzen wurde nicht das 
Kupferoxydul als solches, sondern erst das Kupfer nach der Reduk¬ 
tion im Wasserstoffstrome gewogen. 0,4033 g Glykogen gaben 
dabei (die Inversionsflüssigkeit wurde nach der Neutralisation auf 
100 ccm aufgefüllt, mit 10 ccm Bleiacetat gefällt, filtriert, vom 
Filtrat 80 ccm mit 5 ccm Soda vom überschüssigen Blei befreit, 
abermals filtriert, und von diesem Filtrat 50 ccm auf 50 ccm 
Fehlingsche Lösung benutzt) 0,2156 g im Wasserstoffstrome redu¬ 
ziertes Kupfer. Daraus ergibt sich durch Rechnung ein Gehalt von 
0,2690 g Zucker in der Inversionsflüssigkeit. Unter der Annahme, 
daß ein Molekül Glykogen durch Aufnahme von einem Molekül 
Wasser ein Molekül Dextrose ergibt, 1 ) berechnet sich hieraus die 
in den angewandten 0,4033 g käuflichen Glykogens vorhandene 
wirkliche Glykogenmenge mit 0,2421 g oder 60,0%- Unter Zugrunde¬ 
legung dieser Zahl, wonach die abgewogenen 0,9295 g Glykogen 
nur mit 0,5577 g und die 0,8513 g nur mit 0,5107 g in Rechnung 

' ) Cg II,r, O5 + H 2 O = C„ H i4 O,;. Nach Clan tri au. Etüde chimique du Glyko¬ 
gene, Brüssel 1805 8.45, sowie Külz und Born träger. Pflügers Archiv 1881 
ist die Formel des Glykogens allerdings (J (C G H 10 O.) -f- EL, O ; daraus ergibt sich 
ein Umreebuungsfaktor von Zucker auf Glykogen von 0,917, während er für die 
einfache Formel 0.9 beträgt. Pflüger, Zeitsehr. f. anal. Chemie 1905, 580 
gibt 0,927 an. Für unsere Zwecke reicht der gekürzte Wert natürlich voll¬ 
kommen aus. 


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Rerieht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstatiou. 


259 


zu ziehen sind, und der oben ermittelten Jodabsorbtionswerte ergibt 
sich, daß für 1 g absorbiertes Jod bei Versuch I 3,3 g Glykogen, 
bei Versuch II 2,6 g Glykogen zu rechnen sind. Auch aus diesen 
Zahlen erhellt wiederum die Tatsache, daß aus einer konzentrierteren 
Lösung (Versuch II) eine geringere Menge Glykogen (2.6 g) das 
gleiche Quantum Jod (1 g) aufzunehmen vermag, wie aus einer 
verdünnteren Lösung (Versuch 1) erst eine viel größere Glykogen¬ 
menge (3,3 g). 

Schon aus diesem Grunde, besonders aber auch deshalb, weil 
ein kleiner bei der Titration gemachter Fehler durch die Umrechnung 
vervielfacht wird, ergibt sich die nicht allzugroße Zuverlässigkeit 
dieser maßanalytischen Bestimmung des Glykogens. So wird beispiels¬ 
weise bei Versuch II die gefundene Zahl 2.6 auf 3,15 erhöht, wenn 
wir bei der Titration pro 10 ccm Jodlösung nicht 8,7, sondern 
8.8 ccm */io n-Na 2 S 2 0 3 gebraucht hätten. Ein solcher Fehler ist 
aber wohl schon durch geringe Ungeuauigkeiten der Pipetten, 
verschiedenes Abtropfen usw. bedingt. 1 ) Die maßanalytische Be¬ 
stimmung kann uns also nur Näherungswerte geben, und es wird 
für diesen Zweck genügen, wenn wir die Glykogenmenge auf das 
Dreifache der ermittelten Jodmenge annehmen. Da die Bestimmung 
sich aber äußerst schnell ausführen läßt, weil sie nur zwei Titrationen 
erfordert, so ist sie überall da am Platze, wo es auf eine absolute 
(Genauigkeit nicht ankomrat. 

Jetzt haben wir alle Faktoren, um den Glykegengehalt der 
untersuchten Hefe berechnen zu können. Mit Hilfe der zuletzt 
gefundenen Zahlen ergibt sich aus dem S. 257 ermittelten, durch 
das Glykogen absorbierten 0.3175 g Jod 0,9525 g Glykogen. Da 
die Hefetrockensubstanz 8. 255 mit 5,7649 g gefunden wurde, so 
beträgt der auf diese Weise festgestellte Glykogengehalt der im 
besten Ernährungszustand verarbeiteten Hefe aus 2 1 Most 

zirka 17% der Trockensubstanz. 

2. Gewichtsanalytische Bestimmung des Glykogens. 

In Anbetracht der Ungenauigkeit der maßanalytischen Methode 
wurde das Glykogen ferner gewichtsanalytisch nach der Inversion 
als Zucker bestimmt. Zu dem Zwecke wurde die Jodlösung von 
der glykogenhaltigen Hefe des Kölbchens No. 2 und der glykogen¬ 
freien des Kölbchens No. 3 vorsichtig abgegossen, und der zurück¬ 
bleibende braune Hefetrub durch langsames Zugeben von Natrium¬ 
thiosulfatlösung eben entfärbt. Dann wird die Hefe durch 3- bis 
4 maligen Zusatz von viel Wasser und Dekantieren desselben nach 

') Eine weitere Fehlerquelle liegt darin, daß die Jodlosung bei längerem 
Stehen auf der Hefo fortlaufend sinkende Mengen von Xa, S,U 3 braucht, offenbar 
deshalb, weil das Jod auch zur Oxydation der organischen Substanz der Zellen 
verbraucht wird. Hei Verwendung der Hefe Steinberg 1S'J2 erfolgt das Absitzen 
allerdings so schnell, daß diese Fehlerquelle weniger ins Gewicht fallt, bei anderen 
weniger gut zusanunenballendon Has>en dürfte sie aber recht erhebliche l T n- 
genauigkeiten hervorrufen. 

17* 


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260 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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dem Absitzen vollkommen ausgewaschen, bis eine Probe des Wasch¬ 
wassers mit Silbernitrat keine Fällung von AgCl mehr ergibt, somit 
frei von K J, dem Hauptbestandteil der zugesetzten Lösungen und 
der Wahrscheinlichkeit nach also auch von den übrigen löslichen 
und diffundierbaren Substanzen ist. Nunmehr wird die Hefe durch 
konstante Faltenfilter filtriert und bis zur Gewichtskonstanz bei 105 0 
getrocknet. Kölbchen No. 2 ergab dabei 3,7466 g stark glykogen¬ 
haltige, Kölbchen No. 3 2,9849 g glykogenfreie Hefe. Unter der 
berechtigten Annahme, daß in den beiden 2-Literflaschen bei den 
vollkommen gleichen Versuchsbedingungen annähernd gleichviel 
Hefe gebildet wurde und auch die unvermeidlichen kleinen Verluste 
beim Auswaschen und Dekantieren bei der gleichen Arbeitsweise 
annähernd dieselben waren, so würden 3,7466 g Hefe durch die 
Selbstgärung 0,7617 g Substanz, also annähernd 20% ihres Ge¬ 
wichtes verloren haben. Zum weitaus größten Teile ist dieser Ver¬ 
lust auf die Verarbeitung des Glykogens zurückzuführen, so daß 
auch diese Zahl einen Rückschluß auf den Glykogengehalt der Zellen 
zuläßt, wenn sie auch wegen des sonstigen Stoffwechsels beim Ab¬ 
arbeiten der Hefe etwas zu hoch gegriffen sein dürfte. 

Zur weiteren Kontrolle wurden annähernd gleiche Mengen der 
so erhaltenen trockenen Hefepräparate genau abgewogen und durch 
Erhitzen mit 25 ccm Salzsäure von 2,8% HCl 3 Stunden lang unter 
Rückflußkühlung im siedenden Wasserbade invertiert. Dann wurden 
die Lösungen neutralisiert, auf 100 ccm aufgefüllt, zur Entfernung 
der störenden Eiweissubstanzen 10 ccm Bleiacetat zugegeben und 
filtriert. Von dem Filtrat wurden 80 ccm mit 5 ccm Sodalösung 
zur Entfernung des überschüssigen Bleis versetzt und nach noch¬ 
maliger Filtration 25 ccm zur Znckerbestimmung mit Fehlingscher 
Lösung benutzt. 

Da das gebildete Kupferoxydul schon an der Farbe eine Bei¬ 
mengung organischer Substanzen erkennen ließ, so wurde es nicht 
als solches gewogen, sondern zuerst zur Verbrennung der Bei¬ 
mengungen stark erhitzt, dann im Wasserstoffstrome zu Kupfer 
reduziert und nun erst gewogen. Die glykogenhaltige Hefe des 
Kolbens No. 2 gab 0,1552 g Cu, die glykogenfreie des Kolbens No. 3 
0,1006 g Cu, wobei zur Inversion von ersterer 0,9127 g, von 
letzterer 0.8857 g angewendet wurden. Die 0,1552 g Cu entsprechen 
nach der Tabelle 0,0817 g Zucker in den verbrauchten 25 ccm der 

Lösung. Durch Multiplikation mit erhält man den Zucker¬ 


gehalt der gesamten Hefe mit 0,38195 g. Auf dieselbe Weise be¬ 
rechnet sich der Zuckergehalt bei Versuch No. 3 mit 0,24544 g. 
Diese letztere Menge Zucker muß, da die Zellen glykogenfrei waren, 
durch die Einwirkung der Salzsäure auf die celluloseartige Substanz 
der Zellwände entstanden sein. Daß es sich in der Tat nicht etwa 
um reduzierende Substanzen handelt, die schon im Inneren der Zelle 
als solche vorhanden sind, bestätigte ein Versuch, nach dem weder 
aus glykogenhaltiger noch auch aus glykogenfreier Hefe beim drei 
Stunden langen Erhitzen mit reinem Wasser statt Salzsäure auch 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 


261 


nur eine Spur auf Fehlingsche Lösung reduzierend wirkender 
Substanz aasgezogen werden konnte. 

Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Salzsäure nicht 
nur auf das Glykogen, sondern auch auf die Zellwände invertierend 
wirkt, müssen wir bei der weiteren Berechnung noch eine Korrektion 
anbringen. Denn offenbar enthält die spezifisch viel leichtere glykogen¬ 
freie Hefe in der gleichen Gewichtsmenge eine viel größere Anzahl 
von Zellen und somit auch eine größere Menge von Membransubstanz. 
Die Korrektur in der Rechnung wird ermöglicht durch die S. 260 
gemachte Angabe, daß die glykogenhaltige Hefe 20% ihres Gewichtes 
beim Abarbeiten verloren hat. Die angewandten 0,9127 g würden 
also glykogenfrei nur noch 0,7302 g wiegen, ohne daß die Zahl der 
Zellen und somit die Menge der Merabranstoffe verringert wäre. 
Die aus letzteren durch die Einwirkung der Salzsäure entstehende 
Menge Zucker läßt sich aber unter Zugrundelegung der gefundenen 
Analysenzahlen berechnen nach der Proportion 0,8857 : 0,24544 = 
0,7302 : x, wodurch sich x = 0,20189 ergibt. Diese Menge ist, weil 
durch Inversion der Zellmembranen entstanden von dem Gesamt¬ 
zucker 0,38195 abzuziehen, und man erhält dann den aus dem 
Glykogen allein gebildeten Zucker mit 0,18006 g. In Glykogen 
umgerechnet ergeben sich daraus 0,16205 g oder der Glykogen¬ 
gehalt der angewandten 0.9127 g wasserfreie Hele betragt 
17,7% der Trockensubstanz. 

Da bei dieser Versuchsanordnung alle Fehlerquellen, so die 
invertierende Wirkung der Salzsäure auf die Zellwände, die eventuelle 
Zersetzung etwa gebildeten Zuckers beim Kochen in der sauren 
Lösung, der Einfluß organischer Substanzen auf die Fällung des Cu 2 0, 
soweit dies überhaupt möglich ist ausgeschlossen wurden, so hat 
diese Bestimmung des Glykogengehaltes den Anspruch auf eine 
solche Genauigkeit, wie sie bei der schwierigen Bestimmbarkeit 
dieses Kohlehydrats überhaupt erreicht werden kann. Zudem stimmt 
sie mit dem auf vollkommen anderem Wege gefundenem Werte 
den Umständen nach gut überein. 


c) Die Veränderungen in der chemischen Zusammensetzung des 
Jungweins, welche durch die Verarbeitung des Glykogens hervor¬ 
gerufen werden. 

In dem ersten Abschnitt wurde ermittelt, daß pro 100 ccm 
Most im Mittel 0,2706 g Hefetrockensubstanz gebildet wird. Der 
zweite Abschnitt ergab, daß der Glykogengehalt dieser Hefe ca. 18% 
beträgt. Durch Kombination dieser beiden Resultate kommt man 
zu dem Ergebnis, daß die Menge Glykogen, die im besten Falle 
dem Wein zu gute kommen kann, 0.05 g pro 100 ccm ausmacht. 
Da aber nach Wortmann schon abgestochen wird, wenn % des 
Glykogens verbraucht sind, so würde sich dieser Wert weiter auf 
0,033 g erniedrigen. Unter der Voraussetzung, daß aus den Glykogen 
Zucker entsteht und dieser dann in normaler Weise vergoren wird, 
würde der Alkoholgehalt des Weines durch den Verbrauch des 


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III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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Glykogens auch im besten Falle nur um 0,018 g pro 100 ccm 
steigen können, d. h. einen Wert, den auch die exakteste Analyse 
nicht mehr nachzuweisen gestattet. Das von Wortmann 1 ) be¬ 
obachtete Steigen des Alkoholgehaltes eines Weines um 0,88 g pro 
100 ccm, das dieser Forscher auf die Verarbeitung des Glykogens 
zurückführen zu müssen glaubte, muß also unbedingt andere Ur¬ 
sachen gehabt haben. 

Nun wird aber ein zweifellos großer Teil des Glykogens durch 
die Atmung direkt in Kohlensäure übergeführt und der Best wird 
nicht ausschließlilich zur Alkoholbildung, sondern auch für andere 
Prozesse herangezogen werden, so daß die für die Bildung dieser 
einzelnen Produkte zur Verfügung stehenden Glykogenmengen noch 
weit geringer zu veranschlagen sind. Die Bedeutung des Glykogens, 
soweit es als Ausgangsmaterial für die Bildung von chemisch nach¬ 
weisbaren Stoffwechselprodukten in Betracht kommt, sinkt damit auf 
ein Minimum herab, da keiner dieser Stoffe auch nur annähernd in 
solchen Mengen entstehen kann, daß er analytisch einwandfrei be¬ 
stimmt werden könnte. 

Damit soll nun nicht gesagt werden, daß aus dem Glykogen 
nicht doch vielleicht Stoffe entstehen, die von großem Wert für den 
Wein sind. Es sei daran erinnert, daß zwei Weine in Bezug auf die 
chemisch bestimmbaren Stoffe eine ganz ähnliche, ja genau dieselbe 
Zusammensetzung haben und doch ganz gewaltige Unterschiede 
in ihrem Geschmack, in ihrer ganzen Art aufweisen können. 
Unsere Geschmacksnerven reagieren eben auf Milligramme von 
Körpern, wie z. B. auf die minimalen Mengen der Bouquetstoffe 
noch sehr stark, wenn uns die chemische Analyse bereits längst im 
Stich läßt. Nachweisbare Veränderungen in der chemischen Zu¬ 
sammensetzung insbesondere eine stärkere Zunahme des Alkohol¬ 
gehaltes müssen aber unbedingt auf andere Ursachen als den Ab¬ 
bau des Glykogens zurückgeführt werden. 

Die Beobachtung des Glykogengehaltes für die Beurteilung der 
Abstichzeit verliert trotz dieser Untersuchungen aber keineswegs an 
Bedeutung. Denn der Glykogengehalt der Zelle ist ein Beweis für 
ihre gute Lebensbeschaffenheit und Arbeitsfähigkeit. Da nun die 
Tätigkeit der Hefezellen mit der Umwandlung des Zuckers in 
Alkohol und Kohlensäure nicht beendigt ist, sondern auch während 
des Lagems auf dem Boden des Fasses ein weiteres Umformen der 
einzelnen Weinbestandteile unter ihrem Einfluß erfolgt, über das 
uns tiefere chemische Kenntnisse allerdings vorläufig noch abgehen, 
so ermöglicht uns eben die Beobachtung des Glykogengehaltes durch 
die ermöglichte Beurteilung des Lebenszustandes eine Kontrolle über 
diese Tätigkeit der Hefezellen. Wenn das Glykogen verschwunden 
ist, dann ist auch ein Arbeiten der Zellen nicht mehr möglich, 
und damit jeder weitere günstige Einfluß der Hefe auf den Wein 
ausgeschlossen. Allerdings ist auch diese Tätigkeit der Hefezellen 


') Wortmann, Untersuchungen über reine Hefen II. Teil. Thiels Land¬ 
wirtschaft!. Jahrbücher LS'j-l, 537. Hakt. Centr.-Blatt XII. 361. VI, ölS. 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstatiou. 


263 


nach der Gärung chemisch nur schwer nachweisbar. Denn auch bei 
ihr handelt es sich ebenso wie bei der Glykogenverarbeitung nur 
um äußerst geringe Mengen der fraglichen Stoffe, die meist inner¬ 
halb die unvermeidlichen Fehlergrenzen beim analystischen Arbeiten 
fallen. Dazu kommt, daß durch den Faßschwund Schwankungen in 
der chemischen Zusammensetzung des Faßinhaltes hervorgerufen 
werden, daß eine absolut gleichmäßige Probenahme ganz unmöglich 
ist, da der Faßinhalt bei einem Jungwein, der eben erst die 
Hauptgärung hinter sich hat, wohl kaum überall dieselbe Zusammen¬ 
setzung hat, was vor kurzem auch Baragiola und Meyerhofer 1 ) 
bestätigten, daß der Genauigkeit der Bestimmungsmethoden eine 
Grenze gezogen ist usw. Alles das greift zusammen, um eine Klar¬ 
legung der Sachlage durch Analysenmaterial große Schwierigkeiten 
entgegenzustellen. 

Dementsprechend ergab eine große Menge von Untersuchungen, 
die fortlaufend jede Woche an einer großen Anzahl von Weinen 
in der Zeit nach der Hauptgärung bis zum ersten Abstich vor¬ 
genommen wurden, keine auffallende Änderung in der chemischen 
Zusammensetzung, während der Glykogengehalt bei der gleichzeitig 
vorgenommenen mikroskopischen Untersuchung ein stetiges Sinken 
erkennen ließ. Vor allem konnte in fast keinem einzigen Falle 
ein Ansteigen des Alkoholgehaltes beobachtet werden, mit dem nicht 
gleichzeitig ein Schwinden von Zuckerresten Hand in Hand ge¬ 
gangen wäre. Es seien hier nur oinige wenige Zahlen angegeben, 
und auch nur die Ergebnisse der ersten Analyse nach dem Auf¬ 
füllen und der letzten vor dem Abstich, da die dazwischen liegen¬ 
den entsprechende Zahlen lieferten. 


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15. XI. 

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15. XI. 

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10. II. 

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15. XI. 

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8. XII. 

04. 

10.14 0,3715 

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O 

16. XII. 

04. 

8.77 

0.1836 

0,00 


30. 1. 

05. 

10,35 0,311*6 

0,79 


Auffallend ist, daß bei den meisten Analysen die Zuckerreste 
nicht nur nicht abgenommen, sondern im Gegenteil eine schwache 
Zunahme um ca. 0,03 g zeigen. Da diese Mengen ungefähr mit 
den zu erwartenden Glykogenmengen übereinstimmen, so wäre es 
möglich, daß das Glykogen zum Teil in einen auf Fehlingsche 

') r>. Jahresversammlung der freien Vereinigung deutscher Nahrungsmittel- 
Chemiker in Nürnberg. Chemik. Zeit. 11*06. 572. 


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264 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 

Lösung reduzierend wirkenden aber nicht vergärbaren Körper um¬ 
gewandelt würde, der also zu einer Erhöhung des Extraktgehaltes, 
allerdings auch nur innerhalb der analytischen Fehlergrenzen, bei¬ 
tragen würde. Die Mengen sind aber bei den oben erörterten Un¬ 
zuverlässigkeiten der Analysen zu gering, als daß ich die Bildung 
eines solchen Körpers als einwandfrei hinstellen möchte. In Nähr¬ 
lösung findet sie jedenfalls nicht statt. Es sollen über diesen Punkt 
noch Versuche angestellt werden. 

Zum Abschluß der vorliegenden Untersuchungen wurde noch 
eine weitere Versuchsreihe angestellt. Es wurde in ca. 10 1 durch 
Kochen vom Alkohol befreiten und wieder mit 15% Zucker ver¬ 
setzten Wein eine größere Menge glykogenhaltiger Hefe gewonnen 
und diese dann in einem kleinen Quantum Flüssigkeit der Selbst¬ 
gärung unterworfen. Auf diese Weise mußte eine Anreicherung 
und deshalb leichtere Bestimmbarkeit der etwa aus dem Glykogen 
gebildeten Stoffe ermöglicht werden. Die gebildete Hefe wurde 
sehr sorgfältig von etwa noch anhaftender Mostflüssigkeit befreit 
und dann in einer 1 / i - Literflasche mit steriler, nur anorganische 
Salze, etwa 6%o Äpfelsäure und 5 g Alkohol enthaltender Nähr¬ 
lösung übergossen. Die beim Waschen der Hefe Verwendeton 
Flüssigkeiten und Gefäße waren selbstverständlich steril, und 
es wurde überhaupt so gearbeitet, daß eine Infektion nach 
Möglichkeit vermieden wurde. Die %- Literflasche wird mit einem 
doppelt durchbohrten Gummistopfen geschlossen, durch dessen 
Bohrungen zwei knieförmig gebogene Glasröhren gehen, von denen 
die eine bis auf den Boden der Flasche reicht, während die andere 
direkt unter dem Stopfen endigt. Letztere wird durch einen guten 
Gummiscblauch mit einem großen mit CaO-freiem CaCl 2 -Rohr ver¬ 
bunden, an dieses schließt sich ein gewogener Kaliapparat, wie er 
für die organische Elementaranalyse benutzt wird, dann ein Natron¬ 
kalkrohr und zum Schluß eine mit konzentrierter Kalilauge gefüllte 
Peligotsche Röhre. Die über der Hefe stehende Flüssigkeit wurde 
vor und nach der Abarbeitung des Glykogens genau analysiert. Der 
ganze Apparat blieb nach dem Einfüllen der stark glykogenhaltigen 
Hefe in einzelnen Versuchen 1—4 Wochen lang sich selbst überlassen, 
dann wurde ein durch langsames Passieren eines langen Natron¬ 
kalkrohrs von Kohlensäure befreiter Luftstrom hindurchgesaugt, und 
so alle gebildete C0 2 in den Kaliapparat übergeführt. Durch die 
Differenz der beiden Wägungen desselben vor und nach dem Ver¬ 
such konnten also die durch die Atmung und Selbstgärung ge¬ 
bildeten Kohlensäuremengen ermittelt werden. 

In der Flüssigkeit selbst war insofern eine Änderung in der 
chemischen Zusammensetzung eingetreten, als der Extraktgehalt 
eine recht erhebliche Steigerung erfahren hatte. Diese Extrakt¬ 
zunahme ist aber bei weitem zum größten Teil auf den Austritt 
von Gummi- und Schleimstoffen, sowie Produkten der Selbst¬ 
verdauung aus den absterbenden Zellen in die Flüssigkeit zurück¬ 
zuführen. Dies geht daraus hervor, daß stets auch der Aschen¬ 
gehalt eine entsprechende sehr starke Steigerung erfahren hatte, 


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Bericht über die Tätigkeit der llefereinzuchtstatiou. 


265 


ein Beweis dafür, daß die aus den Zellen austretenden Stoffe auch 
anorganische Elemente enthalten haben, was für die Abbauprodukte 
des Glykogens natürlich ausgeschlossen ist. Diese austretenden 
Extraktstoffe sind besonders wichtig für den Säurerückgang des 
Weines. Denn sie sind es, die den säureverzehrenden Bakterien 
als Nahrung dienen, ohne die deren für den Ausbau der Weine so 
hochwichtige Tätigkeit nicht zu stände kommt. Vielleicht liegt 
darin der günstige Einfluß des Lagerns der Weine nach der Haupt¬ 
gärung auf der Trubhefe wenigstens zum Teil begründet, daß durch 
diese Lagerung erst die Tätigkeit dieser und vielleicht auch anderer 
Bakteriengruppen ermöglicht wird. 

Alkohol war in geringen Mengen gebildet worden, ebenso 
konnte eine Zunahme des Glycerins beobachtet werden. Ob es 
sich hierbei um wirkliches Glycerin handelt, oder nur um jene 
Stoffe, die man bekanntlich auch in dem glyzerinfreien Most als 
„Glycerin' 1 bestimmen kann, muß unentschieden bleiben. 

Ob Bouquetstoffe gebildet wurden, konnte nicht ermittelt 
werden, da der unangenehme Hefegeruch und -geschmack alles 
andere verdeckte. 

Die Säure zeigte stets eine stärkere oder schwächere Abnahme, 
wie das nach den früheren Untersuchungen Wortmanns und 
Schukows 1 ) vorauszusehen war. Jedenfalls bleibt die Menge 
aller dieser Stoffe in so bescheidenen Grenzen zurück, 
daß sie praktisch für eine Änderung der chemischen Zu¬ 
sammensetzung des Weines garnicht in Frage kommen, 
da man die gefundenen Zahlen entsprechend der zirka 
20fachen Menge der Hefe unter natürlichen Verhältnissen 
nur mit einem Zwanzigstel des gefundenen Wertes in Rech¬ 
nung ziehen darf. Die Versuche, die auch mit Wein als Nähr¬ 
flüssigkeit noch fortgesetzt werden, sollen an anderer Stelle ein¬ 
gehend veröffentlicht werden. Hier sei nur eine der vergleichenden 
Analysen vor und nach dem Abarbeiten der Hefe zur Illustration 
des Gesagten angeführt. Der Glykogengehalt wurde in einem ali¬ 
quoten Teile der Hefe sowohl maß- wie gewichtsanalytisch bestimmt 
und so die in der Tabelle aufgeführten Zahlen gefunden. 

(Siehe Tab. S. 266.) 

Die Rolle, die das Glykogen als Ausgangsmaterial von für den Wein 
wertvollen Substanzen spielt, wurde in früheren Untersuchungen also 
weit überschätzt. Nach der Menge desselben ist es von vornherein 
ausgeschlossen, daß durch seinen Abbau eine wesentliche Änderung 
in der chemischen Zusammensetzung des Weines, soweit wir dieselbe 
durch unsere gewöhnlichen Analysen kontrollieren können, hervor¬ 
gerufen wird, zumal ein großer Teil auch noch durch die Atmung 
direkt in die für den Jungwein wenigstens bedeutungslose Kohlen¬ 
säure übergeführt wird. Nur minimale Mengen von Stoffen, die, 
durch die Analyse nicht mehr nachweisbar, für die Wertschätzung 


*) Hakt. Centn-Blatt 1890. 601. 


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266 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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Tag der Untersuchung 

27. März 1900 

3. April 190G 


Mikroskopische Unter- 

Mit Jodlösung kräftige 
Braunfärbmi«»' somit 

Fast alle Zellen sind so 
gut wie glykogenfrei, 

Diffe¬ 

renz 

suchung der Hefe 

guter Glykogengehalt 

aber sonst noch gut er¬ 
halten 


i. 

ii. 

i. 

! IL 

£ 

Durch Inversion gefun-1 
dene Zuckermengen > 
in ‘/ 8 der Hefe J 

Zucker, umgerechnet auf 

0,5517 g 
0,5703 ,, 

! 0,5971g 

Mittel 0,5730,, 

0,2387 g 

0,1872 g 
Mittel0,2129,. 


die gesamte Hefe . . 

— 

4,5840., 

— 

1,7032,, 


Maßanalvtisch gefundene 

pro 1 8 


pro \ H 



Jodmeugen 

. • . . 

der Hefe : 

0,4953,. 

der Hefe 

0,3810,, 


Umgerechnet 

auf Glyk. 

— 

_ 

pro V'. | 

der Hefel 

1 maßanalytisch 

0,3429 

Aus der Invertierung 



0,3241 

gefundenes Glykogen . 
Zur Verarbeit, gekomme- 

i 

i 

— 

gewichtsanal. 

i 



nes Glykogen (Mittel) 

_ 

— 

— 


2,6680 

Alkohol . . 


5,32 g 

5,38 

5,83 g 

5.64 g 

1,52 \) 

Gesamtsäure 


0.5963 ,, 

0.5896., 

0i4c>i ,, 

0,4623,, 

— 

Extrakt . . 

g pro 

0.8530 ,. 

0,8448.. 

1,0360 ,. 

1,0354,. 

Oe 4 * 6 

Asche . . 

100 ccm 

O.0940 ., 

0,0932,, 

0,2574 

0.2510i. 

0,6424 

Zucker . . 


unwägbare Spuren 

absolut zuckerfrei 1 

— 

Glycerin. . 


| 0,0336 g i 

- l 

1 0,1142 g 

1 - 1 

0,3224 


des Weines aber vielleicht von hoher Bedeutung sind, könnten aus 
ihm entstehen. Glycerin und Alkohol kommen unter diesen letzteren 
aber jedenfalls nicht in Frage, da sie nach der vorliegenden Analyse 
zwar aus dem Glykogen gebildet werden, ihre Menge aber, wie das 
schon die Bestimmungen der verfügbaren Glykogen mengen Voraus¬ 
sagen ließ, in so bescheidenen Grenzen bleibt, daß ihrer Entstehung 
eine praktische Bedeutung nicht zugeschrieben werden kann. 

Der mikrochemische Nachweis behält natürlich nach wie vor 
für die Beurteilung des Lebenszustandes und der Arbeitsfähigkeit 
der Hefe und damit für die Bestimmung der Abstichzeit seine 
volle Bedeutung. 


6. Ein neuer Apparat zur Bestimmung der flüchtigen SSare. 

Die Bestimmung der flüchtigen Säure im Wein erfolgt bekannt¬ 
lich in der Weise, daß inan 50 ccm des zu untersuchenden Weines 
einer längeren Wasserdampfdestillation unterwirft, wobei man das 

1 ) Die iu dieser Kolumne aufgeführteu Zahlen sind das 4fache Produkt der 
Differenzen, die sieh aus den beiden Analysen vom 27. III. und 3. IV. ergeben, 
entsprechend den 4<)0 ccm der Nährlösung, sie stellen also die Gesamtmenge der 
gebildeten Stoffe dar. l'm die unter natürlichen Verhältnissen, also bei 10 1 iu 
Frage kommenden Mengen, pro 100 ccm zu ermitteln, müßte man diese Zahlen 
durch 100 dividieren, wobei für den Alkohol z. B. 0,015 herauskäme, ein "Wert, 
der sich auch aus dem Glykogengehalt ergibt. Yergl. S. 202. 


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Bericht über die Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 267 

Quantum durch entsprechendes Erhitzen dauernd auf 25 ccm halten 
soll. Die durch die Dämpfe mitgeführte Essigsäure wird im Destillat 
durch Titration mit VlO n-Kalilauge bestimmt. 

Der bisher gebräuchliche Apparat, bestehend aus einem Koch¬ 
kölbchen mit doppelt durchbohrtem Gummistopfen, durch den einer¬ 
seits das Dampfrohr, andrerseits das Destillationsrohr hindurchführen, 
leidet an mancherlei Übelständen. Das Zusammenstelleu ist, zumal 



Fig. 44. 

wenn man den Apparat seltener benutzt, immer recht zeitraubend. 
Ferner nutzt sich der Gummistopfen bei der andauernd hoben Tem¬ 
peratur nald ab. wodurch eine Beeinflussung der Genauigkeit wohl 
denkbar ist. Endlich ist es kaum möglich, die vorgeschriebene 
Menge von 25 ccm einzuhalten, auch bildet der Wein auf dem 
Boden des Kölbchens während der Destillation eine sehr dünne 
Schicht, so daß den Wasserdämpfen nur ein sehr geringer Angriffs¬ 
punkt geboten wird. 

Von diesen Gesichtspunkten ausgehend wurde von mir ein 


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268 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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neuer Apparat konstruiert, der die Mängel des alten nicht aufweist 
und sich bei den bisherigen Bestimmungen trefflich bewährt hat. 
Dem Kocbgefäß wurde, wie aus beigegebener Abbildung ersichtlich, 
eine lauggestreckte cylindrische Form gegeben. Dadurch wird der 
Dampf gezwungen, eine viel höhere Flüssigkeitsschicht zu passieren, 
und somit ein vollständiges Übertreiben der flüchtigen Säure auch 
bei sehr rascher Destillation gewährleistet. Bei der Enge des Ge¬ 
fäßes wird dabei der Wein durch den Dampfstrom so lebhaft durch¬ 
einandergewirbelt, wie es mit dem alten Apparat nie möglich ist. 
Infolgedessen läßt sich die Dauer der Destillation natürlich wesentlich 
abkürzen, ohne daß die Genauigkeit der Bestimmung darunter leidet. 

Da nur Glas mit den sauren Dämpfen in Berührung kommt 
(die Eiufüllung des Weines erfolgt durch angeschmolzenen Tubus 
mit Glasstöpsel), so ist eine weitere Fehlerquelle ausgeschlossen. 

Das Zusammenstellen des ganzen Apparates ist ungeheuer ein¬ 
fach, da das Glasgefäß mit den zugehörigen Röhren vollkommen 
fertig zum Gebrauch ist, und bei der Art der Aufhängung auch jede 
Festklammerung vermieden wird. Man braucht nur das Drahtgehänge 
an einen gewöhnlichen Stativring einzuhaken, den Glasapparat in 
das Gehänge einzuführen und einerseits mit dem Kühler, andrer¬ 
seits mit dem Dampfentwickler zu verbinden, alles Manipulationen, 
die in kürzester Zeit erledigt sind. 

Das halbkugelförmige Drahtnetz, das im Falle des Durchbrennens 
leicht durch beigegebene Ersatzdrahtnetze erneuert werden kann, 
umschließt gerade den Raum von 25 ccm im Innern des Cylinders 
gemessen, so daß eine weitere Marke überflüssig wird. Zur Ver¬ 
hinderung zu starken Schäumens muß man vor der Bestimmung 
einige Tropfen gewöhnlichen Brenn- oder Olivenöls auf die Flüssig¬ 
keit gießen. Eine Beeinträchtigung der Genauigkeit findet durch 
diesen Zusatz, wie Vergleichs- und blinde Bestimmungen ergaben, 
nicht im Geringsten statt. Bei Beginn der Destillation, solange 
der Alkohol übergeht, muß man vorsichtig heizen, besonders unter 
dem Apparat, um ein Überwallen zu vermeiden; aber schon nach 
2—3 Minuten kann man kräftig erhitzen und einen sehr starken 
Dampfstrora durch die Flüssigkeit schicken. Der Inhalt des Apparates 
steigt dabei höchstens bis zum Ansatz der Birne, und in 25—30 
Minuten sind die vorschriftsmäßigen 200 ccm überdestilliert, während 
es mit dem alten Apparat mindestens 50 Minuten dauert. Das 
Niveau kann man leicht kontrollieren, indem man beide Flammen 
unter dem Dampfkessel und Apparat einen Moment entfernt. Der 
Dampfkessel muß natürlich, wie das wohl allgemein üblich ist, ein 
Sicherheitsrohr tragen, um dabei ein Zurücksteigen zu verhüten. 
Bei einiger Übung kann man aber auch während der Destillation 
das Niveau mit genügender Genauigkeit abschätzen. 

Abgesehen von der Zeit- und Gasersparnis wird durch die 
wesentliche Abkürzung der Destillationsdauer auch eine Fehlerquelle 
vermieden, auf die Windisch 1 ) hingewiesen hat. Es findet näm- 


‘) Jahresbericht der önoehem. Versuchsstation 1004. 


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Bericht über die Tätigkeit der Hcfereinzuchtstatiou. 


269 


lieh während der Destillation eine mehr oder weniger starke Zer¬ 
setzung der Extraktbestandteile statt, besonders bei zu weitem Ein¬ 
dampfen, wobei Kohlensäure und Ameisensäure entstehen. Dadurch 
wird nicht nur der Säuregehalt des Destillates erhöht, sondern auch 
die Endreaktion beim Titrieren mit Phenolphtalein unscharf. Auch 
diese Ungenauigkeit in der Bestimmung wird nach Möglichkeit be¬ 
seitigt. Außer den 200 ccm noch weiter nach dem Vorschläge von 
Windisch überdestillierte 100 ccm enthielten stets, besonders bei 
Untersuchungen von stark stichigen Weinen, nur bedeutend weniger 
flüchtige Säure als bei Verwendung des alten Apparates, ein Beweis 
dafür, daß die Essigsäure bedeutend leichter übergetrieben wird, 
was nach der ganzen Konstruktion des Kochgefäßes von vornherein 
zu erwarten war. 

Alles in allem wäre es sehr wünschenswert, wenn der Apparat, 
den die Firma Ehrhard & Metzger in Darmstadt herstellt und 
für den ich D. R. G. M. angemeldet habe, allgemein eingeführt würde, 
schon um damit dem Bedürfnis einer wirklich einheitlichen Appa¬ 
ratur für die Bestimmung der flüchtigen Säure abzuhelfen. 

C. Sonstige Tätigkeit der Hefereinzuchtstation. 

1. Unterricht. 

Während einer mehrwöchentlichen Beurlaubung des Ober¬ 
lehrers Prof. Dr. Christ zu Beginn des Etatsjahres übernahm der 
Berichterstatter zum größten Teil dessen naturwissenschaftlichen 
Unterricht für die Eleven und Schüler der Anstalt. 

2. Vorträge. 

Vorträge wurden gehalten: 

a) vom Vorstände der Station, Prof. Dr. Wortmann 
am 2. Februar 1906 in der Gartenbaugesellschaft zu Frankfurt a/M. 
über das Thema „Warum gibt es Alkohol?“— am 25. Juni 1905 
in der Generalversammlung des Rheingauer Vereins für Wein-, 
Obst- und Gartenbau in Geisenheim über „Die Bestimmung des 
Abstichs durch mikroskopische Trubuntersuchungen“: — 
am 26. November 1905 in der Sitzung des Weinbauvereins in 
Kreuznach über dasselbe Thema: 

b) vom Berichterstatter: am 12. März 1906 in der General¬ 
versammlung der Vereinigung Rheingauer Weingutsbesitzer zu 
Hattenheim a/Rh. über „Die Alkoholfrage vom physiologischen, 
sozialen und wirtschaftlichen Standpunkte” nach dem gleich¬ 
namigen Buch von Prof. Dr. Adolf Guss. 

8. Wissenschaftliche Publikationen. 

a) vom Vorstande: 

Wortmann, „Die wissenschaftlichen Grundlagen der Wein¬ 
bereitung und Kellerwirtschaft.“ Berlin, Verlag von Paul Parey. 


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270 III- Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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b) vom Berichterstatter: 

1. H. Boetticher, „Über den Säurerückgang beim Wein und 
dessen Ursachen“. Mitteilungen über Weinbau und Kellerwirtschaft 
1905, 69. 

2. Ders., ,,Vorsicht beim Bezug von Reinhefe“. Mitteilungen 
über Weinbau und Kellerwirtschalt 1905, 89. 

3. Ders., Dasselbe Thema. Weinbau und Weinhandel 1905, 363. 

4—6. Ders., „Die Tätigkeit der Bodenbakterien im Haushalt 

der Natur“. 

I. Harnstoffgärung, Eiweißfäulnis, Nitrifikation. Mit¬ 
teilungen über Weinbau und Kellerwirtschaft 1905, 
Heft 10. 

II. Die ausgleichenden Prozesse der Verbrennung, Fäul¬ 
nis und Denitrifikation einerseits und der Stickstoff¬ 
assimilation durch Boden- und Knöllchenbakterien 
andrerseits. Mitteilungen über Weinbau und Keller¬ 
wirtschaft 1905, Heft 11. 

III. Die künstliche Anreicherung des Bodens an Stick¬ 
stoff. Gründüngung. Nitragin. Alinit. Boden¬ 
bearbeitung. Künstlicher Salpeter. Kalkstickstoff. 
Künstliches Ammoniumnitrat. Mitteilungen über 
Weinbau und Kellerwirtschaft 1905. Heft 12. 


Bericht 

über die Tätigkeit der meteorologischen Station 
während des Etatsjahres 1905. 

Erstattet von Dr. Gustav Liistner, Vorstand der Station. 

Die meteorologische Station der Königlichen Lehranstalt ist 
eine Beobachtungsstation II. Ordnung des Königlichen meteoro¬ 
logischen Instituts zu Berlin. Sie liegt: 

östliche Länge von Greenwich 7° 58‘; nördliche Breite 49° 59': 
Höhe des Nullpunktes des Barometers über N. N. (Normal-Null), 
d. h. über dem Nullpunkte des Amsterdamer Pegels 193,37 m. 

Die Ablesungen finden täglich statt: 

7 2S ha 
2-' s hp 
9 2 * h p. 

Die hierbei gemachten Beobachtungen werden in eine Tabelle 
eingetragen (Monatstabelle, Sonnenscheintabelle), welche nach Schluß 
eines jeden Monats sofort dem Königlichen meteorologischen Institut 
in Berlin eingesandt wird. Über Gewitter, Wetterleuchten, Höhe 
der Schneedecke und andere wichtige meteorologische Erscheinungen 
wifd besonders dorthin berichtet. Die Königliche Rheinstrom-Bau- 


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Bericht über die Tätigkeit der meteorologischen Station. 


271 


venvaltung zu Koblenz erhalt an jedem Montag über die Höhe der 
Schneedecke und die Temperatur Nachricht; der Wetterdienst der 
Landwirtschaftsschule zu Weilburg a. L. wird täglich über die Wetter¬ 
lage im Bheingau unterrichtet. Die Station ist mit nachstehenden 
Instrumenten ausgestattet. 

I. Im Innern einer Wildschen Hütte: 

1. Ein trockenes Thermometer \ Aueustsches P svc hrometer 

2. Ein feuchtes Thermometer } Äu e uslscnes rs )cnrometer. 

3. Ein Maximum-Thermometer mit durch Luftblase getrenntem 
Quecksilber-Index nach Negretti und Zambra. 

4. Ein Alkohol-Minimum-Thermometer mit verschiebbarem Glas- 
Index nach Rutherford. 

5. Ein Haarhygrometer nach Koppe. 

6. Ein Richardscher Thermograph. 

7. Ein in halbe Grade geteiltes Quecksilber-Thermometer (Kontroll- 
Thermometer zu 6). 

n. In unmittelbarer Nähe der Wildschen Hütte: 

8. Ein Maximum-Thermometer nach Negretti und Zambra. 

!). Ein Minimum-Thermometer nach Rutherford. 

(Beide Instrumente liegen 7,5 cm über dem Boden.) 

10. Zwei Regenmesser nach Hellmann. 

11. Eine Wildsche Windfahne mit Anemometer auf hohem Maste. 

III. In einem Zimmer des Hauptgebäudes: 

12. Ein Stationsbarometer mit theimometre attachö von R. Fueß 
in Berlin. 

IV. Im Versuchs-Weinberg der Anstalt: 

13. Ein Sonnenschein-Autograph nach Campell-Stockes. 

V. Besitzt die Station noch: 

14. Einen Wolkenspiegel. 

15. Einen Schöpfthermometer. 


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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



tage“, an denen das Minimum der Temperatur unter 0° sinkt (an denen es friert) und ,,So m m ertage a , an denen das Max im u in 25° C. 
(=s20°B.) oder mehr beträgt. (Instruktion für die Beobachter an der meteorologischen Station 2., 3. und 4. Ordnung. Berlin 1888, S. GO.) 


272 


III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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UNIVERSITY OF CALIFORNIA 





















Bericht über die Tätigkeit der meteorologischen Station. 

3. Die Luftfeuchtigkeit 


273 


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Bemessen mittels Augustschen Psychrometers. 


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4,9 

5,8 

5,1 

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5.9 | 

5.9 

5,7 

6,0 

6,0 

7,4 

7,3 

7,6 

10,7; 

10,5 

10.7! 

12,4 

12,1 

12,4 

10,9 

10,5 

10,8 

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9.9 

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66 

158 

47 

48 

49 

51 

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71 

80 1 

86 

66 

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1 74 

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75 

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1 90 

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Mittel 

93 

89 

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*4 

67 

67 

1 70 

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i 83 

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1 79 


Gemessen mittels des Koppeschen Haarhygrometers 




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i 44 

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, 72 

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, 87 

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1° 

Mittel 

76 

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71 

65 

63 

66 

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:*! 

80 

1 82 

86 

75 


4. Die Bewölkung. 


Stunde 

der 

Beobachtung 

Januar 

Februar 

März 

April 

i 

X 

e. 

Juli 

Juni 

August 

September 

Oktober 

November 

! 

Dezember 

: 

i Jahres¬ 
mittel 

7 28 h a 

6,2 

8,3 

1 8*0 ; 

5.3 

5,6 

4,7 i 4,7 

5,6 

8,5 

8,0 

8,8 

8,3 | 

6,8 

2 2 * np 

6,4 

6,8 

1 8,0 

, 7.0 

5.7 

5,9 5,6 

5,9 

7,8 

8,0! 

8,0 

1 8,4 

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9 28 h p 

6.2 

6,8 

6,0 

1 5,8 

4,8 | 

[ 5,4 4,7 

4.3 

5.3 

6.4 

6.1 

; 7.3 

5,8 

Mittel 


7,3 j 

| 7 ’ 9 

; 6,° 

1 5 ’ 4 

5.3 ; 5.0 

! ' 1 ' 

1 5,3 

1 ' ! 

7,2 

7,5 

l 1 

7,6! 

8,0 

1 

6,5 


C-H 

3 


Heitere Tage 6 

Trübe Tage 13 


14 



1 2 8 — 2 

15 7 10 4 6 


CT} 


4 

4 




T. *-• 



— 1 
11 15 


14 ' 20 


133 


l ) Wahrend des Monats April war das Koppesehe Ilaarhygrometer in 
Reparatur. Von diesem Monat sind die mit dem Augustsehen Psychrometer ge¬ 
wonnenen Zahlen eingetragen. 

(t(n*!’nhoiiiUM' Bericht 1 ^ 


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Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 



















274 


III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


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5. Die Niederschläge und die Gewitter. 


Monat 

z 

X Ü 
§ 5 

= g, 

mm 

Maximum £ 

in 24 Stunden 2 

Datum 

Tage mit 

mehr als 

0.2 mm 
Niederschlag 

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Schnee 

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Schneedecke 

Nebel 

(Stärke 1 u. 2) 

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3 i 

Januar . . 

27,6 

9,7 

7. 

14 

12 

13 

2 

2 

- ! 3 



Februar . . 

17.8 

3.1 

3. 

18 

13 

8 

— 

5 

2 4 

— 

— 

März . . . 

46,1 

14.9 

28. 

10 

•w 

1 

— 

9 


2 

2 

April . . . 

20,9 

2.9 

25. 

13 

18 

3 

1 

6 

- 1 - 

— 

1 

Mai . . . 

25,2 

8,1 

•> 

8 

12 

— 

— 

1 


4 

1 

Juni . . . 

54,0 

* 8,2 

8 . 

10 

13 

— 

— 


1 1 - 

12 

3 

Juli . . . 

15,7 

5,2 

29 

8 

1 13 



— 

- 1 - 

8 

4 

August . . 

37,0 

10,3 

11. 

8 

i 15 


— 

— 

- 1 - 

4 

; 3 

September . 

44,7 

10,0 

11. 

15 

18 


| — 

— 

1 1 — 

3 

3 

Oktober . . 

60,0 

12,7 

10. 

17 

21 

3 

— 

6 


1 

1 — 

November . 

53,4 

14,0 

12 . 

13 

19 

3 

1 

12 

5 1 


— 

Dezember . 

19.8 

8,5 

30. 

8 

0 

5 


5 

3 1 2 

1 ~~ J 


Jahressumme 

422,2 

127,6 

8. VI. 

151 

185 

36 

4 

46 

12 1 10 

34 

1 


6. Die Windrichtung. 


Windrichtung 

März 

Februar 

Januar 

!>■ 

ö* ^ 
g. | s. 

Nord .... 

5,5 7,51 10.5 

10,5 

27.0 10,0! 18,0 

Nordost . . . 

19,5 11,5 11,0 

9,5 

19.0 14.5: 4.0 

Ost. 

11,5 6,5 12,5 

11,0 

8,5 8,0 0,5 

Südost.... 

0,5 — 2.5 

0,5 

1,0! 3,01 2,0 

Süd .... 

— 0,5 6,5 

8.0 

3,51 1,5 2,5 

Südwest . . . 

12.0| 24,5 17.0 

18,5 

6,5 9,0 5.0 

West .... 

22,0 24.5 18,5 

10,5 

11.0 14,5 30,5 

Nord west. . . 

22,0 9,0 14,5 

21,5 

16,5 29,5 30,5 

Windstille . . 

— | — | — 

| — 

- 1 - 1 - 1 


7. 

Die Windstärke. 


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8.5|13,0| 5,ö 


14.015,0 


5,0 

2,5 

6.0 


9,0 


14,0 

2,5 


4.0 

23,0 


2,0 
25,0112,5 
17,0 12,5128,5 
15,0; 26,0| 15,511 


16,5 11,Oj 
22 ,5] 16,5 
5,01 
1.0 


7.5 

2,0 


0,5 1,5 
7,013,011 


17,0 

7.0 


15,0 

30,0 


143/1 

171,0 

87.5 
15,0 

36.5 
73.0 

221.5 

247,0 


Stunde 

der 

Beobachtung 

£ 

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' 5 ! . 

P N 

Mai 

April 

Juni 

Oktober 

September 

August 

Juli 

November 

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3 

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3 3 
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7 28 ha . . 

2.2 

1.6 1 2.0 

1 2.2 1.9 

1,6 

1,6 ! 1,3 1.8! 1,7 

1 2.0 

1,4 

1.8 

— 

2 sft h p . . 

2.6 

2,5 3.2 

3.3 2,6 

1.8 

2,8 2,8 2,5 2,8 

1,9 

1,6 

2,5 

— 

9* h p . . 

2,6 

2.0 1,5 

2.4 1,8 

1,3 

1,9 1.8 i 1,8 | 2,4 

1,6 

1,7 

1,9 


Mittel . . . 

2,5 

i 2.0! 2,2 

j 2,6 1 2.1 

1.6 

2.1 2,0'2,0 2.3 

1,8 | 

1.6 

2,1 

- 

Sturmtage . 

7 

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29 


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Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 












Bericht über die Tätigkeit der meteorologischen Station. 275 


8. Die Dauer des Sonnenscheins. 


Monat 

Summe des 

Monatsmittel des 

Vor¬ 

mittags 

Nach- 
mittags j 

Tages 

Vor¬ 

mittags 

Nach- 

mittags 

Tages 

Januar . . . 

32,5 

40,9 

73,4 

LI 

1,3 

2,4 

Februar . . . 

29,5 

39,6 

69,1 

1,1 

1,4 

2,5 

März .... 

40,7 

40,1 

86,8 

1.3 

1,5 

2,8 

April .... 

86,8 

74,4 

161,2 

2,9 

2,5 

5,4 

Mai. 

100.8 

99,6 

200.4 

3,2 

3,2 

6,4 

Juni .... 

142,5 

124,4 

266,9 

4,8 

4,1 

8,9 

Juli .... 

141,7 

145,0 

286,7 

4,6 

4,7 

9,2 

August . . . 

108.5 

114,4 

222.9 

3,5 

3,7 

7,2 

September . . 

43,3 

58,3 

101,6 

1,4 

1,9 

3,4 

Oktober . . . 

31,4 

41,1 

72,5 

1,0 

1,3 

2,3 

November . . 

19,3 

23,1 

42,4 

0,6 

0,8 

1,4 

Dezember . . | 

13,3 

15.0 | 

28.3 

0.4 

0,5 

0.9 

Jahressumme . 
Jahresmittel . . 

790,3 

821,9 I 

1612,2 

25,9 | 

26,9 

52,8 


9. Phänologische Beobachtungen während des Jahres 1905. 1 ) 

A bkiirzungen. 

BO = erste normale Blattoberfläche sichtbar und zwar an verschiedenen 
(etwa 3—4) Stellen; Laubentfaltung. 

b = erste normale Blüte offen und zwar an verschiedenen Stellen, 
f == erste normale Früchte reif und zwar an verschiedenen Steilen; bei den 
saftigen: vollkommen und definitive Verfärbung; bei den Kapseln: spontanes Auf¬ 
platzen. 

W = Hochwald, grün = allgemeine Belaubung: über die Hälfte sämtlicher 
Blätter an der Station entfaltet. 

LV = allgemeine Laubverfärbuug: über die Hälfte sämtlicher Blätter an der 
Station — die bereits abgefallenen mitgerechnet — verfärbt. 

W und LV müssen au zahlreichen Hochstämmen (Hochwald, Alleen) auf¬ 
gezeichnet werden. 

E = Entfernung. 

Aesculus Hippocastanum 

BO 1. IV. 
b 1. V. 
f 5. IX. 

LV 15. IX. 

Atropa Belladonna . b — 

f — 

Betula alba .... BO 9. IV. 

b 10. IV. 

LV 20. X. 

Cornus sanguinea . b 24. V. 

f 20. VII. 

Corylus Avellana. . b — 

*) Auch veröffentlicht in den Berichten der Oberhessischen Gesellschaft für 
Natur- und Heilkunde zu Gießen. Die Beobachtungen wurden nach dem Gießener 
Schema, Aufruf von Hoffmann-Ihne, angestellt. Die phänologischen Beobach¬ 
tungen während der .Jahre 1898—1904 sind in den betreffenden Jahresberichten 
der Lehranstalt enthalten. 

18* 


Crataegus oxyacantha 


b 6. 

V. 

Cydonia vulgaris . . 


b 7. 

V. 

Cytisus Laburnum 

b 

11. 

V. 

Fagus silvatica . . 

BO 

19. 

IV. 

V 

r. 5. 

V. 


LV 

25. 

IX. 

Ligustrum vulgare . 

b 

15. 

VI. 


f 

! 2. 

IX. 

Lilium candidum. . 

b 

25. 

VI. 

Lonicera tartarica 

b 

28. 

IV. 


f 

1. 1 

VII. 

Narcissus poeticus . 

b 

22. 

IV. 

Prunus avium. . . 

b 

13. 

IV. 


Difitized by Gougle 


Original from 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 











276 III. Bericht über die Tätigkeit der wissenschaftlichen Institute. 


Digitized by 


Prunus Cerasus 
Prunus Padus. 

,, spinosa 
Pyrus communis 
,, Malus . 


Ribes aureum . 
Ribes rubrum. 
Rubus idaeus . 


Abies excelsa. . 

Acer campestre . 
,, platanoides. 


Ainus glutinosa . . 

Amygdalus communis 
Anemone nemorosa 
Berberis vulgaris 
Buxus sempervirens 
Calluna vulgaris . . 

Caltha palustris . . 

Cardamine pratensis 
Cercis Siliquastrum 
Cbelidonium majus . 
Chrysanthemum leuc. 
Colchicum autumnale 
Cornus mas . . . 

Evonymus europaeus 


b 20. IV. 

Salvia officinalis . . 

b — 

b 20. IV. 

Sambucus nigra . . 

b 21. V. 

b 13. IV. 


f 5. VIII. 

b 18. IV. 

Secale cereale hib. . 

b 27. V. 

b 22. IV. 

Ernte Anfang 7. VIII. 

BO 19. IV. 

Sorbus aucuparia . 

b 12. V. 

W 6. V. 


f 13. VEL 

LV — 

Spartium scoparium 

b 14. V. 

b 6. IV. 

Symphoricarpos rac. 

b 26. V. 

f — 


f 17. VII. 

b 2. IV. 

Syringa vulgaris . . 

b 1. V. 

f 17. VI. 

Tilia grandifolia . . 

b 7. 17 

b 24. V. 

,, parvifolia . . 

b 16. VI. 

f 21. VI. 

Vitis vinifera . . 

b 14. 17. 

Ergäuzungsliste. 


b 20. IV 

Hepatica triloba 

b - 

b 30. IV. 

Juglans regia. . . 

b. 6. V. 

BO 5. IV. 


f 2. X. 

b 31, III. 

Larix europaea . . 

b 25. III. 

LV 13. X. 

Leucojum vemum . 

b 1. III. 

BO 3. IV. 

Lonicera Xylosteuni 

b 8. V. 

b 13. IV.. 


f 29. VI 

LV 15. X. 

Morus alba . . . 

b 27. V. 

b 8. in 

Narcissus Pseudon. . 

b 20. III. 

b 24. III- 

Persica vulgaris . . 

b 4. IV. 

b 20. III. 

Philadelphia coron.. 

b 25. V. 

b — 

Pin us silvestris . . 

b 22. V. 

b 16. IV. 

Populus tremula. . 

b 18. III. 

b 24. VII. 

Prunus Armeniaca . 

b 30. III. 

b 15. IV. 

Ranunculus Fiearia . 

b 25. III. 

b 9. IV. 

Ribes grossularia. . 

b 3. IV. 

b 8. V. 


f 21. VI. 

b 28. IV. 

Robinia Pseudacacia 

b 3. V. 

b 14. V. 

Salix caprea . . . 

b 23. III 

b 25. VIII. 

Salvia pratensis . . 

b 12. V. 

b 14. III. 

Tilia grandifola . . 

BO 20. IV. 

f — 

i 

LV 8. X. 

b 14. V. 

Tilia parvifolia . . 

BO 15. IV. 

f 20. VIII. 

1 

LV 13. X. 


Fagnus silvatica . 
Fraxinus excelsior 


f 16. X. 
BO S. V. 
b 4. V. 
LV 2.‘5. X. 
oder Laubabfall — 
Galanthus nivalis, 

Blattspitzen — 

b 5. II. 


Tritieum vulgare hib. b — 

Ernte Anfang 17. VII. 
Tussilago Farfara . b 7. Ul 

f - 

Ulmus eampestris . b 20. Ul 
Vaccinium Myrtillus b 12. V 


Gck 'gle 


Original frcr 

UMIVERSITY OF CALIFORNIA 






Bericht über die Tätigkeit der meteorologischen Station. 

10. Vergleichende Übersichten der letzten fünf Jahre. 

A. Mittel der absoluten Feuchtigkeit. 


277 


Jahr 

Januar 

Februar 

März 

> 

ES 

ES. 

Juni 


August 

September 

Oktober 

1 

jNovember 

Dezember 

Jahres¬ 

mittel 

1901 

3,2 

3,4 

5.1 

1 

6 , 9 ! 8,1 

10,1 

12,2 

11,8 

10,7 

8,1 

5.0 

5,0 

7,5 

1902 

5,3 

4,0 

5,7 

6,7 

7,1 

10,1 

10,4 

10.9 

9,7 

7,1 

5,0 

4,2 

7.2 

1903 

4,8 

5,1 

5.5 

5,4 

8.2 

9,5 

10,9 

11,1 

10,4 

8,5 

6,1 

4,5 

7,5 

1904 

4.2 

5,8 

5,6 

7,4 

9,7 

n,8 

14.5 

12.7 

10,3 

8,6 

5,9 

5,5 

8,5 

1905 

4,2 

5,3 

5,8; 5,9 

7,4 

10,6 

12,3 

10,7 

9,7 

5,9! 5,6 

4,9 

7,4 


1901 

1902 

1903 

1904 

1905 


B. Mittel der relativen Feuchtigkeit. 


73,6 

79,3' 

79,6 

74,61 

59,9 

65,0 

69,7 

77,81 

87,6 

88,9» 

83,01 

90,3 

77,9 

84,3 

79,2 

81.8 

68 .O! 

72,0] 

68,0 

62,0 

74.0 

78,0 

86.0 

85,0 

85,0 

76,9 

76,3 

74,7 

73,0 

75, B| 

65.7 

66,3 

66.6 

75,3] 

84,3 

89,0 

85,7! 

88,3 

76,7 

88,7 

81,7 

84.3 

I 70,7j 

72,7| 

69.7 

62.7 

68,3 1 

81.3 

88,0 

88,7! 

88,7 

78,8 

76,0 

80,3 

80,3 

71.3: 

65,3 

63,3 

65,8 

68,7 j 

82,0 

80,3 

1 

82,3j 

86,3 

75,3 


C. Mittel der Lufttemperatur. 


1901 

- 2,4 

—2,3 

4,4 

10.1] 

15,1 

17,6 

19.9 

17,7 

14,3 

9,9 

3,8 

2,6, 

9,2 

1902 

4,3 

1,1 

5.8 

10,9 

10,6 

17,4 

18,3 

16,7 

14,1 

8,1 

2,7 

-0.4 

9,1 

1903 

1,4 

5,0 

7,2 

6.1] 

14,1 

16,7 

17,7 

17,0 

14,8 

10,91 

6,0 

0,6 

9,8 

1904 

— 0,8 

3,0 

! 4,81 

11,1; 

14,5 

17,3 

21,2] 

17,9 

13.2 

9,6 

4.0 

3,2^ 

9,9 

1905 

-0,3 

3,4 

1 ! 

6,0 

8.6 

13.4 

1 

18,5 

20,9 

18,2 

13,8 

i 

6,1 

, 

4,4 

1 

*4 

9,6 


1901 

1902 

1903 

1904 

1905 


17,5 

21.2 

20,3 

40,8 

26,4 

22,1 

29,7 

45.4 

27,6 

17,8] 


D. Niederschlagssummen. 


39,4 

42.7 

20,91 

44 , 8 ; 

33,6 

i 79,6 

101» 

47.6 1 

26,3 

35,2, 

22.7 

28,5 

61,5 

27,1 

24,3 

62,4 

32.5| 

78.8| 

60,5 

60,4, 

34,0 

52,5 

22,4 

41.5] 

683 

10,6 

34,Oj 

63,3 

46,1] 

20,9 

25,2 

54,0 

15,7 

37,0 

44,7 


Jahres- 

summo. 


32.9 533,9 

58.9 416,1 
17,4 508,7 

43,9| 27.31 36,5 475,4 
6©,0j 53,4| 19.8 422.2 


82,4| 17,9 
31,6 15,0: 
38,7151.21 


1901 

1902 

1903 

1904 

1905 


E. Dauer des Sonnenscheins in Stunden. 
92,21 68,7! 76,6175,71 276,6 264,0! 246,4| 239,4' 1 18.4 1 81,7 

ou fd to n i /io ^ oam a! 01 i o ocj-i c*i om ll q j cd 74 ß| 


38,5 73,9i 142,7 203.0 211,2 261,6' 261.1 


74, 

28.91 

73.4! 


84.6'138,9 135, lj 248,1 232, 


56,7 

69.1 


75.8 153,9 
86,8! 161,2 


232.4 

200.4 


268,9! 

266,9 


225,5| 175,5] 87,9; 


204.8] 

307,2 254,2] 145,1 
286,7| 222,9i 101.6, 


95,3] 

68,9| 

21.1 


98,lj 47,1 
72,5] 42,4] 


25.4] 1760,4 
42,7'1739,8 
31,1 1663,0 


16,7 

28,31 


1685,6 

1612,2 


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Original frum 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 




278 IV. Bericht über die Hebenveredeluogs-Station Eibingen-Geisenheim. 


IV. Bericht über die Rebenveredelungs-Station 
Eibingen- Geisenheim. 


a) Technische Abteilung. 

Von Obergärtner Zeißig und Weinbau-Inspektor Seufferheld. 

1. Die Frühjahrs Veredelung. 

Wie in den Vorjahren wurde Ende April mit der Frühjahrs¬ 
veredelung begonnen. Es wurden insgesamt 2400 Veredelungen an- 
gefertigt, teils auf Blindholz, teils auf Wurzelreben. Als Edelreiser 
dienten Sylvaner (1750 Stück) und Riesling (650 Stück). An Unter¬ 
lagen kamen hauptsächlich zur Verwendung: 


Riparia Gloire de Montpellier . 

200 Sylv. 

36 Riesl. 

Riparia Geisenheim .... 

155 

( 3 .. 

Riparia G 2. 

83 .. 


Riparia x Rupestris 101 14 . 

156 

54 .. 

Riparia x Rupestris G15. . . 

99 „ 

62 .. 

Riparia x Rupestris G13. . . 

90 „ 

64 

Riparia x Rupestris G 1 1 . . . 

106 „ 

76 

Riparia x Rupestris 3 HG . . 

107 .. 

59 .. 

Riparia x Rupestris 108 MG 

99 ., 

64 .. 

Cordifolia x Rupestris G 17 . . 

58 .. 

28 .. 

Cordifolia x Rupestris G 19 . . 

36 .. 

33 .. 

Aramon x Rupestris 2 Ganz 

38 „ 


Mourvödre x Rupestris 1202 Coud. 

29 .. 

12 

Cabernetx Rupestris 33 a MG 

95 .. 

36 .. 

Rupestris monticola .... 


46 .. 

Solonis. 

227 ., 

70 „ 

Die Behandlung der Veredelungen erfolgte nach der bekannten 


Vortreibmethode (Beschreibung im Bericht von 1901/02) wiederum 
mit gutem Erfolge. Die Veredelungen wurden bis Ende Mai in dem 
Abhärtungsraume belassen. Erst nachdem die ziemlich stark auf¬ 
tretenden Maifröste vorüber waren, wurde mit dem Auspflanzen in 
die Rebschule begonnen. 

Die Witterung während des Sommers war zur weiteren Ent¬ 
wicklung der Veredelungen günstig. Fast schien es, als ob die 
große Trockenheit die Entwicklung merklich beeinträchtigen würde. 
Ein Teil der Veredelungen wurde deshalb regelmäßig bewässert. 
Am Eude der Vegetationsperiode ergab sich sehr wohl ein Unter¬ 
schied zu Gunsten der bewässerten Reben, aber der Unterschied 
war nicht gerade auffallend und stand nicht im Verhältnis zu der 
für das Bewässern aufgebotenen Arbeit. Es hatten sich auch die 


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a) Technische Abteilung. 


279 


nicht bewässerten Reben kräftig entwickelt, wenn auch die Triebe 
etwas kürzer geblieben waren als die bewässerten. 

Kleinere Versuche wurden bei der Frühjahrsveredelung wiederum 
angestellt mit der Lücken- und Stiftveredelung. Die Lückenveredelung 
(Riesling auf Riparia Gloire) blieb vollständig resultatlos. die Stift¬ 
veredelung (Kopulation ohne Zunge) ergab jedoch in allen Fällen 
recht gute Resultate und zwar 

bei Riesling auf Riparia Gloire: 90% Anwachs, 

„ Riesling auf Solonis :95% „ 

Ein Unterschied des Anwuchses bei wagrechtem und schrägem 
Schnitt ergab sich hierbei nicht. 


2 . Die Entwicklung der roijShrigen Veredelungen. 

Mit sehr gutem Erfolge sind die vorjährigen Veredelungen noch 
ein zweites Jahr an Ort und Stelle in der Rebschule belassen 
worden. Sie haben nunmehr ein sehr kräftiges Pflanzmaterial 
ergeben. 

Bei einem derartigen zweijährigen Belassen der Veredelungen 
in der Rebschule ist jedoch zu beachten, daß ein enger Stand der 
Zeilen sich bei der Bekämpfung der Pilzkrankheiten nachteilig fühl¬ 
bar macht. In dieser Beziehung hat sich die im Vorjahre ver¬ 
suchsweise eingeführte Zeilenentfernuug von 35 cm, abwechselnd 
mit einer solchen von 65 cm, nicht bewährt. Eine derartige An¬ 
ordnung ermöglicht allerdings, daß die Triebe der beiden eng ge¬ 
stellten Zeilen beim Aufbinden an ein und denselben Draht geheftet 
werden und dadurch nicht unwesentlich an Draht gespart wird. 
Aber andrerseits entsteht namentlich bei den zweijährigen Ver¬ 
edelungen hierdurch ein dicker Blattwulst, in den beim Spritzen und 
Schwefeln schwer hineingedrungen werden kann und jedenfalls diese 
Bekämpfungsarbeiten erschwert werden. Es ist deshalb eine gleich¬ 
mäßige Zeilenentfernung von 50—70 cm entschieden mehr zu 
empfehlen. 

Unter den zweijährigen Veredelungen befand sich, wie im Vor¬ 
jahre bereits berichtet, auch eine kleine Anzahl, welche vergleichs¬ 
halber nicht vorgetrieben, sondern unmittelbar in die Rebschule 
eingeschult worden war. Es waren diese Veredelungen ja recht 
lückenhaft gewachsen, von 

136 Riesling auf Rip. x Rup. G15: 17 Stück = 12% 

123 ., .. G 13:38 „ = 30 „ 

253 ., .. Riparia G 2 :84 ., = 33 ,. 

während bei den vorgetriebenen Veredelungen sich ergeben hatte: 
von 195 Riesling auf Rip. x Rup. 0 15:170 Stück = 87 % 

„ 331 ,, . G 13:285 „ =- 86 

Auffallend war die entschieden bessere Entwicklung dieser 
wenigen nicht vorgetriebenen Veredelungen, welche jetzt im zweiten 
Jahre noch mehr als im ersten Jahre hervortrat. Es wird diese 
Erscheinung erklärlich, wenn man in Betracht zieht, daß die vor- 


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280 IV. Bericht über die Rebenveredelungs-Station Eibingen-Geisenheim. 

getriebenen Veredelungen in den meisten Fällen beim Auspflanzen 
in die Rebschule eine ganz erhebliche Störung ihres Wachstums 
erleiden, daß insbesondere ein großer Teil der in den Vortreibkisten 
bereits gebildeten Wurzeln beim Auspflanzen wieder abbricht, also 
eine Neubildung von Wurzeln bei den durch die Kallusbildung an 
der Veredelungsstelle bereits stark bezüglich ihrer Reservestoffe in 
Anspruch genommenen Reben stattfinden muß. Bei den nicht vor¬ 
getriebenen, sondern unmittelbar nach dem Veredeln in die Reb¬ 
schule eingelegten Veredelungen findet eine derartige Störung nicht 
statt und je weniger weit sich bei den vorgetriebenen Veredelungen 
der Trieb des Edelreises entwickelt hat und dem Fußende der 
Unterlage Wurzeln entsproßt sind, um so weniger wird eine Störung 
beim Auspflanzen eintreten. Es sind deshalb diese Punkte beim 
Vortreiben wohl zu beachten. 

3. Verhalten der Unterlagsreben. 

Riparia Gloire de Montpellier ist von allen Unterlagsreben 
diejenige, welche sich sowohl in dem kräftigen Lößboden auf dem 
„Bahnstück 11 wie auch in dem mit Quarzit und Tonschiefer durch¬ 
setzten Lößboden der „Leideck“ und dem Lehmboden der „Rebschule“ 
durch den kräftigsten Wuchs auszeichnete. Sie hat sich bis jetzt 
als durchaus gesund erwiesen. 

Riparia Geiseuheim litt im Berichtsjahre weniger als in den 
Vorjahren an Melanose. Ihr Wuchs ist weniger stark als der der 
Riparia Gloire, doch veredelte sie sich im allgemeinen etwas besser. 
Noch mehr hat sich in dieser Beziehung Riparia G2 bewährt 

Von den Geisenheimer Ripariax Rupestris erwiesen sich 
G 18 und G 15 als die kräftigsten. Dies trat vornehmlich auch bei 
den in der Rebschule eingeschulten Blindholz hervor. G 11 und G 12 
sind dagegen merklich schwächer. Die Holzreife ist bei G 13 und G 15 
durchaus befriedigend, ebenso die Vermehrungs- und Veredelungs¬ 
fähigkeit. 

Riparia x Rupestris 101 14 MG zeigte sich in gleicher Weise 
gesund und kräftig wie G13 und G15. No. 108 MG ist etwas 
schwächer. No. 3 HG ist bedeutend schwächer, wenn auch gesund. 

Von den Geisenheimer Cordifolia x Rupestris erwiesen sich 
G19 und G17 als die kräftigsten. Namentlich steht G19 im Wuchs 
wie auch in Vermehrungs- und Veredelungsfähigkeit den Riparia X 
Rupestris G13 und G15 nicht nach. Inwieweit sie in trockenen 
Böden, wie zu erwarten, denselben überlegen ist, steht noch nicht fest. 

Mourvödre x Rupestris 1202 Coud. ist gleich Aramon X 
Rupestris 2 Ganz, und Cabernet x Rupestris 33a MG im Wuchs 
mäßig starb, in der Vermehrungsfähigkeit befriedigend. Bei der Ver¬ 
edelung läßt Aramon x Rupestris etwas zu wünschen übrig. 

Rupestris monticola hat sich in der warmen, geschützten 
Lage und in dem tiefgründigen Lößboden auf dem „Bahnstück“ ver¬ 
hältnismäßig kräftig entwickelt. Das Holz reifte gut aus, es ver¬ 
edelte und vermehrte sich auch befriedigend. Immerhin steht diese 


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a) Technische Abteilung. 


281 


Rebe gegenüber andern Unterlagen wie Riparia, Rip. x Rup. usw. 
in der allgemeinen Entwicklung weit zurück. 

Solonis x Riparia 1616 Coud. ist als Ersatz der wegen 
schlechter Verraebrungs- und Veredelungsfäbigkeit fallen gelassenen 
Solonis für feuchte Böden von großer Bedeutung. Ihr Gedeihen 
war seither auf dem Bahnstück und in der Rebschule durchaus 
befriedigend. Auch die Vermehrungsfähigkeit war gut. 

Von den Geisenheimer Kreuzungen von Solonis x Riparia, 
G 177 und G 178. hat sich G 177 als am kräftigsten erwiesen. Beide 
Varietäten versprechen bedeutungsvoll zu werden. Sie nähern sich 
in ihrem Habitus und in ihrer Blattform mehr der Solonis als die 
Coudercsche Kreuzung 1616. welche kräftiger wächst. 

Aramon x Riparia 143 MG erscheint weniger bedeutungs¬ 
voll. Sie kommt in ihrem Wachstum der Riparia nahe, vermehrt 
und veredelt sich ebensogut wie diese, bietet aber bis jetzt keine 
besonderen Vorteile. 

4. Erziehung der Unterlagsrehen. 

Zur Lösung der Frage nach der für unsere Gegend brauch¬ 
barsten Erziehungsweise der Unterlagsreben wurde vor 2 Jahren in 
der „Rebschule“ eine Versuchspflanzung von 3 Erziehungsarten an¬ 
gelegt, und zwar wurden berücksichtigt: 

1. die seither gebräuchliche Erziehung an senkrechten Stangen, 

2. die Erziehung an schräg in Pyramidenform gestellten Drähten und 

3. die kriechende Erziehung (Bodenerziehung) ohne irgend 
welche Unterstützung der Triebe. 

An Unterlagsreben wurden zu dieser Pflanzung benutzt: 
Riparia x Rupestris G 13, Riparia x Rupestris 101 14 MG, Riparia X 
Rupestris 108 MG, Cordifoliax Rupestris G 19 und G 20. 

Diese Anlage ist bereits kräftig herangewachsen und dürfte im 
kommenden Jahre einen guten Vergleich liefern, sowohl in Bezug 
auf den Einfluß der Erziehungsart auf die Holzreife und die Qualität 
des Holzes als auch auf die Menge des erzielten Holzes und die 
bei der Erziehung aufgebrachte Arbeitskraft. 

Die Erweiterung dieser Versuchsanlage durch Prüfung der Er¬ 
ziehung in Dachlaubenform mit verschiedener Neigung der Dach¬ 
laube ist in Aussicht genommen. 

Einen weiteren Beitrag zu der Frage des Einflusses der Er¬ 
ziehung auf die Holzemte ergab ein kleiner Vorversuch, welcher 
im Vorjahre bei je 6 Stöcken von Riparia G 2 auf der Leideck an¬ 
gestellt wurde. Es kamen dabei zur Anwendung 

1. die gewöhnliche Stangenerziehung 

2. die Auvemiererzieluing an wagrecht gespannten Drähten und 

3. die Bodenevziehung. 

Es lieferten die 6 Stöcke 

bei der Stangenerziehung: 160 Blindreben 

bei der Auvernier-Erziehung: 180 
bei der Bodenerziehung: 205 


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2S2 IV. Belicht über die Keleiiveredeliuig.s-Station Eibingeü-Geisenheini. 


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Diese Blindreben wurden zur Bewurzeluug in die Rebschule 
eingelegt. Es wuchsen von denselben: 

bei der Stangenerzielmng: 101 Stück also 63% 

bei der Auvernier-Erziehung: 103 .. 57°/ 0 

bei der Bodenerziehung: 125 .. 50% 

Es ergab also die Bodenerziehuug die größte Menge Blindholz. 
Obwohl hiervon nur 50% lebensfähig war und sich bewurzelte — 

gegen 63% bei der Stangenerziehung — so spricht doch das End¬ 

resultat, die Anzahl der bewurzelten Reben, zu Gunsten der Boden¬ 
erziehung. Die 6 Stöcke brachten bei der Bodenerziehung 125 
Wurzelreben, bei der Stangenerziehung 101 Wurzelreben. Die Au¬ 
vernier-Erziehung stand in dieser Beziehung in der Mitte. 

Wesentlich erscheint zur erfolgreichen Durchführung der Boden¬ 
erziehung aber eine freie, luftige Lage und ein möglichst unkraut¬ 
freier Boden. In letzterer Beziehung ist eine Überschotterung des 
Bodens mit Steingeröll oder Schlacken sehr vorteilhaft. Die Über- 
schlackung hat sich selbst in der tiefen Lage und dem wüchsigen 
Lehmboden der „Rebschule“ recht gut bewährt. Sie bietet nicht 
nur den Vorteil, daß der Unkrautwuchs verringert wird, sondern 
verhütet auch bei anhaltendem Regen ein Bespritzen und Beschlemmen 
des Blattwerkes mit Erde und eine dadurch bedingte Schwächung 
der assimilatorischen Tätigkeit derselben. Auch findet bei einer 
Überschlackung nach anhaltendem Regen ein schnelleres Abtrocknen 
der Triebe statt und die Erwärmung des Bodens kann schneller 
erfolgen. 

5. Einflurs des Schnittes anf Quantität and Qualität des Holzes. 

Bereits 1003 war über einen Versuch berichtet worden, 
welcher bei Taylor Geisenheim auf Quartier V der Leideck mit der 
Anwendung von kurzem und langem Schnitt zur Produktion von 
Unterlagsholz zur Anstellung kam. Seinerzeit konnte nur über die 
bei kurzem und langem Schnitt erzielten Unterschiede in der Menge 
des Holzes berichtet werden. Das seinerzeit bei diesem Versuche 
erzielte Blindholz wurde nun in die Rebschule eingeschult, um auf 
Grund der Trieblänge und der Bewurzeluug ein Urteil über die 
Qualität des Holzes zu erhalten. Es hat sich dabei folgendes be¬ 
achtenswerte Resultat herausgestellt: 

Es lieferten je 4 Stöcke von Taylor Geisenheim 




Es 

wuchsen 
davon: 

also % 

beim 

Schnitt von 2 ca. SO cm 

langen 




Streckern: 350 Schnittreben 

200 

57 % 

beim 

Schnitt von 2 kleinen ca. 

1 m 




langen Bopreben: 275 

Sehnittreben 

170 

61% 

beim 

Sehritt von 2 proben ca. 

2 m 



langen Bopreben: 250 

Selmittreben 

150 

60% 

beim 

Schnitt auf Zapfen: 159 

Sehnittreben 

1 IS 

74 o. 


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a) Technische Abteilung. 


283 


Je stärker also die Holzproduktion an einem Stock war, um so 
weniger hat sich das Holz lebensfähig erwiesen, um so größer war 
der Ausfall, welcher sich bei der Bewurzelung ergab. 


6. Das Auftreten der Melanose bei den Unterlagsreben. 

Die auffällige Erscheinung, daß manche Unterlagen, wie z. B. 
Riparia Geisenheim an manchen Orten wie auf der Leideck jahr¬ 
aus jahrein mehr oder weniger stark von der Melanose befallen 
wurden, während die gleiche Sorte an andern Orten wie z. B. in 
Engers stets ziemlich frei von der Krankheitserscheinung blieb, gab 
zu der Vermutung Anlaß, daß die Beschaffenheit des Bodens einen 
Einfluß auf das Auftreten der Melanose habe. Es wurde deshalb 
seit dem Vorjahre eine Anzahl Reben der Sorte Riparia x Rupestris 
108 MG, welche hier in Geisenheim seit einer Reihe von Jahren 
stets am stärksten von allen Unterlagsreben von der Melanose be¬ 
fallen wurde, in 1 m tiefen, eylindrischen Töpfen mit verschieden¬ 
artigen Erdmischungen kultiviert. Es wurden folgende Bodenarten 
gewählt: 

Schieferboden, 

Lößboden, 

Sandboden, 

Mischung von Vs Sand und 2 /s Lehm und 

Mischung von 2 /s San d und Vs Lehm. 

Je 3 Töpfe wurden mit dem gleichen Boden gefüllt und dann bis 
zum Rande in Erdreich eingesenkt. Je l Topf eines jeden Bodens 
wurde während des Sommere bei Bedarf bewässert. die beiden 
andern Töpfe erhielten nur die natürliche Feuchtigkeit durch 
Regen. 

Auffallend war nun die Erscheinung, daß die Melanose bei 
sämtlichen Vereuchsreben überhaupt nur ganz schwach auftrat, 
während sie bei den im Freiland stehenden Stöcken der gleichen 
Sorte Anfang September nach einem plötzlichen Witterungsumschwung 
und kaltem Regen sich sehr stark zeigte. Bei den Versuchsreben 
fand sich in keiner Weise ein Unterschied im Melanosebefall bei 
den einzelnen Bodenarten sowohl wie bei den bewässerten und 
nicht bewässerten Reben. 

Wie ist nun diese Erscheinung zu erklären? 

Es wird vermutet, daß die Melanose die Folge einer Störung 
des Safttriebes ist und in solchen Fällen besonders auftritt, in denen 
das Blattwerk sich verhältnismäßig stark im Verhältnis zum Wurzel¬ 
werk entwickelt hat. Diese Erklärung wird durch das Auftreten der 
Melanose im Freiland nach dem Witterungsumschlag im September 
unterstützt, während der geringfügige Melanosebefall bei den Topf¬ 
reben auf die allgemein schwache Entwicklung derselben, insbesondere 
des Laubwerkes, zurückzuführen wäre. 


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284 IV. Bericht über die Rebenveredelungs-Station Eibingen-Geisenheirn. 


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7. Elnflnfs der Zeit des Schnittes auf die Enterlagsreben. 


Um zu prüfen, inwieweit es bei den Unterlagsreben von Ein¬ 
fluß ist, ob dieselben bereits im Herbst oder früh oder spät im 
Frühjahr geschnitten werden, wurde im Vorjahre ein Teil von 
Riparia Gloire de Montpellier zu folgenden Zeitpunkten geschnitten: 
16. Dezember, 23. Januar, 24. Februar, 24. März und 20. April. 
Das Schnittholz wurde in die Rebschule eingelegt Es eigab sich 
nun während des Sommers bereits, daß das am 16. Dezember und 
20. April geschnittene Holz, namentlich aber das letztere, die stärk¬ 
sten und kräftigsten Triebe hervorbrachte. Ein Unterschied in der 
Bewurzelung zeigte sich aber nicht, wohl aber ein solcher in der 
Anzahl der bewurzelten Pflanzen. Es waren gewachsen 

von dem am 16. Dezember geschnittenen Holz . . . 81% 


23. Januar 

23. Februar 

24. März 
20. April 


70 % 
63 % 
70% 
92 % 


Wenn auch diese Unterschiede gering sind, so weist doch 
dieser Versuch darauf hin, das Holz erst möglichst spät im Früh¬ 
jahr zu schneiden. Freilich ist zu beachten, daß bei sehr spätem 
Schnitt die Mutterstöcke auch erheblich geschwächt werden. Es 
trat dies bei den am 24. April geschnittenen Stöcken im darauf¬ 
folgenden Sommer an der Wuchskraft der neuen Triebe deutlich 
zu Tage. 


8. Neuanlage auf der Leideck. 

Auf der Leideck wurden im Frühjahr des Berichtsjahres 
Quartier 1H und IV neu angelegt und zwar Quartier in mit Sylvaner¬ 
veredelungen auf neueren Unterlagen zur Prüfung des vegetativen 
Verhaltens und der Affinität, während Quartier IV für eine Pflanzung 
von Unterlagsreben für trockene Böden bestimmt wurde. 

Die jungen Pflanzen, namentlich aber die Veredelungen, haben 
sich bis jetzt sehr gut entwickelt und sind kräftiger gekommen als 
die zur Kontrolle beigepflanzten unveredelten Sylvaner. 

Der etwas ungleiche Stand der unveredelten Amerikanerreben 
ist zum Teil auf die ungleiche Bodenbeschaffenheit des Terrains 
zurückzuführen, die aus der beigegebenen Kartenskizze hervorgeht. 
Diese Bodenverschiedenheiten sind bei der späteren Beurteilung des 
Wachstums der einzelnen Sorten besonders zu beachten. Die Sorten 
sind in Reihen von Süden nach Norden angeordnet. 


9. Stand der Hybriden und Sämlinge ln der Hebsehule. 

Die Oberlinschen Direktträger: Über dieselben ist folgendes 
zu berichten: 

Mad. royale x Riparia Ob. 651: Wuchs sehr kräftig mit vollem, 
wenig gelapptem Blatt. Wenig empfindlich gegen Peronospora. 


Gck igle 


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a) Technische Abteilung, 


285 


Mad. royale x Riparia Ob. 661: Wuchs sehr kräftig mit stark 
gelapptem Blatt. Etwas empfindlich gegen Peronospora. 

Mad. royale x Riparia Ob. 663: Wuchs erheblich schwächer als 
bei beiden vorigen. Stark empfindlich gegen Peronospora. 





ca. 20 cm tiefer Lehmboden, darunter (Jesteinsboden mit großen 
Quarzitsteinen. 

mit Schiefer durchsetzter Gesteinsboden. 

I.ehm mit ganz feinem Gestein. 


•A;*. • * 

-v*. . t. • 


kiesiger Lehmboden. 


Fig. 45. Bodenverhältnisse auf Quartier III und IV der Leideck, wie sie beim 
Rigolen der Fläche zu Tage traten. 

Mad. royale x Riparia Ob. 674: Kräftiger AVuclis wie 661, ge¬ 
sund, mit wenig Peronospora. 

Mad. royale x Riparia Ob. 675: Schwachwüchsig, stark von 
Peronospora befallen. 


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286 IV. Bericht über die Rebenveredelungs-Statiou Eibingen-Geisenheim. 


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Riparia x Gamav Ob. 595: Schwach wüchsig stark von Perono- 
spora befallen. 

Gamav x Riparia Ob. 701: Wuchs schwach, mit sehr tief ge¬ 
lapptem Blatt ohne Riparia-Charakter. Empfindlich gegen Peronospora. 

Gamav x Riparia Ob. 702: Wuchs sehr kräftig, erinnert im 
Blatttypus stark an Riparia. Wenig Peronospora. 

Gamav x Riparia Ob. 705: Wuchs schwächer als 702, Blatt 
Gamav-artig. Etwas mehr von Peronospora befallen als vorige. 

Gamav x Riparia Ob. 714: Wuchs mäßig stark, mit tief ge¬ 
lapptem Blatt. Stark von Peronospora befallen. 

Gamav x Riparia Ob. 716: Starkwüchsig, gesund, nur wenig 
von Peronospora befallen. 

Pinos x Riparia Ob. 646: Sehr starkwüchsig, wenig von Pero¬ 
nospora befallen. 

Mad. royale x Taylor Ob. 806: Ziemlich starkwüchsig, sehr 
empfindlich gegen Peronospora. 

Mad. royale x Taylor Ob. 812: Etwas kräftiger und gesünder, 
sonst wie 806. 

Die allgemeine Entwicklung der vorgenannten Hybriden war 
gut. Die meisten davon dürften im kommenden Jahr in Ertrag 
treten und damit die Prüfung des eigentlichen Wertes derselben 
beginnen. 

Die Sämlinge von Amerikanerkreuzungen: Unter diesen 
erschienen besonders die Sämlinge der Kreuzung Riparia x Taylor 
beachtenswert. Sie entstammen einer Frühjahr 1900 vom Bericht¬ 
erstatter vorgenommenen künstlichen Befruchtung einer Traube von 
Taylor Geisenheim mit dem Pollen von Riparia Geisenheim. Die Säm¬ 
linge sind sehr stark im Wuchs, namentlich die No. 244 7 , 244® und 
244 10 . Sie haben den Wuchs der Riparia. Das Holz erinnert an 
Taylor, ebenso die vorzügliche, frühe Holzreife. In der Blattform 
variieren die Sämlinge untereinander und zeigen bald mehr den 
Typus von Riparia, bald den von Taylor. Diese Sämlinge dürften 
als Unterlagen an Stelle der wegen ungenügender Widerstands¬ 
fähigkeit gegen Phylloxera fallen gelassenen Taylor weiterer Prüfung 
wert sein. 

Unter den übrigen Amerikanerkreuzungen ist bis jetzt noch 
nichts Beachtenswertes beobachtet worden. 

Die Sämlinge von Europäerreben: Unter diesen sind im 
Berichtsjahre eine Anzahl zum ersten Male in Ertrag getreten und 
haben recht beachtenswerte Resultate gezeitigt: 

Weißer Damascener x Muscat Hambro V 1 J : Behang außer¬ 
ordentlich reich. Traube großbeerig, lang, blau. Traubenreife aber 
sehr spät. 

Madeleine Angevine x Elbling V 2 1 : Behang ziemlich reich. 
Traube mittelgroß, gedrungen, großbeerig, mit kurzem, festen, bräun¬ 
lichen Traubenstil. Beere länglich oval, hellgrün, mit dünner, aber 
fester Schale, sehr saftig, süß. Reift früh, Mitte bis Ende August. 
Als Frühtraube sehr beachtenswert. 

Madeleine Angevine x Muskat Hambro V 6: Behang mittelstark. 


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UMIVERSITY OF CALIFQRP 



a) Technische Abteilung. 


2S7 

Traube groß, ca. IS cm lang, lang hängend mit runden, schwarz¬ 
blauen Beeren, welche sehr süß und angenehm aromatisch, leicht 
muskiert, schmecken. Im überreifen Zustande sind sie fade und 
weichlich. Reift Ende August 

Madeleine Augövinex Weißer Damascener V 6 l : Behang mittel¬ 
mäßig. Traube lang, schlaff herabhängend mit langem Traubenstiel. 
Beere länglich, schwarzblau, mit mäßig dicker Schale und süßem, 
stark muskierendem Safte. Reift früh, Mitte bis Ende August 
Beachtenswert. 

Madeleine Augövine Sämling V 13*: Behang sehr reichlich. 
Traube mittelgroß, voll, nicht zaselig wie sonst vielfach bei Mad. 
Augövine, mit festem Traubenstiel. Beere rund, mittelgroß, mit 
ziemlich fester Schale und süßem, angenehm würzigem Safte. Reift 
Ende August, Anfang September. 

Madeleine Aug6vinexBl. Muskateller V 14 5 : Behang mittel¬ 
mäßig. Traube klein bis mittelgroß, voll, mit langem, rötlichen 
Traubenstiel. Beere rund, mittelgroß, grünlich - gelb mit säuerlich 
süßem, angenehm schmeckendem Saft. Reift Anfang bis Mitte 
August. 

Riesling x Weißer Burgunder V 11”: Behang ziemlich reich¬ 
lich. Traube gedrungen, dichtbeerig, rieslingartig, Beere rund, mittel¬ 
groß, grünlich-weiß, mit dünner, aber ziemlich fester Schale. Saft 
etwas säuerlich. Reift Mitte bis Ende September. 

Madeleine Augßvine x Weißer Damascener V 6 3 : Behang mittel¬ 
mäßig. Traube lang, schlaff herabhängend mit langem Traubenstiel. 
Beere länglich, groß, 2—2,2 cm lang, schwarzblau, mit ziemlich 
fester Schale. Saft süß, angenehm schmeckend. Reift Ende August, 
Anfang September. Zeißig. 

Infolge des heißen, trockenen Sommers hatten die veredelten 
sowie unveredelten Reben in dem an und für sich heißen, durch¬ 
lässigen Quarzitboden sehr gelitten. Die wenigen Gewittemieder- 
schläge genügten bei weitem nicht, und ließ so die Ausbildung des 
starken Behanges sehr zu wünschen übrig. Als jedoch im September 
feuchte Witterung eintrat, ging das Wachstum der Trauben sehr 
rasch vorwärts und es wäre noch ein guter Herbst zu erwarten 
gewesen, wenn sich nicht den 21. Oktober ein starker Frühfrost 
eingestellt hätte, welcher die Traubenstiele zum Teil abtötete. Da 
nun eine Verbesserung der Qualität nicht mehr zu erwarten war, 
wurden die Trauben am 26. Oktober gelesen. 

Quantitativ war der Ertrag im Durchschnitt ein sehr guter, 
während die Qualität aus den angeführten Gründen sehr zu wünschen 
übrig ließ. 

(Siehe Tab. S. 2SS.) 

Das Quartier VII, welches mit Gründüngung bestellt war. wurde 
auf SO cm Tiefe rigolt. Der stellenweise sehr schlechte Boden be¬ 
kam vor dem Rigolen eine Verbesserung durch Auffahren einer ca. 
20 cm starken Schichte Komposterde. 

In der Rebschule wurden anschließend an die in den Jahren 


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288 IV. Bericht über die Rebenveredelungs-Station Eibingen-Geisenheim. 


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Gepfl. 

Sorte und Unterlage 

Quart 

ü?a 
£ | 
kg 

Anzahl 
der Stöcke 

Ertrag ^ 
iroMorgen •** 

% K 

2. © 
r 35 

tr T 

r+- 

°Ö. 

£ 

C 

d 

o 

oo 

1899 

Sylvaner auf Riparia . . 

XI 

1030 

750 

3433 

67,0 

10,2 

1496 

O •« M • 

VIII 

454 

280 

4053 

66,0 

10,7 

1894- 97 

m m r • • 

II 

176 

117 

3826 

79,0 

10,2 

1896 

„ Solonis. . . 

VIII 

632 

420 

3780 

64,0 

10,4 

1899 

,, .. Rupestris . . 

XI 

173 

261 

1649 

81.0 

10,0 

1892—96 

Riesling auf Solonis . . . 

I 

256 

120 

5317 

80,5 

13,4 

1895 


VII 

347 

480 

1807 

73,0 

17,0 

1897 


IX 

166 

158 

2563 

: 8i,o 

17,2 

1898 

.. ,, ... 

X 

627 

500 

3135 

1 77,0 

15,7 

1896 

Riparia. . . 

1 

472 

407 

2884 

1 78,0 

14,3 

1894—97 

„ „ . . . 

11 

370 

172 

5377 

79,0 

13,6 

1895 

„ ,, 

VII 

73 

150 

1216 

76.0 

10,0 

1896 


VIII 

123 

57 

5394 

78,0 

13,0 

1898 

■ 

M .. M • • 

X 

84 

75 

1 2800 

78.0 

15,9 

1897 

., Gutedel xRip. 

IX 

39 

90 

j 1083 

1 83,0 

15,0 

1892-96 

v York Madeira 

I 

76 

75 

I 2533 

1 76,0 

12,1 

1898 

M Rupestris . . 

X 

202 

247 

, 2044 

76,0 

; 15.7 

1898 

.. ,. Rup. metallica 

X 

85 

87 

| 2442 

1 82,5 

13,4 

1898 

Rip. x Rup. . 

X 

95 

105 

! 2261 

! 85,0 

14.1 

1898 

„ Rip. Portalis . 

X 

25 

18 

| 3490 

! 79,5 

I 13,8 


1904 und 1905 ausgeführten Mutterpflanzung eia Areal von 1500 qm 
mit folgenden Unterlagen zu diesem Zwecke bepflanzt. 

Mourv. x Hup. 143 Coud. 

Mourv. xRup. 1202 Coud. 

Cab. xRup. 33 a Mg. 

Cad. xRup. G 17. 

Riparia Geisenheim. 

Rip. xRup. G 15. 


b) Wissenschaftliche Abteilung. 

Erstattet von Dr. Karl Kroemer, Vorsteher der Abteilung. 


A. Wissenschaftliche Tätigkeit. 

1. Untersuchungen über die Ursachen des Zurfickgelieus von 

Rebcnveredelungeu. 

Die bei Veredelungen der verschiedensten Holzarten bereits 
bekannte Erscheinung, daß anfangs scheinbar normal verwachsene 
Veredelungen nachträglich kümmern und zurückgehen, tritt bei den 
Rebenveredelungen unserer deutschen Versuchsgärteu zuweilen in 
besonders starkem Maße auf. Während der letzten Jahre ließ sich 
diese Beobachtung namentlich in der Rebschule Engers feststellen. 
Da die Veredelung der Reben schon an sich mit großen praktischen 


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b) AVissenschaftliche Abteilung. 


281) 


.Schwierigkeiten zu kämpfen hat und bei uns trotz aller Fortschritte 
die Anwachsprozente der vom Klima mehr begünstigten Anlagen 
des Auslandes immer noch nicht erreicht, so ist die Frage nach 
den Ursachen dieses Zurückgehens der Veredelungen für die Praxis 
ungemein wichtig. Aus diesem Grunde wurde die Erscheinung auf 
Anregung des Vorsitzenden der Rebenveredelungskommission, Herrn 
Landesökonomierat Goethe, und im Aufträge des Herrn Ministers 
durch den wissenschaftlichen Assistenten der Station Dr. Rudolf 
Gern eck näher untersucht 

Die Beobachtungen erstreckten sich auf folgende, aus Engers 
bezogene, sowohl ein- wie zweijährige Veredelungen: 

Riesling auf Riparia Geisenheim, 

„ Riparia splendens, 

„ Riparia Gioire de Montpellier. 

Solonis, 

,, Riparia x Rupestris St. Michele e 
Burgunder „ Riparia splendens. 

,, .. Riparia x Rupestris St. Michele e 

Sylvaner „ Riparia x Rupestris St. Michele e. 

Von jeder dieser verschiedenen Veredelungen wurden gesunde 
und erkrankte Exemplare in größerer Anzahl zur Untersuchung 
herangezogen. 

Um die Ursache dp.» Zimi ckg ß h ftns klarzustellen, war in erster 
Linie die Untersuchung von normal verwachsenen, vollkommen ge¬ 
sunden Veredelungen erforderlich. Nach der miL-casl.-T»pigr»hfln Be¬ 
obachtung ist das BilcLderartiger Veredelungen bei allen Vitisarten 
folgendes: 

Alles Vexwachaungsgewebe wird stets einzig und allein aus 
dem Gewebe der cambialen Region gebildet. Bald nach Ausführung 
der Veredelungsoperation und Unterbringung der Reben im Strati- 
fibationsraume beginnen die Cambien des Europäer-Edelreises und 
der Amerikaner-Unterlage an der Schnittfläche in Tätigkeit zu treten 
und einen gewöhnlich als ,.0811118“ bezeichnten Gewebewulst zu 
bilden. Schließlich treffen die beiden callösen Wülste aufeinander 
und verschmelzen, worauf die Bildung des Verwachsungsgewebes 
ihren weiteren Verlauf nimmt, Verholzung eintritt usw. Das erst- 
jährige, bereits vor der Veredelung gebildete Dauergewebe nimmt 
niemals an dem Verwachsungsprozesse teil, und zwar weder mit 
Elementen des Markes, noch mit solchen des Holzes oder des 
Bastes, ln vielfacher Hinsicht interessant und für die vorliegende 
Frage wichtig ist es, das Verhalten des erstjährigen, nicht ver¬ 
schmelzenden Holzes in Edelreis und Unterlage zu verfolgen. Das 
erstjährige Holz der Unterlage stirbt unmittelbar an der Fläche des 
Veredelungsschnittes ab; unterhalb dieses toten Holzteiles ist stets 
eine lange Region zu beobachten, wo die Parenchymzellen lebendig 
bleiben und infolgedessen die Fähigkeit der Stärkespeicherung 
sich bewahren, wo aber dennoch Degenerationserscheinungen auf- 
treten. In die wasserleitenden Bahnen (Gefäße und Tracheiden» 
werden nämlich von den lebenden Parenchymzellen Thyllen vor- 

(ii'Uonlu'tincr Uorieht Um.',. 1!) 



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290 IV. Bericht über die Rebenveredeluogs-Station Eibingen-Geisenheirn. 


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gestü lpt, welche die Wasserbahnen mehr oder weniger vollkommen 
veistopfen und sie auf diese Weise außer Funktion setzen. Später¬ 
hin, jedoch noch im Laufe des Veredel un gs j a h res, werden in die 
Idyllen braune, gummiartige~-&uhstanzen .abgelagert, und schlie߬ 
lich verkorken die Thyllenwandungen meistenteils. Infolgedessen 
erscheint gegen Ende des Veredelungsjahres alles in der Nähe der 
Schnittfläche gelegene erstjährige Holz schon makroskopisch schwach 
gebräunt. Im Jahre nach der Veredelung schreitet diese Bräunung 
des erstjährigen Holzes weiter nach unten fort, indem immer mehr 
Thyllen und Gummimassen in die Gefäße vorgestülpt, resp. ab¬ 
gelagert werden, und außerdem nimmt sie dadurch noch an Stärke 
zu, daß auch viele der Parenchymzellen, und zwar besonders die um 
die Wasserbahnen gelagerten, in ihrem Innern braune Gummi¬ 
massen speichern und ihre Membranen verkorken. Das erstjährige 
Holz der zweijährigen Veredelungen ist also auf eine weite Strecke 
unterhalb der Veredelungsstelle völlig außer Funktion gesetzt, was 
bereits äußerlich an der starken Bräunung kenntlich ist. .^Jimäh- 
lich nimmt die Thyllenbildung und die durch Gummiausscheidungen 
heryorgerufene Bräunung nach unten zu stark ab, nimmt aber nach 
der "basalen Schnittfläche der Unterlage wieder be deutend zu, da 
sich die an der Fläche des Veredelungsschnittes beobachteten Er¬ 
scheinungen stets auch an der basalen Schnittebene zeigen. jJn- 
mittelbar an der Basis der Unterlage sind alle Zellen deg- _erst- 
jährigen TTnLzpj^JihArhanpt ahggstQlhfin 

Ebenso wie das erstjährige Holz der Amerikaner-Unterlage ver¬ 
hält sich nach der Kopulation auch das erstjährige Holz des auf¬ 
gepfropften Europäer-Edelreises. Unmittelbar an der Schnittfläche 
sterben also alle lebenden Elemente des Holzes bald ab; über dieser 
toten Holzpartie werden die Gefäße und Tracheiden durch Thyllen 
verstopft und so funktionslos. und späterhin werden die Thyllen 
und eine große Anzahl von Parenchymzellen dicht mit braunen 
Gummisubstanzen angefüllt. Nach oben zu nimmt die Intensität 
der Bräunung und die Thyllenbildung ab, so daß am Auge selbst 
das erstjährige Holz fast normal erscheint: im Jahre nach der Ver¬ 
edelung pflegt die Bräunung und Thyllenbildung das erstjährige 
Holz bis hinauf ans Auge zu ergreifen. Das über dem Auge des 
Edelreises befindliche Stück des Rebholzes stirbt nach der Ver¬ 
edelung sehr rasch vollkommen bis an das Auge, resp. an die aus 
ihm entstandenen Triebe ab. 

Beachtenswert ist, daß alles an den Schnittflächen gelegene 
erstjährige Holz von Amerikaner- und Europäer-Reben schnell ab¬ 
stirbt, daß die dahinter gelegene Region zwar lebend bleibt, aber 
für eine Leitung von Wasser und Bodensalzen nicht mehr in Be¬ 
tracht kommen kann, und daß diese funktionslose Zone des erst¬ 
jährigen, schon vor der Veredelung gebildeten Holzes im Laufe der 
Zeit an Größe zunimmt. Das erstjährige Holz wird also nach der 
Veredelung in immer steigendem Maße aus den Lebensprozessen 
ausgeschaltet, und alle Lebensaufgaben fallen dem erst nach der Ver¬ 
edelung gebildeten Holze zu. Dieses normale Bild der veredelten 


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b) Wissenschaftliche Abteilung. 


291 


Rebe zeigten naturgemäß alle diejenigen Veredelungen, die voll¬ 
kommen gesund waren, mochten sie nun sehr kräftig (I. Qualität) 
oder schwachwüchsig sein. 

Von den erkrankten Reben wurden zuerst die zweijährigen 
Veredelungen untersucht, da diese naturgemäß ein weiter vor¬ 
geschrittenes und deshalb deutlicher erkennbares Krankheitsbild 
lieferten als die einjährigen Veredelungen. Schon äußerlich ließen 
sich bei genauer Beobachtung unter diesen Reben zwei Typen des 
Krankheitsbildes erkennen, nämlich: 

I. Erkrankungen der Unterlagsrebe, 

II. Erkrankungen des Edelreises. 


a) Erkrankungen der Unterlagsreben. 

Die Erkrankung erstreckt sich entweder nur unmittelbar auf 
die Basis der Unterlagsrebe, oder sie hat eine größere Zone der 
unteren Internodien oder eine solche der oberen an der Veredelungs¬ 
stelle liegenden Zweigglieder ergriffen. Schließlich kommt es auch 
vor, daß die gesamte Unterlage von der Basis bis zur Veredelungs-' 
stelle erkrankt ist. 

1. Erkrankung der Uutßrlagsbasis. 

In vereinzelten Fällen zeigte sich, daß durch irgend ein Ver¬ 
schulden die Basis der Unterlage verletzt worden war, und zwar, 
wie sich durch die anatomische Untersuchung feststellen ließ, bevor 
die Reben nach stattgehabter Veredelung ihr Wachstum aufgenommen 
hatten. An der Basis der Unterlage war ein großer Teil schräg 
abgespalten worden, sei es nun gelegentlich der Veredelungsarbeit 
oder beim Einschulen. Die Wunde begann etwa 3—3,5 cm über 
der Basis und verbreiterte sich nach unten zu so stark, daß am 
Basisknoten die Hälfte des Gewebes-fehlte. Diese basale Verletzung 
hatte insofern schädlich auf die Veredelungen eingewirkt, als die 
Unterlagsrebe nur an der -unverletzten Flanke des Basalknotens be¬ 
fähigt war, Wurzeln zu bilden. Diese einseitige Bewurzelung ist 
für eine genügende Aufnahme von Wasser und Nährsalzen aus dem 
Boden zu gering, zumal ja den aus dem basalen Knoten entspringenden 
Wurzeln der Hauptanteil an der Nahrungsaufnahme zukommt. Die 
durch die Verletzung herbeigeführte mangelhafte Ernährung der 
Unterlage machte sich in allen Fällen dadurch sehr auffallend be¬ 
merkbar, daß in den Jahren nach der Veredelung nur zwei sehr 
schmale und abnorm schwach gebaute Holzjahresringe angelegt 
worden waren. Die Elemente des zweit- und drittjährigen Holzes, 
und zwar sowohl die Parenchymzellen wie die Gefäße, waren abnorm 
klein und ihre Wandungen nur sehr schwach verdickt. Der 
schwächende Einfluß der Wunde ließ sich außerdem noch insofern 
erkennen, als die vertikal über der basalen Wunde gelegenen Teile 
der beiden letzten Jahresringe deutlich schmäler waren als diejenigen 
Partien, die über der unverletzten, zur Nahrungsaufnahme be¬ 
fähigten Hälfte des Basalknotens lagen. Hatte die Nahrungsaufnahme, 
wie nachgewiesen, schon für die Unterlage nicht ausgereicht, tim 

19* 


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292 IV. Bericht über die Kebenveredelungs-Statiou Eibingen-Geisenheim. 


so woni^er wird sie fiir das Edelreis und seine Triebe genügt 
haben. 

2. «Erkrankungen längerer Basalzonen der Amerikaner-Unter¬ 
lagen. 

Bei einer größeren Anzahl der zur Untersuchung gelaugten 

Unterlagen ließ sieh eine Erkrankung konstatieren, die die Basis 

der Amerikanenebe ergriffen hatte und von dort verschieden weit 
nach oben vorgeschritten war. Es zeigte sich nämlich an einer 
Seite der Unterlage ein vertikal verlaufender, mehr oder weniger 
langer und verschieden breiter Wundstreifen, der seinen Ausgangs¬ 
punkt am Basisknoten genommen haben muß, da in allen beobachteten 
Fällen die Wunde an der Basis am breitesten war, und nach oben 
zu schließlich eine Verschmälerung des erkrankten Streifens eintrat. 
Um die Ursachen diese] 1 Erkrankung herauszufinden, mußte zur 
mikroskopischen Untersuchung geschritten werden; dieselbe ergab, 
daß diese Art der Erkrankung stets auf ein und dieselbe Ursache 
zurückzuführen sein dürfte. 

Besonders deutlich waren die Krankheitserscheinungen z. B. hei 
einer zweijährigen Veredelung von Riparia splendens, die als Unter¬ 
lage für Riesling gedient hatte. Makroskopisch zeigte sich hier, daß 
die Wunde das ganze unterste Internodium und auch noch das 
zweite Internodium bis auf die oberen 3 cm als vertikaler Streifen 
durchzog, und daß sie an der Basis des untersten Internodiums fast 
ein Drittel des Rebumfanges einnahm und sich von hier an all¬ 
mählich nach oben zu verschmälerte. 

Bei der anatomischen Untersuchung zeigte sich, daß an der 
gesamten W und stelle nur das ondjährige, bereits vor der Veredelung 
gebildete Holz vorhanden, jedoch völlig gefault und abgestorben war. 
Nach der Veredelung war an der Wundstelle überhaupt kein Gewebe 
mehr gebildet worden. Aus diesem Befunde erhellt, daß das_Cam- 
bium im Wundbereiche während des Zeitraumes, der vom Abschluß 
der ersten Vegetationsperiode der Unterlagsrebe bis zum Beginn 
des Wachstums nach erfolgter Veredelung reicht, abgestorben war. 
Infolge dieses Verlustes des cambialen Gewebes war in der Wund¬ 
region jede Bildung von Holz und Rinde nach der Veredelung aus¬ 
geschlossen. Außerdem begann das infolge des Absterbens des 
Cambiums bloßgelegte erstjährige Holz im Boden zu faulen und ab¬ 
zusterben. und zwar zeigte die mikroskopische Untersuchung derartig 
erkrankter einjähriger Veredelungen, daß das Faulen des erstjährigen 
Holzes an der Wunde bereits im Veredelungsjahre sehr weit vorzu- 
sehreiten .pflegt; im Jahre nach der Veredelung wurde in allen zur 
Beobachtung gelangten Fällen dieses Absterbeu beendet. 

Diese Erkrankung der Unterlagen kann von der Basis aus ganz 
verschieden weit nach oben zu fortschreiten. So wurden Fälle be¬ 
obachtet, wo der Wundstreifen nur das untere Internodium auf einer 
mehr oder minder langen Strecke ergriffen hatte. Es kamen aber 
auch Fälle zur Beobachtung, wo der Wundstreifen fast bis an die 
Veredelungsstelle hinauf reichte. Ebenso unterlag die Breite des 
Wundstreifens großen Schwankungen, stets aber trat Verschmälerung 


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UMIVERSITY OF C LI 




b) Wissenschaftliche Abteilung. 


293 


von unten nach oben ein. An der I ^a sis der Unterlage war ge¬ 
wöhnlich eiru Drittel, oft aber auch die Hälfte, in einem Falie sogar 
Dreiviertel des Cambiumriugas za Grunde gegangen, 
u Diese Erkrankung der Unterlagen ist naturgemäß von äußerst 
jschädlichem Einfluß auf das Gedeihen der Veredelungen. Alle im 
Bereiche des Wundstreifens liegenden Knoten waren an der Wund¬ 
stelle nicht imstande, Wurzeln zu bilden, da ja eine lebende Cam- 
bialzone dort fehlte. Die Knoten der erkrankten Unterlagen konnten 
also nur an der gesund gebliebenen Seite sich bewurzeln. Eine 
derartig einseitige Bewurzelung ist aber gänzlich ungenügend für 
die veredelten Reben, zumal der für die Wurzelbildung haupt¬ 
sächlich in Betracht kommende Basisknoten stets im Wundbereiche 
gelegen und als Ausgangspunkt für die Erkrankung am frühesten und 
stärksten verwundet ist. Die Folgen dieser geringen Bewurzelung 
und ungenügenden Nahrungsaufnahme zeigten sich deutlich daran, 
daß alle kranken Unterlagshölzer seit Entstehung der Wunde nur 
sehr schmale und abnorm schwach gebaute Holzjahresringe an¬ 
gelegt hatten. Namentlich in den vertikal über den Wundstreifen 
gelegenen Partien treten diese Erscheinungen zu Tage. Unter der 
mangelhaften, ungenügenden Ernährungsmöglichkeit hatten natürlich 
auch die Triebe des Edelreises zu leiden und mußten zurückgehen, 
selbst wenn das Edelreis an sich zunächst vollkommen gesund und 
normal ausgebildet war. 

Aber noch ein zweiter Nachteil resultierte aus dieser Erkrankung 
der Unterlagen. In dem ganzen kranken Rebteil war auf der 
wunden, allen lebenden Gewebes mangelnden Seite jeglicher Lebens¬ 
prozeß unterbunden, insbesondere jede Stoffwanderung sowohl aus 
den Wurzeln aufwärts in die Triebe des Edelreises wie von den 
Blättern des Europäerpfröpflings abwärts nach den Wurzeln zu aus¬ 
geschlossen. Der im Bereich des Wundstreifens ganz auf eine 
Seite beschränkte und somit abnorme Stoffaustausch mußte sich mit 
der Zeit für die Veredelung im ungünstigen Sinne fühlbar machen, 
namentlich auf der erkrankten Seite der Unterlagsrebe, eine Tat¬ 
sache, deren Richtigkeit ja auch aus der mangelhaften, sehr schwachen 
Holzbildung nach der Veredelung erhellt. 

Die Erkrankung der Unterlage hat also nachteilig und schlie߬ 
lich tödlich gewirkt erstens infolge Hemmung der Wasser- und Nähr¬ 
salzaufnahme aus dem Boden und zweitens durch mehr oder minder 
weit greifende Ausschaltung der einen Rebseite von den für den 
Organismus notwendigen Lebensprozessen. 

Die in Rede stehende Erkrankung ließ sich auf sämtlichen ein¬ 
gelieferten Rebsorten feststellen, jedoch in verschiedenem Grade. Der 
Krankheit stark unterworfen waren Selonis, Riparia x Rupestris 
Michele e, während Riparia Gloire de Montpellier und Riparia 
splendens sie seltener zeigten und üiparia Geisenheim sich ziemlich 
immun erwies. 

3. Erkrankung der gesamten Unterlage. 

In vereinzelten Fällen (bei Solonis und Riparia x Rupestris 
St. Michele e) war nicht nur ein mehr oder weniger großer Teil 


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294 IV. Bericht über die Rebenveredelungs-Station Eibingeu-Geisenheim. 


der Amerikaner-Unterlage von der Basis aus beschädigt, sondern 
die gesamte Unterlage von der Basis bis hinauf zur Veredelungs¬ 
stelle zeigte sich an de r einen L ä n gss eite mehr oder weniger 
weitgehend-abgestorben. Auch hierbei hatte die Erkrankung von 
der Basis aus ihren Ursprung genommen und war dadurch ver¬ 
ursacht, daß vor dem Einschulen der Veredelungen und dem hier¬ 
nach beginnenden Wachstum das Cambium auf der einen Seite in 
vertikalem Streifen abgestorben war, infolgedessen späterhin daselbst 
kein zweit- und drittjähriges Gewebe entstehen konnte und das so 
bloßgelegte erstjährige, bereits vor der Veredelung gebildete Holz 
fauite und zu Grunde ging. Bei so stark erkrankten Unterlags¬ 
reben war demnach an allen Knoten die Bewurzelung und somit 
auch die Nahrungsaufnahme auf der Wundseite völlig ausgeschlossen, 
und ebenso war auf der gesamten einen Seite von der Basis bis 
zur Veredelungsstelle jeder Lebensprozeß unterbunden, vielmehr alle 
Tätigkeit des Organismus auf eine Seite beschränkt. Die Ver¬ 
edelungen müssen unter solchen Bedingungen zurückgehen und 
schließlich absterben, zumal als an der erkrankten Unterlagsseite 
eine Verwachsung mit dem Edelreis vollkommen ausgeschlossen ist 

4. Erkrankung des oberen Teiles der Amerikanerunterlage. 

Diese vierte Art der Erkrankung zeigte sich seltener, und zwar 
wieder bei einigen Veredelungen von Riesling auf Solonis und 
Riesling auf Riparia x Rupestris St Michele e. Sie kam dadurch 
zustande, daß eine noch später zu besprechende Wunde des Edel¬ 
reises bis an die Veredelungsstelle heranreichte und eine Ver¬ 
wachsung mit dem darunter hefindüchenJTeile der Unterlage un- 
möglieh_ma.cbte. Unter dieser Wundstelle trocknete auch das Cara- 
biura der Unterlage auf einer kleineren oder größeren Strecke aus. 
Auf diese Weise entstand am oberen Teile der Amerikanerrebe ein 
kleiner, längs verlaufender Wundstreifen, der sich an die erkrankte 
Stelle des Edelreises ansetzte. Die Breite der Wunde entsprach 
an der Veredelungsstelle stets derjenigen der Edelreis wunde; nach 
unten verschmälerte sie sich schnell, um wenige Millimeter unter¬ 
halb der Veredelungsstelle zu endigen. Nur in einem Falle, bei 
Solonis, hatte sich die Wunde durch das ganze oberste Internodium 
und noch einen Teil des zweiten lnternodiums abwärts erstreckt. 
Die anatomische Untersuchung zeigte, daß an der Wundstelle das 
erstjährige, vor der Veredelung gebildete Holz freigelegt und ab¬ 
gestorben, zweitjähriges Gewebe aber nicht gebildet war. Daraus 
kann man schließen, daß die Beschädigung unmittelbar nach der 
Veredelung entstanden ist, ja daß sie in ihren Anfängen vielleicht 
schon vor derselben vorhanden war. 

b) Erkrankung des Edelreises. 

Viel allgemeiner und häufiger als die Amerikaner unterlagen 
zeigten sich die Edelreiser erkrankt, und zwar trat stets der gleiche 
Krankheitstypus, nur in mehr oder weniger vorgeschrittenem 
Maße, auf. 


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b) Wissenschaftliche Abteilung. 


295 


Die Erkrankung des Edelreises bestand stets in einer längs 
verlaufenden Wunde, die ii^ allen Fällen auf der dem Auge gegen¬ 
überliegenden Seite des Edelreises auftrat. Der Wundstreifen war 
oben immer am breitesten und verschmälerte sich stets nach unten; 
seine Länge variierte, indem entweder nur ein Teil des Edelreises 
erkrankt war (Fig. 46) oder aber die Wunde bis zur Veredelungs¬ 
stelle herab reichte. Diese beiden Befunde beweisen, daß die Er¬ 
krankung des Edelreises von oben her stattgefunden, und daß 
sie von dort ihren Weg nach der Ver¬ 
edelungsstelle zu genommen haben muß. 

Um die Ursache dieser gleichmäßigen 
Art der Edelreiserkrankung herauszutinden, 
mußte wiederum zur mikroskopischen Unter¬ 
suchung der Wundstellen geschritten wer¬ 
den. Es zeigte sich, daß an der Wund¬ 
stelle nach der Veredelung jede Gewebe¬ 
entwicklung unterblieben und das erstjährige, 
vor der Veredelung entstandene Holz voll¬ 
ständig abgestorben war. Das Cambium 
muß also im Wundbereiche ebenso wie die 
primäre Kinde zur Zeit der Veredelung ab¬ 
gestorben sein. 

Bei den meisten der erkrankten Edel¬ 
reiser hatte das erstjährige Holz bereits 
begonnen, auch in dem nicht verwundeten 
Teil abzusterben, und zwar besonders in 
seinen innersten, an das Mark angrenzen¬ 
den Schichten. In einzelnen Fällen hatte 
das Absterben sogar schon in das zweit¬ 
jährige Holz hinübergegriffen. 

Bei gesunden Veredelungen stirbt das 
Cambium des Edelreises stets über dem 
obersten Auge ringsum ab, so daß das 
oberste, angeschnittene Glied des Edelreises 
abtrocknet; an dem Knoten, der das Auge Fig. 4t». Veredelung von 
trägt, macht das Absterben jedoch Halt Kiesling auf Kip. splendens. 
und setzt sich normalerweise nicht unter- Beschädigung des Edelreises, 
halb des Knotens weiter fort. Bei den 

erkrankten Edelreisern der Engers’schen Veredelungen war jedoch 
das Cambium auf der dem Auge entgegengesetzten Seite auch unter¬ 
halb des Knotens mehr oder weniger tief herab abgestorben. Meistens 
endete die Wunde einige Millimeter oberhalb der Verwachsungsstelle: 
ein Teil der Edelreiser aber, und zwar war es nur Kiesling, war bis 
zur Veredelungsstelle herab verwundet, woselbst der Wundstreifen 
noch eine Breite von 2 — 7 mm besaß. 

Diese eigentümliche Erkrankungsweise des Edelreises tritt erst 
bei den zweijährigen Veredelungen klar zu Tage. Die einjährigen 
Veredelungen weisen die Wunde zwar auch schon auf. sie ist aber 
äußerlich nicht sichtbar, da die Borke des ersten Jahres noch er- 



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296 IV. Bericht über die HebeuveredeluugsStation Eibingen-Geisenheim. 


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halten ist und sie überdeckt Erst im Jahre nach der Veredelung 
pflegt die erstjährige Borke abzusplittern, und nun wird die Ver¬ 
wundung auch äußerlich leicht wahrnehmbar. Man kann jedoch 
leicht auch die Beschädigung an den einjährigen Veredelungen auf¬ 
decken, wenn man die Borke an der dem Auge gegenüberliegenden 
Seite vorsichtig entfernt. 

Da infolge der Verwundung die dem Auge gegenüberliegende 
Seite des Edelreises das lebende Gewebe in mehr oder weniger 
hohem Maße entbehren mußte, so w r ar ebenso näe_an_d£tjerkrankteü 
Sei teilet--Unterlagen auch .an der Wundseite des Edelreises ein 
normaler Leben $prozeß_ unmöglich, insbesondere jede Zu- und Ab¬ 
leitung von Inhalts- und Nährstoffen ausgeschlossen. Eine der¬ 
artige Einschränkung des Stoffverkehrs auf eine Flanke der Rebe 
muß naturgemäß schon an sich zu einer Schwächung und schlie߬ 
lich auch zum völligen Absterben der Veredelung führen. 

Außerdem ist in Betracht zu ziehen, daß die Erkrankung des 
Edelreises in vielen Fällen, wenn nicht immer, eine normale, all¬ 
seitige Verwachsung mit der Unterlage unmöglich machte. Reichte 
die Wunde des Edelreises bis zur Veredelungsstelle herab, so war 
selbstverständlich eine Verwachsung im Bereiche des Wundstreifens 
ausgeschlossen, da die Europäerrebe infolge Absterbens des Cambiums 
daselbst keinen Gallus hatte bilden können. Mit Hilfe des Mikro- 
skopes ließ sich leicht teststellen, daß bei so starken Beschädigungen 
das gesamte Gewebe des Rieslingreises überhaupt abgestorben war. 

Selbst bei kürzeren Wundstreifen war die Verwachsung oft 
nicht normal vor sich gegangen. Es kam vor, daß auch hier das 
erstjährige Holz des Rieslings nicht nur, wie normal, unmittelbar 
an der Schnittfläche, sondern vollständig vom oberen Ende des Edel¬ 
reises bis zur Veredelungsstelle hinab abgestorben war. Dabei ist 
noch in Betracht zu ziehen, daß an zweijährigen Veredelungen nicht 
mehr festzustellen ist, ob das am untersten Ende, des Riesling¬ 
edelreises vorhandene zweit- und dnttjährige Gewebe vom Edelreise 
oder von der Unterlage gebildet wurde. Bisher von mir an Geisen- 
heimer Veredelungen angestellte Beobachtungen machen es durchaus 
nicht unwahrscheinlich, daß dieser oberste Teil des Verwachsungs- 
bewebes bei derartig erkrankten Veredelungen nicht vom Edelreis, 
sondern noch von der Amerikanerunterlage gebildet worden ist 
,'Eine endgültige, sichere Entscheidung in dieser Frage läßt sich zur 
Zeit aber nicht fällen. 

Wie bereits bei Besprechung der Unterlagserkrankungen gezeigt 
wurde, kann die Wunde des Edelreises, falls sie bis zur Veredelungs¬ 
stelle herabroicht. auch noch eine Erkrankung der Unterlage herbei¬ 
führen, indem unterhalb des Wundstreifens im Edelreis das Cambium 
der Amerikanerrebe und auch das von ihm gebildete Callusgewebe 
austrocknet, weil an dieser Stelle das Edelreis keinen Callus bilden, 
also keine Verwachsung eintreten kann. 

Endlich birgt die Erkrankung des Edelreises noch einen andern 
Schaden für die Veredelung in sich. Infolge der unzureichenden 
Verwachsung bleibt an der Veredelungsstelle oft ein Spalt bestehen. 


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b) Wissenschaftliche Abteilung. 


297 


durch den Regen und pilzliche Feinde ins Innere der Rebe ein- 
dringen und hierselbst ihr Zerstörungswerk beginnen können. Viel¬ 
leicht ist der eine weiter oben erwähnte Krankheitsfall, bei welchem 
eine Solonisunterlage von der Wundstelle des aufgepfropften Ries¬ 
lings aus bis weit ins zweite Internodium hinab erkrankt war, auf 
diesen Umstand zurückzuführen. 

Die Erkrankung der Edelreiser, die, von der Größe der Wunde 
abgesehen, ganz gleichartig ist, trat am häufigsten, und stärkstem bei 
Tfrociinpr iinf' sehc-'häufig fand sie sich auch bei Burgunder. Er¬ 
krankungen, bei denen das Carabium auf der dem Auge gegenüber¬ 
liegenden Seite bis hinab zur Veredelungsstelle abgestorben war, 
waren auf Riesling beschränkt und traten bei Burgunder in keinem 
Falle auf. Bei Sylvaner war die eigenartige Krankheitserscheinung 
überhaupt niemals zu beobachten, eine Tatsache, worauf noch be¬ 
sonderes Gewicht zu legen sein wird. 

Man hatte uns aut die Möglichkeit hingewiesen, daß das. Ver-^ 
wachsungsgewebe der Veredelungen in Engers vielleicht weniger! 
gut ausreife wie in Geisenheim. Das Bild der Krankheits-i 
erscheinungen, wie es vorstehend entwickelt worden ist. entsprach 
dieser Vermutung nicht, da die Erkrankung stets vom obersten Teile 
des Edelreises ausgegangen war oder zunächst die Unterlage er¬ 
griffen hatte, in keinem einzigen zur Untersuchung gelangten Falle 
jedoch im Verwachsungsgewebe selbst ihren Anfang genommen 
hatte. Um möglichste Klarheit zu gewinnen, wurde gleichwohl das 
Verwachsungsgewebe der verschiedenen von Engers eingesandten 
Veredelungen genau auf seinen anatomischen Bau und seinen 
Ernährungszustand hin untersucht und eingehend mit dem Ver¬ 
wachsungsgewebe Geisenheimer Veredelungen I. Qualität verglichen. 
Hierbei erwies sich das Verwachsungsgewebe der Engers’schen 
Reben in jeder Beziehung als vollständig ausgereift, und es konnte 
gegenüber den Geisenheimer Veredelungen kein Unterschied fest¬ 
gestellt werden. Zell grü ße. .Zellinhalt, Wanddicke, Gefäßweite. Ge- 
fäßverdickung usw. ergaben bei den Geisenheimer und Engers’schen 
Veredelungen gleiche Werte. Bereits beim Schneiden der Präparate 
für die mikroskopische Untersuchung ließ sich beobachten, daß die 
Veredelungsstellen der Engers schen Hölzer genau ebenso hart und 
widerstandsfähig sind wie die der Geisenheimer Veredelungen. Aber 
nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ sind die Verwachsungs¬ 
gewebe in Engers und Geisenheim gleichwertig. 

Das häufig beobachtete spätere Zurückgehen der Engers’schen 
Veredelungen dürfte also auf ein Nichtausreifen des Verwachsungs¬ 
gewebes nicht zurückzuführen sein. 

Auf Grund unserer Untersuchungen glauben wir das allmäh¬ 
liche Absterben der aus Engers bezogenen Reben vielmehr auf 
folgende Ursachen zurückführen zu müssen: 

1. Ursachen der Erkrankungen der Unterlagsreben: 

Die Möglichkeit, daß die amerikanischen Unterlagsreben in Engers 
und an anderen Orten, die etwa die gleichen klimatischen Verhält¬ 
nisse darbieten wie Engers. nicht genügend ausreifen, ist nicht von 


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298 IV. Bericht über die Rebenveredelungs-Station Eibingen-Geisenheirn. 


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der Hand zu weisen; jedoch läßt es sich nicht als erwiesen und 
sicher hinstellen, daß die Ursache für die Erkrankung der Unterlags¬ 
rehen tatsächlich in einem Nichtausreifen der Amerikanerhölzer 
liegt. Die Frage der Holzreife ist wissenschaftlich bisher noch nicht 
genügend geklärt und der Begriff „Holzreife“ überhaupt noch nicht 
scharf zu umgrenzen. E s i s t noch nicht festgestellV welche Be¬ 
dingungen gegeben-sein müssen, um irgend ein Holz-als reif anzu- 
sehßh. Auf keinen Fall dürfte der Stärkereichtum allein, wie vielfach 
und namentlich in den Kreisen der Praxis angenommen wird, aus¬ 
reichend für die Holzreife sein. Bei der Lösung der Frage nach 
der Holzreife muß gemäß neuerer Forschungen unbedingt der ge¬ 
samte feinere anatomische Bau des Holzes berücksichtigt werden, 
wie dies auch neuerdings von Schellenberg u. a. geschieht. 
Natürlich ist für jedes Holz zur Erlangung der Reife auch ein be¬ 
stimmter hinreichender Gehalt an Reservestärke erforderlich, daneben 
muß aber höchstwahrscheinlich auch die Größe und besonders der 
übrige Inhalt der Zelle, überhaupt der gesamte Zell- und Gewebe¬ 
bau spezifisch bestimmte Werte besitzen. Zum Beispiel werden die 
Dickfi_der Zeilwandung und die Stoffe, aus denen sie sich aufbaut, 
sowie vor allen Dingen die Beschaffenheit des gesamten Zellinhaltes 
von großer Bedeutung sein. 

Das in Geisenheim gezogene Amerikanerholz gilt im allgemeinen 
in den Kreisen der Praxis als ausgereift. Die relativ hohen An¬ 
wachsprozente, die hier bei der Veredelung erzielt werden, sprechen 
in gewissem Sinne ebenfalls dafür. Es wurden daher Unterlags¬ 
reben der Rebschule Engers mit Geisenheimer Amerikanerholz auf 
mikroskopischem Wege eingehend verglichen; ein merkbarer Unter¬ 
schied zwischen beiden Holzarten ließ sich jedoch nicht feststellen. 
Auch eine andere Tatsache ist hier zu erwähnen. Man hat in 
Geisenheim mit in Engers gezogenem Holze von Riparia Geisenheim 
Veredelungen hergestellt und damit dieselben hohen Anwachsprozente 
erhalten wie mit in Geisenheim gewachsenem Holze. 

Bewiesen ist daher noch nicht, ob es sich hier wirklich um 
Schäden handelt, die durch mangelnde Holzreife (im üblichen 
Sinne) bedingt sind. Sicher scheint es aber zu sein, daß das zur 
Veredelung benutzte Holz nicht in allen Fällen die zur Erzielung 
guter Veredelungen notwendige Beschaffenheit besaß. Dabei braucht 
nicht unbedingt an mangelhafte Reife gedacht zu werden; Er¬ 
ziehungsart des Holzes, Stand der Pflanzungen oder ähnliche Ver¬ 
hältnisse können eine stellenweise mangelhafte Beschaffenheit des 
Holzes veranlassen. Auch in Geisenheim konnten Rebhölzer beob¬ 
achtet werden, deren Holz auf der einen Längsseite nicht normal, 
ja sogar gebräunt erschien; es machte makroskopisch den Eindruck, 
als ob diese . Seite des Holzes etwas eingetrocknet wäre. Vermutlich 
finden sich ähnliche Holztriebe auch in anderen Anlagen und auch 
in Engers. Es ist anzunehmen, daß derartige Hölzer auf der im 
Wachstum behinderten (gebräunten) Flanke weniger widerstandsfähig 
sind und im Boden an diesen Stellen leicht faulen. Ein Teil der 
Erkrankungen, bei denen es sich um Beschädigungen der Unterlag«- 


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b) Wissenschaftliche Abteilung. 


299 


reben handelt, dürfte auf diese Ursachen zurückzuführen sein. Für 
die Praxis ergibt sich jedenfalls die Forderung, in Zukunft die 
Unterlagshölzer sehr gründlich zu prüfen und Holz von der be¬ 
schriebenen mangelhaften Beschaffenheit von der Verwendung beim 
Veredeln auszuschließen. 

Wir müssen aber mit der Möglichkeit rechnen, daß die Er¬ 
krankung der Unterlagsreben zum großen Teil auch dadurch ver¬ 
ursacht sein könnte,_daü die Beben bei der Aufbewahrung vor der 
Veredelung und bei der Stratifikation. gelitten.haben. Für die Auf¬ 
bewahrung der geschnittenen Unterlagshölzer ist zu fordern, daß 
man die Reben vor dumpfer, abgeschlossener Luft, welche die Arbeit 
von Pilzen und Bakterien ermöglicht und erleichtert, genügend 
schützt, daß man also die Gefahr einer ausgedehnten Pilzinfektion 
fernhält. Am besten ist dies zu ermöglichen, wenn man nach der 
jetzt in Geisenheim üblichen bewährten Methode verfährt. Hier 
werden die Unterlagsreben in einem geräumigen Kellerraurae auf¬ 
bewahrt und nur ihre Basalteile leicht in Sand eingeschlagen, während 
alle anderen Teile der Hölzer der frischen, aber natürlich zugfreien 
Kellerluft ausgesetzt sind. C c > . . j 

Auch der Stratifikation selbst ist große Bedeutung beizumessen. 
Man sollte beim Stratifizieren unserer heimischen Reben niemals 
über eine Maximaltemperatur von 25° C. hinausgehen; denn die 
häufig, so auch in Engere, zur Anwendung gelangende Gewächs¬ 
haustemperatur von 30 und mehr Graden C. ist für die Rebe nicht 
normal und kann infolgedessen schädigend einwirken, zumal wenn 
Hölzer verwendet worden sind, die nicht vollständig gesund und 
kräftig sind. Auch kann das vielfach gebräuchliche Decken der 
Veredelungskisten mit einer dichten, etwa handbreiten Moosschicht 
sehr leicht schädigend einwirken. Der Abschluß mit dieser Moos¬ 
schicht bewirkt eine Erhöhung der Temperatur in der Kiste gegen¬ 
über der Temperatur im Stratifikationsraum; sie verursacht also 
eine weitere Temperaturverschiebung zu Ungunsten der Rebe. Ferner 
verhindert sie eine freie Luftzirkulation und macht die Luft in der 
Kiste dumpf. Sowohl Temperaturerhöhung wie Verdumpfung der 
Luft begünstigen und erhöhen die Lebenstätigkeit der pilzlichen 
Parasiten, die dann die vorhandenen kranken oder schwachen Teile 
der Unterlagsreben angreifen und zerstören. In Geisenheim wird 
aus diesen Gründen auf jedes Decken der Kisten während des 
Stratifizierens verzichtet. Die Gefahr eines Austrocknens der Edel¬ 
reiser und des sich bildenden Gallus läßt sich leicht durch häufiges, 
regelmäßiges Überspritzen der Veredelungen vermeiden. 

Endlich ist noch anzuempfehlen, beim Einschulen und bei jeder 
vorhergehenden Arbeit eine Verletzung der Unterlagshölzer zu ver¬ 
meiden, um keine größeren Wunden zu schaffen, die pilzlichen 
Feinden, namentlich während der Stratifikation, eine geeignete An¬ 
griffsfläche darbieten. Insbesondere aber sind Verwundungen des 
Basisknotens, wie sie in einigen Ausnahmefällen festzustellen waren, 
zu vermeiden, da hauptsächlich die hier entstehenden Wurzeln die Auf¬ 
nahme von Wasser und Nährsalzen aus dem Boden zu besorgen haben. 


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300 l' r - Bericht über die Kebenveredelungs-Station Eibingen-Geisenheim. 


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2. Ursache der Edelreiserkrankung: 

Während die bisher besprochenen Erkrankungen bei allen Ver¬ 
edelungsstationen in mehr oder minder hohen Prozentsätzen an¬ 
zutreffen sind und nirgends ganz zu vermeiden sein werden, handelt 
es sich bei den Edelreis-Erkrankungen, wie sie weiter oben be¬ 
schrieben w’orden sind, um Erscheinungen, die speziell in Engers 
auftreten und die Hauptschuld an dem Zurückgehen der dortigen 
Veredelungen tragen. An den Geisenheimer Veredelungen konnte 
eine derartige Erkrankung niemals festgestellt werden. Es wurden 
in der hiesigen Rebschule befindliche, ein- bis fünfjährige Ver¬ 
edelungen durchgesehen und auch die diesjährigen vor dem Ein¬ 
schulen und gegen Ende des Jahres geprüft; stets jedoch war das 
Cambium am Edelreis nur bis an das Auge herab eingetrocknet 
und nie auch unterhalb des Auges. 

Die Untersuchung der Wunde zeigt, daß das Cambium auf der 
augenfreien Seite von oben her eingetrocknet sein muß, und zwar 
nach Ablauf des ersten Jahres und vor Beginn des nach der Ver¬ 
edelung einsetzenden Wachstums. Der Umstand, daß das Eintrocknen 
Ider dünnhäutigen, zarten C’ainbialzellen nur auf der augenfreien 
öeite des Edelreises, nie aber auf der Augenseite selbst erfolgte, 
Wt wohl seinen Grund darin, daß die Augenseite des Knotens in 
(jeder Hinsicht vor der anderen, entgegengesetzten bevorzugt ist. 
Nach dem Auge zu besonders richtet sich der Zufluß von Nahrung, 
hier wird mehr Gewebe als auf der anderen Seite angelegt und viel 
reichlicher Stärke gespeichert. Naturgemäß muß sich dann die reich¬ 
licher ernährte Seite resistenter gegen Einflüsse von außen erweisen; 
das Cambium ist von einem dickeren Gewebegürtel umschlossen und 
daher auch gegen ein Austrocknen besser geschützt als das Cambium 
der dem Auge entgegengesetzten Edelreisseite, wo stets ein dünnerer 
Gewebestreifen vorhanden ist. 

Die Frage, welche äußeren Umstände das Eintrocknen des 
Edelreiscambiums herbeigeführt haben, muß wohl folgendermaßen 
beantwortet werden: Die in Engers zur Veredelung benutzten Edel¬ 
reiser sind nicht in Engers selbst gewachsen, sondern aus dem 
Rheingau bezogen, und zwar der Burgunder von der Kgl. Domäne 
Assmannshausen, der Riesling bisher aus Geisenheim, seit diesem 
Jahre aus den Lagen des Steinberges der Kgl. Domäne Eberbach. 
Es ist nun höchst wahrscheinlich, daß die Reben beim Transport 
und bei der Desinfektion leiden. Mgn-beachtet wohl im allgemeinen 
nicht, daß geschnittene Rebhölzer auch bei verhältnismäßig niederer 
Temperatur relativ viel Wasser durch Verdunstung verlieren. Nach 
unseren Erfahrungen sind aber die Transpirationsverluste des Reb- 
holzes bei ungeeigneter Aufbewahrung ganz beträchtlich, und man 
darf deshalb sicher damit rechnen, daß trotz der üblichen Leinen¬ 
verpackung die Rebhölzer in beträchtlichem Grade austrocknen, ehe 
sie nach Engers kommen und dort verwendet werden. Der Wasser¬ 
verlust wird sich am meisten in einer Schädigung der Cambium- 
zellen bemerkbar machen. Man muß immer berücksichtigen, daß 
für die vom Cambium ausgehende Callusbildung Wasser das erste 


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b) Wissenschaftliche Abteilung. 


301 

Erfordernis ist. Das Edelreis muß unter allen Umständen einen 
bestimmten Wasservorrat selbst besitzen, wenn sich vom Cambium 
aus neue Zellgewebe bilden sollen. Von der Unterlage kann natür¬ 
lich dieses Wasser dem Edelreis nicht geliefert werden, solange 
nicht eine organische Verwachsung stattgefunden hat. Fehlt die 
genügende Wassermenge im Edelreis, dann ist die Gefahr des 
Austrocknens und Absterbens für das Cambium bei der hohen 
Temperatur des Stratifikationsverfahrens unbedingt sehr groß. Es 
ist verständlich, daß dieses Eintrocknen von oben und auf der dem 
Auge abgewendeten Seite beginnt; denn einmal ist die obere Zone 
der Edelreiser gegen Wasserverlust weniger geschützt als die untere 
Zone, und andererseits dürfte der gesamte Gewebebau in der Um¬ 
gebung des Auges einem Wasserverlust am meisten hinderlich sein, 
wie schon oben auseinandergosetzt wurde. 

Nach unseren Beobachtungen empfiehlt es sich dringend, auf 
eine zweckentsprechende Vorbehandlung der für die Veredelung 
bestimmten Reben das größte Gewicht zu legen, ln erster Linie 
ist zu fordern, daß jede unnötige Verzögerung des Transportes ver¬ 
mieden wird. Zweitens ist besonders auf eine gute Verpackung der 
Edelreiser hinzuwirken, um Transpirationsverluste nach Möglichkeit 
zu vermeiden. Es wird die Aufgabe weiterer, im wesentlichen der 
Praxis zufallender Versuche sein, hierfür die günstigsten und 
sichersten Maßnahmen zu finden. Sollte es sich herausstellen, daß 
eine einfache Tuchverpackung nicht genügt, so wäre vielleicht zu 
versuchen, die Edelreiser in mit Moos oder feinem Sand zu decken¬ 
den Kisten zu verschicken. Vielleicht dürfte es auch erwünscht 
sein, die Dauer der Desinfektion, die nach den gesetzlichen Be¬ 
stimmungen vor dem Versand zu erfolgen hat, in entsprechender 
Weise abzukürzen. 


2 . Beobachtungen Uber Yerkorkungsersclieinungen im Marke 

der Vitisarten. 

Bearbeitet von Dr. Rudolf Gerneck. 

Wie Voss 1 ) gezeigt hat, bilden querdurchschnittene Vitistriebe 
an den Querwunden Korkplatteu aus. Gelegentlich anderer Unter¬ 
suchungen gelang uns der Nachweis, daß schon das unverletzte Reb- 
holz am Stock eigenartige Korkschichten erzeugt, die zwischen dem 
sehr bald absterbenden Mark und dem Holzcylinder liegen. Die Be¬ 
obachtungen erfolgten im Spätherbst 1905 an vollkommen aus¬ 
gewachsenen, gesunden und kräftigen, einjährigen Reben von folgen¬ 
den Vitis-Sorten: Riesling. Sylvaner, Blauer Burgunder, Riparia 
Gloire de Montpellier, Solonis und Riparia x Rupestris G 12 (Geisen- 
heinter Kreuzung). Es wurden bei der anatomischen Untersuchung 
also sowohl Europäer- als auch Amerikanerreben berücksichtigt. 
Alle diese genannten Vitisarten zeigten bei annähernd dem gleichen 

’) Voss, Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft l!lor>. 


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302 IV. Bericht über die Rebenveredelungs-Station EibiDgen-Geisenheim. 

anatomischen Bau die oben erwähnten Verkorkungserscheinungen 
im Marke. 

Im allgemeinen bestellt der äußere, an das Holz angrenzende 
Teil des Markes (Fig. 47 a) aus klein en Ze llea.jni.t- relativ stark ver- 
dicktenJWänden; diese peripher gelegenen Markzellen bilden ihrer 
Grüße und Ausgestaltung nach ein Übergangsglied zu den Parenchym¬ 
zellen (Ersatzfasern) des nach außen zu angrenzenden Holzes, denen 
sie sehr stark ähneln. Nach innen zu nehmen die Markzellen bald 
die bekannte typische Ausbildung an (Fig. 47 b); sie werden größer 
und unregelmäßig gestaltet, ihre Wandung wird dünner und das 
ganze Zellgefüge lose, indem sich zwischen den Markzellen Inter¬ 
cellularen einstellen, die zwischen den kleinen äußeren Zellen voll¬ 
kommen fehlen. Das Mark der Rebe besteht demnach aus den auch 



Fig. 47. Querschnitt durch das Mark der Hebe. Die schraffierten Markzellen 
besitzen verkorkte Wände, a: Äußere verkorkte Markzone, b: Unverkorkte 

Markzelleu. 

für das Mark der meisten anderen Hölzer typischen, dünnwandigen 
Parenchymzellen, die schon an einjährigen Trieben absterben, und 
zwischen denen ein reichlich ausgebildetes Durchlüftungsgewebe 
von Intercellularen verläuft. Nach außen, d. h. nach dem Holze 
zu, ist dieses typische Markgewebe durch einen festeren Mantel von 
kleinen, aber stark verdickten und lückenlos aneinander schließenden 
Markzellen abgegrenzt. 

Wie bekannt, durchzieht das Mark nicht in einem ununter¬ 
brochenen Cylinder das Rebholz, sondern wird an jedem Knoten 
durch das sogenannte Diaphragma, eine das Holz verbindende Quer¬ 
brücke, unterbrochen. Auch gegen das Diaphragma zu, das aus 
lebenden Zellen besteht, geht das typische lose Mark ebenso wie 
nach dem Holze zu in die oben beschriebenen, festeren Mark¬ 
gewebeschichten über. Die typischen Markzellen grenzen also bei 
allen zur Untersuchung gelangten Vitisarten niemals unmittelbar an 


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303 


die lebenden, physiologisch tätigen Teile des Rebholzes, sondern 
sind von diesen durch Markzelien geschieden, die zwar ebenfalls 
tot, aber weit kleiner und viel dickwandiger als die normal ge¬ 
bauten sind und sich außerdem durch lückenlosen Zusammenschluß 
auszeichnen. 

Alles lebende Gewebe der Rebe ist also von den losen, schon 
sehr früh absterbenden und dem Faulen leicht ausgesetzten, inneren 
Markpartien durch eine Art. von Schutzgürtel, der durch die äußeren 
Markschichten gebildet ist, getrennt. 

Neben der stärkeren Wandverdickung und dem Mangel an 
Intercellularen bildet das besondere Kennzeichen dieses Schutzgürtels 
die Verkorkung einzelner Zellreihen. Bei allen untersuchten Reb- 


d 



Fig. 48. Medianer Längsschnitt durch das Diaphragma der Rebe, a: Rinde; 
b: Holz; c: Mark (die schraffierten Markpartien sind verkorkt); d: Diaphragma. 


Sorten sind die kleineren dickwandigen Außenzellen des Markes 
(Fig. 47 a) mehr oder weniger stark verkorkt, so daß also die Außen¬ 
teile des Markes einen gegen das Holz und gegen die Diaphragmen 
zu vollständig geschlossenen Korkcylinder bilden (Fig. 48). Nach 
innen zu stellen sich im Marke kleine Zellgruppen ein, deren 
Wandungen unverkorkt sind. Noch weiter nach innen nehmen 
diese unverkorkten Zellkomplexe an Größe zu, sodaß im_Zentrum 
des Markes meistens der größere Teil der Zellen unverkorkt ist und 
Inur vereinzelte Gruppen von verkorkten Zellen wie kleine Inseln 
/in dem sonst unverkorkten Markgewebe übrig bleiben (Fig. 48). 

Über den Zeitpunkt, in welchem die Verkorkung erfolgt, konnten 
nähere Beobachtungen nicht mehr angestellt werden. Doch geht 
aus der Struktur der verkorkten Membranen hervor, daß die Zellen 
zunächst die Beschaffenheit normaler Parenchymzellen besitzen. Die 


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304 IV. Bericht über die Rebenveredelungs-Station Eibiugen-G eisen heim. 

Suberinlamelle liegt nicht direkt der Mittellamelle, sondern einer 
imverkorkten, relativ reichgetüpfelten Sekundärlaraelle auf (Fig. 49). 
In die Tüpfel der letzteren biegt die Suberinlamelle ein und kleidet 
sie in der bekannten Weise aus. 

Der Nachweis der Verkorkung gelingt am schnellsten mit 
StuiatighictLiin. Die Suberinlamelle erscheint nach Sudanfärbung als 
eine ziegelrote, relativ feine Schicht, welche anscheinend direkt die 
Innengrenze der Membran bildet. Nach J£an_de-Javelle-Behandlung, 
die in einzelnen Fällen sich auf _5_Xage erstreckte, hebt sich die 
Suberinlamelle von der übrigen Membran deutlich ab (Fig. 49). Mit 
lvaljlauge tritt starke Gelbfärbung der Suberinlamelle ein, die beim 
Erhitzen verschwindet Eine deutliche Bildung von Korkseifen ge¬ 
lang wenigstens bei Riparia Gloire de Montpellier nicht. Die ver¬ 
korkten Markzellen sind nach dem mikroskopischen Befunde bei 
Rjpiuäu Gieire Me Montpellier zum Teil auch verholzt, und zwar 



Fig. 49. Verkorkte Zellen des Markes. Die Suberinlamelle hat sich nach fünf¬ 
tägiger Behandlung mit Eaajle Javelle von der Sekuudärlamelle losgelöst. 

zeigt die Mittellamelle in diesem Falle die PhJoroglucinrenktiou am 
stärksten. 

Der peripher gelagerte, verkorkte Markstreifen ist, wie bereits 
erwähnt, bei sämtlichen zur Untersuchung gelangten Rebsorten vor¬ 
handen, nur ist seine Breite bei den einzelnen Vitisarten ver¬ 
schieden. Sehr p rägna nt ausgebildet ist er bei Riparia Gloire de 
Montpellier, besonders aber bei Solonis und beim Blauen Burgunder, 
am schwächsten ist er bei Sylvaner. Beim Blauen Burgunder ist 
der periphere Korkstreifen des Markes mindestens S -Zellschichten 
breit; bei Solonis sind w-enigstens fünf, in der Regel jedoch noch 
mehr äußere Schichten, bei Riparia Gloire de Montpellier 6—7, 
bei Riesling 2 — 7, bei Riparia x Rupestris G 12 3—4 Schichten des 
Markes verkorkt. Die Befunde gelten für einjähriges, völlig aus- 
gereittes Herbstholz des Jahres 1905. Am schwächsten erwies sich 
der Korkring bei Sylvaner, wo zuweilen nur eine einzige verkorkte 
Zellreihe das unverkorkte Mark vom Holze trennte; stets jedoch 
war der Korkabschluß vorhanden. 


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b) Wissenschaftliche Abteilung. 


305 


3. Untersuchungen Ober den Wachstumsrerlauf bei der Ver¬ 
edelung von Reben. 

Bearbeitet von Dr. Rudolf Gerneck. 

Untersuchungen über den Wachstumsverlauf bei der pflanz¬ 
lichen Transplantation liegen bereits in größerer Zahl vor. Trotz¬ 
dem erschien es aus verschiedenen Gründen zweckmäßig, die Ver¬ 
wachsungsvorgänge bei der Veredelung von Reben speziell nochmals 
zu verfolgen. In Frage kam dabei nur die Frühjahrsveredelung, wie 
sie bei uns ausgeführt wird. Die Gninieredeking ist bereits von 
anderer Seite untersucht und konnte daher unberücksichtigLbleiben, 
zumal sie auch für deutsche Verhältnisse ein praktisches .Interesse 
nicht besitz t Das Verfahren der Trocken Veredelung mit der dabei 
notwendigen Stratifikation umschließt dagegen eine Reihe in prak¬ 
tischer und wissenschaftlicher Beziehung gleich wichtiger Fragen. 
Die Möglichkeit von Kern- und Zell Verschmelzungen in den Ver¬ 
wachsungsgeweben, mit der praktische und in letzter Zeit auch wieder 
wissenschaftliche Kreise ernsthaft rechnen, um die Existenz der 
Pfropfhybriden zu stützen, regt zum Studium der feineren Vorgänge 
bei der Verschmelzung des callösen Gewebes an. Ferner verdient 
die Stratifikation selbst nähere Beachtung, da augenscheinlich die 
Temperatur, die Feuchtigkeit, die Packungsweise der Reben und 
ähnliche Verhältnisse von sehr großer Bedeutung für den Ausfall 
der ganzen Veredelungsarbeit sind. 

Um die Lösung dieser Fragen anzubahnen, wurde im Berichts¬ 
jahre damit begonnen, den Wachstumsverlauf bei der Trocken¬ 
veredelung der Reben genauer festzulegen. 

Für die Untersuchungen wurde Anfang Mai 1905 eine größere 
Zahl von Rebenveredelungen hergestellt. Wir benutzten in der 
Hauptsache Riesling auf Solonis, die mit querliegender Verwachsungs¬ 
fläche und mit Anwendung von Stiften .(Stiftveredelung) veredelt 
wurden. Daneben dienten für die Versuche und Beobachtungen 
auch Veredelungen, die mit Hilfe des englischen Kopulationsscbnittes 
erhalten waren. Im wesentlichen kan» der Zungensclmitt zur An¬ 
wendung bei Sylvaner auf Riparia Gloire de Montpellier, in ge¬ 
ringerem Grade auch bei Riesling auf Riparia Gloire de Montpellier 
und bei Sylvaner auf Solonis. 

Die Veredelungen blieben vom 6.—19. Mai bei 20—25 0 C. im 
Stratifikationsraurae, einem nordsüdlich gelegenen kleinen Warm¬ 
hause. Die Packung erfolgte in der in Geisenheim üblichen Weise 
durch Einschichten der Rebe in ein Gemisch von Moos und Holz¬ 
kohle. Täglich sechs- bis siebenmal wurden die Reben mit einer 
feinen Spritze überbraust. Die Heizung des Stratifikationsraumes 
wurde am 19. Mai (nach 13 Tagen) abgestellt und die Reben noch 
weitere 10 Tage in den Stratifikationskisten im Gewächshaus be¬ 
lassen. Am 29.—30. Mai, also circa 24 Tage nach der Veredelung, 
wurden die Reben in die Rebschule eingeschult. 

Von den Veredelungen wurden anfangs täglich oder mindestens 
jeden dritten Tag eine oder eine kleinere Anzahl konserviert, später 

Goisenheinier Bericht 1005. 20 


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306 IV. Bericht über die Eebenveredelungs-Station Eibingen-Geisenheim. 


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nach stattgehabter Verwachsung nur noch in Intervallen von mehreren 
Tagen. Als Konservierungsmittel wurde einprozentige Chromsäure- 
lösung benutzt, bei dem Material, welches bereits im Boden ein¬ 
geschult war, jedoch 96 prozent. Alkohol. In einigen Ausnahme¬ 
fällen verwendeten wir auch eine zweiprozentige Sublimatlösung zur 
Konservierung, ohne jedoch damit dieselben Resultate wie mit 
Chromsäure zu erzielen. Chromsäure härtete das Verwachsungs¬ 
gewebe besser als Sublimat, ein Umstand, der bei Herstellung der 
mikroskopischen Schnitte durch das Callus- und Verwachsungs¬ 
gewebe von bedeutendem Vorteil, ja sogar von Erfordernis war. 
Als sich Verholzung des Verwachsungsgewebes feststellen ließ, be¬ 
nutzten wir zur Konservierung mit gutem Erfolge 96 prozent. Alkohol. 

Das Hauptergebnis der bisherigen mikroskopischen Beobach¬ 
tungen und Untersuchungen ist,_daJLsänitliches Verwachsungsgewebe 
einzig und allein aus der cambialen Region entsteht, daß also nur 
die Zellen der Cambiumschichten und die Rindenparenchymzellen, 
die dem Cambium benachbart liegen, nach der Pfropfung zur Bildung 
des Callus schreiten. Alles bereits vor der Veredelung vorhandene 
Dauergewebe jedoch nimmt nicht teil an der Verwachsung; bei 
keinem der Holzelemente ließ sich jemals ein Verschmelzen zwischen 
Unterlage und Edelreis feststellen, und auch die Siebröhren und 
Geleitzellen verwachsen niemals. Naturgemäß ist auch eine Ver¬ 
wachsung des Markes ausgeschlossen, denn im ausgewachsenen Reb- 
holze ist stets jegliches Mark tot. 

Bei unseren Untersuchungen hat sich diese Beobachtung immer 

E vieder feststelien lassen. Alle Vitisarten, die zur Veredelung be- 
mtzt wurden, bilden den Callus und damit auch das Verwachsungs- 
Gewebe nur aus der Cambialregion; bei keiner Sorte, weder bei 
Europäer- noch bei Amerikanerreben, ließ sich auch nur in einem 
Falle eine Abweichung von dieser Regel konstatieren. 

Nach Herstellung des Veredelungsschnittes starben die der 
Schnittfläche anliegenden, nicht nur die angeschnittenen Cambium- 
zellen schnell ab. Die darunter liegenden Cambialzellen jedoch 
zeigen wenige Tage nach Beginn der Stratifikation den ersten An¬ 
fang der Teilung, und bald stellen sich nun Quer- und Längs¬ 
teilungen in rascher Folge ein. Gleichzeitig treten auch diejenigen 
Rindenparenchymzellen, die in der Nähe des Cambiums liegen, in 
Teilung ein. 

Die Teilungstähigkeit erstreckt sich nicht nur auf die dem 
Cambium unmittelbar angrenzenden Parenchymgewebe. Liegen über 
dem Cambium direkt Siebstränge, so beginnt die Teilung in den 
über den letzteren angeordneten Parenchymzellen. So kommt es 
z. B. vor, daß zwischen der Teilungszone des Parenchyms und dem 
sich ebenfalls teilenden Cambium ein oder sogar zvvei Siebstränge 
Zurückbleiben. Durch das sich rasch vermehrende Gewebe werden 
derartige Siebstränge sehr bald außer Funktion gesetzt. Die Sieb¬ 
röhren und die dazu gehörigen Elemente werden zusammengepreßt, 
sodaß eine besondere Differenzierung in dem Gewebe nicht mehr 
zu erkennen ist. 


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307 


Durch die lebhafte Tätigkeit der Cambium- und Rinden¬ 
parenchymzellen entsteht kurz unterhalb der abgestorbenen Schnitt¬ 
fläche zwischen dem vor der Veredelung vorhandenen erstjährigen 
Holz und der erstjährigen Rinde ein breites, junges Gewebe, das 
aus plasmareichen, äußerst lebenstätigen, dünnwandigen Parenchym¬ 
zellen besteht. Im Verlaufe der ersten 14 Tage tritt das Cambium 
nach und nach auch in den tiefer, von der Fläche des Veredelungs¬ 
schnittes weiter entfernt liegenden Regionen in Teilung ein. 

In den ersten Entwicklungsstadien, wo noch kein Gallus über 
die Wundfläche emporgetreten ist, geben die dünnen Wandungen 
der durch Teilung neu gebildeten Zellen Cellulosereaktion; eine 
Verholzung der Membranen ließ sich in diesen Anfangsstadien der 
Stratifikation noch nicht feststellen. Die Zellen selbst sind reich 
an Plasma, das ziemlich hell und wenig körnig erscheint. Ein 
fester, ungelöster Reservestoff findet sich im Innern der jungen 
Zellen nicht; nur Gerbstoff tritt in einem Teil der Zellen auf. 
Eigentümlicherweise pflegen mehrere horizontale Zellreihen, die 
gerbstoffrei sind, mit einer oder zwei Zellreihen abzuwechseln, 
welche Gerbstoff führen. Diese Gerbstoff führenden Zellen sind 
schon ohne Reagentien an ihrer leichten Bräunung kenntlich. Mikro¬ 
chemisch läßt sich der Gerbstoff mit Hilfe von Eisenchlorid und 
mit Kaliumbichromat an den charakteristischen Färbungen und 
Fällungen nachweisen. In sehr vielen Zellen des neugebildeten 
Gewebes tritt Kalkox alat in Form von Raphidenhiindeln auf, die 
die Zellen meistenteils ganz ausfüllen. 

Eine Differenzierung der jungen Zellen ist in diesem Anfangs¬ 
stadium der Gewebebildung noch nicht zu beobachten. Nur die 
Zellen, die sich durch Teilung zwischen die Zellen der Mark- und 
Rindenstrahlen einschieben, haben etwas andere Gestalt: sie sind 
im allgemeinen etwas kleiner als die übrigen Zellen. 

Nachdem etwas unterhalb der Schnittfläche zwischen Holz und 
Rinde der breite Wulst des neuen Gewebes entstanden ist, naht 
7—12 Tage nach Beginn der Stratifikation der Zeitpunkt heran, 
wo der W r undcallus aus der Schnittfläche hervorbricht. Wie bereits 
erwähnt, sterben die der Schnittfläche anliegenden Cambiumzellen 
und ebenso die hier liegenden Rindenparenchymzellen ab; an der 
Schnittfläche selbst kann infolgedessen keine Neubildung aus Cam¬ 
bium und Rindenparenchymzeilen statthaben. 

Der unterhalb der abgestorbenen Schnittfläche gebildete Cylinder 
von neuem Gewebe ist keilförmig gestaltet. Indem sich dieser 
Gewebekeil durch weitere Teilungen noch mehr in radialer Rich¬ 
tung verbreitert, sprengt er schließlich die an der Schnittfläche ge¬ 
legene, tote Rinde vom Holze los. und so gelingt es ihm, sich an 
die Schnittfläche selbst freien Zugang zu verschaffen. Ist dieser 
Durchbruch erst gelungen, so breitet sich der Callus sehr schnell 
mehr oder minder weit über die Schnittfläche aus, und auch un¬ 
mittelbar an der Schnittfläche entsteht jetzt zwischen erstjährigem 
Holze und erstjährigem Bast neues, junges Gewebe. 

Nach Durchbruch des Wundcallus bietet sich folgendes mikro- 

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308 IV. Bericht über die Rebenveredelungs-Station Eibingen-Geisenheim. 

skopische Bild dar: An der Schnittfläche hat sich zwischen Holz 
und Rinde ein Ring neuen, jungen Gewebes, bestehend aus Paren¬ 
chymzellen, eingeschoben. Der Ring ist an der Schnittfläche selbst 
und noch eine Strecke unterhalb der Schnittfläche sehr breit; als¬ 
dann nimmt die Zahl der jungen Zellen in radialer Richtung all¬ 
mählich nach unten zu ab. Zwischen Holz und Rinde hat sich 
also eine Art von Keil eingeschoben, dessen breites Ende oben an 
der Schnittfläche gelegen ist. 

Während sich der Gewebering zwischen Holz und Rinde weiter 
verbreitert, dehnt sich der Callus oberhalb der Schnittebene aus. 
Er überdeckt in der Regel alle Rinde und fast das gesamte Holz, 
zuweilen aber auch selbst noch das Mark. Nach außen zu pflegt 
er dann über die Borke hinaus hervorzureichen. Auch die Callus- 
zellen. d. h. die sich über der Schnittfläche entwickelnden Elemente 
des eigentlichen Callus sind parenchymatisch, aber weniger regel¬ 
mäßig gestaltet als die zwischen dem Unterlags- resp. Edelreisgewebe 
liegenden Zellen. Sie grenzen eng aneinander, ohne Intercellularen 
zwischen sich zu lassen. Alle Calluszellen sind lebend und lebens- 
tätig, indem sie sich die Fähigkeit der Teilung bewahren. Auch 
sie sind von einem relativ hellen Protoplasma erfüllt, was dem 
Callus makroskopisch eine wachsbelle Färbung verleiht Deutlich 
läßt sich in jeder der Zellen ein relativ kleiner Kern beobachten. 
Die Wandungen der Calluszellen sind dünn und zeigen Cellulose¬ 
charakter. Ausgeschiedene und abgelagerte Reservenährstoffe sind 
auch in den Calluszellen nicht nachweisbar. Dagegen findet sich 
auch hier Gerbstoff vor, der jedoch wenigstens in den inneren 
Partien sehr unregelmäßig verteilt ist. Die Randzellen des Callus 
sind dagegen fast ausnahmslos gerbstoffhaltig und erscheinen infolge¬ 
dessen schon ohne Anwendung von Reagentien bei dem in Chrom¬ 
säurelösung fixierten und dann in Alkohol gehärteten Material etwas 
gebräunt. Kalkoxalat in Form von Raphiden findet sich auch im 
eigentlichen Callus vertreten. 

Zur Zeit, wo der Callus sich über die Schnittfläche ausbreitet, 
beginnen in dem neuen, bisher nicht differenzierten Gewebe unter¬ 
halb der Schnittfläche sich die wasserleitenden Elemente heraus¬ 
zubilden. Diese Bildung hebt in den von der Schnittfläche am 
weitesten entfernt liegenden Regionen an und schreitet von hier 
aus nach der Schnittfläche zu fort, um endlich auch in den Callus 
einzutreten. Der Prozeß verläuft folgendermaßen: Eine bis zwei 
oder seltener drei übereinander gelegene Zellreihen verdicken ihre 
Vertikal wände netz- oder auch treppenförmig, verholzen dabei und 
resorbieren vor dem völligen Verlust ihres Plasmas die horizontalen 
Membranen. So entstehen lange Gefäßröhren, die aber häufig nicht 
vertikal von unten nach oben verlaufen, sondöm kleine seitliche 
Abweichungen und Ausbiegungen aufweisen. 

Durch die stete Zellteilung in den Calluswülsten von Unterlage 
und Edelreis treffen schließlich beide Wülste zusammen. Sie legen 
sich eng aufeinander, und durch weitere Zellteilungen werden zu¬ 
erst die Lücken, die noch zwischen den beiden Wülsten vorhanden 


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309 


sind, ausgefüllt. Ist durch die Zellteilungen auf der ganzen Fläche 
ein enges, lückenloses Aufeinanderlagern der beiden Cailuswülste 
hergestellt, so findet die Verschmelzung der Zellen von Unterlage 
und Edelreis nach und nach in ihrer ganzen Ausdehnung statt. 
Die Verwachsung geht natürlich nicht gleichzeitig auf der gesamten 
Fläche vor sich; stets sind es, wie die Beobachtungen zeigten, 
einzelne, besonders fest aufeinanderliegende Stellen der beiden Cailus¬ 
wülste, die zuerst in Verbindung miteinander treten. Zuletzt tritt 
Verschmelzung des callösen Gewebes an den Randpartien, die zum 
Teil sich über die Rinde hinaus bervorgewölbt haben, ein, indem 
hier der Callus noch einige Zeit weiterwuchert und die so neu¬ 
entstandenen Gewebepartien beim Aufeinandertreffen sich zu einem 
gemeinsamen Komplex vereinen. 

Während die beiden Cailuswülste ihre Vereinigung vollziehen, 
wird im Callus selbst und namentlich in dem sonstigen neuen Ge¬ 
webe die Differenzierung fortgesetzt. Das Cambium gliedert nach 
innen reichlich Elemente des Holzes, d. h. Gefäße und daneben 
noch lebendig bleibende Parenchymzellen (Ersatzfasern), nach außen 
Rindenelemente an. Zuletzt geht diese Cambiumtätigkeit auch in 
den Callus über, jedoch macht sich eine rege Neubildung im Callus 
erst dann geltend, nachdem die Wülste der Unterlage und des 
Edelreises ihre Vereinigung vollzogen haben. Der nun weiter er¬ 
folgende Schritt ist der, daß die Gefäße und Siebröhren von Unter¬ 
lage und Edelreis miteinander in Verbindung treten, indem die 
trennende Querwand resorbiert wird. Hierbei ist häufig zu be¬ 
obachten, daß die Verbindung zwischen zwei Gefäßen seitlich statt¬ 
findet, so daß das Gefäß im Verwachsungsgewebe an der Ver¬ 
wachsungsstelle einen Knick aufweist. 

Zur Zeit, als die Reben aus der Stratifikationskiste heraus¬ 
genommen wurden, um in den Rebschulboden eingeschult zu werden, 
ergab sich folgendes Bild der Veredelungsstelle: Unterhalb der 
Schnittstelle hat das Cambium durch rege Teilungstätigkeit nach 
innen bereits eine Anzahl von Gefäßen, nach außen einige Lagen 
von Siebröhren angelegt. Die neu entstandenen Rindenparenchym¬ 
zellen zeigen den für sie typischen Bau mit wenig Protoplasma¬ 
inhalt; feste Reservestoffe fehlen; Gerbstoff läßt sich dagegen in 
einigen Fällen nachweisen. Die neu gebildeten, lebenden Holz¬ 
elemente haben mit der Verholzung ihrer Membranen begonnen; 
in einzelnen von ihnen findet sich Gerbstoff, dagegen nie Reserve¬ 
stoffe. 

Im eigentlichen Verwachsungsgewebe sind erst wenig Leit¬ 
elemente angelegt; Verholzung läßt sich hier nur in den Wandungen 
der Gefäße nachweisen, dagegen noch nicht in denen der Paren¬ 
chymzellen. 

Nach der Einschulung in den Boden setzt das Cambium seine 
Tätigkeit sowohl unterhalb der Schnittfläche sowie besonders im 
Verwachsungsgewebe fort. Außer den Gefäßen werden nach der 
Holzseite zu Ersatzfasern angelegt, deren Membranen sich nunmehr 
schnell verdicken und auch bald verholzen. 


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310 IV. Bericht über die Reben veredelungs-Station Eibingeu-Geisenheim. 


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In den Randpartien des Callus treten jetzt weitere Differenzie¬ 
rungen auf. Die an der Außenseite des Calluswulstes liegenden 
Zellen, welche parenchymatischen Charakter behalten, bilden sich 
zu einer Korkschicht um, ohne sich dabei weiter zu teilen. Die 
einzelnen Zellen verkorken ihre Membranen durch Bildung von 
Suberinlamellen und sterben dann ab. Die äußersten dieser Kork¬ 
zellen werden leicht abgestoßen. Der Korkgürtel behält jedoch seine 
Breite, weil die eben geschilderte Art der Verkorkung nach innen 
zu weiter greift, wenn an der Außenseite eine Zellenverminderung 
eintritt 

Auch der mehrschichtige Calluswulst, der sich zwischen das 
Holz von Unterlage und Edelreis nach dem Mark hin vorschiebt, 
bewahrt seinen parenchymatischen Charakter und verkorkt stets 
ringsum in seinen äußeren Schichten. Die Innenzellen bleiben da¬ 
gegen noch eine Zeitlang lebend unter schwacher Verdickung ihrer 
Membranen. Gegen Ende der Vegetationszeit konnten Veredelungen 
beobachtet werden, wo dieser ganze, zwischen dem vorjährigen Holz 
gelegene Calluswulst tot war und verkorkte Wände auf wies. 

Neben der Verfolgung des Verwachsungsprozesses wurde die 
Aufmerksamkeit auch dem Schicksal des vorjährigen, vor der Ver¬ 
edelung gebildeten Holzes zugewendet. Wie schon erwähnt, sterben 
außer den angeschnittenen Parenchymzellen auch noch die unmittel¬ 
bar darunterliegenden, bei der Veredelungsarbeit unverletzt ge¬ 
bliebenen Parenchymzellen ab, und zwar bei unseren Versuchen in 
den zwei auf die Veredelung folgenden Tagen. Unter dieser toten, 
an die Schnittfläche angrenzenden Schicht bleiben die Ersatzfasern 
des Holzes am Leben, jedoch findet sehr bald in den an die ab¬ 
gestorbenen Zellen angrenzenden Ersatzfasern eine^starke Bräunung 
des Zellinhaltes statt, die durch Ausscheidung einer Holzgummi- 
sabstaiiz im Zellinnern „entsteht. Diese Holzgummibildung in den 
Ersatzfaserzellen, die zuerst nur in der Nähe der Schnittfläche sich 
zeigt, tritt allmählich, je weiter die Vegetationsperiode fortschreitet, 
auch in den tiefer, d. h. weiter von der Schnittfläche entfernt 
liegenden Ersatzfasem auf. Bevor die Anfüllung der Ersatzfasern 
mit dem Holzgummi beginnt, schwindet die in den Zellen ge¬ 
speicherte Stärke. Naturgemäß schwindet auch in allen übrigen 
Ersatzfasern, selbst in den von der Schnittfläche entfernt liegenden, 
die stets sehr reichlich gespeicherte Stärke allmählich, indem sie in 
Zucker übergeführt und nach den in Teilung und Neubildung be¬ 
griffenen Geweben transportiert wird. Sobald der Callus über die 
Schnittfläche emporgetreten ist, läßt sich im vorjährigen Holz deut¬ 
lich eine Abnahme der Stärkemenge feststellen, die nunmehr im 
weiteren Verlauf der Entwicklung des Verwachsungsgewebes immer 
mehr schwindet; beim Einschulen der jungen Veredelungen pflegt 
sie größtenteils aufgebraucht zu sein. 

Die Gefäße des vorjährigen Holzes werden kurze Zeit nach 
Beginn der Stratifikation weitgehend verändert. Es stülpen sich 
nämlich die um die Gefäße herum gelagerten Zellen der Ersatz¬ 
fasern als Thyllen in das Gefäßinnere vor und verstopfen das 


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b) Wissenschaftliche Abteilung. 


311 


Lumen der Wasserbahnen mehr oder minder vollständig. Auf diese 
Weise werden die Gefäße des vorjährigen Holzes, das ja doch nicht 
in die gegenseitige Verwachsung einbezogen ist, außer Funktion ge¬ 
setzt. In die große Mehrzahl der Tbyllen wird Holzgummi ab¬ 
gelagert. Infolge dieses Gehaltes an Holzgummi erscheinen längs¬ 
durchschnittene Gefäßstränge schon makroskopisch deutlich braun 
gefärbt. Auch verkorkt bei vielen Thyllen die Wandung. In 
einzelnen zur Beobachtung gelangten Fällen wurden die Gefäße in 
ihren an die Schnittfläche anstoßenden Teilen dadurch vollkommen 
verstopft, daß das Callusgewebe, das sich über das vorjährige Holz 
legte, auch in das Innere der Gefäßröhren wucherte und mit seinen 
Zellen einen Teil des Gefäßes gänzlich ausfüllte. Wie W. Vo ss ge- 
zeigt hat (Bericht der Botanischen Gesellschaft 1905), tragen neben 
dem Absterben der an der Schnittfläche gelegenen Ersatzfasern und 
Markstrahlzellen des Holzes auch Verkorkungserscheinungen dazu 
bei, das alte, vor der Veredelung gebildete Holz nach außen hin 
abzuschließen. 

Den oben beschriebenen Gang der Verwachsung von Reben- 
veredelungon halten alle zur Beobachtung und Untersuchung ge¬ 
langten Vitisarten streng ein. Auch die Kopulationsart ändert an 
diesem Verlaufe nichts. 

Es ist eine in der Praxis schon bekannte Tatsache, daß die 
englische- Kopulation mit dem Zungenschnitt weit- vorteilhafte!*-als 
die_Stiftveredelnng 4et. Die Ergebnisse der von uns ausgeführten 
anatomischen Untersu chungen st ütze n und begründen diese Er- 
fahrung_ileE_Piaxis. Die Untersuchung von Veredelungen, die mit 
der englischen Kopulation, d. h. mit Hilfe des Zungenschnittes, aus¬ 
geführt wurden, zeigte»; daß bei ihnen der Verwachsungsverlauf der 
gleiebewie bei den Stiftveredelungen ist. Daraus ergibt sich, daß 
die englische-Kopulation zweckmäßiger als die Veredelung mit 
Stiften sein muß. Bei der Stiftveredelung wird ein. einfacher 
Gambiumring bloßgelegt, bei der englischen Kopulation dagegen 
wird eine weitere Cambiumstrecke angeschnitten, nämlich in der 
Zung e selbst. Bei der englischen Kopulation wird sich demnach 
entsprechend der größeren Wundfläche mehr Gallus und damit mehr 
Verwachsungsgewebe bilden. Dieses bei der englischen Kopulation 
von vornherein ermöglichte und gebotene Mehr von Verwachsungs¬ 
gewebe muß zur Erzielung besserer Veredelungsresultate führen, 
mit andern Worten: Die anatomische Untersuchung des Ver¬ 
wachsungsverlaufes bei Rebenveredelungen beweist die Richtigkeit 
der in der Praxis erprobten Tatsache, daß die Veredelung mit Hilfe 
des Zuugensehnittes vorteilhafter und sicherer ist als die mit 
Stiften. 

Die Stiftveredelung hat auch noch den. Nachteil», daß -das Edel¬ 
reis, falls der Stift nicht festsitzt, leicht von der Unterlage, los¬ 
gehoben werden kann, indem das Verwachsungsgewebe der Unter¬ 
lage, ehe es mit dem des Edelreises verschmolzen ist, das gesamte 
Edelreis emporhebt und abwirft. Dieser Umstand ließ sich häufig 
als Ursache des Mißlingens von Stiftveredelungen konstatieren. Bei 


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312 IV. Bericht über die Rebenveredeluugs-Staticm Eibingen-Geiseuhuim. 


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der englischem-Kopulation ist dieses Emporheben des Edelreises von 
der Unterlage durch die Zunge sehr erschwert. 

Während der anatomischen Untersuchungen traten auch noch 
einige andere Gründe für ein Mißlingen der Veredelung zu Tage. 
Zuweilen bildet das Cambium von Unterlage oder von Edelreis oder 
von beiden nicht ringsum einen Callus aus, sondern in dem Cambium- 
ring sind Zonen vorhanden, in denen das Cambium unterhalb der 
Veredelungsschnittstelle nicht in Tätigkeit tritt, sondern abstirbt 
Auf diese Weise entsteht kein geschlossener Callusring, und eine 
ringsum erfolgende Verwachsung ist unmöglich. In wenigen Aus¬ 
nahmefällen führte folgender Umstand zu einem Mißlingen der Ver¬ 
wachsung: Die Calluszellen der Unterlage oder die des Edelreises 
oder selbst von beiden bleiben nicht insgesamt am Leben, sondern 
die nach außen gelegenen verkorken und sterben ringsum vor der 
Verwachsung ab. Natürlich ist es ausgeschlossen, daß derartige 
Calluswülste, selbst wenn sie Zusammenstößen, auch nur an einem 
Punkte verschmelzen; denn die toten, verkorkten Randzellen müssen 
die Vereinigung der beiden callösen Gewebe völlig verhindern. 
Augenscheinlich sind derartige unzweckmäßige Veränderungen des 
Callusgewebes durch äußere Einflüsse während der Stratifikation 
hervorgerufen. Über diese Frage wird später näher zu be¬ 
richten sein. 

Wie -euxähnt, beabsichtigten wir auch die feineren histologischen 
Vorgänge, die sich bei der Verschmelzung der beiden von Unter¬ 
lage und Edelreis gebildeten Callusgewebe abspielen, eingehend zu 
studieren, insbesondere auf pypntnftll «tnirfirukmrla—fa^a-niAilmigpn 
nnd_^rftversehmelzuoge" sowie auf die Plasmaverbindungen zu 
.achten. Diesen Beobachtungen stellten sich in den Quellungseigen¬ 
schaften der Membranen zunächst große Schwierigkeiten entgegen, 
die unsere Versuche erschwerten und noch nicht zum Abschluß 
kommen ließen. 


B. Sonstige Tätigkeit der Station. 

1. Betriebsänderungeil. 

Durch Verfügung des Herrn Ministers wurde die Leitung der 
wissenschaftlichen Arbeiten der Station dem Berichterstatter über¬ 
tragen. Infolge dieses Erlasses wurde in den Räumen der pflanzen¬ 
physiologischen Versuchsstation ein besonderes Laboratorium für 
Rebenveredelung eingerichtet, in welchem seither die wissenschaft¬ 
liche Tätigkeit der Rebenveredelungsstation stattfindet Assistent des 
Laboratoriums ist Dr. Rudolf Gerneck. 

2 . Neuanschaffungen. 

Für die Bibliothek wurden neu angeschafft: 

Aus der Auktion „Millardet u : A. Bonnet, fitude de la graine 
chez la vigne; Comptes rendus hebdomadaires des söances de l’aca- 


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V. Tätigkeit der Anstalt nach außen. 


313 


dömie des Sciences, 10 Bde.; Jordan, De l’origine des Varietes des 
arbres fruitiers; Millardet, Histoire des priucipales variötös et 
espöces de vignes qui rösistent au Phylloxöra; Roig y Tor res: La 
viticultura americana en Francia; Schoute, Über Zellteilungs¬ 
vorgänge im Cambium. Ferner wurde noch angekauft: L. Degrully 
und L. Ravaz, Sur la culture superficielle de la vigne; B. Nemec, 
Studien über die Regeneration; Mitteilungen der Kgl. preußischen 
Reben Veredelungskommission, Heft 1; Guillon, La vigne. 

3. Publikationen. 

Im Berichtsjahre wurde veröffentlicht: 

1. R. Gern eck, Die Wiederherstellung des Weinbaues im 
Kanton Neuchatel (Weinbau und Weinhandel 1905, Heft 50); 

2. R. Gerneck, Dei Stand der Reblausfrage in Österreich nach 
dem letzten staatlichen Berichte (Weinbau und Weinhandel 1906, 
Heft 9). 


Y. Tätigkeit der Anstalt nach aufsen. 


Der Direktor hielt am 25. Juni in der Generalversammlung 
des Rheingauer Vereins für Wein-, Obst- und Gartenbau in Geisen¬ 
heim einen Vortrag über die Abstiche der Weine. 

Ferner einen Vortrag über denselben Gegenstand in der am 
26. November stattgefundenen Sitzung des Weinbau Vereins in 
Kreuznach a. d. Nahe. 

Er leitete als Vorsitzender den Nassauischen Landes-Obst- und 
Gartenbau-Verein und hielt am 4. und 5. November die General¬ 
versammlung dieses Vereins in Idstein i. Taunus ab. 

Er leitete als Vorsitzender den Rheingauer Verein für Wein-, 
Obst- und Gartenbau. 

Der Direktor beteiligte sich als Mitglied der Kgl. preuß. Reben- 
veredelungs-Kommission an einer vom 24.—30. September aus¬ 
geführten Studienreise der Reichs - Rebenveredelungs - Kommission 
nach der Schweiz (Bern, Lausanne, Genf, Neuchatel) und nahm als 
Mitglied teil an der am 2. und 3. Oktober in Neustadt a. d. H. ab¬ 
gehaltenen Sitzung der amtlichen Kommission für Weinstatistik. 

Der Direktor nahm teil an der Vorstandssitzung des Deutschen 
Weinbauvereins in Mainz am 18. November und leitete die Arbeiten 
der Redaktions-Kommission dieses Vereins. 

Der Direktor beteiligte sich an den Sitzungen und Beratungen 
des Deutschen Pomologen- Vereins in Frankfurt a. M. vom 12. bis 
15. September. 


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V. Tätigkeit der Anstalt nach außen. 


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Der Direktor hielt am 2. Februar im Palmengarten zu Frank¬ 
furt a. M. einen Vortrag über die Entstehung und Bedeutung des 
Alkohols in der Natur. 

An wissenschaftlichen Arbeiten veröffentlichte der Direktor: 

1. „Die wissenschaftlichen Grundlagen der Weinbereitung und 
Kellerwirtschaft.“ 314 Seiten. Berlin, Verlag von Paul Parey. 

2. „Biologische Untersuchungen über die Abstiche der Weine.“ 
Thiels Landwirtschaftliche Jahrbücher, Heft 5, 1905. 

Der Vorstand der pflanzenpathol. Versuchsstation, Dr. Lüstner, 
hielt am 10. Januar, 14. Februar und 14. März in Sachsenhausen 
Vorträge über Feinde des Obstbaues, wobei besprochen wurden: 
Frostspanner, Apfelblütenstecher, Zweigabstecher, Borkenkäfer, Blut¬ 
laus, Kirschfliege, Goldafter, Blattrippenstecher, Weidenbohrer, Schild- 
läuse, Apfelwickler, Apfelbaumgespinstmotte, Birnengallraücke, Frucht¬ 
stecher. 

Im Aufträge des Herrn Ressortministers stellte Dr. Lüstner 
Untersuchungen über die Ursache des rheinischen Kirschbaum¬ 
sterbens und der Peronospora-Epidemie an der Mosel und über die 
Bekämpfung des Springwurinwicklers an. 

Im Aufträge des Herrn Ober-Präsidenten der Provinz Hessen- 
Nassau nahm Dr. Lüstner Ende März eine Besichtigung der in 
dieser Provinz neu eingerichteten 25 Rebendesinfektionsanstalten vor. 

Der Vorstand der pflanzenphysiologischen Versuchsstation, 
Dr. Kroemer hielt im Berichtjahre folgende Vorträge: 

1. „Grundregeln für die Konservierung der Gemüse.“ Auf der 
Gemiiseaussteilung der Lehranstalt, am 8. Oktober 1905. 

2. ..Die Bedeutung der Bodenbakterien für den Obst- und Garten¬ 
bau.“ Auf der Generalversammlung des Nassauischen Landes-. 
Obst- und Gartenbauvereins in Idstein. 

3. „Über Entstehung und Behandlung von Weintrübungen.“ Auf 
der 10. Generalversammlung des Verbandes der Weinhändler 
des Rhein- und Maingaues in Wiesbaden, am 6. Januar 1906. 

4. Über stickstoffsammelnde Organismen.“ ln der Gartenbau¬ 
gesellschaft zu Mainz, am 12. Februar 1906. 

Garteninspektor Glindemann hielt einen Vortrag über „Landes¬ 
und Städteverschönerung* 1 im Verschönerungsverein zu Geisen¬ 
heim a. Rh. und einen solchen über „Gartenkunst in ihrer An¬ 
wendung auf die Verschönerung der Städte“ gelegentlich der General¬ 
versammlung des Rheingauer Vereins für Obst-, Wein- und Garten¬ 
bau zu Eltville a. Rh. 

Garteninspektor Glinde mann verwaltet das Amt eines Ge¬ 
schäftsführers des Rheingauer Vereins für Obst-, Wein- und Garten¬ 
bau sowie dasjenige eines Vorsitzenden der Gärtnervereinigung im 
Rheingan. 

Garteninspektor Junge hielt folgende Vorträge: „Der Obst¬ 
bau im Westerwalde“ in Dierdorf. Über „Die Bedeutung 
des Gemüsebaues“ bei Gelegenheit der Vorstands - Sitzung des 
Nassauischen Landesobstbauvereins in Niederlahnstein. Über „Auf¬ 
gaben des Gemüsebaues und der Gemüseverw r ertung iin 


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V. Tätigkeit der Anstalt nach außen. 


815 


Haushalt“ bei Gelegenheit der Gemüseausstellung an der Anstalt. 
Über „Ziele der häuslichen Obstverwertung“ bei Gelegenheit 
des Vortragskursus an der Landwirtschaftskammer zu Halle a. S. 
Über „Der Obstbau im Rheingau. Wie er ist und wie er 
sein sollte“, bei Gelegenheit der Generalversammlung des Rhein- 
gauer Vereins zu Eltville. 

Garteninspektor Junge wurde wiederholt als Sachverständiger 
in Taxationsfragen von Gerichten geladen, er redigierte die Zeit¬ 
schrift „Geisenheimer Mitteilungen über Obst- und Garten¬ 
bau,“ welche zur Zeit in einer Auflage von 18 000 Exemplaren 
erscheint, und lieferte Beiträge für diese und andere Fachzeit¬ 
schriften. Als technischer Betriebsleiter der Gemüsekulturen lag 
ihm die Ausführung der Vorarbeiten für die Gemüseausstellung 
sowie das Arrangement derselben ob. 

Vom Weinbauinspektor Seufferheld wurde gelegentlich des 
deutschen Weinbaukongresses ein Vortrag über: „Neuere Erfahrungen 
bei der Behandlung der Wüstfelder“ gehalten. 

Landes - Obstbaulehrer Winkelmann hielt im Berichtsjahre 
45 Vorträge und zwar: 

5 über „Die Pflanzung der Obstbäume.“ 

8 .. „Die Heranzucht der jungen Hochstammkronen.“ 

14 ,. „Die Pflege der älteren Obstbäume und die Düngung 
derselben.“ 

1 ., „Das Verjüngen und Umpfropfen.“ 

1 ., „Das Auslichten und Umpfropfen der Obstbäume.“ 

2 .. „Buschobstkultur.“ 

2 ., „Vorbedingungen eines erfolgreichen Obstbaues.“ 

1 ., „Frostnachtschmetterling, Obstmade und Apfelblüten¬ 
stecher.“ 

1 „ „Sortenwahl und Insektenbekämpfung.“ 

1 ,. „Anforderungen der Obstarten an Klima, Lage und Boden 

und Auswahl der Pflanzstellen.“ 

1 „Die Pflege der jungen Obstbäume und die Düngung.“ 

1 „ „Die gefährlichsten Obstbaumkrankheiten.“ 

1 .. „Unregelmäßige Obsternten, deren Ursache und Ver¬ 

hütung.“ 

1 ., „Der Frostnachtspanner und seine Bekämpfung.“ 

2 „ „Die gefährlichsten Obstbaumkrankheiten und Insekten.“ 

2 ,, „Die Obstverwertung im bürgerlichen Haushalte.'* 

2 ., „Das Einmachen von Obst und Gemüse.“ 

4 ,, „Die Anlage und Bewirtschaftung der Gemüsegärten." 

An praktischen Unterweisungen von je V» tägiger Dauer wurden 
erteilt: 

4 im Kronenschnitt, 

9 „ Ausputzen älterer Obstbäume. 

4 ., Schnitt der Zwergobstbäume, 

2 .. Schnitt der Buschobstbäume, 

3 „ Schnitt umgepfropfter Bäume und 
1 „ Anlegen der Klebgürtel. 


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V. Tätigkeit der Anstalt nach außen. 


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Außerdem sind von ihm 

7 Obstbaumpflegekurse von je 6 tägiger Dauer, 

1 Obstbaumpflegekursus von 3 „ „ 

1 o 

* V " V " 

3 Obst- und Gemüseverwertungskurse von je 3tägiger Dauer, 

2 Gemüsebau- und Gemüseverwertungskurse von je 3 tägiger Dauer, 

1 Spalierzuchtkursus von 3 tägiger Dauer abgehalten. 

Im Unterwesterwaldkreise und im Kreise Höchst a. M. ver¬ 
anstaltete er ferner einen Obstbau-Wanderkursus von 1- bezw. 
2 wöchentlicher Dauer und besuchte dabei 15 Gemeinden. Diese 
Wanderkurse, die bereits im Jahresbericht 1904 besprochen sind, 
erfreuen sich großer Beliebtheit und haben den Vorteil, daß durch 
sie die Belehrungen über Obstbau in eine größere Anzahl von Ge¬ 
meinden getragen werden können, als dieses bei den 6 tägigen Obst¬ 
baumpflegekursen möglich ist. 

An Revisionen nahm er vor: eine zweimalige der Kreis-(Reform-) 
Baumschule zu Montabaur und je eine einmalige von 54 Gemeinde¬ 
obstbaumpflanzungen, 27 Gerneindeobstbaumschulen und 7 Straßen¬ 
pflanzungen. 

Im Aufträge der Landwirtscbaftskammer für den Regierungs¬ 
bezirk Wiesbaden beteiligte sich der Landes-Obstbaulehrer an dem 
Kongreß deutscher Pomologen und Obstzüchter und des deutschen 
Pomologenvereines in Frankfurt a. M. Er nahm in gleichem Auf¬ 
träge an dem Vortragskursus über Obstbau, Obstabsatz und Obst¬ 
verwertung der Landwirtschaftskammer für die Provinz Sachsen in 
Halle a. S. teil und hatte über denselben einen ausführlichen Bericht 
auszuarbeiten. 

Er besuchte ferner die mit der Kochkunstausstellung zu Frank¬ 
furt a. M. verbundene Obstausstellung, die Obstausstellung zu Mainz 
sowie den von der Zentralstelle für Obstverwertung in Frankfurt a. M. 
abgehaltenen Obstmarkt. 

Gelegentlich des in Geisenheim stattgefundenen Obstbaukursus 
für Lehrer usw. erteilte er den theoretischen und praktischen Unter¬ 
richt in der Obstbaumzucht. 

Die Baumbestände mehrerer Gemarkungen, in denen Obstbaum¬ 
schädlinge stark auftraten, wurden durch ihn einer besonderen Be¬ 
sichtigung unterzogen. Den Interessenten ist über das Resultat der 
Besichtigung Bericht erstattet worden. 

Für die in Baumbach projektierte Gemeindeobstanlage fertigte 
er den Bepflanzungsplan nebst Kostenanschlag an und hatte bei der 
Ausführung und Instandsetzung von Obstanlagen im Privat- und 
Gemeindebesitz vielfach Rat zu erteilen. 

Dem Landes-Obstbaulehrer lag ferner die Geschäfts- und Kassen¬ 
führung des Nassauischen Landes-Obst- und Gartenbau-Vereines ob. 
Er nahm an dessen Vorstandssitzungen und Generalversammlung 
teil und hatte über dieselben Bericht zu erstatten. Eine Anzahl 
der dem Landes-Vereine angeschlossenen Zweigvereine wurden von 
ihm besucht, um mit deren Vorsitzenden über Vereins- und sonstige 
Angelegenheiten zu beraten. Er verteilte ferner die vom Landes- 


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V. Tätigkeit der Anstalt nach außen. 


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Vereine zum Versuchsanbau bestimmten Gemüsesämereien und 
stellte die Resultate der Anbauversuche zusammen; auch der Ver¬ 
sand der Edelreiser an die Vereinsmitglieder wurde von ihm be¬ 
aufsichtigt. 

Die Leitung des vom Landes-Vereine in der Zeit vom 5. bis 
10. Februar in Geisenheim abgehaltenen Wiederholungskursus für 
Obstbaumwärter lag in seinen Händen. Er erteilte den Unterricht 
im Obstbau und in der Spalierzucht sowie die praktischen Unter¬ 
weisungen. 

Landes-Obst- und Weinbaulehrer Schilling hielt im Berichts¬ 
jahre 1905 47 Vorträge und zwar: 


3 über Weinbau und Kellerwirtschaft. 

1 über: „Die Anlage der Weinberge.“ 

2 „ „Die Bekämpfung der Peronospora.“ 


30 über Obstbau. 

5 über: „Welche Punkte sind bei der Pflanzung von Obstbäumen 
zu berücksichtigen?“ 

4 „ „Wie sind Obstpflanzungen auszuführen und zu unter¬ 

halten, wenn dieselben einträglich sein sollen?“ 

1 „ „Zum Anbau empfehlenswerte Obstarten und -Sorten für 

die Stadt Niederlahnstein.“ 

3 „ „Die Behandlung junger Obstbäume in den ei-sten vier 

Jahren nach der Pflanzung.“ 

3 „ „Die Pflege älterer Bäume.“ 

2 „ „Welche Mittel und Hilfsmittel müssen angewandt werden, 

wenn vollkommenes und schönes Obst gezüchtet werden 
soll?“ 

2 „ „Warum, wie und wann werden Obstbäume umveredelt?“ 

2 „ „Nach welchen Gesichtspunkten sind die Obstbäume und 

Fruchtsträucher zu verjüngen?“ 

2 „ „Welches sind die wirksamsten Obstbaumdünger und wie 

sollen dieselben verwendet werden?“ 

2 ,, „Die Bekämpfung der am meisten schädlichen tierischen 

Obstbaumfeinde.“ 

2 „ „Die Pflege und der Nutzen des Beerenobstes.“ 

2 „ „Was ist. bei der Pflanzung von Zwergobstbäumen zu 

beachten?“ 

14 über Obst- und Gemüseverwertung. 

4 über: „Wie ist das Obst bei der Ernte, dem Verkaufe und der 

Aufbewahrung zu behandeln?“ 

4 „ „Allerlei Beachtenswertes für das Einmachen von Obst 

und Gemüse.“ 

3 „ „Wie wird Obstgelee, -Mus, -Marmelade, -Kraut und 

-Latwerge zubereitet?“ 


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V. Tätigkeit der Anstalt nach außen. 


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1 über: „Die Herstellung von Dörrobst und Dörrgemüsen.“ 

2 ,, „Was ist die Schuld so häufig vorkommender kranker 

Beerenobstweine? 4 * 

Außerdem fanden durch den Landes-Obst- und Weinbaulehrer 
nachstehende Kurse statt: 

4 je 6 tägige Weinbaukurse, 

3 3 

° •? •• « i< i 

4 „ 1 ,, Weinbau-Sommerkurse, 

1 Weinlesekursus von 1 tägiger Dauer, 

4 je 6 tägige Obstbaukurse, 

9 3 

“ V V V, 1 

1 2 tägiger Obstbaukursus, 

8 je 1 tägige Obstbaumveredelungskurse, 

19 „ V» „ praktische Unterweisungen in der Pflanzung und 
Pflege der Obstbäume, 

5 „ 3 tägige Obst- und Gemüseverwertungskurse, 

0 9 

— v V V v V ^ 

2 1 ., Obsternte- und Verpackungskurse. 

Es wurden von ihm revidiert: 

65 Gemeindeobstbaumschulen, 

1 Seminarbaumschule, 

42 Gemeindeobstanlagen, 

22 Spalierobstpflanzungen an Schulhäusern im Oberwesterwald¬ 
kreise, 

124,2 km mit Obstbäumen bepflanzte Vizinalwege im Unterlalin- 
kreise, 

160 km mit Obstbäumen bepflanzte Bezirksstraßen im Kreise 
Biedenkopf. 

Ferner hielt derselbe 2 Baumwärterversammlungen und 2 Obst¬ 
märkte in Diez a. Lahn ab; war als Sortenbestimmer und Preis¬ 
richter auf den Obst-Ausstellungen in Hachenburg und in Bieden¬ 
kopf tätig; durch ihn erfolgte die Beaufsichtigung imd Abnahme 
der mit staatlicher Unterstützung in Obernhof und in Weinähr a. Lahn 
angelegten Weinberge; für die Gemeinde Jlisselberg b. Kassau a. Lahn 
hatte er eine Obstpflanzung auszuführen; in 3 Fällen war er gericht¬ 
lich berufener Sachverständiger in einem Wein- und 2 Obstbaum¬ 
prozessen; stellte 2 Gutachten für Private aus und ist sonst noch 
sehr oft mündlich und schriftlich in Obst- und Weinbauangelegen¬ 
heiten um Rat gefragt worden. 

Als Vertreter der Landwirtschaftskammer für den Regierungs¬ 
bezirk Wiesbaden beteiligte sich der Wanderlehrer an dem deutschen 
Weinbau-Kongresse in Neustadt a. H., sowie an den dreitägigen Ver¬ 
handlungen des Deutschen Pomologen-Vereins in Frankfurt a. M., 
ferner nahm derselbe an der Vorstandssitzung und Generalversamm¬ 
lung des Xassauisehen Landes-Obst- und Gartenbau-Vereins in Ober¬ 
lahnstein und in Idstein teil und im Aufträge der Königl. Regierung 
zu Wiesbaden an einem Peronosporakursus in Geisenheim. 

Schließlich hat sich derselbe auch literarisch betätigt und mit 
Genehmigung der Landwirtschaftskammer für den Reg.-Bez. Wies- 


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Ürigiralfrcm ^ 

UNIVFRSITY OFCAtlFÖRNIA 



V. Tätigkeit der Anstalt nach außen. 


319 


baden ein Schriftchen über Obst- und Gemüseverwertung, betitelt: 
„Der Obst- und Gemüseverwertungskursus“, herausgegeben. Weiter¬ 
hin sind von dem Landes-Obst- und Weinbaulehrer mehrere, der 
Förderung des Obst- und Weinbaues dienende Aufsätze in ver¬ 
schiedenen Fach- und Lokalzeitungen erschienen und zwar folgende: 
Im Amtsblatt der Landwirtschaftskammer für den Reg.-Bez. Wies¬ 
baden: 1. „Die Obsternte im Unterlahnkreise im Jahre 1904.“ 
2. „Die Bereitung der Erdbeermarmelade.“ 3. „Die Behandlung der 
Rebenspaliere im Juli.“ 4. „Das Einsäuern der Gurken.“ 5. „Die 
diesjährigen Obsternteaussichten im Unterlahnkreise.“ 6. „Hohe 
Obstpreise.“ 7. „Die Einrichtung von Obsternte- und -Verpackungs¬ 
kursen.“ In den Geisenheimer Mitteilungen für Obst- und Garten¬ 
bau fanden Aufnahme: S. „Die Kreis-Obst- und Gartenbau-Ausstellung 
in Diez 1904.“ 9. „Ein Apparat zum Geraderichten schiefer Obst¬ 

bäume.“ Die beiden Kreisblätter des Unterlahnkreises brachten 
10. eine Abhandlung über die 1905er Diezer Obstmärkte. Die Auf¬ 
sätze 5 und 6 wurden ebenfalls von den beiden vorhergenannten 
Kreisblättern aufgenommen, desgleichen 6 auch in den Geisenheimer 
Mitteilungen veröffentlicht. 


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Druck von Hermann Beyer k Söhne (Beyer k Mann) in Langensalza. 


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