,!_i;..:;i;;.-:i'V,.,.)i
mi-f
mH'^ # ,"•?*
^
■I^Jr
'^m
.#*.
l?*^i
^J^>
^^V^
^^f^^^
r^*^.^t.^#;<t^
^. :?- >
-^*'*^-
A> . ■ #
*SÄ.
BERICHTE
DER
DEUTSCHEN
BOTANISCHEN GESELLSCHAFT.
GEGRÜNDET AM 17. SEPTEMBER 1882.
FÜNFUNDZWANZIGSTER JAHRGANG
BAND XXV.
MIT 14 TAFELN UNI) 37 TEXTFIGUREN
LIBRARY
NEW YORK
P'^TANICAL
■»Akl>fc:N
BERLIN,
GEBRÜDER BORNTR^GER,
1907.
Sitzung vom 25. Januar 190G.
NEU
Sitzung vom 25. Januar 1907.
A'^orsitzender: Herr L. KNY.
Als ordentliche Mits-lieder sind voroeschlaoen die Herren:
Niemann, G., Lehrer in Magdeburg (durch W. Detmer und E. STAHL),
Christensen, Carl, mag. scient. in Kopenhagen (durch EUG. Warming
und Fr. BOERGESEN).
Der Vorsitzende macht der Gesellschaft Mitteilung von dem im
Januar 1907 erfolgten Ableben unseres korrespondierenden Mit-
gliedes des
Herrn Lektor Rostrup
in Kopenhagen, der sich als Mykologe einen hervorragenden N^amen
gemacht hat.
Um das Andenken des Verstorbenen zu ehren, erheben sich die
Anwesenden von ihren Sitzen.
Mitteilungen.
i>'.
I. W. Be necke: Über stickstofTbindende Bakterien aus
dem Golf von Neapel.
Eingegangen am 22. Januar 1907.
^' In seiner Arbeit „Über die Bedeutung vertikaler Wasser-
— :^ bewegungen für die Produktion des Planktons im Meere'% in
^~t< welcher er den Nachweis zu erbringen sucht, dass diejenigen Orte
'~^" der See, „die durch reiches Organismenleben ausgezeichnet sind,
^ auch die Bedingungen für vertikale Durchmischung der Wasser-
'"3 Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV. ^
2 W. Benecke :
masseu aufweisen", streift XatHANSOHN') verschiedene meeres-
bakteriologische Fragen und berichtet bei dieser Gelegenheit, dass
es ihm trotz lange fortgesetzter A^ersuche niemals gelungen sei, das
Vorkommen nitrifiziereuder und stickstoffbindender Bakterien im
Wasser oder am Grunde des Golfes von 2^eapel nachzuweisen. Er
kommt daher zu dem Schluss, dass diese Bakterien, deren Tätigkeit
von anderen Forschern als bedeutungsvoll für den Stoffwechsel des
Meeres angesehen würd, tatsächlich im Meere keine Rolle spielen.
Der vorliegende Aufsatz soll lediglich die Frage beantworten,
ob NaTHANSOHN's Ansicht, dass stickstoffbindende Bakterien im
Neapler Golf fehlen, stichhaltig ist. Eine Behandlung anderer
Bakterien oder ein Eingehen auf allgemeine Fragen des Meeres-
stoffwechsels, die den Hauptinhalt der genannten Arbeit NaTHAN-
SOHN's bilden, ist an diesem Orte nicht beabsichtigt.
^XATHANSOHN schreibt auf S. 431: „Betreffs der Fragen nach
dem Umsatz der Stickstoffverbindungen im Meere stehen wir gleich-
falls noch einer Reihe von ungelösten Problemen gegenüber.
Benecke und KeUTNER haben aus dem Wasser der Ostsee Formen
aus der Gattung Azotohacter isoliert, also Bakterien, die die Fähig-
keit haben, freien Stickstoff zu binden und in organische Form
überzuführen. Wären diese Formen allgemein verbreitet, so würden
sie gewiss im Stoffwechsel des Meeres eine grosse Rolle spielen,
ich kann aber nur soviel sagen, dass ich schon früher in zahlreichen
Versuchen vergeblich nach solchen Bakterien gesucht habe, und es
erscheint nicht unwahrscheinlich, dass ihr Vorkommen in der Ostsee
gleichfalls dem Einfluss des Süsswassers zuzuschreiben ist."
Hierzu möchte ich zunächst bemerken, dass NATHANSOHN mit
dem Satz: „Wären diese Organismen allgemein verbreitet, so würden
sie gewiss eine grosse Rolle spielen", prinzipiell vollständig den
Ausführungen beistimmt, welche REINKE") in seiner von NATHAN-
SOHN nicht zitierten Mitteilung „Über die zur Ernährung der Meeres-
organismen disponiblen Quellen an Stickstoff" gibt. Wenn er
gleichwohl zu einem anderen Ergebnis als ReiNKE kommt und
der bakteriellen Stickstoffbindung im Meere keine Bedeutung bei-
misst, so liegt das eben nur daran, dass er nicht so glücklich war,
stickstoffbindende Formen im Neapler Golf zu finden. — ^ Wenn
dann NaTHANSOHN, wie oben angeführt, weiter sagt, dass das von
KeUTNER und mir nachgewiesene Vorkommen des Azotobacter in
der Ostsee „dem Einfluss des Süsswassers" zuzuschreiben sei, so
lässt sich das hören, falls NaTHANSOHN mit dem etwas unbestimmten
1) A. Nathansohn, Abh. der math.-phys. Cl. der Kgl. säclis. Ges. der
Wissensch., r.»OG, Bd. 2!». Nr. 5, S. 335.
2j J. REINKE, diese Berichte 190:3, Bd. 21, S. oTl.
über stickstoffbindende Bakterien aus dem Golf von Neapel. 3
Ausdruck: „Eiiifluss des Süsswassers" sagen will, dass Azotobacter \ie\-
leicht vor Zeiten mit den Flüssen in die Ostsee eingeschwemmt worden
sei. Diese Möglichkeit hat niemand bestritten. Will aber, wie ich ver-
mute, XatHANSOHN der 3Ieinung Ausdruck verleihen, dass Azotobacter
zwar im schwacli salzhaltigen Ostseewasser, aber nicht in dem
stärker salzhaltigen anderer Meere leben kann, so ist diese Meinung-
schön widerlegt gewesen, ehe sie niedergeschrieben wurde. Denn
KEUTNER') hat in seiner von XATHANSOHN gleichfalls nicht
zitierten Arbeit „Über das Vorkommen und die Verbreitung stick-
stoffbindender Bakterien im Meere" gezeigt, dass Azotobacter nicht
nur in der Ost-, sondern auch in der Nordsee und dem indischen
Ozean nachgewiesen werden, in der Kultur sogar noch bei einem
Salzgehalt von 8 pCt. gezüchtet werden kann. —
Nathansohn führt dann weiter aus, dass das Fehlen stickstoff-
bindender Bakterien im Meere durchaus begreiflich sei; denn
WiNOGRADSKY habe nachgewiesen, dass „diese Bakterien" (in Wirk-
lichkeit hat W. nur Clostridium Pasteuriannm untersucht) sehr w^enig
ökonomisch arbeiten. Clostridium Pasteurianuvi z. B. brauche 1 g
Zucker, um 3 mg Stickstoff festzulegen, so reicliliche Kohlenstoff-
quellen stünden aber im Meere nur agarlösenden Bakterien zur Ver-
fügung, und diese könnten, wie er selbst nachgewiesen habe, den
gasförmigen Stickstoff nicht verwerten.
Es fällt auf, dass NaTHANSOHN bei dieser Gelegenheit nicht
mitteilt, ob der Nachweis von Clostridium Pasteuriannm oder anderen
anaeroben Nitrogenbakterien ihm ebenfalls misslungen ist. Übrigens
steckt in seinen ebengenannten Ausführungen zweifellos ein richtiger
Kern; denn der blosse Nachweis Stickstoff l)indender Bakterien
genügt noch nicht, um das Mass ihrer Bedeutung für den Meeres-
stoffwechsel festzustellen, hierfür müssen die gesamten zum Teil
noch sehr wenig bekannten Staudortsverhältnisse mit berücksichtigt
werden. Trotzdem geht er mit seinen theoretischen Erwägungen
viel zu weit. Es ist keineswegs sicher, dass Clostridium Pasteuriannm
am natürlichen Standort ebenso wenig ökonomisch arbeitet, als in
Reinkultur; und wenn agarlösende Bakterien freien Stickstoff nicht
verwerten können, so ist doch wahrscheinlich, dass sie durch Hydro-
lyse des Agars Stoffe bilden, die ihrerseits stickstoffbindenden
Bakterien als Nahrung dienen. Mit Rücksicht auf KeuTNER's An-
gabe, dass Azotobacter auf der Oberfläche von Meeresalgen an-
getroffen werden kann, wäre es nicht ohne Interesse, zu untersuchen,
ob Mischkulturen von Agarbakterien und Azotobacter, die Agar als
1) J. Keutner, Wissensch. Meeresuntersnchungen. Kiel, N. F. 1904, Bd. 8
Seite 27.
1*
4 W. Benecke :
einzige C- und freien Stickstoff als einzige N-Quelle führen, zu ge-
deihen vermögen. —
Vor einem weiteren Eingehen auf derartige Fragen schien es
nun vor allem wünschenswert festzustellen, ob wirklich im Wasser
des Mittelnieeres stickstoff'bindende Bakterien fehlen. Durch freund-
liche Vermittlung des Herrn Prof. PAUL MAYER wurden mir zwei-
mal im Laufe des vorigen Jahres Grundprobeu seitens der zoologi-
schen Station aus dem Golf von Neapel geschickt. Dieselben waren
mit offenemEimer in verschiedener Entfernung vom Lande heraufgeholt,
alsbald in sterile Glasröhrchen gefüllt und mir nach Kiel zugesandt
worden. Ich führte sie sofort nach ihrer Ankunft in sterile Nährlösungen
über, welche enthielten: 1 — 2 pCt. Mannit und 0,02 pCt. Dikalium-
phosphat, gelöst in reinem filtrierten Nordseewasser von Helgoland.
Einzelnen Nährlösungen wurde eine Messerspitze Kreide zugesetzt.
Das Ergebnis war, dass in einer grossen Zahl der Kulturen sich
eine typische Azotobacter -Yegetat'ion entwickelte. Andere Kulturen,
in welchen Azotohacter nicht aufkam, zeigten, zumal wenn die Nähr-
lösung eine nicht zu flache Schicht bildete, lebhafte Buttersäure-
gärung, bewirkt durch verschieden geformte logenbakterien. Es ist
nach den vorliegenden Untersuchungen^) kein Zweifel daran möglich,
dass auch in diesen Kulturen Stickstoffbinduug erfolgte. Eine kleine
Zahl von Kulturkolben zeigte nur eine geringe Bakterienentwicklung
und nicht jene charakteristischen, stickstofffixierendeu Bakterien-
gesellschaften. —
Die ersten mir übersandten Grundproben waren Anfang Juni
1906 aus Tiefen von 20, 30, 50 und 100 m (in der Kichtung von
Neapel auf Sorrent zu) dem Meeresboden entnommen worden. Sämt-
liche Kulturen, die mit Schlick aus 20 m Tiefe (Entfernung vom
Lande: 500 m) angesetzt waren, zeigten über kurz oder lang — im
Thermostaten bei 30° gezüchtet schon nach drei Tagen — typische,
azotobakterführende Häute; Gasentwicklung blieb entweder ganz
aus oder war nur sehr massig. Das Mikroskop Hess Azotohacter
chroococcum Beyerinck in typischer Grösse, Gestalt und Lagerung
der Zellen erkennen; der Durchmesser derselben betrug 5 /<. Reich-
lich waren auch kleinere, 2—3 /i dicke Bakterien vorhanden, die,
abgesehen von der geringeren Grösse, viel Ähnlichkeit mit Azotohacter
hatten, auf Jodzusatz auch die Glykogenreaktion sehr stark zu er-
kennen gaben. ^)
1) Vgl. ausser WiNOGRADSKY's Arbeiten:
E. Haselhoff und G. Bredemann, Landw. Jahrb. 190(5, Bd. 35, S. 381.
H. Pringsheim, Bakt. Centralb., 2. Abt., 19()G. Bd. IG, S. 795.
2) Nach H. Fischer (Joum. für Landwirtscli. 1905, Bd. 53, S. 289) kann der
Durchmesser der A:otobacter-TjQ\\&n zwischen 2 und 5 ^ schwanken.
über stickstoflbindende Bakterien aus dem Golf von Neapel. 5
-' Ausserdem zeigten sich die verschiedensten kleineren Bakterien,
S[)irillen, iogenführende Clostridien, farblose Flagellaten usw. Be-
sonders auffallend in diesen und auch den meisten anderen Kulturen
war ein kleiner, unregelmässig-eiförmiger Spaltpilz, der scharf um-
grenzte, aus nur wenigen Zellen bestehende Zooglöen bildete und
die Glykogenreaktion ebenso stark wie Azotobacter zeigte.
Auch in mehreren der mit Schlick aus 50 rn Tiefe (Entfernung
vom Ufer: 2 km) beimpften Kulturen trat Azotobacter auf; andere
ergaben statt dessen eine lebhafte Buttersäuregärung; bei einem
kleinen Teil von diesen zeigte sich später, nachdem die Gärung
nachgelassen hatte, die Azotobacter-Ka\\\\\\\ü\xi. Die Gärung war be-
wirkt durch Clostridien, die zum grössten Teil eine ähnliche Gestalt
und Grösse aufwiesen wie Clostridium Pasteurianum Winogr.
In Grundproben dieser ersten Sendung, die aus noch grösseren
Tiefen stammten (bis 100 w), konnte Azotobacter nicht mehr mit Sicher-
heit nachgewiesen werden, die charakteristischen Kahmhäute fehlten;
mikroskopisch konnten allerdings immer Bakterien gefunden werden,
die durchaus dem Azotobacter glichen, ferner jene oben genannte
etwas kleinere Form, über deren Zugehörigkeit ich im Zweifel bin.
Stets war lebhafte Gasbildung und Gferuch nach Buttersäure vor-
banden, Clostridien waren wenig oder gar nicht zu finden statt ihrer
Plectridien, ferner auch logenbakterien, die etwa die Form einer
Zigarre hatten. Endlich sehr dünne, säbelförmig gekrümmte, iogen-
haltige Paraplectren. —
Es ist bekannt, wie sehr der Verlauf von Rohkulturen stickstoff-
bindender Bakterien, die mit Bodenproben vom Festlande beimpft
werden, abhängt von der chemischen Zusammensetzung und der ge-
samten Bakterienflora dieser Proben.^) Dass dies auch für das Meer
gilt, zeigte die Untersuchung der zweiten Grundprobensendung aus
dem Neapler Golf, die im Oktober eintraf. Hier versagten nämlich
die Proben, die aus nächster Laudnähe stammten, fast alle, ergaben
keine Azotobacter -\Qgei?ii\on und zeigten überhaupt nur eine geringe
Bakterienentwicklung. Das hängt offenbar hauptsächlich damit zu-
sammen, dass die betreffenden Proben sehr arm an organischen
Stoffen waren. Dafür entwickelte sich dieses Mal in Kulturen,
die mit Schlick aus 100 ?w Tiefe (3 hn vom Land entfernt)
beimpft waren, der Azotobacter sehr schön. Ich muss es allerdings
fraglich lassen, ob derselbe nun wirklich vom Meeresgrund stammt,
oder aus höheren Wasserchichten, da die Grundproben mit offenem
Eimer heraufgeholt worden waren. Für die letztere Alternative
1) Als neueste Forscher, die diese Frage behandeln, nenne ich:
H. R. Christensen, Bakt. Centralbl., 2. Abt. 1906, Bd. 17, S. 109.
S. und H. Krzemieniewski, Bull. Ac. sc Cracovie. Cl. math. nat. 1906,
S. 560.
Q W. Benecke:
s})richt der Ausfall der oben genannten Versuche, vielleicht auch die
Erwägung, dass grosse Meerestiefen keine allzu günstigen Yegetations-
bedingungen für Azotohacter bieten dürften.^)
Ausser typisch ausgebildetem Azotohacter traf ich in diesen zu-
letzt genannten Kulturen auch solchen, der durch den Besitz einer
mit starker Jodlösuug^) sich blau färbenden Gallerthülle ausgezeichnet
war. Diese Hülle war stets einseitig stärker entwickelt, so dass die
Zellen exzentrisch darin sassen; nicht selten sah ich auch leere
Gallerthüllen, aus denen die Zellen selbst verschwunden waren.
Schwache Jodlösungen Hessen die Gallerthülle nicht blau werden.
Ich lasse unentschieden, ob Azotohacter chroococcum unter bestimmten
Bedingungen solche, mit Jod blau färbbare Hüllen bildet, oder ob
es sich um besondere Sippen bezw. Spezies haudelt, oder aber ob
es überhaupt andere Bakterien sind, die sonst dem Azotohacter
morphologisch ähnlich sind. Ich bemerke nebenbei, dass ich in
meinen Kulturen auch sonst Bakterienarten antraf, die ebenfalls
eine derartige mit starker Jodlösung sich bläuende Gallerthülle be-
sasseu; zum Teil waren ihre Zellen etwa halb so gross, wie die des
Azotohacter, und lagen häufig zu dichten Klumpen geballt, zum Teil
waren sie bedeutend kleiner. Ob die Zellhaut selbst sich mit Jod
bläute, konnte ich in keinem Falle feststellen.^)
Es erhebt sich nun die Frage, wie meine zum grossen Teil
positiven Ergebnisse mit XaTHANSOHN's zahlreichen durchweg ver-
geblichen Versuchen, den Azotohacter im Golf von Neapel nachzu-
weisen, in Einklang zu bringen sind. Man wird zunächst an die
Möglichkeit denken, dass der von mir verwendete Schlick auf dem
Transport irgendwie, z. B. durch Staub vom Lande her, infiziert
worden sei. Es ist jedoch unmöglich, mit einer solchen Annahme
meine Befunde zu erklären. Denn auf diese Weise hätten unmöglich
so viele Azotohacfer-ZeWen in mein Material hineingelangen können,
dass schon nach drei Tagen eine starke Kahmhaut sich entwickelt
hätte. Auch der positive Ausfall so vieler Versuche lässt sich nicht
durch zufällige Infektion erklären.
Es wäre ferner die Möglichkeit zu erwägen, ob Azotohacter viel-
leicht im Golf von Neapel nur ganz sporadisch vorkommt. Doch
wäre es dann nicht recht zu verstehen, warum ich ilin trotz einer
verhältnismässig geringen Zahl von Versuchen gefunden, NaTHAN-
1) Nach E VON Freudenreich (Bakt. Centralbl., 2. Abt. 1903, Bd. 10,
S. 519) lässt sicli Azotohacter in bestimmten Böden bis 50 cm Tiefe nachweisen.
Beimpft man N-freie Lösungen mit Proben aus grösserer Tiefe, so tritt nur Butter-
säuregärung auf.
2) Arthur Meyer, Praktikum der Botanischen Bakterienkunde. Jena 1903,
Seite 151.
3) Vgl Arthur Meyer, diese Berichte 1901, Bd. 19, S. 428.
über stickstoffbindende Bakterien aus dem Golf von Neapel. 7
SO^N aber ilin trotz zahlreicher Versuche nie gefunden liat. Tch
muss aus NathaNSOHN's Angaben entnehmen, dass er viel intensiver
nach Azotobacter «esucht hat, als ich selbst.
So bleibt wohl nur noch die eine Möo-lichkeit, dass Verschieden-
heit der von uns verwendeten Kulturmethode die Verschiedenheit
unserer Ergebnisse nach sich gezogen hat. Da NATHANSOHN über
die von ihm gebrauchte Nährlösung nichts angibt, bat ich ihn brief-
lich um Mitteilung derselben. Er schrieb mir, dass er zuckerhaltige
Näln'lösungen benutzt habe (Rohr- und Traubenzucker). Ich halte
es nun nicht für ganz ausgeschlossen, dass hierin des Rätsels Lösung
liegt. Bereits in seiner ersten Mitteilung über Azotobacter gibt
BeyERINCK^) an, dass von der Verwendung zuckerhaltiger Nähr-
lösungen für A:otobacter-^o\\\s.\\\i\\\en abzuraten sei, da in diesen
sehr leicht Gärung einsetzt, die, falls sie zu kräftig wird, den
Azotobarter nicht aufkommen lässt. Nach meinen eigenen Er-
fahrungen können zuckerhaltige stickstofffreie Nährlösungen sogar
dann, wenn sie mit sehr azotobakterreichem, gut durchlüfteten!
Gartenboden geimpft werden, einer Buttersäuregärung anheim-
fallen, und Azotobacter zeigt sich überhaupt nicht, oder erst nach
Beendigung der Gärung, also viel später, als in niannithaltigen Nähr-
lösungen. —
Die wenigen Versuche, über die ich hier berichten konnte, er-
lauben noch kein Urteil über die Häufigkeit des Vorkommens stick-
stoffbindender Bakterien im Golf von Neapel; zumal wäre noch zu
untersuchen, ob sie auch im Mittelmeer an Algen oder Plankton-
organismen anhaftend gefunden werden können, wie das nach
KeüTNER für die Ost- und Nordsee gilt. Soviel ist aber gewiss,
dass stickstoffbindende Bakterien auch im Golf von Neapel vor-
kommen, und dass kein Grund vorliegt mit NaTHANSOHN anzu-
nehmen, dass „der Zuwachs des Meeres an gebundenem Stickstoff
nur von aussen her stattfindet."
Nachdem somit stickstoffbindende Bakterien in allen Küsten-
meeren, die mau bisher darauf untersucht hat, nachgewiesen werden
konnten, wäre es meines Erachtens besonders verdienstlich, zu
untersuchen, ob solche Formen auch im Plankton der Hochsee anzu-
treffen sind.
Kiel, Botanisches Institut der Universität.
1) Bakt. Centralbl., 2. Abt. 1901, Bd. 7, S. 567, 570.
8 H. C. SCHELLENBEEG;
2. H. C. Schelienberg: Über das primäre Dickenwachstum
des Markes von Sambucus nigra L
Eingegangen am 22. Januar 1907.
Im Heft Nr. 8 1906 der Berichte der deutschen botanischen
Gesellschaft bringt A. URSPRUNG eine vorläufige Mitteilung, betitelt:
,,tJber die Dauer des primären Dickenwachstums". Er sucht darin
den Nachweis zu erbringen, dass bei Sambucus nigra das primäre
Dickenwachstum des Markzylinders mit der Ausbildung des ge-
schlossenen Holzkörpers kein Ende erreicht, sondern selbst im
zweiten und dritten Jahre noch weiter geht. Daraus folgert
Ursprung weiter, dass der geschlossene Holzkörper absolut nicht
etwa einen starren Gewebemantel darstellt, sondern dass seine ver-
holzten Zellen fähig sind, sich zu teilen und ihre Membranen in die
Fläche und Dicke zu wachsen. Auch die Gefässe können ihren
Durchmesser noch vergrössern, nachdem der lebende Inhalt ver-
schwunden ist.
Diese ano;e2:ebenen Resultate nnd Foloenmo'en UESPRUNG's
widersprechen so den bis jetzt bekannten Tatsachen über die
Wachstumserscheinungen der Holzkörper unserer Laubhölzer, dass
ich es für unnötig gehalten hätte, näher sie zu widerlegen, wenn
nicht Ursprung durch Messungen und andere Auseinandersetzungen,
mehr als das sonst in vorläufigen Mitteilungen geschieht, , gesucht
hätte, seine Resultate zu stützen.
Ursprung misst die Durchmesser des ganzen Querschnittes, des
Markzylinders und die Dicke des Holzringes in der Mitte der ein-
zelnen Internodien an verschiedenen Zweigen im Oktober. Er findet,
dass der Durchmesser des Markzylinders zwischen 1,1 und 8 mm
schwankt, indem die jüngsten Internodien zugleich die geringsten
Masse aufweisen bei vollständig geschlossenem Holzkörper. Daran
schliesst Ursprung^) folgende Argumentation: „Zur Erklärung dieser
Tatsache liegen a priori zwei Möglichkeiten vor. Die eine besteht
darin, dass das Mark bereits in verschiedener AVeite angelegt wird;
die verschiedenen Werte des Markdurchmessers in verschiedenen
Entfernungen von der Sprossspitze wären hiernach darauf zurückzu-
führen, dass das Mark bereits vor der Ausbildung eines geschlossenen
1) 1. c. p. 493.
über das primäre Dickenwachstiim des Markes von Sambucus nigra L. 9
Holzzylinclers in jeder Sprosspartie die oben angegebene Weite be-
sitzt. Wenn diese Anschauung richtig wäre, dann müssten in den
obersten Internodien, die eben gerade einen geschlossenen Holz-
zyliuder besitzen, Markdurchmesser bis zu 8 vim nachgewiesen sein.
Nun ist es aber allgemein bekannt, dass die Durchmesser der ganzen
Internodien in den obersten Sprosspartien bedeutend geringer sind,
und dass daher das Mark unmöglich in definitiver Weite anoelegt
werden kann. Es kann also nicht mehr zweifelhaft sein, dass der
Markdurchmesser nach Ausbildung eines g;eschlossenen Holzzylinders
noch vergrössert wird."
Ohne dass URSPRUNG sich die Mühe genommen hat die Ent-
wicklung des Markes und des Holzkörpers in der Vegetationsperiode
zu studieren, oder etwa das Verhalten der Zweigdicke am gleichen
Internodium in verschiedenen Zeiten zu prüfen, glaubt er durch
seine Messungen dargetan zu haben, dass der Markzylinder von
Sambucus „um beinahe das Dreifache vergrössert werden kann, nach-
dem er bereits von einem vollständig geschlossenen Holzzylinder
umgeben ist."
Demgegenüber muss ich hervorheben, dass Messungen in der
Kuheperiode — URSPRUNG hat im Oktober gemessen — nur einen
Vergleich zwischen verschiedenen Internodien gestatten, für die Ver-
änderungen aber, die während der Entwicklung der Zweige ein-
treten, nichts beweisen. URSPRUNG ist im Irrtum, wenn er glaubt,
dass das Mark der obersten Internodien, das Masse von 1,1— 2,8 »zm
heute aufweist, in den gleichen Internodien auf 8 — 10 mm in den
nächstfolgenden Jahren anwachse. Da nun einmal das Mark von
Sambucus in den aufeinanderfolgenden Internodien im einjährigen
Zweig von unten nach oben stark abnimmt, darf man nur gleich
starke Zweige mit einander vergleichen und an diesen nur Internodien
von gleicher Lage.
Einzig mit Beobachtung dieser Vorsichtsmassregel wird man aus
dem Vergleich verschiedenalteriger Zweige Schlüsse ziehen dürfen,
und selbst dann noch ist es notwendig, Durchschnittszahlen von
mehreren Zweigen zu nehmen, weil kleine Differenzen selbst bei gut
ausgeglichenem Material stets vorhanden sind.
Sucht man nun Zweige uno-efähr s-leicher Stärke aus, das eine
Mal einjährig, das andere Mal zweijährig, und vergleicht die obersten
Internodien miteinander, so zeigt sich folgendes:
Einjährige: Markdurchmesser 1,4, 1,8, 1,4, 1,6, 1,5, 1,4, 1,5,
1,6 mm; Mittel: 1,54 mm.
Zweijährige: Markdurchmesser 1,6, 1,5, 1,7, 1,4, 1,5, 1,6, 1,5,
1,4 mm\ Mittel: 1,52 mm.
10 H. C. Schellenberg:
(Es wurden selbstverständlich nur solche zweijährige Zweige ge-
messen, die wirklich das oberste Internodium des ersten Jahres auch
noch im zweiten Jahre besassen.)
Die Zahlen zeigen, dass der Markdurchmesser vom ersten zum
zweiten Jahre sich nicht ändert. Die Differenz ist so gering, dass
daraus keine Folgerung gezogen werden darf. Jedenfalls zeigen die
Zahlen, dass keine Yermehrung des Markdurchmessers um das Zwei-
oder Dreifache stattfindet.
Ich habe dann nach Zweigen gesucht, bei denen das oberste
Internodium des ersten Jahres auch noch in älteren Jahren ver-
treten war. Die Zahlen für die Markdurchmesser sind folgende:
Dreijährige: 2,1, 1,6, 1,4, 2,5, 1,2 mm;
vierjährige: 2,0, 1,4 mm;
fünfjährige: 1,5 mm.
Nach URSPRUNG's Angaben schwankt der Markdurchmesser im
obersten Internodium der einjährigen Sprosse zwischen 1,1 und
2,8 vim. Alle diese Zahlen liegen innerhalb dieser Grenzen. Dar-
aus ziehe ich den Schluss, dass der Markdurchmesser weder im
zweiten, noch in den folgenden Jahren sich erweitert hat, sondern so
geblieben ist, wie er im ersten Jahre ausgebildet wurde.
Auch die übrigen Internodien der Zweige verhalten sich gleich.
Internodien, die ein enges Mark im ersten Jahre besitzen, behalten
die gleiche Weite auch in den folgenden Jahren, genau wie die
Internodien, die im ersten Jahre ein weites Mark besitzen. Die
Messungen von Markdurchmessern einiger mehrjähriger Zweige
zeigen das sofort, wie aus folgenden Beispielen hervorgeht:
Zweijähriger Zweig:
Entfernung- von der
IClUUUg VUll u
Triebgrenze
Cl
Zweigdicke
Markdurchmci
cm
mm
mm
5
3,5
1,5
16
4
1,8
28
5
1,5
39
6,5
2,8
51
6,5
3,5
63
7
4,0
76
8
4,5
90
9
5
107
9
5,5
120
11
6,5
(Alle Inten
nodi
en
zeigen zwei
Jahrringe.)
über das primäre Dickemvaclistum des ]\[arkes von Sambucus nigra L. 1 1
Dreijähriger Zweig:
Entfern iin 2' von der
Triebgreuze
Zweigdicke
Markdurch
cm
771/«
7nm
3
3,0
1,2
12
3,5
1,8
18,5
4
2,1
25
4,5
2,5
33
5,5
3,0
47
6,5
3,5
64
8,0
5,0
82
9,0
5,5
(Alle Holzkörper zeigen drei Jahrringe.)
Zweijähriger Zweig:
eruuug vuu uer
Triebgrenze
Zw
eigdicke
Markdurchm
cm
mm
III »i
3
2
1,2
10
3,5
2
25
5
3
45
6
4
65
7
5
82
8
5
einjährig
zweijährig
Vierjähriger Zweig aus der Baumkrone:
Zweigdicke
mm
3
3,5
4
4
4
4
5
5,5
(5
6
6,5
7
8
10
12
Markdurchniesser
mm
1,2
1,5 \ einjährig
2,0
'5'
1,5
1,5
1,5
2
•>
2
2,5
2,5
3,0
3
4
4,5
zweijährig-
dreijährig
Tierjährig
Entfernung
von der Sprossspitze
Zweigdicke
cm
mm
10
1,8
18
3
26
4
38
5,5
50
6,5
64
7
78
8
97
10,5
123
12
156
14
186
15,5
12 H. C. Schellenberg:
Im Gegensatz dazu lasse icli nun die Masse von einem ein-
jährigen sehr kräftigen Triebe folgen, der an der gleichen Pflanze
sich befand wie die anderen zitierten Äste.
Markdurchmesser
7«/«
2
2,5
3,5
4,5
4,5
5
7,5
9
10
11
(Alle Internodieu einjährig.)
Die Zahlen zeigen viel grössere Werte für die Markdurchmesser
als ich bei allen anderen untersuchten Zweigen der gleichen Pflanze
fand.
Die grössten Markdurchmesser findet man stets an den
kräftigsten Wasserschossen, die durch starkes Zurückschneiden der
Sträucher im Wachstum enorm begünstigt werden. An einjährigen
Zweigen habe ich dort Markdurchmesser bis zu 12 mm gemessen;
eine Zahl, die ich an mehrjährigen Zweigen nicht wieder finden
konnte. Man braucht somit ein mehrjähriges Wachstum des Markes
nicht anzunehmen, wie das URSPRUNG speziell für solche weite
Markzylinder supponiert, denn man findet das an den betreffenden
Zweigen schon im ersten Jahre.
Wenn nun durch diese Messungen wohl der Beweis zur Genüge
erbracht ist, dass der Markzylinder von Samhiicus nach dem ersten
Jahre nicht mehr grösser wird, so ist damit zugleich auch gezeigt,
dass der Holzkörper nicht nachträglich vom Mark aus sich erweitert,
wie es URSPRUNG meint. Die Messungen, die URSPRUNG über die
Weite der Gefässe, die Zahl der Holzzellen an der inneren Be-
grenzung des Holzkörpers und die Markzellen angestellt hat, be-
weisen gar nichts für das angenommene nachträgliche Wachstum.
Wer je die Anlage des Holzkörpers bei unseren Laubhölzeru unter-
sucht hat, weiss, dass diese Grössen verschieden sind am einjährigen
Zw^eige je nach Kräftigkeit des Triebes und aus dem Cambium in
dieser verschiedenen Weite von Anfang an gebildet werden. Eine
nachträgliche Yergrösserung der Weite der Gefässe, Libriformfasern
o<ler Markzellen nach dem ersten Jahre findet nicht statt. Wenn
über das primäre Dickenwachstum des Markes von Sambucus nigi-a L. 13
ich an den obersten Internodien bei Trieben gleicher Stärke in dem
gleichen Jahrring, aber an verschieden alten Zweigen messe, so be-
komme ich die gleichen Zahlen, sowohl bei den Gefässen, wie bei
Libriformfasern nnd Markzellen. Ebenso zeigt sich, dass die Libri-
formfasern sich nicht verdickt haben.
Wenn man zweijährige Zweige untersucht, die infolge des
Zurückschneidens anderer Partien der Pflanze im zweiten Jahre
kräftige Seitentriebe bildeten, so kann man ein interessantes Ver-
hältnis zwischen dem ersten und zweiten Jahrring konstatieren. Auf
dem gleichen Querschnitt sind die Gefässe des zweiten Jahrringes
weiter als im ersten Jahrring. Folgendes Beispiel möge dieses Ver-
hältnis illustrieren:
Zweijähriger Zweig.
Maximaler
Durchmesser
Maximale der Libriform-
Gel'üssweite fasern iu
tanj^entialer
ßiclitung
1. Oberstes Internodium; 1,5 mm
Markdurchmesser :
erster Jahrring 28 ^ 18 /t
zweiter „ 40 ^u 22 /t
2. Sechstes Internodium; 7 mm
Markdurchmesser :
erster Jahrring 45 /^ 23 /<
zweiter „ 60 /t 26 /t
Auch diese Tatsache, die übrigens von anderen Pflanzen längst
schon bekannt ist, zeigt nur, dass die Gefässe des ersten Jahrringes
sich nicht erweitern konnten. Wären die Gefässe des ersten Jahr-
ringes im zweiten Jahre noch erweiterungsfähig gewesen, so ist
nicht einzusehen, warum sie nicht gewachsen wären, um den Be-
dürfnissen des vermehrten Safttransportes sich anzupassen und so
die Weite der Gefässe im zweiten Jahresrino:e erreicht hätten. Das
ist aber nicht der Fall, sondern die Gefässe haben die Weite des
ersten Jahres auch im zweiten beibehalten, denn sie zeigen die
Weiten, die man ganz allgemein bei gleich starken Trieben und
gleich gelegenen Internodien beobachtet, und stimmen darin auch
mit den Angaben ÜRSPRUNGr's überein. Ich muss daraus schliessen,
dass die Gefässe im Holzkörper von Sambucus sich nicht nachträg-
lich erweitern, wie ÜESPßUNG meint. Seine Erwägungen über die
Art und Weise des Zustandekommens des nachträglichen Gefäss-
wachstums besitzen darum, solange der Vorgang nicht experimentell
bewiesen ist, rein spekulativen Wert.
Noch ein anderer anatomischer Befund ist geeignet, auf das von
14 H. C. SCHELLENBERG:
Ursprung augenommene nachträgliche Wachstum von Mark und
Holz bei Sambucus einiges Licht zu werfen. An der Einfügungs-
stelle der Seitenzweige in die Hauptachsen, sofern sie mit der
Jahrestriebgrenze zusammenfällt, verengt sich das Mark der
ersteren auf 0,5 m7)i und noch darunter, während sowohl im
Seitenzweig wie in der Hauptachse die verschiedenen Weiten des
3Iarkes bis zu 10 und l'i min anzutreffen sind. Man kann nun diese
Stelle untersuchen, wo man will, an mehrjährigen Zweigen, an dicken
Stämmen oder an einjährigen Zweigen starker oder schwacher Natur,
immer trifft man das gleiche Bild. An diesen Einfügungsstellen ver-
engert sich das Mark auf die ano'eoebene Weite und wächst somit
nachträglich nicht in die Dicke, denn sonst müsste es auch an dieser
Stelle weiter geworden sein.
Von E. JahN^) ist dann weiter angegeben worden, dass bei der
Einfügung des neuen Jahrestriebes an den vorhergehenden in der
Knospenregion oft die alten Bündel der Knospenblätter zerrissen
werden. Auch bei Sambucus nigra findet die Zerreissung dieser
Bündel statt, wie ich mich überzeugen konnte. Die Zerreissung
dieser Bündel trifft man re2,elmässio' an der Einfüouno'sstelle von
Seitentrieben, die aus Winterknospen hervorgegangen sind. Sie
zeigt, dass die Gefässe dem Wachstum der Umgebung nicht folgen
können, denn deswegen werden sie zerrissen.
Im Weiteren niuss ich auf zwei Tatsachen hinweisen, die un-
vereinbar sind mit dem von URSPRUNG angenommenen mehrjährigen
Dickenwachstum des Markes und des Holzkörpers. Die Markzellen
sind bereits im einjährigen Zweige alle tot und lufthaltig; sogar die
Parenchymzellen in der Umgebung von Ring- und Spiralgefäss-
gruppen sind bereits im einjährigen Zweige abgestorben. Die ersten
lebenden Zellen, die man vom Mark aus antrifft, sind die Markstrahl-
zellen und das Holzparenchym des sekundären Holzes. Nun soll
dieses tote Mark noch sich auf das Zwei- bis Dreifache verdicken
durch Vergrösserung und Teilung der Markzellen!?
Ebenso sind am Ende des ersten Jahres alle Poren in Mark,
Libriform, Holzpareiichym, Gefässen und Markstrahlen fertig gebildet.
Wenn die Erweiterung des Markkörpers und des Holzringes nun
nacjiher noch eintreten würde, so müssen entweder notwendigerweise
die Poren sich vergrössern, oder dann gegenseitig sich verschieben.
Keine der beiden Möglichkeiten tritt ein, sondern die Poren bleiben
sich in den älteren Zweigen gleich, wie sie im ersten Jahre gebildet
wurden. Auf eine weitere Erörterun«: solcher Verhältnisse kann ich
darum ruhis,- verzichten.
Ij E. J.VHX, Holz und Mark an den Grenzen der Jahrestriebe. Botanisches
Centralblatt 1894, S. 026.
über das primäre Dicken Wachstum des Markes von Sambucus nigra L. 15
Weil die Untersuchuno- zeist, tlass ein iiacliträoliches Dicken-
wtichstuni des Markes und des Holzkörpers im Sinne Ursprung's
nicht eintritt, fällt damit auch sein Beweis für die Unriclitigkeit des
von niir^) aufgestellten Satzes, dass Zellen mit verholzten Mem-
branen sich nicht mehr vergrössern, dahin. Es bestätigt sich, dass
auch hier die verholzten Membranen nicht mehr wachsen. Wegen
Mangel an geeignetem Untersuchungsmaterial konnte ich die Ver-
hältnisse bei Tectona gram/l^ L. nicht nachprüfen. Ich sehe aber
aus der ÜRSPRUiXG'schen Untersuchung nicht ein, dass hier die ver-
holzten Membranen noch wachsen sollen, wie er aus seiner Unter-
suchung folgert.-)
An den waciisenden einjährigen Sprossen von Sambucus nigra
hat Ursprung die Dauer des primären Dickenwachstums nicht
untersucht. Ich kann darum auf die eingehende Darlegung der
Wachstumsverhältnisse des ScDubucusS-prosses, um so eher verzichten,
weil früher gelegentlich angestellte Untersuchungen nur den von
Ursprung angeführten und nun bekämpften Satz aus dem FRANK-
schen^) Lehrbuche bestätigen, dass nämlich „der Holzring hier so-
lange nicht geschlossen wird als das primäre Dicken-
wachstum andauert."
Während der Periode des Längenwachstums des Sprosses sind
die einzelnen Gefässbündel im Grundparenchym noch von einander
getrennt. In dieser Periode erfolgt auch das primäre Dicken-
wachstum der Sprosse. Beim Abschluss des Längenwachstums be-
ginnt das Cambium im Gefässbündel seine Tätigkeit; das primäre
Dickenwachstum des Wachstums des Markes dauert etwas länger an,
als das Längenwachstum des Sprosses, wenngleich hinzugefügt werden
muss, nur kurze Zeit. Die ersten Gefässbündel werden noch etwas
auseinander gedrängt und dann erst bilden sich die Cambiumbrücken
zwischen den Gefässbündeln, die dort nun auch Holz erzeugen. Mit
dem Schluss des Holzringes hört das primäre Dickenwachstum auf.
Zu dieser Zeit sind die Markzellen noch turgeszent und besitzen
unverholzte Membranen. Der Markdurchmesser erreicht in diesen
Sprossen die definitiv beobachteten Grössen. KOLKVVITZ,*) der
solches turgeszentes Sambucus - Mark für anderweitige Zwecke ver-
wendete, gibt auch an, dass Durchmesser bis zu 10 mm v^orkommen.
Später, nach Abschluss des Längenwachstums nimmt die Turgeszenz
der Markzellen ab, ihre Membranen verholzen, der Protoplast stirbt
ab, und die Zellen werden frühzeitig lufthaltig.
1) H. C. Schellenberg, Beiträge zur Kenntnis der verholzten Zellmembran.
Jahrb. für wiss. Bot. 1895.
2) 1. c. p.491.
3) Frank, Lehrbuch der Botanik, Bd. I, S. 376.
4) K. Kolkwitz, Untersuchungen über Plasmolyse, Elastizität, Dehnung und
"Wachstum am lebenden Markgewebe. Inaug.-L)iss., Berlin 1895.
16 Peter Thomsen:
Im Herbst ist das ganze Mark von Sambucus an den einjährigen
Sprossen von oben bis unten lufthaltig, und seine Zellen sind tot.
Wenn ich die Resultate der Nachprüfung der Arbeit UKSPRUNG's
kurz zusammenfassen soll, so lautet das Ergebnis folgendermassen:
Bei Sambucus nigra wächst nach Anlage des geschlossenen Holz-
körpers das Mark nicht mehr in die Dicke. Ein nachträgliches
Wachstum der verholzten Membranen der Gefässe, Libriformfasern
und Markzellen tritt nicht ein; ebenso keine Zellvermehrung. Alle
von UßSPßUNG in der Zusammenfassung seiner Resultate auf-
gestellten Sätze erweisen sich darum als unrichtig.
3. Peter Thomsen: Über das Vorkommen von
Nitrobakterien im Meere.
Vorläufige Mitteilung aus dem botanischen Institut der
Universität Kiel.
Eingegangen am 22. Januar 1907.
Durch die Arbeiten WiNOGRADSKY's sind wir mit der Lebens-
weise der Nitrobakterien auf dem Festlande bekannt gemacht worden;
dagegen fehlten bis jetzt eingehende Angaben über die Verbreitung
und Morphologie von Nitrifikationserregern im Meere. Die einzigen
Beobachtungen hierüber stammen von BRANDT, der in seiner Ab-
handlung^) „Über den Stoffwechsel im Meere" das Vorkommen
nitrifizierender Bakterien in Schlickproben von verschiedenen Stellen
der Kieler Föhrde nachweist. Es war zu beobachten, dass ammoniak-
haltige Nährlösungen, die mit Schlickproben von Bellevue und
Boje D beimpft waren, nach einiger Zeit auf Zusatz von
Diphenylamin-Schwefelsäure Blaufärbung ergaben. Daher schien es
von W^ichtigkeit, auf Grund eingehender Beobachtungen die Ver-
breitung und die Morphologie jener nitrifizierenden Organismen im
Meere festzustellen.
Aus diesem Grunde bes-ann ich vor einem Jahre eine Unter-
"o^
suchuno: dieser Verhältnisse in verschiedenen Küsten2:ebieten. Über
■o
die bisherigen Ergebnisse soll diese Mitteilung unterrichten. Die
Untersuchungen beschränkten sich zunächst auf die Kieler Föhrde.
Inzwischen erschien eine Abhandlung NaTHANSOHN's „Über die Be-
1) Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen, Kiel. Neue Folge, Bd. 6, S. 73.
über das Vorkommen von Nitrobakterien im Meere. 17
deutimg vertikaler Wasserbewegungen für die Produktion des
Planktons im Meere".*)
In dieser Schrift greift NATHANSOHN auf die Arbeit BRANDT's
zurück und glaubt auf Grund umfangreicher eigener Untersuchungen,
die er in Neapel anstellte, mit Bestimmtheit das Fehlen der nitri-
fizierenden Bakterien im Golf von Neapel annehmen zu müssen.
Er weist an dieser Stelle noch auf die ebenfalls negativen Ergeb-
nisse GRAN's bei dessen Untersuchungen an der norwegischen Küste
hin und zieht daraus den Schluss, dass die nitrifizierenden Bakterien
im Meere normaler Weise nicht vorkommen. In bezug auf die
Kieler Föhrde führt NATHANSOHN aus, dass dieses Meeresgebiet
durch grosse Landnähe und schwachen Salzgehalt stark beeinflusst
sei, dass daher positive Ergebnisse, wie BRANDT sie fand, wenig
beweiskräftig seien für die Verbreitung nitrifizierender Bakterien im
Meere überhaupt.
Diese Arbeit NATHANSOHN's machte es wünschenswert, die frag-
lichen Verhältnisse auch in anderen Küstengebieten zu untersuchen.
Durch Vermittlung des Herrn Prof. PAUL MAYER erhielt ich
Schlickproben aus Neapel. Ausserdem sandte mir Herr Professor
Kuckuck eine Schlammprobe aus der Fahrrinne bei Helgoland.
Diese vorläufige Mitteilung betrifft hauptsächlich Nitritbakterien;
denn es hat sich aus meinen bisherigen Versuchen ergeben, dass
diese Organismen in allen Proben vorhanden waren, sofern dieselben
von der Oberfläche des Meeresbodens stammten. Über das Vor-
kommen der nitratbildenden Organismen im Seeschlick sollen in der
späteren ausführlichen Arbeit nähere Angaben gemacht werden.
Nach den bisherigen Beobachtungen hat es nämlich den Anschein,
als ob diese Bakterien nur in grosser Landnähe (z. B. im Golf von
Neapel bis 500 m vom Ufer) vorhanden sind; denn alle Schlick-
proben, die aus grösserer Entfernung vom Lande stammten und mit
Nitritnährlösung angesetzt wurden, ergaben ein negatives Resultat.
Nirgends konnte eine LTmwandlung von Nitrit in Nitrat konstatiert
werden. Die Kolben zeigten selbst nach monatelangem Stehen eine
tiefschwarze Nitritreaktion, während Schlickproben aus unmittelbarer
Landnähe in wenigen Wochen alles Nitrit in Nitrat umgesetzt
hatten. Falls diese Ergebnisse allgemeinere Gültigkeit besitzen, so
wäre vielleicht damit eine Deutung gewisser NATTERER'scher
Resultate möglich. Dieser Forscher konnte nämlich in Wasser-
proben, die aus grösseren Tiefen des Mittelmeeres stammten, nur
salpetrige Säure, nie Salpetersäure nachweisen.
Da meine Beobachtungen nur Küstengebiete betreffen, so muss
1) Abb. der matb.-phjs. Cl. der Kgl. Sachs. Ges. der Wiss. 1906. Bd. 29,
S. 335.
Ber. der deutschen bot. GeseUsch. XXV. o
18 Peter Thomsen:
die Frage unbeautwortet bleiben, ob die Nitritbildner auch im
offenen Ozean vorkommen. Hier müssen spätere Forschungen ein-
setzen. Dass sie jedoch im Golf von Neapel auch noch in Tiefen
von 100 m und 2000 m vom Lande entfernt vorhanden sind, scheint
mir durch meine bisherigen Untersuchungen einwandfrei festgestellt
zu sein.
Ich gehe nun zu einer näheren Beschreibung meiner Versuche
über. Als Nährlösung für Nitritbildner wurde die bewährte
WiNOGRADSKY'sche Nährlösung benutzt. [Zusammensetzung:
Ammoniumsulfat 2 — 2,5 g, Dikaliumphosphat 1 g, Magnesiumsulfat
0,5 ^, Chlorcalcium: Spuren, destilliertes Wasser 1 Z.] Statt des
destillierten Wassers verwandte ich für die Mudproben aus der Ost-
see entweder Ostseewasser oder eine 1,5- bis 2prozentige Seesalz-
lösung. Das Impfmaterial aus der Nordsee (Helgoland) und aus dem
Golf von Neapel wurde dagegen in einer 3,3- bis 3,7prozentigen
Seesalzlösung angesetzt. Für die Kultur der Nitratbildner wurde in
der eben erwähnten Nährlösung das Ammoniumsulfat durch 1 g
Natriumnitrit ersetzt. ERLENMEYER- Kolben wurden mit der Kultur-
flüssigkeit beschickt, die durchschnittlich 1 cm hoch den Boden be-
deckte. Basisch kohlensaure Magnesia wurde im Überschuss zu-
gefügt und bildete einen Belag von etwa 2 mm Stärke. Vor der
Impfung wurden die Kolben im Autoklaven sterilisiert. Als Impf-
menge diente ungefähr 0,1 — 0,5 ccm Substanz. Zur Untersuchung
auf Ammoniak wurde NeSSLER's Reagens benutzt, auf Nitrite das
Reagens von TrOMMSDORFF [Zinkjodidstärkelösung]. Zur Prüfung
der Kulturen auf Nitrate diente Diphenylamin-Schwefelsäure (nach
Zerstörung des Nitrits durch Aufkochen mit Harnstoff in saurer
Lösung).
Zunächst berichte ich über die Befunde in der Kieler
Föhrde. Im Laufe des Jahres 1906 wurden an mehreren Stellen
des Binnenhafens, der Kieler Föhrde und Aussenföhrde eine grössere
Zahl von Schlickproben entnommen und die vorhin erwähnten
Kulturgefässe damit beimpft. Die Schlickproben stammten aus
Tiefen von 3 — 20 m. Gleichzeitig wurden zur Kontrolle stets
Kolben nach der Impfung sterilisiert und im gleichen Raum auf-
bewahrt. Das Impfmaterial der Kieler Föhrde wurde selbst-
verständlich vor jeder Infektion geschützt. Es gelangte nach Herauf-
holen mit der Schlammröhre sofort in sterilisierte, mit Watte ver-
schlossene Kolben und wurde daraus zwecks Impfung mittels steriler
Platinöse entnommen. Nach einigen Wochen zeigten alle Ammoniak-
kulturen eine starke Nitritreaktiou. Mit dem allmählichen An-
wachsen derselben wurde die Ammoniakreaktion schwächer und
verschwand schliesslich ganz, so dass die Kolben statt des Ammoniaks
jetzt nur noch Nitrit enthielten. Die zur Kontrolle sterilisierten
über das Vorkommen von Nitrobakterien im Meere. 19
Gefässe zeigten jedoch während der ganzen Zeit nur Ammoniak-
reaktion. Sie wiesen auch nach mehrmonatlichem Stehen kein
Nitrit auf. Somit war nachgewiesen, dass die Nitritbildung von
Organismen herrühren musste und nicht in Verunreinigungen der
Laboratoriurasluft usw. ihre Ursache hatte. Dafür sprach weiter,
dass der Prozess der Umwandlung des Ammoniaks in Nitrit bei
niedriger Temperatur (10 — 15° C.) viel langsamer verlief, als bei
einer Temperatur von 28° C, wie sie im Thermostaten erreicht
werden konnte.
Im Gegensatz zu dieser stets erfolgenden Oxydation des
Ammoniaks zu Nitrit behielten die Nitritnährlösungen stets ihre
Nitritreaktion, wenn das Impfmaterial aus etwas grösserer Entfernung
vom Lande stammte. Nur in Schlammproben, die nicht weit vom
Lande entnommen waren (z. B. in Kiel: Seeburgbrücke, Wittlings-
kuhle), Hessen sich die Nitratbakterien nachweisen.
In den oberen Schichten des Seewassers, auf festsitzenden und
auf Planktonalgen Hessen sich nitrifizierende Bakterien in keinem
Falle auffinden.
Anfang Juni 1906 erhielt ich vier Schlickproben aus
Neapel aus 20, 30, 50 und 100 m Tiefe. Zur Beschleunigung
des Nitrifikationsprozesses gelangten diese Kulturen in den Thermo-
staten (28° C). Nach 16 Tagen gaben sämtliche Neapler Kulturen
die erste Nitritreaktion. Dass diese positiven Ergebnisse vollständig-
einwandfrei waren, sollte durch eine zweite Untersuchung seine Be-
stätio-uno; finden. Deshalb wurden Ende Oktober 1906 nochmals
Schlickproben aus Neapel bezogen. Diese stammten von ver-
schiedenen Stellen des Golfes aus 20, 30, 50 und 100 m Tiefe. Die
Entfernung vom Ufer war 500, 700, lÖOO und 2000 m. Auch diese
Kulturen ergaben nach 18 Tagen sämtlich starke Nitritreaktion.
Dagegen konnten Nitratbildner auch im Neapler Material nur
dann nachgewiesen werden, wenn dieses höchstens aus 500 m Ent-
fernung vom Ufer stammte. Mit solchem Mud angesetzte Nitrit-
nährlösungen wandelten sämtlich ihr Nitrit in Nitrat um, während
dies bei den anderen Schlammproben nicht beobachtet werden
konnte.
Um den Geo-ensatz meiner Befunde mit den NATHANSOHN'scheu
Resultaten aufzuhellen, waren gleichzeitig auch mit dessen Nähr-
lösung Kulturen angesetzt worden. Diese Kulturflüssigkeit hat wegen
ihrer unvollkommenen Zusammensetzung (sie enthält ausser basischem
Magnesiumkarbonat und O,lprozentigem Ammoniumchlorid nur See-
wasser, ihr fehlen daher vor allem die Phosphate) eine weniger
günstige Wirkung. Es ist kaum anzunehmen, dass die nötigen
Phosphorsalze im Impfsclilick und im Seewasser in ausreichender
Menge vorhanden sind. Daher gaben diese Kulturen erst 16 Tage
2*
20 Peter Thomsen:
später als die vorhin erwälinten eine starke Nitritreaktion. Vielleicht
hat Nathansohn seine Kulturen nicht hinreichend lano:e Zeit beob-
achtet, so dass darin die Ursache seiner negativen Resultate läge.
Man könnte geneigt sein zu glauben, dass der Neapler Schlick
vielleicht auf der Reise verunreinigt sei und dadurch Organismen in
ihn gelangt seien, die ihm ursprünglich nicht eigen waren. Dies ist
jedoch ausgeschlossen, da die verwendeten Bodenproben aus dem
Golf von Neapel sofort nach Heraufholen in sterilisierte, mit ein-
geschliffenem Stöpsel versehene Fläschchen gefüllt waren, auch das
völlig gleiche Ergebnis beider Untersuchungsreihen lässt Verunreini-
gungen ausgeschlossen erscheinen.
Im Juni 1906 traf eine Schlammprobe aus der Fahr-
rinne bei Helgoland ein. Die Nährlösung hatte die Zusammen-
setzung der Neapler Kulturen. Auch diese Kolben wurden in den
Thermostaten (28° C.) gestellt. Es konnte die Bildung von Nitrit
und das Verschwinden der Ammoniakreaktion konstatiert werden.
Weitere Untersuchungen mit Helgoländer Material sind vorgesehen.
Der triftigste Grund dafür, dass die Nitrifikationserreger wirk-
lich aus der Föhrde bezw. dem Neapler Golf stammen, scheint mir
ihr Verhalten gegenüber anderen Seesalzkonzentrationen als denen,
die ihrem natürlichen Medium entsprechen würden. Arbeitet man
nämlich mit Schlickproben aus der Kieler Föhrde, denen voraus-
sichtlich ein Seesalzgehalt der Nährlösung von 1,5 — 2,5 pCt. am
besten zusagen würde, so beobachtet man, dass in einer Nährlösung,
die mit destilliertem Wasser angesetzt ist, keine Nitrifikation auf-
tritt, oder falls es dazu kommt, diese doch bedeutend später er-
scheint, als in einer mit 2 pCt. Seesalz angesetzten Kultur. Gleiche
Hemmung zeigen auch Steigerungen der Konzentration auf 3 bis
4 pCt. Seesalzgehalt. Bei 5 pCt. konnte bei Ostseeschlick über-
haupt keine Nitritbildung mehr beobachtet werden. Ganz analog
verhielten sich auch die Schlammproben aus Neapel. Hier enthielt
die gebräuchliche Nährlösung 3,3—3,7 pCt. Seesalz, was etwa dem
Mittelmeerwasser entspricht. Wird jedoch das Impfmaterial gleich-
zeitig in Nährlösungen von 1,5 pCt. und 5 pCt. Seesalzgehalt ein-
gebracht, so verzögert sich die Nitrifikation um die dop])elte Zeit.
Die Verzögerung ist also noch grösser, als bei der vorhin erwähnten
NATHANSOHN'schen Nährlösung, trotzdem hier kein Nährsalz fehlt,
sondern nur eine unpassende Konzentration der Kulturflüssigkeit
vorliegt. Es sind dies also Anpassungserscheinungen der nitri-
fizierenden Organismen an das natürliche Medium, die es aus-
geschlossen erscheinen lassen, dass der verwendete Schlick durch
Festlandsorganismen verunreinigt worden ist.
In morphologischer Hinsicht bieten die Nitrifikationserreger des
Salzwassers, soweit ich bis jetzt beobachtet habe, dasselbe Bild, wie
über das Vorkommen von Nitrobakterien im Meere. 2]
die durch die Arbeiten WiNOGRADSKY's bekannt gewordenen nitri-
fizißrenden Organismen des Festlandes.
Wird eine amnioniakhaltige Nährlösung beobachtet, die mit einer
gut vegetierenden Kultur beimpft worden ist, so zeigt sich zunächst
äusserlich nichts. Die Flüssigkeit bleibt vollkommen klar. Wenn
die Kultur die erste starke Nitritreaktion zeigt, so ist dicht über
der ruhenden Magnesiaschicht eine schwach bläuliche, wolkige
Trübung zu bemerken. Entnimmt man der oberen klaren Flüssig-
keit einen Tropfen, so zeigt sich bei mikroskopischer Untersuchung,
dass er keine Bakterien enthält. Ausser ganz unbedeutenden an-
organischen Verunreinigungen, ist in ihm bei Jodjodkaliumfärbung
überhaupt nichts zu erkennen. Dagegen zeigt ein aus dem Boden-
satze stammendes Prä])arat ein ganz anderes Bild. Selten sind
isolierte Zellchen zu beobachten. Sehr häufig zeigen sich jedoch
kleinere und grössere, rundliche, fest umgi-enzte Kolonien, die sich
scharf von lockeren Anhäufungen unterscheiden lassen. Ihr Durch-
messer beträgt etwa 5 — 50 ii. In diesem Stadium zeigt die Kultur
noch eine starke Ammoniakreaktion. Allmählich verbreitet sich die
Trübung in der ganzen Flüssigkeit, doch bleibt sie sehr schwach, so
dass sie erst bei aufmerksamer Betrachtung sichtbar wird. Dann
lässt sich durch eine erneute mikroskopische Prüfung feststellen,
dass die Bakterien auch in den oberen Schichten der Nährlösung-
vorhanden sind. Die Ammoniakreaktion ist jetzt schwächer als
früher. Die Zellen liegen frei oder in kleinen Gruppen. Fast alle
Zellen sind oval verlängert und sehr viele Bakterien zeigen bisquit-
förmige Teilungsfiguren. Im Bodensatz überwiegen jetzt freie Zellen,
während die früher fest umgrenzten Zooglöen am Rande gelockert
erscheinen. Überall wo Magnesiateilchen liegen, kann man auch die
typischen Formen der Nitritbakterien beobachten. Magnesiasplitter-
chen scheinen das Substrat zu sein, auf dem diese Organismen
leben. Verstärkt man die Kultur fortwährend durch einige Tropfen
einer lOprozentigen Lösung von Ammoniumsulfat, so kann die
schwache Trübung der Nährlösung andauern. Wird jedoch das
Ammoniumsulfat vollständig verbraucht, so tritt nach einigen Tagen
eine Klärung der Flüssigkeit ein. Man findet jetzt die Bakterien
nur in grösseren und kleineren lockeren Anhäufungen im Bodensatz
vor, während die oberen Flüssigkeitsschichten frei davon sind.
Andererseits wurden auch Kulturen beobachtet, die scheinbar
ausschliesslich ein Wachstum in Zooglöen aufwiesen, so dass ein
Bodenpräparat aus einer häufig mit Ammoniumsulfat angereicherten
Kultur stets und ausschliesslich grosse Mengen der typischen, fest
umrandeten Zooglöen enthielt. Dagegen Hessen sich keine frei-
liegenden Zellen auffinden. Im hängenden Tropfen konnte zuweilen
22 Alfred Fischee: Erklärung.
das Schwärmen isolierter Zellen beobachtet werden, Geisseifärbungen
sind jedoch nicht gemacht worden.
Magnesiagipsplatten nach OmelIANSKI wurden dazu benutzt, den
Nitritbildner aus der Kieler Föhrde zu isolieren. Aus einer mehr-
fach überimpften Rohkultur, die stark Ammoniak zu Nitrit oxydierte,
wurde mittelst Platinöse ein Tropfen entnommen und auf der Platte
ausgebreitet. Bei günstiger Teriiperatur zeigte sich schon nach
wenigen Tagen starke Nitritreaktion. Gleichzeitig konnte man auf
den Impfstrichen winzige, gelbe Pünktchen erkennen. Diese er-
wiesen sich als Anhäufungen von zahlreichen Nitritbakterien. Durch
vorsichtiges Abimpfen mittels steriler Platinnadel und Übertragen in
sterilisierte Ammoniaknährlösungen gelang es, diesen Organismus in
Reinzucht zu erhalten.
Da der Nitratbildner erst in letzter Zeit in Schlickproben aus
der Nähe des Landes bemerkt wurde, ist er bis jetzt noch nicht ge-
nauer untersucht worden.
4. Alfred Fischer: Erklärung.
Eingegangen am 24. Januar 1907.
Die im Novemberheft 190G dieser Berichte erschienene Mit-
teilung GarbowSKI's über Plasmoptyse nötigt mich zu einer Erklärung.
Der Verfasser hat im Sommer 1906 bei mir über Plasmoptyse ge-
arbeitet, ohne zu einem Ijefriedigenden Abschluss seiner Unter-
suchungen zu gelangen. Die Yeröffeutlichung der teils unfertigen,
teils fehlerhaften Beobachtungen ist ohne meine Erlaubnis geschehen.
Ebenso könnten weitere Mitteilungen, die Herr GaeBOWSKI über
seine in Basel angestellten Untersuchungen ankündigt, nicht anders
als ohne meine Zustimmuno* erfols^en.
E. JAHN: Myxoraycetenstudien. 93
5. E. Jahn: Myxomycetenstudien.
Eingegangen am 24. Januar 1907.
6. Keruverscliinelznngen und Reduktionsteiluügen.
Im Jahre 1884 hat STRASBURGER zuerst beobachtet, dass in
jungen Sporangien von Trichia fallax^ kurz bevor das Plasma in
Sporen zerfällt, eine indirekte Teilung sämtlicher Kerne stattfindet.
Acht Jahre später hat ROSEN und nach einem weiteren Jahre
Arthur Lister Mitteilungen über denselben Voroans; g-emacht:
schliesslich hat im Jahre 1900 HaRPER noch einmal eine o-euaue
Schilderung dieser Kernteilung gegeben. — Die beiden letzten
Beobachter, die sich schon der verbesserten Abtötungs- und Färbe-
methoden der neueren Technik bedienen konnten, stimmen darin
überein, dass die Karyokinese durchaus derjenigen einer Metaphyten-
oder Metazoenzelle gleicht, soweit die Kleinheit der Kerne Einzel-
heiten erkennen lässt.
In seiner Abhandlung über die Kernteilung bei den Myxomyceten
(Nr. 6, S. 537) gedenkt LiSTER auch des Vorkommens degenerierter
Kerne. Er fand sie bei Trichia fallax und Physarum leucophaeum^
dagegen nicht bei Comatricha nigra Sehr. Sie tauchten bei Physarum
schon in sehr jugendlichen Sporangien auf und zogen durch ihre
erhöhte Färbbarkeit die Aufmerksamkeit auf sich. Merkwürdio- war,
dass sie oft in Paaren nebeneinander lagen. Bei Trichia fallax
wurden sie erst während der Elaterenbildung deutlich. Während
der Endkaryokinese verschwanden sie und waren während der
Sporenbildung nur noch mit Mühe zu finden.
Bei einer Untersuchung (Nr. 3), die Fräulein HELENE KRÄNZLIN
im hiesigen Institut über die Entwicklung der Sporangien bei den
Trichien und Arcyrien anstellte, sah sie auf Schnitten durch reifere
Sporangien ebenfalls regelmässig diese degenerierten Kerne. Es lag
nahe, ihren Ursprung zu verfolgen. Auf jüngeren Stadien war zu
erkennen, dass die dem Untergang geweihten Kerne sich zunächst
nur durch ihre geringere Grösse von den übrigen unterschieden.
Die grossen Kerne verdankten aber, wie sie weiter zeigen konnte,
ihre Grösse der Entstehuns; aus zwei einzelnen verschmolzenen
Kernen. Auf Schnitten durch genügend junge Sporangien konnte
sie fast sämtliche Kerne paarweis neben einander liegend sehen.
Damit war der Ursprung der degenerierten Kerne aufgeklärt.
In jungen Fruchtkörpern der Myxomyceten findet eine Karyogamie
statt. Diejenigen Kerne, die dabei keinen oder — wie es vielleicht
24 E. JAHN:
bei Physarum der Fall ist — erst zu spät einen Partner finden, ver-
fallen der Degeneration.
Unsere weiteren Bemühungen waren nun darauf gerichtet, den
Verlauf und die Bedeutung der Karyogamie festzustellen. Der
Doppelkern schwillt gleich nach der Verschmelzung mächtig an, das
Chromatin erscheint zunächst noch in Gestalt eines dünnen, wenig
färbbaren Fadens. Dann treten Knoten auf, und im Innern des
Kerns, der jetzt wieder kleiner geworden ist, erscheinen deutlich
acht dicke Doppelchromosomen. Wir glauben berechtigt zu sein, in
diesen beiden Stadien das der Synapsis und der Diakinese zu
erblicken.
Darauf folgt alsbald die eingangs erwähnte Karyokiuese und
dann die Sporenbildung. Wenn unsere Ansicht richtig ist, dann
wäre also die Endkaryokinese homolog der sogenannten heterotypischen
Kernteilung in den „Gonotokonten"zellen der Metaphyten und
Metazoen. Vierergruppen, oder andere Kennzeichen, die gerade dieser
Karyokinese den heterotypischen Charakter gegeben haben, konnten
wir ebensowenig wie frühere Beobachter finden. Die Kerne sind zu
klein. Eine Reduktion der Chromosomen findet jedenfalls in dieser
Teilung noch nicht statt. Die Chromosomen sind kurz und dick;
wahrscheinlich gelangen je 8 doppelte in einen Tochterkern.
Jeder dieser Tochterkerne wird zum Kerne einer Spore und
geht in den Ruhezustand über. Synapsis, Diakinese und hetero-
typische Teilung sind die Vorbereitungen zur Reduktion. Darnach
müsste bei der nächsten Kernteilung, also der ersten Teilung des
aus der Spore kriechenden Amöben oder Schwärmer, die eigentliche
Reduktionsteilung, die homöotypische Teilung, erfolgen. Wir halten
es für sehr wahrscheinlich, dass dies tatsächlich geschieht. Ich habe
Zeichnungen der Karyokinese einer grossen Zahl von Schwärmern
aus verschiedenen Gattungen (Amaurochaete, Reticularia, Trichia,
Badhamia, Sie^notiitis, Didymium). Gewöhnlich zeigen diese Bilder,
von denen ich einige (Nr. 5) veröffentlicht habe, nur 4 Chromosomen
in den Tochterkernen. Wahrscheinlich handelt es sich aber, wie
einzelne Figuren beweisen, um Doppelchromosomen, so dass die
Tochterkerne die richtige reduzierte Zahl erhalten.
Wir haben also bei den echten Myxomyceten den eigentümlichen
Fall, dass die Sporenruhe zwischen die beiden Kernteilungen des
Reduktionsprozesses fällt. Bei Frotophyten, namentlich bei Pilzen
ist sonst der Fall häufiger, dass die Sporenbildung gleich nach der
Karyogamie erfolgt. Ein besonders lehrreiches Beispiel dieses Ver-
haltens bei Algen hat vor kurzem ALLEN (Xr. 1) beschrieben.
Es ist von hohem Interesse, dass die Gattung Ceratiomyxa,
zweifellos eine sehr primitive Form unter den Myxomyceten, sich
anders verhält. Die Fruchtkörper sind hier sehr einfach. Das
Myxomycetenstudien. 25
Plasmodium kommt aus dem Substrat heraus, verzweigt sich geweih-
artiü; und bildet auf der Oberfläche der Hörnchen dieses Geweihs
gestielte Sporen. Biologisch sind die Fruchtkörper also gleichwertig
denen mancher niederer Basidiomycetengattungen {Ciavaria).
Schnitte durch junge Fruchtkörper zeigen, dass ebenfalls eine
Karyogamie stattfindet. Daran schliessen sich Synapsis und Diakinesis,
wie bei den anderen Myxomyceten. Kurz vor der Sporenbildung-
erfolgt eine Karyokinese, aber gleich darauf eine zweite, die deutlich
eine Reduktionsteilung ist. Beide sind also der heterotypischen
und der homöotypischen Teilung gleichwertig. Statt des grossen
Kerns, der vorher vorhanden war, liegen jetzt im Plasma vier sehr
kleine. Von diesen geht merkwürdigerweise mindestens die Hälfte
zugrunde, die übrigbleibendenden werden zu Sporenkernen. In den
jungen Sporen liegen gewöhnlich einer oder mehrere dieser degene-
rierenden Kerne neben einem normalen. Dieser, zuerst sehr klein,
schwillt zunächst w^ieder ausserordentlich an, schliesslich teilt er sich
noch zweimal. Die reife Spore hat also vier kleine Kerne. Wenn
diese keimt, erfolgt zuerst wiederum eine Teilung je eines Kernes.
Aus der vierkernigen Amöbe, welche die Sporenhülle verlässt,
werden also dann acht einkernige Schwärmer.
Wir hätten demnach bei Ceratiomijxa statt der Endkaryokinese
und der Schwärmerteilung der übrigen Myxomyceten im ganzen
fünf Karyokinesen. Nur die ersten beiden dürfen wir als homolog
den beiden der anderen Gattungen betrachten. Die Spore eines
gewöhnlichen Myxomyceten ist also gleichwertig dem Tochterkeru
der ersten Mitose von Ceratiomyxa^ und diesem Kern entsprechen
(oder entstammen bald darauf) zwei vierkernige Sporen dieser
Gattung.
Bei allen Myxomyceten einschliesslich C(9;'a^^om_y^a ist die Generation
mit doppelter Chromosomenzahl von sehr kurzer Dauer. Schwärmer,
Amöben und Plasmodium haben wahrscheinlich die einfache Chro-
mosomenzahl. Nur während der Bildung der Fruchtkörper, also
gerade in der Zeit, in der die meisten Gattungen in dem eigentüm-
lichen Bau der Sporangien ihre Gestaltungskraft und Entwicklungs-
höhe zeigen, ist die doppelte Chromosomenzahl vorhanden.
Bei Protophyten (Pilzen und Algen) sind die Fälle tatsächlich
beobachteter Reduktionsteiluugen noch ziemlich spärlich. Ich will
hier nicht auf sie eingehen, da HarpeR (Xr. 4) und ALLEN (Nr. 1)
erst jüngst Zusammenstellungen gegeben haben. Von Protozoen
kenne ich in der Litteratur folgende Fälle: SCHAUDINN (Nr. 9) bei
der Gattung Trypanosoma^ PROWAZEK bei andern Arten derselben
Gattung, PRANDTL (Nr. 7) bei dem Infusor Didinium nasutum und
schliesslich BOTT (Nr. 2) bei der zu den Rhizopoden gehörigen
Gattung Pelomxjxa.
26 Gustav Gassner :
Die letztgenannte Arbeit ist dadurch interessant, dass die Kern-
teilungsfiguren während der Reduktion denen von Ceratiomyxa sehr
ähnlich sind. Der Entwicklungsgang ist allerdings bei Pelomyxa
noch verwickelter. Tielleicht haben wir in Pelomyxa, Ceratiomyxa
und den höheren Formen der Myxoniyceten Gattungen vor uns, die
von Gliedern einer Entwicklungsreihe ausgegangen sind. In der
fortschreitenden Anpassung an die Ausstreuung der Sporen durch
die Luft ist der Sexualakt weiter umgestaltet und vereinfacht worden.
Berlin, Botanisches Institut der Universität.
Literatur.
1. Chaeles E. Allen, Die Keimung der Zygote bei Coleochaete. Diese Berichte.
XXIII. 1905. S. 285.
2. Karl Bott, Über die Fortpflanzung von Pelomyxa palustris. Archiv für Pro-
tistenkunde. Bd. VIII. 1906. S. 120.
3. Helene KräNZLIN, Zur Entwicklungsgeschichte der Sporangien bei den
Trichien und Arcyrien. Archiv für Protistenkunde. Bd. IX. Heft 1. 1907
(noch nicht erschienen).
4. R. A. Harper, Sexual reproduction and the Organization of the nucleus
in certain mildews. Carnegie institution of Washington. Publication
Nr. 37. 1905.
5. E. Jahn, Myxomycetenstudien. 3. Kernteilung und Geisselbildung bei den
Schv/ärmein von Stemonüis flaccida. Diese Berichte Bd. XXII. 1904. S. 84.
G. Arthur Lister, On the division of nuclei in the Mycetozoa. Linnean Society's
Journal. Vol. 29. 1903. S. 529.
7. Hans Prandtl, Die Konjugation von Didinium nasutum. Archiv für Protisten-
kunde. Bd. VII. 1906. S. 229.
8. VON Prowazek, Studien über Säugetiertrypanosomen. Arbeiten aus dem Kaiserl.
Gesundheitsamt. XXII. 1905.
9. Fritz Schaudinn, Generations- und Wirtswechsel bei Trypanosoma und
Spirocliaete. Arbeiten aus dem Kaiserl. .Gesundheitsamt. XX. 1904.
6. Gustav Gassner: Zur Frage der Eiektrokuitur.
Mit zwei Figuren im Text.
Eingegangen am 24. Januar 1907.
Eine Anwendung der Elektrizität in der Absicht, die Erträge
unserer Kulturpflanzen zu erhöhen, lässt sich in verschiedener Weise
bewerkstelligen. Die von mir angestellten Versuche beschränken
Zur Frage der Elektrokultur. 27
sich auf die beiden hauptsächlichsten bisher in Vorschlag gebrachten
Anwendungen/)
I. Elektrische Behandlung der Pflanzen mittels Durchleiten des
elektrischen Stromes durch das Erdreich, in dem die Pflanzen
wachsen.
Nach einigen älteren Angaben, die sich namentlich in populären
Zeitschriften finden und von Zeit zu Zeit immer wieder auftauchen,
soll eine günstige Beeinflussung des Pflanzenwachstums dadurch er-
reicht werden, dass man an einer Seite der zu behandelnden Pflanze
bezw. Beete eine Kupferplatte und an der entgegengesetzten eine
Zinkplatte in den Boden senkt und diese leitend durch einen Draht
verbindet. Der durch dieses Kupfer-Zink-Eleraent erzeugte Strom
durchfliesst die Erde und soll so die Pflanzen beeinflussen.
Zur Nachprüfung stellte ich eine Reihe von Versuchen mit
Gerste, Buchweizen und Erbsen an, die jedoch ausnahmslos ergebnislos
verliefen. Ein günstiger Einfluss auf die so behandelten Pflanzen
im Vergleich zu den in den Kontrollkästen befindlichen Hess sich
nicht feststellen.
LÖWENHERZ ^) wies bereits darauf hin, dass der bei dieser
Versuchsanordnung erzeugte Strom infolge des hohen Leitungs-
widerstandes der Erde zu schwach sein dürfte, um überhaupt eine
Wirkung auszuüben. Ich kann das nur bestätigen; bei einer
Elektrodenentfernuno- von 1 m zeigte das zur Strommessuno; benutzte
Milliamperemeter (1 Teilstrich der Skala = Vioooo Ampere) nur durch
einen kaum noch merkbaren Ausschlag das Vorhandensein eines
Stromes an.
Eine Elektrokultur nach diesem Verfahren muss daher von
vornherein als wenig aussichtsreich erscheinen.
Um überhaupt festzustellen, ob der elektrische Strom einen
Einfluss auf das Pflanzenwachstum ausübt, muss man den von einer
stärkeren Batterie erzeugten Strom mittels in die Erde gesteckter
Elektroden (am besten Kohleplatten) durch das Erdreich hindurch-
leiten. Versuche dieser Art wurden von LüWENHERZ angestellt.
1) Die Versuche sind ausser einigen in der Kais. Biolog. Anstalt zu Dahlem
angestellten im Botanischen Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin
ausgeführt. Herrn Geheimrat Prof. Dr. Kny spreche ich für das Interesse an
meinen Arbeiten und das gütige Entgegenkommeu in der Anschaffung der nötigen
Apparate meinen verbindlichsten Dank aus, Herrn Privatdozenten Dr. W. MAGNUS
insbesondere für die gütige Übernahme der Korrekturlesungen. — Leider war es
infolge meiner Berufung an die Universität Montevideo nicht möglich, die Ver-
suche schon jetzt soweit fortzuführen, wie es ursprünglich meine Absicht war.
2) Richard LöT\'ENHERZ, Versuche über Elektrokultur. Zeitschrift für
Pflanzenkrankheiten, XV. Bd., Jahrg. 1905.
28 Gustav Gassner :
Bei meinen Yersucben verwandte ich den Strom der Licht-
leitung (Gleichstrom, Spannung 110 Volt). Als Kulturgefässe für die
Pflanzen dienten Holzkästen von 1 m Länge bei 100 ({cm Quer-
schnitt.
Die Versuche lieferten in der Hauptsache eine Bestätigung des
von LÖWENHERZ gefundenen Ergebnisses: schwächere Ströme wirken
überhaupt nicht auf die Pflanzen ein, stärkere dagegen nicht nur
nicht günstig, sondern direkt schädlich. Die schädigende Wirkung
macht sich zunächst an dem schlechten Auflaufen der zur Keimung
ausoreleaten und dabei dem Strom ausgesetzten Körner bemerkbar.
LüWENHERZ beendigte seine Versuche gewöhnlich bald nach
dem Auflaufen der jungen Pflanzen. Ich habe einige Versuche
längere Zeit fortgesetzt, konnte jedoch ebenfalls niemals beobachten,
dass eine Förderung des Wachstums durch den elektrischen Strom
stattfaiul.
Zu demselben Ergebnis führten auch zwei Versuche mit Buch-
weizen in Nährlösung, durch die der Strom mittels der an anderer
Stelle beschriebenen Gelatinebügel hindurchgeleitet wurde/') Es
liess sich sehr deutlich verfolgen, wie alle Wurzeln negativ galvano-
tropisch nach der Kathode wuchsen, dagegen liess sich eine
Förderung der elektrisierten Keimlinge nicht feststellen. Bei
Steigerung der Stromstärke wurden die Pflanzen zum Absterben ge-
bracht.
Am empfindlichsten wirkt sichtlich der Strom auf ganz junge
Pflanzen ein. Um ältere Pflanzen zu beeinflussen, muss man be-
deutend stärkere Ströme anwenden. —
Was zunächst die praktische Seite anbetrifft, so ergaben also
diese Versuche, dass eine Elektrokultur auch mit stärkeren Strömen
aussichtslos ist. Das steht in Übereinstimmung mit der Wirkung,
die ein stärkerer elektrischer Strom auf pflanzliche Organe ausübt.
Ich gehe im folgenden von einer Beobachtung aus, die LÖWEN-
HERZ mitteilt, für die er jedoch keine Erklärung gibt. Legt man
nämlich Gerstenkörner zur Keimung in Erde aus, die vom Strom
ilurchflossen wird, so findet man, dass die Zahl der auflaufenden
Körner, also die Wirkung des Stromes je nach der Lage der Körner
eine verschiedene ist.
Ich fand dies Ergebnis für Gerste bestätigt, und konnte dieselbe
Feststellung auch für Hafer, nicht ganz so deutlich auch bei Weizen
und Roggen machen.
In Fig. la, 6, c, und 2a, 6, c sind drei verschiedene Möglich-
keiten der Lage eines Gersten- bezw. Haferkornes zur Stromrichtung
wiedergegeben. In a liegt das Korn mit der Spitze nach dem
1) G. Gassner, Der Galvanotropismus der Wurzeln. Botanische Zeitung 1906.
Zur Frage der Elektrokultur.
29
+ P9I (Embryo nach dem -Pol), iu b umgekehrt und in c senkrecht
zur Stromrichtung-. In a wirkt der Strom am schädlichsten, weniger
schädlich in 6, und am wenigsten in der Lage c. Von je 50 aus-
gelegten Haferkörnern z. B. gingen bei einer Stromdichte von 0,U5
bis 0,19 Milliampere^) pro Quadratzentimeter des Querschnitts des
Versuchsgefässes in der Lage a: 6 = 12 pCt., in b: 39 = 78 pCt. und
in c: 48 = 96 pCt. auf (im Kontrolltopf 49 = 98 pCt.).
Zur Erklärung dieser Erscheinung muss ich von meinen früheren
Untersuchungen über den Clalvanotropismus der Wurzeln ^) ausgehen.
a
+
+
+
+
a
+
Fig. 1.
Fig. 2.
Ich habe dort den Nachweis zu führen gesucht, dass die galvano-
tropischen Krümmungen iu gewisser Beziehung nur einen besonderen
Fall der traumatropischen darstellen. Die Wirkung des kon-
stanten elektrischen Stromes beruht in einer bisher mit
Sicherheit nicht näher zu präzisierenden einseitigen
Schädigung der dem positiven Pol zugewendeten W^urzel-
seite, die bei schwächeren Strömen zu einer traumatropischen
Krümmung nach der entgegengesetzten Seite (nach der Kathode),
1) Die Stromstärke schwankt sehr stark, je nach dem Feuchtigkeitsgehalt
der Erde.
2) 1. c.
30 Gustav Gassner : ,
bei stärkeren infolge der Abtötuug der positiven Wurzelseite zu
einer Schädigungskrümmung nach dem + Pol führt.
So vermute ich, dass die von LüWENHERZ zuerst gemachte Be-
obachtung über die Einwirkung des Stromes bei verschiedener Lage
der g,uskeimeuden Körner auf die schädigende Wirkung des elektri-
schen Stromes an der Eintrittsstelle zurückzuführen ist.
Auf den ersten Blick scheint dem allerdings nicht so zu sein:
in der Lage b, in welcher der Embryo des Korns, als der empfind-
lichste Teil, dem + Pol zugewendet ist, ist die schädigende Wirkung
des Stromes eine weit weniger starke als in der Lage a, wo der
Embryo dem — Pol zugewendet ist. Das Bild ändert sich jedoch,
wenn man den Verlauf der Keimung näher verfolgt.
In der Lage a ist allerdings der Embryo dem — Pol zugewendet.
Bei der Keimung bricht die Wurzel nach dem — Pol, das Keimblatt
dagegen nach dem -|- Pol durch; dieses wächst zunächst unter den
Spelzen weiter, um dann an der Spitze des Kornes, d. h. an der
dem -\- Pol zugewendeten Seite durchzubrechen. Hier ist die
Eintrittsstelle des Stromes, und da die Wirkung desselben in der
Schädigung seiner Eintrittsstelle in den pflanzlichen Organismus be-
steht, ist ohne weiteres die geringe Anzahl der in dieser Lage zum
Auflaufen gelangenden Körner verständlich.
Anders in der Lage b: Hier wächst das Keimblatt zunächst
nach dem - Pol, um dann geotropisch nach oben weiterzuwachsen;
die Eintrittsstelle des Stromes ist hier die Wurzel; die Schädigung
derselben ist aber bei den Monokotylen nicht von sehr hoher Be-
deutung, da bald für entsprechenden Ersatz gesorgt wird. Wenn in
der Lage b immerhin nicht alle Körner auflaufen, so liegt das
andererseits daran, dass anscheinend zuweilen im allerersten
Keimungsstadium der ganze Embryo als an der Eintrittsstelle des
Stromes liegend abgetötet wird, oder aber die Schädigung der Wurzel-
seite doch eine zu bedeutende ist.
In der Lage c schliesslich kann eine derartig starke polare
Wirkung des Stromes wie in a und b nicht auftreten, da bei trans-
versaler Lage der Kornes zur Stromrichtung die zwischen Eintritts-
stelle und Austrittsstelle des Stromes an dem Korn bestehende
Spannungsdifferenz stets um ein Vielfaches kleiner ist, als wenn das
ganze Korn der Länge nach durchflössen wird. Es könnte höchstens
die dem positiven Pol zugewendete Seite des Keimblattes und der
Wurzel etwas geschädigt werden, während die andere Seite intakt
bleibt. Bei starken Strömen kann allerdings auch diese Schädigung
eine so starke sein, dass das Korn nicht aufläuft.
Mit der Annahme der polaren Schädigung durch den elektri-
schen Strom findet also die von LÜWENHERZ beobachtete Er-
scheinung eine sehr ungezwungene Erklärung.
Zur Frage der Elektrokultur. 31
Es mag jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass eine vor kurzem
erschienene Arbeit von SCHELLENBERG ^) meinen Ansichten zu
widersprechen scheint. So bin ich gezwungen, hier zu ibr Stellung
zu nehmen.
Das Verständnis der Ergebnisse dieser Arbeit wird durch eine
ungewöhnliche Bezeichnungsweise sehr erschwert. Der Verfasser
bezeichnet nämlich die Anode als den „Ort, wo sich das positive
Metallteilchen abscheidet", also den negativen Pol, und die Kathode
entsprechend als den positiven Pol. Da er nun abwechselnd von
Anode und Kathode, und positivem und negativem Pol spricht, ist
oft ohne weiteres nicht zu erkennen, was der Autor meint. ^)
Werden die Polbezeichnungen sinngemäss geändert, so lassen
sich die uns interessierenden Ergebnisse SCHELLENBERG's wie folgt
zusammenfassen: die Konzentration einer Salzlösung, in der man die
Wurzeln dem Strom aussetzt, bestimmt die auftretenden galvano-
tropischen Warzelkrümmungen insoweit, als bei derselben Strom-
stärke die Wurzeln sich in Salzlösungen niedriger Konzentration
nach dem + Pol, bei höherer nach dem - Pol krümmen. Die Kon-
zentration, bei der die Grenze zwischen positiven und negativen
Krümmungen liegt, bezeichnet SCHELLENBEßG als Konzentration der
Umstimmung, und diese „ist von Salz zu Salz verschieden".
Aus diesem Verhalten der Wurzeln glaubt nun SCHELLENBERG
den Schluss ziehen zu dürfen, dass nicht der elektrische Strom,
sondern die Salze des umgebenden Mediums den Galvanotropismus
bewirken, „dass Chemotropismus der Salze und Galvanotropismus
bei Wurzeln identische Erscheinungen sind".
Der von SCHELLENBERG beobachtete Einfluss verschiedener
Konzentrazionen der umgebenden Salzlösungen auf die Krümmungs-
richtung der Wurzeln ist auch von mir in o-leicher Weise beobachtet
und beschrieben worden. '^^ Dagegen erklärte ich diese Erscheinung
auf einem anderen Wege.
BrUNCHORST*) hatte bereits gefunden, dass bei schwachen
elektrischen Strömen negative, bei stärkereu dagegen positive
Krümmungen resultieren. Ich konnte dann des Weiteren zeigen,
wie unter sonst gleichen Bedingungen nur die Stromdichte, d. h. die
Stromstärke pro Flächeneinheit als ausschlaggebender Faktor anzu-
sehen ist.
1 H. C. Schellenberg, Untersuchungen über den Einfluss der Salze auf
die Wachstumsrichtung der Wurzeln, zunächst in der Erbsenwurzel.
2) So z. B S. 488: „Er (Brukchoest) findet, dass die Krümmung zur
Anode ähnlich wie die Schwerkraft in der Wurzelspitze empfunden wird; da-
gegen wird die positive Krümmung . . . ." Krümmung zur Anode und positive
Krümmung ist dasselbe!
3; 1. c.
4) Vgl. die in meiner früheren Arbeit (l.«c.) gegebenen Literaturangaben.
3-2 Gustav Gassner :
Diesem Ergebnis lässt sich nun die sogenannte „Umstimmung'^
der Krümmungsrichtung in Salzlösungen verschiedener Konzentrationen
bei Durchleiten desselben Stromes leicht einordnen. In Salzlösungen
niederer Konzentration ist das Leituugsvermögen ein schlchteres wie
in denen höherer; ist dasselbe z. B. gleich dem der in der Salz-
lösung befindlichen Wurzel, so werden beim Durchleiten des Stromes
die Kraftlinien alle in grader Linie von einer Elektrode zur anderen
durch die Flüssigkeit und die Wurzel verlaufen. Ist dagegen das
Leitungsvermögeu des umgebenden Mediums ein anderes als das der
Wurzel, z. B. schlechter, so werden nach den Gesetzen der Strom-
verzweigung die Kraftlinien nach dem besseren Leiter abgelenkt,
d. h. auf die Wurzel konzentriert; und umgekehrt wird in einem
Medium, das besser leitet als die Wurzel, der elektrische Strom
hauptsächlich um die Wurzel herum fliessen. Die Zahl der die
Wurzel durchfliessenden Kraftlinien und damit die Wirkung des
Stromes hängt also von dem spezifischen Leituugsvermögen des um-
gebenden Mediums ab: derselbe Strom muss in schlecht leitenden
Elektrolyten auf Pflanzen empfindlicher wirken wie in gutleitenden,
am schädlichsten in destilliertem, fast salzfreiem AYasser. Dem-
gemäss müssen bei derselben Stromstärke in Salzlösungen niederer
Konzentration Krümmungen zur Anode, bei höherer Konzentration
dagegen Krümmungen zur Kathode auftreten.
Da nun ferner das Leitungsvermögen der Lösungen der ver-
schiedenen Salze ein verschiedenes ist, muss die Grenze, bei der die
positiven Krümmungen aufhören, bezw. die negativen beginnen
(nach Schellenberg die „Umstimmungskonzentration") je nach dem
Leitungsvermögen der Elektrolyte verschieden sein.
Als Beweis will ich aus einer grösseren Versuchsreihe einen
Versuch hier wiedergeben. Ausgeführte Widerstandsmessungen zeigten
mir, dass eine 0,01prozentige KH^Cl-Lösung im Verhältnis zu einer
0,01 prozentigen KoHPO^-Lösung wie 41,8 zu 12,5 leitet. Bei
einer Stromdichte von 0,2 Milliampere pro Quadratzentimeter er-
gaben sich für Lupinus albus die folgenden Resultate (siehe die
Tabelle auf S. 33). ')
Während bei der NH^Cl-Lösung bereits zwischen einer Kon-
zentration von 0,01 und 0,02 pCt. die ersten negativen Krümmungen
auftreten, findet dies für die KoHPO^-Lösung erst zwischen 0,05
und 0,07 pCt. statt. Wenn man die oben mitgeteilten Daten über
das Leitungsvermögen der beiden Salzlösungen berücksichtigt, so er-
1) Zur Erklärung der Bezeichnung der | ]^ Krümmungen (S-förmige Krüm-
mungen) muss ich auf die in meiner früheren Arbeit (L c.) S. 154 gegebenen Er-
läuterungen hinweisen.
Zur Frage der Elektrokultur.
33
Konzentration
der
Krümmung nac
;h 24 Stunden
Salzlösung
pCt.
bei NH.Cl
bei KjHPO^
. 0,01
alle = +80°
alle= +80 bis 100°
0,0-2
alle -1+30°
alle = + 80 bis 90°
' 0,03
ille - ( + 20°
vacat
0,035
vacat
alle= +80 bis 90°
0,05
,,1+20 bis 30°
alle - j _ ^50
alle = + 80 bis 90°
0,07
alle= -30 bis 50°
„1+40 bis 50°
alle - 1 _ ,jQo
0,1
alle = - 30°
,, 1 + 10 bis 20°
•' - l - 10 bis 40°
1= +50°
gibt sich, dass die Grenze zwischen positiven und negativen Krüm-
mungen in beiden Salzlösungen bei den Konzentrationen liegt, bei
denen ihr Leitungsvermögen dasselbe ist.
Das hat SCHELLENBERG bei seinen Betrachtungen über den
Einfluss der Salze nicht berücksichtigt, so dass seine Schluss-
folgerungen inbetreff der Gleichsetzung von Chemotropismus und
Galvanotropismus als einwandsfrei nicht angesehen werden können.
Ob und in welchen Grenzen ein sekundärer Einfluss der ver-
schiedenen Ionen des umgebenden Elektrolyten für die Schädigung
der Wurzel in Betracht kommen kann, könnten nur sehr genaue
Versuche unter entsprechender Berücksichtigung bezw. Eliminierung
des spezifischen Leitungswiderstandes entscheiden, bei denen natur-
gemäss auch sehr genaue Strommessungen vorgenommen werden
müssteu. —
Die Anwendung des konstanten elektrischen Stromes zur
Elektrokultur dürfte also nach allem eben Gesagten schon deswegen
wenig Erfolg versprechen, weil seine Wirkung stets in einer ein-
seitigen Schädigung der behandelten pflanzlichen Organismen
besteht.
Anders verhalten sich Wechselströme. LÜWENHEEZ*) hat an
keimenden Gerstenkörnern gezeigt, dass derselbe Strom, wenn man
seine Richtung des öfteren wechselt, nicht mehr schädlich wirkt.
Aus Längenmessungen des Wurzelwachstums war ich zu demselben
1) 1. c.
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV.
34 Gustav Gassnee:
Ergebnis gekommen^) und hatte es dahin präzisiert, dass „ein
Strom um so unschädliclier ist, je öfter er in der Zeiteinheit seine
Richtuno- wechselt". Insoweit stimmen also unsere Eroebnisse
überein; dagegen kann ich mich den LüWENHERZ'schen Folgerungen
über einen wachstumsfördernden Einfluss der Wechselströme nicht
anschliessen. LÖAVENHERZ glaubt nämlich, dass durch A^erwendung
von Wechselstrom die schädliche Wirkung der Elektrizität ausge-
schaltet und nur eine nützliche übrig bleibt. Meine daraufhin an-
oestellten Versuche bestätio-ten das nicht, sondern zeigten, dass ent-
wieder Wechselstrom ebenfalls schädlich wirkt (dami ist die Zahl
der Wechsel pro Minute im Verhältnis zur Stromstärke zu klein)
oder aber, dass er gar nicht wirkt. Nach meinen bisherigen Ver-
suchen kann ich daher auch eine Verwendbarkeit von Wechsel-
strömen für Elektrokulturzwecke nicht annehmen.
Wohl aber lassen sich Wechselströme in anderer Weise praktisch
verwerten. Da die Pflanzen gegen Wechselströme relativ unempfind-
lich sind, andrerseits Tiere gerade auf derartige Ströme sehr em-
pfindlich reagieren^ liegt die Möglichkeit nahe, tierische Schädlinge,
z. ß. Engerlinge im Boden abzutöten, olme den Pflanzen zu schaden.
Angestellte Versuche bestätigten diese Annahme. Enoerlino-e und
Regenwürmer konnten z. B. in den Versuchskästen abgetötet werden,
ohne dass eine schädliche Wirkung des Stromes auf die Pflanzen
sich feststellen Hess. Inwieweit das Verfalu'en in der Praxis sich
durchführen lässt, können natürlich nur entsprechende Versuche
zeigen.
IE. Elektrische Beliaudlung der Pflanzen mittels
Influenzelektrizität.
Das von LeMSTRÖM^) angegebene Verfahren beruht darauf, dass
der eine Pol einer Influenzmaschine mit der Erde, der andere mit
einer feinen Spitze verbunden wird, die isoliert über der zu be-
handelnden Pflanze aufgehängt ist. Die Influenzelektrizität strömt
dann von der Spitze durch die Luft zur Pflanze bezw. umgekehrt.
LeMSTRÜM hat nach diesem Verfahren eine ganz bedeutende Förderung
des Wachstums und Steigerung der Ernteerträge erzielt.
Bei meinen Versuchen begnügte ich mich damit, das Wachstum
elektrisch behandelter junger Keimlinge mit dem der Kontroll-
pflanzen zu vergleichen. Die zu behandelnden Samen wurden in
Blumentöpfe mit gut gemischter Gartenerde möglichst gleicinnässig
ausgelegt, und kurz vor dem Auflaufen der Pflanzen wurden mit der
1) 1. c.
■2) S. Lemström, Erhöhung der Eniteorträge aller Kultuipflanzi'ii dureli
elcktrisdio ßeliiindhiiig. Übersetzt vou 0. PlUXüSHElM 19Ui'.
Zur Frage der Elcktrokultur. 35
elektrischen Behandlung begonnen. Hierzu wurden die Töpfe in
einzelne durch Glasplatten oder Pappen gebildete Zellen gestellt
und mit der Erde leitend verbunden. In verschiedenen Abständen
(8 — ÖO cm) hingen über den Töpfen au Glasstäben isoliert Nadeln
mit der Spitze nach unten; da je nach der Form der Spitze die in
die Luft ausströmende Elektrizitätsnienge eine verschiedene ist,
wurden die sehr gleichmässigen Grammophonnadeln zu diesem
Zwecke verwendet. Die den nötigen Strom liefernde Influenz-
maschine^) wurde durch einen kleineu Elektromotor in Betrieb
gehalten, und der eine Pol derselben (gewöhnlich der negative) mit
der Erde, der andere mit den über den Pflanzen aufgehängten Nadeln
verbunden.
Die zunächst mit Keimlingen von Pisum sativum und Helianthus
annuus angestellten Versuche verliefen ergebnislos. Die elektrische
Behandlung dauerte durchschnittlich 14 Stunden täglich: nach
8 — 14 Tagen war ein Unterschied im Vergleich zu den Koutroll-
l)flanzen nicht festzustellen. Die elektrisierten Keimlinge waren durch
Anziehen feinster Staubteilchen, die sich jedoch leicht abwischen
Hessen, geschwärzt. Das Überströmen der Elektrizität von den
Spitzen zu den Pflanzen war bei einigen Töpfen mit geringem
Spitzenabstand oft ein so starkes, dass Lichterscheinungen an
den Pflanzen auftraten, was diesen anscheinend nicht schadete.
Eine fördernde Einwirkung des Stromes liess sich jedoch nicht
feststellen.
Zu einem' positiven Ergebnis führten dagegen Versuche mit
jungen Getreidekeimlingen, insbesondere Gerstenpflanzen; hier ergab
sich im Wachstum eine sichtliche Förderung bei elektrischer Be-
handlung, was sich zunächst im früheren Durchstossen des ersten
Laubblattes durch das Keimblatt zeigte.
Einer der ausgeführten Versuche diene als Beispiel:
Am 12. März G Uhr N. wurden in jeden Topf 30 Gerstenkörner gelegt. Am
IG. März fingen die Körner an aufzulaufen, um G Uhr Nachmittag desselben Tages
wurde mit der elektrischen Behandlung b(?gonnen und diese jjro Tag 13— 14 Stunden
durchgeführt. — Am 17. März 5 Uhr Nachmittag waren die Keimlinge in allen
Töpfen sehr regelmässig aufgelaufen, ein Unterschied war nicht zu bemerken. —
Am 18. März 11 Uhr Vormittag waren die elektrisierten Keimlinge den KontroU-
pilanzen sichtlich im Wachstum voraus, und zwar umsomehr, je geringer der
Abstand zwischen Topf und darüber befindlicher Nadel, d. h. je stärker die Elek-
trisierung war Bei 10 cm Spitzenabstand zeigten bereits IG Pflanzen das Keimblatt
durchstossen, bei 21 cm Spitzeuabstand 12 und bei 35 cm Spitzenabstand 4 Pflanzen,
in dem unbehandelten Kontrolltopf I dagegen erst 1, und in dem Kontrolltopf 11
3 Pflanzen. — Am 19. März 10 Uhr Vormittag waren die elektrisierten Keimlinge
1) Für gütige Überlassung der Influenzmaschine aus dem tierphysiologischen
Institut der landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin spreche ich Herrn Geheimrat
Prof. Dr. ZUNTZ meinen ergebenen Dank aus.
3*
36 Gustav Gassner :
an Stengellänge und Entfaltung des Blattes den Kontrollpflanzen weit voraus, am
meisten in dem Topf mit dem Spitzenabstand von 10 cm.
Im weiteren Verlauf behielten die elektrisierten Keimlinge den Vorsprung vor
den Kontrollpflanzen bei, jedoch zeigte es sich, dass nicht mehr die am stärksten
elektrisierten, sondern die weniger elektrisierten (Spitzenabstand 21 und 35 cm)
den grössten Vorsprung vor den unbehandelten Pflanzen hatten. Am "2G. März
wurde der Versuch abgebrochen.
Die Versuche wurden dann im Dunkelzimmer unter Licht-
abschluss weitergeführt. Es zeigte sich, dass eine Wachstums-
förderung auch hier stattfand, dass sie also nicht etwa nur in einer
Steigerung der Assimilationstätigkeit der Pflanze am Lichte besteht.
Die im Dunkelzimmer gehaltenen Pflanzen blieben völlig etioliert.
Die Beobachtung, dass junge Getreidekeimlinge günstig durch
die elektrische Behandlung beeinflusst werden, dagegen viele andere
Pflanzen nicht, stimmt mit den Ergebnissen LemstEÖäI's überein,
der sogar unter gewissen Umständen eine Schädigung der elektrisierten
Pflanzen feststellen konnte. Sehr oft zeigte sich ein Unterschied
zwischen den elektrisierten und den Kontrollpflanzen erst bei der
Ernte. Mir war es leider nicht möglich, die Versuche so lange
auszudehnen; meine an jungen Keimlingen erhaltenen Ergebnisse
lassen mir jedoch die LEMSTRÖM'schen Resultate als durchaus richtig
erscheinen.
Auf die von LeMSTRÖM angegebenen Erklärungsmöglichkeiten,
worauf die Förderung des Pflanzenwachstums bei elektrischer Be-
handlung zurückzuführen ist, soll hier nicht näher eingegangen
werden, da dieselben mit den Tatsachen der Pflanzenphysiologie
sich nicht wohl vereinbaren lassen, wohl auch Gründe physikalischer
Natur dagegen sprechen. So z. B. haben wir keinen Grund anzu-
nehmen, dass die Influenzelektrizität tief in das Innere der Pflanze
wirkt, da sie ja bekanntlich nur an der Oberfläche der Körper vor-
handen ist.
Auf eine näher liegende Erklärungsmöglichkeit soll dagegen hier
hingewiesen werden.
Bei meinen Elektrokulturversuchen nach der LEMSTRÖM'schen
Methode war mir aufgefallen, dass die elektrisierten Töpfe bedeutend
mehr "Wasser verdunsten als die Kontrolltöpfe. Ich stellte daher bei
einer weiteren Versuchsreihe die verdunsteten Wassermengen durch
Wägen genau fest und gelangte dabei zu folgenden Daten (siehe
die Tabelle auf S. 37).
Die elektrisierten Töpfe haben also bedeutend mehr Wasser
verdunstet wie die nichtelektrisierten.
Ein weiterer A^ersuch, bei dem an Stelle der Blumentöpfe mit
Wasser gefüllte Porzellanschalen standen, führte zu demselben Er-
gebnis; hier betrug sogar bei einem elektrisierten Gefäss die ver-
Zur Frage der Elekti-okultur.
37
SpitZ'enabstand
Gewicht des
Während der
Gewicht des
Also
über
Topfrand
Topfes
zu Beginn
nächsten 48 Std.
erhielten die
Töpfe an Wasser
Topfes nach
48 stund, elektr.
Behandlung
verdunstete
Wassermenge
cm
gl-
gr
gl-
gr
15
1534
100
1493
141
25
1552
100
1537
115
39
151 S
100
1520
98
27
1525
100
1521
104
Kontrolitopf I
15G2
10<)
1G18
44
II
1492
10<»
1540
42
dunstete Wassermouge ungefähr das Sechsfache der entsprechenden
Kontrollschale.
Es ist also anzunehmen, dass auch die Transpiration der be-
handelten Pflanzen gegenüber deu unbehandelten um ein Erhebliches
gestiegen war. Ich vermute, dass die Transpiration gegenüber einer
normalen noch dadurch ganz besonders gesteigert wird, dass während
der Elektrisieruni"' ständio- ein intensiver Luftstrom unmittelbar an
der Oberfläche der Pflanze vorhanden ist, der erheblich intensiver
auf die Verdunstungsgrösse einwirken muss, als etwa nur ein starkes
Vorbeistreichen der Luft; denn in dem letzteren Fall bleiben die
unmittelbar an der Oberfläche befindlichen Luftteilchen doch immer
mehr oder weniger in Ruhe, während sie sich gerade bei dem so-
genannten „elektrischen Wind" bewegen.
Somit ist die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass
die erhöhte Transpiration selbst oder das durch ihre Steigerung
bewirkte schnellere Heranschaffen der Nährsalze als Reiz auf die
Wachstumsintensität der jungen Keimpflanze einwirken, und nach
den von LemstrOM erzielten höheren Ernteergebnissen überhaupt
auf die allgemeinen Lebenserscheinnngen der Pflanzen von förderndem
Einfluss sein dürften. ^)
Ob durch die starke Luftbeweouno- unmittelbar an der Oberfläche
der elektrisierten Pflanzen auch direkt eine Steio-eruns: der Assimilation
und der Atmung stattfindet, vermag ich nicht zu entscheiden.
Für die Richtigkeit der von mir ausgesprochenen Bedeutung
der Transpiratioussteigerung bei elektrischer Behandlung liefert
1) Vgl. Stahl's Auffassung über die Bedeutung der Transpiration (z. B.
Botanische Zeitung 1897, pag. 71: „Über Pflanzenschlaf und verwandte Er-
scheinungen".)
38 Julius Stoklasa, Adolf Eenest und Karl Chocensky:
übrigens LemSTROm selbst einige wichtige Bestätigungen, wenn er
z. B. den Rat gibt, während der heissen Mittagsstunden (bei direkter
Besonnung) die elektrische Behandlung als schädlich zu unterlassen,
und ferner mitteilt, dass nur bei starker Bewässerung der elektri-
sierten Pflanzen sich bedeutende Steigerungen der Ernteerträge er-
zielen lassen.
7. Julius Stoklasa, Adolf Ernest und Karl Chocensky:
Über die anaerobe Atmung der Samenpflanzen und über die
Isolierung der Atmungsenzyme.
Eingegangen am 24. Januar l'JOT.
II.
W. PalLADIN hat mit seinen Mitarbeitern in dem Pflauzen-
})liysiologischen Institut der Universität St. Petersburg sich einer
Methode bedient, welche den Zweck hatte den Charakter der
Atmungsenzyme näher zu beleuchten, und zwar geschah dies auf
Grund der Arbeiten von BERTRAND, CHODAT und BACH.')
W. PalLADIN äussert sich in seiner letzten Arbeit in nach-
stehender Weise:
„Indem ich mich der Theorie von CHODAT und BACH an-
schliesse, vermute ich, dass die durch Pyrogallol angeregte Kohlen-
säureausscheidung ein Pesultat der gemeinsamen Tätigkeit der
Oxygenase (höhere Hydrosuperoxyde) und der Peroxydase ist. In-
folgedessen schliesse ich auf Grund der hierbei ausgeschiedenen
Kohlensäuremenge auf die Quantität der in den Pflanzen enthaltenen
Oxygenase. Das Aufhören der Ausscheidung von Kohlensäure nach
einer gewissen Zeit weist auf das Verschwinden der Oxygenase hin.
Hiernach w'urde 8prozentige Wasserstoffsuperoxydlösung in den
Kolben gegossen, worauf wiederum eine starke Kohlensäure-
entwicklung erfolgte. Da nun nach der Theorie von CHODAT und
Bach ein Teil der Peroxydase bereits zu ihrer gemeinsamen Arbeit
mit der Oxygenase verbraucht worden war, zeigt die nach der
Hinzufügung von HoO^ ausgeschiedene Kohlensäure die Menge der
1) Bach und ChODAT, Untersuchungen über die Rolle der Peroxydase in der
lebenden Zelle, ßer. der deutsch, ehem. Ges. r.5, 2460. — Arch. sc. phys. et nat.
Tome XVII, 1004, Recherches sur les fermenls o.xydants.
über die anaerobe Atmung der Samenpflanzen. 39
übrig gebliebenen Peroxydase an. Die Summe der sowohl nach
Hinzufügung von Pyrogallol als auch von H„0o ausgeschiedenen
Kohlensäuremenge gibt nun eine Vorstellung von der in den unter-
suchten Pflanzen enthaltenen Peroxydase."
Die Methode, welche PALLADIN mit seinen Mitarbeitern^) be-
nuizte, ist folgende:
Wenn die Ausscheidung von Kohlendioxyd der Organe erfrorener
Samenpflanzen in Luftstrom vollständig aufgehört hatte, wurden die
Pflanzenorgane in einer Reibschale zerrieben, mit destilliertem
Wasser Übergossen und in einen ERLENMEYER'schen Kolben von
300 ccm Inhalt gebracht. Sodann wurde 20prozentige Pyrogallol-
lösung hinzugegeben und der Kolben durch einen Kautschukpfropfen
mit zwei gebogenen Glasröhren geschlossen und umgekehrt, wie das
in seiner Abhandlung in der Zeitschrift für physiologische Chemie
auf Seite 409 die Abbilduu"- deutlich veranschaulicht.
Durch die kürzere Röhre wird Luft in den Kolben geleitet, die
grössere Röhre jedoch, welche über die Flüssigkeit hinausragt, dient
zum Austritt der Gase.
Wenn sich schon kein Kohlendioxyd durch Einwirkung der
Pyrogallollösung mehr bildete, wurde iJprozentige Wasserstoffsuper-
oxydlösung in die Kolben gegossen, worauf wiederum eine starke
Kohlendioxydeutwicklung erfolgte. Die Bestimmung des Kohlen-
dioxyds erfolgte wieder nach der bereits erwähnten Methode von
Kolbe-Fresenius-Classen.
Wir benutzten bei unseren Versuchen nachstehende Mengen der
Substanz:
beim ersten Versuch beim Blattwerk . . . 44,0 (j
„ „bei der W^urzel . . . ^)2,7 „
beim zweiten Versuch beim Blattwerk . . 2G,0 „
„ „ „ bei der Wurzel . . 3(\0 „
beim dritten Versucli beim Blattwerk . . .'>7,0 „
„ „ „ bei der Wurzel . . 2ö,0 „
1) N. A. JVlAXIMOW, „Zur Frage über die Atmung". Ber. der deutsch, botan.
Ges., Jahrg. 1904, Bd. XXII, Heft 4. — E. Tschp:knia.jew, Über den Einfluss
der Temperatur auf die normale und die intramolekulare Atmung der verletzten
Pflanzen. Ber. der deutsch, botan. Ges., Jahrg. 1905, Bd. XXIII, Heft ö. —
W. Balladix, Über den verschiedenen Ursprung der während der Atmung der
Pflanzen ausgeschiedenen Kohlensäure. Ber. der deutsch, botan. Ges., Jahrg. 1905,
Bd. XXIII, Heft G. — W. PALLADIN, Die Arbeit der Atmuugsenzyme der Pflanzen
unter verschiedenen Verhältnissen Hoppe-Seyler's Zeitschr. für phys. Chemie,
Bd. XLVil, Heft 4, 5 und G, 1906. — W. PALLADIN, Bildung der verschiedenen
Atmungsouzyme in Abhängigkeit von dem Entwickluugsstadium der Pflanzen. Ber.
der deutsch, botan. Ges , Jahrg. 190G, Bd. XXIV, Heft 2. — T. Krasnosselsky,
Bildung der Atmungsenzyme in verletzten Zwiebeln von Alliuiii Cepa. Ber. der
deutsch, bot. Ges., Jahrg. 190G, Bd. XXIV, Heft ?,.
40 Julius Stoklasa, Adolf Ernest und Karl Chocensky:
Bei jedem einzelneu hier angeführten Versuch wurden 80 ccm
20prozeutige Pyrogallollösung und sodann 80 ccm 3prozentiges
Wasserstoffsuperoxyd angewendet/)
Wenn wir nun die Menge des ausgeschiedenen Kolilendioxyds
in Milligramm in einer Stunde, auf 100 g Trockensubstanz berechnet,
berücksichtigen, so ergeben sich nachstehende Quantitäten:
Durch Einwirkung von reiner Pyrogallollösung beim Blattwerk
finden wir eine Menge von 22,8 — 28,3 mg COo, bei der Wurzel 8 bis
10,7 mg CO..
Durch Einwirkung von Pyrogallollösung und Wasserstoffsuper-
oxyd ergibt sich eine Menge bei dem Blattwerk von 38,2 — 71,7 mg,
bei der Wurzel eine solche von 9,6 — 53,G mg CO^,.
Um die Exaktheit der Methode von W. Palladin zu prüfen,
haben wir folgende Versuche angestellt:
Das Blattwerk und die Wurzel der Zuckerrübe wurden zer-
kleinert, langsam getrocknet, zerrieben und sodann das Testierende
Pulver bei 150° 14 Stunden getrocknet. Durch das Trocknen über
70° wird nach ASO die Tätigkeit der Oxydase aufgehoben.^)
Die Menge des Kohlendioxyds in Milligramm in einer Stunde
auf 100 (7 Trockensubstanz, berechnet unter Einwirkung von Pyrogallol-
lösung, beziffert sich bei dem getrockneten Blattwerk auf 2,6 — 9,5 mg
COo und steigt unter Einwirkung von Pyrogallollösung und W\isser-
stoflPsuperoxyd auf 10,2— 16,5 ??2_9 COo.
Bei der getrockneten Wurzel beträgt die Menge des Kohlen-
dioxyds in mg in einer Stunde, auf 100^ Trockensubstanz berechnet,
unter Einwirkung von Pyrogallollösung 1,4 bis 8,8 vig CO^, und steigt
unter Einwirkung von Pyrogallollösung und Wasserstoffsuperoxyd auf
3,6 bis 13,3 vig CO«.
Wenn wir diese Resultate mit den erfrorenen, nicht getrockneten
Blättern und Wurzeln der Zuckerrübe vergleichen, so sehen wir,
dass wir doch gewisse Prozente des gesamt ausgeschiedenen Kohlen-
dioxydes dem reinen Chemismus zuschreiben müssen, ohne dass die
Einwirkung der Enzyme in Betracht gezogen werden kann.^) Das
beste Beispiel sehen wir daran, wenn wir AVasserstofPsuperoxyd auf
die 20%ige Pyrogallollösung einwirken lassen. Durch den Einfluss
1) Die tabellarische Zusamineüstellung- der analytischen Daten findet man in
meiner ausführlichen Arbeit, betitelt „tlber die glykolytischen Enzyme im Pfianzen-
organismus" in Hoppe-Seyler's Zeitschr. für phys, Chemie, Heft I und 5, 11)07.
2) Carl Oppenheimer, Die Fermente und ihre Wirkungen, Leipzig 1903.
3) Kastle und Loevenhart ziehen die wirkliche Enzymnatur der Osy-
gcnasen in Zweifel und sehen den Vorgang als einen mehr chemischen an. C.\RL
OPPENHEIMER: Die Fermente und ihre Wirkungen.
Dr. Neumann Wender: Enzymologische Studien. 1. Beiträge zur Kenntnis
(l(!r oxydierenden Enzyme, Berlin 1901.
tJber die anaerobe Atmung der Samenpflanzen. 41
tles^Wasserstoffsuperoxydes auf die Pyrogallollösuiig entstehen schon
Oxydationsprozesse, durch welche sich Kohlendioxyd bildet.
Wir fanden schon nach 24 Stunden '26,7 bis 60 vig^ in weiteren
24 Stunden 40 bis 44 wy, nach dem dritten Tag 23,7 bis 40?«^, und
am vierten Tag sinkt jedoch die Menge auf 2 bis 7 mg COo.
Weiters haben wir auch Versuche mit Knochen- und Holzkohle
angestellt, woselbst wir w^ahrnehmen konnteu, dass durch Pyrogallol-
lösung und Wasserstoffsuperoxyd eine xA.bscheidung des Kohlen-
dioxydes verursacht wird.
Wir fanden bei der Knochenkohle nachstehende Quantitäten von
Kohlendioxyd:
Die Menge des Kohlendioxyds in vki in einer Stunde auf {{)() g
Trockensubstanz berechnet unter Einwirkung von Pyrogallollösung
beziffert sich auf 1 mg und steigt unter Einwirkung von Pyrogallol-
lösung und Wasserstoffsuperoxyd auf 5,1 mg CO^..
Bei der Holzkohle konnten wir folgende Quantitäten von Kohlen-
dioxyd konstatieren:
Die Menge des Kohlendioxyds in mg in einer Stunde auf 100 g
Trockensubstanz berechnet unter Einwirkung von Pyrogallollösung
beläuft sich auf 1,6 vig und sinkt unter Einwirkung von Pyrogallol-
lösung und Wasserstoffsuperoxyd auf 1,1 vig COo.
Die Abscheidung von Kohlendioxyd bei der Knochen- und Holz-
kohle erfolgt durch die Vorgänge der Autoxydation. Die Aktivierung
des Sauerstoffes in der Knochen- und Holzkohle geht ziemlich
energisch vor sich, und die beiden Kohlen zeigen Autoxydations-
wirkungen.
Aus unseren zahlreichen Versuchen geht Nachstehendes hervor:
100 g Knochenkohle mit 30 g Wasser entwickeln bei einer
Temperatur von 20° C. binnen einer Stunde 0^?> mg CO.,. Bei 150° C.
getrocknet entwickelt dasselbe Quantum von Knochenkohle sowie
Wasser innerhalb derselben Zeit durchschnittlich 0,2 mg CO^.
100^ Holzkohle mit 30^ Wasser entwickeln bei einer Temperatur
von 20° C. in einer Stunde 0,3 mg CO...
Bei 150° C. getrocknet entwickelt dieselbe Menge von Holz-
kohle und Wasser innerhalb der oleichen Zeit durchschnittlich
ebenfalls 0,3 mg COo.
Die Autoxydationswirkuugen können wir auch in der Stein- und
Braunkohle beobachten.^)
Wir haben viele Experimente über die Autoxydation
der Stein- und Braunkohle längere Zeit vorgenommen und
1) Moritz Traube, Gesammelte Abhandhiugen, Berlin 1899. — C. ENGLER
und J. Weissberg, Kritische Studien über die Vorgänge der Autoxydation, Braun-
schweig 1904. — J. Habermann, Einige Versuche über die Autoxydation der
Steinkohle, Journal für Gasbeleuchtung 190G.
42 Über die anaerobe Atmung der Samenpflanzen.
daselbst gefunden, dass wir die Existenz der Peroxydase
bei der Stein- und Braunkohle annehmen können.^) Durch
vergleichende Atmungsversuche mit sterilisierter und nicht
sterilisierter Stein- und Braunkohle, weiters durch An-
wendung der Methode von W. PalLADIN und seiner Schüler
ist es uns gelungen den Nachweis zu liefern, dass die Ab-
scheidung des Kohlendioxyds
1. durch Autoxydation und
2. durch enzymatische Wirkung erfolgt.
Die Abscheidung des Methans und des Wasserstoffes
wird bloss durch die Peroxydase hervorgerufen. '
1) Eine ausführliche Arbeit über die Abscheidung des Kohlendioxjds, Methans
und Wasserstoffs durch Braun- und Steinkohle erscheint demnächst.
Sitzung vom 22. Februar 1007. 43
Sitzung vom 22. Februar 1907.
Vorsitzender: Herr L. KNY.
Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen die Herren:
Sernander, Dr. Rutger, Privatdozent der Botanik an der Universität
Upsala (durch KNUT BOHLIN und OTTO KOSENBERG),
Anisits, Daniel, Professor an der National-Universität Asuncion (Paraguay),
zurzeit in Steglitz bei Berlin, Arndtstr. 1 (durch R. ADERHOLD
und w. Ruhland),
Rlehm, Dr. Eduard, wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der Kaiserlichen
Biologischen Anstalt in Dahlem, wohnhaft in Steglitz bei Berlin,
Albrechtstr. 13 (durch R. ADERHOLD und W. RUHLAND).
Zu ordentlichen Mitgliedern sind proklamiert die Herren:
Kränzlin, Dr. Fr., Professor in Berlin,
Boresch, Karl, in Prag,
Mrazek, August, stud. in Prag,
Baccarini, Dr. Pasquale, Professor in Florenz.
Der Vorsitzende macht die Mitteilung von dem am 28. Januar
erfolgten Ableben des ordentlichen Mitgliedes
Herrn Dr. Otto Kuntze
in San Remo.
Um das Andenken an den Verstorbenen zu ehren, erhoben sich
die Anwesenden in üblicher Weise von den Sitzen.
Ber. der deutschen bot. Ge&ellsch. XXV.
44 S. KOSTYTSCHEW:
Mitteilungen.
8. S. Kostytschew: Über die Alkoholgärung von Asper-
gillus niger.
Eingegangen am 25. Januar 1907.
In meiner Abhaudlung „Über die normale und die anaerobe
Atmuuo; bei Abwesenheit von Zucker" ^) habe ich dargetan, dass die
anaerobe Atmung ebenso wie die normale bei verschiedener Art der
Ernähruug möglich ist. Durch diesen Befund wurden die bekannten
DlAKONOW'schen^) Resultate widerlegt, die mit der Theorie des
genetischen Zusammenhanges der anaeroben mit der normalen Atmung
nicht in Einklang zu briiio-en waren. Der o-enannte Forscher hat
gefunden, dass Schimmelpilze nur bei Zuckereruährung anaerobe
COo -Produktion bewirken; daraus ist der Schluss zu ziehen, dass bei
Abwesenheit des Zuckers die Sauerstoffatmung allerdings ohne Mit-
wirkung anaerober Yorgänge zustande kommt; dies beweist aber,
dass zwischen der normalen und der anaerobeu Atmung kein
kausaler Zusammenhang besteht. Durch meine Versuche hat sich
jedoch herausgestellt, dass die Resultate DiAKONOW's fehlerhaft sind
und zwar aus folgenden Gründen:
1. Es ergab sich, dass im Yerlauf der anfänglichen zwei bis drei
Stunden der Anaerobiose die CO2 -Produktion von Aspergillus niger
bei Zuckerausschluss ausserordentlich schwach ist. In DiAKONOW'schen
Versuchen wurde aber die Anaerobiose der Pilzkulturen eben nur
auf eine oder zwei Stunden beschränkt.
2. Die Resultate meiner bei Chinasäureernährung ausgeführten
Versuche zeigen, dass die geringe Intensität der anaeroben Atmung
von Aspergillus niger eine Folge der Vergiftung durch die Produkte
des anaeroben Stoffwechsels ist. Diese Vergiftung ist aber gewiss
eine sekundäre Erscheinung, die mit den Grundursachen des
Atmungsprozesses nichts zu tun hat. Den Einfluss dieser sekundären
Erscheinung hat DiAKONOW nicht in Betracht gezogen.
1) Kostytschew, Jalubüclicr für Tvisseuschaitliche Botanik, Bd. 4(i, 1904,
S. 563.
2) DiAKONOW, diese Berichte, Bd. 4, 188G, S. 1. — DiAKONOW, Archives
slaves de biologie, t. 4, 1887, p. 31 und 121.
über dio Alkoholgärung^ von Aspergillus niger, 45
^ Durch die Widerlegung* der Resultate DiAKONOW's ist der
wichtigste Einwand gegen die Theorie des genetischen Zusammen-
hanges der anaerobeu mit der normalen Atmung hinfällig geworden;
obschon der Chemismus der anaeroben Atmung bei Abwesenheit des
Zuckers durch meine Versuche nicht erläutert wurde, ist es nunmehr
klar geworden, dass die obige Schlussfolgerung: „Die Sauerstoff-
•atmung kommt unter gewissen Umständen ohne Mitwirkung auaerober
Vorgänge zustande", auf unrichtigen Beobachtungen gegründet ist
und daher keine theoretische Bedeutung haben kann.')
Die in der vorliegenden Abhandlung beschriebenen Versuche
•wurden bereits vor zwei Jahren ausgeführt und haben den Zweck,
■den Einfluss der Vergiftung auf die anaerobe Atmung von Aspergillus
niger in anschaulicher Weise zu illustrieren. Sämtliche Kulturen
wurden auf Traubenzucker gezogen; betreffs der allgemeinen Methodik
sei auf meine oben zitierte Abhandlung hingewiesen; die eventuellen
Modifikationen der Versuchsanstellung werden in den Versuchs-
protokollen ausführlich besprochen.
Versuch 1.
Nährlösung: 50 rem RAULIN'scher Flüssigkeit ohne KgSiOg und
ZnSO^ und unter Ersatz des Rohrzuckers durch Traubenzucker (2,5 ^
in 50 ccm Lösung).
1) Da diese Auseinandersetzungen in meiner oben zitierten Abhandlung leider
2U kurz abgefasst worden sind, so wurde dadurch Anlass zu Missverständnissen ge-
schaffen. Prof. Czapek (Botanische Zeitung, Abt. II, 1905, S.oi») behauptet z. B.,
dass die Theorie des genetischen Zusammenhanges der anaeroben mit der normalen
Atmung durch meine Versuche nicht unterstützt wird, da die Möglichkeit der
Identität der bei Zuckerausschluss stattfindenden anaeroben Atmung mit der Alkohol-
gärung durch meine Eesultate nicht ausgeschlossen ei'scheint: bei jeder Art der Er-
nährung könnten vorübergehend Kohlenhydrate entstehen. Aus obiger Darlegung
ist einleuchtend, dass dieser Einwand lediglich auf einem Missverständnis beruht:
der Ursprung der COg ist für die uns interessierende theoretische Frage ganz und
gar belanglos: dies habe ich auch in meiner oben zitierten Abhandlung folgender-
masseu erläutert: „Es bleibt noch einstweilen unentschieden, welche Stoff-
umwandluugen in verschiedenen Fällen der anaeroben Atmung bei Abwesenheit des
Zuckers vorliegen, ob die sich dabei abspielenden Prozesse in keinem Zusammen-
hange mit der Alkoholgärung stehen, oder ob durch eventuelle Vorbereitungsakte
zunächst bei jeder Art der Ernährung Kohlenhydrate entstehen, welche dann sofort
vergärt werden. Wenn letzteres der Fall ist, so muss allerdings eine Anhäufuug
von Nebenstoü'eu stattfinden, die bei der Alkoholgärung der Hefe nicht auftreten.
Die Bearbeitung dieser Fragen möchte ich mir vorbehalten: die Eesultate einer
solchen Untersuchung werden jedoch gewiss ohne Einfluss bleiben auf die folgende
zweite Schlussfolgerung: die Anschauung von dem genetischen Zusammenhange der
Sauerstoffatmung mit der anaerobeu Atmung wird noch dadurch bekräftigt, dass die
anaerobe Atmung ebenso wie die normale, bei verschiedener Art von Ernährung
möglich ist" (1. c. S. 591}. Diese meine Schlussfolgerung hat Prof. CZAPEK wahr-
scheinlich übersehen.
4*
46
S. KOSTYTSCHEW:
Dreitägige Kultur von Aspergillus niger ohne Sporenbildung;.
Gesamtgasvolumen 185 ccm, Temperatur 17 — 18". 1 Stunde im Luft-
strome; alsdann mit Luft eingesperrt.
I. Luftperiode: 50 Minuten.
Gasanalyse: CO, = 4,:38pCt, 0^ = 16,43pCt., N2 = 79,19pCt.
^^^^=1,00.
2
Gebildete CO^ = 7,2 ecm bei 0° und 760 wm.
1 Stunde im Stickstoffstrome; alsdann mit Stickstoff' eingesperrt,
IL Stickstoffperiode:
a) 2 Stunden.
Gasanalyse: CO^ = 0,81 pCt., N, = 99,19 pCt.
Gebildete COg = 1,3 ccm bei 0° und IQOmm.
b) Weitere 19 Stunden.
Gasanalyse: CO, = 1,32 pCt, K. = 98,68 pCt.
Gebildete CO, = 2,0 ccm bei 0° und 760 mm.
c) Weitere 18 Stunden.
Gasanalyse: CO^ = 1,42 pCt., N, = 98,58 pCt.
Gebildete CO, = 2/2 ccw bei 0" und 760??????.
21 Stunden im Luftstrome-, alsdann mit Luft eingesperrt.
IIL Luftperiode: 4 Stunden.
Gasanalyse: CO^ = 0,60pCt., 0, = 20,08 pCt., N, = 79,32pCt.
COo
O
- = 0,80.
Gebildete CO» = 1,00 C(7?w bei 0° und 760 wz7n,
20 Stunden im Luftstrome; alsdann mit Luft eingesperrt.
lY. Luftperiode: 372 Stunden.
Gasanalyse: CO, = 3,10 pCt., Oo = 17,65pCt., K, = 79,25pCt.
CO
^ = 0,98.
Gebildete CO, = 5,2 ccm bei 0° und 760 mw.
Trockengewicht des Myceliums 0,514 g.
Atmungsenergie pro 10 Stunden
L Luftperiode . . .
II. StickstofFperiode, a)
III. Luftperiode . . .
lY.
5)
■n
}5
CO.. = 86,4 ccm
C0",= 6,5 „
C0,= 0,4 „
00^= Spur.
C02= 2,5 ccm
CO, = 15,2 „
über die Alkoholgäriing von Aspergillus nigcr. 47
Aus 1 und II, a) lässt sich berechnen:
A = 0,08.
Versuch 2.
Genaue Wiederhohing des vorhergehenden. Gesamtgasvolumen
ISS ccm, Temperatur 16,5—18°.
1 Stunde im Luftstrome; alsdann mit Luft eingesperrt.
I. Luftperiode: 1 Stunde.
Gasanalyse: CO, = 7,04pCt., O^ = U,14pCt., N3 = 78,77pCt.
*^5- = l,08.
Gebildete 00^= \i,dccm he'rO" und 760 ??zwi.
1 Stunde im StickstofFstrome; alsdann mit Stickstoff eingesperrt.
IL Stickstoffperiode:
a) 2 Stunden.
Gasanalyse: CO, = 0,78 pCt., X, = 99,22 pCt.
Gebildete C0o = l,2a'm bei 0° und 760 mm.
b) Weitere 19 Stunden.
Gasanalyse: CO, = 1,23 pCt., X^ = 98,77 pCt.
Gebildete CO, = 1,9 ccwi bei 0° und 160 7nm.
c) Weitere 18 Stunden.
Gasanalyse: CO, = 1,37 pCt., N, = 98,63 pCt.
Gebildete CO., = 2,1 ccm bei 0° und 760 ww.
21 Stunden im Luftstrome; alsdann mit Luft eingesperrt.
III. Luftperiode: 4 Stunden.
Gasanalyse: CO, = 0.62 pCt., 0, = 20,07 pCt., N, = 79,31 pCt.
^ = 0,81.
Gebildete C0^ = l,i ccm. bei 0" und 160 7nm.
20 Stunden im Ijuftstrome; alsdann mit Luft eingesperrt.
IV. Luftperiode: 37^ Stunden.
Gasanalyse: CO, = 2,87pCt., O, = 17,91pCt., N^ =79,22pCt.
CO
^ = 0,99.
0,
Gebildete CO, = 4,S ccm bei 0° und 160 mm.
Trockengewicht des Myceliums 0,481^.
48 S. KOSTYTSCHEW:
Atmungseiiergie pro 10 Stunden:
I. Luftperiode C0^ = \ldfi cc77i
II. StickstofFperiode, a) . . CO2 = 6,0 „
b) . . C0,= 0,4 „
„ c) . . COg = Spur.
III. Luftperiode . . . . , CO., = 2,7 ccm
IV. „ C0^= 12,8 „
Aus I. und IL a) lässt sich berechnen:
i- = 0,05.
Es ergab sich also, der Ansicht ÜIAKONOW's entgegen, dass die
anaerobe Atmnng von Aspergillus niger bei Zuckerernährung ebenso
schwach ist, wie bei Zuckerabschluss (^=0,05 bis 0,08).
Es wurden noch mehrere Versuche mit älteren (fünf- und sechs-
tägigen) Kulturen auf Traubenzucker ausgeführt; die Resultate dieser
Versuche mitzuteilen halte ich jedoch für überflüssig, da sie mit den
hier angeführten vollkommen übereinstimmen; ältere Kulturen
bildeten ebensowenig COo bei Sauerstoffabschluss wie junge dreitägige
Kulturen.
Dass die so geringe COg-Produktion eine Folge der Vergiftung
ist, scheint kaum zweifelhaft zu sein: werden Mycelien von Asper-
gillus niger in eine beträchtliche Menge der Zuckerlösung total ver-
senkt, so diffundieren die Produkte des anaeroben Stoffwechsels
leichter in die umgebende Flüssigkeit, wodurch die COg-Produktion
in so hohem Grade gesteigert wird, dass es sich für möglich erweist
den Chemismus der Zuckerspaltung bei Sauerstoffabschluss zu er-
forschen. Folgender Versuch wurde auf die eben geschilderte Weise
ausgeführt.
y ersuch 3.
Nährlösung: RAULIN'sche Flüssigkeit ohne ICSiOg, ZnSO^ und
Weinsäure und unter Ersatz des Rohrzuckers durch Traubenzucker.
Eine beträchtliche Menge dieser Lösung wurde in einen grossen
konischen Kolben mit oben erweitertem Halse hineingetan, der Kolben
mit Watte verschlossen, sterilisiert und mit Sporen von Aspergillus
niger geimpft. Die drei Tage alte Kultur wurde durch reine
sterilisierte Glasperlen auf den Boden des Kolbens versenkt; dann
wurde mit Hilfe einer im voraus angepassten Vorrichtung eine ab-
gemessene Menge der Flüssigkeit aus dem Kolben für die Zucker-
bestimmung entnommen, wonach der Wattepfropfen durch den üblich
gebrauchten Kautschukstöpsel mit zwei Glasröhren ersetzt wurde.
über die Alkoholgärung von Aspergillus niger. 49
Sämtliclie hier beschriebene Operationen wurden in einem sterilisierten
HA'NSEN'schen Glaskasten unter Beobaclitung aller Kautelen der
Asepsis ausgeführt; die Keiuheit der Kultur wurde nach Beendigung
des Versuches sorgfältig geprüft und bestätigt.
Nun wurde ein gleichmässiger Strom von reinem Stickstoff im
Verlauf von drei Stunden durch den Kolben und die sich darin be-
findende Flüssigkeit geleitet, wonach der Kolben auf die bekannte
Weise') luftdicht abgesperrt wurde. Der mit Stickstoff gefüllte
Kolben stand 14 Tage lang in einem Thermostaten bei 32° ; alsdann
noch 24 Stunden bei Zimmertemperatur in Dunkelheit. Nach Ablauf
der 15 Tage wurde eine Gasportion für die Gasanalyse und eine ab-
gemessene Menge der Lösung für die Zuckerbestimmung aus dem
Kolben genommen; die rückständige Flüssigkeit wurde zur Alkohol-
bestimmung verwendet. Die Zuckerbestimmungen wurden nach
ALLIHN-SOXHLET ausgeführt; zur Identifizierung des Äthylalkohols
wurden die Benzoylchloridreaktion und die Jodoformprobe benutzt.
Der Alkohol wurde nach mehrfacher Destillation mit Hilfe eines ge-
nauen, mehr als 30 <:r?/i fassenden Pyknometers bestimmt; es sei noch
erwähnt, dass das erhaltene Destillat keine Aldehyd- und Aceton-
reaktionen aufwies. Die in der Flüssigkeit gelöste CO, wurde nach
BUNSEN's Angaben auf Grund der Formel
a • h • p • v'
berechnet. In dieser Formel sind:
v^ das gesuchte Volumen der gelösten CO^ bei 0° und 0,76 wm,
a der Absorptionscoeffioient der 00^ für die Beobachtungs-
temperatur,
h Volumen der Flüssigkeit,
p Gasdruck im Kolben,
v' Volumen der nicht absorbierten COo und
v""* Volumen des nicht absorbierten Stickstoffs.
Die Resultate des Versuches sind durch folgende Zahlen aus-
gedrückt worden:
Gesamtgasvolumen (v' -|~ ^'^) 271,0 eevi
Volumen der Flüssigkeit 332 „
Die Gasportion wurde entnommen bei t° = 18° und p = 710 mm.
Gasanalyse: CO^ = 13,83 pCt , N, = 86,17 pCt.
Gasförmige COo = 37,5 ccm = 32,8 (•e??^ bei 0" und TQOmm
Gelöste COo = 46,0 „ bei 0° und 760 jm???-
Summe: COg = 78,8 can bei 0° und 760 mm = 1 55,9 yng
v°
1) KOSTYTSCHEW 1. C.
2) BUNSEN, Gasometrisclie Methoden, 2. Auflage, 1877, S. 192.
50 S. KOSTYTSCHEW: Über die Alkoholgärung von Aspergillus nigcr.
Alkohol , . • 142,0 mg
CO^raH^OH^ 100: 91,3.
Traubenzucker vor dem Versuche 10,329H g
„ nach „ „ 10,0043 „
Traubenzuckerverbrauch 0,3253 „
CO^ + aH.OH . . 0,-2983„
Differenz .... 0,0270 g
Trockengewicht des Myceliums 0,492 „
Dieser Versuch zeigt, dass die anaerobe Atmung von Asyergühis
niger bei Zuckerernährung mit der Alkoholgärung im wesentlichen
übereinstimmt. Der genannte Pilz besitzt also die Fähigkeit den
gelösten Zucker in COo und Alkohol zu spalten; die Summe dieser
Produkte entspricht ungefähr dem Zuckerverbrauch; der geringe
Überschuss des verschwundenen Zuckers (27 wg) wurde vielleicht
zur Bildung der Oxalsäure verwendet; eine kleine Menge dieser
Säure liess sich in der Lösung nachweisen.
Die Ausgiebigkeit der COg- Bildung war in diesem Versuche
überraschend. Vergleichen wir die Mengen der in diesem und in
den beiden vorhergehenden Versuchen ausgeschiedenen COo, so
gewinnen wir eine annähernde Vorstellung von der Bedeutung der
Vergiftung. Es ist nun einleuchtend, dass die merkwürdig geringe
anaerobe CO^-Bildung von Aspergillus niger nicht auf „Unfähigkeit",
sondern auf andere Ursachen zurückzuführen ist. Es sei noch er-
wähnt, dass ich auch bei Manniternährung ähnliche Resultate erhielt;
die betreffenden Versuche werden nach kurzer Zeit veröffentlicht
werden. Fassen wir die Resultate der hier beschriebenen Versuche
zusammen, so ergibt sich folgendes:
Die anaerobe CO., -Produktion von Aspergillus niger bei Zucker-
ernährung ist unbedeutend, wenn sich der genannte Pilz in einem
Gasmedium befindet. Wird dagegen Aspergillus niger in eine Zucker-
lösung total versenkt, so bewirkt er eine Spaltung des gelösten
Zuckers unter Bildung von COo und CoHgOH; dabei entspricht das
A'erhältnis COo : Co H^ OH der bekannten Gleichung der Alkohol-
gärung.
Herrn Prof. PALLADIN, in dessen Laboratorium meine Versuche
ausgeführt worden sind, drücke ich hiermit meinen innigsten Dank
aus
St. Petersburg, Botanisches Institut der Universität.
W. Palladin und S. KoSTYTSCHEW: Über auaerobe Atmung.
51
9. W. Palladin und S. Kostytschew: Über anaerobe
Atmung der Samenpflanzen ohne Alkoholbildung.
Eingegangen am "Jö. Januar 1907.
In unseren früheren Abhandlungen^) haben wir nachgewiesen,
dass die durch Erfrierung getöteten Lupinensamen, Lupinenkeimlinge
und etiolierte Stengelgipfel von Vicia Faba eine ausgiebige COg-
Produktion, doch gerino-e oder eventuell gar keine Alkoholbilduno-
bei SauerstoflFabschluss bewirken. Zur Illustrieruno; dieser Schluss-
folgerung möge folgende Tabelle dienen:')
Nummer
des
Versuchs
^'ersuchsmaterial
CO^ auf
100 y des
Versuclis-
materials
CO^:
C,H-OH
4
4
5
G
9
lU
Etiolierte Blätter von Vicia taha
„ Gipfel „ y,
r> » » » »
» r> y y> rt
Lupinensamen
151,3
15G,2
185,G
150,0
80,7
11G,9
100: 17,1
100 : 18,5
100: 0
100: 8,4
100: 0
100: 0
Daraus haben wir geschlossen, dass die anaerobe Atmung der
genannten erfrorenen Pflanzen mit der Alkoholgärung nichts zu
tun hat.
Li der vorliegenden Abhandlung beabsichtigen wir festzustellen,
dass eine derartige anaerobe Atmung unter Umständen auch bei
lebenden Pflanzen stattfindet. Unsere Versuche wurden mit etiolierten
Blättern von Vicia Faba ausgeführt. Schon früher hat einer von uns
diese Blätter für eine ganze Reihe seiner üntersuchuno;en benutzt.
Es ergab sich dabei, dass etiolierte junge Bohnenblätter, wie
Embryonalorgane überhaupt, äusserst eiweissreich sind;^) ihr Eiweiss-
gehalt beträgt etwa 42,5 bis 48 pCt. des Trockengewichtes. Auch
der Phosphorgehalt*) dieser Blätter ist ein sehr bedeutender, da die
1) Palladin und Kostytschew. Diese Berichte Bd. 24, 190G, S. 273. —
Dieselben „Zeitschrift für physiol. Chemie", Bd. 48, 1906, S. 214.
2) Diese Tabelle ist unserer in der „Zeitschrift für physiol. Chemie" publizierten
Abhandlung entnommen.
3) Palladix. Diese Berichte, Bd. 9, 1891, S. 194.
4) Palladin. Diese Berichte, Bd. 10, 1892, S. 179.
52
W. PAIiLADIN und S. KOSTYTSCHEW
darin befindlichen Eiweissstoffe zum grössten Teil Nucleoproteide-
sind. ^) Doch enthalten die genannten Blätter nur minimale Mengen
der Kohlenhydrate.^) Diesen Umstand hat einer von uns benutzt,
um die Bedeutung der Kohlenhydrate für die anaerobe Atmung ins
klare Licht zu bringen.'*) Derselbe hat gefunden, dass die anaerobe
Atmung etiolierter Bohnen- und Lupinenblätter durch künstliche
Zuckerzufuhr in hohem Grade gesteigert wird. Auch blieben die
durch Zucker ernährten Blätter längere Zeit bei Sauerstoffabschluss
lebendig als die nicht ernährten Blätter. Diese Resultate sind neuer-
dings durch GODLEWSKI*) bestätigt worden.
In unseren weiter folgenden Versuchen wurden etiolierte Bohnen-
blätter (bezw. Stengelgipfel) in geräumige U-Röhren gebracht, durch
welche alsdann Wasserstoff geleitet wurde. Nach Beendigung je eines
Versuches wurden C0„- und Alkoholbestirnmungeu ausi^eführt; betreffs
der Methodik sei auf unsere oben zitierten Abhandlungen hin-
gewiesen.
Versuch 1.
71 g etiolierter Stengelgipfel von Vicia Faha wurden im Verlauf
von vier Tagen auf 10 pCt. Saccharoselösung in Dunkelheit kultiviert
und alsdann in den PETTENKOFER'schen Apparat gebracht. Wasser-
stoffstrom, Temperatur 20**.
Zeitdauer
CO2
mg
CO2 pro Stunde
mg
4 Stunden 20 Minuten
IG „
178,0
458,4
146,0
41,0
28,2
5 _
•^9,6
25 Stunden 20 Minuten
782,4
Älkoholbestinimungen. ^)
Das erhaltene Destillat gab folgende Reaktionen:
L Reaktion mit fuchsinschwefliger Säure (Aldehydreaktion)
negativ.
2. Jodoform])robe positiv.
3. Benzoylchloridreaktion positiv.
1) Palladin. Revue generale de botauique, t. 8, 189G, p. 205,
2) Palladin. Diese Berichte, Bd. 9, 1891, S. 229.
3) Palladin. Revue generale de botanique, t. 6, 1894, p. 201.
4) GODLEWSKI. Bulletin de rAcademie des sciences de Cracovie, 1901, p. 115.
5) In unserer letzten Arbeit haben wir zufällig die Arbeit von T. Takahashi
(Bulletin of the College of Agriculture, Tokyo, V) unberücksichtigt gelassen.
Dieser Forscher hat Godlewski's Untersuchungen über Alkoholbildung der Erbsen-
saracn bestätigt.
Tiber anaerobe Atmiiug der Samenpflanzen ohne Alkoholbildung.
53
Die quantitative Bestimmung ergab:
COo : CÖH5OH = 782,4 : 724,C = 100 : 92,6.
Es ergab sich also, dass die mit Rohrzucker ernährten etiolierten
Steugelgipfel von Vicia Faba bei Sauerstoffabschhiss eine echte
Alkoholgärung erzeugen.
Versuch 2.
230 g frischer etiolierter Blätter von Vicia Faba. Wasserstoff-
strom, Temperatur 20", A'ersuchsdauer 22 Stunden.
CO, = 446,4 mg : aH^OH = 177,4 mg.
Das erhaltene Destillat gab dieselben Reaktionen wie im vorher-
gehenden Versuche :
COg iC^Hg OH = 100:39,7.
Der grösste Teil der CO^ ist also nicht auf Alkoholgärnng zu-
rückzuführen. Da die zu diesem Versuche benutzten Blätter nicht
ganz zuckerfrei waren, so lag die Annahme nahe, dass die Alkohol-
bildung nur im Verlauf der anfänglichen Stunden der Auaerobiose
auf Kosten der vorhandenen Kohlenhydrate stattgefunden hat. Zur
Lösung dieser Frage haben wir eine Methode angewandt, die wir als
„Metliode der konsequenten Abziehungen" bezeichnen. Dieselbe be-
steht darin, dass ein jeder Versuch mit zwei oder mehreren ßlätter-
portionen angestellt wird, die im A^erlauf ungleicher Zeit der Sauer-
stoffentziehung unterworfen werden. Die bei kurzer Dauer des Ver-
suclies erhaltenen Daten werden von denen des länger dauernden
Versuches abgezogen. Auf diese Weise dient jeder Versuch von
kurzer Dauer als Kontrolle für den länger dauernden.
Versuch 3.
Junge etiolierte Blätter von Vicia Faba wurden in zwei Portionen
zu je 56 g geteilt. Beide Portionen wurden in den PETTENKOFER'scheu
Apparat gebracht. Wasserstoffstrom, Temperatur 18°.
CO2
CO2 pro Stunde
von
Zeitdauer
1. Portion
mg
2. Portion
mg
2 Portionen
mg
5 Stunden
15 „
94,4
76,4
81,G
24,4
15,3
5,4
G „
4,1
2() Stunden
94 4
182,4
—
54 W. PALLADIN und S. KOSTYTSCHEW:
Alkoliolbestimmuu^eii.
Die beiden Destillate gaben dieselben Reaktionen wie in vor-
hergehenden Versuchen. Die quantitativen Bestimmungen ergaben:
I.Portion: C^H.OH = 48,1 m^
CO. : an, OH = 94,4 : 48,1 = 100 : 50,!).
2. Portion : C. K OH = 74,6 mg
COo : a H-"0H = 182,4 : 74,6 = 100 : 40-,9.
Es ist aber ersichtlich, dass im Verlauf der anfänglichen Stunden
der Auaerobiose die Alkoholbildung grösser ist als im Verlauf der
darauffolgenden Stunden, und zwar sinkt die Energie der Alkohol-
bildung schneller als die Energie der COo- Bildung. Werden die
Daten der ersten Portion von denen der zweiten abgezogen, so er-
geben sich folgende Zahlen:
CO., = 182,4 - 94,4 = 88,0 mg
C0H5OH = 74,6 - 48,1 = 26,5 ,',
COo : C2H5 OH = 100:30,0
Folglich sind die Verhältnisse von CO. : Gl Hg OH:
1. Portion 100 : 50,9
2. „ 100 : 30,0
Dieser Versuch wurde mit jungen Blättern ausgeführt; zum fol-
genden Versuch wurden ältere Blätter benutzt, die eine so geringe
Menge der Kohlenhydrate enthielten, dass letztere im Verlauf der
anfänglichen fünf Stunden total vergärt wurden.
Versuch 4.
Alte etiolierte Blätter von Vicia Faba wurden in zwei Portionen
zu je 63 ^ geteilt. Beide Portionen wurden in den PETTENKOFER'schen
Apparat gebracht. Wasserstoffstrom, Temperatur 18,5°.
1. Portion: Versuchsdauer 5 Stunden.
CO. = 1 14,8 mg, C, H^ OH = 62,2 mg
CO.: CoH.OH= 100: 54,1
2. Portion: Versuchsdauer 30 Stunden.
CO2 = 256,8 mg, C, H^ OH = 68,3 mg
CO, : C^H^OH^ 100: 26,5
Reaktionen der Destillate wie in vorhergehenden Versuchen.
Werden die Daten der ersten Portion von denen der zweiten ab-
gezogen, so ergeben sich folgende Zahlen:
COo = 256,8 - 114,8 = 142,0 mg
Co Hg OH = 68,3- 62,2= 6,1 „ ^) (Spur)
COo : Co Hg OH = 100: Spur.
1) Diese Zahl liegt innerhalb der Grenzen der Versuchsfehler.
über anaerobe Atmunf? der Samenpflanzen ohne Alkoholbildung. 55
Auf diese Weise ist ersichtlich, dass im Verlaufe der zweiten
Periode der Anaerobiose eine CO^- Produktion ohne gleichzeitige
Alkoholbilduno- erfolgte. Da nach den neueren Untersuchuno-en von
Stoklasa, Buchner und Meisenheimer ') und von Schade') in
den Zwischenstadien der Alkoholgärung eine Bildun»- organischer
Säuren stattfindet, so war es geboten zu prüfen, ob nicht ein Teil der
Barytlösung durch flüchtige Säuren gebunden war. Zu diesem Zwecke
wurde eine gewichtsanalytische Bestimmung des Bariumkarbonats
vorgenommen. Der in den Absorptionsgefässen angehäufte Nieder-
schlag wurde abgehoben, mit Hilfe einer speziell angepassten Vor-
richtung in einer kohlensäurefreien Atmosphäre abfiltriert und aus-
gewaschen, dann getrocknet und gewogen.
1. Portion . . BaCOg = 0,4496 </. entsprechend 100,4 w?^ COo
2. „ . . BaCOg = 1,0516 „ „ 234,8 „ COÖ
Es ergab sich also, dass die auf gewichtsanalytischem Wege er-
haltenen Zahlen mit denen der volumetrischen Bestimmung in be-
friedigender Weise übereinstimmen.') Die Barytlösuug enthielt also
keine flüchtige oro-anische Säure. Daraus darf selbstverständlich nicht
o'eschlossen werden, dass sich keine flüchtige Säure im Innern der
Zellen gebildet hat.
Aus obigen Versuchen ist der Schluss zu ziehen, dass Samen-
pflanzen nur bei Vorhandensein der Kohlenhydrate Alkoholbildung
bewirken; bei Abwesenheit der Kohlenhydrate ist dagegen die anaerobe
Atmung dieser Pflanzen eine CO^- Produktion ohne Alkoholbildung.
Die Frage des Chemismus dieser Art der anaeroben Atmung
und ihrer Beziehuns: zur Alkoholij-ärun^ bleibt zukünftioen Unter-
suchungen vorbehalten. Es scheint nicht o-anz unwahrscheinlich zu
sein, dass die genannte CO^-Bildung eine Folge der Eiweisszersetzung
ist. Schon längst hat einer von uns darauf hingewiesen, dass bei
Sauerstoffabschluss ein Abbau der EiweissstofFe stattfindet, und zwar
ohne Bildung der Säureamide, ebenso wie bei der enzymatischen
Eiweissspaltung.*) Diese den damals vorherrschenden Anschauungen
widersprechenden Resultate sind durch neuere exakte Untersuchungen
GODLEWSKl's^) bestätigt und erweitert worden. Die umfangreichen
Untersuchungen SCHÜLZE's und seiner Schüler haben ebenfalls den
1) Buchner und Meisenheiivier. Chemische Berichte, Bd. 37, 1901, S. 417
und Bd. 38, 1905, S. 620.
2) Schade. Zeitschrift für physikalische Chemie, Bd. 57, 1906, S. 1.
3) Dass die gewichtsanaljtische Bestimmung etwas geringere Zahlen ergab,
ist dadurch erklärlich, dass ein den Wänden der Absorptionsgefässe fest ankleben-
der Teil des BaCOg nicht zur Wägung gelangte.
4) Palladin. Diese Berichte, Bd. G, 1888, S. 205 und 296.
5) GODLEWSKI 1. c. S. 141.
50 Fe. Bubäk:
Nachweis dafür geliefert, dass Asparagiu und (ilutamiubilduug
sekundäre Prozesse sind, die nur bei Sauerstoffzutritt eingeleitet
werden.
Andrerseits ist die Annahme nicht ausgeschlossen, dass eine echte
Alkoholgärung auch bei Yorhandensein der Kohlenhydrate nur im
Anfang der Anaerobiose zustande kommt (darüber könnte die Methode
der konsequenten Abziehungen Aufschluss geben). Zugunsten dieser
Annahme spricht der Umstand, dass CO^ : Co Hg OH der Samenpflanzen
immer niedriger ist als bei der Alkoholgärung der Hefe. Dass die
anaerobe Atmung mit der Alkoholgärung der Hefe nicht un-
crezwuu£:en identifiziert werden darf, hat einer von uns bereits vor
fünf Jahren betont.') Es ist wohl möglich, dass bei den durch die
Produkte des anaeroben Stoffwechsels vergifteten Pflanzen die
Zuckerspaltuug sich nur auf intermediäre Stadien der Alkoholbildung
beschränkt Ist dies wirklich der Fall, so gewinnt die Erforschung
der ohne Alkoholbildung stattfindenden anaeroben Atmung eine
grosse Bedeutung für die Kenntnis des Chemismus der Alkoholgärung.
St. Petersburg, Pflanzenphysiologisches Institut der Universität.
10. Fr. Bubäk: Über Puccinia Carlinae E. Jacky in bisheriger
Begrenzung.
Eingegangen am 30. Januar 1907.
Beim vergleichenden Studium einiger Puccinieu stiess ich auch
auf Puccinia Carlinae^ die bei den Uredinologen von Carlina acaulis
und Carlina vulgaris angegeben wird. Zufälligerweise bekam ich zu
gleiclier Zeit denselben Pilz von Herrn Prof. K. MALKOPF aus
Bulgarien, und zwar auf Carlina longifolia Rchb.
Bei der mikroskopischen Untersuchung dieser Puccinia — von
allen drei genannten Nährpflanzen — fand ich, dass die Teleuto-
sporen von Carlina vulgaris und Carlina longifolia eine ganz andere
Form und Grösse haben als diejenigen von Carlina acaulis. Auch
die Bewarzung des Epispors und die Lage der Keimporen der
Wintersporen sind bei beiden Formen verschieden.
1) KOSTYTSCHEW. Diese Berichte, Bd. 20, 1902, S. 327.
über Puccinia Cailinae E. Jacky in bisheriger Begrenzung. 57
^ Bei Puccinia CarJinae sind die Teleutosporen grösstenteils
birnenfOrnng oder eiförmig, seltener keulenförmig oder ellipsoidisch,
so dass gewöhnlich die untere Zelle kleiner ist als die obere und
dabei mehr oder weniger zum Stiele verjüngt. Die Teleutosporen
sind in dem mir vorliegenden Materiale 30 — 40 fj, lang, 20 — 24 ^t
breit, während SYDOW 26—40X16—22/^, E. JACKY und E. FISCHER
25 — 35 X 16 — 20 /i gefunden haben. Die Grenzen der Masse bewegen
sich also bei der Länge zwischen 25 — 40 /i, bei der Breite 16 — 24 /i.
Bei der neuen Form, die ich Piiccijiia divergens m. nenne, sind
die Teleutosporen grösstenteils ellipsoidisch, seltener eiförmig und
beide Zellen gewöhnlich gleich gross, die untere Zelle abgerundet,
seltener nach unten schwach verjüngt. Die Länge beträgt bei ihnen
40-51 /<, die Breite 24—33 ,«.
Die Bewarzung des Epispors ist bei Puccinia divergens schärfer
als bei Puccinia Carli?iae, indem die Warzen bei jener Art etwas
höher sind als bei dieser.
Die Keimporen sind bei Puccinia Carlinae in der Scheitelzelle
um ^/g, in der Basalzelle um ^/.j herabgerückt, während bei der
neuen Art dieselben in der Scheitelzelle bis zu 7-7 in der Basalzelle
zwischen Va — Vs liegen.
Auch zwischen den Uredosporen bestehen bei beiden Arten
einige Unterschiede.
Bei Puccinia Carlinae sind die Uredosporen 24 — 33 /x lang,
20 — 31 ,« breit, während sie bei Puccinia divergens höhere Zahlen
28 — oQ (auch 40) X 22 — 33 fx erreichen, also relativ grösser sind.
Die Sporenlager bleiben bei Puccinia divergens länger bedeckt
als bei Puccinia Carlinae, was allerdings mit der Beschaffenheit der
Epidermis zusammenhängt.
Nun lasse ich die Diagnose der neuen Art folgen:
Puccinia divergens Bubäk n. sp. (^Puccinia Carlinae aut. p. p.).
Uredolager beiderseits, mehr aber unterseits entwickelt, lange
bedeckt, pusteiförmig aufgetrieben, später spaltenförmig aufgerissen,
endlich nackt, braun, rundlich oder elliptisch, staubig; Uredosporen
kugelig, eiförmig bis ellipsoidisch, seltener birnförmig, 28 — 36 /«,
seltener bis 40 jn lang, 22 — 33 f.i breit, braun, mit 3 (selten 4)
äquatorialen Keimporen oder 2 äquatorialen und einem scheitel-
ständigen, welche mit wenig quellbaren Kappen versehen sind.
Membran mit deutlichen Stacheln besetzt, 2 — 2,5 ju dick.
Teleutosporenlager wie die Uredolager, aber schwarzbraun
bis schwarz; Teleutosporen gewöhnlich ellipsoidisch, seltener eiförmig,
40 — 51 ju lang, 24 — 33 ,a breit, beide Zellen gew^öhnlich gleich gross
oder die untere wenig kleiner, die Scheitelzelle abgerundet, die
Basalzelle ebenfalls oder seltener nach unten verschmälert, bei der
58 W. ZALESKI:
Querwand eingeschnürt, mit brauner, 2,5-3,5 /t dicker, deutlich
warziger Membran. Keimporen der Scheitelzelle scheitelständig oder
bis zu Ys herabgerückt, mit massiger Papille, jener der Basalzelle
zwischen ^3 — V2 gelegen. Stiel kurz, hyalin, hinfällig.
Auf Carlina vulgaris: Prencov in Ungarn, leg. A. KmeT im
August 1899!
Auf Carlina longifolia: Boikovo nächst Stauimaka in Bulgarien,
leg. K. MalKOFF im August 1905!
Ich vermute, dass Puccinia divergens eine ziemlich grosse Ver-
breitung hat, denn es scheint, dass auf Carlina vulgaris und Carlina
longifolia nur diese Art vorkommt. Sie ist vielleicht, ebenfalls wie
die nächsten verwandten Arten, eine Brachyform.
II. W. Zaieski: Über den Umsatz der Phosphorverbindungen
in reifenden Samen.
Eingegangen am 4. Februar 1907.
Bei dem Studium der Eiweissbildung in reifenden Samen bin
ich zu dem Schlüsse gekommen,^) dass das Reifen derselben seiner
chemischen Natur nach einen umgekehrten Prozess im Vergleich mit
deren Keimung darstellt.
Vorliegende Mitteilung stellt eine Weiterführung der oben ge-
nannten Arbeit dar und hat den Zweck die Umwandlungen der
Phosphorverbiudungen besonders des Eiweissphosphors beim Reifen
der Samen zu verfolgen und mit denjenigen zu vergleichen, die
während der Keimung derselben vor sich gehen.
Zuerst studierte AmTHOR^) die quantitativen Veränderungen,
welche verschiedene Phosphorverbindungen in reifenden Samen er-
leiden. Der Verfasser bestimmte die auf verschiedene Verbindungen
fallende Phosphormenge in 1000 FeYw- Samen während drei auf-
einander folgender Reifestadien. So z. B.:
6. September 30. September od. Oktober
Lecithin-P 0,0039 0,0042 0,0048
P-löslich in verdünnter Salz-
säure 0,0365 0,0422 0,0451
Eiweiss-P 0,0043 0,0037 0,0038
1) ZALESKI, diese Berichte, Bd. XXIII.
2) Amthor, Zeitschr. für physiolog. Chem., Bd. IX, 1885.
über den Umsatz der Phosphorvorbindungen in reifenden Samen. 59
Aus diesem Yersuclie kann man keinen bestimmten Schluss
üb^r den Umsatz der Piiosphorverbindungen während des Reifens
der Samen ziehen. So haben Lecithin und Eiweissstoife keine Ver-
änderung erfahren, da die Phosphormengen derselben in der Fehler-
grenze der Analyse schwanken, die Zunahme von Phosphaten aber
ist unbewiesen, da nach der Methode des Verfassers nicht nur diese,
sondern alle in Salzsäure löslichen Phosphorverbindungen bestimmt
wurden.
Demgegenüber hat IWANOFP^) das Schwinden der Phosphate
beim Reifen einio-er Samen auf dem ^Yege mikrochemischer Unter-
suchungen nachgewiesen.
Somit sind wir bis jetzt nur wenig unterrichtet über die
chemische Natur der Piiosphorverbindungen, die den reifenden
Samen aus anderen Teilen der Pflanze zuströmen, sowie über weitere
Umwandlungen derselben.
Unsere früheren Untersuchungen^) machen es schon a priori
sehr Avahrscheinlich, dass die Umsetzungen der Phosphorverbiudungen
in reifenden Samen denjenigen entgegengesetzt sein werden, die
während der Keimung- derselben vor sich gehen. Es müssen also
die Phosphate, welche während der Keimung der Samen durch den
Zerfall der organischen Phosphorverbindungen entstehen, beim Reifen
derselben in diese übergehen.
Um diese Frage zu entscheiden, haben wir wie früher die Ver-
suche mit unreifen, von der Pflanze losgelösten Erbsensamen aus-
geführt.
Die Samen wurden aus den Hülsen genommen und mit Hilfe
eines scharfen Messers in zwei gleichartige Teile zerlegt, um die
Eiweisssynthese zu beschleunigen.^)
Von den so halbierten Samen wurde eine Portion (Kontroll-
portion) sofort bei 70° getrocknet, eine andere aber in einen dunklen
und trockenen Raum auf drei Tage eingeführt und nach Verlauf
dieser Zeit, wie die erste getrocknet.
Die quantitative Bestimmung des auf verschiedene Verbindungen
fallenden Phosphors geschah in der früher beschriebenen Weise.*)
Der Phosphor aller bestimmbaren Verbindungen wurde als PoOg
berechnet und in Prozenten der Gesamt-P^, Og ausgedrückt. Da aber
die zum Vergleich dienenden Portionen, wie aus dem Nachstehen-
den zu ersehen sein wird, so gleichartig sind, dass ihre Gesamt-PoOg
nur in den Fehlergrenzen des Versuches unter sich differiert, so
1) Iwanoff, Jahrb. für wissensch. Bot., Bd. 36.
2) Zaleski, 1. c.
3) Z-ILESKI, diese Berichte, Bd. XIX, 1901.
4) Zaleski, diese Berichte, Bd. XXIII.
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV.
60 W. Zaleski :
können wir in diesem Falle alle bestimmbaren Verbindungen nicht
nur in Prozenten der Gesamt - PgOg, sondern auch absolut be-
stimmen.
Versuch I.
Nach dem Halbieren der Samen wurde eine Versuchsportion
derselben in den trockenen Raum auf drei Taoe einoeführt:
Koutrollportioü Versuchsportion
Gesamt-?., O5 0,2858 0,2896
Eiweiss-PoOg 0,0857 0,1394
Phosphatiden-?, 0. 0,0252 0,02(;0
Phosphat-?, 0/ 0,1020 0,0530
PoOg in organischen Phosphaten^)
" (Differenz) 0,0728 0,0702
Von der Gesamt-PoOg fallen auf:
Kontrollportion Versuchsportion
Eiweiss-P.Og 30,0 pCt. 48,1 pCt.
Phosphatiden-?,, O5 8,8 „ 9,0 „
Phosphat-?, O5 35,6 „ 18,3 „
?„ O5 iu organischen Phosphaten
" (Differenz) 25,4 „ 24,2 „
Versuch IL
Nach dem Halbieren der Samen wurde eine Versuchsportion
derselben in den trockenen Raum auf drei Tage eingeführt:
Kontrollportion Versuchsportion
Gesamt-?, 0, 0,3366 0,3427
Eiweiss-P.Og 0,1254 0,1496
Phosphatiden-?, O5 0,0321 0,0335
Phosphat-?, 0/ 0,1071 0,0841
PoOg in organischen Phosphaten
(Differenz) 0,0720 0,0755
Von der Gesamt-PaOg fallen auf:
Kontrollportion Versuchsportion
Eiweiss-P,Og 37,2 pCt. 43,6 pCt.
Phosphatiden-?, Og 9,5 „ 9,8 „
Phosphat-?, Og 31,8 „ 24,5 „
P, Og in organischen Phosphaten
(Differenz) 21,3 „ 22,0 „
1) Unter organischen Phosphaten verstehe ich die in 0,2 pCt. Salzsäure lös-
lichen organischen Phosphorverbiudungen.
über den Umsatz der Phosphorverbindungen in reifenden Samen.
61
Versuch III.
Nach dem Halbieren der Samen wurde eine Yersuchsportion
derselben in den trockenen Raum auf drei Tage eingeführt:
Kontrollportion Versuchspoi'tion
Gesamt-P.,05 0,3447 0,3436
Eiweiss-P^Og 0,1399 0,1711
Phosphatiden-P.Og 0,0292 0,0274
Von der Gesamt-P^, O5 fallen auf:
Koutrollportion Versuchsportion
Eiweiss-P.Og 40,6 pCt. 49,8 pCt.
Phosphatiden-PoOg 8,4 „ 8,0 „
Versuch V\ .
Nach dem Halbieren der Samen wurde eine Versuchsportion
derselben in den trockenen Raum auf drei Tage eingeführt:
Kontrollportion Versuchsportion
Gesamt-P.>0- 0,3400 0,3421
Eiweiss-P',0'5 0,1319 0,1672
Phosphat-P,0, 0,1020 0,0687
Von der Gesamt-PoOg fallen auf:
Kontrollportion Versuchsportion
Eiweiss-P.Og 38,8 pCt. 48,9 pCt.
Phosphat-P.Og 30,0 „ 20,1 „
Unsere Versuche mögen genügen, um klar darzulegen, dass nach
dem Halbieren der reifenden Samen eine Zunahme von Eiweiss-
phosphor in denselben stattfindet. So z. B. enthielten die reifenden
Samen am Anfang des ersten Versuches 30 pCt. Phosphor in Form
von Eiweissstoffen, nach dem Halbieren derselben aber war ihre
Menge auf 48,1 pCt. gestiegen. Es gingen also gegen 18 pCt.
Phosphor in eiweissartige Verbindungen wahrscheinlich in Nukleo-
albumine über.
Die Zunahme von phosphorhaltigeu Eiweissstoffen während des
Nachreifens der Samen steht im Zusammenhano-e mit der Abnahme
von Phosphaten, da sich die übrigen organischen Phosphor-
verbiudungeu in der Fehlergrenze der Analyse verändern. So z. B.
verschwanden im ersten Versuche je 17,3 pCt. der Phosphate und
dementsprechend nahm der Gehalt an phosphorhaltigen Eiweiss-
stoffen um 18,1 pCt. zu.
Es unterliegt also keinem Zweifel, dass die Bildung des Eiweiss-
phosphors beim Reifen der Samen ausschliesslich auf Kosten der
Phosphate stattfindet.
5*
62 W. ZALESKI: "
Die Frage über die Bildung- der Phosphatide und der organi-
schen Phosphate in reifenden Samen lässt sich derzeit nicht mit
Sicherheit beantworten, aber man kann es doch für wahrscheinlich
erklären, dass die Synthese dieser Verbindungen auch auf Kosten-
der Phosphate vor sich geht.
Zugunsten dieser Ansicht spricht die Analyse der Samen in ver-
schiedenen Stadien des Reifens derselben. Es sind besonders
wichtig für uns die quantitativen Bestimmunpen der Phosphor-
verbindungen in den Samen am Anfang des Reifens derselben, da
solche für spätere Stadien dieses Prozesses schon oben ange-
führt sind.
Daher führe ich eine der von mir ausgeführten Analysen der
Samen in sehr frühen Stadien des Reifens an.
Da aber HART und ANDREWS^) die Beweiskraft der quanti-
tativen Bestimmungen der Phosphate nach der Molybdänmethode in
Zweifel gezogen hatten, so suchte ich diese auch nach SCHULZE's
Verfahren^) zu bestimmen. Zu diesem Zweck wurde das Filtrat
vom Eiweissniederschlage mit Chlorcalcium und Ammoniak versetzt
und der dabei erhaltene Calciumphosphatniederschlag abfiltriert und
ausorewaschen. Darauf wurde dieser Niederschlag mit Ammoncitrat-
lösung versetzt und 24 Stunden lang stehen gelassen. Die Phosphor-
säure wurde dann in der üblichen Weise bestimmt.
Von den bei diesen Bestimmungen erhaltenen Zahlen teile ich
hier nur die folgenden mit:
Gesamt-P.Og 1,8805 pCt.
Eiweiss-PoOg 0,4336 „
Phosphatiden-Pg 0., 0,1500 „
Phosphat-Po Og nach der Molybdänmethode 1,1676 „
„ „ SCHÜLZE's Yerfahren 0,9852 „
PoO. in organischen Phosphaten .... 0,1298 „
Von der Gesamt-PaO^ fallen auf:
Eiweiss-PoOg 23,0 pCt.
Phosphatiden-P.Oß 8,0 „
Phosphat-Po Og nach der Molybdänmethode . 62,0 „
„ „ SCHULZE's A^erfahren . 52,4 „
PgOg in organischen Phosphaten .... 6,9 „
In dem angeführten Stadium des Reifens enthalten die Same»
eine sehr grosse Menge von Phosphaten (62 pCt.). Zwar haben wir
nach SCHULZE's Methode etwas geringere Zahlen (52,4 pOt.) für
Phosphate erhalten, aber das ist ganz verständlich, da nach diesem
1) Haet und Andrews, Americ Chemie. Journal, Vol. XXX, li)0;^.
2) Schulze und Castoeo, Zeitschr. für pbysiolog. Chem., Bd. 4L
über den Umsatz der Phosphorverbindungen in reifenden Samen. 63
A'erfahren Magnesiuniphosphat der Bestimmung entgeht. Somit ent-
sprechen unsere Bestimmungen der Phosphate nach der Molybdän-
methode der Wirklichkeit.
Es stellen also Phosphate am Anfang des Reifens der Samen
die hauptsächlichste Phosphorverbindung dar. Mit dem Fortschreiten
des Reifens aber verschiebt sich das Mengenverhältnis zwischen
Phosphaten und organischen Phosphorverbiudungen zugunsten der-
selben. So z. B. enthielten die Samen am Anfans; des Reifens
. 6,9 pCt. Phosphor in Form von organischen Phosphaten, während
in den späteren Stadien ihre Menge auf 25,4 pCt. gestiegen war.
Phosphate strömen den reifenden Samen aus anderen Teilen
der Pflanze zu und gehen hier in organische Phosphorverbiudungen
über. Dafür spricht auch die Analyse der Hülsen für sich allein.
So z. B.
Versuch I.
Die Hülsen am Anfang des Reifens der Samen:
Gesamt-P.O, 1,7326 pCt.
Eiweiss-P.Og 0,3408 „
Phosphatiden-P.Og 0,1104 „
Phosphat-P, O. 1,0597 „
PoOg in organischen Phosphaten . 0,2127 „
Von der Gesamt-PoOg fallen auf:
Eiweiss-P,0. 19,6 pCt.
Phosphatiden-P.,05 6,9 „
Phosphat-P, Og 61,1 „
P0O5 in organischen Phosphaten . . 12,3 „
Versuch H.
Die Hülsen kurz vor dem Gelb werden.
Gesamt-P.Og 0,8901 pCt.
Eiweiss-PgOg 0,1115 „
Phosphatiden-P.Og ...... 0,0512 „
Phosphat-P., Og 0,6220 „
P0O5 in organischen Phosphaten . 0,1054 „
Von der Gesamt-PoOg fallen auf:
Eiweiss-P^Og 12,5 pCt.
Phosphatiden-P^.Og 5,6 „
Phosphat-P.Og " . 69,8 „
PoOg in organischen Phosphaten . . 11,8 „
Wie man sieht, waren die Hülsen sehr reich an Phosphaten, da
ihre Phosphormenge 69 pCt. des Gesamtphosphors betrug.
64 W. ZALESKI:
überblickt man unsere Beobachtungen, so wird man zu der An-
sicht gedrängt, dass Phosphate die einzige Phosphorverbindung dar-
stellen, die in reifenden Samen als Material für die Bildung anderer
Phosphorverbindungen dient.
Es ist nun die Frage zu stellen, auf welche Weise sich die
organischen Phosphate und Phosphatide beim Reifen der Samen aus
Phosphaten bilden.
Wir haben schon oben gesehen, dass nach dem Zerschneiden
der reifenden Samen keine Vermehrung der oben genannten
Phosphorverbindungeu beobachtet wurde. Es bedarf also zu ihrer
Bildung anderer Bedingungen, als sie zur Synthese von phosphor-
haltigen Eiweissstoffen nötig sind.
Der experimentellen Forschung muss es überlassen werden, die
Frage nach den Bedingungen der Bildung der Phosphatide und der
organischen Phosphate zu entscheiden.
Es geht also in reifenden Samen ein Umsatz der Phosphor-
verbindungen vor sich, der demjenigen ganz entgegengesetzt ist, der
sich in keimenden Samen abspielt. Während der Keimung der
Samen zersetzen sich die organischen Phosphorverbindungen unter
der Bildung von freien Phosphaten, die beim Reifen derselben in
organische Phosphorverbindungen übergehen.
Diese Tatsache ist um so auffallender, als die reifenden Samen
dieselben Enzyme enthalten, die auch bei der Keimung derselben zum
Vorschein kommen.
So habe ich vor kurzem^) nachgewiesen, dass die unreifen Samen
proteolytische Enzyme enthalten. Man kann auch zeigen, dass diese
Samen ein Enzym enthalten, das den Zerfall der pliosphorhaltigen
EiweissstofPe hervorruft.
Zu diesem Zweck wurden die unreifen Samen bei 37° ge-
trocknet, fein pulverisiert und in diesem Zustande zu den Versuchen
benutzt. Darauf wurden vier Portionen dieses Präparates in Kolben
gebracht, mit Wasser unter Toluolzusatz versetzt und auf 10 bis
13 Tage der Autodigestion bei 37° unterworfen. Zur Kontrolle
wurden zwei Gefässe vorläufig eine Viertelstunde lang im Wasser-
bade erhitzt. Nach beendigtem Versuche wurde PoO^ der Eiweiss-
stoffe bestimmt und in Prozenten der ursprünglichen Substanz (des
Präparates) ausgedrückt. So z. B.:
Versuch I.
Autodigestionsdauer 13 Tage.
f,^ekocht ungekocht
Eiweiss-P^Og. . 0,8000 pCt. 0,2574 pCt.
1) ZALESKI, diese Berichte, Bd. XXIII, 1905.
über deu Umsatz der Phosphorverbiudungen in reifenden Samen 65
Versuch IL
Autodigestionsdauer 10 Tage.
gekocht ungekocht
Eiweiss-P.O^ . . 0,7985 pCt. 0,3021 pCt.
Versuch III.
Autodigestionsdauer 12 Tage.
gekocht ungekocht
Eiweiss-P,05. . 0,8000 pCt. 0,3015 pCt.
Aus den angeführten Versuchen ist zu ersehen, dass sich die
phosphorhaltigen Eiweissstoffe der reifenden Samen enzymatisch
zersetzen.
Ob ein und dasselbe Enzym die Phosphorabspaltung aus Eiweiss-
stoflfen und die Zersetzung derselben hervorruft oder zwei ver-
schiedene davon vorhanden sind, ob auch die proteolytischen Enzyme
der reifenden Samen mit denjenigen der keimenden identisch sind,
bleibt zu erforschen.
Von Wichtigkeit ist nun aber die Tatsache, dass die Um-
setzungen von Eiweissstoffen während des Reifens der Samen den-
jenigen während der Keimung entgegengesetzt sind, während bei
der Autolyse sowohl der keimenden als auch der reifenden Samen
ein gleicher Abbau von Eiweissstoffen stattfindet.
Die wahrscheinlichste Deutung dieser Erscheinung gibt uns der-
zeit die Lehre von der Umkehrbarkeit der enzymatischen Reaktionen.
Vom Gesichtspunkte dieser Ansicht aus wird das Vorhandensein und
die Rolle der Protease in reifenden Samen verständlich.
Dieser Annahme nach ruft ein und dasselbe Enzym nicht nur
den Abbau, sondern auch den Aufbau irgend einer Verbindung
hervor.
Mit Recht schreibt HOFMEISTER:^) „Wenn sich herausstellen
sollte, dass die Reversibilität der Fermentvvirkung allgemeinere
Gültigkeit hat, wie einfach Hesse sich dann der zweckmässige Ver-
lauf einer grossen Anzahl der wichtigsten physiologischen Vorgänge
deuten."
Zugunsten der Reversibilität der proteolytischen Reaktionen
spricht die Tatsache, dass solche für einige Verbindungen aus der
Reihe der Kohlenhydrate, Fette und Glykoside nachgewiesen ist.
So hat CßEMER^) nachgewiesen, dass glykogenfreier Presssaft
von Hefe nach Zusatz von 30 pCt. Fruktose die Glykogenreaktion
1) Hofmeister, Chemische Organisation der Zelle, 1901, S. 21.
2) CREMER, Ber. der Deutschen ehem. Ges., Bd. 32, 1899.
66 W. Zaleski: Umsatz der Phosphorverbindungen in reifenden Samen.
wieder zeigt. Es wurde auch die umkehrbare Wirkung der Lipose^)
und die Bildung von Amygdalin aus Mandelsäurenitrilglykosid und
Glukose durch die Vermittlung der Hefemaltose ^) beobachtet.
In anderen Fällen wurde nicht eine Reversion, sondern eine
Synthese von isomeren Verbindungen beobachtet. So wurde die
Synthese von Isolaktose ^) und Isomaltose*) statt der Lactose und
Maltose durch entsprechende Enzyme nachgewiesen.
Es drängt sich die A^ermutung auf, dass auch die Eiweissbildung
zu den reversiblen enzymatischen Reaktionen gehört. HÖBER ^) hat
die Meinuno- von der reversiblen Wirkun 2:8 weise der Proteasen aus-
gesprochen. Ich selbst habe in den zerriebenen Erbsensamen, die
nach Toliiolzusatz der Autodigestion bei Zimmertemperatur unter-
worfen waren, eine Reversion von eiweissartigen Verbindungen
nachgewiesen.^) Auf Grrund dieser Versuche hat auch SCHULZE'')
den Schluss gezogen, dass „der enzymatische Vorgang in den reifen-
den Erbsensamen reversibel (umkehrbar) ist".
Indem ich mich für die enzymatische Reversion der Eiweiss-
stofPe ausgesprochen habe, gab ich den von mir gefundenen Tat-
sachen nur die wahrscheinlichste Deutung, da es unbekannt blieb,
ob in diesen Versuchen eine echte Reversion von Eiweissstoffen
stattfand.
Es ist möglich, dass in den von mir ausgeführten Versuchen
nicht die Reversion von Eiweissstoffen, die am Anfang des Versuches
der Proteolyse anheimfielen, sondern anderer zunächst durch den
Zerfall derselben entstandenen eiweissartiger Verbindungen stattfand.
In jedem Falle ist die Voraussetzung der ümkehrbarkeit der
proteolytischen Vorgänge in reifenden Samen sehr verlockend, da
sie am besten die gefundene Tatsache erklärt, obschon die weitere
Lösung dieser Frage der Zukunft überlassen sein soll.
1) Kastle und LOEVENHART, Americ. Chem. Journ., 24, 1900; Kanriot,
Compt. rendus, t. 132, 1901, und MoHR, Wochenschrift für Brauerei, Bd. 19, 1902.
2) Emmerling, Ber. der Deutschen chem. Ges., Bd. .'34, 1901.
3) Fischer und Armstrong, Ber. der Deutschen chem. Ges., Bd. 35, 1902.
4) C. Hill, Journ. of Chem. Soc, Vol. 73, 1898. — EMMERLING, Ber. der
Deutschen chem. Ges , Bd. 34, 1901. Nach der letzten Mitteilung von HILL wird
Revertose und Maltose gebildet. Proc. Chem. M., Vol. 19, 1903.
5) HÖBER, Die physikalische Chemie der Zelle und Gewebe, 1902.
6) Zaleski, diese Berichte, Bd. XXIII, 1905.
7) Schulze, Landwirtschaftl. Jahrbücher, Bd. XXXV.
M. MüBIUS: Die Erkältung der Pflanzen. 67
12. M. Möbius: Die Erkältung der Pflanzen.
(12. Mitteilung aus dem Botanischen Garten zu Frankfurt a. M,)
Eingegangen am 11. Februar 1907.
Als Erkältung bezeichne ich eine Erscheinung der Kältewirkung
auf Pflanzen, die zwar in der Praxis den Gärtnern wohlbekannt ist,
deren Erwähnung in der botanischen Literatur ich aber bisher ver-
gebens gesucht habe. Es handelt sich um die Schädigung von
Pflanzen und Pflanzenteilen, die nur ganz kurze Zeit, nur etwa eine
Minute, der Einwirkung starker Kälte ausgesetzt werden. Ich über-
zeugte mich von dieser schädigenden Wirkung schon im Januar 1905
durch ein Experiment. Es war damals vormittags im Freien eine
Temperatur von — 5° C, und "der Obergärtnfer des hiesigen Botanischen
Gartens erwähnte im Gespräch, dass man bei dieser Temperatur
eine empfindliche Pflanze, ohne sie eingewickelt zu haben, nicht ein-
mal quer über die Strasse aus einem Haus ins andere tragen dürfe.
Ich konnte mir nicht vorstellen, in welcher ^Yeise die Kälte so
schnell einwirken solle; wir nahmen einen Stock der ßegonia metallica,
der im Warmhaus stand, trugen ihn in der Zeit von ein bis zwei
Minuten um das Gewächshaus herum und stellten ihn in das Warm-
haus zurück. Wirklich zeigten sich schon an demselben Tage braune
Flecken auf drei älteren Blättern, und diese Blätter gingen unter
solchen Erscheinungen, wie sie beim Erfrieren auftreten, zugrunde:
sie bekamen ein glasiges, dunkles Aussehen, hingen herab und ver-
trockneten. Die jungen Blätter und die Laubtriebe in den Achseln
der älteren Blätter gingen nicht ein. Von Eisbildung im Innern oder
auf der Oberfläche der Pflanze in der kurzen Zeit kann keine Rede
sein, denn eine flache Schale mit Wasser, die ebensolange der
Aussentemperatur ausgesetzt wurde, zeigte keine Spur von Eisbildung
auf der Oberfläche.
Die niedrigen Temperaturen, die in diesem Winter häufig auch
in Frankfurt auftraten, gaben mir Gelegenheit, noch einige ähnliche
Versuche anzustellen.
Am 3L Dezember 1906 war vormittags 9^2 Uhr im Freien eine
Temperatur von — 10,5 ° C, im Warmhaus von 17 °C. Aus dem
Warmhaus wurde ein Stock von Begonia metallica und je ein Zweig
von Tradescantia zebrina und Fittonia argyroneura^) genommen und
1) Diese Art ist vermutlicli identisch mit der, die Haberlandt in Graz
unter dem Xamen „levconeura^^ kultiviert und eine Varietät von F. gigantea, wie
68 M. MöBros:
mit dem Thermometer um das Gewächshaus herum wieder ins
AVarmhaus zurückgetragen; der Versuch dauerte wenig länger als
eine Minute, und das Thermometer fiel dabei auf 6 ° C, also um 11°.
Die Zweige wurden in ein Glas Wasser gestellt neben abgeschnittenen
Kontrollzweigen, die im AVarmhaus verblieben waren. Als ich um
127-. Uhr nachsah, war der Tradescantin-Z-welg bereits etwas welk,
die anderen scheinbar unverändert. Am Nachmittag war ich ver-
hindert, die Pfianzeu zu besichtigen; am nächsten Tage (1. Januar
1*J07) vormittags zeigte der Tradescantia-Zweig ein glasiges Aus-
sehen, wie erfroren; bei dem Fittonia-Zweig war das oberste Blatt
zwar welk, und ein anderes Blatt zeigte eingerollte Blattränder. Die
Kontrollpflauzen von Tradescantia und Fittonia waren noch ganz
frisch. Bei Begonia zeigten fünf ältere Blätter eingerollte Blatträuder,
während die jüngeren intakt geblieben waren. Am folgenden Tage
(2. Januar 1907) waren jene fünf Blätter noch mehr geschrumpft und
hatten in der Mitte ein glasiges Aussehen, auch zwei weitere Blätter
begannen die Ränder einzurollen. Später fielen natürlich die ge-
schädigten Blätter der Begonia ab, aber die Pflanze erhielt sich und
treibt weiter. Dieser Versuch bestätigte also den ersten, vor zwei
Jahren angestellten.
Mit dem Beginn des neuen Jahres bekamen wir Tauwetter und
Erwärmung; am 2. Januar war es morgens im Freien -}- 6,5 ° C. Ein
ßegoyiia-'^tock, der wie früher etwa eine Minute der Aussentemperatur
ausgesetzt wurde, während welcher Zeit das Thermometer des Warm-
hauses von 16° auf 12,5" sank, ertrug das ohne Schaden
Am 22. Januar, bei einer Aussentemperatur von — 10°C., vor-
mittags 9 Uhr, machte ich einen Versuch, um die Einwirkung der
Umhüllung und auch der Temperatur, in die der erkältete Zweig
zurückgebracht wurde, kennen zu lernen. Es wurden Zweige von
Callisia repens benutzt, und Kontrollzweige im Warmhaus, wo die
Pflanze kultiviert wurde, und im Gange, wo eine Temperatur von
3 — 4 ° herrschte, aufgestellt. Vier Zweige, von denen zwei in eine
leichte Papiertüte gesteckt waren, wurden 1^;'^ Minute der Aussen-
temperatur ausgesetzt, während welcher Zeit das Thermometer des
Warmhauses von 11 °C. auf 2,5 ° C. fiel. Von den vier Zweigen
wurden je ein frei getragener und ein eingehüllt getragener im
Warmhaus und im Gano- in Wasser oestellt. Nachmittao-s 3 Uhr
zeigte sich, dass die frei getragenen welk waren, also sich erkältet
hatten, während diejenigen, die mit dem Mantel ausgegangen waren,
letztere. Denn sie entbehrt, -wie F. gigantea, der eigentümlichen Lichtperzeptions-
organe, die bekanntlich Habeelandt für F. Verschaffeltii beschrieben hat. F.
anjyroneura ist also nicht als Varietät der letztgenannten Art zu betrachten, wie es
in einem bekannten gärtnerischen Werk angegeben -wird.
Die Erkältung der Pflanzen. Q^
sich uicht erkältet hatten, ohne Unterschied, ob sie naclier in das
Warmhaus oder in den Gang gestellt worden waren.
Am 23. Januar bei — l-l ° C. machte ich noch folgenden Versuch.
Ich tru«: zwei abgeschnittene Zweige von derselben Callisia wie beim
vorisfen Versuch aus dem Gewächshaus durch den Garten in mein
Arbeitszimmer, wobei sie ein bis zwei Minuten der Aussentemperatur
ausgesetzt wurden, den einen frei, den anderen in eine dünne
Papiertüte gehüllt und setzte sie hier in Wasser. Von beiden
wurde sofort ein Stückchen Blattepidermis abgezogen und unter dem
Mikroskop angesehen; es zeigte sich aber kein Unterschied, und eine
Veränderung bei dem frei durch die Luft getragenen Exemplar war
nicht zu bemerken. Bei diesem fingen nach etwa einer Stunde die
Blätter an, etwas welk zu werden, und die Schlaffheit nahm darauf
immer mehr zu, aber auch am Nachmittag konnte ich in der Epider-
mis dieser erkälteten Blätter mikroskopisch keine Veränderung be-
merken, obwohl doch gerade dieser am meisten exponierte Teil sie
zuerst hätte zeigen müssen. Ebenso erging es mir mit zwei Zweigen
von Fittonia, die ich am 2. Februar bei — 5 ° C. Kälte, den einen
frei, den andern in Papier gehüllt, aus dem Gewächshaus durch den
Garten in mein Arbeitszimmer trug. Schon nach einer Stunde be-
gann an dem frei getragenen Zweig das Welken, nach einer weiteren
Stunde bräunten sich die Blattränder und rollten sich ein, am nächsten
Tage war er ganz verwelkt. Übrigens erging es dem verhüllt ge-
tragenen Zweige nicht viel besser, nur trat das AVelken später ein.
Am 28. Januar, als es nur — 3 ° C. kalt war, trug ich je einen
unverhüllten Zweig von Callisia reperu und Centraclenia rubra aus
dem Warmhaus ins Arbeitszimmer, ohne dass sich die Pflanzen dabei
erkältet hätten.
Schliesslich will ich noch einen kleinen Versuch erwähnen, der
darin bestand, dass ich einen Zweig von Fitfonia bei einer Aussen-
temperatur von mehreren Graden unter 0"^ nur einmal durch die
Luft schwenkte und dann im Warmhaus ins Wasser stellte. Am
Nachmittag sah er so welk aus, dass ich dachte, er sei abgestorben,
am anderen Tage aber war er wieder frisch. Es scheint also, dass
er sich zwar erkältet hatte, aber die Schädigung noch zu überwinden
imstande war.
Wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, mich dieser Sache zu widmen, so
würde ich mehr Versuche angestellt haben, mit mehr Pflanzenarten,
mit verschiedenen Temperaturen, mit längerer und kürzerer Ex-
position. Aber auch aus diesen wenigen einfachen Versuchen geht
soviel klar hervor, dass eine beträchtliche Temperaturerniedrigung,
auch wenn sie so kurz dauert, dass von einer Eisbildung in der
Pflanze gar keine Kede sein kann, und eine sichtbare A'eränderung
der Pflanze während der Zeit der Exposition nicht eintritt, auf enip-
70 ^I- MÖBIUS: üie Erkältung der Pflanzen.
findlichere Gewächse einen derartigen „Reiz" ausübt, dass sie unter
denselben Erscheinungen absterben, wie Pflanzen, die erfroren sind.
Besonders bemerkenswert ist noch die bei Begonia beobachtete Er-
scheinung, dass die älteren, also nicht mehr so widerstandsfähigen
Blätter allein in dieser Weise geschädigt werden; die jüngeren, ob-
wohl zarter in der Struktur, haben doch offenbar eine grössere innere
Widerstandsfähigkeit, auf die es ja, wie bekannt, beim Ertragen der
Kälte allein für die Pflanzen ankommt. Die zarten Blüten von
Chimoncmthus fnigrans^ die im Winter im Freien geöffnet sind, habe
ich eine Temperatur von — 10°C. ohne Nachteil ertragen gesehen!
Eine Erklärung für die von mir hier beschriebene Erscheinung, für
die ich keinen besseren Namen finde als den der Erkältung, kann
ich nicht «'eben. . Man könnte hier von Störungen in der Plasma-
struktur und dergleichen sprechen, aber das sind doch nur Worte,
mit denen wir nichts anfangen können; wenigstens können wir uns
nicht vorstellen, warum eine Temperatur von —5° oder —10° solche
Störungen hervorruft, eine Temperatur von — 3 ° aber noch nicht.
Es gibt gerade bei dem Erfrieren der Pflanzen noch mehr solche un-
aufgeklärten Erscheinungen, vor allem die, dass gefrorene Pflanzen,
die diesen Zustand ertraoen und nach dem Auftauen weiterleben
können, doch getötet werden, wenn die Temperatur noch weiter er-
niedrigt wird, obwohl man meinen sollte, dass, wenn sie einmal ge-
froren sind, eine noch stärkere Abkühlung keinen Einfluss haben
würde. PFEFFER^) hat dies unter den Begriff des spezifischen Ultra-
minimums gebracht. So muss ich mich auch hier mit der Kon-
statierung der Tatsache begnügen, dass Pflanzen, wenn sie auch nur
eine Minute lang zu niedriger Temperatur ausgesetzt werden, sich
erkälten können, und dass die Folgen der Erkältung in einem Ver-
welken der ganzen Pflanzen oder ihrer empfindlichen Teile sichtbar
werden, dass also erkältete Pflanzen sich ähnlich verhalten, wie
Pflanzen, die in gewöhnlicher Weise durch längere Kälteeinwirkung
erfroren sind.
1) Pflanzenphysiologie, 2. Aufl. IL Bd., S. 299.
M. TSWETT: Zur Geschichte der Chlorophyllforschung. 71
13. M. Tswett: Zur Geschichte der Chlorophyllforschung.
Antwort an Herrn Marchiewski.
Eingegangen am l-'i. Februar 11>07.
"S'ermittels der von mir begründeten Adsorptionsanalyse sind
wir heute befähigt, die zahlreichen Komponenten des Chlorophyll-
farbstoffkomplexes zu entmischen und in reinem Znstande zu er-
halten. Die beiden fluoreszierenden, physiologisch wichtigsten Kom-
ponenten, die Chlorophylline („Chlorophyll" sensu stricto der
meisten Autoren) lassen sich zum ersten Male voneinander qualitativ
und quantitativ abtrennen.
Eine geläufige historische Ungerechtigkeit berichtigend, betonte
ich (diese Berichte 24, S. 389), dass das Verdienst, die Doppelnatur
der Chlorophylline entdeckt zu haben, vollständig SORBY gebührt,
und dass in der betreffenden Arbeit MarCHLEWSKI's und C. A. SCHUNCK's
nur eine Wiederholung — ich bezeichnete dieselbe als eine unglück-
liche — der Experimente SORBY's sowie HaRTLEY's zu finden ist.
Gegen diese Meinung glaubt Herr MARCHLEWSKI Einspruch erheben
zu dürfen (diese Berichte '24, S. 534), und da mir der Vorwurf ge-
macht wird, ich habe den Inhalt der Arbeit MARCHLEWSKI's und
SCHUNCK's falsch widergegeben, so kann ich nicht umhin, die
Richtigkeit meiner Auslassung näher zu begründen.
Ich hatte betont, dass M. und SCH. in ihrer deutschen Mit-
teiluno; die verdienstvolle Arbeit SüRBY's nicht einmal zitiert haben.
Zwar wird SORBY's Namen, wie mir Herr MARCHLEWSKI erwidert,
dreimal und selbst viermal erwähnt;^) ich kann aber nur wieder-
holen, dass die Arbeit SORBY's kein einziges Mal zitiert wird*)
und füge hinzu, dass SORBY's grundlegende Beobachtungen vollständig
verschwiegen werden, abgesehen von der unbegreiflichen falschen
Behauptung, SORBY habe seinem „gelben Chlorophyll" (Chloro-
phyllin ß) ein Absorptionsband in Grün beigelegt.^) Soweit mit dem
ersten Einwand MARCHLEWSKI's. Wir wollen jetzt sehen, ob die
anderen stichhaltiger sind.
1) Journ. für prakt. Chem. 62 (1900), S. 247, 254, 257, 259.
2) Dagegen wird in der englischen Mitteilung M. und S. die Arbeit SORBY's
zitiert, und seine Beobachtungen als ^very elaborate and important" bezeichnet
(Journ. of the Chem. Soc. 27 (1900), S. 1081).
3) SORBY (Proc. Roy. Soc. 21, S. 452) sagt ausdrücklich, dass gelbes Chloro-
phyll ein Absorptionsband im Blau besitzt. Dasselbe bezeugt das von ihm gegebene
Spektrogramm.
72 M. TswETT:
Als SORBY 1873 die schon von STOKES versuchte Entmischung
des Chlorophylls mittels Verteilung im zweiphasigen System Alkohol
-j- CSo wieder aufnahm, gelangte er nach sorgfältigen Operationen zu
der Feststellung, dass im Blattgrün zwei fluoreszierende, Rot ab-
sorbierende Farbstoffe vorhanden sind, welche er als „blaues" bezw.
„gelbes" Chlorophyll bezeichne (meine Chlorophylline a und /?,
MaRCHLEWSKI's „Chlorophyll" und „Allochlorophyll"). Obgleich
SORBY augenscheinlich keine vollständig reinen Präparate in den
Händen hatte (er gesteht es selbst betreffend „gelbes Chlorophyll"),
so vermochte er jedoch, wie ich jetzt bestätigen kann, einige richtige
Daten über die Absorptionsspektra der beiden Farbstoffe zu ge-
winnen.
Einige Jahre später: SACHSSE,^) welcher das Chlorophyll nach
Kraus entmischte, beobachtete in der gereinigten „Xanthophyll-
schicht" das Hauptabsorptionsband des Chlorophyllins ß (640 bis
650 ^/t). Er glaubte jedoch dieses Band, sowie die entsprechende
Fluoreszenz gehören dem „Xanthophyll". SaCHSSE stellte auch fest,
dass dieses rote vermeintliche Xauthophyllband die zweite „schatten-
ähnliche" Hälfte des Hauptabsorptionsbandes einer verdünnten
■Chlorophylllösung erzeugt.
Im Jahre 1891 erscheint die HARTLEY'sche Untersuchung.^^
Mittels Ba(0H)2-Fällung einer alkoholischen Chlorophylllösung er-
hält HaRTLEY einen grünen Niederschlag, welcher als das un-
veränderte „blaue Chlorophyll" enthaltend betrachtet wird, und
ein gelbes Filtrat, „gelbes Chlorophyll*' genannt, worin unter
anderen ein Absorptionsband im Rot (Mittelpunkt bei 660 fiix) be-
stimmt wird.
Wir kommen jetzt zu MARCHLEWSKI's und SCHUNCK's Arbeit
(loc. cit.). Diese Forscher nehmen als Ausgangspunkt der Unter-
suchung HARTLEY's Versuche vor. Es wird zuerst auf chemischem
"Wege gezeigt, dass HARTLEY's „blaues Chlorophyll" unmöglich ein
genuiner Farbstoff der Blätter sein kann, was übrigens schon mit
voller Evidenz aus seinem Spektrum zu folgern war.
Zweitens wird das gelbe Filtrat des Barytniederschlages unter-
1) Sachsse, Chemie und Physiol. der Farbstoffe, S. 382, Leipzig 1877. —
Diese Arbeit wird von M. und SCH. nicht erwähnt. Überhaupt scheint Marchlewski
mit der Chlorophyll-Literatur wenig bekannt zu sein, wie z. B. aus seiner angeblich
möglichst vollständigen Zusammenstellung derselben in sciuer Chlorophjll-
monographie (1895) erhellt. Für die Periode 1884—1894 (die frühere ist aus
TSCHIRCH entnommen) fehlen wenigstens die zwei Drittel der einschlägigen
Literatur, und die angeführte wird oft nur nach Referaten zitiert. (Siehe die von
mir für die Periode 1884—1900 gegebene Zusammenstellung [Trav. de la Soc. des
Natural, de Kazan 35 (1901)J.)
2) HARTLEY, Journ. of the Chem. Soc. 59, S. 106.
Zar Geschichte der Chlorophyllforschung. Antwort an Herrn MARCHLEWSKI. 73
sucht und darin, mit HARTLEY angeblich übereinstimmend, ein rotes
Absorptiousband beobachtet, dessen Mittelpunkt aber bei 645 /xi^i
auo-eoeben wird. Über die Ursachen dieser Diskrepanz zwischen
HARTLEY's Beobachtungen und den ihrigen sagen MARCHLEWSKI
und SCHUNCK nichts, sie scheinen ja dieselbe übersehen zu haben!
Die gelbe „Filtratlösung" wird nun mit CSo ausgeschüttelt, welches
hauptsächlich Xanthophyllfarbstoffe aufnimmt, während die alkoho-
lische Schicht grün wird. Es wird darin ein grüner Farbstoff ver-
mutet, übrigens ohne jeglichen Grund, da über die optischen Eigen-
schaften des neuen Farbstoffes die Verfasser nur wissen, dass er ein
schmales Absorptionsband bei 645 /</t besitzt!^) Wenn jetzt in
seiner Erwiderung Herr MARCHLEWSKI gelten lassen will, er sei
mit C. A. SCHUNCK „zum erstenmal im Stande gewesen, den zweiten
grünen Farbstoff frei von Chlorophyll und den Xanthophyllfarbstoffen
zu untersuchen'% so widerspricht er sicli selbst in flagrantester Weise,
denn in seiner (mit SCHUNCK verfassten) Abhandlung wird ausdrück-
lich und vermittels zwei Methoden die Verunreinigung des betreffen-
den Präparates durch Xanthophyllfarbstoffe bewiesen! (S. 254 der
deutschen, S. 1087 der englischen Mitteilung). Um nun die Prä-
existenz des aus einem einzigen schmalen Absorptionsband kon-
struierten hypothetischen grünen Farbstoffes in den Blättern zu
demonstrieren, benutzten MARCHLEWSKI und SCHUNCK die ent-
sprechende Methode SORBY's. Die Experimente dieses Forschers
wurden einfach wiederholt") und seine Resultate betreffend das rote
Absorptionsband des „gelben Chlorophylls" wiedergefunden. Auch
hier wurden aber keine optisch reinen Präparate erhalten, wie dies
die spektralanalytische Untersuchung meiner Reinpräpavate (SORBY's
Beobachtungen in den Hauptzügen bestätigend) beweist. Ent-
sprechende Daten habe ich schon publiziert, und wenn MARCHLEWSKI
irrtümlich behauptet, dass meine Bemängelungen seiner und SCHUNCK's
Äusserungen betreffs des Spektrums des Chlorophyllins ß und seiner
relativen Menge in Rohchlorophylllösungen durch keine experi-
mentellen Beweise gestützt seien, so kann ich ihm nur eine aufmerk-
samere Lektüre meiner Mitteilung empfehlen. Ausführliche Daten
über die Spektra der Chlorophylline werde ich übrigens in einem
nächstfolo-enden Aufsatz mitteilen.
1) S. 254 der deutschen Mitteilung.
2) S. 1088 der englischen Mitteilung steht es richtig: The existence of this
colouring matter can be shown, however, hj another method, namely that of
SORBY. . . . Our experiments -wero made on similar lines to SORBY's. In der
deutschon Mitteilung, S. 254, wird nur gesagt, die Verfasser haben versucht,
den neuen Farbstoff nach der SORBY'schen Methode wenigstens teilweise zu
isolieren. Diese Darlegungsweise lässt wohl den Leser denken, man habe nur die
SORBY'sche Entmischungsmethode (etwa wie die KRAUS'sche) benutzt.
74 F- G- KOHL:
Auf Grimd alles Yorhero-ehenden o-laube ich wohl mit Recht be-
haupten zu könuen, dass MaRCHLEWSKI und C. A. SCHUNCK den
Entdeckungen SORBY's betreffs der Doppelart der Chlorophylline
nichts hinzuo-efügt haben, und dass ihre betreffenden Untersuchungen
vielmehr einen Rückschritt bedeuten.
14. F. G. Kohl: Über das Glykogen und einige Erscheinungen
bei der Sporulation der Hefe.
Mit Tafel I und l' Textfiguren.
Eingegangen am 18. Februar 1907.
Das Glykogen rertritt bei der Hefe wie auch bei vielen Bakterien
und Pilzen uud bei den Cynanophyceen unter den Algen die Stärke
und ist in ansehnlicher Menge in den Hefezellen enthalten; etwa
32 pCt. vom Trockengewicht kann der Glykogengehalt betragen
(Laurent).^) Es ist jedoch nicht richtig, dass Glykogen bei der
Hefe, wie es häufig geschieht, ausschliesslich als Reservestoff an-
zusehen. Nach in der Ijiteratur verbreiteten Ans-aben soll man es
am reichlichsten in ruhenden, nicht sprossenden Hefezellen finden,
wogegen während lebhafter Gärung und damit Hand in Hand gehen-
der, lebhafter Sprossung der Glykogengehalt stark sinken soll, um
am Schlüsse oder gegen das Ende der Gärung wieder auffällig zu
steigen.
, Wie in den stärkeftthrenden ReservestofPbehältern durch die
Stärkebilduug das DifiFusiousgefälle für den Einstrom des Zuckers
fortwährend auf der nötigen Höhe gehalten wird, so ist bei der Hefe
das Glykogen zweifellos Regulator und Bedingung für den Zucker-
einstrom in die gärende Zelle. Für diese Funktion muss das Gly-
kogen deshalb als besonders geeignet erscheinen, weil es nicht durch
das lebende Plasma nach aussen exosmieren kann. Da nun aber
lebhafte Sprossung und lebhafte Gärung, d. h. Zuckerspaltuug zu
koinzidieren pflegen, würde also gerade das Gegenteil von der ver-
breiteten Ansicht zweckentsprechend und darum bei der Hefe als
verifiziert zu erwarten sein, nämlich Glykogenreichtum zur Zeit der
stärksten Zuckerspaltung und des intensivsten Kohlenhydratverbrauchs
1) Laurent. Ann. Inst. Pastcur. Tome III, p. 113. 362, ISSi). Compt. rend.
Tome 137, p. 451, 1903.
Das Glykogen und einige Erscheinungen bei der Sporulation der Hefe. 75
ZU Waclistiimszwecken. Dagegen könnte man freilich einwenden,
das» ja durch den fortwährenden Zuckerverbrauch während der leb-
haften Gärung hinreichend für die Wiederherstellung des DifPusions-
gefälles gesorgt sei, und es ist klar, dass darüber nur die Feststellung
des Glykogengehaltes der lebhaft gärenden Hefe entscheiden kann.
Ich untersuchte daher ruhende Hefe {Saccharomyces cerevisiae) und
konstatierte und fand auf mikrochemischem Wege stets bescheidene
Glykogenmeugen, d.h. eiue relativ schwache Bräunung des Yakuolen-
inhalts. Als ich nun sterilisierte Bierwürze mit dieser Hefe impfte
und bei 25 ° C. kultivierte, so dass eine mächtige Gärung mit starker
Schaumbildung eintrat und während dieses Stadiums entnommene
Hefe auf Glykogen untersuchte, zeigte es sich, dass die Zellen jetzt
auffallend reicher an Glykogen waren als vorher. In den Fig. A^ a— e
Taf. I habe ich solche sprossende Hefe nach Zusatz von Jodkalium
abgebildet. Es ist daher das Glykogen nicht ausschliesslich als
Reservestoff zu betrachten, sondern als ein wichtiges Zwischen-
produkt im Prozess der Alkoholgärung; ja, es wäre nicht aus-
geschlossen, dass erst das Glykogen zu Traubenzucker und Isomaltose
abgebaut, der Spaltung in Alkohol und Kohlensäure durch die Zymase
unterliegt, dass also die Hexosen nicht direkt, sondern immer über
das Glykogen hinweg verarbeitet w^erden. Dass der Hefe von aussen
angebotenes Glykogen nicht vergärt wird, will selbstverständlich in
dieser Frage nichts besagen, weil das Glykogen ebensowenig in die
Hefezelle endosmieren wird, wie es aus ihr zu exosmieren vermao-.
Zerriebene Hefe, Hefechloroformwasser und Hefepresssaft spalten,
wie sicher nachgewiesen werden konnte, das Glykogen (MEISSNER,^)
Cremer, '0 Buchner und Rapp).^) Die katalytische Wirkung der
Hefe auf die Hydrolyse des Glykogens ist ausserdem durch die Be-
obachtung garantiert, dass Hefepresssaft auch in entgegengesetzter,
synthetischer Richtung katalysiert, indem er selbst glykogenfrei, auf
Zusatz von Fruktose oder Dextrose Glykogen aufbaut (CreMER).^)
Ob vor der Wirkung der Zymase auf das Glykogen noch ein diasta-
tisches Enzym eingreift, oder ob die Hefezelle ein besonderes glykogen-
spaltendes Enzym produziert, ist noch ebenso weiter zu untersuchen
wie die Natur der Glykogenabbauprodukte, die noch in mehrfacher
Richtung kontrovers ist.
Auch bei den Pilzen scheint mir die Reservestoffnatur des Gly-
kogens durchaus strittig. Reservekohlenhydrate würden wir vornehm-
lich in den Sporen zu erwarten haben; da wird aber nicht Glykogen,
sondern Fett gespeichert. Glykogen fand man bei der Keimung der
1) R. Meissner. Centralbl. für Bakt. (II), Bd. VI, S. 517, 1900.
2) M. CßEMER. Münchner mediz. Wochenschr. 1894, H. 1.
3) Buchner und Rapp. Ber. der ehem. Ges., Bd, 31, S. 214, 1898.
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV. g
76 1^'- ß- KOHL:
Mucorineensj)oreii erst in den Keimschläuchen; ferner ist in den
Sklerotien des Mutterkorns, wie wir erwarten sollten, nicht Glykogen
deponiert, sondern wir sehen solches auch hier erst bei der Sklerotien-
keimung in den Hyphenzellen aus dem Fett des Reservemagazins
hervorgehen. Nur wenn man den Begriff Reservestoff weiter fasst,
indem man z. B. im Stoffwechsel vorübergehend abgelas^erte Stärke
in den Chloroplasten der assimilierenden Blattzellen oder die trausi-
torische Stärke in deu Leitbahnen Reservestärke nennt, wäre auch
öfters das Glykogen als Reservestoff zu betrachten.
Die experimentell begründete Beantwortung der Frage, ob die
Zymase der Hefezelle direkt den aufgenommenen Zucker endo-
enzymatisch verarbeitet, oder ob die eingetretene Hexose zunächst
erst zu Glykogen wird und sodann erst durch enzymatische Spaltung
des Glykogens einerseits das Material für die Zymasetätigkeit, anderer-
seits für Ernährungs- und Wachstumsprozesse entsteht, ist der späteren
Entscheidung vorbehalten, zu der ich demnächst einen l^eitrag zu
liefern gedenke. Hier möchte ich nur auf zwei Erscheinungen auf-
merksam machen, welche mir bei der Untersuchung sprossender
Hefezellen auf Glykogen entgegentraten und die gewiss einiges
Interesse beanspruchen dürfen.
Erstens zeigt es sich ausserordentlich klar, dass die Hefezelle,
wenn sie mehrere Vakuolen führt, häufig die Glykogenspeicherung
nur auf eine oder einige derselben beschränkt, während die andere
oder die anderen vollkommen glykogenfrei bleiben. In den Fig. A,
a — ^, Taf. I habe ich mit Jodjodkalium behandelte Sprosshefe ab-
gebildet. In vielen Zellen nimmt bei der gerade vorhandenen Lage
der Zelle eine glykogenhaltige Vakuole das ganze Zentrum der Zelle
ein (rt a a). In anderen dagegen, bei denen im optischen Quer-
schnitt einige Vakuolen nebeneinander lagern oder dicht überein-
ander, erblickte ich einzelne vollkommen hell neben den dunkel-
braun, gefärbten, glykogenerfüllten Vakuolen {b b b). Die glykogen-
haltigen Vakuolen zeigen bei Anwendung von Immersionsvergrösserung
einen ganz fein gekörnelten Inhalt; die glykogenfreien Vakuolen da-
o-eo-en einen »lasklaren, vollkommen homogenen. In letzteren
schwimmen ausschliesslich jene sonderbaren, meist kugeligen, stark
lichtbrechenden Gebilde, die man irrtümlicherweise für in die Vakuole
ausgestossene Eiweisskrystalloide erklärt hat, was sie ihren Reaktionen
nach entschieden nicht sind, in Ein- oder Mehrzahl herum und führen
die sonderbaren Tänze auf, bei denen sie oft gegen die Vakuolen-
wand getrieben werden oder zitternd mehr in der Mitte der Vakuole
verbleiben. Niemals habe ich in glykogenführenden Vakuolen diese
Tanzkörnchen auffinden können.
Noch in einer anderen Richtung ist die Glykogenreaktion wert-
voll. Es ist bekanntlich nicht leicht, den Zellkern der Hefe ohne
Das ül\kogen und einige Erscheinungen bei der Sporulatinn der Hefe. 77
Fixierimg, Härtung und Tinktion mit geeigneten Mitteln deutlich
sichtliar zu macheu. Es muss dies seinen Grund hauptsäclilich darin
haben, dass das Lichtbrechungsvermögen des Hefecytoplasma und das
des Hefezellkerns einander sehr nahe kommen, denn sonst müsste es
leichter sein, den Kern in der unbehandelten Hefezelle zu entdecken,
denn er ist keineswegs klein, nämlich etwa 1,5 — 'In. Der Kern der
Hefezelle ist häufig wandständig, wie das Studium der gefärbten
Zellen ergibt. Da er bedeutend dicker ist als die der Zellwand an-
liegende Cytoplasmaschicht, so muss er sich in die Vakuole liinein-
wölben. Das sieht man nun in überraschender Klarheit und Schärfe,
wenn man die Glykogenreaktion mit Jodjodkalium ausführt. Liegt
der Kern im optischen Querschnitt, so ragt er mit elegantem Kontour
in den braunen Yakuoleninhalt als farblose, glasklare Masse hinein
(c c (■). Liegt er an der oberen oder unteren Seite der Zelle, so
sieht man den Kern als meist runden oder elliptischen, weissen
Fleck die braune Färbung unterbrechen {d). Ist das Auge dann ein-
mal orientiert und akkomodiert, so erblickt es unschwer, (hiss der
Kern mehrere Einschlüsse enthält, ein oder zwei Eiweisskrystalloide
und den JS^ucleolus. Über diesen Gegenstand werde ich in kurzer
Zeit ausführlich berichten.
Bekanntlich ist die Hefezelle zu einer eminenten Eiweiss-
speicherung befähigt. Das Cytoplasma enthält in wechselnder Zahl
Eiweisskrystalloide von variabler Grösse. Man hat sie bisher als
Grana- oder Mikrosomen der Hefezelle bezeichnet: Namen, welche
man streichen sollte, da es sich um dieselben Eiweisskrystalloide
handelt, die wir auch sonst so häufig im Kern und dem Cytoplasma
sowie in den Chromatophoren antreffen. Ich habe sie im Anschluss
an die entsprechenden Gebilde in der Cyanophyceenzelle genauer
untersucht und berichte demnächst eingehend über ihre physiologische
Bedeutung. Die Cytoplasmakrystalloide liegen in der oft äusserst
dünnen Plasmatapete und ragen, wenn man genau auf die Mitte der
Zelle einstellt ein wenig in die Vakuole hinein. In der ungefärbten
Zelle sieht man die ungefärbten Krystalloide zwar, aber sicher nicht
leicht, und man ist nie sicher, ob man sie nicht mit anderen Ein-
schlüssen verwechselt. Massgebend können in bezug auf sie natür-
lich nur Präparate sein, in denen gut fixiertes und gehärtetes
Material zweckentsprechend gefärbt wuu'de. Will man aber rascher
die Krystalloide des Cytoplasma sehen oder zeigen unter Benutzung
eben der Kultur entnommenen Materials, so ist wiederum die Gly-
kogenreaktion von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Stellt man
nämlich das Mikroskop auf eine mit Jodjodkalium braungefärbte
Glykogenvakuole ein, so bemerkt man, wenn im daselbst befindlichen
Cytoplasma Eiweisskrystalloide liegen, weisse Flecken auf braunem
6*
78 F. G. KOHL:
Grunde, die Eiweisskrystalloide bleiben farblos und heben sich von
der dunkleren Umgebung deutlich ab, wie ich in der Fig. A, e, Taf. I
absebildet habe.
o^
Einige Beobachtungen über die Sporulation der Hefe.
Bei der mikrochemischen Untersuchung sporenbihlender Hefe
fielen mir folgende Erscheinungen auf, über welche ich demnächst
sehr ausführlich und an der Hand vieler Zeichnungen und Mikro-
photogramme berichten werde, hier aber nur einige kurze Mit-
teilungen machen will. Die noch membranlosen Sporen sind ein-
gehüllt in eine Unzahl runder, lichtbrechender Körner, welche mit
der Ausbildung der Sporenmembran sich verkleinern bezw. ver-
schwinden. Der Fettgehalt der Sporenmutterzellen ist meist
sehr gross vor der Sporulation, während der Sporenbildung erscheint
auch ein wenig Fett in den jungen Sporen. Die Sporenmutter-
zellen sind reich an Glykogen, welches aber während der Aus-
formung der Sporen verschwindet. Die der Fertigbildung sich
nähernden Sporen enthalten wenig oder gar kein Glykogen.
Was nun die zuerst genannten kugeligen Körnchen anlangt, so
muss ich dieselben nach ihren Reaktionen und Funktionen für Eiweiss-
krystalloide halten, die sich ja in den normalen Hefezellen in grosser
Menge in der verschiedensten Grösse vorfinden. Bei der Sporen-
bildung scheinen sie sich an der Peripherie der jungen, noch mem-
branlosen Sporen anzusammeln und in dem Masse zu verschwinden
oder an Masse abzunehmen als die Membran in die Dicke und Fläche
wächst. Diese Ansammlung kann man deutlich aus den Fig. /?, a — e,
Taf. I, ersehen. In Fig. ß, b ist bereits innerhalb der Körnersphäre
die Membran sichtbar, die Körnchen sind deutlich kleiner geworden.
In Fig. B^ d ist auf die Oberseite der obenliegenden Tetradenspore
eingestellt, da erscheinen die Krystalloide am schärfsten und dunkelsten,
ebenso in Fig. /?, e; doch sind auch die Körnchen in der Umgebung
der Oberseite der untenliegenden Sporen in Fig. B, d noch deutlich
zu sehen. Yor der Sporenbildung sind die Krystalloide im Cyto-
])lasma der Mutterzelle annähernd gleichmässig verteilt (Fig. 5,/).
Der Fettgehalt der Sporenmutterzellen ist, wenn auch natur-
gemäss variabel, so doch im allgemeinen gross; mit Sudan III be-
kommt man Bilder wie in Fig. 6', a—c. Wendet man neben Sudan HI
gleichzeitig LOEFFLER's Methylenblau an, so nehmen die Krystalloide
liäufig eine violette Färbung an, während die Fetttropfen ihre orange-
rote Farbe beibehalten wie Fig. (\ d zeigt. Bei der Sporenbildung
habe ich nun immer beobachten können, dass das Fett sich über den
jungen Sporen ausbreitet, so dass dieselben oft geradezu in eine Fett-
schicht eingehüllt sind, wie die obenliegende Spore in Fig. C, /' zeigt.
Das Glykogeu und einige Erscheinungen bei der Sporulation der Hefe. 79
Später zieht sich das Fett in den Zwischenraum zwischen den Sporen
zufück, wie in Fig. 6', e und g wiedergegeben ist. Ich glaubte dieser
Erscheinung deshalb eine besondere Aufmerksamkeit schenken zu
sollen, da es einige Wahrscheinlichkeit hatte, in ihr den Grund für
die auffallend wechselnde Tinktionsfähigkeit der Hefesporen vor sich
zu haben. Bei den verschiedensten Tinktionsverfahren weichen näm-
lich die Sporen in ihrer Tinktionsfähigkeit nach zwei Richtungen
von der der gewöhnlichen Zellen ab; entweder sie färben sich gar
nicht, oder sie färben sich im Gegenteil so stark, dass man von ihrem
inneren Bau schwierig etwas erkennen kann. Im ersten Fall sieht
man inmitten ungezählter, vollkommen durchgefärbter Zellen, bei
denen Kern, Krystalloide, Cytoplasma usw. in klarer Weise durch
mehr oder minder reichliche Farbstoffspeicherung hervortreten, die
Sporenmutterzellen mit den dariuliegenden Sporen als hellgelbliche
Gebilde liegen, bei denen höchstens das Periplasma schwache Farben-
nüancen aufweist. Das Extrem scheint einzutreten, wenn die Sporen-
membran ein gewisses Entwicklungsstadium überschritten hat, die
ganze Spore erscheint als dunkelrotes, dunkelviolettes usw. Gebilde,
je nachdem Säurefuchsin, Karbolfuchsin, Gentianaviolett, Haemato-
xylin usw. angewandt wurde. Diese Differenz im Färbevermögen
bringt sogar öfters die Sporen einer Hefezelle in auffallenden Kon-
trast zueinander, wie man aus der Fig. 6', h ersieht, wo von drei
Sporen in einer Mutterzelle zwei total überfärbt, die dritte aber voll-
ständig ungefärbt erscheint. Wie ich oben erwähnte, sind diejenigen
Sporen häufig von einer Fetthülle umgeben, die erst später nach
dem Zentrum der Zelle zurückweicht; diese Hülle wird den Zutritt
der Farblösung zur Spore eventuell verhindern, daher die zahlreichen
ungefärbten Sporen mitten in gleichmässig durchgefärbten Präparaten.
Ich behandelte deshalb, wie es auch bereits H. MOELLER getan, vor
dem Färben mit Chloroform, das auch andere unter Umständen lästige
Stoffe: Lecithin, Cholesterine usw. entfernt; allein auch in solchen
Präparaten war die verschiedene Färbbarkeit der Sporen nicht ganz
beseitigt; wohl aber wesentlich vermindert. Die Sporenmembran ist
sicher in einem bestimmten Stadium ihrer Ausbildung aufnähme-
fähiger für die meisten Farbstoffe, die hier in Betracht kommen, als
vorher und nachher, so dass ich drei Zustände regelmässig neben-
einander hatte, den ungefärbten, den vollkommen überfärbten und
einen dritten Zustand, bei dem die Membran wenig. Kern, Krystalloide
und Cytoplasma aber in vortrefflicher Abstufung gefärbt waren.
Letzterer Zustand war der durchaus herrschende bei allen reifen
Sporen, die entweder noch von der Mutterzellenmembran umschlossen
oder bereits gänzlich frei geworden waren.
Die Membran der Sporen wird, nachdem sie als äusserst zartes
Gebilde angelegt ist, rasch dicker, um später wieder wesentlich,
80 F- ü- Kohl:
nicht nur relativ zur Sporengrösse, sondern auch absolut dünner zu
erscheinen.
Ob dieses auffallende Dünnerwerden Folge einer stattfindenden
Dehnung ist, kann natürlich ohne weiteres nicht entschieden werden,
ist aber sehr wahrscheinlich, da vor der Plasmolyse der Hefezelle
eine abnorme Volumenverkleinerung eintritt, die natürlich mit einer
Membrankontraktion verbunden ist
Im Sporenkern bildet sich bald das Kernkrystalloid aus, das die
Farbstoftspeicherung des Kerns wesentlich erhöht. Um den Sporen-
kern herum sieht man bald kleine im Cytoplasma eingelagerte-
Krystalloide. Der Fettgehalt der Sporen ist im allgemeinen gering,
mitunter sieht man aber auch schon in den noch in der Mutterzelle
eingeschlossenen Sporen kleinere Fettpartikelchen.
Das während der Sprossung so reichlich in den Hefezellen ge-
speicherte Glykogen nimmt vor der Sporenbildung bereits und noch
mehr während lerselben rasch ab. Manche sporenbildende Zellen
enthalten davon überhaupt nichts mehr, und die Sporen selbst kann
man geradezu als glykogenfrei bezeichnen, woran nichts geändert
wird, dass man hier und da einmal in der Spore Spuren von Glykogen
antrifft.
Wie verhält sich nun der Kern der Mutterzelle bei der Sporulation?
Ich bin lange im Zweifel darüber gewesen, ob sich dabei eine in-
direkte Kernteilung abspielt oder nicht. Bei der grossen Mannig-
faltigkeit der Inhaltstoffe in der Hefezelle sind Täuschungen leicht
möglich. Man lernt erst durch lange Übung und nur an der Hand
wohlgelungener Präparate die typischen Erscheinungen von denen,
die die immer wechselnde Umgebung vortäuschen kann, unter-
scheiden! Dabei muss stets im Auge behalten werden, dass bei der
kugelig-ellipsoidischen Form der Zellen gewisse Teilungsfiguren fort-
während von anderen Seiten gesehen werden können und sich dabei
naturgemäss fortwährend anders ausnehmen, bis man endlich immer
wiederkehrende Formen als regelrechte Typen erkennt.
Es ist bei rationell angefertigten, gut differenzierten Tinktions-
präparaten nicht schwer, den vollendeten Zerfall des Kerns der
Mutterzelle in zwei Tochterkerne zu erkennen, aber bei der Ver-
änderlichkeit der Gestalt des Hefekernes ist es doch mühsam, sieb
ein genaues Bild vom Zustandekommen der Kernhälften zu ver-
schaffen. Jedenfalls ist es durchaus notwendig, manche der in der
Zelle eingeschlossenen Stoffe vorher zu entfernen, ehe man an die-
Färbung der Präparate zum Zweck des Studiums der Kernteilung
geht. Wie ich bereits hervorhob, sorgt die Pflanze selbst für das
Verschwinden des Glykogens, das in der sporenbildenden Zelle
nur in geringer Menge vorhanden ist. Das Fett und ebenso Lecithin
und Phytosterine muss man durch eintägiges Einlegen der fixierten
Das Glykogen und einige Erscheinungen bei der Sporulation der Hefe. 81
und gut gehärteten Präparate in Chloroform vollständig entfernen.
Dann erst sebt man an die Färbuns^en, unter denen ich zu den Kern-
beobaclitungen die Eisenammoniakalaun-Haematoxylin- Methode und
die Säurefuchsin-Methode entschieden bevorzuge, wenn auch der
GRAM-Methode zu gewissen Zwecken kaum zu entraten ist.
Die Kernversorgung sowohl bei der Hefespro ssung als auch
bei der Sporenbildung vollzieht sich durch direkte Teilung des
Kernes der Mutterzelle. Immer wird der mehr oder minder kugelige
Kern unter Substanzzunahme fädig, die angeschwollenen Enden
rücken mehr und mehr auseinander, es entsteht die bekannte
Hantelform, die man, soweit sie bei der Hefesprossung er-
scheint, bereits kannte. Bei der Sporulation ist die Hantel,
wie ich jetzt beobachten konnte, meist wesentlich kleiner, so dass
man zwischen Hanteln, welche zur Kernversorgung der Sprossen
dienen, und Hanteln, welche den Sporen ihre Kerne zuführen, unter-
scheiden kann. Ich nenne die ersten einfach Sprosshanteln. Die
Spross hanteln sind meist so lang oder länger als der grösste
Durchmesser der Hefezelle; sie finden häufig, wenn gestreckt, nicht
Platz in der Mutterzelle und sind deshalb mehr oder weniger ge-
krümmt. Die Form der Ilantelköpfe ist äusserst wechselnd. Die
Sporenhanteln sind meist nur halb oder ein Drittel so gross wie
die Sprosshanteln. Die absolute Grösse jener schwankte zwischen
2 bis 3 /.t, die dieser zwischen 4 bis 10 /t, kann aber gelegentlich bis
zu 12 u steio-en. Diese Werte beziehen sich auf die Entfernung der
äussersten Punkte der Hantelköpfe, wenn man sich die Hantel gerade
gestreckt denkt. Auch die Gestalt der Sporenhanteln ist äusserst
variabel; auffallend bei ihnen ist die häufige Ungleichheit der beiden
Köpfe; möglich ist, dass der grössere Kopf einem Kerne das Dasein
schenkt, der dann eine weitere Teilung vollzieht, wie es z. B. bei
der dreisporigen Mutterzelle der Fall ist. Ich habe eine grosse An-
zahl der beiderlei Hanteln gezeichnet und mikrophotographisch auf-
o-enommen und werde sie in meiner ausführlichen Abhandlung ab-
bilden. Hier muss ich mich darauf beschränken, einige wenige der
Figuren zu reproduzieren, indem ich ausdrücklich auf die spätere
Publikation verweise. In Fig. D, a — c sind zwei sprossende Hefe-
zellen und eine ruhende mit ihren grossen Sprosshanteln gezeichnet,
in den Fig. D, cl-e daneben zwei die Sporenbildung vorbereitende
Hefezellen bei gleicher Vergrösserung mit je zwei Paaren von Sporen-
hanteln und in Fig. D, f noch sechs Sporenhänteln in der Form, wie
ich sie am häufigsten antraf, wiedergegeben.
Gehen aus der Mutterzelle zwei oder vier Sporen hervor, so
sind die Hautelköpfe annähernd gleich gross, und bildet sich nur
eine Spore aus, so unterbleibt jede Teilung. Man hätte daher folgende
Schemata der Kernteiluug bei der Sporulation:
82
F. G. KOHL:
a) Der Kern der Mutterzelle wird zum Sporenkern.
ß) Der Kern der Mutterzelle wird zur gleichköpfigen Hantel,
jeder Hantelkopf wird Sporenkern.
y) Der Kern der Mutterzelle wird zur ungleichköpf igen
Hantel. Der kleine Kopf wird direkt Sporenkern; der grosse
Kopf teilt sich durch Sekundärhantel in die beiden Kerne
der zweiten und dritten Spore.
d') Der Kern der Mutterzelle wird zur gleichköpfigen Hantel
(primären), jeder Kopf liefert eine Sekundärhautel, deren
Köpfe nun zu den Kernen je eines Sporenpaares werden.
Dass die Vorgänge sich so abspielen können, wie ich sie hier
angegeben habe, dafür scheint nun der Umstand zu sprechen, dass ich
in meinen Präparaten die meisten der geforderten Formen fand. Die
einsporig
zweisporig dreisporig
ohne restierenden Mutterzellenkern.
Fig. 1.
viersporig
Sporenbildung ist also simultan oder succedan. Bei zwei Sporen
ist deren Entstehung simultan, bei drei Sporen wird eine Spore
älter sein als die beiden anderen gleich jungen, bei vier Sporen sind
immer zwei gleich alt. Wie man sieht, weicht meine Auffassung,
die sich auf meine mikroskopischen Befunde aufbaut, von der
H. MOELLER's nur darin ab, dass die Sporen doch auch simultan
gebildet werden können.
MOELLER sagt: „Die succedane Ausbildung (der Sporen) kann
beispielsweise bei drei Sporen so verlaufen, dass wälirond zwei
Sporen bereits fertig ausgebildet sind, die dritte erst entsteht; oder
man findet alle drei in verschiedenen Altersstadien, was sich durch
verschiedene Grösse ebenso wie durch verschiedene Färbbarkeit zu
erkennen gibt. Bei vier Sporen pflegen entweder alle vier nach-
einander zu entstehen oder in Kreuzung mit zwei bereits reifen bilden
sich zwei junge Sporen gleichzeitig aus." Nach meiner Auffassung
liegt also eine simultane Ausbildung vor bei zwei Sporen, ferner
bei zwei von den drei Sporen, bei zwei Paaren der vier Sporen
einer Mutterzelle. Succedan wäre die Ausbiklung der ersten und
Das Glykogen und einige Erscheinungen bei der Sporulafion der Hefe. 83
der zweiten — dritten Spore der dreisporigen Zelle und succedau könnte
unter Umständen auch die Bildung der zwei Sporenpaare der vier-
sporigen Mutterzelle erfolgen, wenn nämlicli der eine Tochterkern
später zur Eukelkernhildung schreitet als der andere Tochterkern.
Den letzten Fall erblickte ich in den Zellen verifiziert, die ein Aus-
sehen bieten wie die in Fig. Z>, g Taf. I abgebildete, wo zwei
grosse Sporen neben zwei kleinen liegen, ein Fall, der gar nicht
selten ist.
Hiermit hängt nun aufs innigste die Frage zusammen, ob die
Mutterzelle ausserhalb der Sporen einen Kern birgt oder nicht?
Zweifellos wäre der Fall, dass bei der Sporenbildung der Mutterzelle
immer ein Kern verbleibt, denkbar, und die Sporenbildung müsste
dann etwa nach folgenden Schemata verlaufen:
emsporig
zweisporig dreisporig
mit restierendem Mutterzellenkern.
Fig. -2.
viersporig
Es liegt auf der Hand, dass der übrigbleibende Mutterzellenkern
bei der Sporenkeimuug mit dem Periplasmarest zugrunde gehen
müsste. Ist es demnach schon einigermassen unwahrscheinlich, so
habe ich mich doch an die Prüfung dieses Gegenstandes gemacht,
weil H. MOELLEE, dem wir Vortreffliches über die Hefe verdanken,
einen extrasporulären Kern mitunter sah. Er fand ihn jedoch nie-
mals, wenn vier Sporen in der Zelle ausgebildet waren; aus den oben
angeführten schematischen Bildern geht nun aber hervor, dass auch
bei der Vermehrung der Kerne durch direkte Teilung während der
Sporulation neben vier Sporen ein Mutterzellenkern übrig bleiben
könnte, und ebenso bei der Bildung einer beliebigen Zahl von Sporen.
In den zur Sporenbildung sich vorbereitenden Zellen fand
ich alle nur denkbaren Variationen der Kernteilung. Die Zelle be-
herbergt einen, zwei, drei oder vier Kerne, die entweder schon
isoliert sind oder zum Teil noch miteinander zusammenhängen; es
liegen also neben der Hantel auch freie Kerne oder gar zwei Hanteln
gleichzeitig in der Zelle. Nicht selten ist um einen Teil der Kerne
bereits die Spore angelegt, bei anderen Kernen ist davon noch nichts
84 F. G. KOHL: Das Glykogen und Erscheinungen bei der Spornlation der Hefe.
zu bemerken. Da man jedoch in solchen Fällen niemals wird sagen
können, ob sich um die zur Zeit der Herstellung des Präparates
noch freien Zellkerne nicht später Sporen ausgebildet haben würden,
lässt sich so keinesfalls die oben angeregte Frage beantworten, wohl
aber, wenn man darauf achtet, ob bei der Keimung der Sporen, wenn
diese frei werden, noch isolierte Kerne erscheinen. Das ist nun in
der Tat der Fall. In Präparaten, in denen die sporenführenden
Zellen in einiger Entfernung voneinander liegen nnd ihre Sporen
keimen lassen, so dass auch die Keimzellengruppen getrennt bleiben,
entdeckte ich nicht selten neben den gekeimten Sporen noch einen
nackten Kern. In der oft erkennbaren, wenn anch äusserst durch-
sichtigen Mutterzellenmembran liegen die mächtig vergrösserten, ge-
keimten Sporen zu dreien nnd dicht daneben je ein freier Zellkern
von genau derselben Grösse und Färbung wie die Sporenkerne.
Auch neben zwei keimenden einer Mutterzelle entstammenden Sporen
fand ich öfters einen isolierten Kern, und ich zweifle nicht daran,.
dass die oben erörterten theoretisch möglichen Fälle auch in natura
in Erscheinung treten und gefunden werden können.
In den Gipsblockkulturen fahren viele Zellen fort zu sprossen,
energischer aber ist die Yermehrung durch Sporenbildung. Prüft
man mit Jod auf Glykogen, so verrät die Braunfärbung, dass solches
in grossen Mengen in den Sprossen treibenden Zellen vorhanden ist;
die jungen Sprosszellen sind anfangs frei davon und produzieren erst
allmählich diese Substanz. Ganz glykogenfrei aber fand ich stets die
Sporen, solange sie noch in der 3Iutterzelle liegen. Auch frei ge-
worden schreiten sie erst spät zur Glykogenbildung, wogegen man
schon frühzeitig, wenn auch anfangs winzige Eiweisskrystalloide
und später etwas Fett in ihnen nachweisen kann. Die Krystalloide
wachsen bei zweckmässiger Ernährung zu stattlichen Gebilden heran,
wenn die Zelle es nicht vorzieht, unter Umständen statt deren
Grösse mehr ihre Zahl zu steigern. Die Steigeruno- des Fettgehalts
steht, wie ich an anderer Stelle mitteilen werde, mit besonderen
Umständen, in erster Linie mit dem SauerstofPgehalt der Umgebung,
in Zusammenhang.
Erklärung der Abbildungen.
Sämtliclie Figuren wurden hergestellt unter Anwendung der homogenen
(")limmersion von Zeiss, 1/12, n. Ap..l,20, Ok. 4, oder von Leitz, 1;1-2, Ok. 4,
und eines ABBE'schen Zeichenapparats. L. Vergr. 1500— 2C00.
Fig. A, a a. Hefezellen (Saccharomyces cerevisiae) mit zentraler Glykogenvakuole
und wandständigera Kern (c c) nach Zusatz von Jodjodkaliumlöiung. —
h h Hefezellen mit Glykogen Vakuolen und glykogenfreien; von letzteren enthält
jode ein Tanzkürnchen. — d Kein an der Oberseite der Zelle, hell auf braunem
H. WesselowskA: Apogamie und Apospoiie bei einigen Farnen. 85-
Grund. — e Zelle mit hell auf dunklem Grunde erscheinenden Eiweiss-
irystalloiden. Glykogenfreie Vakuole mit Tanzkörnchen.
Fig. B, <i—f- Sporenbildende Hefezellen mit Eiweisskrj-stalloiden im Cytoplasma.
Näheres im Texte.
„ C, a—/i. Hefezellen nach Zusatz von Sudan IIT. — a — c drti typische Formen
der Fettpartikelchen. — d Fetttropfen und kleine Eiweisskrystalloide. —
e — g Fettmassen über und zwischen den Sporen bei der Sporenbildung. — h eine
dreisporige Mutterzelle mit zwei überfärbten und einer ganz ungetäibten Spore.
„ D, a—(/. Hefezellkerne. (Hämatoxylin-Präparate). a- c Sprosshanteln. — d
und 1-' Hefezellen mit je zwei Paaren Sporenhanteln. — f Sporenhantelu ver-
schiedener Form. — g Mutterzelle mit zwei Paaren verschieden grosser, kern-
haltiger Sporen. Näheres im Texte.
15. Helene Wesselowska: Apogamie und Aposporie bei
einigen Farnen.
Vorläufige Mitteilung.
Eingegangen am 19. Februar 1907.
Vor einigen Jahren wurde von GOEBEL^) Apogamie und
Aposporie bei Trichomanes Kraussii und Apogamie bei Notochlaena
(Pellaea) nivea gefunden. Icli habe Apogamie bei Pellaea tenera und
zwei ihr nahestehenden Notochlaena - Arten {Notochlaena Eckloniana
und Notochlaena flavens) beobachtet und bei allen die Entwicklungs-
geschichte näher verfolgt. Überall entsteht zuerst das Blatt (und
zwar vielfach direkt aus dem apikalen Meristem des Prothalliums)
und dann erst die Stammscheitelzelle; die Wurzel entwickelt sich
am spätesten. Diese vom Stammscheitel unabhängige Entstehung
des Blattes findet ihr Analogon in der von GOEBEL und KUPPER
nachgewiesenen Entstehung des ersten Blattes an blattspitzen-
stäudigen Farnknospen.
Mit einer apogamen Art — Notochlaena flavejis — wurden inter-
essante Resultate durch Verdunklung erhalten: nämlich der be-
blätterte Spross entwickelte sich dann nicht mehr in der Bucht des
Prothalliums selbst, sondern wurde auf das erste verkümmerte
zunoenförmio-e, aus der Bucht hervorragende Blatt verschoben. Am
häufio-steu aber wurde die normale Herzform des Prothalliums bei
Verdunklung überhaupt nicht mehr entwickelt und anstatt einer
1) GOEBEL, Aposporie bei Aspknium dimorphum, Flora, Bd. 95 (Ergbd. zum
Jahrg. 1905), S. 213 und mündliche Mitteilung.
SQ Hans Kniep:
apogameii Pflanze entstanden viele Blätter, die verschiedene Stufen
von Verkümmerung zeigten und alle möglichen Übergänge von
Sporophyt zu Gametophyt aufwiesen. Die Zellen dieser beiden
Generationen gingen oft so ineinander über, dass es unmöglich war,
zu entscheiden, welche Zelle zu einer, und welche zur anderen ge-
hörten, ähnlich wie dies bei dem aposporen A&pleniuvi dimorphum
der Fall ist.
Darauf wurden verschiedene Regenerationsversuche gemacht mit
den genannten apogamen Arten wie mit einer normalen {Gymno-
(/ramme farinifera). Die verkümmerten zungenförmigen Blätter,
welche bei den apogamen Arten aus der Bucht hervorgehen, können
sowohl auf der Spitze wie auch an der Basis regenerieren und geben
bald eine neue Sprossknospe, bald ein Prothallium. Auch die
Keimblätter von diesen apogamen Arten wie diejenigen der
normalen Gipnnogramme farinifera können nicht nur am Stiel,
sondern aus dem Rande und aus der Oberfläche der Blattspreite
regenerieren; entweder geben sie" eine mehrschichtige mit den für
den Sporophyten charakteristischen gewellten Zellen, Spaltöffnungen
und Intercellularräumen versehene Fläche, die als ein Vorsuch der
Pflanze erscheint zur Bildung eines neuen Blattes, oder es entsteht
«in Prothallium oft mit Antheridien. Dies sind Fälle von sonst
nicht beobachteter künstlich hervorgerufener Aposporie. Zu er-
wähnen ist noch, dass manchmal aus der Spitze des Blattes ein
ganzes Büschel von Rhizoiden hervorging.
Die genauere Beschreibung der Apogamie wie auch die
Resultate der Regenerationsversuche werden bald in einer ausführ-
licheren Arbeit erscheinen, die ich auf Anregung von Herrn Professor
GOEBEL ausgeführt habe.
16. Hans Kniep: Über das spezifische Gewicht von
Fucus vesiculosus.
Mit drei Textfiguren.
Eingegangen am 20. Februar 1907.
Es ist bekannt, dass Fucus vesiculosus in seiner Formgestaltung
je nach dem Standorte, an dem er vorkommt, ausserordentliche
Verschiedenheiten aufweist. Neben anderem sind es vor allem die
über das spezifische Gewicht von Fucus vcsiculosus. 87
Luftblasen, die sowohl der Zahl wie der Grösse und Form nach un-
ffeiTiiein variieren, und zwar sind diese Variationen nicht nur
individuelle, sondern für bestimmte Standortsformen typische und
mit deren übrigen spezifischen Charakteren parallel gehende. Die
Entscheidung darüber, was das mehr oder weniger reichliche Auf-
treten der Luftblasen oder deren völliges Fehlen für eine biologische
Bedeutung hat, erfordert zunächst eine Erörterung der Frage,
welchen Zweck die Schwimmblasen überhaupt für den Tang haben.
Infolge ihres Gasgehalts verringern die Blasen das spezifische
Gewicht der Pflanze um ein Bedeutendes, und die einfache physika-
lische Folge ist die, dass ein abgerissenes, mit Luftblasen versehenes
Thallusstück auf dem Wasser schwimmt, während z. B. Fucus
serratus oder auch blasenfreie Stücke von Fucus vesiculosus unter-
sinken. Wäre Fucus vesiculosus eine freischwimmende Pflanze, so
würde man daran denken können, dass ihm das Oberflächenwasser
die günstigsten Lebensbedingungen bietet, und dass die Blasen eine
Anpassung darstellen, welche verhütet, dass die Pflanze unter andere,
wenio^er o-ünstio-e Bedino-unoen kommt. Nun ist aber die Lebens-
weise des Fucus vesiculosus eine festsitzende, und dadurch wird die
Sachlage eine etwas andere. Es liegt nahe anzunehmen, dass von
den äusseren Faktoren, die hier in Frage kommen, in erster Linie
das Licht eine Bolle spielt, und dass die Luftblasen die Bedeutung
haben, die Ausbreitung der Assimilationsorgane im Wasser zu er-
leichtern. Für diese von OLTMANNS^) geäusserte Ansicht spricht
auch die Verteilung der Luftblasen, welche ein senkrechtes Auf-
streben der Tano-e im Wasser verhindert und die assimilierende
Fläche in eine schräg aufsteigende Lage bringt, wodurch eine gute
Ausnutzung des Lichtes ermöglicht wird.
Die Anerkennung dieser Bedeutung macht jedoch die Frage
nicht überflüssig, ob sie die einzige ist, oder ob die Luftblasen noch
andere Funktionen verrichten. Da könnte man vielleicht daran
denken, die höheren Wasser- und Sumpfpflanzen als Analogie heran-
zuziehen und die Blasen des Fucus vesiculosus^ welche ja gasführende
Intercellularräume sind, beispielsweise mit den Pneumathoden der
Mangrove-Gewächse oder dem Aereuchym vieler Wasser- und Sumpf-
bewohner zu vergleichen. Erstere sind bekanntlich nach der zuerst
von GOEBEL^) ausgesprochenen, von KAESTEN^) näher begründeten
Ansicht Atemorgane und haben den Zweck, denjenigen Teilen der
Pflanze, welchen infolge ihrer Versenkung im Wasser oder im
1) Oltmanns, Morphologie und Biolo<;ie der Algen, Bd. IT, 1905, S. 279.
2) GOEBEL, Über die Luftwurzeln von Sonneraüa. Ber. der deutschen botan.
Ges., Bd. 4, 1886.
3) G. Karsten, Über die Mangrovevegetation im mal. Archipel. Bibl. bot.
lieft 22, 1891, S. 41ff.
;88 ■ Hans Kniep:
Sumpfboden die Sauerstoffaufnahme erschwert ist, die Gaszufuhr zu
vermittehi. In gleicher Weise ist das Auftreten der grossen Inter-
•cellularen der phanerogamen Wasser- und Sumpfpflanzen zu er-
klären/) Was nun Fucus vesicuJosus anbetrifft, so hat HEDWIG
LOVEN auf WiLLE's Veranlassung^) den Gasinhalt der Blasen unter-
sucht und unter anderem gefunden, dass er von demjenigen des
Meerwassers Abweichungen zeigt ^) (vor allem durch das Fehlen der
im Meerwasser ziemlich reichlich vorhandenen Kohlensäure), dass
ferner bei 24 stündiger Verdunkelung der Pflanze der Sauerstoff in
den Gasblasen schwindet. Wenn auch über den Verbleib dieses
Sauerstoffes experimentelle Untersuchungen noch nicht vorliegen, so
ist es doch wahrscheinlich, dass er veratmet wird. Wir hätten also
dann eine ganz analoge Erscheinung vor uns wie bei den Pneuma-
thoden. Trotzdem wäre nichts verkehrter, als die letzteren Organe
mit den i^wcwÄ-Blasen biologisch in Parallele zu setzen; denn gerade
das Merkmal, welches den Pneumathoden ihre Bedeutung als
Atmuno-sorgane verleiht, nämlich die Kommunikation ihrer Inter-
cellularen mit denjenigen der übrigen Pflanzenteile, fehlt dem Fucus
vesiculosiis. Dessen Gasblasen stellen geschlossene Hohlräume dar,
und diese Tatsache dürfte im Vereine mit mehreren Gründen, die
entschieden dafür sprechen, dass der Tang seinen Gasbedarf durch
Absorption durch die Thallusoberfläche vollauf decken kann, ge-
nügen, um darzutun, dass die Luftblasen für den Gasaustausch in
der Pflanze keine ausschlaggebende Rolle spielen.
Es gibt aber einen anderen Grund, der mir auf eine weitere
Bedeutung der Blasen des Fucus vesiculosus hinzudeuten scheint. Ich
denke dabei einmal an die mehrfach wahrgenommene Erscheinung,
dass bei dem in grösseren Tiefen auftretenden Fucus vesiculosus
unter bestimmten Bedingungen'*) eine starke Reduktion der Luft-
iDlasen bis zu deren völligem Schwinden eintritt — was docli zu
verwundern wäre, wenn die Blasen allein eine Anpassung an die
möglichst gute Ausnutzung des Lichtes darstellten — ferner an eine
damit in Zusammenhang stehende Beobachtung, die ich im Jahre
1906 an der norwegischen Küste zu machen Gelegenheit hatte.
Sie betrifft eine merkwürdige Form von Fucus vesiculosus^ die
1) Vgl. GOEBEL, Pflanzenbiologische Schilderungen, Bd. II, 1893, S. 249 fl'.
2) N. Wille, Om Fucaceernes Blaerer. Bihang tili K. Svenska Vetenskai)S
Akademiens Handlingar, Bd. 14, Abt. III, 1889, S. 9— IG.
o) Wie die Gase in die Intercellularen gelangen, ist meines Wissens noch
nicht genauer untersucht, für die hier in Betracht kommende Frage auch neben-
sächlich. Sicher scheint mir nur soviel zu sein, dass die Annahme einer einfachen
üiü'usion der Gase unter Ausschluss physiologischer Vorgänge zur Erklärung nicht
4vusreicht.
4) Vgl. S. 9.-).
über das spezifische Gewicht von Fuciis vcsiculosus. 89
ich in dem nicht weit von Bergen gelegenen Mofjord fand. Die
hydi'ograpliischen Verhältnisse in diesem Fjord sind ganz eigenartige.
Er stellt ein über 200 m tiefes, von hohen Bergen eingeschlossenes
Becken von 8 km Länge dar, welches mit dem vorgelagerten, viel
weiteren Osterfjord nur durch einen an der seichtesten Stelle nicht
ganz 2 m tiefen, 30 - 40 m breiten Wasserarm in Verbindung
steht. Die Folge davon ist, dass hoher Seegang auf die Bewegung
des Wassers im Mofjord so gut wie keinen Einfluss hat, dieses viel-
mehr, da auch starke Winde durch die Berge abgehalten werden,
während des ganzen Jahres ausserordentlich ruhig ist. Auch die
Gezeitenwirkung tritt begreiflicherweise, je mehr man sich von dem
Verbindungskanal entfernt, um so mehr zurück. Au der Stelle des
Fjords, wo ich die Tange gesammelt habe, beträgt die Wasserstands-
differenz bei Ebbe und Flut etwa ',., m. Am äussersten Ende
mündet ein Bach in den Fjord. Dieser Umstand sowie das ständige
Herabrieselu von Süsswasser von den Bergabhängen, ferner die
Süsswasserzufuhr durch Niederschläge bedingen, dass die Ober-
flächenschicht des Fjordwassers einen sehr niedrigen Salzgehalt hat,
da das Süsswasser seiner geringen Dichte wegen natürlich nicht
untersinken kann und die Diffusion so langsam vor sich geht, dass
sie praktisch nicht in Betracht kommt. Da das Fjordwasser, wie
erwähnt, während des ganzen Jahres grösseren Bewegungen nicht
ausgesetzt ist, so finden in den oberen Schichten nur ziemlich
geringe und langsam erfolgende Schwankungen des Salzgehaltes
statt. In grösseren Tiefen stagniert das W^asser vollständig, der
Salzgehalt ist hier fast konstant; Sauerstoff ist nur bis 60 m Tiefe
nachweisbar, von da ab tritt in reicher Menge Schwefelwasserstoff
auf, welcher nur noch den Schwefelbakterien ein Dasein gestattet.
Bemerkenswert ist, dass im Winter der Salzgehalt in den oberen
Schichten höher ist als im Sommer, eine Erscheinung, die zusammen
mit der anderen, dass zu gleicher Zeit der Wasserstand denjenigen
des Sommers um mehrere Decimeter übertrifft, eine gleich zu er-
wähnende biologische Bedeutung hat. Ich lasse zunächst einige
Tabellen folgen (S. 90), welche über den Salzgehalt in verschiedenen
Tiefen^) Aufschluss geben. ^)
Zur Erläuterung dieser Tabellen ist folgendes hinzuznftigen.
Die Stellen, an denen die Wasserproben entnommen wurden, waren
alle gleich weit von der Fjordmündung entfernt; Station A ist etwa
1) Einige hydrographische Daten über den ziemlich genau untersuchten Fjord
finden sich bei 0. NORDGAARD, Studier over Naturforholdene i Vestlandske
Fjorde, Bergcns Museums Aarbog 1903, Heft 8, zusammeugestellt.
2) Die Bestimmung des Salzgehaltes geschah auf titrimetrischem Wege mit
Silbernitrat. Zu dem dadurch direkt gefundenen Chlorgehalt steht bekanntlich der
öesamtsalzgehalt in einem konstanten Verhältnis (Forchhammer).
90
Hans Kniep:
Tabelle I.
Station A.
Wasserproben vom
17. September 1906.
Tiefe
Salzgehalt
in Metern
in 7oo
0
1,35
1
1,50
5
7,00
10
13,80
20
28,45
50
31,15
100
32.20
200
32,25
Tabelle II.
Station A.
Wasserproben vom
5. Dezember 1906.
Tiefe
in Metern
Salzgehalt
in 7.0
0
,2,38
1
2,45
5
10,23
10
11,64
20
24,36
50
31,09
100
32,14
200
32,27
Tabelle III.
Station B.
Wasserproben vom 6 Dezember 1906.
Wasserstand etwa 30 cm unter der
Flutsrenze.
Tiefe
Salz-
in
Metern
gehalt
in 7oo
Bemerkungen
0
2,95
—
' %
3,00
—
IV4
3,00
Fucus ceramioides-
Region.
2
5,40
Oberste Grenze des
Auftretens von
Fucus vesiculosus.
3^4
7,10
Erstes Auftreten von
Fucus serratus.
4
7,88
Nahezu unterste
Grenze der /'«cws-
Itegion.
Tabelle IV.
Station C.
Wasserproben vom 6. Dezember 1906.
Wasserstand etwa 30 cm unter der
Flutgrenze.
Tiefe
Salz-
in
gehalt
Bemerkungen
Metern
in 7oo
0
3,45
—
174
7,80
Oberste Grenze von
Fucus vesiculosus.
3V2
8,95
Unterste Fucus-
Region.
über das spezifische Gewicht von Fucus vesiculusus. 91
in der Mitte zwischen beiden Fjordufern gelegen, Station B am nord-
westlichen, Station C am südöstlichen Ufer. Station B und C sind
ziemlich geschützte Stellen; dadurch dürfte es sich vielleicht er-
klären, dass hier der Salzgehalt im Dezember höher ist als zu
gleicher Zeit in Station A. Weshalb der Salzgehalt in Station B
geringer als in Station C ist, vermag ich nicht sicher anzugeben.
Beachtenswert ist, dass als offenbare Folge dieses Umstandes die
obere Grenze des Auftretens von Fucus vesiculosus bei C höher als
bei B liegt. — Obgleich nun leider für die Stationen B und C keine
Daten für andere 3Ionate vorliegen, so dürlte doch aus dem Ver-
gleich der Tabelle I und II mit grosser Wahrscheinlichkeit folgen,
dass auch in B und C im September der Salzgehalt niedriger ist,
als im Winter. Jedenfalls befinden sich die Algen schon wegen des
höheren Wasserstandes im Winter in Wasser von höherer Salz-
haltigkeit als im Sommer. Im April ist der Salzgehalt in den ober-
flächlichen Schichten ebenfalls noch etwas höher als im Hoch-
sommer.^)
Was aber zu allen Jahreszeiten gleich ist, das ist die ausser-
ordentlich schnelle Steigerung des Salzgehaltes nach der Tiefe zu.
In 5 in Tiefe beträgt der Wert des letzteren bereits das Fünffache
des bei 1 vi gemessenen.
Nach dem Mitgeteilten bedarf es keiner Erklärung weiter, wes-
halb Fucus vesiculosus im Mofjord nicht in der sonst von ihm be-
vorzugten Litoralreo'ion vorkommen kann. Wir finden ihn denn
auch, wie auf den Tabellen bereits vermerkt ist, erst in einer
Tiefe von durchschnittlich 2 m.-) Fucus serratus tritt erst etwas
tiefer auf, doch ist die an den Küsten der Nordsee zu beobachtende
Erscheinung eines dem Fucus serratus - Gürtel übergelagerten, von
ihm ziemlich scharf getrennten Fucus vesiculosus - Gürtels hier nicht
deutlich ausgesprochen. Beide Arten weichen in ihrer äusseren Ge-
staltung vielfach von dem Typus ab, worauf im einzelnen einzu-
gehen hier nicht der Ort ist. Im Hinblick auf die Tatsache, dass
bei den näher bekannten Brackwasserformen des Fucus vesiculosus
die Blasenbildung reduziert oder ganz aufgehoben ist — ich erinnere
nur an die blasenlose forma baltica, an die forma nana und die var.
angustifolia^) — musste es auffallen, dass diese Form, welche in
ihrem Habitus mit den genannten Brackwasserformen vieles gemein
1) Vgl. NOEDGAARD a. a, 0. Da aus NOEDGAAED's Angaben nicht sicher
zu entnehmen ist, an welcher Stelle die Wasserproben geschöpft wurden, so sehe
ich hier von einer Wiedergabe seiner Tabellen ab.
2) Im Sommer liegt er wegen des niedrigeren Wasserstandes der Oberfläche
um einige Dezimeter näher.
3) Siehe SVEDELIUS, Studier öfver Ostersjöens Ihafsalgflora. Akad, Äfh ,
Upsala 1901, S 84ff.
Ber. der deutschen Bot. Gesellsch. XXV. 7
92 Hans Kniep:
hat, ziemlich reich an Blasen war. Zu meiner Überraschung stellte
sich nun heraus, dass abgerissene, mit vielen Blasen versehene
Thaliusatücke dennoch schnell untersanken. Die Aufklärung dieser
Erscheinung ergab sich, als die Blasen auf ihrt>n Inhalt geprüft
wurden. Dieser war nämlich niclit, wie bei der normalen Form, ein
Gemisch von Sauerstoff und Stickstoff, sondern eine gallertige Sub-
stanz und eine Salzlösung. Die Zusammensetzung der letzteren
habe ich nicht genauer bestimmt, da dies für den hier zu ver-
folgenden Zweck nicht nötig erschien.') — Eine weitere Eigentüm-
lichkeit besteht darin, dass das Volumen der Blasen beträchtlich
reduziert ist. Über das Ausmass dieser Wandverdickung geben die
Figuren 1 — 3 Aufschluss. Fig. 3 stellt die Wandung der besprochenen
Form dar, Fig. l und 2 die Wandungen zweier gleich grossen Blasen
(Durchmesser = 5 m7)%) von normalen Formen, welche von zwei
ganz verschiedenen Standorten stammen. Wir sehen, dass in Fig. 3
das Rindengewebe etwa um drei Zellagen dicker ist als bei den
anderen Formen, während das Markgewebe eher reduziert erscheint.
Nebenbei sei bemerkt, dass ein Vergleich der Thallusquerschnitte
das umgekehrte Verhältnis zeigte. Letztere verhielten sich in ihrer
Dicke wie 1,9 (III) : 3,3 (I) : 2,9 (II).
Um nun eine Vorstellung davon zu gewinnen, wie diese eigen-
tümliche Blasenbildung das spezifische Gewicht des Tangs beeinflusst,
bestimmte ich letzteres. Die Zahlen sind in Tabelle V wieder-
gegeben, Tabelle VI und VII dienen zum Vergleich und geben die
spezifischen Gewichte von je vier Exemplaren derselben normalen
Formen an, von denen in Fig. 1 und 2 Querschnitte durch die
Wand der Schwimmblasen abgebildet wurden. Die Bestimmungen
wurden nach der hydrostatischen Methode mit einer gewöhnlichen
Wage in folgender einfacher Weise ausgeführt: an dem einen Wage-
balken wurde ein in Wasser tauchender schwerer Körper an einem
dünnen Platindraht aufgehängt und sein Gewicht unter Wasser = p
bestimmt. Dann wurde der Tang an dem im Wasser befindlichen
Teile des Platindrahts befestigt und das Gewicht von neuem er-
mittelt. Der nun gefundene Wert sei f. Der Tang wurde darauf
bei 80° getrocknet und dann gewogen. Sein Trockengewicht sei t.
Dann ist das spezifische Gewicht des Tangs, wie sich leicht ableiten
1) Auch die rein physiologische Frage, wie diese Substanzen in das Lumen
der Blase gelangen, wurde niclit untersucht. Hier spielen offenbar ziemlich
komplizierte Vorgänge mit, die von äusseren Faktoren eingeleitet werden (oder
wenigstens ursprünglich eingeleitet worden sind). Was letztere betrifft, so kann
das dauernde Untergetauchtsein allein keine wesentliche Rolle spielen, denn es
gibt sehr viele Standorte, in denen bucus vesiculostis niemals mit der Atmosphäre
in Berührung kommt, trotzdem aber typische Gasblasen bildet.
über das spezifische Gewicht von Fucus vesiculosus.
93
läs^t,^) s = - — Tp c-. Die folgenden Tabellen geben die für s ge-
t — (i p)
fimdenen Werte an, Tabelle V für Tange des Mofjord, Tabelle VI
und VII für die Vergleichspflanzen.
Tabelle V. Tabelle VI. Tabelle VII.
1) s = 1,043 1) s - 0,557 1) s = 0,344
2) s = 1,173 2) 8 = 0,583 2) s = 0,465
3^ = 1,655 3)8 = 0,671 3) s = 0,707
4) s = 1,127 4) s = 0.608 4) s = 0,435
Mittelwert 1.250
.Mittelwert 0,605
Mittelwert 0,488
Fig. 2.
Fig. 3.
Ein Blick auf diese Tabellen zeigt zunächst, dass die Werte
in den einzelnen Rubriken untereinander grosse Verschiedenheiten
aufweisen, schon in der ersten Decimale zeigen sich erhebliche Ab-
2) Vgl. WiEDEMANN und Ebekt, Pbysikal. Praktikum, 1890, S. 64.
94 Hans Kniep:
weichungen.') Bedenkt man aber, dass Zahl und Grösse der Blasen
individuell sehr variieren, so wird man von vornherein keine grossen
Konstanzen erwarten können Trotz dieser Schwankungen spricht
sich jedoch die Erscheinung, auf die es hier ankommt, in den an-
gegebenen Zahlen mit grosser Deutlichkeit aus: bei den Algen des
Mofjord ist das spezifische Gewicht immer grösser als 1, während es
bei den Yergleichspflanzen ganz bedeutend geringer ist. Im Durch-
schnitt sind die Werte der Tabelln Y um mehr als das Doppelte
höher als diejenigen der Tabelle YI und YII.
Wenn wir uns nun frao-en, welche ökologische Bedeutung diese
Erhöhung des spezifischen Gewichts haben kann, so müssen wir
zunächst die äusseren Bedingungen, unter denen der Fncus im Mo-
fjord lebt, kurz überblicken. Dabei ergibt sich zunächst, dass es
sich um zwei Faktoren handelt, die einander gewissermassen ent-
gegenwirken: um das Licht und um den Salzgehalt des Wassers.
Einerseits hat der Tans; das Bestreben, das Licht möolichst auszu-
nutzen, weshalb er sich unter normalen Bedino'uno'en in der Ebbe-
Flutregiou ansiedelt. Daran wird er hier durch den zu geringen
Salzgehalt des Oberflächenwassers gehindert. Andererseits findet er
seine günstigsten Lebensbedingungen in einem Salzgehalt von 30 bis
35 7oo- Diesen aufzusuchen hindert ihn wieder die zu grosse Tiefe
und die dort für sein Gedeihen zu schwache Lichtintensität. Die
Yerhältnisse liegen also so, dass der erstere Faktor (das Licht) den
Fucus vesiculosus gewissermassen nach oben zieht, der zweite (der
Salzgehalt) ihn nach unten treibt. Weder Licht noch Salzgehalt
können also ihre optimale Wirkung ausüben; ein Gedeihen des
Fucus wird nur dadurch möglich, dass ein Kompromiss geschaffen
wird. Der Tang siedelt sich in einer unterhalb des Ebbe — Flut-
gebiets gelegenen Region in Wasser an, dessen Salzgehalt wegen
der durch die Gezeiten bedingten periodischen Wasserstands-
veränderungen Werte erreicht, die im Winter etwa zwischen 5,4 7oo
und 8 7oo? ™ Sommer noch etwas tiefer liegen.^) Es scheint also,
1) Die Temperatur, welche während der Wägungeu unter Wasser in maximo
um 4° schwankte, konnte unberücksichtigt bleiben, da die Werte dadurch im Ver-
gleiche zu den grossen Abweichungen, die sie untereinander zeigen, nur ganz un-
bedeutend beeinflusst werden.
2) Diese Werte beziehen sich auf die gesamte /'mcms -Region, in einer Horizontal-
linie sind die Schwankungen natürlich viel geringere. Sie erfolgen hier auch
ziemlich langsam, und das dürfte der Grund sein, dass der Fucus hier die Fähigkeit
erworben hat, ohne Schädigung diese Veränderungen zu ertragen bezw. seinen
Turgor der jeweiligen Umgebung entsprechend zu regulieren. (Vgl. über den
Einfluss des Salzwechsels auf das Gedeihen der Meeresalgen, im besonderen von
Fucus vesiculosus Oltmanns, „Über Kultur- und Lebensbedingungen der Meeres-
algcn". Jahrb. für wiss Bot., Bd. XXI II, 18;i2, Separatabdruck S. 2Uff.)
über das spezilische Gewicht von Fucus vesicnlosus. 95
als ob der Fucus vesiculosus die dauernde Wirkung eines erheblich
unter 5 7oo sinkenden Salzgehalts niclit vertragen kann; ^) schon der
üeriuffere Salzo-ehalt während des Sommers ist für die Fruktifikation
zu niedrig. Wenigstens habe ich im August und September an
keinem einzigen Exemphir Spuren von Konzeptakeln entdecken
können. An Stelle der Fortpflanzungsorgane besass der Tang eine
auffallend reiche vegetative Vermehrung, die Tiialluslappen waren
oft mit Adventivsprossen fast besät und gewannen so ein Aussehen,
wie ich es bei der normalen Form niemals angetroffen habe.
Anders liegen die Verhältnisse im Winter, wo der Salzgehalt des
Wassers in der i^Mc?/5-Region aus genannten Gründen ein höherer
ist. Im Dezember fand ich in ziemlich grosser Menge Rezeptakel-
stände, deren Grösse allerdings hinter der der normalen Form um
ein oanz Bedeutendes zurückstand. Für die Bildung der Geschlechts-
orsane ist also eine Lösung von höherem osmotischen Wert er-
forderlich als für das Wachstum der vegetativen Sprosse, und der
vorliegende Fall ist damit zugleich ein interessantes Beispiel dafür,
dass sich unter dem Einfluss äusserer Bedingungen in der Erzeugung
der Reproduktionsorgane eine Periodicität ausgebildet hat, wie sie
sich bei anderen Formen derselben Art nicht findet. Ich möchte
nicht unerwähnt lassen, dass diese Erscheinung mit anderen Beob-
achtungen in gutem Einklang steht. So ist bekannt, dass Fucm
vesiculosus in der Ostsee, je weiter er in Gebiete von geringerem
Salzgehalt vordringt, um so spärlicher fruchtet und schliesslich nur
noch in verkümmerten rein vegetativen Formen auftritt. ^j Inter-
essant ist auch im Vergleiche zu der hier beschriebenen Form eine
Angabe von GOBI") über das Vorkommen von Fucuai vesiculosus im
finnischen Meerbusen. Er teilt mit, dass dort (wo der Salzgehalt
ebenfalls mit zunehmender Tiefe, wenn auch viel langsamer als im
Mofjord steigt) an seichteren Stellen die Luftblasen besser ent-
wickelt waren, die Fruchtbehälter weniger, dass aber da, wo der
1) Das stimmt annähernd überein mit den Erfahrungen über das Vordringen
des Fucus vesiculosus in der östlichen Ostsee (bottuischer und finnischer Meerbusen).
Siehe hierüber Krok, Bidrag tili Kännedomen om Algtloran i inre Üstersjön och
Bottniska viken. Üfversigt af Kongl. Vetenskaps-Akad. Föih. Bd. 26. 18G9'. S. 69,
80, 81. Ferner GOBI, Mem. de FAcad. des sciences. de St. Petersbourg, VII'^ serie,
T. XXI, No. 9, 1874, S. 18, 19. Im finnischen Meerbusen scheint der Tang aller-
dings, da er bis zur Insel Hochland vordringt, an noch etwas niedere Kon-
zentrationen angepasst zu spiu. Genau lassen sich die Verhältnisse nicht über-
sehen, da Angaben darüber, in welcher Tiefe die Exemplare gefunden wurden,
nicht vorliegen und der Salzgehalt der Ostsee bekanntlich nach der Tiefe hin zu-
nimmt.
2) Siehe Krok a. a. 0., S. 70.
3; Gobi a. a. 0., S. 19.
96 Hans Kniep:
Taug in grösseren Tiefen vorkommt, die Blasen stark reduziert sind,
in den untersten Regionen sogar ganz schwiuden, während hier die
Ileceptakeln sehr stark entwickelt sind. Dass es sich hier etwa um
einen Einfluss des schwachen Lichtes handelt, welcher im Vereine
mit dem relativ geringen Salzgehalt die Bildung der Geschlechts-
organe befördern könnte, dass also eine Kombinationswirkung vor-
liegt, ist nicht anzunehmen, denn ich habe Fucus vesiculosus an der
Oberfläche auch an solchen Stellen reichlich fruchtend angetroffen,
wo der Salzgehalt die für die Entstehung der Receptakeln erforder-
liche Minimalschwelle nur um weniges überschritt. Eher könnte man,
wenigstens soweit der Fucus des Motjord in Betracht kommt,^) an
einen Einfluss der Kälte denken, welche zwar nicht als ausschlag-
gebendes, möglicherweise aber als begünstigendes Moment mit-
spielt.^)
Ich kehre jedoch zu der ursprünglichen Frage zurück. Welche
Bedeutung kann unter den geschilderten A'erhältnissen die Erhöhung
des spezifischen Gewichts haben? Da ist nun zunächst in Erwägung
zu ziehen, dass diese Eigenschaft dem Tang gestattet, sich an der
höchstmöglichen Stelle festzuheften, womit eine relativ gute Aus-
nutzung des Lichtes verbunden ist. Des weiteren liegt, glaube ich,
ein Schlüssel für die Deutung in einer Erscheinung, die bei Wasser-
pflanzen im Allgemeinen und auch bei dem unter normalen Be-
dingungen wachsenden Fucus vesiculosus zu beobachten ist. Werden
nämlich Wasserpflanzen durch irgendwelche äusseren Umstände
(Niveauveränderungen usw.) in grössere Tiefe versenkt als ihrem
natürlichen Standorte bezw. ihren optimalen Lebensbedingungen ent-
spricht, so verlängern sich die wachstumsfähigen Teile, bis die
Oberfläche erreicht ist. Besitzen die Gewebe dieser Pflanzen ge-
nügende mechanische Festigkeit, so spielt das spezifische Gewicht
keine Rolle. Anders ist es bei Fucus vesiculosus, der ebenfalls eine
Oberflächenpflanze, dessen spezifisch schwerer Thallus aber schlaff
und biegsam ist. Hier müssen die Gasblasen als Ersatz eingreifen.
Ich habe nun in der Tat oft auf mit Geröll bedecktem Boden Fucus
vesiculosus meist an relativ kleineu Steinen angeheftet in 3 — 4 m,
Tiefe (bei Flut) auftreten sehen (wie er dahin gelangt war muss ich
dahingestellt sein lassen), welcher sich im Vergleich zu dem dicht
dabei in der Litoralregion wachsenden durch seine ungewöhnlich
starke Ausbildung, vor allem in der Länge, die durchschnittlich
1) GOBl"s Mitteiluii^^en Ijezioheu sich auf Beobachtungen, die während des
Sommers angestellt wurden.
2) Über den günstigen Einfluss niederer Temperaturen auf die reproduktive
Tätigkeit der Meeresalgen vgl. SCHIMPER, Pdanzengeographie, 1898, S. 834
und 835.
über das spezifische Gewicht von Fucus vesicnlosus. 07
mehr als 1 vi betrug-, auszeichnete. Vermöge der kräftig ent-
wickelten Luftblasen war dadurch der grösste Teil der assimilieren-
den Fläche günstiger Beleuchtung ausgesetzt. Ganz Analoges be-
richtet OLTMANNS über den an den Molen bei VVarnemünde vor-
kommenden Fncus vesicnlosus. Er schreibt'): „In der See an den
Molen findet sich als Hauptbestandteil der Flora Fucus vesicidosus
meist in vortrefflichen Exemplaren, die Individuen, welche der
Wasseroberfläche zunächst angeheftet sind, pflegen kleiner zu sein
als diejenigen, welche in etwa 1 vi Tiefe stehen; auch die letzteren
gelangen mit ihren Spitzen bis an die Oberfläche. Soweit Schätzungen
ein Urteil gestatten, besitzen sie eine relativ grössere Anzahl von
Luftblasen."^) Dieses Emporstreben nach der Oberfläche kann aber
nur so lange von Nutzen für den Fucus sein, als er hier günstige
Bedingungen für sein Gedeihen findet. Ist das nicht der Fall, sind
hier vielmehr wie im Mofjord die Bedingungen für den Tang direkt
schädlich oder sogar tötlich, so wird die Einrichtung der GJasblasen,
welche unter normalen Verhältnissen ein Nutzen ist, zu einer Gefahr,
ihr Vorhandensein würde die Pflanzen ins Verderben führen. Dem
ist nun durch die Erhöhung des spezifischen Gewichts vorgebeugt.
Ausserdem könnte man vielleicht noch in Betracht ziehen, dass
die Erhöhung des spezifischen Gewichts abgerissene Thallusstücke
verhindert, an die Oberfläche zu gelangen. Wenn auch meines
Wissens bisher nicht näher untersucht ist, ob solche Stücke Haft-
organe bilden und sich wieder festsetzen können, so würde doch
auch dann, wenn dies nicht der Fall ist, dieser Punkt für fertile
Sprosse oder eventuell für solclie, an denen sich junge Keimpflanzen
angesiedelt haben, in Frage kommen, denn eine Befruchtung von
Eiern und ein Keimen befruchteter Eier in einem Salzgehalt von
2 7oo ^^^ weniger ist nach meinen bisherigen Erfahrungen gänzlich
ausgeschlossen. Immerhin scheint mir dies, wenn überhaupt, nur
von geringer Bedeutung zu sein.
Eine ganz andere Frage ist die, wie das Auftreten dieser eigen-
tümlichen Bhasenbildung physiologisch zu erklären ist. Hierüber
1) OLTMANNS a. a. 0., S. 4.3.
2j Die Ursache der Verlängeruni;' der sVasserpflanzen ist nach Karsten's
Ansicht ((i. KARSTEN, Über die Entwicklung der Schwimmblätter bei einigen
Wasserpflanzen. Bot. Ztg. 1888. S. 565), welche neuerdings durch noch unver-
öffentlichte Untersuchungen von OhXO bestätigt wurde, der Sauerstoff. Die Wirkung
desselben haben wir uns so zu denken, dass von der Pflanze ein Unterschied, d. h.
die nach der Tiefe abnehmende Konzentration als Reiz empfunden wird. Daraus
folgt ohne Weiteres, dass das obige nur auf ruhiges Wasser zu beziehen ist, denn
bei starker Brandung oder Strömung liegen die Verhältnisse der Gaszufuhr zur
Pflanze natürlich ganz anders Auch im Mofjord treten aber, wie erwähnt, der-
artige starke Bewegungen niemals auf. Es wäre auch möglich, dass bei Fucus
vesicnlosus das Licht in gleichem Sinne wirkt.
98 Hans KnieP: Über das spezifische Gewicht von Fucus vesiculosus.
wissen wir noch nichts. Die Feststellung der hierbei wirkenden
äusseren Faktoren könnte vielleicht auch Anhaltspunkte dafür er-
geben, weshalb Ascophylhmi nodosum, das im vorgelagerten Osterfjord
in grosser Menge zu finden ist, im Mofjord gänzlich fehlt, während
es doch sonst als forma scorjpioides in brackischem Wasser häufig
auftritt. Anscheinend sind im Mofjord die Bedingungen für die
Entstehung dieser blasenfreien Form nicht gegeben, und man könnte
vielleicht annehmen, dass Ascophyllum vermöge seiner inneren Kon-
stitution nicht befähigt ist, mit Gallerte und Salzlösung gefüllte
Blasen auszubilden. Doch darüber lassen sich bis jetzt, da experi-
mentelle Untersuchungen ganz fehlen, noch nicht einmal Hypothesen
aufstellen.
Sitzung vom 28. März 1907. 99
Sitzung vom 28. März 1907
Vorsitzender: Herr L. KNY.
Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen:
Fräulein Heimann, Emmy, in Braunschweig, Wolfenbütteler Str. 9 (durch
W. BLASIUS und L. KNY),
sowie die Herren
Heiden, Dr. H., in Rostock, Prinz Friedrich Karl-Str. 2 (durch K. GOEBEL
und B. Schröder),
Junk, W., in Charlottenburg. Kurfiirstendamm 201 (durch CARL MÜLLER
und Carl Lande).
Renner, Dr. Otto, Assistent am botanischen Laboratorium der Universität
in München, Herrenstr. 34, HI (durch L. Radlkofer und H. ROSS).
Zu ordentlichen Mitgliedern sind proklamiert die Herren:
Niemann, 6., Lehrer in Magdeburg,
Christensen, Carl, mag. scient. in Kopenhagen.
Der Vorsitzende macht der Gesellschaft Mitteilung von dem am
17. März erfolgten plötzlichen Ableben unseres ordentlichen Mitgliedes,
des Herrn
Geheimen Regierungsrates Dr. R. Aderhold,
Direktors der Biologischen Anstalt für Land- und Forstwirtschaft in
Dahlem bei Berlin.
Zu Ehren des Verstorbenen erhoben sich die Anwesenden von
ihren Plätzen.
Ber. der deutschen bot. GeseUsch. XXV.
100 F. HEYDRICH:
17. F. Heydrich: Einige Algen von den Loochoo- oder
Riu-Kiu- Inseln (Japan).
Mit Tafel II.
Eingeganfien am 28. Fphruar 1007.
Chlorophyceae.
Ulva Lactuca (L.) Le Jol. — ü. Lactuca L. Öpec. PI. II.
S. 1163. — Le Jol. Alg. mar. Cherb. p. :^8.
Vorkommen: Hoapinsu, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 20.)
Enteromorpha Fascia Post, et Rupr. Illustr. p. 21.
Yorkommeii: Pinnacle, Lochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol. Nr. 4.)
Cladophora (Aegr.) herpestica^) (Moiit.) Ktz. — Conferva
herpestica Mont. D'ÜRV. Yoy. au Pole sud I. p. 6. — KÜTZ., Sp. Alg.
8. 145.
Vorkommen: Hoapinsu, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 18.)
Bryopsis Harveyana J. Agardh Till Alg. Syst. Bd. 8, S. 22.
Vorkommen: Hoapinsu, Loochoo, Japan. (Kuroiwa, Mus. bot.
Berol. Nr. 11.)
Caulerpa clavifera (Turn.) Ag. Fucus davifer Turn. Hist.
Fuc. T. 57. — C. clavifera Ag. Sp. p. 437.
Vorkommen: Hoapinsu, Loochoo, Japan. (Kuroiwa, Mus. bot.
Berol. Nr. 9.)
Caulerpa cupressoides (Vahl) Ag. Fucus cupressoicles Vahl
in Naturh. Selsk. Skr. 2 p. 38. — Ag. Sp. Alg. p. 441. Syst. p. 183.
Vorkommen: Kerama, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol Nr. 38.)
Caulerpa crassifolia Ag. f. Harveyana Ktz. Tab. Phyc.
Bd. 7, Taf. 5, HI.
Vorkommen: Okinawashimia, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot.
Berol. Nr. 56, Nr. 58.)
Caulerpa Freycinetii Ag. Sp. Alg. p. 446.
Vorkommen: Kerama, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol. Nr. 36.)
1) Herr Major Eeinhold, dem ich die Bestimmunji: verdanke, schrieb: „forma
ramulis non fastigiatis), vielleicht Zwischenform zwischen herpeatica und wembrnnacea
(Ag ) Ktz. Wie letztere, so gehört auch hcrpeaticn hierher, wie so manche C7. aeija-
i/ropila vermutlich zum Genus •'ii/i/ioitocluffia.
Einige Algen von den Loochoo- oder Riu-Kiu-Inseln (Japan). 101
Caiilerpa peltata Lamoiir. Journ. Not. p. 145, Taf. 3, Fig. 2.
A^orkommen: Hoapiusu, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. ßerol.
Nr. 10.)
Caiilerpa Webbiaua (Mout.) Web. v. B. — MONT. Caul. p. 18
in Ann. Sc. Nat. 1838 p. 129.
Vorkommen: Kerama, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 38.)
Aurainvillea papuana (Zan.) Murr, et Boodl. Ch. papumium
Zaii. Phyc. pap. Nr. 10 in Nuovo Gior. Bot. Ital. X. 1878 p. 37. —
A. papuana Murr, et Boodl. Aurainvillea Nr. 5 in Journ. of Bot. 1889.
Vorkommen: Hoapinsu, I^oochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 18.)
Aurainvillea comosa (Bail. et Harv.) Murr, et Bood. —
(Jdorodesmis comoaa Bail. et Harv. in HaRV. Nev. bor. Am. III
p. 29. — Atirainvillea comosa Murr, et Bood. in Journ. of Bot. 1889.
Vorkommen: Hoapinsu, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 6.
Halimeda Ren seh ii Hauck, Über einige von HILDEBRANDT
im Roten Meere und Indischen Ozean gesammelte Algen, Hedwigia
188(j, Heft V. S. 1()7.
Vorkommen: Hoapinsu, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 19.)
Co diu in adhaerens (Cabrera) Ag. Agardhia adhaerens Cabr.
in Phys. Scällsk, arb. — Ag. Sp. Alg. p. 457.
Vorkommen: Kerama, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 34.)
Codium tomentosum (Hiid.) Stackh. Fucus tomentosus Huds.
Fl. Angl. p. 584. — C. tomentosum Stackh. Ner. brit. p. 16 et 21. Taf. 7.
Vorkommen: Kerama, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 35.)
Valonia confervoides Harv. Alg. Ceyl. exsicc. sub Nr. 73
et in Alg. Exs. Friendly Isl. sub Nr. 101.
Vorkommen: Hoapinsu, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 3, Nr. 40.)
Valonia utricularis Ag. f. aegagropila Ag. Sp. Alg. p. 429.
Vorkommen: Kerama, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 24.)
Rudicnlaria penicillata Heydr. Flora 1903, S. 97.
Vorkommen; Kerama, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 30.)
Dictyosphaeria favulosa (C. Ag.) Dec. — Valonia faoulosa
C. Ag. Sp. 1, p. 432. — Dictijosph. favulosa Decais. Cl. Alg. p. 32.
8*
102 F. Heydrich:
Vorkommen: Kerama, Loochoo. (Kiiroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 32.)
Boodlea coacta (Dickie) Murray et De Toui. Cladophora
coacta Dickie in Joiirn. Linn. Soc Bot. 1.5. 1876 Nr. 87, p. 451. —
Boodlea coacta Murray et De Toni Journ. Linn. Soc. Bot. 25. 1889.
Vorkommen: Kerama, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 33.)
Phaeopliyceae.
Turbinaria ornata J. Ag. Sp. Alg. p. 266.
Vorkommen: Hoapinsu, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 44.)
Dictyotaceae.
Haliseris sp.? Steril! Ähnlich H. undulata Holm, und
H. zonarioides Farl.
Vorkommen: Okinawashima, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot.
Berol. Nr. 45.)
Dictyota spinulosa Harv. in BeeCHEY's Voyage (Botany)
p. 275.)
Vorkommen: Okinawashiwa, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot.
Berol. Nr. 51.)
Dictyota dichotoma (Huds.) Lamour. — Ulva diclioio^na Huds.
Fl. Angl. p. 476. — D. dichotoma Lamour in Journ. de Bot. 1809.
Vorkommen: Eoleighrock, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot.
Berol. Nr. 2.)
Khodophyceae.
Liagora Cheyneana Harv. in Trans. Ir. Acad. V. 22, p. 552.
Vorkommen: Kerama, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 22.)
Liagora fragilis Zan. in Eegensb. Fl. 1851, p. 36.
Vorkommen: Kerama, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 27.)
Liagora orientalis J. Agardh. Anal. alg. HI. 1896, p. 99.
Vorkommen: Okinawashima, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot.
Berol. Nr. 48.)
Liagora viscida (Forsk) Ag. — FORSK. Fl. Aegypt. Arab.
p. 193. — h. viscida Ag. Sp. p. 395.
Vorkommen: Kerama, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol. Nr. 2.)
Actinotrichia rigida (Lamour.) Decne. Gahuvaura rigida
Lamour. Hist. polyp. flex. p. 265, Taf. 8, Fig. 4. — DeCNE., Arne.
Sc. Nat. 18, p. 118.
Vorkommen: Kerama, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol. Nr. 3.)
Einij,'e Algen von den Loochoo- oder Riu-Kiu-Inseln (Japan). 103
^ Galaxaura frutescens Kjellm. Galaxaura p. 75.
Vorkommen : Kerama, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 34.)
Galaxaura robusta Kjellm. S. 85.
Vorkommen: Okinawashima, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot.
Berol. Nr. 52.)
Gelidium corueum (Huds.) J. Ag. forma. Fucus corneus
Huds. Turn. Hist. Tab. 257. — G. corneum J. Ag. Sp. p. 469.
Vorkommen: Okinawashima, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot.
Berol. Nr. 58.)
Wurdemannia setacea Harv. Ner. Am. IL p. 245. — KÜTZ.
Tab. Ph. B. 19, Taf. 26.
Vorkommen: Kerama, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 39.)
Gelidiopsis variabils (Grev.) Schmitz. — Gelidium variabile
Grev. mscr. J. Ag. Sp. IL p. 468. — SCHMITZ, Deutsch-Ostafrika
S. 148.
Vorkommen: Hoapinsu, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 14.)
H y p n e a m u s c a e f o r m i s (Wu 1 f) L a m o u r. — Fucus muscaeformis
Wulf, iu JacQU. Coli. III. p. 154. — H. muscaeformis Lamour. Essai
p. 43.
Vorkommen: Kerama, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 26.)
Sphaerococcus denti culatus Kütz. Tab. Phyc. Bd. 19, Taf. 51.
Vorkommeu: Okiuawashima, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot.
Berol. Nr. 46.)
Rhodymenia palmetta (Esp.) Grev. f. filiformis Ktz.
Tab. Phyc. Bd. 18, Taf. 100.
Vorkommen: Hoapinsu, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol. Nr. 5.)
Plocamium botryoides Kütz. Tab. Phyc. Bd. 16 Taf. 50.
Vorkommen: Okiuawashiwa, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 57.)
Implicaria reticulata Heydrich, /?np/?Va;7«, ein neues Genus
der Delesseriaceen, in Ber. der Deutschen Bot. Ges. 1902, S. 479,
Taf. 22.
Vorkommen: Kerama, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 29.)
Asparagopsis Sandfordiana Harvey in Trans. Ir. Acad.
Vol. 22, p. 543.
Vorkommen: Kerama, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 25.)
104 F- Heydrich:
Laurentia concinna Mont. Prodr. Pliyc. ant. p. 6. Voy. Pol.
sud p. 126, PI. 14, fig. 3.
Yorkommen: Okinawashima, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 43.)
Amansia glomerata Ag. Sept. p. 247.
Vorkommen: Okinawashima, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 53.)
Neurymenia fraxiuifolia (Mert.) J. Ag. Fucus fra.miifolius
Mert. mscr. Neur. fr. J. AgarDH Spec. Alg. 2. III, p. 1135.
Yorkommen: Okinawashima, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot.
Berol. Nr. 47.)
Spiridia filamentosa (Wulf.) Harv. Phyc. Br. Tab. 46.
Yorkommen: Kerama, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 28.)
Halymenia Durvillaei Bory. Coqu. Nr. 69. — J. Ag. Sp.
p. 138.
Yorkommen: Okinawashima, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot.
Berol. Nr. 49.)
Prionitis elata Okamura Contr. Mar. Alg. Jap. III. Bot.
Mag. 1899, p. 3, Taf. I et II, fig. 1—2.
Yorkommen: Okinawashima, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot.
Berol. Nr. 55.^^
Carpopeltis rigida (Harv.) Schmitz. — Cryptoiiemia rü/ida
Harv. Alg. Ceyl. exs. M. 5 1 . — SCHMITZ, Mar. Alg. H. von Deutsch-
Ostafrika S. 169.
Yorkommen: Hoapinsu, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol. Nr. 7.)
Desmia pulvinata J. Agardh Spec. Alg. p. 356.
Yorkommen: Kerama, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 41.)
Peyssonnelia caulifera Okamura
Contr. Mar. Alg. of Japan HL Bot. Mag. Tokyo 1899. S. 8, Taf. I,
Fig. 26-30.
Trotzdem au den drei mir vorliegenden Exemplaren die charakte-
ristischen dicken, stielartig zusammengedrehten Wurzelfasern kaum
72 ^'ini lang waren, zähle ich diese Alge zu der OKAJIURA'schen
Pflanze, da sonst sämtliche Merkmale übereinstimmen. Indessen eines
Umstandes, den ich zu beobachten Gelegenheit hatte, möchte ich
noch Erwähnung tun. Irji Querschnitt des Tliallus (Fig. (i Taf.* II)
treten oberhalb vereinzelt, nach der Basis dichter, doppelt so grosse
Zellen wie die umgebenden auf. welche sich regelmässio' mit Kalk
anfüllen. Diese verkalkten Zellen beginnen bereits ein oder zwei
Reihen unter der Oberfläche und liegen zu dreien bis vieren dicht
Einiy:e Algen von don Loochoo- oder Riu-Kiulnseln (Japan) 105
nebeneinander. In den tieferen Schichten treten sie bis zu zwan/Jir
nnd mehr nebeneinander anf, wodurch sie auf den ersten Blick recht
wohl an die zonenförmigen Tetrasporangien-Gehäuse von SporolitJion
erinnern. Beobachtet man die Oberfläche dieser Pe>/sso7inelia von
oben, so zeigen sich häufig einzelne grössere Zellen, welche jede
für sich mit einem Kranz von sieben bis acht kleineren Zellen um-
geben ist. Dies und die zonenartig gestellten Zellen lassen ver-
muten, dass hier Tetrasporangien vorliegen, aber das Material enthielt
keine.
Vorkommen: Okinawashima, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 51.)
Mastophora niacrocarpa Mout.
Voy. au Pol sud p. 14*.».
Sowohl die Pflanzen dieser gegenwärtigen Saminlunu- als auch
tliejenigen der früher von mir bestimmten und von WARBURG ^) ge-
sammelten Exemplare enthieiteu gut entwickelte Conceptakel in
reichlicher Fülle, so dass ein genauerer Einblick in die Befruchtungs-
organe ermöglicht wurde.
Bei der Präparation ist zunächst darauf zu achten, dass, entgegen
anderen Kalkalgen, die Objekte nicht entkalkt werden dürfen, da
durch das Entweichen des kohlensauren Kalkes die Zellmembranen
so weich werden, dass trotz Härtung mit absolutem Alkohol zarte
Schnitte zwischen Hollundermark nicht auszuführen sind; man
schneidet also die Pflanzen im natürlichen Zustande.
Die männlichen Conceptakel, welche auf besonderen Pflanzen
wachsen, sind äusserlich von den weiblichen nur durch einen
spitzeren, höher emporgehobenen Perus zu unterscheiden; da aber
die einzelnen Exemplare ziemlich in- und übereinander zu wachsen
])flegen, so ist ein Erkennen häufig nicht leicht. Die Entwicklung
der Spermatien geschieht nur aus den Basalzellen des Conceptakels,
indem jede grosse schräg liegende Thalluszelle' sich zu zweimaliger
Dichotomie anschickt, woraus dann die Spermatien entschlüpfen.
Um Juo'endzustände des weiblichen Oroanes zu studieren, wähle
man ein solches Conceptakel, dessen Perus noch mit einem Schliess-
häutchen versehen ist. Zunächst liegt das Conceptakel vollkommen
über der Cuticula, so dass die Wölbung hoch auf dem Thallus sitzt.
Die junge Conceptakelbasis ist flach und kaum gewölbt, wodurch
ein grosser Hohlraum für die Entwicklung der grossen, langen
Trichogyne vorbereitet wird. War der Schnitt parallel zur Wachs-
tumsrichtung geführt, so stehen die Zellen des Thallus schräg in
einer einzigen Schicht; nur am Anfang der Conceptakelwölbung
1) Heydrich, Algenflora von Ostasien. Hedwigia 1894, S. oOO.
106 F. Heydrich:
besteht der Thallus aus zwei bis drei Zellen, die Wölbung selbst
enthält nur zwei Zellen.
Die Thalluszellen, welche die Couceptakelbasis und mithin die
weiblichen Organe zu tragen bestimmt sind, verzweigen sich höchstens
einmal, so dass der procarpiale Faden von unten nach oben aus einer
grossen und einer kleinen vegetativen Zelle besteht, die die hypo-
gyne Zelle mit dem darauf sitzenden einzelligen Procarp tragen.
Das letztere besteht daher nur aus dem verdickten Carpogonium
und dem sehr langen Trichogyn (Fig. 2 Taf. II).
Liegt der Schnitt in Chromalaun-Glycerin als Dauerpräparat, so
färbt sich die trichogyne Zelle nach eingetretener Befruchtung braun-
körnig und das Carpogonium grünlich-glatt, wodurch diese Organe
in anderen Schnitten leicht wieder festzustellen sind.
Bei den zentral gelagerten Procarpien verändern sich Carpo-
gone und hypogyne Zellen nicht mehr, dagegen gehen in den
peripherischen Organen grosse Veränderungen vor sich. Zunächst
fällt sehr bald das kurze Trichogynhaar ab, und das Carpogonium
wächst zu einer grossen, etwas körnigen Inhalt zeigenden Zelle aus
(Fig. 3 B Taf. II), welche eine carpogene Yerlängeruug trägt (Fig. 3
bei C Taf. II). Diese letztere kann von recht verschiedener Form
sein, mehr oder weniger aber stellt sie einen hyalinen Schlauch dar,
häufig ohne, meist mit basaler Verdickung auf jener grossen Zelle
aufsitzend. Die basale carpogene Verdickung wächst mitunter an
der sie selbst trao-enden grossen Zelle herab und macht dann den
Eindruck eines einfachen Procarpes, wie bei Eleiitkerospora,^) wo
Carpogonium und Auxiliarzelle an einem Zellfaden übereinander
stehen. Bei unserer o-eo-enwärtio-en Alge kommt aber diese einfache
Fusion nicht zustande, vielmehr stehen die beiden weiblichen Fusions-
zellen auf getrennten Zellfäden.
Vorher war schon erwähnt worden, dass die trichogyne Zelle
einen ganz anderen Inhalt zeigt als das Carpogonium. An einem
gut geführten Längsschnitt (Fig. 1 Taf. II) erkennt man nun mit
Leichtigkeit das soeben Gesagte, denn tatsächlich besteht die unterste
Zellreihe der Conceptakularbasis aus dunkel gefärbten, trichogynen
Zellen, welche nach der Befruchtung zur Auxiliarzelle erhoben
werden, worauf die verschiedenen procar])ialen Organe sitzen. Rechts
und links liegt je eine Spore. Vergleicht man hierzu die detaillierte
Fig. 4 der Taf. II, welche nur eine halbe Conceptakularbasis der
Fig. 1 darstellt, so bedeuten die untersten grossen schrägen Zellen
die vegetativen Thalluszellen, links liegt in der Peripherie des Con-
ceptakels eine Spore. Die wagerecht liegenden dunklen langen
1) Heydrich, Die Litliothamnien von Helgoland, in Wiss. IMeeresunters. 1890,
S. 65.
Einige Algen von den Loochoo- oder Riu-Kiu-Inseln (Japan). 107
Zollen stellen Auxiliarzellen dar; über diese hinweg- kriechen car-
pogene Fäden, deren Köpfe die Ooblastemzellen bedeuten.
Den kleinen, freischwimmenden Doppelzellen neben der Spore
entsprang jedesmal die untere der Auxiliarzelle, die obere dem
Carpogonium.
Die Fusion kommt nun so zustande, dass ein peripherisch ge-
lagertes Carpogonium zu einem kurzen Faden in wagerechter Richtung
auswächst, an dessen Spitze die betreffende Ooblastemzelle sitzt.
Gleichzeitig erhalten die peripherisch gelagerten Auxiliarzellen kurze,
nach oben gebogene Auswüchse in der Richtung der Peripherie. Es
ist daher leicht verständlich, dass hierbei bald eine Berührung und
somit Fusion eintreten muss. Danach lösen sich beide Zellen los,
worauf die junge Spore frei im Fruchtsaft des Conceptakels schwimmt
(Fig. 4, 5 Taf. II). Zuletzt sei nur noch erwähnt, dass die keimende
Spore sich stark verdickt und fünf bis sechs Längswände im ersten
Keimstadium erhält.
In bezug auf die Systematik muss die Annahme von SOLMS und
Schmitz dahin berichtigt werden, dass zwar Auxiliarzelle und Car-
pogonium an einem Zellfaden gebildet werden, aber die Fusion wird
von Zellen ausgeführt, die auf verschiedenen Fäden gewachsen sind.
Vorkommen: Okinawashima, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 50.)
Amphiroa fragillissima (L.) Lamour. Corallina fragilissima
Linn. Syst. nat. 12, vol. 1, p. 1305. Amph. frag. Lamour. Polyp, flex.
p. 298.
Vorkommen: Hoapinsu, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 15.)
Cheilosporum cultratum Plarv. Ner. austr. p. 10"2, Taf. 39.
Vorkommen: Raleighroch, Loochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 8.)
Corallina adhaerens (Lam.) Ktz. Junia adhaerens Lamour.
Polyp. Corall. p. 270. C. adhaerens KÜTZ. Tab. Phyc. 8, Taf. 83.
Vorkommen: Hoapinsu, I^oochoo. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol.
Nr. 15.)
Erkliirnn^ der Abbildungen.
Fig. 1 5. Mastophora inacrocarpa.
Fig. 6. Peyssoii'.elia cauUfera.
Fig. 1. Schnitt durch ein weibliches Conceptakcl, A. A. = Auxiliarzellen. C. C.
= Carpogonien. Sp. Sp. = Sporen. 95 : 1.
„ 2. Jüngere Procarpien aus der Peripherie. A. - Auxiliarzelle. C. - Carpo-
gonium. Tr. - Tricliogyn. V. = Vegetative Zelle. 580: 1.
108 Alfred Fischer:
Fig. 3. Carpogener Fadon mit vcrgrössertor Basalzelle aus einem ähnlichen Ent-
wicklungsztistand wie Fig. 1. B. = Basalzelle. C - Carpogener Faden
0. - Ooblastemzelle. 5!S0 : 1
y. 4. Peripherischer Conceptakelteil der Fig. 1 in einem etwas weiter vor-
geschrittenen Stadium. A A. = Auxiliarzellcn. 0. ö. = Ooblastemzelle.
580 : 1.
„ ") Fusionsai)parat aus Fig. 4 C. = Carpogoner Faden. U. - Ooblastemzelle
dieses Fadens. ^1. = Auxiliarzeile. 950 : 1.
.. G. Schnitt durch den Thallus. -230:1.
18. Alfred Fischer: Wasserstoff- und Hydroxylionen
als Keimungsreize.
Eingegangen am 1*1. März 1907.
Die oft untersuchte, aber noch nicht einheitlich gelöste Frage^
ob (He Keimung der Samen durch chemische Reize ^) gefördert
werden könnte, drängte sich bei einer seit 1889 nebenbei ausge-
führten Untersuchung über die Keimungsbedingungen der Wasser-
pflanzen mehr und mehr hervor und verschärfte sich schliesslich zu
der Überzeugung, dass die Samen vieler Wasserpflanzen ohne
äusseren Anstoss. der in chemischen Einwirkungen zu vermuten
war, überhaupt nicht keimen. Einige Beispiele aus vielen seien
herausgegriffen .
Bringt mau gut gereifte Samen von Saciittaria sagiftifolia sofort
in Wasser und sorgt besonders anfangs durch öftere Spülung dafür,
dass das Wasser rein bleibt und sich keine niederen Organismen
einnisten, so keimen die Samen so gut wie gar nicht. Von etwa
1400 im Herbst 1905 gesammelten Samen keimte bis zum 14. August
1906 ein einziger. Eine andere Ernte von 1892, 1320 Samen, hatte
in neun Sommern, bis März 1902, nur 37 Keime gegeben, obgleich
die Samen immer in Wasser sich befanden, die letzten fünf Winter
sogar im geheizten Zimmer. Eine dritte Probe von 7000 Samen,
Ernte 1905, trocken überwintert, lieferte, nachdem sie am 2G. Februar
1906 in Wasser gebracht worden war, bis zum 9. Juli 19()i)
400 Keimungen, die fast alle in der Zeit bis zum 8. April 190(>
1) Die älteren Versuche sind zusammengestellt in NOBBE"s Samenkumlo,
1<ST(), ö^ite 254 — 286, einige neuere bespricht CZAPEK, Biocliemic der Pflanzen II,
Seite 894.
Wasserstoff- und Hytlroxylioncn als Keimuiigsreizc. ]09
ersclÜHneii. Diese höhere Zahl erklärt sich daraus, flass die trockenen
Samen mit viel Staub vermengt waren. Trotz häufiger Spülung ent-
wickelten sich viel Mikroorganismen, das Material fing au zu
stinken und befand sich unter der chemischen Reizung der Gäruugs-
und Fäulnisprodukte.
Sagittanu platyphijUa, am 18. August 1905 gesammelt und sofort
in Wasser gebracht, lieferte innerhalb eines Jahres, bis zum 14. August
1906, von 4300 Samen mir 32 Keimungen.
Von Sparganiinn raniosiini, am 10. September 1902 geerntet und
seitdem in Wasser, keimte von 1350 Samen bis zum 4. Mai 1!M)5
kein einziger. Sparganiuvi siinplea-, am 30. September 18i>2 gesammelt,
gab innerhalb neun Sommern von 225 andauernd in Wasser gehaltenen
Samen keinen einzigen Keim. Ein Teil der Ernte von 18i'2 wurde
trocken überwintert (1892 '93) und befand sich seit 25. April 1893
in Wasser: von 4()0 Samen keimten bis zum März 1902 nur zwei.
Alle diese in reinem Wasser nicht keimenden Samen sind
gleichwohl gesund und keimen bei geeigneter Behandlung mit hohen
Prozenten.
Ähnliche Erfahrungen wurden gemacht mit dem Samen von Alisina
Plantago, Potamogeton natans^ iuce7is und pectinotus, Hipimris vidgorw,
Polygoninn amphibium, Scirpus lacustrü und maritimus. Nymphaca
alba und Nuphar luteum keimen auch in reinem Wasser im all-
gemeinen gut, vermutlich nach einer chemischen Reizung, die sie
dadurch erfahren, dass sie aus ihren saftigen Früchten natürlicher-
weise herausfaulen.
Die biochemischen Prozesse des Teichschlammes liefern .Stoffe
verschiedener Art, von denen eine Reizwirkung ausgehen könnte.
Bacillus pi'odigiosus, aus Schlamm isoliert und in einer Nährlösung mit
2 pCt Rohrzucker und 0,5 Ammonsulfat als X-Quelle kultiviert, säueit
diese Lösung in wenigen Tagen. Es keimten darin Alisma Plantago,
Scirpus lacustris. Potamogeton pectinatus, Sagittariu platgplnjlla. In
die gleiche Nährlösung, ohne besondere Impfung wurden Samen von
Sparganium raniostim, Potamoget07i pectinatus und Scirpus lacustris
gebracht. Nachdem Bakterien und Pilzmycelien sich entwickelt
und die Lösung gesäuert hatten, keimten die Samen.
Zunächst war an Gärungssäuren zu denken; in der Tat gab
Milchsäure bei Sagittaria sagittifolia und platgphglla, bei Sparganium
ramosum und auch bei 13 Jahre alten Samen \on Sparganium simpkx
hohe Keimprozente.
Die weitere Untersuchung- zeigte, dass nicht das spezifische
Säuremolekül oder sein Aniou den Reiz ausübte, sondern dass
alle Säuren durch ihr H-Ion, ihrer Acidität entsprechend, wirkten.
Eine ebenso kräftige Reizung geht vom Hydroxylion der starken
Alkalien, KOH und Na OH, aus.
110
ALFEED FISCHER:
Bevor ich diese Tatsache durch eine grössere Tabelle vorführe,
schicke ich einige Versuche voraus, die die Wirkung stark ver-
dünnter Säuren bei langer Dauer veranschaulichen.
Versuch I,
Sngittaria sa(/iUifolia. Ernte 190G. Temperatur 25—27°.
Milchsäure, jede« zweiten Tag erneuert, je etwa 25 com.
16. Dezember 1906 bis 14. Januar 1007.
in Litern ,
Konzentration der Säure j
i in pCt. .
Zahl der Samen
innerhalb 7 Tagen gekeimt
innerhalb 14 Tagen gekeimt
innerhalb 21 Tagen gekeimt
innerhalb 29 Tagen gekeimt
Keimprozente nach 29 Tagen . . . .
25
50
100
200
0,36
0,18
0,09
0,045
174
159
147
196
1
6
8
4
23
35
53
24 1
46
51
54
109
47
101
71
165
27
63
48
84
400
0,0225
124
5
43
71
82
66
Die Toleranz gegen Säure ist sehr ansehnlich, in "25 Literlösung
wuchsen viele Keimlinge innerhalb zwei Tagen bis 1 C7n heran, aber ohne
zu ergrünen, ebenso in 50 Liter. In 100 Liter nahmen die Keimlinge
eine bleichgrüue Farbe an, und in den beiden grössten Verdünnungen
ergrünten sie in zwei Tagen vollständig bei Äner maximalen Länge
von ],bcm. Ob in der Säure die Keime sich noch weiter entwickelt
hätten, wurde nicht untersucht.
Die Versuche I — III verlangen eine ausführliche Besprechung,
die an dieser Stelle unterbleiben niuss. Die vom Wasserstoffion aus-
geübte Keimreizung wird je nach Konzentration und Säure bald mehr,
bald weniger vom Anion oder vom unzerlegten Molekül beeinflusst,
anscheinend gefördert oder nicht gestört bei der Apfelsäure, gehemmt
bei der Oxalsäure.
Statt der lange anhaltenden Reizung durch stark verdünnte
Säuren kann man schneller durch kürzere Reizung mit höherer
Konzentration und bei höherer Temperatur die Keimung hervorrufen.
Bei den als Versuch IV tabellarisch zusammengestellten zahlreichen
Einzelversuchen wirkte die vorgewärmte Lösung genau zwei Stunden
im Thermostat bei 40°, die Samen wurden etwa fünf Minuten unter
der Wasserleitung gewaschen und dann am Nordfenster bei 25 — 27°
in Leitungswasser aufgestellt.
"Wasserstoff- und Hydroxylionen als Keimungsreize.
111
Yersucli II.
Sayittaria platyphylla. Ernte 1906. Temperatur 25—27°.
Apfelsäure, jeden zweiten Tag erneuert.
25. Dezember 1906 bis 30. Januar 1907.
f in Litern .
Konzentration der Säure
1 in pCt .
Zahl der Samen
nach 8 Tagen gekeimt
nach 14 Tagen gekeimt
nach 21 Tagen gekeimt
nach 29 Tagen gekeimt
nach 29 Tagen Keimprozente ....
Durchschnittliche Länge der Keime
in zwei Tagen in mm
16,7
25
33,3
66,7
0,8
0,52
0,4
0,2
269
341
399
558
29
5
3
10
203
41
12'
26
254
318
259
147
—
319
382
5C9
1
j
94
..«
96
97 \
V2-I
1-2
1 3
1-5
0,1
477
10
16
83
427
90
2-6
267
0,05
.541
8
17
302
56
2-6
Versuch III.
Sayittarl.a platyphylla^ Ernte 1906. Temperatur 25—27°.
Oxalsäure, täglich erneuert.
6. Januar 1907 bis 10. Februar 1907.
j in Litern .
Konzentration der Säure {
1 in pCt. .
Zahl der Samen
innerhalb 7 Tagen gekeimt
innerhalb 14 Tagen gekeimt
innerhalb 21 Tagen gekeimt
innerhalb 29 Tagen gekeimt
innerhalb 85 Tagen gekeimt
in 35 Tagen Keimprozente
Durchschnittliche Länge der Keime
in zwei Tag-en in nun
125
250
500
1000
0,1
0,05
0,025
0,0125
546
582
628
587
4
7
3
6
35
26
14
15
63
60
62
41
139
272
427
388
157
361
467
445
29
62
74
76
0,5-1
1-2
2-4
2-6
2000
0,00675
623
5
22
62
357
415
67
112
Alfred Fischer:
Tersuch IV.
Sagittaria sagittifolin.
In den vorgewärmten Lösungen zwei Stunden bei 40°.
In Leitungswasser aufgestellt bei 25—27°.
Lösung
1. Destilliertes Wasser .
2. Destilliertes Wasser .
3. Chlornatrium . . . .
4. Chlorkaliuni
.'). Salpetersaures Kalium
() Neutralos oxalsaures
Kalium
7. Saures oxals. Kalium
8. Monokaliumphosphat
9. Dikaliumpliosphat
1(1. Kaliumhydrat .
11. Kaliumhydrat .
12. Kaliumhydrat .
13. Kaliumhydrat .
14. Kaliumhydrat .
15. Natriumhydrat.
IG. Salzsäure . . .
17. Salzsäure . . .
18. Salzsäure . . .
19. Salzsäure . . .
20. Salpetersäure .
21. Salpetersäure ,
22. Salpetersäure .
23. Salpetersäure .
24. Schwefelsäure .
25. Schwefelsäure .
26. Schwefelsäure .
27. Orthophosphorsäure
28. Orthophosphorsäure
29. Ameisensäure .
?fO. Essigsäure . .
31. Propionsäure .
32. Buttersäure . .
0,2
0,2
0,3
0,3
0,3
0,3
0,3
0,3
0,2"
0,2
0,2
0,2
0,3
0,3
0,2
0,2
0,09
0,3
0,3
0,2
0,08
0,55
0,3
0,15
0,3
0,1
0,32
0,:',
0,3
0,:'.
bz
a
r- 'S
CO ^
d
cB
o
s
o
«3
s
>H
o
m
Ti
CS
^—4
02
-g
cä
S3
Innerhalb G Tagen
gekeimt
3.1.07
2.2.07
2G. 2 07
26. 2. 07
29.11.06
26. 12. 06
26.12.06
13 1. 07
13. 1 07
29.11.06
10. 2. 07
16.2.07
22. 2 07
4. 3. 07
19. 12 06
8. 12. 06
16. 2. 07
8. 2. 07
28. 12. 06
8. 12. 06
23. 11. 06
27.11.06
3. 1. 07
30. 12. 06
30. 12. 06.
30. 12. 06
8. 1. 07
8.1.07
9. 12. 06
5. 12. 06
15. 1 07
15.1.07
III
230
IV
138
IV
257
IV
284
I
]31
II
146
II
188
III
190
III
155
I
112
I+II
152
I+II
13 ö
IV
174
IV
138
II
222
I
157
I+II
128
III
248
III
335
II
177
I
190
I
113
III
329
II
140
II
152
II
198
III
276
III
229
II
210
I
149
III
170
III
132 :
Zahl
8
0
1
4
3
5
125
52
18
101
139
122
155
127
170
120
104
210
314
132
176
104
215
72
114
80
251
163
0
0
2
1
pCt.
3,5
0
0,4
1,4
2,3
3,4
66,5
27,4
11,6
90
9L
90,4
89
92
77
76,4
81
85
94
75
93
92
65
51
75
40,4
91
71
0
0
1
0,8
Wasserstoff- und Hydroxylionen als Keimungsreize.
113
Fortsetzung der Tabelle
von S.
112.
ration
Ol.
bC
a
3
s
o
S
CS
Innerhalb 6 Tagen
Lösung
■4^ G
-2 i
o
gekeimt
o
;-i
s
13
ns
^«^
Zahl pCt.
33. Trichloressigsäuro . .
0,3
10. 1 07
III
279
0
0
34 Glycolsäure
0,3
10. 1 07
III
227
38
16,7
35. Milchsäure
0,3
26. 12 0(J
II
204
33
16,2
3G. Oxalsäure
0,3
20. 12 OG
II
206
109
53
37. Oxalsäure
0,1J
30. 12. 06
II
183
144
79
38. Bernsteinsäure ....
03
13. 12. 06
II
226
19
8,4
39. Acpfelsäure
0,3
13. 12. 06
11
242
53
22
40. Weinsäure .....
0,3
7.12.06
I
180
32
15
41 . Zitronensäure ....
0,3
8. 12. 06
11
152
7
4,6
42 Gesättigtes Schwcfel-
wasscrstofifwasser .
etwa 0,1
15.1.07
I + II
228
0
0
43. Kupfersulfat ....
1
4.1.07
I + ll
228
51
22,4
Die Keimuno' bednnt am zweiten oder dritten Tage nach der
Behandlung und läuft innerhalb 5 — (> Tagen, wenige Nachzügler ab-
«•erechnet. zu Ende. Die Keimlinge erreichen oft schon am dritten
Tage eine Länge von 1 cjn und ergrünen. Alle Versuche wurden mit
Sagittaria sagittifolia ausgeführt mit vier verschiedenen, annähernd
gleich gut keimenden Ernten, die in der Tabelle mit I— IV be-
zeichnet werden.
Die Ernten I— III stammten von denselben Stöcken im botanischen
Oarten Basel, IT wurde in Wasser von HENKEL-Darmstadt bezogen.
I wurde gesammelt Anfang September 1906, dauernd in
AYasser aufbewahrt,
11 geerntet am 23. Oktober 1906, dauernd nass,
III geerntet zw^eite Hälfte Oktober 1906, acht Tage an
dumpfem Ort getrocknet, dann bis zum Verbrauch in
Wasser,
IV andauernd in Wasser, geerntet Oktober 1906, Darmstadt.
Die Tabelle deren Vervollständigung nach vielen Seiten erst
mit neuen Ernten möglich sein wird, gestattet heute schon eine
Reihe wichtiger Folgerungen.
Xr. 1 und 2, Destilliertes Wasser, soll zeigen, dass nicht
schon die zweistündige Zufuhr höherer Temperatur genügt, um die
Keimung deutlich anzuregen; eine sehr bescheidene Wirkung (Nr. 1)
114 Alfred Fischer:
ist bei der überhfmpt etwas leichter zu mobilisierenden Samen-
sorte III bemerkbar
Nr. 3 — 9, Salze. Die neutralen Salze H — i\ haben die Keimung
nicht mehr gefördert wie destilliertes Wasser. Die mit neutralen
Salzen behandelten Samen waren nicht tot, sondern keimten nach
Zufuhr von H- oder OH - Ionen so gut, als ob sie gar nicht vor-
behandelt gewesen wären. Man vergleiche hierzu S. 119.
Ganz anders hat das saure Oxalat (Nr. 7) gewirkt, fast so hoch
wie in 0,15 Mol. Oxalsäure sind die Keimprozente, bedingt durch
die freien H-Ionen in der Lösung des sauren Salzes. Im Mono-
kaliumphosphat sind H-Ionen, im hydrolysierten Dikaliumphosphat
0 H-Ionen und nicht das Kalium oder die phosphorhaltigen Gruppen
die Keimerreger.
Nr. 10 — lä. Die Hydroxylionen der starken Alkalien wirken
ebenso als Keimungsreize wie die Wasserstoffionen der stärksten
und mittelstarken Säuren (IG— 28, 36 und 37). Mit 0,2 Mol. KOH
ist die niedrigste Konzentration, die in 2 h bei 40° etwa 90 pCt.
Keimung vorbereitet, sicherlich noch nicht getroffen. Die fünf
Parallelversuche mit KOH stimmen recht gut überein. Etwas zurück
tritt das Natriumhydrat (Nr. 15), innerhalb sechs Tagen nur 77 pCt.
Keimung. Diese stieg aber in weiteren vier Tagen auch noch auf
87 pCt. Ihrer annähernd gleichen Stärke entsprechend haben die
Hydroxyde der beiden Alkalien auch annähernd gleich gewirkt.
Nr. 16 — 28. Die Wasserstoffionen der Mineralsäuren
bringen zwar allgemein hohe Keimprozente hervor, aber die Zahlen
geben noch keine exakte Übereinstimmung mit der elektrischen
Leitfähigkeit.
Die Versuche mit Salzsäure (Nr. IG — 19) sind reiner ausgefallen
wie die mit Salpetersäure (Nr. 20—23). Mit beiden Säuren lässt sich
durch so geringe Konzentrationen, die sicher die Samenschalen
nicht chemisch verändern, starke Keimung erreichen, 0,09 H Gl
ist gleich 0,33 pCt., 0,08 Mol. HNO3 = 0,5 pCt. Die schwächere
Schwefelsäure hat in aequivalenter Verdünnung von 0,15 Mol. (Nr. 26)
mit derselben Samensorte, die 0,3 Mol. Salpetersäure zu 75 pCt.
Keimung brachte, nur 40,4 pCt. gegeben.
Setzt man die Wirkung der Salpetersäure gleich 100, so ist die
Vergleichszahl für aequivalente Schwefelsäure 54, was annähernd
dem Verhältnis der Aequivalent-Leitvermögen^) für diese Verdünnung,
nämlich 100 : 63, entspricht.
Vergleicht man mit den starken Mineralsäuren die schwächere,^
viel weniger dissociierte Orthophosphorsäure (Nr. 27 und 28), so
überrascht diese in aequivalenter Lösung von 0,1 Mol. durch ihre fast
1) Kohlbausch und Holborn, Leitvermögen der Elektrolyte. 1898. Seite 160.
Wasserstoff- und Hydroxylionen als Keimungsreize. 1 ] 5
ebenso grosse Wirkinii:;' wie Salz- und SBlpetersäure (0,8 Mol.)- Die
damit aequimolekulare Phospliorsäure (Nr. 27) leistet noch mehr. Es
scheint das so sich erklären zu sollen, dass das Anion der Phosphor-
säure oder auch das unzerlegte Molekül nicht schädlich ist und die
Wirkung der H-Ionen hier reiner sich zeigt, als bei den anderen
Mineralsäuren, bei denen ein Teil dieser Wirkung durch die Anionen
aufgehoben wird.
Dass die phosphorhaltigen Gruppen selbst keimerregend wirken,
scheint mir ausgeschlossen, weil die Phosphatlösungen (Nr. 8 und 9)
nur entsprechend ihrem Gehalt an H- resp. OH-Ionen die Keimung
befördern.
Nr. 29 - 32. Fettsäuren, ausser der Ameisensäure, sehr wenig
dissociiert, würden nach sechstägiger Keimung bemessen als unwirksam
erscheinen, denn so geringe Prozente wie bei Nr. 31 und 32 erreicht
man schon durch Behandlung mit destilliertem Wasser oder Neutral-
salzeu (Nr. 1 — G).
Die Ameisensäure, deren elektrisches Leitvermögen mehr als
dreimal so lioch ist als das der anderen Fettsäuren, sollte gewirkt
haben. In der Tat waren schon in der Säure von' den 210 Samen
150 Stück, also 71 pCt., in das erste Keimstadium eingetreten, d. h.
die weisse Embryospitze hatte das Endokarp durchbohrt und sich
bis etwa 1 mm weit in das Exokarp vorgeschoben. Es ergab sich,
dass alle Samen tot waren, unzweifelhaft durch das Anion oder die
uuzerlegten Moleküle getötet. Schwächere Ameisensäure gibt, be-
sonders bei geringerer Temperatur, 20 — 25^, gute Keimung. Näheres
hierüber wird später mitzuteilen sein.
Auch bei den anderen, viel schwächeren Fettsäuren wird die
ihren H-Ioneu entsprechende Reizwirkung durch eine giftige Neben-
wirkung verdeckt. Es bedarf längerer Zeit, damit die Keimung
eintritt, deren Prozentzahl in erster Linie ein Mass für die Giftigkeit
ist. Man beachte fofenden weiteren Verlauf der Nr. 30—32 (siehe
die Tabelle auf S. IIH).
Die Giftigkeit dieser drei Fettsäuren ist annähernd gleich. Ob
sie kleiner ist wie die der Ameisensäure geht aus diesen Versuchen
nicht hervor, weil die stärkere Ameisensäure das ruhende Proto-
plasma kräftiger mobilisiert und der uebenherlaufenden Giftwirkung
zugänglicher macht.
Nr. 33. Trichloressigsäure ist zwar viel stärker, aber zugleich
auch giftiger wie die Essigsäure. Von 279 Samen keimten innerhalb
drei Wochen nur sechs. Der Rest von 273 Samen wurde mit 0,3 Mol.
Hg PO^ 2h 40^ behandelt und gab in elf Tagen drei Keime. Eine
zweite Nachbehandlung mit 0,2 Mol. KOH2h40° lieferte innerhalb
14 Tagen nur noch sechs Keime. Insgesamt keimten von 279 Samen
nur 15 oder 5,4 pCt., alle andern waren getötet.
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XX\'. 9
116
Alfred Fischer:
30
Essigsäure
Proprionsäure
°32
Buttersäure
Zahl der Samen
149
170
132
innerhalb 6 Tagen gekeimt . . .
in 14 Tagen gekeimt
in 25 Tagen gekeimt
in 25 Tagen pCt
nach 25 Tagen mit 0,3 Mol.
H3PO4 2h40= jetzt innerhalb
10 Tagen gekeimt
jetzt mit 0,2 Mol. KOH, innerhalb
8 Tagen gekeimt
0
2
37
25
0
0
2
20
34
20
2
1
1
15
29
22
8
0
Nr. 34 und 35. Die Oxyessigsäure (Glykolsäure) ist ebenso
giftig wie die Essigsäure, beschleunigt aber infolge ihrer grösseren
Dissoziation, die Keimung stärker, in sechs Tagen 16,7 pCt. Inner-
halb 21 Tagen keimten 46 Samen = 20 pCt. Nachbehandlung mit
HjPO^, später mit KOH brachte noch 17 Keime, es waren also von
227 Samen 154 oder 68 pCt. getötet.
Die Milchsäure (Oxypropioiisäure),derenLeitfähigkeit derjenigen
der Glykolsäure nahezu gleich ist, hat die Keimung entsprechend
gefördert, scheint aber weniger giftig zu sein. Hierüber sind
weitere Untersuchungen anzustellen, die auch zeigen werden, ob die
gute Übereinstimmung der Keimzahlen nach sechs Tagen bei den
Nr. 34 und 35 nur Zufall ist oder wirklich der gleichen Stärke
dieser beiden Oxysäureu entspricht.
Nr. 36 und 37. Oxalsäure reicht infolge ihrer starken Disso-
ziation an die stärksten Mineralsäuren heran, in aequivalenter
Konzentration (0,15 Mol.) leistet sie annähernd soviel wie 0,3 Mol.
HCl oder HNO3. Ganz rein dürfte aber diese Keimzahl die volle
Wirkung der H-Ionen nicht wiedergeben, weil giftige Nebenwirkungen
auch hier vorkommen. Man vergleiche das saure und neutrale
Kaliumsalz (Nr. 6 und 7).
Nr. 38 — 41. Diese vier organischen Säuren wurden bis jetzt
nur in 0,3 Mol. Verdünnung, also aequimolekular mit 0,3 HCl geprüft
und gaben Keimprodukte, die nicht der molekularen Leitfähigkeit
entsprechen. Nur das Verhältnis von Apfelsäure zur schwächeren
Bernsteinsäure ist annähernd richtig.
Nr. 42. Schwefel Wasserstoff Wasser, frisch gesättigt, kann
auf einen Gehalt von 0,1 Mol. K, S angenommen werden. Die schwache
Wasserstoff- und Hydioxylioncn als Keimuiigsreize. 1 1 7
SchivefelwasserstofPsäure reizt nur sehr schwach: in sechs Tagen
keine Keimung, innerhalb zwölf Tagen fünf Keime, kein weiterer
bis zum 17. Tag, tötet aber die Samen nicht. Nachdem der Rest
223 Samen mit 0,3 Mol. H, PO^ 2 h 40° behandelt worden war,
keimten innerhalb sechs Tagen 147 Samen oder 6(5 pCt., innerhalb
17 Tagen 157 oder 70 pCt.
Man darf nicht annehmen, dass die Samen deshalb nicht ge-
tötet werden, weil der Schwefelwasserstoff die Samenschale nicht
durchdringen könnte. Der bei Zimmertemperatur 4 h mit dem H^S-
Wasser behandelte Samen (120 Stück) keimte nach Einwirkung von
Phosphorsäure 2 h 40° innerhalb sechs Tagen nur mit 12,5, innerhalb
17 Tagen mit 14 pCt , eine starke Schädigung durch H.ß war bemerkbar.
Die Erkläriino- liegt in dem geringen Gehalt des Schwefelwasserstoff-
Wassers an H-Ionen, die nicht ausreichen, um in 2 h 40° das
ruhende Protoplasma zu erwecken und in den volllebendigen, für
IfoS empfindlicheren Zustand überzuführen.
Nr. 43. Kupfersulfat, in starker Lösung (1 Mol.) wirkt eben-
falls als Keimreiz wohl nicht durch das Säureion, sondern durch
das Cn-Ion, dessen allbekannte Nebenwirkung in der Bordeauxbrühe
sich hier wiederspiegelt. Auch diese Tatsache zeigt, dass die Samen-
schale permeabel für gelöste Stoffe ist. Das Kupfersulfat (1 Mol.)
wirkt bei Zimmertemperatur nur sehr schwach giftig auf das ruhende
Protoplasma. Ton 101 Samen, die fünf Tage in der Lösung gelegen
hatten, keimten bei Nachbehandlung mit 0,2 Mol. Salpetersäure 2 h
40° innerhalb sechs Tagen 78 oder 77 pCt. Nach zehntägiger
Wirkung von 1 Mol. CuSO^ keimten, mit Salpetersäure nachträglich
gereizt, 89 von 87 Samen oder 45 pCt. Samen, die acht Tage ge-
kupfert waren, keimten, naclidem sie einfach gründlich mit destilliertem
Wasser gewaschen waren mit 15 pCt. (10 von (38), wiederum unter
dem Reiz der Cu-Ionen.
Anhang. Sublimat, 16 Liter-Lösung = 1,7 pCt., drückte bei
30 Minuten Einwirkung (Zimmertemperatur) die später durch 0,2 Mol.
Salpetersäure ermittelten Keimprozente auf fünf herab (zehn Samen
von 200) und tötete vollständig innerhalb einer Stunde. Wie für
die Cu-Ionen ist die Samenschale auch ohne Vorbehandlung mit
Säuren und Alkalien für die giftigen Hg-Ionen schon ursprünglich
durchlässig.
Zur vorläufigen Orientierung über die Abhängis^keit von der
Temperatur wird nachstehender Versuch V genügen. Er spricht nicht
gegen die Deutung, dass die loneii der Lösungen auf das ruhende
Keimplasma erweckend wirken, könnte aber auch so ausfallen,
wenn nur eine Veränderung der Samenschale den Anstoss zur
Keimung gebe.
118
Alfred Fischer:
Versuch Y.
Sagittaria sagittifolia, Samensorte Nr. II.
Einwirkung von 0,3 Mol. Lösungen zwei Stunden bei 4—6°, 24—26° und 40".
Bei jeder Temperatur gibt die erste Reihe die Zahl der Samen, die zweite die
Keime innerhalb sechs Tagen bei 25—27" au.
0,3 mol
A
/• 0
O 1
Ckr* n
1
^ l>
Keimprozente
in sechs Tagen
4 — u
/4— ^u
40
4-6» 24-26"
40"
Salpetersäure . . .
Oxalsäure
Milchsäure ....
Natriumhydrat . .
205
146
175
208
7
1
4
9
207
134
188
]70
30
5
21
56
177
206
204
220
132
109
33
170
3,4
0,7
2,3
4,3
14,5
3,7
11,2
33
75
53
16
77
Die in reinem Wasser liegenden und nicht keimenden Samen
der Sagittaria enthalten keineswegs trockene Embryonen, die etwa
durch impermeable Hüllen vor der Durchfeuchtung geschützt wären.
Der aus sorgfältig abgetrockneten Samen herausgezogene Embryo
sieht durchfeuchtet aus und hinterlässt auf frisch getrocknetem Kobalt-
chloridpapier zerquetscht einen roten Fleck. Lässt man die frei
präparierten ölreichen Embryonen in der Luft trocknen, so schrumpfen
sie deutlich in etwa zehn Minuten zu etwas teigiger Konsistenz zu-
sammen und röten Kobaltpapier nicht mehr. Yom Endokarp um-
schlossene, durchfeuchtete Embryonen trocknen langsamer ein, nach
sechs Stunden sind sie fast, nach 20 Stunden ganz trocken. Längere
Zeit getrocknete intakte Samen enthalten auch trockene Embryonen,
die Kobaltpapier gar nicht röten. Es folgt hieraus, dass die Samen-
hüllen für Wasser schon ursprünglich durchlässig sind und es nicht
erst durch die Behandluns; mit Lösunoen werden.
Sowohl das flügelartig verbreiterte Exokarp, als auch das die
Embryohöhle umschliessende glänzend braune Endokarp bestehen
aus sehr widerstandsfähigen Zellwänden, deren Reaktionen auf Ver-
korkung hinweisen. Jodjodkalium färbt gelb, Jod und Schwefelsäure
gelbbraun, die konzentrierte Schwefelsäure löst nicht in 24 Stunden,
ebensowenig löst Kupl'eroxydammoniak. Konzentrierte Chromsäure löst
nicht in 2 — 3 Stunden. Nach zweistündiger Einwirkung von 0,2 Mol.
KOH oder HCl bei 40^ erschien die Samenhülle gegenüber den ge-
nannten Reagentien mikroskopisch völlig unverändert, woraus
freilich keine Sicherheit dafür folgt, dass jede Veränderung unter-
blieben wäre. AVichtiger erscheint mir, dass die Keimung durch so
schwache Konzentrationen, die diesen resistenten Membranen wohl kaum
etwas anhaben können, hervorgerufen werden kann, z. B. durch 0,09 Mol.
Wasserstoff- und Hydroxylioiion als Kcimun^sreize. 1 ] 9
HCl = 0,33 pCt. oder 0,08 Mol. HNO 3 = 0,ö pCt. oder 0,2 Mol. KOH =
l.irpCt.
Dass Exo- und Endokarp auch ohne Vorbehandlung schon für
Cu- und Hg-Ionen, ferner für die Anionen oder die unzerlegten
]\roleküle der verdünnten Fettsäuren durchlässig sind, Avurde schon
hervorgehoben.
Ich halte den Schluss für berechtigt, dass die Samenhüllen der
Sagittaria schon ursprünglich für Wasser und darin gelöste Stoffe,
unzerlegte Moleküle und Ionen mehr oder weniger permeabel sind,
nach Individuen und Reifungsgrad selbstverständlich etwas schwankend.
So völlig permeabel wie reine Cellulosemembranen sind sie allerdings
nicht, ein gewisser Grad von Impermeabilität ist vorhanden. Die
Keimung erregenden Stoffe dringen sicher nicht in voller Aussen-
konzentration sein, sondern nur ein Bruchteil davon wirkt. Selbst
wenn Ionen und unzerlegte Moleküle gleich gut die Samenhüllen
passieren, so müsste doch ihre Wirkung auf das ruhende Protoplasma
des Embryo eine ungleiche sein.
Die aktivsten Teilchen, das sind die H- und OH-Ionen, wirken
am stärksten und erwecken das ruhende Protoplasma, das man als
nichtionisiert ansehen könnte, durch Ionisierung. Nunmehr beginnt
der mobilisierte Embryo auf eigene Kraft die Keimung.
Vergleicht man die WanHerungsgeschwindigkeit der Ionen bei
der Elektrolyse als Mass für ihre chemische Reaktionsfähigkeit, so
zeigt sich, dass die H- und OH-Ionen allen anderen weit überlegen
sind, z. B. in 0,1 Mol. äquivalenter Lösung:^)
H OH K Na Gl NO3 -isO, -r^CoO,
•296 157 55,8 35 56,5 57,3 41,9 39
Lösungen, in denen neben H Säureionen oder neben OH Alkali-
ionen enthalten sind, können demnach eine sehr starke Wirkuno- auf
das ruhende Protoplasma ausüben. Enthalten aber die Lösungen,
wie die der in Versuch IV genannten Kalisalze die annähernd gleich
schnellen Ionen K und Gl oder K und NO3, so wird die Reizung
entweder von vornherein ganz ausbleiben, oder die gleichen Reizungen
der entgegengesetzten Ionen heben sich sofort auf. Sind die
Differenzen gering, wie zwischen Na und Gl oder K und GoO^, so
bleibt die Reizung unterhalb der eine Keimung au.slösenden
Schwelle.
Die in dieser Mitteilung besprocheneu lonenwirkungen sind
anderer, allgemeinerer Art, als die verschiedenen von LOEB^) be-
1) Kohlrausch und Holborn, 1. c. S. 200.
2) LOEB, Studies in general physiology 1905, Bd. 11, und Untersuchungen
über künstliche Parthenogenese, deutsch von SCHWALBE, 1906.
1-20
Alfred P'ischer:
schriebeneu, die an spezifische Metallionon oder wie bei den zuletzt
veröffentlichten Untersuchiinoen über Parthenooenese an das OH-
Ion gebunden erscheinen.
Später wird sich Gelegenheit finden, diese Beobachtungen mit
den meinigen zu vergleichen.
Wie explosiv die Wirkung auf das ruhende Protoplasma sein
muss, erkennt man aus folgendem Versuch:
Versuch VI.
Sagittaria platyphylla.
Die Samen wurden mit 10 Mol. HCl bei 20° behandelt und nach guter Spülung in
Leitungswasser bei 25-27° au
fgestellt.
10 Mol. HCl bei 20°
V2 Min.
1 Min.
2 Min.
4 Min.
8 Min.
10 Min
Zahl
357
312
331
376
382
400
gekeimt innerhalb
13 Tagen. . . .
(J3
IKJ
213
10
1
0
in Prozent . . .
18
37
64
2J
0,3
0
Auch dieser Versuch kann nicht dadurch erklärt werden, dass
die Samenschale angegrifPen wird, sondern nur durch Erweckung
des ruhenden Plasmas durch die H-Ionen. Schon in 4 Minuten
tötet sie starke Säure.
Eine Frage, deren vollständige Lösung erst mit der neuen
Samenernte möglich sein wird, soll noch kurz gestreift werden:
Kann die durch H- und OH-Ionen hervorgebrachte Reizung durch
entsprechende Behandlung beseitigt oder wenigstens gedämpft
werden?
Zweistündiges Auswaschen mit 8° kaltem Wasser der stark
fliessenden Leitung, zwei- und dreitägige Abkühlung im Eisschrank
bei etwa 3°, kürzeres Einfrieren in — 3° w^ar gegenüber Samen, die
mit 0,2 Mol. KOH bei 40° vorbehandelt waren, ohne Erfolg. Ihre
Keimung verlief ohne merkliche Verzögerung mit 85 — 90 pCt.
Längere Kältewirkung verspricht besseren Erfolg. Von li>'J
iSagittaria sagittifolia) mit 0,2 Mol. KOH 2 h 40° gereizten Samen,
die sofort in viel Wasser von 2,5° gebracht wurden und über Nacht
vor dem Fenster bis zum anderen Morgen eingefroren waren, keimten
innerhalb sechs Tagen nur 34 Stück oder 18 pCt , innerhalb zwölf
Tagen 38 Stück oder 20 pCt. Der Rest von 154 Samen wurde
Wasserstoff- und Hydroxylioncn als Keimungsrcize.
121
abermals mit 0,2 Mol. KOH 2 h 40° behandelt imd lieferte innerhalb
sechs Tagen 104 Keime oder 67 pCt.
Es war ferner zu versuchen, die durch OH-Ionen erzeugte Er-
regung durch H-Ionen und umgekehrt abzudämpfen.
Versuch All.
Sagittaria sagittifolia. 25 — 27°.
A
li
0,2:
Mol. KOH 2 h
40°
0,2 Mol. HCl '
2 h 40°
Kontrolle
2 h. destilliertes
Wasser 40°
0,2 mol.
HCl 40°
Kontrolle
2 h destilliertes
Wasser 40°
0
30 Min.
60 Min.
90 Min.
w 0
.0
sZ
s —
0
I
11
III
IV
V
VI
I
II
III
Zahl
135
119
142
151
144
182
128
131
147
innerhalb G Tagen
gekeimt ....
122
117
120
1:55
120
172
104
121
137
in Prozent ....
1)0,4
98,3
85
90
83
94,5
81,3
92,4
95,2
Die Samen der Serie A wurden nach der Kalibehandlung kurz
unter der Leitung gewaschen, Nr. I sofort als Kontrolle aufgestellt,
II mit destilliertem Wasser 2 h 40°, die anderen 30, 60, 90 und
120 Minuten mit äquivalenter HCl bei 40° nachbehandelt, gewaschen
und aufgestellt. Bei B folgte der Reizung durch H-Ionen eine
Gegenreizung durch OH-Ionen. Das destillierte Wasser hebt die
Keimprozente, verändert aber nicht den Charakter der Keimung,
die nach OH-Reizung anders verläuft als nach H-Reizung. Bei
ersterer bleiben die Keimlinge etwas länger farblos und auf einer
Grösse von 2 — 5 mm stehen, bei H-Reizung wachsen die Keime
etwas schneller und ergrüneu auch rascher; z. B. AI am zweiten
Tag 42 Keime, davon 41 2—5 mm lang und weiss, AH 6j Keime,
alle 2 — 5 mm lang und weiss, dagegen B I am zweiten Tage
69 Keime, davon 43 5 — 10 mm lang und ergrünend, B II 77 Keime,
darunter 38 5 — 10 w^w^ lans; und ero-rünend.
Bei zweistündiger Nachbehandlung mit dem entgegengesetzten
Ion heben sich nicht nur die Keimprozente, besonders bei B, sondern
der Keimtypus schlägt um in die Art der zuletzt wirkenden Ionen.
All hat H-Typus, am zweiten Tag unter 131 Keimen 44 5 — \^ mm
lange, ergrünende, B III noch ausgesprochener OH-Typus, am zweiten
Tag unter 45 Keimen 41 nur 2 — 3 min lange und weisse. In der
122 .luLius Stoklasa, Adolf Ernest und Karl Chocensky:
Serie A hat III noch der ersten Reizung entsprechenden OH-Typus,
lY dagegen bereits H-Typus. Es ist zweifellos, dass durch die
zweite Behandlung eine neue lonenwirkung ausgeübt worden ist, die
die erste gewissermassen neutralisiert hat, aber viel zu stark war,
um nur zu neutralisieren.
Wenn durch die erste Einwirkung die Samenschale permeabler
geworden wäre, so würden die Embryonen wohl nicht die zweite
Behandlun«!' vertragen.
Durch äquivalente Reizung mit dem entgegengesetzten Ion ist,
wie Versuch YII zeigt, die Ionen-Reizung nicht abzudämpfen. Eine
Reihe weiterer Versuche durch viel schwächere Lösungen des
anderen Ions die erste Reizung zu unterdrücken, hat noch zu keinem
einheitlichen Resultat geführt Ich behalte mir vor, hierüber mit
der neuen Ernte abschliessende Versuche auszuführen, denen sich
solche über die Wirkung von H- und OH - Ionen auf schwer
keimendti Samen von Landpflanzen und auf andere Arten des ruhen-
den Protoplasmas anschliessen sollen.
19. Julius Stoklasa, Adolf Ernest und Karl Chocensky:
Über die anaerobe Atmung der Samenpflanzen und über die
Isolierung der Atmungsenzyme.
Eingegangen am 23. März 1907.
HI.
Zur Isolierung der Rohenzyme wurden gewöhnlich 5 — 6 /iY/ junge
und frische Pflanzensubstanz verwendet.
Die frische Pflanzenmaterie, welche keinerlei Zersetzung durch
Fäulnis aufweisen darf, wurde zerstückelt und der Saft aus der so
erhaltenen Masse unter einem Drucke von 300 — 400 Atmosphären
ausgepresst. Dem so gewonnenen Safte wird ein Gemisch von
Alkohol und Äther zuo:esetzt, worauf ein au l^]iweissstofFen reicher
Niederschlag sich absetzt. Diese Operation geschah in einem hohen
Zylinder, welchen man vor dem Gebrauche mit Sublimat und sterili-
siertem Wasser ausschweifte.
Auf 500 ccm des zellfreien Saftes verwendeten wir 600 ccm eines
Anaerobe Atmung der Samenpflanzen und rsolierun,<>- der Atmuii.i-scuzjmo. 123
Gemenges von Alkohol und Äther, und zwar 400 ccm Alkohol und
20(Kw??^ Äther. Nach einem Augenblicke setzt man Äther im Über-
schusse zu, und die oberhalb des Niederschlages aus Alkohol und
Äther bestehende Flüssigkeit wird sofort aufgehebert. Nun wird
neuerdings Äther aufgegossen und sodann sofort die überstehende
Flüssigkeit abgehebert.
Der ganze Vorgang bei Fällung des Pflanzensaftes muss rasch
vorgenommen werden, so dass Alkohol und Äther nur möglichst
kurze Zeit auf das Enzym einzuwirken vermögen und infolgedessen
seine Aktivität nicht abschwächen. Die Flüssio-keit über dem
Niederschlag wird deshalb rasch abgegossen oder abgehebert und
der so gewonnene, das gärungserregende Enzym enthaltende Nieder-
schlag sofort abfiltriert. Die Filtration lässt sich am schnellsten
mittels Leinwand bew^erkstelligen. Auf die sterile Leinwand wird
die erhaltene Masse aufgeschüttelt und auf diese Weise des noch
anhaftenden Alkohols und Äthers entledigt, dass man mit dem Filter
auf und ab gerichtete, hutsciienartigo Bewegungen ausführt. War
das das Enzym enthaltende Sediment (Rohenzym) gut ausgeschieden,
so ist die Filtration in einigen Minuten vollzogen.
Das so filtrierte Kohenzyni wurde entweder im Vakuum oder
in sterilen, zu diesem Zwecke besonders arrano-ierten Kolben ae-
trocknet
Diese Kolben waren w'ie fob-t zusammengestellt: In den Hals
jedes der Kolben war ein dreifach gebohrter Kautschukstöpsel ein-
gepasst. Durch die eine dieser Öffnungen ging eine ziemlich breite,
knieförmig gebogene Röhre, welche bis fast an den Boden des
Kolbens reichte und mit Watte oefüUt w^ar. Li die zweite Öffnuns'
des Stopfens war eine kurze, gerade Röhre gesteckt, die ebenfalls
mit Watte gefüllt war und knapp unter dem Stopfen mündete. Die
«Iritte Öffnung war mittels einer Glasstange verschlossen, welche, so-
bald die Kolben einer dreifachen fraktionierten Sterilisation unter-
worfen waren, durch ein Thermometer ersetzt wurde. Das Thermo-
meter wurde, bevor man es in den betreffenden Kolben eingelassen
hatte, gründlich mit einer Sublimatlösuug abgewaschen und dann
auf die Weise abgesengt, dass es in Alkohol getaucht und die sehr
schwache Alkoholschicht angezündet wurde.
Sodann erfolgte die Wägung jedes der Kolben
Unter Beobachtung aller Kautelen <j;e2;en die Livasion von
Mikroben wurde hierauf in die Kolben ein bestimmtes Quantum des
ausgesüssten Niederschlages eingetragen und dessen Trocknung
durchgeführt. Die Kolben mit dem Enzym wurden nämlich in
kupferne Trockenapparate getan, in welchen eine Temperatur von
etwa 36 — 38° C. erhalten und sterilisierte Luft in starkem Strome
in der Weise durchgetrieben w^orden ist, dass die kurze, unterhalb
124 Julius Stoklasa, Adolf Ebnest und Karl Chocensky.-
des Stopfens in den Kolbenhals mündende Röhre mit einer Wasser-
pumpe in Verbindung gebracht wurde, während die längere Köhre,
welche fast bis an den Boden des Kolbens reichte, mit etlichen
Waschflascheu, die konzentrierte Schwefelsäure enthielten, und mit
etlichen Zylindern, in deren, mit steriler Watte gefülltem Innern
mehrere übereinander geschichtete Lagen feinkörnigen Thymols
untergebracht waren, verbunden worden ist.
Nachdem das Roiienzym durch die Trocknung vollständig vom
Alkohol und Äther befreit worden war, wurden die Kolben neuer-
dings gewogen und nach Abschlag des ursprünglichen Gewichtes die
Gewichtsmonge des Rohenzyms fixiert, welche zum Versuche ver-
wendet wurde. In die Kolben wurde nun ein Antiseptikum getan
und eine entsprechende Zucker-, und zwar vorwiegend Glukoselösung
hinzugegossen, welche man vorher einer dreifachen, fraktionierten
Sterilisation unterwarf.
Es gelangten 50 ccm der Lösung unter Zusatz von 0,5 (/ KgPO^
zur Verwendung, während das Gewicht des Rohenzyms 6 — 10 g
betrug.
Der Niederschlag wird behufs Studiums der Gärwirkung in eine
löprozentige sterilisierte Glukoselösung getan. Die Versuche mit
dem die Gärung hervorrufenden Rohenzym wurden in jenen
Apparaten ausgeführt, welch letztere in meiner ausführlichen Arbeit,
welche in HOPPE-SeYLER's Zeitschrift für physiologische Chemie,
Bd. 50, Heft 4 und 5, 1907, betitelt „Über die glykolytischen
Enzyme im Pflanzenorganismus" erschienen ist, deutlicli beschrieben
sind.
Nachdem der Versuch beendet war, d. i. nachdem kein wäg-
bares Quantum von Kohlendioxyd gefunden werden konnte, impften
wir aus dem Versuchskolben 3 — 4 Zuckergelatine- und Zuckeragar-
röhren, welche ebenso lange beobachtet wurden, als der Versuch
dauerte. Ausserdem bereiteten wir zu jedem Versuche einen Kontroll-
kolben in folgender Weise vor.
Die gleiche Menge des Rohenzyms als auch der Glukoselösung,
wie sie zum ursprünglichen Versuche verwendet wurden, kochten
wir durch eine Stunde im Kolben auf dem Sandbade, worauf eine
dreifache, fraktionierte Sterilisation folgte. Dabei sahen wir darauf,
dass die Lösung stets in demselben Konzentrationsgrade bleibe. Vor
und nach der Sterilisation wurde der Kolben abgewogen.
In diese Kolben wurden soviel und solche Antiseptika getan,
als ihrer der ursprüngliche Versuch enthielt, und mittels einer
sterilen Pipette übertrugen wir hierauf 5 ccm der Gärflüssigkeit nach
absolvierter Gärung samt Niederschlag des Originalversuchs in die-
selben.
Der Kontrollkolben wurde sodann wieder mit einem Kühler und
Anaerobe Atmung der Samcnpilanzen und Isolierung der Atraungsenzjme. 125
einem Absorptionsapparate verbunden und hierauf täglich wie beim
urspininglichen Vorsuche die Menge des entstandenen Kohlendioxyds
bestimmt.
Die nähere Beschreibung der analytischen Methoden findet man
ebenfalls in meiner bereits erwähnten Arbeit in HOPPE - SeyLER's
Zeitschrift für physiologische Chemie, Bd. 50, Heft 4 und 5, 1907.
In Tabelle I und H (siehe S. 126) sind mehrere Versuche ver-
zeichnet, (leren Resultate wir aus mehreren Beobachtungen als Durch-
schnitt angenommen haben.
Aus diesen Versuchen geht zur Evidenz hervor, dass wir tat-
sächlich den Nachweis erbrachten, dass die aus den Pflanzensäften,
welche von Gewebteilen und Zellen vollständig frei waren, durch
absoluten Alkohol und Äther gewonnenen Niederschläge gärungs-
erregende Enzyme enthalten. Die Rohenzyme haben in der Tat bei
völliger Abwesenheit von Bakterien in der Glukose eine Milchsäure-
und alkoholische Gärung hervorgerufen.
Dass tatsächlich nur die Enzyme die Gärung hervorriefen, dafür
haben wir folgende Belege:
1. Bei der Überimpfung des Inhaltes des Versuchskolbens auf
Zuckergelatine- und Zuckeragarplatten konnte keine Bakterien-
entwicklung nachgewiesen werden.
2. Eine Gärung in den Kontrollkolben nach Überimpfung eines
Teiles des Inhaltes aus den Originalkolben (nach Absolvierung der
(lärung in diesen) in die Kontrollkolben wurde nicht konstatiert;
ferner: die Menge des abgespaltenen Kohlendioxyds erschien so
gering, dass sie höchstens binnen 50 Stunden 5 — 10 vig betrug.
Natürlich sind diese Quanten von Kohlendioxyd sehr unbedeutend,
wenn man auf die Gesamtmenge des Kohlendioxyds Rücksicht
nimml, welches sich bei der Gärung abspaltet; oder sie sind auf
einen Versuchsfehler zurückzuführen.
Zu bemerken ist hier noch, dass wir in den bereits erwähnten
Tabellen nur solche Versuche anführten, wovon wir genügend über-
zeugt waren, dass die Bakterien im Gärungskolben nicht mitgewirkt
haben. Der beste Beweis, dass die Milchsäure- und alkoholische
Gärung durch Enzyme hervorgerufen wurde, ist der, dass bei den
gewonnenen Rohenzymen aus gefrorenen Pflanzenorganen in Glukose-
lösung keine Gärung beobachtet wurde, ja sogar ohne Antiseptikum
binnen 48 Stunden. Bei Benutzung von 1 — 2 pCt. Salicylsäure
w^urde die Kohlendioxydabscheidung aus dem Gärkolben nach fünf
Tagen nur in ganz minimalen Mengen konstatiert.
Die gewonnenen analytischen Resultate zeigen uns deutlich, dass
in allen Fällen 3Iilchsäure nachzuweisen war. Aus der Menge des
gebildeten Alkohols und Kohlendioxyds ist zu ersehen, dass faktisch
eine alkoholische Gärung vor sich gegangen ist.
126 Julius Stoklasa, Adolf Ernest und Karl Chocensky:
Tabelle I.
Die hier angefülirtcü analytischen Daten sind aus 3 4 Yersuchsrcsultaton auf 10 g
Rohenzym umgerechnet worden. — Temperatur 20° C.
i
c
1
u
*■"•
c
o
<
fcc
u S
00
CO ,-.
Provenienz
Lösung,
p
o
D"
Verwendetes
1
o ^
^
der
in d
er die Gärunsr
O
btc
to
ÖC,^
isolierten Enzyme
vor sich geht
Antiseptikum
-^ s
S.5
^ S
S i^
S S
"s^
2-2
« -rö
CS i;
es "o
S«5
£«
go
03 —
Q
O
O
:;5
1. "Wurzel der
Zuckerrübe*) .
15
pCt. Glukose
2
(Ct. Salicjlsäurc
58
0,23
0,862
0,800
2. Wurzel der
Zuckerrübe . .
15
•>i ;■)
1
5' 55
59
0,3G
0,813
0,793
3. Wurz.ol der
Zuckerrübe . .
15
„ Fruktose
1
'• 55
60
0,12
0,400
0,296
4. Wurzel der
Zuckerrübe . .
15
„ Glukose
2
11 51
38
0,08
0,386
0,289
5. Wurzp] der
Zuckerrübe . .
15
51 17
2
15 ■■)
54
0,09
0,268
0,245
(3. Blätter der
Zuckerrübe . .
15
i1 11
1
11 11
44
0,08
0,310
0,369
7. Blätter der
Zuckerrübe . .
15
V 11
1
11 51
48
0,04
0,340
0,364
8. Knollen der Kar-
toffel
15
11 11
2
>1 11
48
0,25
0,321
0,284
1». Knollen derKar-
toffel
15
51 55
2
11 '1
48
0,06
0,281
0,206
Tabelle II.
Die hier angeführten analytischen Daten sind aus 2 Versuchsresultaten auf 10 </
Roheuzym umgerechnet worden. — Temperatur 37 ° C.
1. Gerstenkeim-
linge ....
2. Gerstenkeim-
2 „ Toluol
linge . . .
3. Erbsenkeim-
linge . . .
4. Erbsenkeim-
linge
5. Lupinenkeim-
linee . . . .
<). Lupinenkcim-
linge ....
15 pCt. Glukose
15 „
15 „
15 „
15 „
1i-> „
2 pCt. Salicylsäurc
2 ,, Salicylsäure
2 „ Toluol
2 ,, Salicylsäure
2 „ Toluol
52
[0
48
52
52
52
0,33
0,45
0,27
0,73
0,24
0,52
0,18
0,86
0,30
0,48
0,24
0,76
0,49
0.66
0,.55
*) Die Rübe nach 60 Vegetationstagen.
Anaerobe Atmung der Samenpflanzen und Isolierung der Atmungsenzynie. ]-27
Wir stellten sodann weitere Orientierungsversuche mit grösseren
.Mengen von Roheuzjm an, und zwar gaben wir in den Versuchs-
kolben 23 — 25 g Enzym hinein und benützten 250 cc7n 15prozentige
sterilisierte Glukoselösuug. Als Antiseptikum wurde wieder 2,5 </
Salicylsäure benutzt.
In einem Kolben wurde kohlendioxydfreie Luft durchgeleitet,
durch den anderen Yersuchskolben Hessen wir Wasserstoff durch-
strömen.
Im ersten Falle haben daher die Enzyme bei Sauerstoffzutritt
den Gärungsprozess hervorgerufen, im anderen Falle bei Sauerstoff-
abschluss.
Nach 52 stündiger Gärung fanden wir nachstehende Resultate:
In Wasserstoffatmosphäre wurde gefunden:
C3H,O3=^0,528 5/
aH,OH= 1,263,,
COo- 1,392,,
Bei Sauerstoffanwesenheit wurde konstatiert:
C,H,O3 = 0,132.^
CoHgOH- 1,682 „
C0„ = 1,453 „
aH,O^-0,:^21„
Acetaldehyd und Ameisensäure konnten wir qualitativ nach-
weisen.
Die Gase, welche sich bei dem Abbau der Glukose bei Luft-
zutritt durch Enzymwirknug bilden, sind Kohlendioxyd und Wasser-
stoff. Beide diese Gase wurden qualitativ nachgewiesen. Die Ent-
nahme derselben erfolgte aus einem Gärkolben. Die Bestimmung
des Kohlendioxyds geschah nach den geschilderten Methoden. So-
dann wurde das kohlendioxyd- und wasserdampffreie Gas durch
einen Verbrennungsofen hindurch^etrieben. Die Einrichtung des
letzteren war ganz analog jenem, der bei der elementaren Analyse
verwendet wird. Das aus dem Wasserstoff gebildete Wasser wurde
in Chlorcalciuniröliren absorbiert. Methau wurde nicht konstatiert,
seine Abwesenheit wurde in beigeschlossenen GEISSLER'schen
Apparaten bezw. durch Verbrennung gebildeter COj mit Kalium-
hydrat festgestellt.
Wir fanden
im 1. Falle auf 1,453^^ gebildeten CO, 0,098^ H.
„ 2. „ „ 1,200,^, „ „' 0,081 „ „
„ o. „ „ ],(Ot) „ „ „ 0,04o „ „
Dem Wasserstoff, welcher bei der Degradation der Kohlen-
hydrate, und zwar durch die Wirkung der Atmungsenzyme als End-
128 Julius Stoklasa, Adolf Ernest und Karl Chocensky:
produkt entsteht, ist in der chlorophyllhaltigen Zelle eine be-
deutungsvolle Funktion bei der Assimilation des Kohlendioxyds
zugewiesen Es ist die Möglichkeit der Bildung von CK,0 durch
Reduktion des CO, nach der Formel: CO, + 4 H = CHoÖ + H.O
nicht ausgeschlossen.
Aus unseren langjährigen Beobachtungen geht hervor,
dass in den Fflanzenzellen Atmungsenzyme vorhanden sind,
welche eine Milchsäure- und alkoholische Gärang hervor-
rufen.
Die von uns gefundenen Enzyme sind in vieler Hin-
sicht der Zymase und der Lactacidase ähnlich.
Wir haben zweierlei Arten von Atmungsenzymen vor
uns und zwar: Die im Protoplasma sich abspielenden
primären Prozesse werden
1. durch die Enzyme Zymase (Milchsäurebildung),
2. durch die Lactacidase (Alkohol- und Kohlendioxyd-
b i 1 d u n g)
hervorgerufen.
Die sekundären Produkte, welche sich durch weitere Degradation
der Abbauprodukte kennzeichnen, gehen nur bei Gegenwart von
Sauerstoff vor sicli. Durch Einwirkung wieder neuer Enzyme ent-
steht Acetaldehyd, Essigsäure, wahrscheinlich Methan, Ameisensäure
und schliesslich Wasserstoff. Die gebildeten Spaltungsprodukte, so-
weit sie noch oxydierbar sind, werden durch den hinzutretenden
Sauerstoff der Luft zu Kohlendioxyd und Wasser verbrannt
Eduard Büchner und Jakob Meisenheimer^) in der neuesten
Arbeit „Über Milchsäuregärung" sowie EDUARD BÜCHNER und
PüFUS GAUNT „Über die Essiggärung" ^) bestätigten neuerdings, dass
die Milchsäuregärung, sowie die Essiggärung durch Enzyme hervor-
gerufen wird Das erste Enzym, welches die Spaltung des Zuckers
zu Milchsäure mit Hilfe eines von der Lebenstätigkeit der Mikro-
organismen abtrennbaren Enzyms bewerkstelligt, nennen die A'er-
fasser Milchsäurebakterienzymase.
Durch Eduard Buchner und RUFUS GauNT wurde sicher be-
wiesen, dass die Essigbakterien ihre oxydierende Wirkung der
Gegenwart eines Enzyms, einer Oxydase, die Verfasser Alkohol-
oxydase nennen, verdankt. In den Daueressigbakterien scheinen
sowohl Oxygenasen, wie Peroxydase und Katalase vorhanden zu sein.
Die Arbeiten von R. 0. HERZOG^) und BÜCHNER und seiner
1) Siehe LiEBiC/s Aniialcn, Bd. CCCXLIX, S. 125-139.
2) Siehe LiEBIG's Annalcn, Bd. CCCXLIX, S. 140-184.
3) Hoppe-Seyler's Zeitschrift für physiologische Chemie, Bd. XXXVII,
1902/03.
Anaerobe Atmun? der Samenpflanzen und Isolierung der Atmungsenzyme. 129
Mitarbeiter bestätigen also meine früheren Angaben, welclie ich
schon im Jahre 1903 publizierte, welche dahin lauten, dass in der
lebenden Pflanzen- und Tierzelle Milchsäure, Alkohol, Kohlendioxyd,
Essig- und Ameisensäure durch Enzyme gebildet werden.
Die Existenz unserer Atmungseuzyme wurde von vielen Seiten
bestätigt. Xur eine kleine Minorität von Forschern versuchte es,
die Frage nach dem Vorhandensein der Atmnngsenzyme im Pflanzen-
und Tierorganismus noch als eine offene und die von uns auf Grund
unserer Untersuchungen konstatierte Zersetzung der Hexosen durch
die glykolytisclien Enzyme als das Ergebnis von Bakterienwirkung
hinzustellen.
Wenn einzelne Autoren, wie BaTELLI, MaZE und PORTIEK,
tatsächlich das Vorhandensein von Bakterien in ihren Versuchs-
flüssigkeiten konstatiert haben, so wäre es ihre Pflicht gewesen,
sich auch davon zu überzeugen, ob die gefundenen Bakterien, ihre
Art und Zahl imstande gewesen wären, ebenfalls solche Prozesse
zu verursachen, wie ich sie bei den Wirkungen der von mir
isolierten Rohenzyme sichergestellt habe. Jeder erfahrene Bakterio-
loge wird mir gern bestätigen, dass sich ungemein schwer bei
völligem Ausschluss von Bakterien operieren lasse. Hat man sie
aber da oder dort bei einer Operation konstatiert, so muss man doch
sicherlich untersuchen, ob und welche Wirkung, eventuell welche
Alteration einer anderen Wirkung ihre Anwesenheit im Gefolge
haben konnte. Die blosse Konstatiernng des Vorhandenseins einiger
weniger Bakterienspezies in einer Gärflüssigkeit reicht, meiner Er-
fahrung und Überzeugung nach, durchaus nicht hin, um eine so
eminente und auffällige Wahrheit zu bestreiten, wie die von mir
festgestellte glykolytische Wirkung der von mir isolierten Enzyme
Es genügt das um so weniger, wenn man erwägt, dass
1. unzweifelhaft feststeht, dass durch einzelne meiner Enzyme,
was jedes Mitglied unseres Laboratoriums bestätigen kann, so-
fortige Gärungserscheinungeu bei Eintragung des Enzyms
in die Zuckerlösung auftraten, welche Tatsache auch
Angiola Borrino, A. Herlitzka, Blumenthal und Feinschmidt
konstatiert haben. Man nenne uns demgegenüber auch nur ein
einziges Beispiel einer gleichen Wirkung von Bakterien.
2. Haben wir zu unseren Gärflüssigkeiten stets eine solche
Menge von Desinfizientien zugesetzt (1 — 2 pCt. Toluol oder 1 bis
2 pCt. Salicylsäure), dass durch sie jegliche Bakterieuwirkung für
jeden nüchternen Bakteriologen von vornherein ausgeschlossen er-
scheint.
Bei dieser Gelegenheit will ich des der Paradoxie nicht ent-
behrenden Faktums gedenken, dass die obenerwähnten Forscher die
auf zymatischer Wirkung beruhenden gegenwärtigen Versuche
130 Julius Stoklasa: Anaerobe Atmung der Samenpflanzen.
BUCHNER's nicht anzweifelten, trotzdem er weit geringere anti-
septische Dosen benutzte als ich. Ich zitiere hier diesbezüglich die
Berliner Berichte Nr. 3 vom Jahre 1903 und Nr. 2 vom Jahre 1904.
Diesen zufolge benutzte BÜCHNER zu seinen Versuchen 8 0 ccm
Hefepressaft, 80 g Rohrzucker und 8 ccm Toluol. In einem zweiten
Falle benutzte er 300 ccm Pressaft und nur 3 ccm Toluol usw. Wenn
nun Buchner schon bei einer viel geringeren Dosis von Antisepticis
der Ausschluss der Bakterienwirkung ohne weiteres eingeräumt wird,
mit welchem Rechte bezweifelt man die Yerlässlichkeit meiner Ver-
suche und ihre Resultate, wo ich auf 50 ccm Glukoselösung und 5 g
Rohenzym 0,5 — 1 g Toluol, also 1 — 2 pCt. oder 0,5 — 1 g Salicylsäure
verwendete?
Wir haben bereits in unseren früheren Arbeiten hervorgehoben,
dass wir die Möglichkeit der Bakterienwirkung und ihre Kon-
Sequenzen stets im Auge behalten haben, und dass die von uns
durch Enzyme hervorgerufenen Gärungsprozesse in einer Zeitdauer
absolviert waren, innerhalb welcher die Bakterien noch gar keine
Wirkung, oder doch nur eine ganz unverhältnismässig geringe, zu
erzielen vermocht hätten.
Wir dürfen ferner, was unsere früheren Versuche betrifft, nicht
unerwähnt lassen, dass ihre Zahl in die Hunderte geht, wobei ich
im Verlaufe von fünf Jahren, die sie umfassen, mit meinen
Assistenten mehrere Meterzentner Pflanzen- und Tierorgane ver-
arbeitete. Von allen diesen Versuchen wurden jedoch nur diejenigen
])ubliziert, bei denen auch nur der leiseste Zweifel deplaziert er-
schiene. Angesichts eines solchen Untersucliungsmaterials sind wohl
ein paar als missglückt zu bezeichnende, vielleicht nicht einmal mit
der erforderlichen Akkuratesse und Vorsicht ausgeführte Experimente,
als welche sich diejenigen namentlich von BaTELLI und PORTIER
auf den ersten Blick geben, nicht o-eeionet, eine so umfassende und
nach allen Richtungen hin gesicherte Arbeit, wie es diejenige unserer
Isolierung von Enzymen ist, deren Tragweite heute allgemein an-
erkannt wird, auch nur zu alterieren!
Nicht unbemerkt können wir namentlich die Arbeiten von
Portier^) lassen, aus welchen hervorgeht, dass sich derselbe nicht
einmal die Mülie gegeben hat, unsere Arbeiten genau durchzu-
studieren, wie dies seine Versuchsmethodik dokumentiert.
Von grossem Interesse ist allerdings, dass er zur Bestimmung
des Alkohols die total ungenaue Methode von NlCLOUX anwendete
und mittels dieser ganz unverlässlichen Methode 1 — 3 ong Alkohol
bestimmte und mit dieser Menge kalkulierte.
Überhaupt ist aus seiner Arbeit, die in den „Annales de ITnstitut
1) Annales de l'Institut Pasteur 1904.
A. Meyer uud E. Schmidt: Die Wanderung: der Alkaloide. 131
Pasteur", Nr. 10, 1904, erschienen ist, zu ersehen, welche unglaub-
liche Mangelhaftigkeit der chemisch - analytischen und bakterio-
logischen Untersuchungsmethoden er bei seinen diesbezüglichen
Forschungen hat walten lassen müssen.
Was für einen Wert haben nun solche Einwände gegen unsere
langjährigen und gewissenhaften Forschungsergebnisse?
20. Arthur Meyer und Ernst Schmidt: Die Wanderung
der Alkaloide aus dem Pfropfreise in die Unterlage.
Eingegangen am 25. März 1907.
Die Fragen, ob die Alkaloide in der Pflanze wandern und
welche Wege sie bei dieser Wanderung einschlagen, sind noch nicht
gelöst. Sie wurden bei den unter unserer Leitung von FelDHAUS
(1903) und Tou KlRCHER (1905) ausgeführten Arbeiten in folgender
Weise berührt:
Es lässt sich schon mikrochemisch erkennen, dass in den
Blättern von Datura Stramonium, ebenso in denen von Hyoscyamus
(SllM Jensen, 1901), die Alkaloide im Parenchym der Leitbündel
viel reichlicher vorkommen als im Assimilationsparenchym. So fand
auch Feldhaus in den Mittelnerven und Sekundärnerven von Datura
1,39 pCt., im Mesophyll mit den kleineren Nerven nur 0,48 pCt.
Alkaloid, bezogen auf Trockensubstanz, im Blattstiele etwas weniger
Alkaloid als im Mittelnerven. Im allgemeinen verhielt sich der
Alkaloidgehalt von Blattspreite mit Nerven höherer Ordnung : Mittel-
-\- Sekundäruerven : Blattstiel = 1 : 3 : 1,5.
Feldhaus (19. B. S. '^2) schnitt nun von einer grösseren Anzahl
von Laubblättern die Spreitenhälften rechts und links vom Mittel-
nerven ab und liess die Blattstiele mit den daran sitzenden Mittel-
nerven der Blätter vom 30. Juli bis 28. August an den Pflanzen.
Danach fand er in Mittelrippe und Blattstiel zusammen nur 0,29 pCt.
Alkaloid, also viel weniger als in der normalen Blattspreite.
Kircher verfolgte diese Erscheinung weiter, indem er folgender-
massen verfuhr: Zuerst sammelte er von zwei verschiedenen Beeten
(I und II) von Datura ßtramonium je ungefähr 300 ganze Blätter.
Zweitens schnitt er von unajefähr 700 Blättern des Beetes I die
Spreiten rechts und links vom Mittelnerven völlig ab und sammelte
sogleich 300 Blattstiele -|- Mittelnerven; die übrigen Blattstiele
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV. -[Q
132 Arthur Meyer und Ernst Schäiidt:
+ Mittelnerven liess er an den Pflanzen sitzen und sammelte sie
erst nach fünf und nach acht Tagen, nach welcher Zeit manche
Blattstiele abgefallen, manche erkrankt waren. Drittens schnitt er
von einer gleichen Anzahl von Blättern des anderen Beetes (Nr. II)
die Spreitenteile bis auf einen Streifen von 2 — 3 mm^ welchen
er an jeder Seite des Mittelnerven stehen liess, ab und ver-
fuhr damit wie vorher gesagt; es hielten sich diese Blattstiele
-|- Mittelnerven gut und fielen nicht ab. Als er die Trockensubstanz
aller Proben untersuchte, fand er folgendes:
r. TDi-.x f I = 0,33 pCt. Alkaloid.
(ianze Blatter 1 ttt r> «-
1 111 = 0,do „ „
{I = 0,8 „ „ Spreite völlig
entfernt.
III = 0,81 „ „ 2—3 mm Spreite
am Mittelnerven.
Nach fünf Tagen j I = 0,65 „ „
gesammelt 1 III = 0,79 „ „
Nach acht Tagen c I = 0,5 „ „
Im:
gesammelt l III = 0,78 „ „
Es ist damit bewiesen, dass der Alkaloidgehalt an der Pflanze
sitzender Blattstiele + Mittelnerven, denen die Spreiten genommen
wurden, mit der Zeit mehr und mehr abnimmt, dass aber schon ein
geringer Teil der ansitzenden Spreite diese Abnahme stark herab-
setzt. Wenn dieses Resultat auch nicht beweist, dass das Hyos-
cyamin aus dem Stiele aus- und in die Ähre einwandert, so liegt
doch die Annahme nahe, dass die Abnahme des Alkaloides im Stiele
auf einer Auswanderung des Alkaloides beruht.
Demgegenüber schien die Frage, ob die Alkaloide von dem
Orte ihrer Entstehung wegwandern können, durch einen von STRAS-
BURGER (1885 und 1906) angestellten Versuch gelöst zu sein. Durch
Strasburger veranlasst, untersuchte Klinger 800 g Kartoffel-
knollen, welche an einer durch ein Pfropfreis von Datura Stramonium
ernährten Unterlage von Solanum tuberosum entstanden waren, und
fand darin Atropin. STRASBURGER (1885, S. XXXIX) sagt: „Er
(Klinger) fand — Atropin, wenn auch nur in äusserst geringen
Mengen; nach seiner Schätzung würden die 800^ Knollen kaum
einige Milligramm Atropin enthalten haben." Klinger unterwarf
übrigens auch 600 g gewöhnlicher Kartoffelknollen der Untersuchung
und fand darin weder Atropin noch ein dem Atropin ähnliches
Alkaloid.
Es schien uns nun für die Frage der Alkaloidwanderung zuerst
eine Kontrolle der vorliegenden Angaben von Interesse zu sein. Da
eine Pfropfung von Datura Stramonium im Frühjahr 1906 gut an-
o
Die Wanderung der Alkaloide aus dem Pfropfreise in die Unterlage. 133
"•ewachsen war, beschlossen wir die zu erwartenden Kartoifeln dazu
zu benutzen und im kommenden Frühjahr die am Schlüsse dieser
Notjz aufgeführten Fragen zu beantworten. Während der Zeit sind
nun weiter zwei hierher gehörende Arbeiten erschienen, zuerst die
von Gräfe und LiNSBAÜER (1906).
Gräfe und Linsbauer experimentierten mit Nicotiana afßnis
und Nicotiana Tabacum, die sie wechselweise aufeinander pfropften.
Sie betrachten N. affinis als nikotinfrei oder so nikotinarm, dass sie
ihren Nikotingehalt nicht in Betracht ziehen; da aber N. affinis
Nikotin enthält und anzunehmen ist, dass ihr Nikotingehalt ähnlichen
Schw^ankungen unterliegt wie der von N. Tabacum, deren Alkaloid-
gehalt zwischen 0,7 pCt. und 5 pCt. schwankt, so ist dieses Vorgehen
wohl etwas unkritisch und lässt leider Zweifel an der Zuverlässigkeit
der Resultate entstehen. Es hätte eine grössere Anzalil von Indi-
viduen der benutzten N. affitiis genau auf ihren Alkaloidgehalt unter-
sucht werden müssen.
Die Versuche der Autoren zeigten nun, dass N. affinis stets
Nikotin enthielt (0,84 bis 3,56 pCt.), wenn sie als Pfropfreis einer
Pflanze von N. Tabacum mit ungefähr 4 pCt. Nikotingehalt aufsass,
oder wenn sie als Unterlage für iV. Tabacum diente. Die Autoren
machen auch einen Versuch, welcher die Frage entscheiden soll, ob
die Fähigkeit von N. affinis^ Nikotin zu bilden, gesteigert werde,
wenn sie mit N. Tabacum verbunden werde. Sie pfropften N. Tabacum
auf iV. afßnis. Am 9. April schnitten sie das Reis unterhalb der
Pfropfstelle ab und Hessen die Unterlage Zweige bilden, deren
Alkaloidgehalt am 15. Mai 0,33 pCt. betrug. Danach vermuten
die Autoren, „dass die Befähigung der Unterlage zur Nikotinbildung
durch die Wirkung des nikotinreichen Edelreises gesteigert wird".
Unserer Meinung nach lieot kein Grund zu dieser Vermutun»- vor.
Man könnte, wenn man sich auf die Angaben der Autoren stützt,
sehr wohl annehmen, dass die 0,3 pCt. Alkaloid eingewandert seien,
da ja die Unterlage vor dem Abschneiden des Pfropfreises von
letzterem 2,9 pCt. Alkaloid zugeführt erhalten haben könnte. Freilich
dürfte man auch annehmen, dass N. affinis die 0,3 pCt. x41kaloid
selbst gebildet habe.
Wären die Resultate der Versuche von GRÄFE und LiNSBAUER
einwandfrei, so würden sie beweisen, dass bei zwei nahe ver-
wandten, nikotinbildenden Pflanzen das Nikotin äusserst
leicht durch die Pfropfstelle hindurchwandern kann.
In der anderen der erwähnten Arbeiten teilte ferner H. LlNDE-
MUTH (1906) mit, dass er 1896 835^ KartofTelknollen, welche durch
ein Pfropfreis von Datura Stramonium ernährt worden waren, von
Lewin habe untersuchen lassen, welcher folgendes mitgeteilt habe:
„Es würde ihm von grossem Interesse sein, zu wissen, auf welchem
10*
134 Arthur Meyer und Ernst Schmidt:
Wege Herr Dr. KliNGEB das Atrbpin isoliert hat. Atropin chemisch
nachzuweisen sei absolut unmöglich. Auf einem sehr umständlichen
Wege Hess sich dartun, dass in den Kartoffeln, nach Abtrennung
reichlichen Solanins, eine nicht isolierbare Substanz in winzigen
Spuren zurückblieb, die das durch Muskarin zum Stillstand gebrachte
Froschherz wieder in Bewegung setzte."
Es leuchtet ein, dass das Erscheinen dieser beiden besprochenen
Abhandlungen kein Grund für uns sein konnte, unseren vorher er-
wähnten Plan aufzugeben, und wir haben danach zuerst die Unter-
suchuns: der Kartoffelknollen in folo-ender Weise auso-eführt:
Im Herbst 1906 stand uns also die sehr kräftige Pfropfung von
Solanum tuberosum zur Verfügung. Es waren im Mai 1906 auf drei
Zweige einer ausgetriebenen Kartoffelknolle drei Pfropfreiser von
Datura aufgesetzt worden, die ungefähr 80 cm hoch geworden waren
und ungefähr 800 g bis 7 cm lange, rundliche Kartoffeln gebildet
hatten. Die Blüten der Datura hatte ich stets entfernt, nur eine gut
entwickelte, noch nicht völlig reife Kapsel war bei der Kartoffelernte
an den Achsen von Datura vorhanden.
Von den geernten Kartoffeln diente ein Teil (410 g) zur Prüfung
auf mydriatisch wirkende Alkaloide. Die hierzu verwendeten Knollen,
welche sich also in ihrem Äusseren und in ihren Grössen durchaus
nicht von den normalen Kartoffeln unterschieden, wurden zu diesem
Zwecke in eine breiartige Masse verwandelt, letztere hierauf mit
dem dreifachen Volumen Alkohol von 95 pCt. vermischt und das
Gemisch alsdann unter zeitweiligem Umschütteln sechs Tage lang
bei einer Temperatur von 20 — 25° stehen gelassen. Nach dieser
Zeit ist die schwach sauer reagierende Flüssigkeit abkoliert, der
Rückstand ausgepresst und unter den gleichen Bedingungen von
neuem mit Alkohol extrahiert worden. Die vereinigten Alkohol-
auszü2:e wurden hierauf filtriert und durch Destillation im luft-
verdünnten Räume von Alkohol befreit.
Der erkaltete Destillationsrückstand wurde abermals filtriert, als-
dann im Scheidetrichter mit dem gleichem Volumen Chloroform-
Äther (2 Teile Chloroform, 5 Teile Äther) überschüttet nnd nach
dem Zusatz von gepulvertem Natriumbikarbonat längere Zeit ge-
schüttelt. Dieses Ausschütteln ist dreimal mit je dem gleichen
Volumen Chloroform -Äther wiederholt worden. Die vereinigten
Chloroform-Ätherauszüge sind hierauf unter zeitweiligem Ätherzusatz
eingedampft worden, bis durch empfindliches rotes Lackmuspapier
eine Abgabe von Ammoniak nicht mehr zu konstatieren war. Der
Rückstand wurde hierauf dreimal mit je 5 com Wasser, welches
schwach mit Salzsäure angesäuert war, ausgeschüttelt und die ver-
einigten sauren Flüssigkeiten alsdann mit den allgemeinen Alkaloid-
reagentien auf Pflanzenbaseu geprüft. Diese Prüfung fiel jedoch
Die Wanderung der Alkaloide aus dem Pfropfreise in die Unterlage. 135
unter Anwendung von je einem Tropfen des sauren Auszuges negativ
aus. Erst als dieselbe im Vakuum bis auf etwa 2 ccm eingeengt
war, konnten schwache Alkaloidreaktionen beobachtet werden.
Zur Identifizierung der anscheinend nur in sehr geringer Menge
vorliegenden Alkaloide wurde die Flüssigkeit mit einem Tropfen
Goldchloridlösung versetzt und alsdann der freiwilligen Verdunstung
überlassen. Hierbei war die Bildung vereinzelter gelblicher Aggregate
von winziger Grösse zu beobachten, von Aggregaten, welche eine
gewisse Ähnlichkeit mit denen zeigten, die, allerdings in grösserem
Formate, bei der Verdunstung einer unreinen, in entsprechender
Weise aus pflanzlichem Material dargestellten Lösung von Atropin-
und Hyoscyamingoldchlorid auftreten. Ein wiederholt ausgeführter
Versuch, diese winzigen Partikelchen nach vorsichtiger Entfernung
der kleinen Mengen von Mutterlauge durch Umkristallisation in die
typischen Formen des Atropin- bezw. Hyoscyamingoldchlorids über-
zuführen, misdang, indem an deren Stelle stets nur wenige amorphe,
gelbe Flocken resultierten.
Die Chloroform-Ätherauszüge, welche bei dem weiteren Aus-
schütteln des Kartoffelextraktes nach Zusatz von Sodalösung noch
erhalten wurden, lieferten selbst in konzentrierterer Lösung kaum
noch Alkaloidreaktionen. Da bei der weiteren Prüfung dieser Aus-
züge sich auf chemischem Wege noch weniger ein positiver Anhalt
für das Vorhandensein eines mydriatisch wirkenden Alkaloids ergab,
als dies bei denen, welche aus dem mit Natriurabikarbouat alkali-
sierten Kartoffelextrakte resultierten, der Fall war, so wurden beide
Lösungen vereinigt, um zur physiologischen Prüfung verwendet zu
werden. Nach Entfernung des Goldes aus den gesamten jetzt vor-
liegenden Lösungen und Ausscheidungen durch Schwefelwasserstoff
wurden die Flüssigkeiten zu diesem Zwecke im Vakuum über Ätz-
kalk verdunstet und der winzige Rückstand zur Beseitiouno; der
letzten Salzsäurespuren noch mehrere Tage lang im Vakuumexsikkator
über Ätzkalk aufbewahrt. Zur weiteren Reinigung ist der Ver-
dunstungsrückstand schliesslich noch mit Alkohol extrahiert in der
filtrierten Lösung von neuem im Vakuum verdunstet worden.
Die Herren DDr. A. LOHMANN und M. SCHENDES hatten die
Güte, jenes Produkt im hiesigen physiologischen Institut an dem
Auge einer Katze auf seine mydriatische Wirkung zu prüfen. Es
konnte jedoch innerhalb einer fünfstündigen Beobachtungszeit nicht
die geringste Pupillenerweiterung konstatiert werden.
Da nach den Beobachtungen von DONDERS und RUYTER^) noch
durch einen Tropfen einer Atropinlösung 1:130 000 Pupillenerweite-
rung eintritt und auch Hyoscyamin dieselbe Wirkung, nur etwas
1) Dragendorff, Ausmittelung von Giften.
136 A. Meyer und F. SGHMIDT: Die Wanderung der Alkaloide.
langsamer, aber um so nachhaltiger, yerursacht (DragendoRPF 1. c),
so ist wohl kaum anzunehmen, dass in den 410 g der zur Unter-
suchung benutzten Kartoffeln die Mydriatica in nachweisbarer Menge
enthalten waren.
Um einen Anhalt zu gewinnen, wie sich normale Kartoffeln
unter den beschriebenen Bedingungen chemisch und physiologisch
verhalten, wurde 1 kg davon in der gleichen Weise einer Prüfung
unterzogen. Das Verhalten des erzielten Extraktes war durchaus
das gleiche wie das der i)a^M?'a- Kartoffelauszüge. Die Chloroform-
Atherausschüttelungen lieferten hier eine Flüssigkeit, welche nach
Konzentration t uf etwa 2 ccm mit den allgemeinen Alkaloidreagentien
Reaktionen gab, die unter Berücksichtigung der grösseren Menge
des angewendeten Untersuchungsmaterials naturgemäss etwas stärker
ausfielen als die früher beobachteten. Bei der Prüfung mit Gold-
chlorid traten dieselben Erscheinungen auf, wie dieselben oben be-
schrieben wurden. Auch hier Hessen sich die in geringer Menge
ausgeschiedenen gelblichen Aggregate nicht durch Umkristallisation
in eine greifbare Form überführen. Die durch Schwefelwasserstoff
wieder von Gold befreiten Lösungen wurden daher auch in diesem
Falle, nach Entfernung der freien Salzsäure und der sonstigen Bei-
mengungen, zur physiologischen Prüfung verwendet. Herr Professor
Dr. A. HefFTER- Marburg hatte die Güte, letztere auszuführen und
als Resultat derselben mitzuteilen, dass sich auch dieses Produkt als
ganz wirkungslos auf die Katzenpupille erwiesen hat.
Die Frage, ob Kyoscyamin aus dem Pfropfreis in die Unterlage
wandert, ist danach einstweilen im negativen Sinne zu beantworten.
Da jedoch die Angaben von KLINGER und auch die von LEWIN
in gewisser Weise ^) unserer Erfahrung entgegenstehen, so wollen
wir unsere Untersuchung nochmals wiederholen, nachdem wir uns
überzeugt haben werden, dass sich mit unserer Methode eine
äusserst kleine Hyoscyaminmenge in Kartoffeln nachweisen lässt.
Ferner werden wir noch folgende Fragen zu entscheiden versuchen:
1. Da wir wissen, dass aus Blattstielen von Datura das Hyos-
cyamin verschwindet, werden wir fragen, ob vielleicht aus ab-
sterbenden Pfropfreisern von Datura Hyoscyamin in die Unterlage
wandert.
2. Wir werden ferner zu entscheiden versuchen, ob Hyoscyamin
aus entblätterten Pfropfreisern von Datura auswandert.
3. Es soll untersucht werden, ob Nikotin aus Pfropfreisern von
1) Es ist dabei zu beachten, dass in der Literatur Angaben vorliegen, dass
der Muskarinstillstand auch durch andere Stoffe, wie Guanidin, Camphor, Veratrin,
Digitalin usw. aufgehoben werden könne, so dass es nicht ganz sicher ist, dass der
Stillstand wirklich durch Hyoscyamin herbeigeführt wurde.
M. TSWETT: Spektralanalytische Dntersuchiingeii über die Chlorcphylliiie. 137
Nicotiana Tabacum und rustica in die als Unterlage benutzte KartofFel-
ptianze einwandert.
^ 4. Wir wollen eventuell Versuche darüber anstellen, ob die
Alkaloide der Pfropfreiser in der Unterlage verändert werden.
5. In allen Versuchen soll die Pfropfstelle mikrochemisch auf
die Lagerung der Alkaloide geprüft werden.
Literatur.
Feldhaus, Quantitative Untersuchung der Verteilung des Alkaloides in den
Organen von Datura Stramonium, Dissertation, Marburg 1903.
KlRCHER, Über das mydriatisch vrirkende Alkaloid der Datura metel, Datura
guercifolia, Datura arborca, Dissertation, Marburg 1905.
SiLM Jensen, Beiträge zur botanischen und pharmakognostischen Kenntnis von
Fhjoscyainus niger L., Bibliotheca botanica Heft 51, 1901; Arbeit aus dem
botanischen Institute der Universität Marburg.
H. LiNDEMUTH, Über angebliches Vorhandensein von Atropin in Kartoffolknollen
infolge von Transplantation und über die Grenzen der Verwachsung nach
dem Verwandtschaftsgrade; Berichte der Deutschen Botanischen Gesell-
schaft 1906, S. 428.
E. Strasburger, Über Verwachsung und deren Folgen; Berichte der Deutschen
Botanischen Gesellschaft 1885, S. XXXIV,
E. Strasburger, Zu dem Atropinnachweis in den Kartoffelknollen; Berichte der
Deutschen Botanischen Gesellschaft 1906, S. 599.
V. Gräfe und K. Linsbauer, Über die wechselseitige Beeinflussung von Nicotiana
Tahaciiin und N. af/inis bei der Pfropfung; Berichte der Deutschen
Botanischen Gesellschaft 1906, S. 366.
21. M. Tswett: Spektralanalytische Untersuchungen
über die Chlorophylline und deren nächste Säurederivate
(Chlorophyllane).
Mit Tafel III.
Eingegangen am 25. März 1907.
Vorbemerkungen. Mit Recht oder nicht, betrachtet man im
allgemeinen die vermeintliche „grüne Komponente" des Chlorophylls
(sehr unzweckmässig auch als Chlorophyll bezeichnet) als den
physiologisch wichtigsten Farbstoff der Blätter. Tatsächlich liegen
zur Zeit keine Tatsachen vor, welche auf eine unmittelbare opto-
138 M. TSWETT:
chemische Teilnahme der gelben Chlorophyllfarbstoffe an der Kohlen-
stoffassimilation deuten.
Die von KOHL (I, 134 und 11) dem Karotin zugeschriebene
assimilatorische Bedeutung entbehrt der nötigen Berechtigung, da
die assimilatorische Wirkung der blauvioletten Strahlen sich unge-
zwungen durch die entsprechenden Absorptionen^) des „Chloro-
phylls" (Chlorophylline a und ß) erklären lässt. Es ist auch gar
nicht ausgeschlossen, dass im Falle der assimilierenden gelben
Chromatophoren (ENGELMANN, II 441, JOSOPAIT, KOHL, 1136, II)
Spuren von Chlorophyllinen darin enthalten waren. Für die so-
genannten Etiolinkörner steht sogar die Sache fest, da dieselben
nebst Xanthophyllfarbstoffen Protophylliu („Protochlorophyll") ent-
halten, ein Farbstoff, welchen KOHL (II 228) uubegreiflicherweise
übersehen hat.^)
Sonst liegt vorläufig der Schwerpunkt der Chlorophyllforschung
in der fluorescierenden ,,grünen Komponente" des Chlorophylls.
Dieselbe ist aber ein Farbstoffgemisch, und da meine adsorptions-
analytischen Methoden zum erstenmal ermöglichen, diese Farbstoffe
in optisch vollständig reinem Zustande und in grösserer Menge zu
erhalten, so hielt ich es für lohnend, diese Chlorophylline ^) einer ein-
gehenden spektroskopischen Untersuchung zu unterwerfen.
Methodisches. Die im Folgenden untersuchten Farbstoffe
wurden aus verschiedenen Pflanzen, neuerdings besonders aus Taxus
baccata mit Hilfe der chromatographischen Adsorptionsanalyse
1) Zwar glaubt KOHL (I, 101), dass „karotinfreies Chlorophyll überhaupt
nichts von der blauvioletten Hälfte des Spektrums absorbiert". Das irrtümliche
(lieser in der Literatur wohl einzig stehenden Meinung wird schon durch die
ältesten Untersuchungen dargetan (vgl. insbesondere die Fluorescenzuntersuchungen
Stoke's (I) und Hagenbach's (I, II). Auf seinem grundlosen Dogma fussend,
wagt sogar KOHL, die exakton Beobachtungen Reinke's über die Zerstörung
des Chlorophylls im blau violetten Lichte ohne weiteres als falsch zu erklären,
(loc. cit. p. 101).
2) Betreffend die Existenz eines besonderen Chlorophyllins (Ö) in den etio-
lierten Blättern kann ich nun die Befunde TiMIEIAZEF's und MoXTEVEEDE's (III),
sowie die Beobachtungen GREILACH's bestätigen. Eine spezielle Arbeit über die
Farbstoffe etiolierter Blätter steht in Vorbereitung.
3) TiMiRlAZEF, der Urheber des Wortes Chlorophyllin, bezeichnete zwar
damit eine Substanz, die sich später als ein Derivat erwiesen hat, er dachte sich
aber darunter ein Teilpigment des Chlorophylls, und in derselben Deutung wurde
sptäer diese Bezeichnung systematisch von SCHÜTT und von mir (I — IV) ver-
wendet. Wenn deswegen WillstäTTER in seiner vor kurzem erschienenen Ab-
handlung (S. bl) das Wort Ciilorophyllin wieder für gewisse Derivate benutzen
will, so sind dagegen ebenso historische wie Zweckmässigkeitsgründe zu erheben.
Es wäre wohl ratsam, die WiLLSTÄTTER'schen Derivate im Anschluss an TSCHISCH
als Chlorophyllinsäuren zu bezeichnen. Die gewöhnlichen Chlorophylline der
Pflanzen wären dann, den WiLLSTÄTTER'schen Untersuchungen nach, als Ester
der Chlorophyllinsäuren zu betrachten.
Spektralanalytische Untersuchungen über die Chlorophylline. 139
(TSWETT V, VI) hergestellt. Die mit feinem Schmirgel und etwas
CaCOj (behufs Abstumpfung der Pflanzensäuren) zerriebenen Blätter
wurden mit alkoholhaltigem Petroläther extrahiert, die Lösung filtriert
und mit Wasser gründlich ausgewaschen/) um den Alkohol daraus
vollständig zu entfernen. Diese Lösung wurde nun (in dem grösseren
Apparat) durch eine Säule von „Calcium carbonatum praecipitatum"
durchfiltriert und das erhaltene Chromatogramm mittels CgHg „ent-
wickelt," wobei sich die verschiedenen gefärbten Zonen besser
differenzieren und zuweilen durch farblose Ringe getrennt erscheinen.
Die Kalkkarbonatsäule wurde nun aus der Trichterröhre hinaus-
geschoben, die Chlorophyllinzonen mittels eines feinen Skalpells ab-
präpariert, mittels alkoholhaltigen Petroläthers extrahiert, die Lösungen
filtriert und behufs Entfernung etwaiger Xanthophyllbeimengungen,
mit 80 prozentigem Alkohol nach KRAUS ausgeschüttelt. Die Reinheit
des erhaltenen Präparates kann chromatographisch kontrolliert werden;
sie wird bezeugt durch die Bildung einer einzigen homogenen Zone.
Ausser dieser Hauptmethode der Chlorophyllindarstellung wurden
auch andere, minder bequeme verwendet: Chromatographie von
CgHe" oder CSo- Auszügen der Pflanzen, Anwendung anderer Ad-
sorbentien, u. a.
Die spektroskopische Untersuchung geschah mittels eines ZeiSS'-
schen Spektralokulares. Das die zu untersuchende Lösung ent-
haltende Probierröhrchen befand sich in dem Tubus eines Mikroskop-
statives. Der ganze Apparat wurde in einem Dunkelkasten etwa
nach Flügel (Engelmann I, 577) disponiert. Als Lichtquelle
diente ein AYELSBACH'scher Gasbrenner, dessen Strahlen vermittels
eines Reflektors und eines grossen mit Wasser gefüllten Glaskolbens
auf den Spiegel des Mikroskopstatives konzentriert waren. Zur
bequemeren Untersuchung der mehr brechbaren Strahlen wurde
statt des erwähnten Kolbens ein ebensolcher mit Kupferoxydammoniak-
Lösung erfüllter eingeschaltet. Die Skala des Spektralokulares
wurde vermittels einer besonderen Vorrichtung beleuchtet, wobei
eine geringe Drehung der Spektralokulares zur Ausschaltung der
Skalabeleuchtung genügte.
Die Einstellung der D-Linie wurde öfters vermittels eines mit
alkoholischer Natriumsalicylatlösung gespeisten Spiritusbrenners kon-
trolliert. Zur Kritik der mitgeteilten Beobachtungen sei bemerkt,
dass die Bestimmung der Absorptionsgrenzen vermittels des ZEISS'schen
Spektralokulares im Durchschnitte nur über eine Approximation von
1 — 2 fxix verfügen kann. Dieser Nachteil, im Vergleich mit den
grösseren Spektralapparaten, wird wohl durch die geringere Dispersion,
1) Es soll nicht durchgeschüttelt werden, sonst bildet sich leicht eine lästige
Emulsion.
140
M. TSWETT:
folglich durch grössere Schärfe der Absorptionsbänder kompensiert.
Es ist zu empfehlen, mit hohen Spektren (langem Spalte) zu arbeiten.
Es werden dann schwache Absorptionsbänder wahrgenommen, welche
bei Betrachtung eines niedrigen Spektrums der Beobachtung voll-
ständig entgehen können.
Absorptionsspektrum des Chlorophyllins a. Die Äther- oder
Petrolätherlösung besitzt im sichtbaren Spektrum sechs Absorptions-
bänder, sowie eine sogenannte Endabsorption. Auf der Tafel III,
Fig. 2, 3 und 4 sind die den Konzentrationen x, 4 x und 16 x der
Tabelle entsprechende Spektren abgebildet.
Band
Konzentration
2x
4x
8x
16 X
32 X
I
II
III
IV
V
VI
Endabsorption
655—662
426-438
von 415
652 - 670
Spuren
:}}
von 442
648-672
600 620
Spuren
Spuren
von 445
640-675
600 620
560-580
520-536
von 450
640-685
595-630
560-585|
520 - 538
485-500
v. 470/ 456
590—6951
558 - 588/
516-541
485-500
V. 470 / 458
Intensitätsskala der Bänder: YI ^ I^ II ^ III ^ lY \ Y.
In allkalischer Lösung sind alle Bänder etwas nach links (gegen
Ultrarot) verschoben. Die zwei bei der Konzentration x angegebenen
Hauptbänder rücken nach 660 bezw. 431-442, vor (Tafel III, Fig. l).
Band lY erscheint viel matter, und auch die anderen Bänder minder
«charf begrenzt als in der äquivalenten Atherlösu'ng. Über Einfluss
der Säuren siehe weiter unten. Die ätherische oder petrolätherische
Lösung hat, wenn sehr verdünnt, eine grünblaue Farbe, welche bei
zunehmender Konzentration in ein reines prächtiges Blau übergeht
In alkoholischer Lösung ist die entsprechende Färbung etwas grünlich.
Wird der Alkohollösung KOH zugesetzt, so rücken alle Bänder
stark nach rechts. (PlEPER'sche Reaktion.)
Spektrum des Chlorophyllins ß. Gleich wie das Chloro-
phyllin a, besitzt das Chlorophyllin ß ein sechsbändiges Absorptions-
spektrum, welches aber, der Lage und Intensität der Bänder nach,
scharf von dem ersteren differiert.
Auf der Tafel III, Fig. 6 — 8, sind die den Konzentrationen x, 8 x
und 32 X der folgenden für eine ätherische bezw. petrolätherische
Lösung entworfenen Tabelle abgebildet.
Spektralanalytische Untersuchnngen über die Chlorophylline. 141
Intensitätsskala der Bänder: YI N I J> III > H = IV.
In alkoholischer Lösung erschienen alle Bänder etwas nach
linlcs verschoben, besonders stark das VI. Die zwei, bei der Kon-
zentration 2 X oben angeführten Hauptbänder liegen in alkoholischer
Lösung bei 640— G50, bezw. 460-75N 80 (Tafel III, Fig. 5). Die
ätlierische oder petrolätherische Lösung des Chlorophyllins ß besitzt
eine chlorophyllgrüne Farbe, während die alkoholische Lösung eine
ausgesprochen gelbe Tönung aufweist. Will man die Chlorophylline
nach der Farbe ihrer ätherischen Farbe bemessen, so ist dem
Chlorophyllin a wohl das Prädikat blau angemessen, während Chloro-
phyllin ß als grün (nicht nach SORBY als gelb zu bezeichnen ist.
Wird eine alkoholische Losung des Chlorophyllins ß mit KOH
versetzt, so wandern die Bänder nach rechts, wobei Band VI bei
445— 4G0 zu liegen kommt. Einwirkung der Säuren ist weiter unten
besprochen.
Kontrollversuche zur Spektroskopie der Chlorophylline.
Obgleich bei der Adsorption auf CaCOg die Annahme einer
chemischen Modifikation der Chlorophyllfarbstoffe sehr unwahrschein-
lich ercheint und die eben ermittelten Spektren als den gemeinen
Farbstoffen angehörend zu betrachten sind, hielt ich es für geboten,
diese Resultate, so weit als möglich, durch andere Methoden zu kon-
trollieren. Zunächst wurde CaCOg, an dessen Oberfläche, in der
kapillaren Wasserhaut, sich OH-Ionen finden, durch Saccharose
ersetzt. Die Resultate blieben dieselben.
Weiter bereitete ich noch Chromatogramme des Chlorophylls
auf CaCOg und extrahierte dieselben, ohne sie zu zerlegen, mit
alkoholhaltigem Petroläther (unter Zugabe des durchfiltrierten
Karotins). Die Lösung zeigte dasselbe Absorptionsspektrum wie die
anfängliche, zur Adsorption verwendete. In anderen Versuchen
wurde durch Mischung der isolierten, spektralanalytisch untersuchten
Farbstoffe das Spektrum der originalen Lösung hergestellt. Endlich
wurde Chlorophyllin a, auch ohne Adsorption, in kleiner Menge
dargestellt: Mit Schmirgel und CaCOg zerriebene Ta^ws-Blätter
wurden gründlich mit reinem Petroläther extrahiert, um, so weit als
möglich, das Karotin zu entfernen. Dann wurde der Brei mittels
alkoholhaltigen Petroläthers extrahiert und mit 80 prozentigem Alkohol
ausgeschüttelt, um die Xanthophylle und das Chlorophyllin ß zu
entfernen, welches letzteres sich in dem genannten Alkohol reich-
licher auflöst als Chlorophyllin a. Dann wurde die Petrolätherlösung
mit stärkerem (90 pCt.) Alkohol ausgeschüttelt, welches den grössten
Teil des Chlorophyllins aufnimmt, während die Petrolätherlösung
hauptsächlich die letzten Spuren des Karotins behält. Das Chloro-
phyllin, in Petroläther übergeführt, zeigte dann das schon bekannte
142
M. TSWETT:
Konzen-
Band
I
2x
4x
I
ir
III
Spuren
636 - 646
636—647
—
—
IV
V
VI
Endabsorption ....
—
448-62
von 430 /
448-465 1
von 430^1
[ von 470
Spektrum, namentlich auch die schwachen Bänder IV und V, in der-
selben Lage und Intensität. Bestätigung des Chlorophyllin-/?-Spektrums
liefern die in dem das Spektrum des Chlorophylls behandelnden
Paragraphen mitgeteilten Versuche.
Historisch Kritisches. Bekanntlich haben es mehrere
Forscher versucht, die Farbstoffe des Chorophylls optisch zu isolieren,
und es ist angezeigt, ihre Leistungen vom Standpunkte der von mir
gewonnenen Tatsachen zu beleuchten. Es sollen aber nur solche
Arbeiten berücksichtigt werden, welche an der Hand physikalischer
Methoden ausgeführt wurden, da die eigentlich chemischen Methoden
(Benutzung von Säuren oder Alkalien) bekanntlich nur zur Derivaten
der Chlorophylline führen können.
Der erste, welcher eine spektroskopisch verfolgte Entmischung
des Chlorophylls unternahm, war STOKES (II, III), welcher leider
über seine Untersuchungen nur höchst lakonische Berichte ver-
öffentlicht hat. Doch scheinen seine Resultate mit den folgenden
SORBY's zusammenzufallen. SOEBY (II), welcher die STOKES'sche
Entmischungsmethode (Verteilung im zweiphasigen System Alkohol -j-
CSg) mit grossem Geschick verwendete, erkannte im Blattgrün zwei
fluoreszierende Farbstoffe, nämlich unsere Chlorophylline a und ß, die
er als blaues, bezw. gelbes Chlorophyll bezeichnete. In Anbetracht
der grossen Komplexität des Clorophyllfarbstoffgemisches ist es leicht
begreiflich, dass SORBY mittels der benutzten Methode zu keinem
ganz reinen Produkte gelangte (er gesteht es selbst für das Chloro-
phyllin ß), doch traten in seinen Präparaten die Verunreinigungen
ganz zurück, um die Absorptionen der Hauptpigmente hervortreten
zu lassen. Aus SOEBY's Zeichnungen (Spektrogamme der Benzol-
lösungen lassen sich die beiden abgebildeten Hauptabsorptionsbänder
als folgend berechnen:
I VI
Chlorophyllin a 067-675 435—442
Chlorophyllin ß 647—667 448—468
Spektralanalytisclic Untersuchungen über die Chlorophylline.
143
tration
" 8x
16 X
32 X
64x
635 - 648
630-650
629 660
625 - 665
Spuren
610-615
610-615
610-615
585- GOO
585 - 600
585 - 600
580-6051
Spuren
560 - 570
560—570
560 - 570
535 - 550
532-550
530—550
530-550
von 470
von 475
von 480
von 510 <^485
Betreffend das I Band sieht man, dass seine absolute Lage nicht
mit der von mir ermittelten zusammenstimmt, was ich auf eine
fehlerhafte Einstellung der Linie C bei SORRY hauptsächlich zurück-
führe. (Die nach SORBY's (I) Angaben entworfene Dispersionskurve
seines Spektroskopes weist eine auffallende Unregelmässigkeit zwischen
B und D auf). SORBY's Angabe, dass Chlorophyllin ß einige mit den-
jenigen des Chlorophyllins a vollständig zusammenfallende Absorptions-
bänder besitzt, lässt sich aus dem Studium meiner Reinpräparate
als irrtümlich beweisen.
Eine der STOKES'- und SORBY'schen analoge Entmischungs-
methode des Chlorophylls führte G. KRAUS ein, welcher bekannlich
das Chlorophyll in eine blaugrüue Benziuphase („Kyanophyll") und
eine gelbe alkoholische („Xanthophyll'') Phase zerlegte. KRAUS'
Kyanophyll zeigt in der mehr brechbaren Spektrumhälfte zwei Ab-
sorptionsbänder, ^) welche KRAUS als einem und demselben Farbstoff
angehörend betrachtet. In der Tat gehören sie nicht dem Xanthophyll-
farbstoflf, weil die Bänder des letzteren keine nennenswerthe Lage-
verschiedenheit in Alkohol und Petroläther aufweisen, während die
erwähnten Bänder durch Zusatz von absol. Alkohol stark nach links
rücken. Ich habe gefunden, dass das erstere, schwächere dieser
Bänder von dem Chlorophyllin ß herrührt, und es ist leicht, das
„Kyanophyll" frei davon zu machen, indem man es wiederholt mit
80 prozentigem Alkohol ausschüttelt, welcher mehr Chlorophyllin ß
als a aufnimmt. „Kyanophyll" ist demnach hauptsächlich Chloro-
phyllin a, welchem Chlorophyllin ß und auch Chlorophyllau a (siehe
weiter unten) Xanthophyll und Karotin beigemengt sind. Die
1) Ihre Lage ist etwas variabel. Aus KRAUS' Angaben (S. 100) lässt sie
sich für Ribes aureum als bei 450—470 bezw. 425-437 liegend berechnen. Aus
Sachsse's Zeichnung für das Kyanophyll von AUium ursinum berechnet man
452-462 und 430-442 (S. 25).
144 M. TswETT:
Zusammensetzung des „Kyanophylls" lässt sich sehr leicht durch die
chromatographisohe Adsorptionsanalyse bestimmen. Was das KraUS'-
schen ^Xanthophyll" betrifft, so ist es ebenfalls ein Farbstoffgemenge,
welches ausser den Xanthophyllen a, a und ß (TSWETT YI) kleine
Mengen der Chlorophylline entiiält (Chlorophyllin ß ist dem Chloro-
phyllin a gegenüber in relativ reichlicherer Menge als im „Kyano-
phyll" vorhanden. Ausserdem tritt manchmal in der KRAUS'schen
Xanthophyllschicht ein besonderes Derivat (MONTEVERDE's
„kristallisierbares Chlorophyll", vgl. TsWETT II, III) auf, was einige
abweichende Beobachtungen SaCHSSE's (S. 24) über den Verlauf der
KRAUS'schen Reaktion erklärt.
• MONTEVERDE's (I, II) „amorphes Chlorophyll" (mittels des
KRAUS'schen Verfahrens hergestellt) ist ebenfalls ziemlich reines
Chlorophyllin a. Dies wird schon bezeugt durch das Fehlen des
schattenartigen Anhangs des Hauptbandes im Rot, sowie durch
Abwesenheit des ersten Bandes hinter F, welche beide Absorptionen
von Chlorophyllin ß herrühren. Die chromatographische Analyse
einer nach MONTEVERDE's Vorschrift hergestellten Lösung des
„amorphen Chlorophylls" (aus Aspidütra elatior) zeigte mir jedoch
das spurweise Vorhandensein von Chlorophyllin ß^ Chlorophyllan a,
Xanthophyll und Karotin.
Reines „Chlorophyll" (Chlorophyllin a) glaubte C. A. SCHUNCK
(I, II) spektrophotographisch zu definieren, indem er einen heiss
bereiteten alkoholischen Blätterauszug nach Erkalten filtrierte und
das Filtrat optisch untersuchte Eis wurden zwischen den Linien F
und K^ (404,5) drei Bänder bestimmt. Aus der Tatsache, dass die-
selben niit denjenigen des Chrysophylls (Karotins) nicht zusammen-
fallen, kann aber nicht gefolgert werden, wie es SCHUNCK (II, 183) und
MARCHLEWSKI und SCHUNCK (II, 258) tun, dass diese Bänder dem
„Chlorophyll" (der vermeintlichen „grünen Komponente") angehören.
Es ist ausserdem klar, dass die untersuchte Lösung sämtliche
Chlorophyllpigmente nebst Derivaten enthielt, und die beobachteten
Bänder könnten sehr wohl Interferenzbänder sein. MARCHLEWSKI
und SCHUNCK (I, II) haben es versucht, die Chlorophylline a
und ß (MarCHLEWSKI's „Chlorophyll" und „Allochlorophyll") nach
SORBY zu isolieren. Es gelang ihnen aber nicht in befriedigender
AVeise.^) Denn die entsprechenden Lösungen zeigten im Blauviolett
entweder die drei Bänder die Rohchlorophylllösung oder die Bänder
der Xanthophyllfarbstoffe. Diese drei Bänder des Chlorophylls sind
aber Interferenzbänder, welche hauptsächlich durch Chlorophyllin ß
1) Über MarCHLEWSKI's (I, II) unberechtigte Ausprüchc, betreffend die
Erforscliunfr der gemeinen Chlorophjllfarbstoffe habe ich mich schon ausführlich
(VII) ausgesprochen.
Spektralaualytischc Untersuchungen über die Chlorophylline. 145
(Band hinter F) und Chloropliyllin a (Band vor G) verursacht sind.
Darüber weiter unten.
MarCHLEWSKI und C. A. SCHÜNCK glauben bewiesen zu haben,
dass „Chlorophyll" (d. h. Chlorophyllin) kein Band im Grün verur-
sacht. Das entsprechende IV. Band einer gewöhnlichen Chlorophyll-
lösuno- soll ausschliesslicli von einem Derivate herrühren. Es wurde bei
Zimmertemperatur im Dunkeln ein alkoholischer Auszug aus Ficus
/r/>^n5- Blättern gemacht, welcher das IV. Band nur schwach ausgeprägt
besass; nach KRAUS mittels Petroläther im Dunkeln gereinigt zeigte
dann das „Chlorophyll" keine Spur des IV. Bandes. Zahlenmässige
Daten fehlen, und der Gedanke liegt nahe, dass MARCHLEWSKI und
SCHUNCK ihre Lösung in zu schwacher Konzentration (geringer Dicke)
untersucht haben. Ich habe diesen Versuch wiederholt. Einmal
wurde genau nach der gegebenen Vorschrift verfahren und die nach
Kraus erhaltene petrolätherische Lösung dreimal mit SOprozentigem
Alkohol auso-eschüttelt. In einem anderen Versuche wurde der
o'
alkoliolische Auszug schnell aus geriebenen Blättern hergestellt. In
beiden Fällen war das IV. Band bei fallender Konzentration leicht
zu konstatieren. Z. B.: Dicke der Schicht WO mm. Bänder: I (630
bis 680) )> II (600—620)^ III (565-585))) IV (526-540); End-
absorption von 490 ab. Bei halber Dicke der Schicht war noch
das IV. Band deutlich zu unterscheiden.
Über die Säurederivate der Chlorophylline. Eine regel-
rechte chemische Untersuchuno" einer Substanz muss mit der Dar-
Stellung dieser letzteren anfangen. Diesem Grundpostulate, betreffend
das „Chlorophyll" (die Chlorophylline), konnte man bisher nicht
genug tun, und eine exaktere chemische Erforschung dieser Farb-
stoffe kann daher nur jetzt anfangen. Es wird sich dabei zeigen,
dass manches als definitive Errungenschaft gepriesenes Resultat der
Wirklichkeit nicht adäquat ist. Die sog. „Chemie des Chlorophylls"
harrt einer vollständigen Revision. Es soll hier vorläufig nur über
die nächsten Säurederivate der Chlorophylline berichtet werden,
welche ich im Anschluss an HOPPE-SeyLER als Chlorophyllane
zu bezeichnen proponiere.
Jedes Chlorophyllin liefert ein besonderes Chlorophyllan, welches
mit dem entsprechenden Buchstaben zu bezeichnen ist Bei Ein-
wirkung der starken Säuren (HCl, HgSO^) erleiden die Chlorophyllane
eine weitere Modifikation, wobei aus dem Chlorophyllan a das in der
Literatur als „Phyllocyanin" bekannte Produkt entsteht, während
Chlorophyllan ß sog. Phylloxanthin liefert. Spektroskopisch sind diese
Stoffe den entsprechenden Chlorophyllanen ähnlich. Über diese
Derivate sowie über die vermeintliche Umwandelbarkeit des Phyllo-
146
M. TSWETT:
cyanins in Phylloxantliin werde ich an anderem Orte ausführlich be-
richten.
Um Chlorophyllane darzustellen kann man in zweifacher Weise
verfahren. Entweder bereitet man sich reine Chlorophyllinlösungen
und behandelt dieselben mit Oxal- oder Essigsäure, oder man be-
arbeitet von vornherein das Pflanzenmaterial mit organischen Säuren
und stellt sich daraus einen petrolätherischen Auszug her, welcher
dann in bekannter Weise der chromatographischen Zerlegung unter-
worfen wird. Die Chlorophyllane erscheinen im Chromatogramme
als braungelbgrüne (Chi. ß) bezw. stahlgraue (Chi. a) Zonen, welche
in willkommener Weise durch einen Xanthophyllring getrennt auf-
treten. Die Isolierung der Chlorophyllane geschieht nach der für die
Darstellung der Chlorophylline gegebenen Vorschrift. Die beiden
Methoden der Chlorophyllanbereitung liefern identische Produkte.
Spektrum des Chlorophyllans a. Die graugrüne ätherische
oder petrolätherische Lösung gibt folgende Spektralbilder. Auf
Taf. in Eis;. 9 und 10 sind die den Konzentrationen 2x und 16 x
der Tabelle entsprechenden Spektren abgebildet.
Band
Konzentration
X
2x
4x
8x
16 X
32 X
I
II
III
IV
V
VI
VII
Endabsorption .
660 - 670
von 425 (^
660-670
Spuren
Spuren
von 425^
658-675
530-539
495-510
von 430
652-678
600-615
,530-539
495 - 510
von 435
650 - 680 ■>
632 - 638 J
600-620
Spuren
530-539 \
492-511
Sparen
von 440
645-682 1
632-638
600-628/
552-568
528-5401
490-515
462-478
von 445 )
Intensitätsskala der Bänder: l") V = Nl} IIl") IV^ II = VII.
Die alkoholische Lösung ist von violettgrauer Farbe. Die Ab-
sorptionsbänder erscheinen denjenigen der ätherischen Lösung gegen-
über etwas nach links verschoben. Band I bleibt jedoch in seiner
Lage unverändert.
Spektrum des Chlorophyllans ß. Die grüngelbe ätherische
oder petrolätherische Lösung ist durch folgendes Spektrum charakteri-
siert. Auf Taf. III Fig. 11 und 12 sind die den Konzentrationen x
und 8x der Tabelle entsprechenden Spektren entworfen.
Spektralanalytische Untersuchungen über die Chlorophylline.
147
B
xnd
Konzentration
X
2x
4x
8x
16x
32 X
1
II
650-660
448-452
430 - 440
von 420
650-660
/von 452
650-660
Spuren
Spuren
530-539|
515-522J
von 455
642-665
Spuren
592 - 608
552 - 563
530-539-1
515-522J
Spuren
von 460
640-670
622-628
590-610
551-565
515 540
480-490
von 465
632-670 1
622 628
III
590-612
IV
550-566 1
V
VI
510 540:^
480-490 ■'
VII
VIII
IX
von 470
Endabsorption .
Insensitätsskala der Bänder: IX)>VIIl)> 1/ V = Yl^ III = IV^ Viy II.
In alkoholischer Lösung- sind die Bänder, I ausgenommen, etwas
nach links verschoben; ausserdem fliessen V -{- VI sowie YIII -|- IX
zu mehr oder weniger einheitlichen Bändern zusammen.
Über das Spektrum des Chlorophylls. Das Spektrum einer
Chlorophylllösung ist nicht und kann nicht etwas konstant Definiertes
sein, und dies aus drei Gründen: 1. Das Chlorophyll ist ein kom-
plexes Farbstoffgemisch, und es ist nicht zu erwarten, dass seine
Komponenten immer in denselben relativen Proportionen vorkommen.
2. Bei der Extraktion des Chlorophylls können die Farbstoffe modi-
fiziert werden, insbesondere unter dem Einfluss der wohl selten
fehlenden Pflanzensäuren. 3. Bei gleichartigem Material und unter
Beseitigung der chemischen Einwirkungen ist die Zusammensetzung
der Chlorophylllösung von der Art und Dauer der Extraktion ab-
hängig, da die verschiedenen Komponenten sich nicht in gleichem
Schritte auflösen und durch etwaige unverletzte Zellhäute diosmieren.
Als Spektrum des Chlorophylls wird im folgenden das Spektrum
einer Lösung untersucht, welche durch schnelle, aber vollständige
Extraktion mit absolutem Alkohol von mit gepulvertem Glas fein
zerriebenen Blättern {Ficus repens, Spnplocos japonicus) erhalten
wurde.
In der linken Spektrumhälfte zeigen solche Lösungen die vier
bekannten, nach rechts ausklingenden Absorptionsbänder. Das sehr
matte Band IV liegt bei 531—543. Band I erscheint bei geringer Kon-
zentration als aus einer starken linken (652 — 670) und schwachen
Ber. der deutschen Bot. Gesellscli. XXV. ^^
148 M. TSWETT:
rechten (640—652) Hälfte gebaut. Zwischen F und h sind bei
passender Yerdünnung- ein Band 465—485 und ein ansehnlich
stärkeres 432 — 443 zu sehen. Dieselben sind hauptsächlich durch
Chlorophylline bestimmte Kombinationsbänder. Ximmt man nämlich
eine dünne Schicht der Lösung, welche die erwähnten Bänder nur
schwach aufweist, und versetzt dieselbe mit KOH, so erblickt man
nach vollendeter Wirkung statt des früheren ein bei 445 — 460
liegendes starkes Band und eine bei 430 beginnende Endabsorption.
Das Band 445—460 ist aber, wie wir früher sahen, dem Alkali-
derivat des Chlorophyllins ß eigen. Nimmt man eine dickere Schicht
der Lösung, so bleibt nach KOH -Einwirkung hinter F ein Band
470 — 485, welches ein Interferenzband der durch KOH nicht ver-
änderten Xanthophyllfarbstoffe ist. Ähnliche Wirkung wie KOH hat
Oxalsäure, wobei auf 450 das früher ermittelte Band des Chloro-
phyllans ß erscheint
Die vier Bänder der linken Chlorophyllspektrumhälfte sind aber
auch ausgesprochene Kombinationsbänder, besonders das I. doppelte
Band sowie das IV., welches durch teilweise Überdeckung der ent-
sprechenden Chlorophyllinbänder sowie eventuell des Y. Bandes des
Chlorophyllans a entsteht.
Schüttelt man die alkoholische Chlorophylllösung unter vor-
sichtigem Wasserzusatz mit Petroläther nach KRAUS, so erscheint in
der schwach grünlichgelben Xanthophyllschicht bei genügender Dicke
das IV. Band als bei 535 — 550 liegend und dem bei 570 beginnenden
und links schlecht abgegrenzten III. Band gleich oder selbst über-
legen. Die zweite Hälfte des I. Bandes erscheint relativ intensiver
als in der ursprünglichen Lösung, und unter Umständen erhält mau
sogar diese beiden Hälften äquipotent und durch ein Absorptions-
minimum getrennt. In einer solchen Lösung ist das III. Band nicht
mehr zu unterscheiden, während das IV. bei 535 — 550 hervortritt.
Schüttelt man das „Kyauophyll" wiederholt mit 80 prozentigem
Alkohol, so zeigen die alkoholischen Phasen zwischen F und A die
beiden erwähnten Chlorophyllinbänder, von denen das erstere,
schwächere, dem Chlorophyllin ß angehörende, allmählich schwächer
und schwächer wird und endlich vollständig verschwindet. Alle diese
Tatsachen waren ersichtlich aus den von mir ermittelten Absorptions-
spektren der Chlorophylline vorauszusehen und bilden daher eine
letzte, fast überflüssige Bestätigung desselben.
Hauptergebnisse. Die beiden hier zuerst in reinem Zustande
untersuchten fluoreszierenden Komponenten des Chlorophylls (Chloro-
phylline a und ß) besitzen jede ein scharf charakteristisches, sechs-
bändiges Spectrum. Bei geringer Konzentration überdecken sich
die Absorptionen der Chloropliylline u und ß nicht. Lauter Einfluss
der schwachen Säuren liefern die Chlorophylline nicht die in der
Spektralanalytische Untersuchungen über die Chlorophylline. 149
Literatur als Phyllocyanin und Phylloxauthin bekannten Produkte,
sondern jedes verwandelt sich zu einem besonderen Clilorophyllan.
Das Spektrum einer vollständigen Chlorophylllösung ist ein Kombi-
nationsspektrum, ebenso in der rotgelben wie in der blauvioletten
Hälfte. Die erste Hälfte des Hauptabsorptionsbandes im Rot gehört
dem Chlorophyllin a, die zweite dem Chlorophyllin ß. Das IV. Band
entsteht durch teihveise Überdeckung der entsprechenden Chloro-
phyllinbänder sowie des V. Chlorophyllin a- Bandes. Das Y. hinter
F liegende Band gehört dem Chlorophyllin ß, während das VI. (vor
G) vom Chlorophyllin a herrührt. Es findet somit zwischen den
fluoreszierenden Komponenten des Chlorophylls eine w^eitgehende
optische Arbeitsteilung statt.
Literatur.
Engelmaxn, Th., I. Pflüg. Arch. 23 J880) 571; — II. Bot. Zeit. 39 (1881) 441.
Greilach, H., Wiener Sitziingsb. 113 (1904) 121.
Hagenbach, E., I. Pogg. Ann. 141 (1870) 245; — II. Ibid. 146 (1872) 508.
JOSOPAIT, A., Über die photosyuth. Assimilationstätigkeit einiger chlorophyllfreier
Chromatophorcn. Disscrt. Basel, l'JOii.
Kohl, Fr, I. Unters, über das Karotin. Leipzig, 1902; — II. Diese Berichte 24
(1906) 222.
Kraus, G., Zur Kenntnis der Chlorophyllfarbstoffe. Stuttgart, 1872.
Marchlewski, L., I. Eoscoe-Schorlemmer's Lehrbuch der Chemie. VIII(1901\
S. 854; II. diese Berichte 24 (190G) 534.
Marchlewski, L. und Schunck, C. A, Jouru. Chem. Soc. 27 (1900) 1081, —
11. Journ. für prakt. Chem. 62 (1900) 247.
Monteverde, N., I. Scripta botan. Petrop. 3 (1890) 107; IL Acta ^lorti Petr. 13
(1893) 123; — III. Ibid. S. 201.
Preyer, W., Die Blutkrystalle, Jena 1871, S. 50 ff.
Reinke, .!., Bot. Zeit. 43 (188^).
SCHUNCK, C. A., I. Proc. Roy. Soc. 63 (1898) 389; — IL ibid. 65 (1899) 177.
Schutt, F., I. diese Ber. 5 (1887) 259; — IL ibid. 6 (1888) 30.
SORBY, H., I. Proc. Roy. Soc. 15 (1867) 433; — IL ibid 21 (1873) 442.
Stokes, G., I. Philos. Trans. 182, I, S. 463; — II. Proc. Roy. Soc. 13 (1864) 144;
— III. Journ. Chem. Soc. 17 (1864) 304.
TimRiAZEF, C , C. R. 109 (1889) 414.
TSWETT, M, L C. R. 131 (1900) 842; — IL ibid. 132 (1901) 149; — IIL Trav.
Soc. Natur. Kazan 35 (1901); — IV. diese Ber. 24 (1906) 235; V. ibid.
S. 316; VI. ibid. S. 384; - VIL ibid. 25 (1907).
VVillstätter. S., Liebig's Ann. 350 (1906) 48.
IV
150 C. A. Weber:
Erklärung der Tafel.
Absorptionsspektren der Chlorophylline und Chlorophyllane (Zeiss' Spektralokular;
WelsbACHER Gaslicht).
Fig. 1. Chlorophyllin a in alkoholischer Lösung. Schwache Konzentration.
„ 2. Dasselbe in ätherischer (oder petrolätherischer Lösung). Schwache Kon-
zentration.
„ 3. Dasselbe; vierfache Konzentration.
4. Dasselbe: IG-fache Konzentration.
„ 5. Chlorophyllin ß in alkoholischer Lösung. Schwache Konzentration.
„ 6. Dasselbe in ätherischer Lösung. Schwache Konzentration.
„ 7. Dasselbe; achtfache Konzentration.
, 8. Dasselbe; 32-fache Konzentration.
„ 9. Chlorophyllan a in ätherischer Lösung. Schwache Konzentration.
„ 10. Dasselbe; achtfache Konzentration.
., 11. Chlorophyllan ß in ätherischer Lösung. Schwache Konzentration.
, 12. Dasselbe; achtfache Konzentration.
22. C. A.Weber: Euryaie europaea nov. sp. foss.
Mit Tafel IV.
Eingegangen am 27. März 1907.
Von Herrn W. SUKATSCHEFP in St. Petersburg erhielt ich im
Dezember des vorigen Jahres einen ihm unbekannten fossilen Samen,
den er in einem interglazialen Süsswassermergel bei Lichwin im
Gouvernement Kaluga gefunden hatte, zur Bestimmung. Der Samen
zeigte auf den ersten Blick Eigentümlichkeiten, die mich lebhaft an
die der Samen von Euryaie ferox Salisb. erinnerten, welche ich bei
einer früheren Gelegenheit kennen gelernt hatte. Ich beschloss
daher, die Frage, ob er mit dieser Art oder Gattung iu nähere Be-
ziehung gebracht werden könne, eingehend zu prüfen, und teile im
Folgenden das Ergebnis meiner Untersuchung mit, da vorderhand
keine Aussicht vorhanden ist, mehr fossiles Material zu erhalten, und
Herr SUKATSCHEFF das Ergebnis für seine demnächst stattfindende
ausführliche YeröfFentlichuno- über die betreffende interglaziale Fund-
statte zu verwerten wünscht.
Der fossile Samen ist von dunkelbrauner Farbe, 5,60 mm hoch,
5,65 mm breit und 4,10 mm dick. Er lässt Operkulum, Hilum und
Raphe erkennen und ist durch Druck während der fossilen Auf-
Euryale europaea nov. sp. foss. 151
bevvahrung von der Seite der Raphe her abgeflacht worden, so dass
er jetzt im Querschnitt elliptisch erscheint. Ursprünglich war der
Querschnitt kreisrund. Berücksichtigt man dies, so lautet die
Diagnose:
Samen eiförmig, am Mikropylarteil gestutzt und dort mit einem
etwas eingesenkten, verhältnismässig grossen, kegelig zitzenförmigen
Operkulum versehen. Raphe kräftig, einen vorspringenden, ge-
rundeten Kiel bildend. Hilum länglich elliptisch, ausserhalb des
Operkukims liegend. Samenschale derb, glatt, glanzlos, bei zehn-
maliger Lupenvergrösserung durch die etwas vorgewölbten Epithel-
zellen chagrinartig aussehend, dreischichtig. Die Höhe des einzigen
vorliegenden Exemplars 5,60 mm, sein (ursprünglicher) Durchmesser,
ausschliesslich der Raphe, etwa 4,5 mm.
Das Operkulum ist infolge des Zusammendrückens jetzt elliptisch.
Seine «"esrenwärtigen Durchmesser sind 2,14 mm und 1,25 mm. Der
Durchmesser in dem ursprünglichen, kreisrunden Zustande betrug
1,70 vim. An der Spitze findet sich die Mikropyle in Gestalt einer
kleinen Grube, deren Wall von einigen radialen Falten durchsetzt wird.
Das Hilum ist in seiner ursprünglichen Gestalt unverändert ge-
blieben, 2,64 mm lang, 1,24 mm breit, länglich-elliptisch. In der
Mitte zeigt es die Narbe des Gefässbündels als eine kleine Ver-
tiefung. Mit seinem oberen Scheitel stösst es an das Operkulum,
mit ihm durch eine schmale Einsattelung des Walles der Samen-
schale verbunden, der das Operkulum umgibt.
Die Raphe ist stark entwickelt, gerundet-kielartig. Sie ist im
oberen Teile, der das Hilum trägt, verbreitert und springt etwa
0,8 mm aus der Samenoberfläche vor. Nach unten verschmälert und
verflacht sie sich.
Die Samenschale ist 0,27 bis 0,32 mm dick.
Ihr Epithel besteht aus einer einzigen Lage flach palisaden-
artiger Zellen, die von der Oberfläche gesehen unregelmässig hexa-
ffonal und mit geraden Seitenwänden erscheinen. Ihre äussere Wand
ist flach nach aussen gewölbt. Im unteren Teile des Samens (woher
der abgebildete Querschnitt Fig. Jl stammt) ist die äussere W^and
infolge von Druck oft etwas verbogen und nach innen gekrümmt.
Die Zellen lassen keine regelmässige Anordnung in Reihen erkennen,
mit Ausnahme eines schmalen Saumes in der Umgebung des Oper-
kulum, wo sie mehrere konzentrische Reihen bilden. Auf Quer-
schnitten durch die Schale erscheinen die Epithelzellen oblong,
39—46 /t hoch und 36—90 jj, (im Durchschnitt aus 50 Messungen
68 jx) breit. Alle Wände sind verdickt, am meisten die Innenwände.
Die Aussenwände sind ungetüpfelt, die Seitenwände mit einem zarten
Netzwerk mit rautenförmigen Maschen, die Innenwände mit wenigen
spaltenartigen, sehr kleinen Tüpfeln besetzt. Alle Epithelzellen er-
152 C. A. WEBEE:
füllt eine feinkörnige, undurchsichtige Masse, deren Natur ich nicht
aufgeklärt habe, da ich den Samen nicht vollständig der Unter-
suchung opfern wollte.
Die mittlere Schicht der Samenschale ist 190 — 195 [x dick. Sie
besteht aus acht bis zwölf Lagen rundlicher, in radialer Richtung
meist etwas abgeflachter Zellen mit Interzellulargängen. Yon den
Zellwänden sind fast immer nur die Primärlamellen erhalten, doch
finden sich hin und wieder Reste von Wandverdickungen. Wahr-
scheinlich war die Schicht ein Sklerenchym. In der Richtung nach
dem Sameninnern verflachen und strecken sich die Zellen allmählich
stärker und gehen ohne scharfe Grenze in die der folgenden Schicht
über.
Die innerste Schicht der Samenschale besteht aus radial stark
abgeflachten, von der Fläche aus gesehen polygonalen Zellen, die
sich nach ihren Räudern schneidend scharf verjüngen und daher auf
verschieden gerichteten Querschnitten prosenchymatisch, zwei- bis
dreimal so lang wie die Zellen der mittleren Schicht erscheinen. Sie
sehliessen sich lückenlos aneinander. Es sind ebenfalls nur die
Primärlamellen erhalten geblieben. Die Dicke der innersten Schalen-
Schicht beträgt rund 45 //. Sie enthält fünf bis sieben Zellenlagen.
Ich bemerke noch, dass sich auch in den beiden äusseren
Schichten der Samenschale bei Schnitten, die senkrecht zur Ober-
fläche, aber unter beliebigen Winkeln zur Längsachse des Samens
geführt waren, stets dasselbe Bild der Zellen ergab.
Die rezente Eu7^yale fe)'oa\ mit der wir die vorstehenden Befunde
zu vergleichen haben, hat eiförmige, am Mikropylarende gestutzte
Samen, die bis 12 mm Höhe und, abgesehen von der Raphe, bis 8 r?im
Querdurchmesser aufweisen. Die Raphe wiederholt die Verhältnisse
des fossilen Samens, das Operkulum in gleicherweise. Sein Durch-
messer schwankt bei den mir vorliegenden Samen zwischen 1,67 und
1,90 Wim. Das Hilum ist verhältnismässig viel kleiner als bei dem
fossilen Samen und mehr rundlich elliptisch. Seine beiden Durch-
messer betragen 1,00 — 2,25 und 0,80 — 1,00 mvi
Alle vollkommen ausgereiften Samen dieser Art (mehrere aus
botanischen Gärten des Festlandes im Samentausch erhaltene waren
dies nicht), die ich gesehen habe, besitzen eine dunkelbraune, glanz-
lose, bei Lupenvergrösserung chagrinartig erscheinende und auffallend
höckerige, dicke Schale.*)
1) Ausser mehreren aus Bengalen .stammenden, in meinem Besitz befindlichen
Samen habe ich ferneres Material durch die Güte des Herrn Dr. F. DARWIN, der
Direktion des Botanischen Gartens in Kew und Herrn Dr. BITTER in Bremen er-
halten. Es ist mir eine angenehme Pflicht, ihnen auch an dieser Stelle meinen
Dank dafür auszusprechen.
Euryale europaea nov. sp. foss. 153
Wenn die Abbildung des Samens von Eunjale ferox^ die BaiLLON
gegeben hat/) richtig ist, so kommen aber auch Körner mit glatter
Schale vor, wie sie der fossile Samen besitzt. Die Höcker sind bei-
läufig durch eine ungleichmässige Verdickung der Schale hervor-
gerufen, die ihrerseits wieder durch eine Vergrösserung der Epithel-
zellen und eine Vermehrung der Zellenlagen der mittleren Schicht
bedingt ist. Der eigentliche Kern der Samen (das Perisperm) ist
immer ganz glatt.
Die Zellen der äusseren Schicht sind, wie bei dem fossilen
Samen, nur in dem schmalen Saume, der die Operkularöffnung um-
gibt, in einigen konzentrischen Reihen, im übrigen aber nicht ge-
ordnet.
Die Dicke der Samenschale beträgt an den dünneren Stellen
0,60 — 0,65, an den dickeren 0,75 — 0,90 mm. Die Schale lässt die-
selben drei Schichten wie die des fossilen Samens erkennen.
Die Epithelzellen sind deutlicher palisadenförmig, 90 — 175 ^t
hoch, 55 — 170 ii im Qiierdurchmesser breit, bei unregelmässig hexa-
gonalem Querschnitt. Der Hauptunterschied gegenüber dem fossilen
Samen liegt darin, dass die Aussenwände zitzen- bis knaufartig aus-
gestülpt sind, die starke Verdickung sich nur auf die Aussen- und
Innenwand erstreckt, und dass Seiten- und Innenwand ziemlich gleich-
massig mit ziemlich zerstreuten, grossen, spaltenförmigen Tüpfeln
bald mehr, bald minder reichlich versehen sind. Sämtliche Epithel-
zellen sind dicht mit körnigem Gerbstoff erfüllt.
Die mittlere Schicht der Samenschale besteht aus kugeligen bis
etwas abgeflachten, reich getüpfelten, ebenfalls gerbstoffhaltigen
Sklerenchymzellen mit Interzellulargängen. Sie zeigt, abgesehen von
der Gesamtdicke, die 0,35 — 0,62 mm beträgt, und von der be-
deutenden Grösse der Zellen, gute Übereinstimmung mit der mittleren
Schicht des fossilen Samens. Die Zahl der Zellenlagen beträft an
den dünneren Stellen der Schale etwa 8 bis 10, an den dickeren 14
bis 16, zuweilen auch 18.
Ebenso zeigt die innerste Schicht, in welche die vorige all-
mählich übergeht, genau dieselben Verhältnisse wie dort, abgesehen
von den grösseren Zellen. Sie ist bei Euryale ferox 0,13 mm dick
und besteht aus sieben bis neun Lagen abgeplatteter, an den Rändern
zugeschärfter, polygonaler Zellen, ohne Interzellularen, mit ver-
dickten, reich getüpfelten Wänden und etwas Gerbstoffgehalt.
Auch hier ergeben verschieden gerichtete Schnitte immer das-
selbe Zellenbild der Samenschale.
1) Histoire desPlantes, Paris 1872, t. 3 und dieselbe Abbildung in Dictionnaire
de Botanique, Paris 1886, t. 2.
154 C. A. Weber:
Übereinstimmung' besteht demnach zwischen dem fossilen Samen
und denen von Euryale ferox in der eiförmigen Gestalt mit gestutztem
Mikropylarteil, dem Vorhandensein einer stark entwickelten, rundlich-
kielartigen, oben verbreiterten und kräftig vorspringenden, unten
verschmälerten und verjüngten Raphe, eines etwas eingesenkten,
kegelig-zitzenförmigen Operkulums, das an der Spitze die Mikropyle
trägt, eines grossen elliptischen Hilums, das ausserhalb der Oper-
kulums liegt, aber unmittelbar an dieses stösst, und endlich in dem
allgemeinen Bau der Samenschale.
In allen diesen Punkten tritt die Ähnlichkeit der beiderlei
Samen so unverkennbar und auffallend hervor, dass die Annahme
einer generellen verwandtschaftlichen Beziehung der Pflanzen, von
denen sie herrühren, wie ich glaube, nicht ungerechtfertigt erscheint.
Das Vorhandensein eines Operkulum und die Lage des Hilums
ausserhalb desselben sind nach CasPARY in der Famile der
Nymphaeaceen entscheidende Merkmale der Gattung Euryale.
Die Unterschiede des fossilen Samens gegenüber denen von
Euryale ferox liegen, wenn wir von den durch die Fossilisierung be-
dingten absehen, in der geringeren Grösse des ganzen Körpers, der
stärkeren Entwicklung und mehr gestreckten Gestalt des Hilums,
der geringeren Dicke der Samenschale, der geringeren Grösse ihrer
Zellen und in der abweichenden Ausbildung des Epithels.
Die meisten dieser Abweichungen sind möglicherweise individuelle
Eigentümlichkeiten des einzigen vorhandenen fossilen Exemplares.
Das gleiche gilt vielleicht auch, wenn die erwähnte BAILLON'sche
Abbildung richtig ist, von der glatten, nicht höckerigen Beschaffen-
heit seiner Schale. Ob man dasselbe auch für die geringe Dicke
der Samenschale und die geringere Grösse ihrer Zellen behaupten
darf, lasse ich dahingestellt sein. Sicher aber ist die abweichende
Beschaffenheit des Epithels derart, dass sie entschieden gegen eine
Identifizierung der fossilen mit der rezenten Pflanze spricht.
Es fragt sich nur, ob sie die Aufstellung einer neuen Art von
Euryale rechtfertigt oder vielmehr die einer neuen, der rezenten sehr
nahestehenden Gattung.
Nun lehrt eine Durchsicht des Baues der Samenschale verschie-
dener Arten der Gattung Nymphaea., dass zwischen diesen mindestens
ebenso starke Abweichungen vorkommen, wie wir zwischen unserem
fossilem Samen und denen von Euryale ferox festgestellt haben.
Ähnliches ist der Eall zwischen Victoria regia Lindl. und V. cruziana
d'Orb. Daraus folgt meines Erachtens, dass unterschiede in
der Ausbildung und Beschaffenheit der einzelnen Schichten der
Samenschale (wie auch ihre äussere Ornamentierung) innerhalb der
Nymphaeaceen keinen verschiedenen Artcharakter bedingen. Es
hindert deshalb meiner Meinung nach nichts, den fossilen Samen
Euryale europaea uov. sp. loss. 155
von Lichwin als von einer neuen Art der Gattung Euryale her-
rührend aufzufassen, für die ich den Namen Eurt/ale europaea vor-
schlage.
Pflichtet man mir bei. so reiht sich die Entdeckung einer neuen
Art der Gattung Euryale in Europa der von Picea omorikoides Web.
und von Vaccinium priscum Web. an, denen sich die jetzt noch auf
der Balkanhalbinsel lebende Pinus peuce Gris., Picea omorika Panc.,
Forsythia europaea Degen und Sibiraea croatica Degen auschliessen,
sämtlich Arten, die, wie ASCHERSON mit Recht bemerkt,^) auf eine
ehemals noch innigere Wechselbeziehung zwischen der europäischen
Flora und der des östlichen und zentralen Asiens als in der Gegen-
wart hindeuten. Die Unterschiede beider Florenbezirke wie der
nordamerikanischen haben sich, wie bereits EngLER dargelegt hat,^)
erst während der zweiton Hälfte der Tertiärzeit und während der
Diluvialzeit herausgebildet, teils durch die gesonderte Entstehung
neuer, teils durch die Vernichtung alter Arten, von der Europa
während der Diluvialzeit, wie es scheint, besonders lebhaft betroffen
worden ist.
Euryale ferox^ der einzige jetzt noch lebende Vertreter dieser
Gattung, wächst im tropischen und subtropischen Asien von Bengalen
durch China und Japan, vermag sich aber offenbar auch rauheren
klimatischen Verhältnissen anzupassen. Nämlich an ihrem nörd-
lichsten Standorte, der sich nach REGEL ^j im oberen Ussurigebiete
an der Sungatscha und der Ima unter 45° 56' n. Br. findet, betragen
die mittleren Temperaturen*) im Januar - 18° C, im Juli A^'1\°Q.
und im Jahre kaum -\- 4° C. Die Pflanze lebt dort in kleinen Seen
zusammen mit JSelumbo speciosum Willd. Ferner werden von REGEL
und MaaCK (a. a. 0.) aus dem nördlichsten Wohngebiete der Pflanze
noch folgende W^assergewächse augegeben, mit denen sie wahrschein-
lich öfters vergesellschaftet ist und die ich hier nur soweit nenne,
als ich sie in KOMAROV's Flora Manshuriae^) zu vergleichen ver-
mochte:
Salvima natans All. Glyceria aquatica L.
Lemna minor L. Scirpus paluster L.
Lernna trisulca L. Scirpus Tabernaemontani Gmel.
1) Sitzungsbericht der Ges. Naturf. Freunde, Berlin 1906, Nr. 8/9.
2) Entwicklungsgeschichte der Pflanzenwelt seit der Tertiärperiode. Leipzig, 1879.
3) Tent. flor. Ussur. Mem. Acad. St. Petersburg, VII. Ser., T. IV Nr. 4, 1862.
4)'Nach Berghaus, Physik. Atlas 1892, Taf. 27—29. — An dem weiter süd-
lich liegenden Wladiwostok betragen die Mitteltemperaturen im Januar — 14,8°C.>
im Juli +20,9°C., im Jahre +4°C. (Hann, Handbuch der Klimatologie 1897,
III., S. 218).
5) Acta Horti Petropolitani t. XX und XXII, 1901/04.
laß C. A. Weber: Eurjale puropaea nov. sp. foss.
Lovina pohjrrhiza L. Sdrpus niaritimus L.
Tijpha latifolia L Eriophorum angustifolium 'Roth.
Potamogeton natans L. Iris Maachii Maxim.
Najas viajor All. Pohjgonum amphibium L.
AUsma plantago L. Nymphaea tetragona Georgi.
Sagittaria sagittifolia L. Nuphar pumilum Smith.
Butomus uvihellatus L. Ceratophyllum demersuvi L.
Arundo phragmites L. u. a. m.
Euryale europaea lebte nacli Herrn SUKATSCHEFF's brieflicher
Mitteilung im Gouvernement Kaluga während der betreffenden Inter-
glazialzeit^) in der Gesellschaft von Najas major All., Straiiotes
aloides L-, Potamogeton natans L., P. crispus L., Ceratophyllum
demersum L., Trapa natans L. u. a. m. unter klimatischen Verhält-
nissen, die den jetzt in West- und Mitteleuropa innerhalb des Ver-
breitungsgebietes von Fagus silvatica Ij. und Abies peciinata D. C.
herrschenden entsprechen; denn Herr SUKATSCHEFF hat das A'or-
kommen dieser und anderer für gemässigte, mehr ozeanische, klima-
tische Verhältnisse sprechenden Bäume in der Fundschicht fest-
gestellt. Allem Anschein nach wuchs Euryale europaea also damals
an ihrem Fundorte unter wesentlich milderen klimatischen Be-
dino-uugen als ihre Verwandte gegenwärtig an ihrem nördlichsten
Standorte im Ussurigebiete, und auch unter milderen, als jetzt bei
Kaluga herrschen. Die gegenwärtigen Temperaturmittel dieses Ortes
sind") im Januar - 10,2° C, im Juli + 19° C. und im Jahre + 4,5° C.
Man mag es bezweifeln, dass Euryale europaea ebenso wie ihre
heutige Verwandte eine hauptsächlich in tropischen und subtropischen
Gebieten lebende Pflanze war, die nur stellenweise in die gemässigte
Zone eindrang, da sie sich bei weiterer Verbreitung im Tropen-
gebiete in diesem wahrscheinlich bis zur Gegenwart erhalten hätte.
Für die Entscheidung der Frage wäre es von Interesse, zu wissen,
ob unsere Pflanze schon zur Tertiärzeit in Europa wuchs. Dies ist
aber vorläufig ungewiss. Vielleicht bringt eine erneute Durchsicht
der Samenfunde aus tertiären Ablagerungen darüber Aufschluss.
Vernichtet wurde diese Art wahrscheinlich infolge der nachfolo-enden
erneuten Vereisung, der ein grosser Teil dieses Weltteiles verfiel,
und dürfte sich in dieser Hinsicht ähnlich wie Brasenia purpu7'ea
Mich, und Dulicliium spathaceum Pers. verhalten haben, die noch bis
vor Beginn der dritten Haupteiszeit in Europa lebten.
1) Herr SukatsCHEFF -wird darüber in „Materialien zur Geologie Russlands,
lierausp:egeben von der Kaiserl. Mineralog. Gesellschaft St Petersburg, 1907" aus-
führlicher berichten.
2) Hann, Handbuch der Klimatologie 1897, III., S. 173.
P. SORAUER: Blitzspuren und Frostspuren. 157
Die Beantwortung der Frage, ob der Ursprung der Gattung
Euryale in Europa oder in Asien oder wo sonst zn suchen sei, hängt
von weiteren fossilen Funden ab. Die heutige Verbreitung gestattet
darauf ebensowenig wie auf die Geschichte der Gattung einen sicheren
Schluss.
Erklärnng der Abbildang'en.
Tafel IV.
Fi<?. 1. Euryale europaea, Samen in natürlicher Grösse.
2-5. Derselbe in verschiedenen Lagen gezeichnet. Vergr. 3.
(j. Versuch einer Wiederherstellung des Samens in dem Zustande vor dem
Zusammendrücken. Vergr. 3.
„ 7. Euryale ferox. Samen in natürlicher Grösse.
^ 8 u. 9. Ein solcher in verschiedenen Lagen. Vergr. l'/j.
. 10. Derselbe von oben gesehen. Vergr. 2.
^ 11. Querschnitt durch die Samenschale von Euryale europa-ea. Vergr. 80.
, 12. Epithelzellen des Samens von Euryale europaea von oben gesehen. Flacher
Schnitt in z. T. durchlallendem Lichte, Vergr. 120.
.. 13. Euryale europaea, Querschnitt durch die äussere (e) und einen Teil der
mittleren Schicht (m) der Samenschale. Vergr. iiGO.
,. 14. Euryale ferox. Epithelzellen des Samens, von oben betrachtet. Vergr. 120.
„ 15, Euryale ferox. Querschnitt durch die äussere (e) und einen Teil der
mittleren Schiebt (///) der Samenschale. Vergr. 180.
23. P. Sorauer: Blitzspuren und Frostspuren.
Mit zwei Figuren im Text.
Eingegangen am 28, März 1907.
Im Jahre 1903 beschrieb V. TüBEÜF^) einen Fall von Wipfel-
dürre bei Nadelhölzern (Fichten) in Oberbayern. Seine Beobachtungen
führten zu dem Schlüsse, dass die Ursache in einer nur einmal im
Winter 1901/02 eingetretenen Störung gesucht werden müsse, welche
auf den elektrischen Ausgleich bei Wintergewittern zurückzu-
führen sei.
1) V. TüBEUF, Die Gipfeldürre der Fichten. Naturwiss. Zeitschrift für Land-
und Forstwirtschaft, 1903, Nr. 1, 7 und 8.
158 P- SORAUER:
Das charakteristische Merkmal dieser Störung bestand in der
Art des Absterbens. In der oberen Region des Baumwipfels waren
nämlich Rinde, Bast und Cambium tot; weiter abwärts erschienen
nur noch Rindenteile ohne den Cambiumring abgestorben, so dass
dieser während des Sommers neues Jungholz nnd Jungrinde bilden
konnte.
„Der weisse, weiche Bast liess sich demnach leicht vom saftigen
Holze ablösen wie an gesunden Bäumen. An den neugebildeten
Bast schloss sich die tote Rindenzoue, und ausserhalb derselben war
die grüne Rinde wieder lebend. In dieser grünen Rinde verliefen
vielfach von Kork eingekapselte Streifen toten Gewebes. Noch
weiter nach unten waren die getöteten Bast- und Rindeuteile nicht
mehr stammumfassende Bänder, sondern sie zerteilten sich in
Streifen; endlich fanden sich nur noch tote Flecke, uod einige Meter
unterhalb der Baumspitze verlor sich jedes Krankheitszeichen, der
freie Stamm und die Wih'zel waren vollkommen gesund."
Diese Merkmale stimmten mit den von R. HarTIG schon früher
als „Blitzspuren" beschriebenen Erscheinungen überein.
Das Bedenkliche bei dieser Deutung, das sich auch V. TUBEUF
zunächst nicht verhehlte, war, dass nach den bisherigen vielseitigen
Beobachtungen die Blitzschläge unterhalb der Kronen einzusetzen
pflegen und den Stamm verletzen, aber die Krone unverletzt lassen.
In anderen Fällen sterben wohl ganze Bäume, aber nicht die Kronen
allein. Es war daher selbstverständlich, dass die Ansicht V. TUBEUF's
manchen Widerspruch fand. Es wurde darauf hingewiesen, dass
eine solche Wipfeldürre auch durch Wicklerraupen {GraphoUtha
pactolana) veranlasst werden könne, und ich selbst äusserte bei
Gelegenheit eines Vortrages, den der Autor unter Vorführung reich-
lichen Demonstrationsmaterials im Kaiserlichen Gesundheitsamt hielt,
die Vermutung, dass dieses Absterben der Kronen auf Kältewirkung
zurückzuführen sei.
Demgegenüber betonte V. TUBEUF, dass er die Krankheits-
merkmale auch ohne das Vorhandensein von Wicklerraupen und
Borkenkäfern beobachtet habe, und dass, wenn die Tiere dabei ge-
funden werden, sie als sekundäre Schädiger auftreten. Von Frost-
beschädigungen aber sollten sich diese Blitzspuren, die auch an
einzelnen Kiefern und Lärchen, aber nicht an Ijaubhölzern gefunden
worden sind, dadurch unterscheiden, dass sie von einer den ganzen
Stamm umfassenden Bräunung im stärkst beschädigten Krouenteil
allmählich abwärts streifenartig in das gesunde Gewebe hinein aus-
strahlen. Und diese letzten strahlenförmigen Ausläufer abgetöteten
Gewebes erscheinen im Querschnitt wie augenartige, von einem
hellen Korkring eingeschlossene Flecke. Diese Korkbildungen
stimmen auch keineswegs mit Korkumwallungen überein, wie sie in
Blitzspuren und Frostspuren. 159
der Nähe von Schnitt- oder Bruchwunden oder an Yerbissstellen
entstehen.
^ Trotz dieser bestimmten Angaben vermochte ich den Verdacht
nicht zu unterdrücken, dass hier doch der Frost im Spiele sei, da
ich glaubte, bei früheren Beobachtungen frostbeschädigter Bäume
derartige ringförmige Korkumwallungen gesehen zu haben. Allerdings
bezogen sich meine Beobachtungen auf Laubbäume, und ich konnte
also nur vermuten, dass bei Nadelhölzern dieselben Erscheinungen
zutage treten würden.
Bei den scharfen, zum Teil recht unliebsamen Angriffen, die
V. TüBEUF erfuhr, versuchte derselbe, experimentell seine Theorie
zu stützen, und es gelang ihm, den Nachweis zu liefern, dass man
durch künstliche Blitze dieselben Veränderungen hervorzurufen ver-
mao-, die an den natürlich abgestorbeneu Fichten beobachtet worden
sind.^) Auf meine Bitte erhielt ich einige kleine Zweigstücke von
den künstlich angeblitzten Fichten, w^elche die typischen Be-
schädigungsformen enthalten sollten. Um einen sicheren Vergleich
mit Frostwunden anstellen zu können, musste ich mir Material be-
schaffen, das durch künstlich erzeugte Kälte beschädigt worden war.
Da mir passende Topfexemplare von Fichten nicht zur Verfügung
standen, w^urde eine ungefähr fünfjährige gesunde Kiefer am 13. Mai
1905 in dem Gefrierzylinder während einer Nacht einer Temperatur
ausgesetzt, die allmählich auf —7° C. herabging. Die Pflanze, welche
am nächsten Morgen keine Spur einer Beschädigung erkennen Hess,
blieb dann im Freien bis zum Ende des Herbstes stehen und wurde
im frostfreien Räume überwintert. Im Frühling 1906 kam sie
wieder ins Freie und blieb frostgeschützt bis zum Dezember stehen,
zu welcher Zeit sie behufs Untersuchung zerschnitten w^urde.
Es ergab sich, dass nur die Stammbasis einseitig beschädigt
worden war, und zwar nur der Rindenteil und in geringem Grade
auch der Markkörper, der vielfach gebräunte Zellwandungen aufwies.
Der Zellinhalt erschien nicht alteriert; manche Zellen besassen
Stärke.
Die Beschädigung des Rindenkörpers (siehe Fig. 1) bestand zu-
nächst darin, dass einzelne Zellen, die annähernd in gleicher Ent-
fernung vom Holzkörper lagen (z), mitten im gesund gebliebenen
Parenchym gebräunten, verquollenen gleichartigen Inhalt aufwiesen.
Diese Zellen lagen in der Ringzone, welche durch die Kalkoxalat-
binden gekennzeichnet wird; sie pflegen vom Herbst an Zucker zu
führen.
1) V. TUBEUF und Zehnder, Über die pathologische Wirkung künstlich er-
zeugter elektrischer Funkenströme auf Leben und Gesundheit der Nadelhölzer.
Sond.-Abdr.
160 1'- SORAUER:
An einer Seite des Stämnichens waren ausserdem tote Zell-
g-ruppen in der Rinde zu sehen, die ringförmig von lebendem,
mauerförmig angeordnetem Parencliym umschlossen waren und da-
durch eine augenähnliche Figur darstellten. Die Gestalt dieser
Augen näherte sich einer tangential gestreckten Ellipse. Das
\
\
V
TV
>/:.
Ä.
N
"^■■i"
u^
\
J) "^-r-J t
z
Fi''. 1. Kiefer, künstlicher Frost.
z Einzelne abgetötete Rindenzellen mit braunem, gleichmässigem Inhalt.
h Höhlung im abgestorbenen Gewebekern.
u Wenig gefärbte oder fast farblose Umkleidung der zentralen Höhlung, welche
in Bau und Lagerung deutlich noch die Struktur der Auskleidung eines Harz-
ganges erkennen last.
p Vollständig verharzte, braune Rindenparenchymzelleu aus der Umgebung des
Harzganges.
w Tafellörmig gestrecktes stärkeführendes Parenchym.
r\) Normales Eindenparenchjm.
Zentrum dieser augenförmigen Figur wurde häufig durch eine
Höhlung (A) gebildet, welche von schwach gebräunten, bisweilen
fast farblosen Zellen iiC) ausgekleidet war. Bei Vergleich der mit
jedem Schnitte wechselnden Bilder kam man zu der Überzeugung,
dass diese den Hohlraum umschliessenden Zellen der Auskleidung
eines Harzganges entsprachen und bisweilen blasig in denselben
hinein vorgev^'ölbt gewesen waren. Daran grenzte nach aussen ein
Blitzspuren und Frostspureu. 161
abgestorbenes Riiulenparenchyiii (p), dessen Zellen nur selten zu-
sanimeno-efalleu waren und meist in ihrer natürlichen Grösse in
Inlialt und Wandung verharzt sich erwiesen. Bei Aufhellung der
Schnitte erkannte man in dem abgestorbenen Parenchym noch
einzelne Oxalatgruppen und Zellen mit Körnern, die als verharzte
Stärkekörner anzusehen sind. An das tote Gewebe grenzte nach
aussen jene oben erwähnte ringförmige Zone tafelförmiger Zellen,
die ihrer Anordnung nach einer Korkumwallung glichen, aber mit
Chlorzinkjod Cellulosereaktion in ihren Wandungen zeigten nnd viel-
fach reichlich mit Stärke und Harztröpfchen angefüllt waren (w).
Diese Umwallung des toten Gewebekernes, welche das augenförmige
Aussehen der Frostwunde bedingte, ging dann in das normale
Rindenparenchym (;•/>) über, das hier und da noch Spuren von
Stärke erkennen Hess.
Aus dem geschilderten Befunde ergibt sich, dass die Frost-
wirkung, abgesehen von der Tötung einzelner in bestimmter Ent-
fernung vom Holzringe liegender, wahrscheinlich zuckerreich ge-
wesener Parenchymzellen am ganzen Stamm umfang, auch noch an
einer Stammseite grössere Gewebeiuseln innerhalb der Rinde zum
Absterben gebracht hat Solche einseitige stärkere Frostbeschädigung
ist der normale Fall auch bei natürlichen Frösten. Bei den Laub-
bäumen aber leiden in den meisten Fällen zuerst die Hartbast-
gruppen und deren nächste Umgebung. Der Abschluss des abge-
töteten Gewebes von dem gesunden Rindenparenchym erfolgt je
nach der Baumart nnd der Kräftigkeit des Individuums in ver-
schiedener Weise. Entweder bildet das umgebende Gewebe tatsäch-
lich zunächst eine ringförmige Zone von schmalen Tafelkorkzellen,
die allmählich in tafelförmiges Parenchym übergehen oder letzteres
schliesst sich, wie im vorliegenden Falle bei der Kiefer, unmittelbar
an. den toten Gewebekern an.
Diese Neubildung eines solchen mauerförmigen Geweberinges
erkläre ich mir hervorgerufen durch den Wundreiz, infolgedessen
ein reichlicheres Zuströmen von plastischem Material eingeleitet
wird. Dafür spricht der Umstand, dass, wie hier bei der Kiefer,
diese Gewebezone reichlich Stärke enthält, während im übrigen
Rindenparenchym nur spärliche Stärkeablagerung bemerkbar ist.
Unter Umständen kann um derartige (auch aus anderen Ursachen)
abgestorbenen Gewebeinseln eine so reichliche Neubildung von
Rindenparenchym eintreten, dass schwielige Gewebepolster entstehen.
Ja, bisweilen bilden derartige Inseln den Kern, um welchen eine
Knollenmaserbildung sich einleitet, wie ich bei Pomaceen beobachtet
habe.
Fig. 2 ist das Bild der Rindenbeschädigung, die V. TüBEUP
durch künstliches Anblitzen einer Fichte erhalten hat. Wir sehen
ir.2
P. SORAUER:
zwei Blitzspuren, die in ihrer Gestalt den Frostspuren ähnlich sind
und, wie diese, um einen toten Kern eine ringförmige Umwallung
erkennen lassen, wodurch das augenförmige Aussehen veranlasst
wird. Derartige Blitzspuren sind in annähernd gleicher Entfernung
vom Holzkörper in der Rinde zu finden, so dass man annehmen
muss, es ist eine bestimmte ältere Rindenregion, in welcher der
elektrische Funken besonders leicht seinen Weg findet.
kJc h '^ st
Fig. 2. Fichte, küustliche Blitzspur.
b Zentraler Teil der Blitzspur im Eindenparenchym.
h Normale Hartbastgruppe.
¥ Von der Blitzspur eingeschlossene Hartbastgruppe.
k Korkring.
kk Die dem Korkcambium ähnliche Zelllage.
g Harzgang in der gesunden Rinde, aus dessen normaler Auskleidung einzelne
Zellen sich blasenartig vorwölben.
gg Mit Harz ausgefüllter Harzgang.
0 Oxalatkristalle.
st Mit Stärke erfüllte Rindenzellen,
rp Gesundes Rindenparenchym.
V Verquollene Gewebegruppen in demselben.
seh Borkenschuppe.
Die Blitzspur (b) gliedert sich in einen zentralen braunen,
streifenartigen Kern aus verquollenem Parenchym. Derselbe wird
von einer breiten, hellen Zone (k) umgeben, die aus radial ange-
ordneten Reihen sehr dünnwandiger, nahezu inhaltsloser, oft luft-
führender Zellen besteht.
Nach aussen stösst diese Zone an einen Gewebering (M) aus
tafelförmigen, plasmareichen, in ihren Wandungen die Cellulose-
reaktion zeigenden Zellen, die allmählich in das normale, gross-
Blitzspiiron und Frostspuron. 163
lumige Kiiidenparencliyiu (rp) übergehen. Die ausserhalb, aber
ziemlich nahe der Blitzspur liegenden Harzgänge (g) sind in der
Kegel nicht verändert; die bisweilen blasig in den Harzgang hinein
sich vorwölbenden Zellen der Auskleidung sind hellwandig. Auch
diese blasige Auftreibung der Wandungszellen ist eine normale Er-
scheinung; denn man findet an Zweigen gesunder Fichten im Winter
manchmal die Harzgänge vollkommen ausgefüllt durch thyllenartige
Erweiterungen der Wandungszellen. Vereinzelt treten in unmittel-
barer Nähe der Blitzspur auch Harzgänge auf, bei denen die aus-
füllenden Zellen zu braunen verquollenen harzigen Massen um-
gewandelt sind
Der tote Gewebekern im Zentrum der Blitzspur besteht häufig
nur aus abgetötetem Rindenparenchym; manchmal jedoch erkennt
man auch, dass einzelne Bastgruppen (/V) dabei beteiligt sind.
Hervorzuheben ist der Umstand, dass die abgetöteten Parenchym-
zellen vielfach gänzlich zusammengefallen und vertrocknet erscheinen.
Dieses Zusammentrocknen erkläre ich mir als die Ursache für die
Entstehung der hellen Ringzonen aus weitlumigen, dünnwandigen
Zellen, welche sich als wirkliche Korkzellen erweisen und den Unter-
schied von der Frostwumle bedin^eu.
o"
Ich mache mir nun folgende Vorstellung von dem Zustande-
kommen dieses Unterschiedes in den beiden Wundformen. Der
elektrische Funken bedingt ein schnelles Austrocknen des ab-
getöteten Gewebes. Da er ebenso wie der Frost kein langsam ver-
laufendes nachträoliches Absterben des anstossenden Gewebes ver-
anlasst, so grenzen an die abgetöteten Gewebeherde unmittelbar
lebenskräftige, reaktionsfähioe Zellen. Eine Reaktion auf den
Wundreiz stellt sich sofort ein, wenn die vegetative Tätigkeit in der
Rinde sich geltend macht. Das Parenchym an der Grenze des toten
Gewebes antwortet auf den Wundreiz durch Zellstreckung und Zell-
vermehrung. Die durch den Blitz zusammengetrockneten Zellpartien
bieten der Umgebung Raum zu bedeutender Streckung und Fäche-
rung. Je schneller der Vorgang stattfindet, desto mehr Material wird
verbraucht. Ist dasselbe zurzeit nicht in genügender Menge vorrätig,
findet nur Korkbildung statt, und damit erklärt sich, dass nach der
elektrischen Entladung das die zusammentrocknende Gewebeinsel
umgebende Rindenparenchym, das eine viel schnellere Streckung und
Fächerung- zur Ausfüllung des grösseren Raumes erfahren muss, mit
Korkbildung antwortet.
Bei der Abtötung einer mitten im Rindenparenchym liegenden
Gewebeinsel durch den Frost erfolgt zunächst kein Vertrocknen des
Gewebes. Die abgetöteten verquollenen Zellen behalten ihren Umfang
infoke der noch vorhandenen Turgescenz. Somit wird auch der Druck
Ber. der deutschen Bot. üesellsch. XXV. 12
164 P- SORATJER: Blitzspuren und Frostspuren.
des frostbeschädig'teii, sterbenden Gewebes auf die gesund und
reaktionsfällig- gebliebene Umgebung nicht wesentlich vermindert.
Damit fällt aber für die umoebenden Zellen auch die Veranlassuno-
fort, sich so stark zu verlängern und zu fächern, wie dies beim Ver-
trocknen der Blitzspur notwendig war. Es wird also um den toten
Kern der Frostwunde die infolge des Wundreizes entstellende Neu-
bildung in Form einer Ringzone aus spärlicheren und kleineren
Zellen auftreten. Das zuströmende plastische Material kann nicht
mehr zur Zellvermehrung verbraucht werden, da der Bedarf gedeckt
ist, und wird daher in Form von Reservestoffen sich niederschlao-en.
Daher die direkt um die Frostwunde bemerkbare Stärkeanhäufung.
Als positives Ergebnis der Untersuchung wäre anzuführen, dass
bei den Nadelhölzern ein bestimmter Unterschied zwischen künstlich
erzeuo-ten aui-enförmioen Blitz- und Frostwunden besteht. Bei der Blitz-
wunde trocknet das abgetötete Rindengewebe schnell zusammen und wird
zunächst von einem lockeren Korkmantel umgeben, der einen hellen
Augenring darstellt. Bei der Frostwunde behalten die abgetöteten
Zellen im Innern des Rindenparenchyms zunächst ihren früheren
Umfang; sie werden zwar ebenfalls eingeschlossen von einer Ring-
zone neugebildeter Zellen, aber diese entwickeln sich nicht zu einem
lockeren Korkmantel, sondern bilden eine schmale Zone englumigen
Parenchyms, das reicher au Reservestoffen wie das normale Rinden-
parenchym zu sein pflegt. Diese Zone stellt sich bei der Blitzwunde
erst nach der Korkzone ein.
Hinzu kommt noch der von V. TUBEUF angegebene Unterschied,
dass bei der Blitzwunde der abgetötete Rindenring in immer schmaler
werdenden Bändern abwärts in das gesunde Gewebe hinein ausstrahlt,
während eine derartige langsame Abnahme der Frostwirkung und ein
streifenartiges Ausstrahlen der toten Gewebezone in die gesunde
Rinde hinein bei Nadelhölzern bisher nicht beobachtet worden ist.
H. HariniS: über Kleistogamie bei der Gattung Clitoria. 165
24. H. Harms: Über Kleistogamie bei der Gattung Ciitoria.
Mit Tafel V.
Eingegangen am 28. März 1907.
Der brasilianische Botaniker LeaNDEO DE SACRAMENTO be-
schrieb in Deukschr. Akad. München YII. (1821) 233 t. 12 eine
neue Gattung der Leguminosae aus der Umgebung von Rio de Janeiro,
der er zu Ehren von C. FR. PH. MarTIÜS den Namen Martia bei-
legte (mit der einzigen Art M. physalodes). Diese übrigens ganz dem
Habitus der Papilionatae entsprechende Gattung sollte sich durch das
Fehlen der Blumenkrone und starke Reduktion im Androeceum aus-
zeichnen; die Blüten zeigten nur zwei getrennte fertile Stamina und
daneben zwei winzige, ebenfalls getrennte Staubfadenrudimente. Aus
dem anfangs im Kelche eingeschlossenen Pistill gehen reife, läng-
liche Hülsen mit vier bis acht kugeligen, klebrigen Samen hervor.
ZUCCARINI (Abb. Akad. München I. (1832) 337) stellte zur selben
Gattung eine zweite Art aus Mexiko; sie war im Botanischen Garten
zu München zur Blüte gekommen, und ZUCCARINI gab von ihr eine
ausführliche Beschreibung und gute Abbildung (t. 14, 15). Zugleich
verfasste er eine viel genauere Diagnose der Gattung Martia. Er
glaubte die selbständige Stellung der Gattung gegenüber gewissen
Zweifeln an der Richtigkeit der ursprünglichen Beschreibung betonen
zu müssen ^)
BenTHAM (Ann. Wien. Mus. H. (1838) 116) klärte die Sache
auf, indem er nachwies, dass Martia physalodes Leandro de Sacra-
mento zu Neurocarpum ellipticwn Desv. gehöre, einer Phaseolee, die
er selbst später (Journ. Linn. Soc. II. (1858) 39) zu Clitoria
glycinoides DC. rechnete. Vollkommen zutreffend wies er darauf hin,
dass bei dieser Art an einem und demselben Exemplar bisweilen
neben Blüten mit voll entwickelter Corolla uud normalem Androeceum
unvollständio; ausgebildete Blüten vorkämen, bei denen die Blumen-
blätter fehlten und die Staubblätter mehr oder weniger abortiert
seien; es seien dann die fertilen Staubblätter ganz kurz und frei. —
In der Monographie von Clitoria (Journ. Linn. Soc. II. 36) hebt er
hervor, dass diese Erscheinung in der Gattung weit verbreitet sei
1) „Man glaubte, es könne irgendeine Art von Glycine oder Amphicarpaea, die
bekanntlich oft flores apetalos haben, durch unvollständige Beobachtung zur Auf-
stellung der Gattung veranlasst haben, und die Leandrische Pflanze blieb immer
noch dunkel und zweifelhaft" (1. c. 238).
12*
166 H. HARMS:
(„In nearly all the Clitorias, whether witli or without wiiiged pocls,
the lower flowers are often apetalous, alinost without stamens and
with smaller calyxes, but producing perfect fruits. This circumstance,
long since known in the allied genus Amphiearpaea, and more
recently observed in Clitoria glycinoides, led when first discovered,
to the establishment of Leandro de Sacramento's genus Martia^ in
which Zuccarini included a similarly circumstanced species of
Galactia.^^y
Auf Sansibar (ohne näheren Standort) sammelte STUHLMANN im
Oktober 1889 (n. 908) eine Papilionate, an der nach den vorliegenden
zahlreichen Stengelstücken nur Blüten ohne Blumenblätter und mit
stark reduziertem Androeceum zu bemerken waren; die Stengel
zeigten zugleich in grosser Anzahl wohl entwickelte reife Hülsen,
die solchen Blüten entstammten. Nach genauerer Untersuchung
ergab sich, dass diese Pflanze trotz gewisser Verschiedenheiten zu
derselben Art (Cl. glycinoides) zu rechnen sei, zu der obengenannte
Martia pliysalodes gehört. Es handelt sich hier um einen bemerkens-
werten Fall von Kleistogami e. Nach BenTHAM's oben erwähnter
Bemerkung war zu vermuten, dass auch bei anderen Arten von
Clitoria kleistogame Blüten vorkommen, und ich durchmusterte nun
daraufhin das Material des Berliner Herbars, um festzustellen, bei
welchen Arten die Erscheinung auftrete. In der mir zugänglichen
biologischen Literatur vermisste ich genauere Hinweise; bei KNÜTH
(Handb. III. 1. (1904) 406) findet man ebensowenig eine Bemerkung
über Kleistogamie von Clitoria wie bei LiNDMAN (Bih. Svensk. Yet.
Akad. Handl. vol. 27. III. n. 14 (1902) 52) oder MalME (Arkiv för
Bot. IV. n. 7. (1905) 15), der in letzter Zeit die Resupination bei
dieser Gattung eingehend schilderte. Herr Prof. E. LOEW wies mich
darauf hin, dass KUHN (in Bot. Ztg. (l867) 67) unter den Legu-
minosen mit kleistogamen Blüten auch „Marti7isia Schult." nennt;
damit ist jedenfalls obige Martia gemeint, die bei SCHULTES (Mant.
1. (1822) 69; DC. Prodr. II. (1825) 236) Martiusia heisst (vgl. LOEW
in Verh. Bot. Ver. Brandenburg XLVHI. (1907) 249).
Es hat sich herausi^estellt, dass Kleistosramie durchaus nicht bei
allen Arten, nicht einmal bei der Mehrzahl nachweisbar ist. Die
Prüfung des Herbarmaterials zeigte mir, dass unter den 26 von
BenTHAM unterschiedenen Arten sich nur drei durch häufigeres oder
selteneres Auftreten kleistogamer Blüten auszeichnen. Damit ist
nicht gesagt, dass die Erscheinung bei den übrigen Arten ganz fehlt;
von manchen Arten besitzt man natürlich bislang nur wenige Herbar-
exemplare, und die Sammler legen selbstverständlich zunächst nur
Stücke mit gut entwickelten Blüten ein. Die drei Arten, bei denen
Kleistogamie beobachtet wurde, gehören zur Sektion Neurocarpian
(Desv.) Benth., die ihren Namen davon ableitet, dass die Hülsen-
über Kleistogainie bei der Gattung Clitoria. 167
klappen gewöhnlich aussen von einer Längsrippe durchzogen sind,
die indessen gelegentlich auch fehlen kann. Die Samen sind bei
den Arten dieser Gruppe kugelig oder eiförmig und aussen stark
drüsig-klebrig.
Die chasmooameu Blüten von Clitoria sind echte Schmetterlings-
bluten vom Typus der Pliaseoleae. Der Kelch ist röhrig oder röhrig-
trichtertörmig, und seine Form ist für die Gattung charakteristisch;
von den fünf Kelchzipfeln sind die beiden oberen etwas miteinander
vereint. Die Fahne ist meist gross und überragt die übrigen Fetalen.
Das Androeceum ist diadelphisch oder monadelphisch, wenn das
Vexillarstaubblatt mit den übrigen mehr oder weniger vereint bleibt.
Der lange, schmale, meist behaarte Fruchtknoten ist gestielt und
geht in einen behaarten Griffel mit mehr oder minder verbreiterter
Narbe aus; er enthält mehrere Samenanlagen.
Clitoria ghjcinoides DG. ^) (Prodr. IL 234) ist ein an Gebüsch-
rändern oder Zäunen windendes behaartes, seltener fast kahles Kraut
mit gestielten gedreiten Blättei'u und eiförmigen oder länglichen
Blättchen. In den Blattachseln entwickeln sich Pedunculi, die den
1) Der älteste Name für diese Art ist nach I. ÜRBAN (Symb. antill. IV
(1905) -299): Cl. ruhiyinosa Juss. ap. Pers. Syn. II. (1807) .'{»»o. Die Stuhlmann-
sche Pflanze, die sich übrigens durch starken TrüjoneUa-Gerach bemerkbar machte,
weicht vom Typus der Art, wie ihn die Mehrzahl der amerikanischen Exemplare
darstellt, durch sehr schwache Behaarung' und dadurch ab, dass die Hülsen meist
der sonst für die Sektion charakteristischen Längsrippe entbehren, die gewöhnlich
auch die Hülsen dieser Art auszeichnet. Trotzdem habe ich die Pflanze zu
Cl. glycinoides gerechnet, weil wenig behaarte Formen auch unter den amerika-
nischen Exemplaren auftreten und bei einigen Hülsen der Sansibarpflanze eine ganz
schwache Rippe erkennbar war. Dieses Merkmal ist ofi'enbar schwankender Natur,
wie auch Bentham schon hervorhebt. Unter den westindischen Exemplaren des
Herb. Kkug et Urban findet sich eines von Martinique, dessen Hülsen keine Längs-
rippe zeigen, das sich sonst aber nicht wesentlich von den übrigen Exemplaren der
Art unterscheidet (Cl. glycinoides DC. var. ecostata Urb. in DUSS, Fl. Ant. franr;.
(1897) 208, Duss n. 1075, mit chasmog. und kleistog. Bl.). — Die Art ist in OLIV.
Fl. Trop. Afr. IL nicht erwähnt.. Ausser Stuhlmann's Pflanze gehört zur selben
Art noch ein Exemplar aus Westafrika (Lagos; MlLLEN n. 129) mit chasmogamen
Blüten. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die beiden afrikanischen Exemplare
auf eiue Einschleppung aus Amerika zurückzuführen sind; Cl. cajanifolia wurde nach
den Angaben der Autoren von Amerika in das tropische Asien hinübergebracht
(s. unten). Zu VI. mariana L., einer uordamerikanischen, mit ylgcinoides sehr nahe
verwandten Art hat Bentham einige Exemplare aus Ostindien (Himalaya, Khasia,
Tavoy) gerechnet, die in den Gebieten offenbar einheimisch sind. Es ist mir frag-
lich, ob diese nicht eher zu glycinoides gestellt werden müssen, trotz ihrer Kahlheit
und ungerippten Hülse. Sie stimmen durch die breiten, eiförmigen oder eiförmig-
lanzettlichen Stipeln und durch kräftigeren Wuchs besser mit glycinoides überein
als mit mariana, die im allgemeinen eine zartere Pflanze zu sein scheint mit
schmäleren lanzettlichen Stipeln. Bei den ostindischen Exemplaren habe ich
Kleistogamie nicht beobachtet, die auch für Cl. mariana L. bisher nicht an-
gegeben wird.
168 H. HARMS:
Blattstiel an Länge meist überragen und an ihrer Spitze zwei bis
drei ganz kurz gestielte Blüten dicht nebeneinander tragen, bisweilen
auch nur einblütig sind. Bei den normalen, chasmogamen Schmetter-
lingsblüten zeigt der am Grunde von zwei Yorblättern umgebene,
etwa 18 bis 23 mm lange, bei grossblütigen Formen bis 30 mm er-
reichende Kelch einen röhrig-trichterförmigen Tubus und ziemlich
grosse, aus breitem Grunde spitze Zipfel. Die Fahne der ansehn-
lichen weissen, rötlich-weissen oder hellgelblichen Blumenkrone über-
ragt die übrigen Fetalen an Breite und Länge (vgl. Abbildung bei
Malme, 1. c. fig. 5, p. 16); sie ist etwa 5 bis 6 C7?2, bisweilen auch
nur 3 bis 4 cm lang, wie denn überhaupt die Grössenverhältnisse
der chasmogamen Blüten bei verschiedenen Exemplaren der sehr
variabeln Art recht verschiedene sind. Die Art ist im tropischen
Amerika weit verbreitet und stellenweise recht häufig (Brasilien,
Peru, Guiaua, Columbia, Westindien, Zentralamerika).
Ganz anders sehen die Blüten bei der STUHLMANN'schen Pflanze
von Sansibar aus. Hier finden wir (Fig. 1 — 4^ auf der Spitze eines
axillären Blütenstandsstieles von wechselnder Länge (1,5 bis 4 cm)
gewöhnlich zwei Blüten in verschiedenem Entwicklungsstadium. Ln
bestimmten Falle ragt aus dem einen Kelche bereits eine junge
Hülse heraus, während die andere Blüte der jungen Knospe einer
chasmogamen Blüte ähnlich ist Die letztere ist eine apetale kleisto-
game Blüte, deren Kelch nur 7 bis 8 mm lang ist, also bedeutend
kleiner ist als die Kelche der ausgewachsenen normalen Blüte; auch
die Vorblätter am Grunde des Kelches sind entsprechend kleiner.
Die fünf Kelchzipfel neigen wie in einer Knospe zusammen; später
treten sie auseinander. Sie sind nahezu gleich gross, der unterste,
äusserste ist nur ganz unbedeutend länger als die übrigen oder
ebenso lang wie diese, die beiden oberen sind etwas miteinander
vereint. Innerhalb des Kelches (Fig. 2) findet man keine Blumen-
blätter, sondern nur den Befruchtungsapparat, der zur Blütezeit im
Kelche eingeschlossen bleibt. Die Staubfäden sind kürzer als der
Fruchtknoten und frei voneinander. Ein, zwei oder seltener drei
etwas längere Staubfäden mit grösseren, besser entwickelten Antheren
stehen auf der oberen Seite der Blüte, also da, wo die beiden oberen
etwas miteinander vereinten Kelchzipfel liegen; ihre Antheren liegen
der kopfigen Narbe des nach unten eingekrümmten Griffels an, in
ganz ähnlicher Weise, wie es ZUCCARINI für seine übrigens zu
Cologania, nicht zu Clitoria gehörige Marita viexicana abgebildet hat-
Neben diesem oder diesen fertilen Staubblättern beobachtet man
noch einige kleinere, ebenfalls freie Staubfadenrudimente, die ganz
kleine, verkümmerte Antheren tragen oder solcher ganz entl)ehren.
Der schmal-längliche, kurz gestielte, kurz behaarte Fruchtknoten
enthält mehrere Samenanlagen; der Griffel ist nur sehr spärlich be-
über Kleistogamie bei der Gattung Clitoria. 169
haart oder fast kahl. Entwickeltere Stadien zeigen uns, wie der
Griffel sich allmählich nach oben krümmt und schliesslich aufrechte
Stellung; einnimmt. Zugleich schwillt der Fruchtknoten an und tritt
aus dem Kelche heraus, der ebenfalls eine allerdings nur ganz un-
bedeutende Yergrösserung erfährt. Die STUHLMANN'sche Pflanze
zeigt alle Übergangsstadien von geschlossenen Blüten bis zu reifen,
zweiklappig aufspringenden, länglichen Hülsen, die dann auf einem
kurzen Stiele aus dem kleineu Kelche herausragen und oben in den
dünnen Griffelrest auslaufen. Wir finden bei ihr eine Menge solcher
Hülsen, die 3 bis 4 cm lang werden und drei bis sechs Samen um-
schliessen (Fig. 3). Über die Keimfähigkeit dieser Samen weiss ich
nichts; sie sehen sehr oft etwas eingeschrumpft aus, und manche
mögen vielleicht noch nicht ihre völlige Reife erlangt haben, andere
indessen zeigen ganz die kugelige Form und die schwarzbraune
Färbung der klebrigen Samenschale, wie sie für die Samen der
Gruppe Neurocarputn charakteristisch sind.
Man beobachtet nun bei zahlreichen Exemplaren von Cl. ghjcinoides
aus dem tropischen Amerika Hülsen') in verschiedenem Zustande
der Entwicklung, die aus kleinen Kelchen hervorragen; hin und
wieder gelingt es auch, kronlose Blüten mit kleinem Kelche zu beob-
achten. Alle jene Hülsen gehen ofTenbar aus kronlosen, kleistogamen
Blüten hervor. Das Androeceum ist, wie die Untersuchung einiger
wenigen kleistogamen Blüten von amerikanischen Exemplaren dieser Art
lehrte (das Material an solchen Blüten ist spärlich), in verschiedenem
Grade bei verschiedenen Exemplaren reduziert. Gewöhnlich sind die
Verhältnisse so wie bei der Pflanze von Sansibar, zwei oder drei
Staubgefässe sind länger als die übrigen fünf bis acht, die kleinere
Antheren oder nur winzige Knöpfchen tragen. An einer kleistogamen
Blüte eines verhältnismässig grossblütigen Exemplars aus Guiana
(JENMAN n. 5229) fand ich neben fünf freien, etwas längeren Staub-
fäden mit grösseren Antheren eine ganz kurze Staubfadenscheide
auf der unteren Seite der Blüte, die in fünf winzige Fädchen aus-
ging. In keinem Falle beobachtete ich Spuren von Blumenblättern;
ob Übergangsformen zu chasmogamen Blüten vorkommen, wo etwa
die Corolla noch in Form kleiner Zipfel angedeutet ist, müsste noch
an reicherem Material nachgeprüft werden. — Bei den amerikanischen
Exemplaren treten an demselben Stengelstück entweder nur kleisto-
game Blüten auf, oder, und dies ist der häufigere Fall, das gleiche
Stück trägt neben kleistogamen Blüten in anderen Blattachseln
Schmetterlingsblüten oder Hülsen, die aus grossen Kelchen hervor-
ragen. Treten beide Blütenformen zusammen auf, so beobachtet man
1) Eine solche Hülse von Cl. (jhjcinoides mit Längsrippe ist abgebildet bei
ZUCCAEINI, 1. c. t. 15 fig. 14.
170 H. Harms :
meistens normale Blüten in den oberen Blattachseln, kleistogame in
den darunter befindlichen; es scheint demnach, als ob in den unteren
Blattachseln vorzugsweise kleistogame Blüten sich entwickeln. Die
Hülsen, die aus chasmogamen, grosskelchigen Blüten hervorgehen,
sind gewöhnlich etwas länger als die anderen, indessen ist der Unter-
schied wenig augenfällig. Übrigens findet man am Herbarmaterial
häufiger Hülsen aus kleistogamen Blüten als solche aus chasmogamen,
und ihre kugeligen, glänzenden, dunkelbräunlichen, klebrigen Samen
sind offenbar vollkommen normal entwickelt.
Noch viel häufiger als bei der eben behandelten Art findet sich
Kleistogamie bei Cl. cajanifoUa^) Beiith. (Journ. Linn. Soc H. (1858)
40). Dies ist keine Schlingpflanze, sondern sie entwickelt aus einem
kriechenden Rhizom aufrechte, krautige oder halbstrauchige, einfache
oder wenig verzweigte Stengel von 30 -60 cm Höhe. In den Achseln
der ganz kurz gestielten, gedreiten Blätter bemerken wir einen
Pedunculus von wechselnder Länge (1,5—5 cm), der an der Spitze
ein bis drei kurz gestielte oder fast sitzende Blüten trägt. Die Art
ist im tropischen Amerika weit verbreitet (Brasilien, Guiana, West-
indien) und bewohnt dort trockene Campos oder sandige Strecken
am Strande; ausserdem ist sie in das tropische Asien hinüber-
gekommen und tritt ziemlich häufig in Malacca, Slam und Java auf,
wo man sie nach PßAIN (Mater. Fl. Mal. Penins. Calycifl. p. 57) in
„old Clearings" findet. Die Kleistogamie ist hier in ganz ähnlicher
Weise ausgebildet wie bei glycinoides. Während die Kelche der
normalen Schmetterlingsblüten ^j 1,8 — 2 cm lang oder noch länger
werden, sind die der kleistogamen nur 5 — 6 mm lang. Auch hier
Fehlen der Blumenblätter und starke Reduktion im Androeceum oft
bis auf zwei längere fruchtbare Staubblätter mit grösseren, der Narbe
des nach unten gebogenen Griffels fest anliegenden Antheren; neben
ihnen dann meist noch ganz rudimentäre Fädchen in verschiedener
Zahl mit verkümmerten Antheren oder auch ü-anz ohne solche.
Die kleistogamen Blüten sind fast regelmässig fruchtbar, wir finden
häufiger Hülsen, die aus kleinen Kelchen^), als solche, die aus grossen
Kelchen herausragen. Die Hülsen, die aus kleistogamen Blüten ent-
springen, sind durchaus normal, kurz gestielt, etwa 2,5 — 5 cm lang,
zeigen gewöhnlich die charakteristische Längsrippe, springen auf
und enthalten etwa vier bis sechs wohl entwickelte Samen von
kugeliger Gestalt.
1) Der älteste Name ist nach I. Urban (Symb. antill. IV. (1905) oCK!))
67. laurifoüa Poir. in Lam. Enc, Suppl. IL (1811) 301. Die Blätter sind am
Herbarmaterial meist iinterseits grau gefärbt und behaart.
2) Nach filNDMAN (1. c.) blassgelb mit violett gestreifter Fahne.
3) Schon Presl (iS^'mb. bot. 17 t. 0: Xeurocarpuiu cajanifolium) bildet eine
solche Hülse ab.
über Kleistogainie bei der Gattung Clitoria. 171
Wie das abgebildete Steugelstück (Fig. 5) zeigt, treten beide
Blutenformen am selben Stengel in verschiedenen Achseln auf. Ge-
wöhnlich finden wir die kleistogamen Blüten in den unteren Achseln
des Stengels, indessen sah ich auch ein Exemplar aus Java, bei dem
iius zwei unteren Achseln grosse Kelche mit Hülsen, aus drei oberen
daueren kleine Kelche mit Hülsen hervoroehen. Die Kleistoo-amie
tritt in üleicher Weise bei den amerikanischen wie bei den asiatischen
Exemplaren auf, allerdings scheint sie bei den Asiaten häufiger zu
sein. Die Hülsen aus chasmogamen Blüten sind gewöhnlich etwas
länger (4 — 7 cm lang), bergen fünf bis acht Samen; im Jugendzustand
fallen sie dadurch vor denen aus kleistogamen Blüten auf, dass der
Griffel länger ist als bei jenen.
Die auf den Campos Brasiliens und Paraguays ziemlich ver-
breitete, auch in Guiana und Columbia vorkommende Cl. guianensis
(Aubl.) Benth. steht der Cl. cujanifolia sehr nahe; sie unterscheidet
sich von ihr wohl hauptsächlich durch etwas schmälere, unterseits
weniiier i>rau aussehende Blättchen und grössere Blüten. Kleisto"ame
Blüten fand ich bei einem von HASSLER sub n. 4344 in Paraguay
gesammelten Exemplar, das auch ChODAT (in Bull. Herb. Boiss.
4. ser. H. (li>04) 895) zitiert. Es handelt sich nach den Angaben
der Sammler um einen niedrigen Halbstrauch, der aus holzigem
kriechendem Rhizom einige meist einfache, seltener spärlich ver-
zweigte 30 — 50 cm. hohe beblätterte Stengel treibt; die ansehnlichen
chasmogamen Blüten (im ganzen bis 75 mm lang) sind violett und
wohlriechend. Bei dem Exemplar von HASSLER finden wir in ge-
wissen Blattachseln '1 — 3 cm lange Pedunculi, die an der Spitze
neben ein oder zwei prächtigen Schmetterlingsblüteu mit grossem,
25 — '27 mvi langem Kelche noch ein oder zwei kleistos-ame mit
kleinem, 9 — 10 mm langem Kelche tragen (Fig. 8). Beide Bluten-
formen treten also hier neben einander auf demselben Pedunculus
auf, eine Erscheinung, die vielleicht auch bei den andern Arten
vorkommt, bei ihnen jedoch noch nicht sicher festsfestellt ist. Auch
bei guianensis abortieren die Blumenblätter völlig. Das Androeceum
besteht aus 9—10 Staubblättern (Fig. 9) mit freien oder nur ganz
am Grunde etwas vereinten, kurzen, dünnen Staubfäden, von denen
fünf länger, vier bis fünf etwas kürzer sind. Im untersuchten Falle
tragen alle Staubfäden ziemlich breite, zarte Antheren, von denen
eine oder zwei der Narbe des eingekrümmten Griffels fest anhaften.
Der Fruchtknoten ist seidig behaart, der eingekrümmte Griffel nur
schwach behaart. Dasselbe Exemplar zeigt in andern Blattachseln
nur kleistogame Blüten. — Ein anderes Exemplar von HASSLER
(n. 9241) zeigt Hülsen ^), die aus kleinen Kelchen hervorragen (Fig. 10),
1) Sie haben, abweichend vom Tjpus, keine Längsrippe, gehören daher zu
der von CHODAT unterschiedenen „forma legumine ecostato*'.
172 H. Haems:
demnach offenbar aus kleistoo-amen Blüten entstanden sind. Die
gleiche Erscheinung- beobachtete ich bei zwei brasilianischen
Exemplaren (SelLO, LoefgEEN [S. Paulo] n. 1168) und einem aus
Columbia (LEHMANN n. 7795, Stengel etwas verkümmert).
Der Kleistogamie verdächtig ist mir noch die den beiden vorigen
Arten nahestehende 67. densi-ßora Benth., die ebenfalls die Campos
Brasiliens bewohnt; indessen genügte das Material nicht zur sicheren
Feststellung der Tatsache.
Es handelt sich bei den drei C7^tor^a-Arten um eine echte, so-
genannte habituelle Kleistogamie im Sinne GOEBEL's^) und LOEW's,
d. h. um eine solche, bei der, wie GOEBEL sehr trefPend und klar
ausgeführt Jiat, eine Entwicklungshemmung stattfindet. Auch in
diesem Falle dürften sich ebenso wie in den von GOEBEL erläuterten
Beispielen die Verschiedenheiten, die im Bau der kleistogamen
Blüten gegenüber den chasmogamen zutage treten, auf ein Zurück-
bleiben der Organe in einem frühen Stadium zurückführen lassen.
Die wichtio-sten Merkmale für die Kleistogamie bei Clitoria sind
Kleinbleiben des Kelches, Fehlschlagen der Blumenkrone, mehr oder
weniger starke Reduktion im Androeceum. Die Reduktion in der
Grösse setzt bereits bei dem Vorblätterpaare ein, das den Kelch am
Grunde umgiebt. Von den zehn Staubblättern, die dem normalen
Grundplan der Blüte zukommen, gelangen vorzugsweise die zur Ent-
wickelung, die ihrer Stellung nach geeignet sind, mit der Narbe des
nach unten eingebogenen Griffels in Berührung zu treten, also die
auf der Vexillarseite befindlichen. Die Staubfäden sind meist
frei und bleiben bis zur Befruchtung wie der Fruchtknoten im
Kelche eingeschlossen. Nach der Befruchtung krümmt sich der
schwach behaarte oder fast kahle Griffel aufwärts und es wächst
der Fruchtknoten aus dem Kelche heraus zur reifen Hülse heran;
der stehenbleibende Kelch erfährt dabei eine unbedeutende Ver-
grösserung. Auf demselben axillären Blütenstandstiel entwickeln
sich entweder nur kleistogame oder nur chasmogame Blüten, seltener
(guianensis) beide zugleich. Derselbe Stengel trägt meist beide
Blütenformen, und es treten (abgesehen von Ausnahmen) die kleisto-
gamen Blüten vorzugsweise in den unteren Blattachseln auf. Es
scheint auch gelegentlich vorzukommen, dass eine bestimmte Pflanze
(wie die von STUHLMANN gesammelte) ausschliesslich kleistogame
Blüten trägt. Die kleistogamen Blüten bringen fast regelmässig
reife Hülsen hervor, die sich gewöhnlich durch etwas kürzere
Gestalt von denen unterscheiden, die aus chasmogamen Blüten her-
vorgehen; letztere Art von Hülsen beobachtet man am Herbar-
1) Vgl. GOEBEL iu Biol. Centralbl, XXIV (1904) 677; E. LOEW, ebenda
XXVI (1906) 178.
über Kleistogamie bei der Gattung Clitoria. ]73
material im allgemeinen seltener als jene, die kleistogamen Blüten
entspringen.
^ Ich habe versucht, kurz den Tatbestand aufzuzeichnen, wie iiin
das für biologische Studien natürlich stets nur mangelhafte Herbar-
material erkennen Hess. Genauere Studien lassen sich natürlich nur
an reichlichem lebendem Material austeilen. Zu prüfen wäre vor
allem noch die Frage, in welcher Weise die Befruchtung vor sich
geht und welches Stadium der Reife die Antheren erreichen. Im
einen Falle konnte ich in einer Anthere keine Pollenkörner wahr-
nehmen, in andern Fällen sah man dagegen die Pollenkörner eben
in der Ausbilduno- betirifFen oder bereits ferti"- in der Anthere
liegen. Nach Analogie mit andern kleistogamen Pflanzen dürfte
die Zahl der zur Entwickelung gelangenden Pollenkörner eine relativ
geringe sein.
Über die Bestäubungsverhältnisse der chasmogamen Blüten
dieser Arten ist nicht viel bekannt. MaLME hat an den Blüten
von 67. guianensis grosse Hummeln beobachtet. Die Bestäubung der
mit 67. glycinoides sehr nahe verwandten 67. marinna L. hat FOERSTE
(Bot. Gaz. XVIII 460). studiert.
In ganz ähnlicher Weise wie bei Clitoria tritt Kleistogamie bei
den Gattungen Amphicarpaea Ell. und Cologania H. B. K. auf, die
Taubert (Natürl. Pflzfam. III. 3, p. yö9) in ein Genus vereinigt.
Beide sind die nächsten Verwandten von' Clitoria und gehören zu-
sammen mit ihr und einigen anderen Gattungen wie Glycttie,
Centrosemaj Galactia zur Subtribus der Pliaseoleae-Glycininae, und bei
dieser Gruppe scheint Kleistogamie überhaupt nicht selten vorzu-
kommen. Bei der nordamerikanischen Amphicarpaea vionoica Ell.
ist mit der Kleistogamie Amphicarpie verknüpft; man kannte die
Erscheinungen bei dieser Art schon längst, eine Arbeit aus jüngster
Zeit beschäftigt sich sehr eingehend damit. ^) Auch von Cologania
weiss man seit geraumer Zeit, dass bei ihr gelegentlich kleistogame
apetale Blüten mit kleinem Kelche auftreten („imperfect flowers" der
Diagnosen amerikanischer Floristen). Die Arten der Gattung finden
sich vorzugsweise auf den Gebirgen und Hochebenen der audiueu
Gebiete von Mexiko bis Bolivia. Es sind meist niederliegende oder
aufsteigende Kräuter mit schlanken, kriechenden oder schlingenden
Stengeln. Der Kelch der chasmogamen Blüten ist wie bei Clitoria
ziemlich lang, breit oder schmal röhrenförmig und geht in fünf Abschnitte
aus, von denen der unterste etwas länger ist als die übrigen, während
die beiden oberen mehr oder weniger mit einander verwachsen sind.
1) Adeline SchtV'ELY in Public. Univ. Pennsylv. New Scr. Contrib. Bot.
Labor. I. 3 (1897) 270. — Bei der sehr nahestehenden .1. Edgeworthii Benth. aus
dem Himalaja und Ostasien treten ganz die gleichen Ercheinungen auf.
174 H. HARMS:
-Die rötlichen oder violetten Blumenblätter ragen aus dem Kelche
heraus. Die eingangs erwähnte, von ZucCAßlNI unter dem Namen
Martia mexicana abgebildete Pflanze, ist jedenfalls eine Cologania,
über deren genauere Stellung zu den bekannten Arten allerdings
Rose in seiner Übersicht der nordamerikanischen Arten noch im
unklaren ist. ^) RoSE vergleicht die Art mit Cologania Martia
Watson (Proc. Amer. Acad. XVII [1882] 345), die nach dem Autor
mit kleistogameu Blüten auftritt. ROSE führt „imperfect flowers"
noch an von C. racemosa (Robinson) Rose und C. Lemmonii A. Gray.
Ich fand die Erscheinung unter den Exemplaren des Berliner
Herbar sehr schön entwickelt bei einem unbestimmten Exemplar
aus Mexiko (SCHAFFNER n. 234), ferner bei C. affinis Mart, et Gal.
(Pringle n. 8603), C. bifiora Nichols. (Pringle n. 8611), C. hngifoUa
A. Gray, sowie wiederholt bei Exemplaren aus dem andinen Süd-
amerika, die gewöhnlich zu den wohl identischen Arten C. pulchella
H. B. K. und C. ovalifolia H. B. K. gerechnet werden (z. B. FIEBRIG
n. 3449, Bolivia).
Bei den genannten Arten stehen die Blüten einzeln, zu zweien
oder in Büscheln von mehreren in den Blattachseln; im letzteren
Falle finden wir sehr häufig neben einigen kurzgestielten oder fast
sitzenden kleistogameu Blüten in derselben Achsel einige etwas
länger gestielte chasmogame Blüten mit grossem Kelche und heraus-
ragender rötlicher Blumeiikrone (so z. B. bei FIEBRIG n. 3449). Es
kann aber natürlich dieselbe Blattachsel auch nur die eine oder die
andere Blütenform hervorbringen. Der ganz schmale, röhrig-
trichterförmige, meist behaarte, kurz fünfzähnige Kelch der apetalen
kleistogameu Blüten ist bald kleiner, bald grösser, stets jedoch
kleiner als bei den chasmogamen Blüten.") Im Androeceum findet
eine Reduktion statt bis auf eins bis drei, meist zwei fertile, ein-
geschlossene Staubblätter mit langen freien Fäden und kleinen
Antheren. Diese stehen auf der morphologischen Oberseite der
Blüte. Von den übrigen 7 — 9, die dem Grundplan der Blüte ent-
sprechend zu erwarten wären, finden wir nur noch einige Rudimente
in Gestalt längerer oder ganz kurzer, meist antherenloser, dünner
Fädchen, die bisweilen am Grunde etwas vereint sein können; hin
und wieder scheinen diese Fädchen, die zwischen den dichten,
langen Haaren des Fruchtknotens leicht übersehen werden, auch
ganz zu fehlen. Der meist stark behaarte, schmale Fruchtknoten ist
im Kelche eingeschlossen, sein Grifiel ist nach der Oberseite der
1) Rose in Contrib. U. S. Nat. Herb. VIII. 1 (190o) 4-2. Die Arten sind sehr
schwer zu unterscheiden.
2) Exeinpl. von Fiebrig: Stiel der chasmog. Bl. 5—8 //;//;, ihr Kelch
10-12 «iw lang; Stiel der kleistog. Bl. 0,5 — 2 //////, Kelch G— 8 ww lang.
über Kleistogamie bei der Gattung Clitoria. 175
Blüte eingekrümmt, der kopfig verbreiterten, kleinen Narbe liegen
die Antheren der fertilen Stamina oft fest an. Aus den Kelchen,
die eine geringe Vergrösserung erfahren und später gewöhnlich auf
einer Seite scheidenartig aufgeschlitzt werden, ragen dann schliesslich
schmale, meist behaarte, aufspringende, meist mehrsamige, reife
Hülsen hervor. Hülsen aus kleistogamen Blüten trifft man am
Herbarmaterial öfter als solche aus chasmogamen. Einen wesent-
lichen Unterschied zwischen beiden Arten von Hülsen vermochte ich
nicht zu finden.
Aus dieser Darstellung geht hervor, dass bei Cologania im
wesentlichen ganz ähnliche Verhältnisse bezüglich des Baues und
des Vorkommens der kleistogamen Blüten vorwalten wie bei Clitoria.
'o"
Wie sich aus dem Vergleich mit den bisher g-enauer unter-
suchten Fällen von Kleistogamie bei anderen Gattunoen der
Papilionatae ergiebt, wiederholt sich recht häufig bei dieser Blüten-
form vor allem die Apetalie.^) Mit Kleistogamie ist in diesen
Fällen (wie z. B. bei Amp/iiearpaea und Neocracca)^) oft Amphicarpie
verbunden. Bei Clitoria ist von Amphicarpie keine Rede, da es
sich ausschliesslich um oberirdische kleistogame Blüten handelt;
auch Heterocarpie im eigentlichen Sinne liegt nicht vor, wenn auch
im allgemeinen die Hülsen aus chasmogamen Blüten länger sind
als die aus kleistogamen. Dasselbe dürfte für die Cologania-Arten
oelten.
Zum Schlüsse gestatte ich mir, den Herren Prof. Dr. E. LOEW
für sehr wertvolle Literaturnachweise und freundliche Anreguno-eu,
Herrn Geh. Rat Prof. I. ÜKBAN für Überlassung reichen westindischen
Materials zur Durchsicht, sowie Herrn J. POHL für die sorgsame
Ausführung der Tafel meinen besten Dank auszusprechen.
Erklärung- der Abbildaugeu.
Fig. 1 - 4. Clitoria yhjcinoides DC. Exemplar von STUHLMANN-Sansibar. Fig. 1.
Zwei kleistogame Blüten, aus der einen ragt bereit.« eine halbreife
Hülse heraus. Fig. 2. Längsschnitt durch eine kleistogame Blüte.
Fig. 3. Stengelstück mit Hülsen. Fig. 4. Griffclcnde aus der kleisto-
gamen Blüte.
1) Z. B. Arten von Ononis, Vicia, P(iroc/ietu.i.
2) Vgl. Feies in Arkiv lor Bot. III n. 9 (1904).
176 H. Harms : Über Kleistogamie bei der Gattung Clitoria.
Fig. 5-7. Ci. cajanifolia Benth. Fig. 5. Stengelstück (Blätter abgeschnitten),
in der unteren Blattachgel eine bereits befruchtete kleistogame Blüte,
bei der der Griffel sich schon etwas nach aussen gekrümmt hat; in
der oberen Achsel chasmogame Blüten (STAHL n. 580). Fig. 6. Längs-
schnitt durch eine kleistogame Blüte. Fig. 7. Längsschnitt durch den
Fruchtknoten derselben.
Fig. 8—10. Cl. guianensis Benth. Fig. 8. Ende des Blütenstandsstieles (Exemplar
von Hassler n. 4344), mit zwei kleistogamen Blüten und einer
chasmogamen. Fig. 9. Längsschnitt durch eine kleistogame Blüte.
Fig. 10. Hülsen, die aus kleinen Kelchen hervorragen (HASSLER
n. 9241).
Sitzung vom 2G. April 1907. 177
Sitzung vum 26. April 1907.
Vorsitzender: Herr L. KNY.
Als ordentliches Mito-lied ist voro-eschlasren Herr
Koorders, Dr. S. H., in Steglitz bei Berlin, Arndtstr. 34 (durch G. LINDAU
nnd Th. LOESENER).
Zn ordentlichen Mitgliedern sind proklamiert die Herren:
Sernander, Dr. Rutger, in Uppsala,
Anisits, Dr. Daniel, Professor in Asuncion (Paraguay),
Riehm, Dr. Eduard, in Steglitz.
Der A'orsitzende macht der Gesellschaft Mitteilung von dem im
März d. J. auf Ceylon erfolgten Totle unseres ordentlichen Mitgliedes,
des Herrn
Guido Kraskovits
und von dem im April d. J. erfolgten Abiehen unseres korre-
spondierenden Mitgliedes, des Herrn
Professor Dr. 6. R. Kjellman
in Uppsala.
Zu Ehren der Verstorbenen erhoben sich die Anwesenden von
ihren Sitzen.
Herr P. LiNDNER vom Institut für Gärungsgewerbe demonstrierte
einige Glasschalen, in denen verschiedene Hefen von ihm und
Dr. Stockhausen darauf geprüft worden waren, ob sie die ver-
schiedenen Abbanprodukte des Hefeneiweisses der Bierhefe (Leucin,
Tyrosiu, Cholin, Histidin, Xanthin, Hypoxanthin, Asparagin, Asparagin-
säure, Guanin, Adenin, Arginin usw.) wieder zu Plasma zu syntheti-
sieren vermöchten. Die Hefen waren in parallelen Strichen reihen-
weis auf einem Traubenzuckeragar, der mit je einer der genannten
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV. 13
178 S. KOSTYTSCHEW:
Substanzen vermischt worden war, aufgetragen worden. Sowohl in
der Intensität des Wachstums, als auch in der Färbung (namentlich
bei den roten Hefen) machten sich erhebliche Unterschiede geltend
sowohl bei dem Yergleich derselben Hefe auf den verschiedenen
Schalen, als auch bei dem Yergleich der verschiedenen Hefen unter-
einander. Die genannte Yersuchsanstellung sollte darlegen, in wie-
weit die billige Bierhefe durch Autolyse nutzbare Stickstoffsubstanzen
für die im Betrieb gärende Hefe zu liefern vermag bezw. welche
von den genannten Stoffen in den käuflichen Hefeextrakten, die in
der Zusammensetzung dem LiEBIG'schen Fleischextrakt sehr nahe
stehen, am nährkräftigsten sein dürften.
Eine zweite Demonstration bezog sich auf eine Schimmelpilz-
kultur, die in Würzegelatine rings um sich eine breite Zone von
ausgeschiedenem Oxalsäuren Kalk gebildet hatte. Herr Professor
Reinhardt bemerkte dazu, dass manche parasitische Pilze, nament-
lich die Pezizen, auf den geringsten Reiz, wie ihn z. B. ein be-
nachbartes Mycelium von einem anderen Pilz ausübt, mit einer
starken Oxalsäurebilduns: reagieren, so dass in dem Zwischenfeld
eine dichte Wolke von jenen Kristallen entsteht. Herr Privatdozent
Dr. 0. Fischer teilte mit, dass er solche Wolken von oxalsaurem
Kalk sehr häufig in Plattenkulturen von Erdproben beobachtet habe.
Hier seien bei der Yerschiedenartigkeit der Keime Reizwirkungen
offenbar ebenfalls vorliegend. Herr LiNDNER bemerkte noch, dass
das bei den oft wiederholten Gärungen immer zahlreichere Auftreten
von Calciumoxalatkrystalleu vielleicht auch durch die naturgemäss
zunehmende Infektion infok'e Reizwirkung auf die Kulturhefe zu-
stände kommen dürfte.
25. S. Kostytschew: Zur Frage der Wasserstoffbiidung
bei der Atmung der Pilze.
Einp^cgangen am 15. April 1907.
In einer früher publizierten Abhandlung^) habe ich nach-
gewiesen, dass bei der normalen und der anaeroben Atmung mannit-
führender Samenpflanzen keine Wasserstoffbildung stattfindet. In
der vorliegenden Abhandlung sind Yersuche mit den Schimmelpilzen
Penicillium glmicum und Aspergillus niger und dem Basidiomyceten
1) Kostytschew, diese Berichte, Bd. 24, 1906, S. 436.
Zur Frage der Wasserstoff bilcUing bei der Atmung der Pilze. 179
Agaricus {Psalliota) campestris beschrieben worden. Den letzt-
genannten Pilz liatMÜNTZ^) für seine umfangreichen Untersuchungen
benutzt, die bis auf die letzte Zeit hin als ausschlaggebend be-
trachtet wurden. Dieser Forscher hat gefunden, dass die Wasser-
stoffbildung nur bei mannitführenden Pilzen und zwar bei Sauer-
stoffabschluss erfolgt. Es liegt jedoch die Annahme nahe, dass die
von MÜNTZ wahrgenommene Wasserstoffbildung lediglich auf die
Tätigkeit der Bakterien zurückzuführen ist, da die Energie der
Wasserstoffausscheidung in verschiedenen Versuclien innerhalb weiter
Grenzen scliwankte und sämtliche Versuche von langer Dauer waren.
Aus meinen hier beschriebenen Versuchen wird ersichtlich werden,
dass die Fruchtkörper von Agaricus campestris bei SauerstofFabschluss
von Bakterien schnell angegrifPeh werden. Es ist also einleuchtend,
dass die Frage von der WasserstofTausscheidung maunitführender
Pilze durcliaus nicht abgeschlossen ist. Diese Lücke auszufüllen,
habe ich mich durch die weiter folgenden Versuche bestrebt.
I. Versuche mit Scliimnielpilzeu.
Die Pilzkulturen wurden auf Mannitlosungen bei Abwesenheit
anderer organischen Substanzen mehrere Generationen hindurch ge-
zoa'en: zu den Versuchszwecken wurden nur die an Manniternähruno-
vollständig gewöhnten Kulturen benutzt. Die Versuchsgefässe
wurden derart eingerichtet, dass die innere Atmosphäre von der
äusseren lediglich durch Glas und Quecksilber getrennt wurde.^)
Sämtliche Versuche wurden in Dunkelheit ausgeführt. Für die Gas-
analyse bediente ich mich des Apparates von POLOWZOW^) mit der
Modification von A. RICHTER.*)
Versuch 1.
Eine fünftägige Kultur von Penicillium glaucum. Nährlösung:
RAULIN'sche Flüssigkeit ohne K^SiOg und ZnSO^ und unter Ersatz
des Rohrzuckers durch Mannit (J) g in \0Q ccm der Lösung). Die
Kultur wurde mit Luft eingesperrt. Temperatur 16^.
1) MÜNTZ, Annales de chimie et de plijsique, ser. V. t. 8, 1876, p. 56.
2) Näheres darüber fiadet man in meiner Abliandliing „Über die normale und
die anaerobe Atmung bei Abwesenheit von Zucker" (Jahrb. für wiss. Uotanik,
Bd. 40, 1904, S. 563), wo auch die Methode der Darstellung des reinen Stickstoffs
ausführlich beschrieben worden ist.
3) POLOWZOW, Untersuchungen über die Pflanzenatmung, 1901 (russisch).
4) A. Richter, Travaux de la societe imperiale des naturalistes de
St. Petersbourg, t. 33, 1902 — 1903, p. 311 (russisch). Denselben Apparat habe ich
auch für meine Untersuchungen über mannitführende Samenpflanzen benutzt, was
dort leider nicht erwähnt blieb. In dem nicht modifizierten POLOWZOW'schen
Apparate können keine Verbrennungen ausgeführt werden.
13*
180
S, KOSTYTSCHEW:
Luftpeviode 2 Stunden.
Gasanalyse.
Anfängliches Volumen 157,28
Nach Absorption der CO.^ 154,18
„ der Explosion mit Knallgas . . 154,18
„ Zulassung von Hj 227,12
„ der Explosion 138,40
COo^ 1,97 pCt.
0, = 18,80 „
H,
0,0
N2 = 79,23 „
^= 0,98 pCt.
Temperatur: 16°.
CO, =
2,36
pCt.
0,=
18.52
1»
\h =
0,0
'1
N.=
79,12
)5
CO.,
o; '
1,04
pCt.
Die Kultur wurde alsdann mit Stickstoff eingesperrt; es wurde
jedoch keine COo- Bildung im Verlauf von 24 Stunden wahr-
genommen.
Versuch 2.
Genaue Wiederholung des vorhergehenden.
Luftperiode 2 Stunden.
Gasanalyse.
Anfängliches Volumen 154,93
Nach Absorption der COg 151,28
., der Explosion mit Knallgas . . 151,28
,, Zulassung von H, 225,91
„ der Explosion 139,83
Die Kultur wurde alsdann mit Stickstoff eingesperrt. Keine
COg-Bildung im Verlauf von 24 Stunden.
Versuch 3.
Eine viertägige Kultur von Aspergillus niger. Nährlösung wie
im A^ ersuch 1. Die Kultur wurde mit Luft eingesperrt. Temperatur:
16,5°.
Luftperiode 2 Stunden.
Gasanalyse.
Anfängliches Volumen 154,05 I COg = 1,91 pCt.
Nach Absorption der COj 151,10 i Oj = 18,01 „
„ der Explosion mit Knallgas . . 151,10
„ Zulassung von H2 221,44
„ der Explosion 138,22
Die Kultur wurde alsdann mit Stickstoff eingesperrt. Keine
CO3- Bildung im Verlauf von 20 Stunden.
H„ =
No =
0,0
80,08
35
COo
0., ~
0,63
pCt.
Versuch 4.
Wiederholung des vorhergehenden. Temperatur: 16°.
Luftperiode 2 Stunden.
Zur Frage der Wasserstoff bilduug bei der Atmung der Pilze. 181
Gasanalyse.
Anfängliches Volumen 163,03
Nach Absorption der CO, 159,80
„ der Explosion mit Knallgas . . 159,90
„ Zulassung von Ha 235,88
„ der Explosion 147,70
C02= 1,98 pCt.
0, = 17,97 „
Hj = 0,0 ,,
Ng = 80,05 „
^= 0,fi5pCt.
Die Kultur wurde alsdann mit Stickstoff eingesperrt. Stickstoff-
periode 23 Stunden; COo-Spur.
Aus obigen Versuchen ist ersichtlich, dass Penicillium glaucum
und Aspergillus niger bei Manuiternährung und Sauerstoffzutritt
keinen Wasserstoff ausscheiden. Da die genannten Pilze bei Sauer-
stoffabschluss unter gewöhnlichen Kulturbedingungen sehr schnell
vero-iftet werden und daher keine COo-Produktion bewirken, so
wurde der anaerobe Gaswechsel dieser Objekte bei modifizierter
Versuchsanordnung studiert. Neuerdings habe ich dargetan, ^) dass
die geringe Energie der anaeroben COo-Produktion von Aspergillus
niger eine Folge der Vergiftung ist: werden Mycelien von Aspergillus
in eine beträchtliche Menge der Lösung total versenkt, so nimmt
infolgedessen die anaerobe COg-Produktion bedeutend zu. Diese
Methode der Versenkung kam bei den weiter folgenden Versuchen
in Anwendung.
Versuch 5.
Eine siebentägige Kultur von Penicilliiayi glaucum wurde durch
reine, sterilisierte Glasperlen in eine beträchtliche Menge der mannit-
haltigen Nährlösung (siehe oben) total versenkt, wonach im Verlauf
von l^o Stunden ein konstanter Stickstoffstrom durch den Kolben
und die sich darin befindende Flüssigkeit geleitet wurde. Der mit
Stickstoff gefüllte Kolben stand im Verlauf von 10 Tagen in Dunkel-
heit bei Zimmertemperatur. Gesamtgasvolumen = 383,1 ccm, Volumen
der Flüssigkeit = 225,0 ccm\ die Gasprobe wurde entnommen bei
t° = 19° und P = 747 mm.
Gasanal jse.
Anfängliches Volumen 126,87 j CO^ = 1,88 pCt.
Nach Absorption der CO, 124,48 | H. = 0,0 „
„ Zusatz von Luft 156,15 Ng = 98,12 „
„ der Explosion mit Knallgas . . 156,15
Gasförmige Cüg = 6,6 ccin bei 0° und 7C0 mm
Gelöste COo^) = 3,4 „ „ 0° „ 760 .,
Summe: COj = 10,0 ccm = 19,8 »//</
1) KOSTYTSCHEW, diese Berichte, Bd. 25, 1907, S. 44.
2) Betreffs der Bestimmung der gelösten COj sei auf meine früher publizierte
Abhandlung (diese Berichte, Bd. 25, 1907, S. 44) hingewiesen.
182
S. KOSTYTSCHEW:
Die Flüssigkeit wurde mehrfach abdestilliert; das Destillat gab
die Aldehydreaktionen und wurde deshalb noch einmal unter Zusatz
von Natriumbisulfit und dann einmal unter Zusatz von Natrium-
carbonat abdestilliert. Die zuletzt erhaltene Flüssigkeit hatte das
spezifische Gewicht 1,0000 und gab keine Jodoform- und Benzoyl-
chloridreaktion. Darnach muss geschlossen werden, dass sich bei
der anaeroben Atmung von Penicillium glaucum keine Spur Äthyl-
alkohol gebildet hat.
Versuch 6.
Wiederholung des vorhergehenden; nur wurde die Anaerobiose
der Kultur auf 4 Tage beschränkt. Gasvolumen 391,9 ccrn^ Volumen
der Flüssigkeit 225 ccm. Die Gasprobe wurde entnommen bei
t° = 21,5° und P = 762 mm.
Gasanalyse.
Anfängliches Volumen 126,4T
Nach Absorption der CO, 124,88
„ Zusatz von Luft 161,95
„ der Explosion mit Knallgas . . 161,95
COo = 1,26 pCt.
H,= 0,0 „
N„ = 98,74 „
000= 2,80 pCt.
H, = 0,0 „
N, = 97,20 „
Versuch 7.
Wiederholung der beiden vorhergehenden A^ersuche mit einer
viertägigen Kultur von Aspergillus niger. Versuchsdauer 13 Tage,
Gasvolumen 348,1 ccm., Volumen der Flüssigkeit 225,0 ccm. Die
Gasprobe wurde entnommen bei t" = 21" und P = 700 mm.
Gasanalyse.
Anfängliches Volumen 119,43
Nach Absorption der COg 116,09
„ Zusatz von Luft 158,02
„ der Explosion mit Knallgas . . 158,02
Die Flüssigkeit wurde mehrfach abdestilliert. Reaktionen des
Destillates wie im Versuch 5. Spezifisches Gewicht des Destillates
1,0000. Gesamtkohlensäure = 25,1 mg.
Versuch 8.
Wiederholung des vorhergehenden. Versuchsdauer 9 Tage, Gas-
volumen 337,8 ccm.) Volumen der Flüssigkeit 225 ccm. Die Gasprobe
wurde entnommen bei t° = 26° und P = 678 ccm.
Gasanalyse.
Anfängliches Volumen 127,32
Nach Absorption der CO^ 124,83
„ Zusatz von Luft 175,13
„ der Explosion mit Knallgas . . 175,13
Obige Versuche zeigen, dass die normale und die auaerobe
Atmung der mit Mannit ernährten Schimmelpilze ohne
002 =
1,96
pCt
H,=
0,0
■)i
N3 =
98,04
1-)
Zur Frage der Wasserstoff bildiing bei der Atmung der Pilze. 183
Wasserstoffbilduiig erfolgt und, allem Anschein nach, mit der
Alkoholgärung nichts zu tun hat. Schon früher hat DlAKONOW^)
gefunden, dass Penicilliu7n glaucum keinen Wasserstoff bei SauerstofiF-
abschluss ausscheidet; der genannte Forseher hat jedoch seine Ver-
suche bei Zuckerernährung ausgeführt.
II. Versuche mit Agaricus campestris.
Zu diesen Versuchen wurden ausschliesslich junge und ganz
frische Pilze verwendet. Der unterirdische Teil des Stieles wurde
immer abgeschnitten, da derselbe von den ihm anhaftenden Erde-
teilchen nicht befreit werden kann und ausserdem auch bei sonst
sanz o-esunden Pilzen selten unversehrt bleibt. Das ausgelesene
Versuchsmaterial wurde mit destilliertem Wasser schnell abgespült,
mit Fliesspapier getrocknet, gewogen und dann in die Versuchs-
o-efässe hinein^etan. Sämtliche Versuche wurden in Dunkelheit bei
Zimmertemperatur ausgeführt; die innere Atmosphäre der Versuchs-
gefässe war immer dampfgesättigt.
Versuch 9.
59 g von Agaricus campestris wurden in einem etwa 300 ccm
fassenden Versuchskolben mit Luft eingesperrt. Temperatur:
19—20°.
Luftperiode 1 Stunde 20 Minuten.
Gasanalyse.
Anfängliches Volumen 128 50
Nach Absorption der CO,^ 1H»,87
,, der Explosion mit Knallgas . . 119,87
., Bearbeitung mit KHO .... 119,87
„ Zulassung von H^ 191,16
„ der Explosion 155,51
1 Stunde im Stickstoffstrome.
Stickstoffperiode 24 Stunden.
Gasanalyse.
Anfängliches Volumen 105,82
Nach Absorption der COj 98,04
„ Zusatz von Luft 172,49
„ der Explosion mit Knallgas . . 172,49
„ Bearbeitung mit KHO . . . . 172,49
Nach dem Versuche wurde das Versuchsmaterial mit einer be-
trächtlichen Menge destillierten Wassers mehrfach abdestilliert. Das
spezifische Gewicht des Destillates war 1,0000. Jodoformprobe und
Benzoylchloridreaktion negativ.
co„ =
6,72
pCt.
03 =
9,25
5'
H,=
0,0
11
N2 =
84,03
11
COo
0, ~
0,52
pCt.
CO, =
7,35
pCt
H,=
0,0
t^
N.=
92,65
11
1) DiAKONOW, Archives slaves de biologie, t. 4, 1887, p. 31 und 121.
184
S. KOSTYTSCHEW:
Versuch 10.
Wiederholung des vorhergehenden. 62 g von Agaricus campestris
wurden mit Luft eingesperrt. Temperatur 18 — 19°,
Luftperiode 1 Stunde 15 Minuten.
Gasanalysc.
Anfängliches Volumen 110,,39
Nach Absorption der COg 102,79
„ der Explosion mit Knallgas . . 102,79
,, Zulassung von H, 168,59
„ der Explosion 142,68
1 Stunde im Stickstoffstrome.
Stickstoffperiode 24 Stunden.
Gasanalyse.
Anfängliches Volumen 105,92
Nach Absorption der COg 97,27
„ Zusatz von Luft 17.5,18
„ der Explosion mit Knallgas . , 175,23
„ Bearbeitung mit KHO .... 175,23
Reaktionen und spezifisches Gewicht des Destillates wie im
vorhergehenden Versuche.
CO., =
0,=
6,88
7,82
pCt
55
N,=
0,0
85,30
CO2
0, -
0,47
pCt.
CO., = 8,18 pCt.
Ha = 0,0 „
N2 = 91,82 „
Versuch 11.
62 g zerkleinerter Fruchtkörper von Agaricus campestris wurden
mit Luft eingesperrt. Temperatur: 18 — 19°.
Luftperiode 1 Stunde.
Gasanalyse.
Anfängliches Volumen 139,00
Nach Absorption der CO2 131.08
„■ der Explosion mit Knallgas . . 131,08
„ Zulassung von Ho 200,07
der Exolosion 156,30
CO2 = 5,70 pCt.
0^ = 10,50 „
H, = 0,0 „
N, = 83,80 „
CO2
0,
0,50 pCt.
1 Stunde im Stickstoffstrome.
Stickstoff'periode 24 Stunden.
Gasanalyse.
Anfängliches Volumen 105,12
Nach Absorption der CO., 96,25
„ Zusatz von Luft 171,71
„ der Explosion mit Knallgas . . 171,71
„ Bearbeitung mit KHO .... 171,71
Es ergab sich also, dass die normale und die anaerobe Atmung
frischer und gesunder Pilze ohne Wasserstoffbildung stattfindet. Da
C02 =
-- 8,43
pCt
H, =
= 0,0
ii
No^
-- 91,57
j'
Zur Frage der Wasserstoff bildang bei der Atmiiug der Pilze. 185
nun dieses Resultat mit den Angaben von MÜNTZ^) in direktem Wider-
spruche steht, so ist es im Interesse einer vollständigen Aufklärung
dec-Frage geboten, die Versuche des genannten Forschers zu wieder-
holen. MÜNTZ sperrte die Pilze mit COo ein; am Ende je eines
Versuches wurden die Gase des Versuchsgefässes durch einen Kohleu-
säurestrom in ein mit KHO gefülltes Eudiometer gedrängt; der nicht
absorbierte Teil des Gases wurde alsdann mit Sauerstotf verbrannt.
Diese Methode gestattet den eventuell vorhandenen Wasserstoff auf
ein möo-lichst o-eringes Volumen zu konzentrieren. Dieselbe Versuchs-
anstelluno- habe ich folgendermassen angewandt.
O O o
Versuch 12.
190 g von Agaricus campestris wurden in einen dickwandigen
Versuchskolben gebracht, iler Kolben vermittelst einer GeRYK-01-
luftpumpe evakuiert und mit COo gefüllt; diese Operation wurde,
behufs Entfernung der eventuellen in dem Pilz»;ewebe vorhandenen
Gase noch dreimal wiederholt. Alsdann wurde im A'erlauf von
24 Stunden ein langsamer COo-Strom durch den Kolben geleitet.
Die aus dem Kolben entweichenden Gase sammelten sich in einem
Eudiometer über 50 pCt. Kalilauge. Der Versuch wurde bei Zimmer-
temperatur in Dunkelheit ausgeführt. Die geringe Menge des durch
KHO nicht absorbierten Gases wurde analysiert.
Gasanaljsc.
Anfängliches Volumen 72,84
Nach Zusatz von Luft 130,15
„ der Explosion mit Knallgas 130,15
,, Bearbeitung mit KHO 130,15
H, = 0,0 pCt.
Auch in diesem Versuche hat sich also keine Spur Wasserstoff
gebildet. Das durch KHO nicht absorbierte Gas war mit Wasser-
stoff nicht verbrennlich und in rauchender Schwefelsäure unlöslich.
Diese negativen Eigenschaften weisen darauf hin, dass das über der
Kalilauge angehäufte Gas allem Anschein nach reiner Stickstoff war.
Versuch 13.
320 g von Agaricus campestris wurden in einen dickwandigen
Versuchskolben hineingetan; der Kolben wurde viermal evakuiert
und mit COo gefüllt, dann mit einer Gaspipette in Verbindung ge-
bracht und sich selbst überlassen. Von Zeit zu Zeit wurden Gas-
j)roben aus dem Kolben entnommen und analysiert. Der Versuch
wurde bei Zimmertemperatur in Dunkelheit ausgeführt und dauerte
120 Stunden.
1) MÜNTZ 1. c.
186 S. KOSTYTSCHEW:
1. Erste Gasprobe (nach 20 Stunden).
Nach Bearbeitung mit KHO blieb eine nur ganz geringe
Menge des Gases uuabsorbiert; dieselbe wurde analysiert.
Gasanalyse.
Anfängliches Volumen 43,80
Nach Zusatz von Luft 129,75
„ der Explosion mit Knallgas 129,75
„ Bearbeitung mit KHO 129,75
«2 = 0,0 pCt.
2. Zweite Gasprobe (nach 44 Stunden).
Die Kalilauge hinterliess eine ganz geringe Gasmenge; die-
selbe wurde analysiert.
Gasanalyse.
Anfängliches Volumen 78,23
Nach Zusatz von Luft 159,75
„ der Explosion mit Knallgas 159,75
,, Bearbeitung mit KHO 159,75
Ha = 0,0 pCt.
3. Dritte Gasprobe (nach 68 Stunden).
Die Analyse der durch KHO nicht absorbierten Gasmenge
ergab :
Anfängliches Volumen 77,28
Nach Zusatz von Luft 157,23
., der Explosion mit Knallgas 143,03
„ Bearbeitung mit KHO 143,03
Ho = 12,25 pCt.
4. Vierte Gasprobe (nach 120 Stunden).
Das Yolumen des durch KHO nicht absorbierten Gases hat
bedeutend zugenommen. Die Gasanalyse ergab:
Anfängliches Volumen 39,70
Nach Zusatz von Luft 147,75
„ der Explosion mit Knallgas 98,72
,, Bearbeitung mit KHO 98,72
,, abermaligem Zusatz von Luft .... 133,55
„ der Explosion mit Knallgas 133,55
H. = 82,33 pCt.
Bei dem Offnen des Kolbens Hess sich ein deutlicher Fäulnis-
geruch wahrnehmen; die mikroskopische Untersuchung ergab, dass
das Pilzgewebe von verschiedenartifren Bakterien wimmelt.
Aus diesem Versuche ist ersichtlich, dass die bei der anaerobeu
Atmung von Agaricus campestris stattfindende Wasserstoff bildung erst
nach Ablauf von mindestens zwei Tagen eingeleitet wird und ledig-
Zur Frage der Wasserstoff bildung bei der Atmung der Pihe. 187
lieh auf die Tätigkeit der Bakterien zurückzuführen ist. Wenn
MÜNTZ^) eine Wasserstoffbildung bereits nach 48 Stunden der
Anaerobiose beobachtete, so lässt sich dies dadurch erklären, dass
der genannte Forscher die von mir angewandte Abtrennung des
unteren Teiles des Stieles unterliess, wodurch die Infektion in hohem
Grade beschleunigt werden musste.
Es bleibt noch zu untersuchen, welchen Ursprung das in meinen
Versuchen aufgefundene inerte Gas hat. Es ist von vornherein an-
zunehmen, dass die Atmosphäre des Yersuchskolbens nicht aus reiner
COo bestehen kann, da bei dem Füllen des Kolbens mit COg die
innere Atmosphäre von der äusseren nur durch die verdünnte Salz-
säure des Kohlensäureentwicklers getrennt bleibt; da aber der
partielle Druck des Stickstoffs und Sauerstoffs im Versuchskolben
sehr gering ist, so muss eine kleine Menge der in verdünnter Salz-
säure o;elösten Gase in den Kolben hiueindiflfundieren. Der Sauer-
Stoff wird allerdings von den Pilzen schnell verbraucht, der Stick-
stoff bleibt- aber in der Atmosphäre des Versuchskolbens. Diese
Voraussetzung wurde durch folgenden Versuch bestätigt.
Versuch 14.
Der leere Versuchskolben wurde viermal bis auf 5 mm evakuiert^)
und mit COo gefüllt. Alsdann wurde aus dem Kolben eine Gasprobe
entnommen und mit Kalilauge behandelt, wobei eine geringe Gas-
menge uno-elöst blieb. Das in KOH unlösliche Gas löste sich zu:n
Teil in alkalischem Pyrogallol mit tiefbrauner Färbung und war mit
Wasserstoff teilweise verbrenulich. Die quantitative Bestimmung
ergab: 0., = 21,44 pCt. Das nach Absorption des Sauerstoffs übrig-
gebliebene Gas war nicht verbrenulich und in Säuren unlöslich, da-
her als Stickstoff berechnet. Es darf natürlich nicht befremden,
dass der Sauerstoffgehalt des untersuchten Gases etwas grösser war,
als derjenige der atmosphärischen Luft; dies hängt davon ab, dass
Sauerstoff in Wasser löslicher ist und folglich schneller hinein-
diffundiert, als Stickstoff.
Aus den in dieser Abhandlung beschriebenen Versuchen geht
mit Evidenz hervor, dass die normale und die anaerobe Atmung
mannitführender Pilze ohne Wasserstoffbildung stattfindet. Auch ist
es nunmehr klar geworden, dass die von MÜNTZ bei der anaeroben
Atmung von Agaricus campestris wahrgenommene Wasserstoff bildung
durch die Tätigkeit der Bakterien hervorgerufen w^irde.
1) MÜNTZ 1. c.
2) Bei dieser Gelegenheit konnte ich mich davon vergewissern, dass sämtliche
Verschlüsse tadellos waren.
188 S. KOSTYTSCHEW:
Herrn Professor PalladIN, in dessen Laboratorium meine Ver-
suche ausgeführt worden sind, drücke ich hiermit meinen innigsten
Dank aus.
St. Petersburg, Botanisches Institut der Universität.
26. S. Kostytschew: Über anaerobe Atmung ohne Alkohol-
bildung.
Eingegangen am 15. April 1907.
Professor W. PALLADIN und ich haben in einer • gemeinsam
ausgeführten Arbeit^) nachgewiesen, dass die anaerobe Atmung er-
frorener Lupinensamen, Lupinenkeimlinge und etiolierter Stengel-
gipfel von Vicia Faha ohne Alkoholbildung stattfindet. Späterhin
haben wir gefunden,^) dass auch lebende etiolierte Blätter von Vicia
Faha nur in anfänglichen Stadien der Anaerobiose Alkohol produ-
zieren. Dieses Resultat konnte leider nur mit Hilfe einer indirekten
Methode erzielt werden; neuerdings ist es mir jedoch gelungen nach-
zuweisen, dass die anaerobe Atmung von Agaricus {Psalliota)
cam'pestris vollständig ohne Alkoholbildung erfolgt. Dadurch ist ein
direkter Beweis dafür geliefert worden, dass auch bei der anaeroben
Atmung lebender Pflanzen unter Umständen keine Spur
Äthylalkohol gebildet wird.
Gelegentlich meiner Untersuchungen über die Wasserstoffbildung
bei der anaeroben Atmung von Agaricus camjyestris^) habe ich auch
Alkoholbestimmungen ausgeführt, die ein negatives Resultat ergaben;
da aber die Mengen der in denselben Yersuchen gebildeten CO^
weniger als 50 mg betrugen, so können die Resultate dieser Alkohol-
bestimmungen nicht ganz beweiskräftig sein; darum habe ich neue
Untersuchungen vorgenommen, deren Resultate nachstehend mit-
geteilt werden.
Zu den Yersuchen wurden nur junge und ganz frische Pilze
benutzt, wobei der unterirdische Teil des Stieles immer abgeschnitten
1) PALLADIN und Kostytschew, Zeitschrift für physiologische Chemie,
Bd. 48, 1906, S. 214.
2) PALLADIN und Kostytschew, diese Berichte, Bd. 25, 1907, S. 51.
3) Eine Mitteilung über die Resultate dieser Untersuchungen erfolgt gleich-
zeitig.
über anaerobe Atmung ohne Alkoholbildung. 189
wurde. Beträchtliche Mengen des ausgelesenen Materials wurden
mit destilliertem Wasser schnell abgespült, durch Fliesspapier ge-
trocknet, gewogen und in eine grosse Glasglocke hineingetan. Die
Glocke wurde einer dicken abgeschliffenen Glasplatte vollständig
luftdicht aufgepasst, oben durch einen Stöpsel mit je einem Zu- und
Ableitungsrohr geschlossen und bis auf ein Viertel in ausgekochtes
Wasser eingetaucht. Nun wurde ein gleichmässiger Wasserstoffstrom
darch die Glocke geleitet. Die von dem Yersuchsmaterial produzierte
COo wurde durch konzentrierte Schwefelsäure getrocknet und in
einem GEISSLER'schen Apparate absorbiert. Um einer Verdunstung
des Alkohols vorzubeugen, wurde zwischen der Glasglocke und dem
Trockenapparat eine in schmelzendes Eis getauchte Waschflasche
mit Wasser eins-eschaltet. Die Versuche wurden in Dunkelheit aus-
geführt; die innere Atmosphäre der Glocke war immer vollständig
dampfgesättigt. Nach Beendigung je eines Versuches wurde das
Versuchsmaterial und das Wasser der Waschflasche mit einer be-
trächtlichen Menge destillierten Wassers mehrfach abdestilliert und
das erhaltene Destillat zur Alkoholbestimmung verwendet. Betreffs
der Methodik der Alkoholbestimmung verweise ich auf unsere ge-
meinsam mit Professor PalLADIN publizierte Abhandlung.^)
Versuch 1.
700^ von Agaricus campestris, Temperatur 18 — 19°, Wasserstoff-
strom. Der GEISSLER'sche Apparat wurde erst nach einstündiger
lebhafter Wasserstoffdurchleituno- einoeschaltet. Versuchsdauer
24 Stunden.
1. COo nach 77,. Stunden . . . . 512,0 mg
2. COo nach weiteren IßVo Stunden 1051,5 ,,
Gesamte COg . . . 1563,5 mg
A 1 k o h 0 1 b e s ti m m un g.
Das erhaltene Destillat hatte das spezifische Gewiclit 1,0000,
gab jedoch die Aldehydreaktionen und wurde deshalb mit Natrium-
bisulfit und dann mit Natriumcarbonat o-ereinis-t. Reaktionen des
gereinigten Destillates:
1. Reaktion mit fuchsinschw^ef liger Säure negativ.
2. Jodoformprobe zweifelhaft.
3. Benzoylchloridreaktion negativ.
Spezifisches Gewicht des Destillates = 1,0000.
Es wurde also gefunden:
CO., = 1563,5 mg
C,ILOH= 0,0 „
1) Palladin und KOSTYTSCHEW, Zeitschrift für physiologische Chemie,
d. 48, 1906, S. 2U
190 S. KoSTYTSCHEW: über anaerobc Atmung ohne Alkoholbildung.
Yersuch 2,
7 bO g \on Agark-us campestris, Temperatur 19°, Wasserstoffstrom.
Der GEISSLER'sche Apparat wurde nach einstüudiger lebhafter
Wasserstoffdurchleitung eingeschaltet. Versuchsdauer 19 Stunden.
1. COg nach 4 Stunden 301,5 w^
2. COg nach weitereu 15 Stunden . 1062,9 „
Gesamte COg . . . 1364,4 mg
Alkoholbestimmung.
Das erhaltene Destillat hatte das spezifische Gewicht 0,9999.
Jodoformprobe und Aldehydreaktionen positiv. Eine abgewogene
Meno-e des Destillates wurde mit Natriumbisulfit und Natrium-
carbonat gereinigt. Die erhaltene Flüssigkeit hatte folgende Eigen-
schaften :
1. Jodoformprobe negativ.
2. Reaktion mit fuchsinschwefliger Säure negativ.
3. Benzoylchloridreaktion negativ.
4. Spezifisches Gewicht = 1,0000.
Es wurde also gefunden:
CO. = 1364,4 w^
Co Hg OH = 0,0 „
Aus obigen Yersuchen ist der Schluss zu ziehen, dass
bei der anaeroben Atmung von Agaricus campestris keine Spur
Äthylalkohol gebildet wird.
Dieses Resultat widerspricht den Angaben von MÜNTZ.^) Der ge-
nannte Forscher glaubt schliessen zu dürfen, dass bei der anaeroben
Atmung von Agaricus campestris eine Vergärung des Mannits unter
Bildung von Wasserstoff und Äthylalkohol stattfindet:
C.Hj.Og = 2 CO, + H, + 2 C^H^Otl.
MÜNTZ hat jedoch keine quantitativen Alkoholbestimmungen
ausgeführt und bediente sich zur Identifizierung des Äthylalkohols
nur der Jodoformprobe; aus obiger Darlegung ist aber ersichtlich,
dass ich ebenfalls Jodoformbildung beobachtete; dieselbe wurde
allein durch einen spurenweise vorhandenen Aldehyd verursacht.
Dieser Fall ist ein schlagender Beweis dafür, dass die Jodoform-
probe zum Nachweis des Äthylalkohols nur mit grösster Vorsicht
benutzt werden darf.
Die Erforschung des Chemismus der anaeroben Atmung von
Agaricus campestris habe ich bereits in Angriff genommen.
1) MÜNTZ, Annales de chimie et de physique, ser. A\ t. 8, 1876, S. 56.
J. M. GeertS: Über die Zahl der Cliromosompn von Oenothera Lamarckiana. 191
Herrn Professor PalLADIN, in dessen Laboratorium meine Yer-
auche ausgeführt worden sind, drücke ich meinen verbindlichsten
Dank aus.
St. Petersburg, Botanisches Institut der Universität.
27. J. M. Geerts: Über die Zahl der Chromosomen von
Oenothera Lamarckiana.
Mit Tafel VI.
Eingegangen am 18. April 1907.
Von den zahlreichen Arten der Gattung Oenothera ist bis jetzt
nur von einigen die Zahl der Chromosomen bestimmt worden.
BEER^) fand in Oenothera longiflora 14 Chromosomen.
Gates ^) studierte Oenothera lata und fand ebenfalls 14 Chromo-
somen.
Deshalb würde man bei Oenothera Lamarckiana auch 14 erwarten
können; aber GATES gibt für die Zahl der Chromosomen von Oenothera
Lamarckiana hybrida '20 an; und er meinte voraussetzen zu können,
dass Oenothera Lamarckiana deren auch 20 haben sollte.
In einer !Note (S. 109) kommt er auf diese Annahme zurück
und meint, dass die Zahl der Chromosomen bei Oenothera Lamarckiana
selbst wahrscheinlich wechselnd ist.
Gleichzeitig mit GATES studierte ich die Oenothera Lamarckiana.
Das Material, welches zum Teil im Versuchsgarten von Professor
Hugo de YRIES in Amsterdam, teils auf dem Oenotheren-Feld
zwischen Hilversum und 's Graveland (HUGO DE YEIES, Die
Mutationstheorie, Bd. L S. 187) gesammelt wurde, fixierte ich im
Jahre 1905.
In vegetativen Zellen fand ich 14, in generativen Zellen
7 Chromosomen.
Ehe ich meine Untersuchung zu beschreiben anfange, möchte
ich einige Ergebnisse aus der GATES'schen Abhandlung anführen.
Oenothera lata braucht bekanntlich eine Bestäubung mit Pollen
von Oenothera Lamarckiana., denn der Blüthenstaub der Oenothera
lata entwickelt sich nur kümmerlich, weil die meisten Mutterzellen
1) Beihefte zum Botanischen Centralblatt, Bd. XIX, erste Abteilung, Heft 2,
Seite 290.
2) The Botanical Gazette, Vol. XLIII, No. 2, Februar 1907.
192 J. M. Geerts:
degenerieren, wie es GATES zeigte. Wenn man die so entstandenen
Samen aussät, erhält man sofort 15 — 25 pCt. Oenothera lata und
75 — 85 pCt. Oenothera Lamarckiana (Mutationstheorie, Bd. I, S. 294).
Gates studierte diese Oenothera lata und diese Oenothera Lamarckiana
Jiybrida. Er sah in Oenothera lata neben der Spindel eigentümliche
Körperchen. Seite 91 sagt er: „In the latter stage, before segmen-
tation into chromosomes, there is frequently found, besides the
spirem, a ringshaped body of chromatic material exactly like the
spirem in thickness and staining power. This has evidently been
cut off from the spirem." Diese Heterochromosomen, wie GATES sie
nennt, sind in einigen Mutterzellen sichtbar, sie wandern dann in
die Tochterzellen und degenerieren hier im Cytoplasma. Daraus
werden sich also Pollenkörner ergeben mit verschieden grossem
Chromatingehalt. S. 110 sagt GATES: „These bodies are also found
in the 0. Lamarckiana, hybrid, in which they doubtless have the
same origin They probably represent discarded chromosomes, and
this is perhaps a means of lessening the number of chromosomes in
certain germ cells of the species. Some mother cells do not contain
them. In such cells the (sporophyte) count of chromosomes in
0. lata is fourteen and in the 0. Lamarckiana hybrid propably
twenty.
Bei meiner Untersuchung drang sich mir die Überzeugung auf,
wie ich oben schon mitteilte, dass die Zahl der Chromosomen von
Oenothera Lamarckiana 14 ist, wie meiner Ansicht nach aus den bei-
gegebenen Abbildungen hervorgeht.
Zuvor möchte ich noch einige Bemerkungen über das Zählen
der Chromosomen mitteilen.
Gewöhnlich w^ählt man dazu dünne Schnitte (3 — 5 fx). Man
bestimmt dann die Zahl der Chromosomen in den aufeinander folgen-
den Schnitten; nun hat man bei dieser Methode mit der Schwierig-
keit zu kämpfen, dass man nicht immer mit Sicherheit herausfinden
kann, ob man zwei Teile eines einzigen Chromosoms oder zwei ge-
sonderte Chromosomen sieht. Besonders ist dies der Fall, w^enn die
Form der Chromosomen ziemlich wechselnd ist. In dickeren Schnitten
(10 /t) hat man oft die Spindel vollständig, und man kann bei
Oenothera Lamarckiana, zumal wenn die Spindel hoch liegt, sehr gut
auf jeden Teil einstellen und ist also in der Lage, die Form der
Chromosomen ganz zu sehen. Bisweilen sind dann einzelne Chromo-
somen unter anderen versteckt, und man kann nicht ganz genau ent-
scheiden, wieviel es von ihnen gibt; doch jedenfalls ist es immer
deutlich zu sehen, dass sie einander verdecken, und lässt sich die
Zahl dann annähernd bestimmen.
Die Abbilduno-en auf Tafel VI sind angefertigt nach Schnitten
von Material, welches mit der starken FLEMMING'schen Flüssigkeit
über die Zahl der Chromosomen vou Oenothcra Lamarckiana. 193
fixiert worden ist; bei den Figuren 1, 8 und 9 war die Dreifach-
färbung nach FLEMMINCt verwendet, bei 2, 3 und 4 HEIDENHAIN'sche
Eis^jihämatoxylinfärbung und bei 5, 6 und 7 nur Gentianaviolett.
Fig. 1 ist eine vegetative Zelle des Filamentes einer jungen
Blüte; in der Äquatorialplatte liegen 14 stab- bis keulenförmige
Chromosomen, in der 3Iitte sieht man zwei kreuzweise liegen.
Fig. 2 ist eine vegetative Zelle einer Samenknospe, unmittelbar
unter dem Enibiyosack, welcher in der dritten Figur gezeichnet ist,
liegend; die Chromosomen befinden sich in der Aquatorialplatte, diese
ist aber im Schnitte schräg gestellt; an einer Seite wo die Chromo-
some dunkel gezeichnet sind, sieht man dieselben bei höchster, an
der anderen Seite bei tieferer Einstellung. Ebenso wie in Fig. 1
sind deutlich 14 Chromosomen vorhanden.
In Fig. 3 teilt die Embryosackmutterzelle sich; waiirscheinlich
die erste Teilung nach dem Synapsisstadium; die Chromosomen sind
dicht aneinander o-edrängt und fast alle sehr dick und eckig: ein
Chromosom ist länger, ein gebogenes Stäbchen darstellend; sie sind
hier 1— 2,u lang, während in den vegetativen Zellen die Länge um
2 fi beträgt. Fünf Chromosomen liegen hoch, vier etwas tiefer, vier
noch tiefer. Sie liegen augenscheinlich in zwei Reihen, in der
oberen Reihe liegt das linke hoch, dann zwei übereinander, wobei
das Stäbchen unten liegt, dann eins hoch, eins etwas tiefer und ein
drittes noch tiefer, der Unterreihe zugewendet noch eins tief. In
der unteren Reihe ist die Anordnuu"- wie folgt: A'on links nach
rechts, das erste tief, das zweite hoch, das dritte tief, das vierte
hoch, das fünfte tief, das sechste hoch. Es scheint oberhalb des
vierten Chromosoms noch eins zu liegen, aber dies war auch bei
der schärfsten Einstellung nicht genau zu ermitteln. Es gab also
im ganzen 13 — 14 Chromosomen. Die Spindel war ziemlich deutlich
zu sehen.
Fig. 4 ist eine derartige Zeichnung abermals aus einer Embryo-
sackmutterzelle; die Form der Spindel ist dieselbe wie in Fig. 3,
ebenso ist den beiden Polen je eine Reihe zugewendet. Sechs
Chromosomen liegen hoch, sechs tiefer, eins in der oberen Reihe
noch tiefer. In dieser Reihe liegt von links nach rechts das erste
tief, das zweite lioch, das dritte und das vierte tief, das fünfte noch
tiefer, das sechste und das siebente hoch; in der unteren Reihe von
links nach rechts, das erste tief, das zweite, ein gebogenes Stäbchen
darstellend, hoch, das dritte und das vierte tief, das fünfte hoch,
das sechste hoch und schon dem Pole genähert; das dritte, das
vierte und das fünfte liegen sehr dicht beisammen, so dass es sehr
wohl möglich ist, dass darunter noch ein Chromosom versteckt ist.
In Fig. 3 und 4 ist die Spindel sehr kurz im Vergleich mit der
Embryosackmutterzelle.
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV. \^
l'J4 J- M. GEERTS:
Fig. 5 ist die Spindel einer aiitheridinlen Archesporzelle vor
dem Synapsisstadium, denn die Tapetenzelleu sind einkernig und
von den anderen Zellen nur durch die regelmässige Anordnung ver-
schieden. Die Chromosome, welche im Begriff sind auseinander zu
wandern, liegen aber noch sehr dicht beisammen, so dass ihre Zahl
sich nicht genau bestimmen lässt. Bei verschiedener Einstellung
siud 26 bis 27 sichtbar. Wahrscheinlich gibt es also 14 Chromosomen,
deren jedes in zwei Stücke geteilt ist.
Fig. 6 stellt eine Spindel dar aus einer Pollenmutterzelle nach
dem Synapsisstadium. Es gibt deutlich 14 Chromosome, welche alle
dick und rundlich sind; die meisten liegen noch in der Äquatorial-
platte, aber sie fangen an auseinander zu w^eichen; nach oben fünf
Chromosomen, von denen zwei tief, drei hoch; in der ]\[itte sechs
hoch, zwei tief und nach unten eins tief. Zwei Chroniosomen, eins
der Ober- und eins der Mittelreihe, beide hochlieo-end, hängen an-
scheinend noch einigermassen zusammen, als hafteten sie an-
einander.
Fig. 7 ist eine ähnliche Spindel wie Fig. (!; die Chromosonien
sind schon weiter auseinander gerückt. Es fällt hier besonders die
eigentümliche Form der auseinander gewichenen Chromosomen auf;
sie sind nämlich einigermassen eingeschnürt, mehr oder weniger die
Form einer 8 annehmend, als seien sie lan"- ausgezogen. Die
Chromosomen, welche noch in der Mitte liegen, sind grössenteils
rund. Man sieht sieben hoch und sieben tiefer liegend. In den
Figuren 5 und 6 ist die Spindel sehr lang, und sie erstreckt sich
fast durch die ganze Zelle.
In Fig. 8 ist die Wand des Pollenkornes mitgezeichnet, bei der
ersten Teilung nach dem Synapsisstadium sind die Chromosomen
schon ganz auseinander gegangen, also eine späte Metaphase. Die
Chromosomen haben zum grössten Teile dieselbe eigentümliche ein-
geschnürte Form, wie in Fig. 7. An der oberen Seite liegen sechs
Chromosomen, an der unteren Seite sieben; die Spindel ist nur
schwer zu sehen.
In Fig. y ist die Wand des Kornes noch nicht verdickt; die
Chromosomen sind auf der Wanderung nach den Polen begriffen und
haben noch eine rnndliche Form. Es finden sich 14 Chromosomen,
neun hoch, fünf tief, von denen eins unter einem anderen teilweise
versteckt ist.
Ausserhalb der hier gezeichneten Spindeln habe ich noch zahl-
reiche andere Spindeln studiert; oft waren nicht alle 14 Chromosomen
sichtbar, aber alle Spindeln überzeugten mich, dass die Zahl jeden-
falls nicht grösser als 14 ist. Nur ein einziges Mal gab es augen-
scheinlich 17, aber in diesem Schnitte waren manche Kerne durch
das Messer zerstört.
über die ZmIiI der Chromosomen von Oonothera Lainarckiana. 195
Aus dem mitgeteilten Befunde ergibt sich somit, dass Oenothera
Lamarckiana 14 Chromosomen in den vegetativen und 7 in den
generativen Kernen hat.
Während GATES zwischen den Mutanten \'or\ Oenothera Lamarckiana
und dieser selbst Differenzen in der Zahl der Chromosomen anzu-
nehmen geneigt ist (GATES, S. 108), glaube ich schliessen zu dürfen,
dass, weil Oenothera lata auch 14 Chromosomen hat, wie GATES
mitteilt, wenigstens bei dieser Mutation die Zahl der
Chromosomen sich niciit verändert.
Welches die Zahl der Chromosomen der anderen 3Iutanten ist,
hoffe ich später mitteilen zu können und ebenso, ob Oenothera
Lamarckiayia /ii/brida wirklich 20 Chromosomen hat, wie GATES be-
hauptet.
Erkläruiiff der Abbilduiiffeu.
Sämtliche Fi:,'uren wurJcn nach Mikrotomschnitten (10 /<) mit Hilfe eines
Zeichenapparates von REICHERT gezeichnet, unter Anwendung der ZEISS'schen
apochr. homog. Imm. 2,0 nun und Com]). -Okular 18. V'ergr. 2250, Vergr. der Ab-
bildungen ± 3250.
In den meisten Figuren ist, um sie alle auf einer Tafel unterzubringen, nur
die Spindel gezeichnet.
Fig. 1. Kern einer vegetative)! Zelle des Filamentes einer jungen Blüte
14 Chromosomen in der Äquatorialplatte.
Fig. 2. Kern einer Zelle aus der Samenknospe, unmittelbar unter der Embrjo-
sackmuttorzelle liegend. 14 Chromosomen in der schräg liegenden
Äquatorialplatte.
Fig. o. Spindel einer Euibrjosackmutterzelle, am Anfang der Metaphase der
ersten Teilung nach dem Synapsisstadium. 13 Chromosomen sichtbar.
Fig. 4. Ähnliche Spindel wie Fig. 3, ebenso 13 Chromosomen deutlich wahr-
nehmbar.
Fig. 5. Spindel einer anthcridialen Archcsporzelle vor dem Synapsisstadium.
Von den 28 Chromosomen sind bei verschiedener Einstellung 2G— 27
sichtbar.
Fig. 6. Sj)iudel einer Pollenmutterzelle aus einem Längsschnitte einer Anthere,
nach dem Synapsisstadium. Es sind deutlich 14 Chromosomen zu sehen.
Fig. 7. Ähnliche Spindel wie in Fig. G, eiienso 14 Chromosomen.
Fig. 8. Diaster der Spindel einer Pollenmutterzelle aus einem Querschnitte einer
Antliere. An jedem Pole sind die Chromosomen in reduzierter Zahl wahr-
nehmbar, oben 6, unten 7.
Fig. 9. Spindel einer Pollenmutterzelle aus einem Querschnitte einer Anthere.
Anfang der Metaphase. Es sind 14 Chromosomen zu sehen.
14=*
19G S. Rywosch:
28. S. Rywosch: Über die Pallisadenzellen.
Mit Tafel VII.
Eingegangen am 19. April 1907.
Die physiologische Anatomie des Assimilationssystems (Chloro-
phyllgewebes) ist von verschiedenen Standpunkten behandelt worden.
Stahl hat die Intensität der Beleuchtung, HaberLANDT die Stoff-
ableitung auf kürzestem We^'e neben der Wandfltächenverorösseruno-
berücksichtigt. AresCHOUG betrachtet den Feuchtio-keitso-rad des
Standortes, besonders des geographischen Standortes, als Hauptagens
bei der Ausbildung verschiedener Formen der Zellen im grünen Gewebe.
Bekanntlich ist STAHL durch seine Beobachtunoen über den
Ortswechsel der Chlorophyllkörner, welche eine Erweiterung der
Untersuchungen von BOEHM, FaMINTZIN und BORODIN sind, zu
seiner bekannten Erklärung der verschiedenen Zellformen des
Chlorophyllgewebes veranlasst worden.
Was den anatomischen Bau des Blattes betrifft, so gehen STAHL's
Beobachtungen und Auffassung dahin, dass Schattenpflanzen ihr
Pallisadenparenchym reduzieren und das breitere Schwammparenchym
prävalieren lassen. Das Blatt bildet auf der Oberseite, als Sonnen-
seite, Pallisadenzellen, und die Unterseite, als Schattenseite, führt
Schwammparenchymzellen. Kurz gesagt: ,,Die Pallisadenzellen sind
die für starke Lichtintensitäten, die flachen Schwammzellen die für
geringe Intensitäten angemessene Zellform". (3, S. 4.)
Auch findet STAHL, dass seine Ansicht sich mit der von
ARESCHOUG wohl vereinbaren lässt, dass sie sich sogar gegenseitig
bestätio'en.
ARESCHOUCt fand nämlich, dass in trockenen Klimaten bezw.
Standorten das Pallisadenparenchym stark entwickelt ist; das
Schwammparenchym dagegen entfaltet sich zu einem mächtigen Ge-
webe gerade an schattigen Standorten. Er erblickt in den Pallisaden-
zellen einen Schutz gegen zu starke Verdunstung. STAHL formuliert
die ARESCHOUG'sche Theorie folgendermassen: „Dieses letztere
(Schwammparenchym) betrachtet er als das eigentliche transpira-
torische Gewebe, welches besonders starke Ausbildung zeige bei
Pflanzen feuchter Klimate; wenn aber die lokalen oder klimatischen
Verhältnisse eine lebhafte Transpiration nachteilig machen sollten,
wird diese moderiert durch das Auftreten eines Pallisadenparenchyms."
Ausser einer Keihe von deutschen Forschern haben sich besonders
über die Pallisadcnzellon. 197
französische Botaniker dieser Theorie angeschlossen. Besonders
deutlich finden wir es von LOTHELIER ausgesprochen. „L'influence
de Tombre est le plus souvent parallele a celle de rhumidite de
Fair" (S. 137). Hier sehen wir bereits, so zu sagen, die StaHL-
und ARESCHOUG'sche Theorie vereinigt.
"Wie schon erwähnt hat HabEELANDT die Anatomie des Chloro-
phyligewebes nach zwei Hauptprinzipien einzuteilen versucht :
1. Stofifableituug auf kürzestem Wege und
"2. A^eroTösserung der Zellwandflächen.
In seiner zweiten Abhandlung sucht HaBERLANDT die Unhalt-
barkeit der STAHL'schen Theorie zu beweisen. Unter anderem weist
er nach, dass die der Blattfläche parallel verlaufenden Pallisaden-
zellwände eigentlich nur dann von Chlorophyllkörnern frei sind,
falls sie an andere Zellen mit diesen Wänden grenzen. Wenn sie
aber frei enden, mögen sie sogar fast direkt unter der Epidermis
enden, sind auch diese Wände mit Chlorophyllkörnern belegt. Ich
bemerke hier, dass ich diese Angabe bestätigen kann, denn vielfach
habe ich diese Erscheinung bei Blättern mit Spaltöff'nungen auf der
Oberseite beobachten können.
Was HABERLANDT besonders gegen STAHL anfülirt, ist der
Kranztypus, d. i. die Lagerung der Pallisadeuzellen um das leitende
Gewebe, wobei alle Zellen, nach welcher Himmelsrichtung sie auch
schauen mögen, dennoch etwa die gleiche gestreckte Form haben.
Also trotz verschieden empfangener Lichtstärke eine gleiche Streckun«;
der grünen Zellen!
Diese Theorien, welche vor fast fünfundzwanzig Jahren auf-
gestellt sind, stehen sich noch heute gegenüber. W^ir wollen im
Folgenden durch einige neue Beobachtungen versuchen, die ge-
nannten Theorien in einigen Punkten zu bekräftigen, andererseits
aber auch einige neue Gesichtspunkte einzuführen.
Die Ähnlichkeit im anatomischen Bau des Schwammparenchyms
der Blattunterseite mit dem Mesophyll eines Schattenblattes über-
haupt führte Stahl zum Schluss, dass ausser vom Licht diese
Ähnlichkeit im Baue von der Transpiration abhängig sei. Wie
schon erwähnt, soll das Schwammparenchym das transpiratorische
Gewebe darstellen. Ich glaube, dass dieser Vergleich auf Schwierig-
keiten stossen muss. STAHL führt die wohlbekannte Tatsache an,
dass die Schattenblätter viel dünner sind und zugleich auch „dünn-
häutigere Oberflächen bieten" (3), Im Bau des Schwammparenchyms
den Pallisaden gegenüber liegt eine sehr verbreitete Erscheinung
198 S. RYWOSCH:
vor. Im allgemeinen ist das erstere das dickwandigere Ge-
webe im Yergleich mit dem Pallisadenparenchym. Das
Mesophyll des Schattenblattes dagegen im A'^ergleich zum
Sonnenblatt ist, wie schon erwähnt, dünnwandis:. Ich führe als
Beispiel Evonymus japojiieus an.
Bei vielen Coniferen ist im Mesophyll Kalkoxalat gefunden,
welches die Membranen imprägniert (Graf SOLMS-LaubacH). Es
lässt sich feststellen, dass da, wo sich pallisaden ahn liehe Zellen
finden, diese sehr wenig, fast gar keine Kristalle in ihren
Wänden führen, während die Schwammparenchymzellen
solche in reichem Masse aufzuweisen haben. AVir finden
diese Erscheinung z. B. bei den Cephalota^ius- Arten gut ausge-
sprochen. Mittelst des Polarisationsapparates ist diese Tatsache
leicht festzustellen. — Die dicken Wände aber setzen selbstredend
die Transpiration herab. Somit sind die Schwammparenchymzellen
schon aus anatomischen Gründen nicht zu den speziell für starke
Verdunstung berechneten Zellen zu zählen. ARESCHOÜG (2, S. 17),
welcher verdickte Zellwände im Zentralgewebe einiger Succulenten
gefunden hat, gibt zu, dass in solchen Fällen die Transpiration von
den Pallisadenzellen besorgt wird. Da aber die Verdickung der
Schwammparenchymzellen eine recht verbreitete Erscheinung ist, die
Verdickung ihrer Membranen aber im Vergleich zu denjenigen der
Pallisaden, wenn es sich nicht um spezielle Einrichtungen handelt
(z. B. Wassergewebe) allgemein zu sein scheint, so ist dieses Ge-
webe als ein gegen Transpiration wohlgeschütztes Gewebe zu be-
trachten.
Die früher erwähnte Tatsache, dass in den Blättern der Cepha-
lotaxus wie auch z.B. hei Abies Nordmaniiiana die Schwammzellen
meist verkalkte Membranen haben, lässt entschieden eine be-
deutende Verminderung der Transpiration vermuten. So soll ja die
Kalkablagerung der Epidermis die Verdunstung stark herabsetzen.
(BUEGERSTEIN, S. 208. Dort die Literatur.)
Wir wollen jetzt die Frage zu behandeln suchen, wie sich die
Grösse der Transpiration von Schattenblättern zu derjenigen von
Sonnenblättern verhält und andererseits, in welchem Verhältnisse
die Transpiration vom Schwammparenchym zu dem des Pallisaden-
gewebes im selben Blatte steht.
Stahl (3) zitiert die Angaben von V. HÖHNEL und sagt dabei
,,so begreift man leicht warum, wie V. HöHNEL nachgewiesen hat,
unter sonst gleichen Bedingungen die Schattenblätter viel mehr
transpirieren als die Sonnenblätter". Das Schwammparenchym eines
bilateralen Blattes findet sich bei normaler Blattstellung im Schatten,
d. i. das Licht gelangt zu ihnen in sehr geschwächtem Grade, denn
so\\ohl das Licht als solches, wie auch durch die Strahlen erzeugte
Über die Pallisadcnzellcn. 199
Wärme wird selir stark von den chlorophyllreichen Pallisaden ab-
sorbiert.
Man kann aber auch die Blattunterseite und Oberseite in aleiche
Tra^spirationsbeding•un^en bringen. Man kann gleiche Blätter oder
Blatthälften mit der Oberseite bezw. Unterseite gegen die Sonne
wenden.
Es liegen einige A'^ersuche vor, die diese Frage berühren.
GRIFF(^N fand bei einer Versuchsreihe, dass die Blätter, welche er
mit der Unterseite gegen die Sonne kehrte, weniger Wasser ver-
loren, als in normaler Stellung' Er variierte den Versuch und fand
wieder das umgekehrte Verhältnis.
Bürgerstein, welcher solche Versuche ebenfalls gemacht hat,
fand bei starker Insolation eine stärkere Transpiration bei direkt
beleuchteter Oberseite, bei zerstreuter Tao-esbeleuchtuno' dac^etjen
verdunsteten energischer die mit der Unterseite nach der stärkeren
Lichtquelle gekehrten Blätter. BüRGERSTElN nimmt an, dass die
Spaltöffnungen sich vielleicht etwas verengen, wenn sie direkt dem
Lichte ausgesetzt werden. Die Erklärungen von GRIFFON über die
verschieden ausgefallenen Versuche führe ich nur kurz an. Es
liegen ihnen zwei wenig berechtigte Annahmen zugrunde: L Die
geringe Absorption der Lichtstraiilen durch die Pallisaden und
"2. dass die Pallisaden ihr Wasser direkt aus den tJefässen auf-
nehmen. Was die erste Annahme betrifft, so ist Tatsache, dass das
chlorophyllreiche Pallisadengewebe bedeutend stärker das Licht und
die W^ärme absorbiert, als das Schwammgewebe; denn der Farb-
stoff, welcher diese Eigenschaft in so hohem Masse besitzt, ist in
letzterem weniger als im Pallisadengewebe vorhanden. Auch sitzen
die Pallisaden den Gefässen nicht direkt auf.
Bei Bestimmungen der Transpiration der Pflanzen ist die
Methode mit ganzen beblätterten Exemplaron, wobei die Blätter im
Zusammenhange mit der Pflanze bleiben, wohl die einzig richtige,
um die wirkliche Verdunstung unter normalen Lebensbedingungen
der Pflanze zu ermitteln.
Um die relative Verdunstung normal bezw. invers gestellter
Blätter zu bestimmen, schien mir die Methode mit aboeschnittenen
Blättern die geeignetere. Man kann nämlich in diesem Falle ganz
gleiche Blätter untereinander vergleichen. Ausserdem aber fällt die
gegenseitige Beschattung der Blätter fort, und so kann man für
kurze Zeit völlig gleiche Verhältnisse schaffen. Ich experimentierte
immer mit Blättern, die nicht nur ein und demselben Spross ent-
nommen waren, sondern zugleich die benachbarten waren, bei ge-
teilten Blättern die entsprechenden Blättchen; im ganzen also waren
es möglichst gleiche Verdunstungsobjekte. Die Versuche wurden
zumeist um die Mittagsstunde aus;>eführt. Die Blätter wurden auf
200 S. RYWOSCH:
graue Pappe gelegt, manchmal aber so durch eine Stecknadel an-
gebracht, dass etwa ein Zentimeter breiter Raum sich zwischen dem
Blatte und der Pappe bildete (natürlich alles möglichst gleich für
die iiivers und normal gelegten Blätter).
Ich habe im ganzen viel geringere Werte erhalten, als die
beiden genannten Autoren, d. h. die evaporierte Wassermenge ver-
schieden gelegter Blätter blieb fast dieselbe. Bei der Birke, wo
mehrere Blätter verglichen wurden, betrug, wenn man die Menge
der normal gelegten Blätter = 100 setzt (wie wir es hier
immer tun werden), die verdunstete Wassermenge für pervers
gelegte in verschiedenen Fällen 98, 97, andererseits aber auch 100.
Sehr ähnlich verhielteu sich Tmpatiens par;-?/?oro-Blätter. Manchmal ist
man geradezu überrascht durch die sehr geringen Unterschiede, die
man gefunden hat. So war der Unterschied der Verdunstung bei
zwei Blättchen eines Blattes der Gartenerdbeere etwa 0,2 pCt.
Eine grössere Depression der Ausdunstung zeigten dagegen Evonij-
mus japonicus und Eriobotnjajaponica. Bei ersterer sank sie in perverser
Lage bis 86, bei der anderen dagegen bis etwa 92, und zwar wieder-
holte sich dieses Verhältnis recht konstant. Möglich ist es wohl,
dass dieses Verhalten dieser Pflanzen durch das ausgesprochen dick-
wandige Schwammparenchym zu erklären ist.
Es ergibt sich also, dass Schattenblätter, in gleiche Beleuchtungs-
verhältnisse gebracht, viel mehr verdunsten als Sonnenblätter
(V. HÖHNEL). — Bringt man dagegen, wie die angeführten Versuche
zeigen, dörsiventrale Blätter in gleiche Bedingungen der Beleuchtung
für die Ober- bezw. Unterseiten, so ist die Verdunstung geringer
da, wo die Schattenseite vom Licht begünstigt ist. Eine
Analogie zwischen Schattenblatt und Schattenseite (Blatt-
unterseite, Schwammparenchym) eines Blattes ergibt sich eben
nicht.
Und wenn die grosse Verdunstungsfähigkeit der Schattenblätter
nicht zu verkennen ist, so verdunsten sie unter den in der Natur
gegebenen Bedingungen viel weniger, als Sonnenblätter. HeSSEL-
MANN fand, dass die Sonnenblätter an ihren natürlichen Standorten
drei- bis acht-, sogar bis zehnmal mehr verdunsteten, als die im
Schatten verharrenden Schattenblätter. (Diese Angabe zitiere ich
nach Bürgerstein, S. 94.)
Ich selbst fand bei der Linde bei Versuchen, die ich im
Sommer 1900 anstellte, die Verdunstung der Sonnenblätter in
der Sonne häufig zehnmal grösser, als die Verdunstung der
Schattenblätter an ihrem natürlichen Standorte. Bei der
geringen Verdunstung der Blattunterseite, welche jedenfalls nicht
höher ist, als die der Oberseite, wird das untere Gewebe unter
den in der Natur gegebenen Bedingungen um viele Mal
über die PallisaflciiZfllen. "201
weniger verduiisteD, als die der Sonne zugekehrten Ober-
seiten.
Mit der Frage der Pallisaden- bezw. Schwammparenchyinbiklung
beschäftigte sich auch KOHL in seiner „Transpiration der Pflanzen".
Seine Versuche ergaben, dass unter trockenen Glocken, wo die Ver-
dunstung natürlich grösser war, eine grössere Streckung der
Pallisaden zu beobachten war. Wie er diese Erscheinung erklärt,
zeigen folgende Zeilen, welche auch EBERDT anführt. Es heisst da:
„Es ist nicht schwer einzusehen, weshalb gerade die Transj)irations-
bedingungen so mächtig auf die Gestaltung der Pflanzen einwirken
müssen, ist doch die Transpiration der Prozess, welcher die
Turgescenz jeder Zelle, jedes Gewebes beherrscht, die Turgescenz
aber wieder die Erscheinung, die das Membranwachstum aller Zellen
reguliert. Kann eine Pflanze wenig transpirieren und doch genügend
Wasser durch die Wurzeln oder andere Organe aufnehmen, wie die
Pflanzen feuchter Standorte, was ist natürlicher, als dass sie ihren
Zellen mehr Wasser zu-, als aus diesen ableitet, die Wasserbilanz
ist eine günstige; das steigert die Turgescenz, diese das Flächen-
wachstuni der Zellmembranen, die Zellen bleiben dünnwandig, sind
abgerundet, lassen grosse Intercellularräume zwischen sich oder
schwellen so an, dass sie sozusagen in der Epidermis keinen Platz
mehr haben, es entsteht tangentiale Abplattung der Oberflächen-
zellen. Eine stark transpirierende Landpflanze dagegen gibt viel
Wasser ab, der Zellturgor wird selten oder nie so gross wie bei
jener Pflanze, die Zellwänle werden weniger gedehnt, sie wachsen
mehr in die Dicke und können sich in radialer Richtuno- am meisten
ausdehnen usf." (KOHL, S. 95).
Diese Erklärung der Pallisaden und Schwammzellen teilt voll-
ständig EberDT; S. 48 (1) führt er die oben zitierte Stelle an und
gibt seiner Übereinstimmung mit dem ausgesprochenen Gedanken
Ausdruck.
Ich muss hier wiederum darauf hinweisen, wie schwer ein Ver-
gleich eines Schattenblattes und des Schwammgewebes einerseits,
und des Pallisadenoewebes und eines Sonnenblattes andererseits
durchzuführen ist. Und gerade die verschiedene Verdickung
der Membranen schliesst den Vergleich aus. Was aber die
Hauptthese dieser Erklärung betrifft, so hat es mir nie klar werden
können, weshalb die wasserreichen Schwammparenchymzellen mit
dem starken Turgor nicht die Kraft haben sollen, sich zwischen den
Epidermen zu strecken, das schwach turgeszierende Pallisadengewebe
aber mit Leichtiokeit das Hindernis überwindet? Und müssen denn
wirklich stark turgeszierende Zellen grössere Zwischenzellgänge
zwischen sich lassen, als schwächer turgeszierende? Ich fasse kurz
die von den beiden Autoren vertretene Ansicht zusammen, dass
202 S. RYWOSCH:
Wasserreichtum — Schwamm-, Wasserarmut — Pallisadeageweb-
bildung" nach sich ziehe. EbeRDT firnlet noch ausserdem, dass nicht
nur mit der Transpiration, sondern zugleich auch mit der Assimi-
hrtion die Streckung Hand in Hand geht. Er sieht, entgegen
ARESCHOUCt, in den Pallisaden kein Schutzgewebe gegen Transpiration.
— HeSSELMANN (19) fand, dass Pflanzen mit Pallisaden mehr Ter-
dunsteten als solche, bei welchen dieses Gewebe nicht ausgebildet
war. Er meint S. 442: ,,Die Auffassung des Paliisadenparenchyms
als eines transpirationshemmenden Gewebes ist durch die Tran-
spirationsversuche auf jeden Fall nicht bestätigt worden."
So wenig das Schwammparenchym als spezifisches Transpirations-
gewebe betrachtet werden kann, ebenso findet sich aucli manche
Schwierigkeit, wenn wir ihis Pallisadengewebe als Schutz gegen
Transpiration ansehen wollen. Ausser den eben erwähnten Versuchen
von HESSELMANN mache ich hier auf die Beobachtungen von
HaBERLANDT und YOLKENS aufmerksam.
Es finden sich nämlich in unserer Flora (tiABERLANDT 2), wie
auch in der Wüstenflora Pflanzen mit sehr lockerem Parenchym,
trotz der gestreckten Form der Zellen. Das Pallisadengewebe
braucht eben niclit gerade ein dichtes Gewebe zu sein. Was aber die
Streckung der Pallisadenzellen, d. h. eigentlich das Ausbleiben von
tangentialen Wänden betrifft, so wüsste ich nicht, weshalb dies eine
Verminderung der Transpiration nach sich ziehen soll?
Wenngleich die Cellulosewände nicht einmal verglichen werden
können mit den Korkzellen in bezug auf ihr Schutzvermögen gegen
Transpiration, so sind sie doch gegenüber dem Zellinhalt ein
schützendes Organ, und die Bilduni»' von Tangentialwänden nach dem
Muster des spezifischen Schutzgewebes gegen Transpiration sollte
auf keinen Fall, wenn es sich um solchen Schutz handelt, gerade
verworfen werden. Aber der entgegengesetzte Bau und die
entgegengesetzte Anordnung der Membranen kann doch auf
keinen Fall als Beweis einer Schutzvorrichtung gelten.
Oben ist schon erwähnt worden, dass STAHL seine Theorie auf
der vorteilhaften Verteilung der Chlorophyllkörner gebaut hat Es
ist wohl im allgemeinen auch häufig zu beobachten, dass Sonnen-
blätter ein besser entwickeltes Pallisadenparenchym haben als die
Schattenblätter. Allein es gibt viele Einwände gegen die Erklärung,
die Streckung hinge nur von der Richtung und Intensität der
Sonnenstrahlen ab. So weist HABERLANDT darauf hin, dass erstens
die Blätter unter den in der Natur gegebenen Verhältnissen selten
unter einem rechten Winkel getroffen werden. Ausserdem aber
finden wir häufig, besonders bei unseren krautartigen Gewächsen,
dass die Pallisaden zur Fläche des Blattes nicht senkrecht stehen
und so, trotz verschiedener Anordnung und trotzdem die Licht-
über die l'allisadonzellon. 203
strahlen entscliieden unter geneigtem AVinkel empfangen werden, ist
(loch ein starkes Pallisadengewebe entwicdvelt. Dass die Streckung
glicht durch die Beleuchtung allein bedingt wird, nehmen natürlich
alle Forscher an, welche der Transpiration einen bedeutenden Ein-
fluss beimessen. So sagt z. B. EbeeDT (1, S. 51): ,,Denn wie ich
bei schwacher Transpiration, aber doch starker Beleuchtung, meist
eine tangentiale Streckung und Lacunenbildung bemerkte, so findet
man, sobald man starke Transpiration herbeiführt, das Bestreben
der Zellen, sich mehr radial zu strecken und lückenlos aneinander
zu legen." Dass HaBERLANDT den Kranztypus als Argumentation
gegen STAHL anführt, wurde schon oben erwähnt. — Wir haben
also Gelegenheit gehabt uns zu überzeugen, dass. trotz der vielen
Beobachtungen, die endgültige Entscheidung dennoch nicht ge-
fällt ist.
Ich will versuchen, einige Erwägungen und Beobachtungen an-
zuführen, welche es vielleicht ermöglichen werden der Lösung der
Gegebenen Frage etwas näher zu kommen.
Das Prinzip, welches der gestreckten Pallisadenform zugrunde
liegt ist, meiner Ansicht nach, die Wasserleitung. Die Stoff-
leitung allein reicht tatsächlich nicht aus, um alles zu erklären; die
AVirkung des Lichtes wie der Transpiration ist ja genügend von
verschiedenen Forschern festgestellt.
Es gibt viele Fälle, wo die äusseren Bedingungen sowohl starkes
Licht, als auch bedeutende A^erdunstung ermöglichen, und
dennoch keine Bildung von Pallisaden erfolgt. Weder hat hier
das Licht, noch das Bedürfnis eines Transpirationsschutzes ein
Pallisadengewebe produzieren können. Ich meine die Succulenten.
Ich finde doch keine Pallisaden z. B. bei den Eclieveria^ bei den
Mesembri/ant/iemum^ Agave usw.
In unserer Flora vermissen wir ein solches bei den an trockenen
Orten lebenden Sempervicum- Äxten und auch bei dem auf trockenen
und seimigen Standorten lebenden Sedum acre. Also gerade an den
Orten, wo sich die bestentwickelten Pallisaden finden, sehen wir
Pflanzen mit sehr unterdrückter Entwicklung dieses Gewebes. Diese
Erscheinung ist, meiner Meiiiung nach, auf folgende Art zu er-
klären: "Während Blätter von gewöhnlichem Bau, bei uns z. B. die
Centaureen (HEINRICHER), auf sonnigen Standorten faktisch viel
verdunsten, so ist die tatsächliche Ausdunstung des Chlorophyll-
gewebes der succulenten Pflanzen, dank der Yerminderung der
Oberfläche, den schleimreichen Zellen usw., sehr herabgesetzt, und
die Wasserleitung ist gering. Wie sehr gerade die Wasserleitung
mit der Streckung im Zusammenhang steht, beweisen auch
zum Teil die Wasserpflanzen. Die untergetauchten Blätter haben
204 S. RYWOSCH:
nie Pallisaden. Man könnte natürlich die Sache durch schwache Be-
leuchtung zu erklären suchen.
COSTANTIN hat aber nachgewiesen, dass die Lichtnienge ge-
nügend ist bei Pflanzen, welche sich nicht unter Wasser befinden,
Pallisadenbildung hervorzubringen. Andererseits sehen wir, dass
gerade Wasserpflanzen zugleich stark entwickeltes Pallisadengewebe
haben. Das sind aber die Schwiinmblätter, welche diesen Bau
aufweisen. YOLKENS (1) hat eine bedeutend stärkere Entwickelung
bei der Wasserforni, als bei der terrestren von Pohjgonum amphibium
gefunden. Diesen Fall erklärt VOLKENS durch den Einfluss der
Beleuchtung. So sagt er (1): „Die Schwimmblätter beschatten sich
weder selbst, noch werden sie durch andere Pflanzen beschattet,
ihre wagerechte Lage setzt sie ausserdem der vollen Einwirkung
des Sonnenlichtes aus." '*'
Ich habe nach terrestrischen Exemplaren gesucht, welche ganz
frei und unbeschattet wachsen. Auch solche ero-aben länoere
Pallisadenzellen im Veroleich mit der Wasserform. Die oeo-enseitioe
Bedeckung der Blätter kommt hier insofern fast gar nicht in Be-
tracht, da sie sehr voneinander entfernt, die oberen ausserdem
auch kleiner sind. Es haben Wasserpflanzen aber gut entwickeltes
Pallisadengewebe, wenn sie nicht untergetaucht sind. Es ist hier
wieder ein Verhältnis, welches an die Standorte der succulenten
Pflanzen erinnert: in ein und demselben Medium haben wir die
bestentwickelten Pallisaden und eine fast völlige Unterdrückung der-
selben. In keinem Falle handelt es sich natürlich bei den Wasser-
pflanzen um Herabsetzung der Verdunstung. Die tatsächliche
Transpiration, welche eine gesteigerte Wasserleitung zur Folge
hat, ist die Bedingung' der Pallisadenbilduno-. Da aber
mit der Feuchtigkeit des Substrates die Transpiration zunimmt
(FiTTBOGEN und andere, vgl. BüRGERSTEIN, daselbst die Literatur),
so ist ein Wasserblatt, welches nicht untergetaucht ist, ein sehr
stark transpirierendes Objekt. Ich glaube, dass Versuche unter Be-
dingungen gleicher Beleuchtung und gleicher Luftfeuchtigkeit, bei
verschieden feucht gehaltenem Boden, die Frage aufklären könnten.
Einen ähnlichen Versuch in der uns interessierenden Frage, bei
sonst normalen Verhältnissen, hat schon MeR angestellt. Aber er
gibt nicht an, wie die Länge der Zellen ausgefallen ist. Ich stellte
meine- Versuche hauptsächlich an Sedum-Axtaw an, weil diese
Pflanzen in trockenem, wie in feuchtem Boden gut gedeihen.
Die grösste Keihe der Versuche machte ich mit Sedum
Majcimoioiczi. Eine grosse Reihe von Exemplaren wurde in grossen
Töpfen gezogen. Ein Teil der Pflanzen erhielt immer grosse
Quantitäten von Wasser, ein anderer dagegen sehr w^enig Wasser;
ausserdem aber begoss ich einige andere Exemplare mit ver-
über die PallisadenzpUcn. 205
schiedenen Wassermengen, wobei weder das Maximum der feuchten
Töpfe, noch das Minimum der trockenen erreicht wurde. Und ich
^nuss sag-en, dass auch der Bau dieser Pflanzen etwa eine Zwischen-
stufe der Extreme der sehr trockenen bezw. feuchten Pflanzen
zeigte. Der Unterschied im Bau der trockenen und der feuchten
Pflanzen ist, wie Fig. 1 und 2 ersehen lässt, für die Pallisadenlagen
sehr in die Augen fallend. Die Zellen beider Reihen der feuchten
Pflanze ist sehr stark in die Länge senkrecht zur Blatt-
fläche gestreckt. Im trockenen Blatte dagegen ist die
Streckung kaum angedeutet. Es ist ersichtlich in wie hohem
Masse die Leitung des Wassers in feuchtem Boden stärker ist und
wie die Ausbildung des Pallisadengewebes, die sich in der Streckung
der Zellen kundgibt, mit dieser Erscheinung Hand in Hand geht. —
Fig. 3 zeigt uns einen Querschnitt durch ein Blatt von Asphodelus
luteus.
Wir sehen hier das dunkelgrün gefärbte Gewebe (in der Ab-
bildung schraffiert) aus kürzeren Zellen zusammengesetzt als das
hellere Gewebe. Diese verschieden gestreckten Zellen könnten hier
durch stärkere und schwächere Beleuchtung nicht erklärt werden,
denn alle Zellen sind dem Lichte gleich ausgesetzt. Mit der Stoff-
ableitungstheorie (HaberlaNDT) kommt dieser Bau eigentlich in
Kollision. Die chlorophyllreicheren Zellen sind gar die kürzeren,
und die Leitung in den chlorophyllarmen ist entschieden in
diesem Falle die bessere. Solche Bildunoen kommen mehrfach
vor. In solchen Fällen sind die gestreckten Zellen die wasser-
reicheren, und die Funktion der AVasserleitung wird mehr oder
weniger in den Vordergrund gerückt, zugleich aber die Assimilations-
tätigkeit durch geringeren Inhalt an Chlorophyll geschwächt.
ÄlONTEMARTINI führt einen ähnlichen Fall für Euphorbia splendens
(Fig. 8 seiner Tafel) an. Er sucht die Erklärung dieser Erscheinung
in dem Einfluss der Nähe der Spaltöffnungen, da bei Eiqjhorbia die
kurzen chlorophyllreichen Zellen sich in der Nähe der-
selben finden. Unsere Abbilduns; zeio-t aber o-erade den um-
gekehrten Fall: hier sind die der Spaltöffnung näher gelegenen
gerade die längeren, und der Einfluss der Spaltöffnungen kann
natürlich nicht für diesen Bau verantwortlich gemacht werden.
Wir haben aber in beiden Fällen wasserreiche Zellen, welche
einen Teil der Chlorophyllkörner verloren und ihre Funktion ein-
gebüsst haben — sich zugleich gestreckt haben, um der Wasser-
leitung besser dienen zu können. AVie Mesophyllzellen in spezielle
Wasserelemente übergehen, dafür haben wir mehrere Beweise. Bei
den Capparideen fand YeSQUE, dass unter den Mesophyllzellen sich
solche finden, welche nicht nur ihren Chlorophyllgehalt völlig auf-
gegeben haben, sondern die zugleich auch netzförmige Verdickung
'206 S. RYWOSCH:
erhalten, die Holzelenienteii ähnlich sind. Ganz in wasserleitende
Elemente sind die Querpareuchymzellen bei den Fodocarjms- Arten
mit breiten Blättern über^e2:anoen. Diese Elemente haben an ihren
CO o
Wänden zweiseitige Hoftüpfel (Fig. 4). SCHEIT's Angabe ZIMMER-
MANN gegenüber, dass sie unbehöft sind, kann ich nicht teilen, denn
dass sie wirklich behöfte Tüpfel führen, lässt sich auch daraus
schliessen, dass wir zwischen diesen Elementen und den lebenden
Zellen einseitige Hoftüpfel konstatieren können. In den quer-
gestreckten Mesophyllzellen der Taxineen, wie auch in den
Cycadeenfiedern müsste man mit HABERLANDT natürlich Zuleitungs-
gewebe sehen. Allein, da sich mit zunehmender Breite des Blattes
die quergestreckten Zellen immer mehr und mehr in farblose,
wasserführende Elemente verwandeln, bis sie in den ganz breiten
den höchsten Grad ihrer Umwandlung erreichen, zeigt es sich zur
Genüge, wie sehr unter Leitung im Mesophyll auch Wasserleitung
mit einbegriffen werden muss.
Ihre wichtige Nebenfunktion der AYasserleitung wird zur Haupt-
funktion. Es entstehen Trache'iden, also typische Wasserelemente.
Die l'odocajyus- Arten sind noch insofern interessant und lehrreich,
als sie ihre Wasserelemente beim Fehlen von Quertracheiden in
das Chlorenchym eingreifen lassen. Die schmalblättrigen nämlich
haben, wie sonst die Coniferen, um das Leitbündel des Blattes eine
Scheide; innerhalb dieser Scheide finden sich natürlich auch die
Tracheidensäume, w^elche zu beiden Seiten des Bündels liegen. Bei
den breitblättrigen, z. B. Podocavpus latifolia., liegt auch diese
reo'elmässige Anordnung vor. Nur kommen hier Quertracheiden
ausserhalb der Scheide hinzu. Bei einer mittelbreiten Art,
Podocarpus ehngata, fand ich folgenden Bau: Es hat sich hier kein
Quertracheidensystem ausgebildet, die Tracheidensäume selbst
aber springen sehr weit in das Chlorophyllgewebe nach
rechts und links vom Nerven ein, und das Merkwürdige
dabei ist, dass, um diesen Ersatztracheiden die Möglich-
keit in das wasserbedürftige Gewebe einzutreten zu geben,
die sonst gerade an den Flanken nie fehlende Scheide
sich an diesen Stellen auflöst. — Ein anderer Fall, wo die
Streckung ganz klar im Dienste der Wasserleitung steht, ist bei
einigen Schwimmblättern zu finden. Fig. 5 zeigt uns einen Quer-
schnitt durch ein Schwimmblatt von Potamogefon nutuns. Wir sehen,
dass die unteren Zellen, ebenso wie die der Oberseite, gestreckt
sind, — es sind sozusagen isolateral gebaute Blätter, aber es fehlen
hier natürlich alle Bedingungen, welche nach HEINRICHER vor allem
Trockenheit des Standortes u. s. f.. die Bildung der Isolateralität her-
vorrufen. Da das Wasser hier vom Blatte endosmotisch auf-
genommen wird, so ist es natürlich ilie untere Seite, die es tut, und
Übf'r die rallisailcnzellcn. 207
diu o-estreckten Zellen sind dazu wohl am i»'eeio,netsten, das aufue-
nommene Wasser weiter zu leiten. — Den isolateralen Bau fand
^EINßlOHER für eine Reihe von Pflanzen, welche nnter gewissen
gleichen Bedingungen leben — die Faktoren waren Licht, trockener
Standort u. s. f.
Ausserdem finde ich aber auch in unserer Flora eine Reihe von
Pflanzen, deren isolateraler Bau durch die zerschlitzten Blätter be-
dingt ist, so bei manchen Kompositen, z. B. bei Antliemis arvensis,
Matricaria CJiamomüla. Dank der feinen Teilung werden sie viel meiir
von den Luftzügen in Mitleidenschaft gezogen, werden von relativ seiir
viel Luft umspült, wodurch die Transpiration steigt und immer schnelle
Wasserleitung erforderlich macht. Und die unteren Zellagen sind
häufig, da diese Luftumspülung sie intensiver zu verdunsten veranlasst,
auch in einer für die Wasserleitung angepassten Form ausgebildet.
Auch der Bau des P'eldrittersporns, welchen HeiNKICHER bemerkt
hat, gehört hierher. In einem anderen Falle, wo eine nicht ge-
nügend rasche Wasserleitung schädliche Folgen haben könnte, hat
das Blattparenchym durch gestreckte Zellen den Verhältnissen sich
anzupassen gesucht Ich meine die Salzpflanzen. Und die Versuche
von SCHDIPER und LesAGE haben eben den Einfluss des Salzbodens
auf den Bau des Mesophylls festgestellt. SCHIMPER hält auch diese
Streckung durch die eventuelle Wassergefahr bedingt. In diesem
Falle, wie so häufig, wo es sich um ökonomische Wirtschaft mit
dem Wasser handelt, wird das Blatt dicker, und bei gleicher Ober-
fläche wird ein grösseres Volumen entwickelt.
Was früher von Blättern trockenen Standortes, welche durch
tue bedeutende Succulenz einen Schutz erhalten haben, gesagt
wurde, gilt auch für das Assimilationssystem, welches wir im
Stamme blattloser Pflanzen finden. Wo wahre Succulenz vorliegt^
wo sehr fleischige Stämme, wie etwa bei den Cacteen, die Assimilation
übernehmen, da finden wir in solchen mächtig dicken schleimigen
Organen keine Pallisadenbildung; bei den assimilierenden Zw^eigen
von Asparagus und Casuarina dagegen, die nicht diesen enormen Schutz
besitzen, finden wir gut entwickeltes Pallisadenparenchym. Im all-
gemeinen sehen wir also, dass die Wasserleitung es ist, welche in
ganz verschiedenen Fällen, manchmal geradezu überraschend, den
spezifischen Bau bedingt. —
Schliesslich hat ja auch STAHL nicht bestreiten wollen, dass die
Beleuchtung, der er die Hauptw^irkung zuschrieb, zu ihrem Begleiter
die Transpiration haben muss. Ich glaube, dass im Prinzip die
richtige Verallgemeinerung HaBERLANDT gemacht hat, denn die
Pallisaden stellen (in den meisten Fällen) tatsächlich nur einen
Spezialfall der gestreckten Assimilationszellen dar. Man könnte die
Bezeichnung vielleicht noch näher präzisieren, indem wir statt „ge-
'208 S. Rywosch:
streckte Assimilationszellen" gestreckte Leitungszellen sagen.
Aber nur vom Standpunkte der Wasserleitung wird in den
meisten Fällen das Auftreten und der Grad der Entwicke-
luno- bezw. das Fehlen des Pallisadeng-ewebes erst ver-
ständlich.
Erkläi-uug der Abbilduugen.
(Die Epidermis uml die Spaltöfifnungen sind scliematisch dargestellt)
Fig. 1. ^edam Maxii/ioioiczi, BLittquerschnitt. Die Pllanze i>t in feuchtem Boden
gewachsen. Veryr 240.
„ 2. Sediim Maxiinoiiüczi, Blattquerschnitt. Die Pflanze ist in trockenem Boden
gewachsen.
., 3. Axplwddu.'i lufeus, Blattquerschnitt. Vergr. 135.
., 4. Podocarpus latifolia, Quertracheide mit behöften Tüpfeln. Vergr. 240.
„ 5. Potaiiioyeton naiaiix, Blattquerschnitt. Verg. 240.
Up = Untere Pallisadenzellen.
Literatiir.
ARESCHOUG, f. W. C. 1. Der Einflnss des Klimas auf die innere Organisation
der Pflanzen. Bot. Jahrbücher, herausg. von ENGLEE, Bd. 2, 1882.
2. Über die physiologischen Leistungen und die Entwickelung des Grund-
gcWebes des Blattes. Lund 1897.
3. Bibliotheka Botanica, Heft G, li)02
4. Flora IDOG.
Brown und Morris, .lourna! cliem. Soc Trans. 1893 (63, p. 604).
BURGERSTEIN, A., Die Transpiration der Pflanzen, 1904, Jena.
COSTANTIN, Etudes sur les fenilles des plantes aqiiatiqups. Ann. des scienc. nat.
Ser. 7, Bd. 3, 1886.
DUEOUR, L., Influence de la lumiere sur les feuilles. Ann. des scienccs nat.
Ser. 7, Bot. Bd. 5. 1887.
Eberdt, 0. 1. Beitrag zu den Untersuchungen über die Entstehungsweise des
Pallisadi^nparenchyms. Diss. Freiburg 1887.
2. Über das Pallisadenpareuchjm. Bor. der Deutsch. Bot. Gcs , Bd. 6,
1888.
Frank, A.B., Über die Veränderung der Lage der Chlorophyllkörner usw. PrinGSH.
Jahrb. für wissenschaftl. Bot., Bd. 8, 1872.
Griffon, Ed , Coniptes rendus, B. 137, p 529.
Haberlandt. 1. Jahrb. für wiss. Bot., Bd. 13, 1882. — Vgl. Anatomie des assi-
milatorischen Gewebesystems der Pflanzen.
2. Über das Assimilationssystem. Ber. der Deutsch. Bot. Ges., Bd. 4, 1886.
3. Physiologische Pflanzenanatomie, 3 Aufl., 1904.
Über die Pallisadenzellen. 209
Heinricher, E., Pringsh. Jahrb., Bd. 15.
Hesselmann, H., Zur Kenntnis des Pflanzenlebcns schwedischer Laubwiesen.
Sonderabdruck aus den Beilieften zum Bot. Centralblatt, 1904.
J.0ST, L., Vorlesungen über Pilanzcnphysiologie. Jena H>04.
Kohl, F. G., Die Transpiration der Pflanzen. Braunschweig 1886.
Lesage, P., Influence du bord de la mer sur la structure des feuilles. Rennes 1890.
LOTHELIER, M. A., Influence de Tetat hygrometrique et de l'eclairement sur les
tiges et les feuills des plautes ä piquants. Lille 1893.
Mer, M. E., Recherches sur les causes de la structure des feuilles.
Bulletin de la Societe Botanique de France. 1883 (Bd. 30), S. 110 ff.
MONTEMARTINI, L., Intorno alla anatomia e fisiologia del fessuto assimilatore
delle Plante. Atti delP Istituto Botanico di Pavia. Serie 2, Vol. 4, 1895.
(Daselbst die sehr vollständig zusammengestellte Literatur.)
Pick, H., Über den Einfluss des Lichtes auf die Gestalt und Orientierung der
Zellen des Assimilationsgewebes. Bot. Cenfralbl. 1888.
Scheit, Max, Die Tracheidensäume etc. Zeitschrift für Naturwissenschaft, 1883,
Jena.
SCHIMPER, A. F. W , Über Schutzmittel des Laubes gegen Transpiration, be-
sonders in der Flora Javas. Sitzungsberichte der Preuss. Akad. der
Wissensch. 1890.
Solms-IjAUBACH, H. Graf zu, Über einige geformte Vorkommnisse Oxalsäuren
Kalkes in lebenden Zellmembranen. Bot. Ztg 1871.
Stahl, E. 1. Über den Einfluss der Richtung und Stärke der Beleuchtung auf
einige Bewegungserscheinungen im Pflanzenreiche. Bot. Ztg. 1880.
2. Über den Einfluss der Lichtintensität etc. Bot. Ztg. 1880.
3. Über den Einfluss des sonnigen oder schattigen Standortes etc.
Jenaische Zeitschr. für Naturwissenschaften, Bd. IG (N F. 9) 1883.
Strumpf, Arb. der Petersb. Ges. der Naturf., Bd. 29.
VüLKENS, G. 1. Beziehungen zwischen Standort und anatomischem Bau der
Vegetationsorganc. Jahrb. des kgl. bot. Gart, zu Berlin, Bd. 3, 1884.
2 Die Flora der Ägyptisch-Arabischen Wüste. Berlin 1887.
Zimmermann, A., Über das Transfusionsgewebe. Flora 1880.
ßer. der deutschen bot. Gesellsch. XXV. -^^
210 . N. JUNITZKY:
29. N. Junitzky: Über Zymase aus Aspergillus niger.
Eingegangen am 22. April 1907.
Die Theorie des genetischen Zusammenhanges der Alkoholgärung
mit der Sauerstoffatmung wurde bekanntlich von DlAKONOW^) in
Abrede- gestellt. Dieser Forscher hat gefunden:
1. Die anaerobe Atmung der Schimmelpilze findet überliaupt
nur bei Zuckerernährung statt.
2. Die Schimmelpilze Aspergillus niger und Penicillium glmicum
bewirken selbst bei Zuckerernähruno- eine äusserst fferinye
COo-Produktion und sind gegen die Anaerobiose sehr wenig
widerstandsfähig, indem sie durch eine zweistündige Sauer-
j .^ Stoffentziehung zugrunde gebracht werden.
Durch diese Resultate glaubte DiAKONOW nachgewiesen zu
haben, dass die anaerobe Atmung ein Prozess sui generis ist, der
erst bei Sauerstoffabschluss eingeleitet wird und unter Umständen
unterbleiben kann; das Zustandekommen der Sauerstoffatmung sei
also von den sich bei Sauerstoffabschluss abspielenden Vorgängen
vollständig unabhänoig. Diese Schlussfolgerungen DiAKONOW's wurden
jedoch durch spätere Untersuchungen widerlegt. KOSTYTSCHEW^) hat
dargetan, dass die anaerobe Atmung der Schimmelpilze bei ver-
schiedenartiger Ernährung stattfindet; Fräulein KRASNOSSELSKY^) hat
nachgewiesen, dass Aspergillus niger durch eine G Tage (143 Stunden)
dauernde Anaerobiose nicht getötet wird. Der geringeu Intensität der
anaeroben COg-Produktion von Aspergillus niger ist KOSTYTSCHEW's*)
Meinung nach keine theoretische Bedeutung beizulegen, da der ge-
nannte Pilz durch die Produkte des anaeroben Stoffwechsels schnell
vergiftet wird; die Vergiftung ist aber allerdings eine sekundäre
Erscheinung, die mit den Grundursachen der Atmung nichts zu tun
hat. KOSTY'TSCHEW*) hat beobachtet, dass die anaerobe CO^-
Produktion von Aspergillus niger in auffallender Weise zunimmt,
wenn das Mycelium in eine beträchtliche Menge der Zuckerlösung
total versenkt wird; durch Anwendung dieser Methode ist es
1) DiAKONOW, diese Ikrichte, Bd. 4, 188G, S. 1. — DiAKONOW, Arcliives
slaves de biologie, t. 4, 1887, S. ?>1 und 121.
2) KOSTYTSCHEW, diesc Berichte, Bd. 20, 1902, S. 327. — KOSTYTSCHEW,
Jahrb. für wissensch. Botanik, Bd. 40, 1904, S. 5G3.
3) Krasnosselsky, Centralbl. für Bakteriol., Abt. II, Bd. 13, 1904, S. 673.
4) KOSTYTSCHEW, diese Berichte, Bd. 2.'), 1907, S. 44.
über Zjmase aus Aspergillus niger. 211
KOSTYTSCHEW gelungen nachzuweisen, dass die anaörobe Atmung
von Aspergillus niger bei Zuckerernährung mit der Alkohölgärung
ii^ wesentlichen identisch ist. Bereits früher hat auch MaximOW^)
gefunden, dass der Pressaft von Aspergillus niger ebenso wie der
Hefcpressaft gleiche Mengen der COo bei SauerstofFzutritt und Sauer-
stoffabschluss ausscheidet.
Es liegt wohl die Annahme nahe, dass die Alkoholbildung von
Aspergillus niger eine Folge der enzymatischen Glykolyse ist. Auf
Vorschlag und unter Leitung des Herrn Prof. PalladiN habe ich
mir vorgenommen, die Anwesenheit der Zymase in Aspergillus niger
experimentell nachzuweisen.
Eine grosse Anzahl der Pilzkulturen wurde in den etwa 2 Liter
fassenden FEßNBACH'schen Kolben auf RAULIN'scher Lösuno- orezoo-en.
Ein jeder Kolben wurde mit 300 ccm der Lösung beschickt, mit
Watte geschlossen, bei 120° sterilisiert, geimpft und dann in einen
Thermostaten (bei 32°) gestellt. Die im Anfang der Fruktifikation
begriffenen Mycelien wurden mit destilliertem Wasser schnell ab-
gespült, mit Quarzsand zerrieben und in einer BuCHNER'schen Presse
bei 300 Atm. abgepresst. Dem auf die geschilderte Weise ge-
wonnenen Safte wurde kristallinischer Traubenzucker in einem
Gehalt von 20 pCt. zugegeben und das Gemenge in einen konischen
Kolben gebracht. Nun wurde im Verlauf von 24—29 Stunden ein
Luftstrom durch den Kolben geleitet; die Bestimmungen der aus-
geschiedenen COo wurden in einem PETTENKOFER'schen Apparate
ausgeführt. Nach absolvierter COo-Ausscheidung wurde der Saft
durch eine beträchtliche Menge destillierten Wassers verdünnt und
mehrfach abdestilliert, darunter einmal aus schwach alkalischer und
einmal aus schwach saurer Lösung (zur Alkalisierung wurde Kreide,
zur Ansäuerung Weinsäure verwendet). Die erhaltenen Destillate
waren immer aldehyd- und acetonfrei; davon habe ich mich ver-
mittelst der Reaktionen mit fuchsinschwefliger Säure und mit Nitro-
prussidnatrium vergewissert. Zur Identifizierung des Äthylalkohols'
habe ich die Jodoformprobe benutzt; die quantitativen Alkohol-
bestimmungen wurden durch Ermittelung des spezifischen Gewichts
der Destillate auss-eführt.
Versuch 1 (Kontrollversuch).
Neuntägige Kulturen von Aspergillus niger (13 Kolben); Gesamt-
gewicht 3G0 r/, Saftmenge 160 crwi. Der Saft wurde unmittelbar zur
Alkoholbestimmung verwendet. C0H5OH = 0,0 w?(/; Jodoformprobe
negativ.
1) Maximow, diese Berichte, Bd. 22, 1904, S. 225
15*
212 N. JUNITZKY: Über Zymase aus Aspergillus niger.
Tersuch 2 (Kontrollversuch).
Yiertägige Kulturen von Aspergillus niger (9 Kolben). Gesamt-
gewicht 155 g^ Saftmenge 60 ccm. Die Alkoholbestimmung ergab
dasselbe Eesultat wie im Versuch 1.
Versuch 3.
Achttägige Kulturen von Aspergillus niger (15 Kolben). Gesamt-
gewicht 460 g, Saftmenge 220 ccm, Versuchsdauer 29 Stunden.
CO. = 68,8 mg
aH,OE[ = 54,4 „
CO, :CJH50H=100:79,0
Versuch 4.
Fünftägige Kulturen von Aspergillus niger (17 Kolben). Gesamt-
gewicht 370 g, Saftmenge 185 ccvi, Versuchsdauer 26 Stunden.
CO, = 90,4 mg
C3H,OH = 83,4 „
CO, :C,H,OH = 100:92,2.
Versuch 5.
Achttägige Kulturen von Aspergillus niger (16 Kolben). Gesamt-
gewicht 400 g, Saftmenge 200 ccm, Versuchsdauer 24 Stunden.
COo = 70,4 mg
C,H,OH = 63,l „
CO, :C,H5OH=100:89,6.
Aus all diesen Versuchen ist ersichtlich, dass die bei vollem
Luftzutritt gezüchteten Mycelien von Aspergillus niger immer eine
gewisse Menge der Zymase enthalten. Die gegen die Theorie des
genetischen Zusammenhanges der Alkoholgärung mit der Sauerstoff-
atmung angewandten Versuche mit Aspergillus niger sprechen also
bei modifizierter Versuchsanstellung gerade zugunsten dieser Theorie.
St. Petersburg, Pflanzenphysiologisches Institut der Universität.
E. SCHULZE: Bililungsweise des Asparaj,Mns und des Glutamins. 213
30. E. Schulze: Zur Frage der Bildungsweise des Asparagins
und des Glutamins in den Keimpflanzen.
Eingegangen am 25. April l'JÜ7.
Aus zahlreiclieii, teils von mir selbst, teils von meinen Mit-
arbeitern o-emachten Beobachtunoen habe ich die Schlussfoloeruno-
abgeleitet, dass das in den Keimpflanzen sich anhäufende Asparagin
durch Umwandlung primärer Eiweisszersetziingsprodukto (Monoamino-
säuren, Hexonbasen usw.) entsteht;') diese Schlussfolgerung hat auch
durch die von anderen ausgeführten Uutersuchuugen^) eine Bestäti-
gung erhalten. Die Frage nach der Bildungsweise des Asparagins
in den Keimpflanzen ist damit aber noch nicht vollständig beant-
wortet; es ist noch festzustellen, in welcher Weise aus den primären
Produkten des Eiweissabbaues Asparagin sich bildet. Da es kaum
möglich ist, über den Verlauf dieses Vorganges auf dem Versuchs-
wege direkt Aufschluss zu gewinnen, so ist man zunächst auf Ver-
mutungen angewiesen. Für wahrscheinlich kann es erklärt werden,
dass aus den primären Eiweisszersetzuugsprodukten Ammoniak ent-
steht, und dass letzteres bei der synthetischen Bildung von Asparagin
Verwendung findet. Zur Stütze dieser Ansicht kann u. a. die von
Suzuki') gemachte Beobachtung dienen, dass nach Zuführung eines
1) Ich verweise auf die in diesen Berichten, Bd. 18, S. 36 - 42, und Bd. 22,
S. ^81 - 384, von mir gemachten MitttMlungen, sowie auf meine Abhandlung .,Über
den Abbau und den Aufbau organischer Stickstoffverbindungen in den Pflanzen"
im Jahrgang 1906 der Landwirtschaftlichen Jahrbücher (herausgegeben von
H. Thiel).
2) Auch W. ZALESKI gelangt in einer vor kurzem in diesen Berichten,
Bd. 24, S. 292—205 gemachten ^Mitteilung zu der Schlussfolgerung, dass durch die
Eiweisszersetzung in den Keimpflanzen ein Material geschaffen werde, aus welchem
in noch unbekannter Weise Asparagin sich bildet. Er weist auf die in meinem
Laboratorium von M. Merlis an Keimpflanzen von Lupinus angustifolius aus-
geführten Untersuchungen hin, durch welche gezeigt wurde, dass im letzten
Stadium der Keimung Asparagin sich bildet, ohne dass gleichzeitig die Pflänzchen
noch einen Verlust an Eiweissstoffen erleiden. Es sei hier bemerkt, dass die
gleiche Erscheinung auch in Versuchen hervortrat, die schon viel früher von mir
an Lupinus luteus ausgeführt wurden. Schon damals habe ich es für wahrscheinlich
erklärt, dass das in den Keimpflanzen sich anhäufende Asparagin nicht primäres
Eiweisszersetzungsprodukt sei. Ich verweise auf meine Abhandlungen in den Land-
wirtschaftlichen Jahrbüchern, Jahrgang 1878, S. 429 und Jahrgang 1880, S. 728.
3) Bull. College of Agriculturc, Imperial Universitj, Tokyo. Vol. 2, Nr. 7
(1897).
214 E. Schulze:
Ammoniaksalzes der Asparagiugelialt der Keimpflanzen sich erhöht.
Die Animoniakbildung kann erfolgen, wenn die beim Eiweisszerfall
entstandenen Mono- und Diaminosäuren im pflanzlichen Stoffwechsel
oxydiert werden; es ist aber auch möglich, dass ohne gleichzeitige
Oxydation eine Desamidierung der Aminosäuren stattfindet. Dass
diese Vorgänge unter Mitwirkung von Enzymen sich vollziehen,
kann für sehr wahrscheinlich erklärt werden/)
Im Hinblick auf diese Hypothesen ist es von Interesse, über
den Ammoniakgehalt der Keimpflanzen Kenntnisse zu besitzen.
Dass etiolierte Keimpflanzen nur kleine Ammoniakquantitäten ent-
halten, ist von meinen Mitarbeitern und mir früher schon gefunden
worden; die bezüglichen Bestimmungen sind in der Regel nach
E. BosSHARD's Verfahren ausgeführt worden.^) Vor kurzem hat auf
meine Veranlassung N. CastORO^) dieses Verfahren mit A. LONGl's
Methode (Abdestillieren des Ammoniaks mit Magnesia im Vakuum
bei 40° C.)*) verglichen. Er erhielt auf letzterem Wege etwas
niedrigere Resultate, als nach dem Verfahren "BosSHARD's; doch
waren die Differenzen nur gering. In den teils in frischem Zu-
stande, teils nach dem Trocknen untersuchten etiolierten Keim-
pflanzen fand N. CASTORO ebenfalls nur kleine Mengen von
Ammoniak; die dieser Verbindung angehörende Stickstoffmenge be-
trug im Maximum 0,131 pCt. der Pflanzentrockensubstanz. Durch
andere Versuche CastorO's wurde festgestellt, dass die Ammoniak-
menge sich vermehrte, wenn die getrockneten, fein zerriebenen
Keimpflanzen unter Zusatz von Wasser und eines Antiseptikums bei
35 — 40° C. der Autolyse unterworfen wurden. Für diese Versuche
dienten teils viertägige, teils siebentägige Keimpflanzen von Lupinus
luteus und Lupinus albus. In den der Autolyse unterworfenen
Substanzproben betrug die als Ammoniak vorhandene Stickstoff-
menge 0,228— 0,'265 pCt. der Pflanzentrockensubstanz, während in
Proben, die im übrigen gleich behandelt, aber vor Beginn der
Autolyse durch Erhitzen auf 100° von wirksamen Enzymen befreit
worden waren, nur 0,074—0,078 pCt. Stickstoff in Animoniakform
1) Ich weise darauf hin, dass Shibata (Beiträge zur chemischen Physiologie
und Pathologie, Bd. 5, S. 384-394) bei Pilzen Abspaltung von Ammoniak aus
Aminosäuren durch Enzyme beobachtete. Auch Zaleski erklärt es in seiner oben
zitierten Abhandlung für wahrscheinlich, dass bei der Asparaginbildung Enzyme
mitwirken.
2) Dies Verfaluen besteht darin, dass man das Ammoniak aus den von
Eiweissstoffen möglichst befreiten Extrakten durch Phosphorwolframsäure ausfällt,
die Niederschläge abliltriert, mit verdünnter Schwefelsäure aaswäscht und sodann
der Destillation mit Wasser und Magnesia unterwirft. Das überdestillierende
Ammoniak wird in verdünnter Schwefelsäure oder Salzsäure aufgefangen.
8) Zeitschrift für physiologische Chemie, Bd. 50, S. 525.
4) Landwirtschaftliche Versuchsstationen, Bd. 32, S. IG.
Hildiingswcise des Asparagins und dos Glutamins in den Keimpflanzen. 215
gefunden wurden (die Amnioniakbestinimungen wurden sämtlicli
nach der Methode von LONGI ausgeführt). Ob das während der
Autolyse entstandene Ammoniak direkt aus EiweissstofFen abgespalten
oder ob es beim Abbau primärer Eiweisszersetzuugsprodukte gebildet
worden war, blieb unentschieden.
Durch früher auss-eführte Versuche ist bewiesen worden, dass
wälirend der Autolyse der Gehalt der Keimpflanzen an Monoamino-
säuren und an Hexonbaseu steigt; nach genügend langer Dauer
jenes Prozesses ist der Gehalt an Tyrosin, Leucin und Arginin in
den bezüglichen Substanzproben grösser, als in etiolierten Keim-
pflanzen gleicher Art, deren Vegetation mehrere Wochen gedauert
hat.^) Diese Erscheinung erklärt sich aus der Annahme, dass in
den lebenden Pflänzchen die Aminosäuren und Hexonbasen sich in
der Regel nicht anhäufen,^) weil sie im Stoffwechsel dem Verbrauche
unterliegen. Das Gleiche hat mau auch für das Ammoniak anzu-
nehmen, das in den lebenden Pflänzchen in kleinerer Menge sich
vorfindet, als in den Substanzprobeu, die der Autolyse unterworfen
worden waren. Stellt man aber die Frage, in welcher Weise das
in den lebenden Pflänzchen entstehende Ammoniak zum Verbrauche
erelanut, so darf man es wohl für das Wahrscheinlichste erklären,
dass dasselbe für die synthetische Bildung von Asparagin verwendet
wird. Dafür spricht ausser der oben erwähnten Beobachtung
SUZUKi's auch die von W. BüTKEWITSCH^) gemachte Angabe, dass
in Keimpflanzen während der Anästhesie Ammoniak sich ansammelt,
während zugleich die Asparaginbildung sich verlangsamt.
Aus Versuchen SüZUKl's*) ist die Schlussfolgerung abgeleitet
worden, dass der Sauerstoffzutritt die Asparaginbildung begünstigt
— eine Schlussfolgerung, die auch mit Beobachtungen, die von
GODLEWSKl^) beim Studium der intramolekularen Atmung der
Pflanzen gemacht wurden, in Übereinstimmung zu bringen ist. Dies
erklärt sieh, wenn man annimmt, dass die Oxydation von Mono-
und Diaminosäuren im pflanzlichen Stoffwechsel mit der Bildung des
für die Asparaginsynthese erforderlichen Ammoniaks verbunden ist.
Gesetzt aber, dass diese Aminosäuren, auch ohne dabei oxydiert zu
werden, durch Desamidierung Ammoniak liefern, so könnte doch
ein Zusammenhang der Asparaginbildung mit Oxydationsvorgängen
1) Eine Ausnahme zeigte sich in bezug auf das Arginin bei den Keimpflanzen
von LiipiiHis luteus; man vergleiche die Abhandlung von E. SCHULZE und
N. Castoro in der Zeitschrift für physiologische Chemie, Bd. 43, S. 176.
2) Eine Ausnahme bildet z. B. die Anhäufung des Arginins bei Lupinus luteus.
3) Tageblatt des 11. Naturforscherkongresses in St. Petersburg.
4) Bull. College of Agriculturo, Imperial University, Tokyo, Vol. 4, S. 531.
5) Anzeiger der Akademie der Wissenschaften in Krakau, 1904, 115; Kef. im
Chem. Centralblatt, 1904, Bd. 1, S, 1G55.
216 E. SCETüLZE: Bildungsweise des Asparagins und des Glutamins.
bestehen. Da das Asparagin das Amid der Asparaginsäure, letztere
aber nichts anderes als Aminoberusteinsäure ist, so muss es für
möglich erklärt werden, dass die Pflanzen zur Asparaginbildung
Bernsteinsäure verwenden; diese Säure kann aber bei der Oxydation
nicht nur von stickstofffreien Stoffen, sondern auch von Arginin ent-
stehen.^)
Wenn es auch nicht für unmöglich erklärt werden kann, dass
bei der Spaltung der EiweissstofiPe Asparagin in kleiner Quantität
direkt sich bildet, so konnte letzteres doch bis jetzt nicht nach-
gewiesen werden. Zwar fand W. ßUTKEWITSCH^) in seinen Unter-
suchungen über die proteolytischen Enzyme gekeimter Samen, dass
die Keimpflanzen nach der Autolyse eine Substanz, die beim Er-
hitzen mit verdünnter Salzsäure Ammoniak lieferte, in grösserer
Menge enthielten als vorher; da aber aus den der Autolyse unter-
worfenen Substanzproben durch Fällung mit Mercurinitrat nicht
mehr Asparagin gewonnen werden konnte, als aus den Proben, in
denen vor Beginn der Autolyse die Enzyme durch Erhitzen auf
100° unwirksam gemacht worden waren, so konnte jene ammoniak-
liefernde Substanz nicht für Asparagin erklärt werden. Diese von
BüTKEWITSCH gemachten Beobachtungen zeigen schon für sich
allein, dass man sich auf die SACHSSE'sche Methode der Asparagin-
bestimmung nicht unbedingt verlassen kann — eine Tatsache, auf
die aucli ich in meinen Abhandlungen wiederholt aufmerksam ge-
macht habe. Wenn diese Methode von meinen Mitarbeitern und
mir angewendet wurde, so haben wir, wenn irgend möglich, die
dabei erhaltenen Resultate dadurch zu kontrollieren gesucht, dass
wir feststellten, wie viel Asparagin aus den für jene Bestimmungen
verwendeten Extrakten durch Kristallisierung zur Abscheidung ge-
bracht werden konnte. Auch bei Fortführung der Untersuchungen
über die Bildungsweise des Asparagins in den Pflanzen wird es sicli
empfehlen, die nach SacHSSE's Methode für den Asparagingehalt der
Unters Qchuugsobjekte gewonnenen Zahlen nicht olme weitere Prüfung
als massgebend anzusehen.
Man darf annehmen, dass das im vorigen in bezug auf das
Asparagin Gesagte, mutatis mutandis, auch für das Glutamin seine
Geltung hat.
Zürich, Agrikulturchemisches Laboratorium des Polytechnikums.
1) Zu den bei der Oxydation des Arginins mittels Permanganat entstehenden
Produkten gehört nach den Versuchen F. KUTSCHEE's auch Bernsteinsäure.
2) Zeitschrift für physiologische Chemie, Bd. 32, S. 1.
Sitzung vom Ol. Mai 1007. 217
Sitznno; vom 31. Mai 1907.
Vorsitzender: Herr L. Kny.
Der Vorsitzende teilt mit, dass Herr Professor Dr. OTTO MÜLLER,
welcher seit Begründung der Deutschen Botanischen Gesellschaft das
Amt des Schatzmeisters verwaltet hat, vor wenigen Tagen (am
28. Mai) die 70. Wiederkehr seines Geburtstages beging. Da der
Vorstand Kenntnis davon erhalten hatte, dass der Jubilar diesen Tag
in stiller Zurückgezogenheit zu feiern wünsche, hat er die demselben
gewidmete Adresse durch die Post in seine Hände gelangen lassen.
Die Adresse hatte folgenden Wortlaut:
'a'
Hochoeehrter Herr Doktor!
Am heutigen Tage, an welchem Sie auf 70 Jahre eines
an Arbeit und Mühen, aber auch an geschäftlichen wie
wissenschaftlichen Erfolgen reichen Lebens zurückblicken,
darf auch die Deutsche Botanische Gesellschaft, die
Ihre hervorragenden Verdienste als Mitglied des Vorstandes
wohl zu würdigen weiss, nicht versäumen, Ihnen als Zeichen
aufrichtiger Teilnahme die herzlichsten Glück- und Segens-
wünsche darzubringen.
Wir schätzen in Ihnen, verehrter Herr Kollege, nicht
bloss den ausgezeichneten Sachverständigen, der in getreuer
Mitarbeit seine bewährte Kraft den Obliegenheiten des Vor-
Standes gewidmet und nun schon seit einem Vierteljahr-
hundert unsere Gesellschaftskasse mustergültig verwaltet hat,
sondern auch den wissenschaftlichen Forscher, dem wir so
manche wertvolle Beiträge zur Kenntnis der Bacillariaceen
in systematischer wie anatomisch - physiologischer Richtung
zu verdanken haben. Es ist Ihnen gelungen, auf diesem
Spezialgebiet die schwierigsten Fragen, die sich auf den
Bau der Membran und der Inhaltsgebilde, auf die Gesetz-
mässigkeit der Zellteilungsfolge und auf die Mechanik der
Ortsbewegungen beziehen, wesentlich zu fördern oder end-
gültig zu entscheiden.
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV. Jg
218 Sitzung vom 31. Mai 1907.
So kommen wir denn zur Feier Ihres Ehrentages, um
bei diesem erfreulichen Anlass mit unseren besten Wünschen
zugleich den Dank der Deutschen Botanischen Gesellschaft
für alles, was Sie für sie getan, und unsere Anerkennung
Ihrer wissenschaftlichen Leistungen zum Ausdruck zu
bringen.
Möge es Ihnen beschieden sein, die in letzter Zeit ein-
getretenen Störungen in Ihrem Wohlbefinden zu überwinden
und im Genüsse eines heiteren Lebensabends aufs neue die
Kraft zu erlangen, die Ihnen so viele Jahre hindurch ein
Sporn zu freudiger Arbeit gewesen.
Der Yorstand
der Deutschen Botanischen Gesellschaft.
S. SCHWENDENER W. PFEFFER. L. KNY. A. ENGLER.
L. WITT3IACK. M. 0. Reinhardt. E. Koehne.
G. Lindau.
Der Vorstand hat leider verspätet Kenntnis davon erhalten, dass
unser ordentliches Mitglied, Herr Medizinalrat Dr. FOCKE in Bremen
am 24. Januar 1907 sein 50jähriges Doktorjubiläum gefeiert hat. Es
werden ihm nachträglich durch den Präsidenten die Glückwünsche
der Gesellschaft ausgesprochen werden.
Der Vorsitzende macht ferner die Mitteilung, dass unser ordent-
liches Mitglied,
Herr Professor Dr. phil. Sir Dietrich Brandis,
vormals Generalforstinspektor in Britisch-Ostindien am 28. Mai ver-
schieden ist.
Um das Andenken des Verstorbenen zu ehren, erhoben sich die
Anwesenden von ihren Sitzen.
Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen die Jlerren:
Engler, Victor, cand. rer. nat. (durch F. Pax und H. WiNKLER),
Iwanowski, Dr. Dimitri, Professor der Pflanzenphysiologie an der
Universität Warschau (durch M. TSWETT und L. KNY).
Zu ordentlichen Mitgliedern sind proklamiert:
Fräulein Heimann, Emmy, in Braunschweig,
sowie die Herren
Heiden, Dr. H., in Rostock,
Junk, W., in Charlottenburg,
Renner, Dr. Otto, in München.
W. Voss: Über Merkmale normaler Organe in monströsen Blüten. 219
Herr A. ENGLER erstattete Bericht über die in Uppsala und
Stockliolm stattgefundene Feier des 200jährigen Geburtstages
Ll|:fNE's, welcher er als Vertreter der Königl. Akademie der Wissen-
schaften, der Universität Berlin und mehrerer wissenschaftlicher
Vereine beigewohnt hat.
Herr M. TSWETT legt der Gesellschaft ätherische Lösungen
seiner Reinpräparate der Ciilorophylline vor, nämlich eine grünblaue
Lösung des Chlorophyllins a und die grasgrüne des Chlorophyllins ß.
Ausserdem wird ein Präparat vorgelegt, welches das Verhalten des
eigentlichen Karotins im zweiphasigen System der „KRAUS'schen
Reaktion" demonstriert. Das Karotin bleibt vollständig in der
oberen, petrolätherisclien Schicht Dieses Karotin wurde nach der
Adsorptionsmethode des Vortragenden aus grünen Blättern dar-
gestellt.
Mitteilungen.
31. W.Voss: Über Merkmale normaler Organe in monströsen
Blüten.
1. Kosa viridiflora.
Eingegangen am G. Mai 1907.
In den grundlegenden Arbeiten von GREGOR MENDEL und in
den hervorragenden Untersuchungen von CORRENS, TSCHERMAK und
DE VRIES auf dem Gebiet der Bastardforschung und Vererbungslehre
wurden eine grosse Anzahl von Tatsachen gefunden, die den ein-
zelnen Merkmalen eines Organismus eine verhältnismässig grosse
Selbständigkeit zuweisen. Über die Faktoren, von denen die Akti-
vierung einer Merkmalsanlage, abgesehen von ihren spezifischen
Eigenschaften, im Bastard abhängig ist, ist noch ausserordentlich
wenig bekannt. Doch scheint es, als ob die Zugehörigkeit einer
Merkmalsanlage zu der einen oder anderen Art oder Rasse von
Einfluss auf das Verhalten derselben im Bastard sei. (Vgl. z. B.
das Verhalten der Langform oder der Kurzform der Ähren von
16*
220 W.Voss:
Getreiderassen beim Bastardieren, TSCHERMAK, Zeitschrift für das
laudwirtsch. Versuchsw. in Österreich, 1901). Ausserdem sind in
der Bastardliteratur einige Fälle bekannt geworden, in denen die
Ernährungsbedingungen im weitesten Sinne des Wortes Einfluss auf
die Aktivierung einer Merkmalsanlage zeigten. So gibt DE YRIES
an (Ber. der deutsch, bot. Ges., 1900), durch künstliche Eingriffe das
Verhalten von Merkmalen zu einander verändert zu haben. Auch
CORRENS gibt an, durch ungenügende Ernährung bei Mathiola glabra
-{- Mathiola incana statt homogen violetter violett und weiss-
gescheckte Blumenblätter erzielt zu haben (Ber. der deutsch, bot.
Ges. 1901, S. 84).
Zahlreicher sind die Tatsachen, die auf einen funktionellen
Zusammenhang der Aktivierung von Merkmalsanlagen und der Er-
nährungsbediugungen in reinen Arten hinweisen. Yor allen haben
GÖBEL, KlebS und YÖCHTING durch eine Eeihe von bekannten
Arbeiten gezeigt, dass es dem Experimentator möglich ist, den Ent-
wickelungsgang einzelner Organe, ja selbst ganzer Individuen einer
grossen Reihe von Cryptogamen- und Phanerogamenarten durch die
von ihm geschaffenen äusseren Bedingungen wirkungsvoll zu beein-
flussen. In allen diesen Fällen reagiert jedoch die Anlage auf die
Yersuchsbedingung in qualitativ gleicher Weise, so dass es keine
Schwierigkeit macht, sich den funktionellen Zusammenhang zwischen
der Aktivierung der Merkmalsanlage und den äusseren Bedingungen
vorzustellen. Anders liegen die Yerhältnisse bei dem oben er-
wähnten Bastard Mathiola glabra -}- Mathiola incana von CORRENS.
Die äusseren Bedingungen, unter deren Einfluss die Anlagen
einander benachbarter Zellen der Kronblätter stehen, können eben-
sowenig als verschieden angenommen werden als die diesen Zellen
im Laufe der Entwickelung übermittelten inneren Bedingungen im
Sinne von KLEBS. Genau ebenso liegen die Yerhältnisse bei den
Mosaikbildungen vieler Bastarde. (Ygl. MiLLARDET, Yitisbastarde,
Mem. d. la Soc. phys. et nat. de Bordeaux, 1894; CORRENS, Endo-
sperm-Bastarde von Zea Mais, Biblioth. botan., 53, 1901; derselbe,
Mirabilisbastarde, Ber. der deutsch, bot. Ges., 1902, 1903, Über
Yererbungsgesetze 1905; DE YriES, Yeronikabastarde, Ber. der
deutsch, bot. Ges. 1900.)
In der Hoffnung, durch eine genaue morphologische Unter-
suchung einen Hinweis auf irgend welche Faktoren zu erhalten, die
ausser der Lebenslage eine verschiedenartige Aktivierung gleich-
wertiger Anlagen bedingen — KlebS nimmt zur Erklärung solches
Yerhaltens einen Mutationsvorgang au (Willkürliche Entwickelungs-
änderungen, S. 157 — 158) — , habe ich eine Reihe von Organen
reiner Arten untersucht, in welchen eine grosse Anzahl von Merk-
malen ein Yerhalten zeigte, wie es für die Mosaikbildung charakte-
über Merkmale normaler Organe in monströsen Blüten. 221
ristisch ist. Aus dem durch diese Untersuchungen gewonnenen
Material teile ich das folgende mit, obgleich es sich zeigte, dass das
er^Jtrebte Ziel auf dem eingeschlagenen Wege nicht zu erreichen ist,
einmal weil es mir den Beweis zu liefern scheint, dass die Akti-
vierung einer Merkmalsanlage in vielen Fällen eine
Funktion der äusseren und inneren Bedingungen und der
spezifischen Eigenschaften im Sinne von Klebs nicht sein
kann, sondern dass auch hiervon unabhängige Faktoren,
freilich ganz unbekannter Natur, von entscheidendem
Einfluss auf die Aktivierung einer Merkmalsanlage sein
können; dann aber auch weil es die grosse Unabhängigkeit einer
grossen Anzahl von Merkmalen von einander innerhalb eines
Individuums zeigt.
Ich untersuchte zunächst die Blüten von Rosa viridiflora. Gute
Abbildungen und Beschreibungen der vergrünten Blüte dieser
Pflanze geben: A. WiGAND, Bot. Hefte, S. 120; CeLAKOWSKY,
Teratologische Beiträge zur morphologischen Deutung der Staub-
gefässe, PßINC4SHEOfs Jahrb., 1878; MASTER, Pflanzenteratologie;
Penzig, Pflanzenteratologie. Auf den ersten Blick zeigt sich hier,
dass in den einzelnen Blütengliedern Merkmale verschiedener Blatt-
arten gemischt auftreten. Jedoch ist ein Einfluss der Stellung des
Blattes in der Blüte auf seine Ausbildung nicht zu verkennen. Die
Ausbildung der Spreite, der Zähne des Randes, des Chlorophylls
z. B. wird schwächer, je näher das Organ der Mitte der Blüte steht.
Eine mikroskopische Untersuchung der Blätter lehrt jedoch, dass der
Einfluss der Lage auf das Verhalten der Merkmalsanlagen nicht allein
bestimmend sein kann.
Ich untersuchte zunächst die Zellen der oberen Epidermis von
Blättern, die noch deutlich einen spreitenförmigen Teil besitzen,
und zwar richtete ich mein Augenmerk auf die Form der Radial-
wände, auf die Ausbildung der Cuticula, auf den Farbstoff-
gehalt des Zellsaftes.
Um das Verhalten von Zellen normaler Organe in Beziehung
auf die Ausbildung dieser Merkmale kennen zu lernen, wurde zu-
nächst die obere Epidermis des Laub- und Kelchblattes, des Kron-
blattes und des Staubblattes untersucht.
Die obere Epidermis der Laubblattspreite von Rosa viridiflora
setzt sich ausschliesslich aus polygonalen Zellen zusammen, deren
Radialwände vollständig eben sind. Die Cuticula ist stets, auch über
den Nerven vollständig glatt. Der Zellsaft ist immer farblos.
Das Kelchblatt zeigt, abgesehen von ihrer geringeren Grösse,
Epidermiszellen mit denselben Merkmalen wie das Laubblatt.
Da normale Kronblätter bei Rosa viridiflora nicht vorkommen,
wurde die obere Epidermis derjenigen vieler anderer Rosen unter-
222
W.Voss:
sucht. Die Epidermis setzt sich aus Zellen zusammen, deren Radial-
wände stets ungewellt sind. Die Cuticula der stark papillös vor-
getriebenen Aussenwände zeigt zahlreiche starke Cuticularfalten.
Der Zellsaft ist bei roten Rosen gefärbt.
Auch normale Staubblätter kommen bei der untersuchten Form
nicht vor, jedoch sind die Staubbeutel der innersten Staubblattkreise
doch noch so weit ausgebildet, dass sie, wenn auch taube, Pollen
enthalten. Es ist von vornherein wahrscheinlich, und die Unter-
suchung normaler, zum Vergleich herangezogener Rosenstaubblätter
bestätigte diese Annahme, dass die Form der Epidermiszelle solcher
Pollensäcke der der ursprünglichen Pollensackepidermis annähernd
gleich kommt. Ein Flächenschnitt zeigt, dass sie sich aus Zellen
zusammensetzt, deren Radialwände eine kräftige Wellung zeigen.
Häufig sind dieselben durch von aussen nach dem Innern des Orgaus
zu sich auskeilenden Leisten versteift. Die Cuticula zeigt nicht sehr
zahlreiche, doch kräftige Cuticularfalten. Der Zellsaft ist farblos.
In der folgenden Tabelle stelle ich die ausgewählten Merkmale
der beschriebenen Zellformen zusammen:
Blattform
Radialwand
Cuticula
Zellsaft
Laubblatt
Kronblatt
Staubblatt ....
eben, ungewellt
do.
gewellt
glatt, nicht gefaltet
gefaltet
do.
nicht gefärbt
event. gefärbt
nicht gefärbt
Aus der Zusammenstellung ersehen wir, dass wir es mit den
folgenden drei Merkmalspaaren zu tun haben, deren Glieder sieh
äusserlich nur quantitativ unterscheiden:
Radialwand gewellt — ungewellt,
Cuticula gefaltet — ungefaltet,
Zellsaft gefärbt — ungefärbt.
Untersucht man auf Flächenschnitten die obere Epidermis von
Blättern mittlerer Kronblattkreise, so beobachtet man, dass sie sich
aus Zellen der verschiedensten Form zusammensetzt. Achtet man
zunächst auf die Ausbildung der Radialwände, so findet man Zellen
mit vollständig geraden Seitenwänden, neben und zwischen diesen
ebenso solche, bei denen dieselben so stark gewellt sind, wie bei
den Zellen der Staubbeutelwandung. Auch die Yerstärkungsleisten
derlelben wurden an einzelnen Zellen beobachtet. Die äussere
Umrissform sowohl der ersten wie der zweiten Zellform gleicht voll-
ständig der der entsprechenden Zellen der normalen Blattorgane.
Ausserdem kommen Zellen vor, wie es scheint in überwiegender
Zahl, bei denen die Radialwände wohl gewellt sind, jedoch nicht in
über Merkmale normaler Organe in monströsen Blüten. 223
dem Grade, wie bei den Zellen der Staubbeutelepidermis; es waren
alle Übergänge von der ebenen zur gewellten Radialwand neben-
einander zu beobachten.
In den allermeisten Fällen zeigt die Cuticula voll das Merkmal
der Laubblattepidermiszelle, sie ist vollständig glatt. Jedoch kommen
nicht gerade selten Fälle vor, wo einzelne Zellen oder Zellgruppen
einige leicht gewellte Cuticularfalten von einer Stärke zeigen, die
von derjenigen der Falten der Staubbeutelepidermis nicht zu unter-
scheiden ist. Besonders, jedoch nicht ausschliesslich, in der Nähe
der Nerven, wo die Laubblattepidermis auch eine glatte Cuticula
aufweist, wurden diese Falten beobachtet. Häufig wurden auch
Zellen mit einer in allen Abstufungen gefalteten Cuticula ange-
troffen.
Recht häufig wurden Epidermiszellen gefunden, deren Zellsaft
eine intensiv karminrote Färbung zeigte, die meisten führten jedoch
einen vollständig farblosen Zellsaft. Dazwischen lagen wieder solche,
die die allerverschiedeusten Abstufungen in der Intensität der Zell-
saftfärbuno- aufwiesen.
Aus den mitgeteilten Beobachtungen geht hervor, dass jedes der
drei in Betracht gezogenen Merkmale der Zellen der oberen
Epidermis des Laubblattes, des Kronblattes und des Staubblattes in
ihrer vollen oder doch sehr annähernd in ihrer vollen Ausbildung
in den Epidermiszellen der Blätter der Kronblattkreise von Rosa
veridiflora auftreten kann. Andererseits zeigen dieselben, dass die
Merkmale in den verschiedensten Graden geschwächt auftreten
können. Es kam mir zunächst darauf an, zu entscheiden, ob mit
dem Auftreten eines der ins Auge gefassten Merkmale in seiner
vollen Stärke notwendig das eines bestimmten anderen der in Beob-
achtung genommenen Gruppe verbunden sein müsse.
Es sind acht Merkmalspaare vorhanden, die, von den Fällen ab-
gesehen, wo zwei antagonistische Merkmale zusammentreffen, acht
Kombinationen von je drei Merkmalen möglich machen. Tatsächlich
wurden diese acht möglichen Zusammenstellungen in nicht geringer
Zahl gefunden. Ich gebe hier die Übersicht eines der Beobachtungs-
protokolle wieder, die, um die aufgestellte Frage zu entscheiden,
aufgestellt worden sind (s. die Tabelle auf S. '22A).
Aus den mitgeteilten Beobachtungen geht mit Sicher-
heit hervor, dass jedes der ins Auge gefassten Merkmale
in seiner Ausbildung nicht beinflusst zu werden braucht
durch die Ausbildung der vier Merkmale der beiden
Merkmalspaare, denen es nicht angehört.
Wie ich schon weiter oben bemerkt habe, kommen zwischen
den Gliedern der einzelnen Merkmalspaare alle möglichen Über-
gänge vor. Solche Übergänge können in einer Zelle mit allen voll
224
W. Voss: Über Merkmale normaler Organe in monströsen Blüten.
Nummer
Ausbildung der
Radialwand
Ausbildung der
Cuticula
Farbe des Zellsaftes
1
nicht gewellt, gerade
gefaltet
gefärbt
2
do.
do.
nicht gefärbt
3
do.
glatt, nicht gefaltet
gefärbt
4
do.
do.
nicht gefärbt
5
gewellt
do.
do.
6
do.
gefaltet
do.
7
do.
nicht gefaltet
gefärbt
8
do.
gefaltet
do.
ausgeprägten Merkmalen der anderen Paare in Kombination treten,
ebenso wie die Übergänge in einer Zelle aktiv werden können.
In diesem Verhalten zeigt sich ebenfalls, dass die ins Auge gefassten
Merkmale in ihrem Auftreten vollständig unabhängig von einander
sind. —
Ausserdem geht jedoch aus dem bis hierher mitgeteilten hervor,
dass Zellen mit all den verschiedenen Kombinationen der
sechs ins Auge gefassten Merkmale gemischt neben-
einander in den Blättern der äusserten Blattkreise vor-
kommen. Wenn also die verschiedenen Merkmalskombinationen
keine Funktion des Einflusses der verschiedenen Merkmalsanlagen
aufeinander sein können, so sind sie es auch nicht, wenigstens
nicht absolut, von den die einzelne Zelle von aussen beein-
flussenden Faktoren, da dieselben für zwei benachbarte Zellen
derselben Art kaum als verschieden angesehen werden können, und
eine durch frühere, von einander abweichende äussere Einflüsse auf
solche Zellen selbst und auf deren Ahnen in ihnen hervorgerufene
verschiedenartige Reaktionsfähigkeit auf denselben Reiz hier auch
nicht ans:enommen werden kann.
L. Marchlewski: Herrn Tswett's historische ChlorophjUforschungeu. 225
32. L Marchlewski: Über Herrn Tswetts historische
Chlorophyllforschungen und seine Chlorophylline.
Eingegangen am 14. Mai 1007.
Auf meine an dieser Stelle veröffentlichte Reklamation^) hat
Herr TSWETT es für angezeigt gehalten, noch einmaP) seine un-
gerechten Vorwürfe an den Tai»- zu bringen. Eines wird von ihm
jetzt aber doch nicht verheimlicht, nämlich, dass in der von ihm
angefeindeten Abhandluno- von mir und C. A. SCHUNCK der Name
SORBY's doch viermal erwähnt ist; erwarten durfte man allerdings
auch ein Zugeständnis, dass dort direkt von der „Methode von
SOKBY" gesprochen wird.
Es ist mir eigentlich unverständlich, warum Herr TSWETT be-
sonders den Umstand hervorhebt, dass während in unserer englischen
Abhandlung nicht nur der Name SORBY's, sondern auch das Zitat
seiner Publikation enthalten ist, in der deutschen Publikation
letzteres unterblieb. Glaubt denn Herr TsWETT, dass der deutsche
Leser, sobald er den Namen eines Forschers beim Studieren einer
Publikation erfährt und er sich für die betreffende Publikation
interessiert, die Arbeit selbst nicht ausfindig machen können wird?
— oder glaubt er gar, dass das, natürlich durchaus zufällige Weg-
lassen des Zitates des Ortes der Publikation, in der Absicht geschah,
dem Leser eine Orientierung zu erschweren? Ich nehme an, dass
Herr TsWETT doch unmöglich einen solchen Gedanken haben
konnte, das Motiv seiner Handlung bleibt aber dennoch unverständ-
lich. Nicht glücklicher versucht Herr TsWETT meinen Vorwürfen
entgegenzutreten, dass er bis zur Zeit meiner Reklamation sich nicht
im Klaren war, worin unsere Methode der Isolierung des Allo-
chlorophylls eigentlich besteht, und wenn er jetzt die Resultate
dieser Methode zu kritisieren unternimmt ohne sie praktiziert zu
hal)en, dann darf ich seine Auslassungen mit Stillschweigen über-
gehen.
Anders ist es mit Herrn TsWETT's Ansichten über die Spektren
des AUochlorophylls und Chlorophylls. Hier wird es dem Leser
viel schwerer fallen, TSWETT's Ansichten richtig zu beurteilen und
1) Band XXIV, 534 (1906).
2) Band XXV, 71 (1907).
226 L- Marchlewski:
da die seinigen von den von SCHUNCK und mir vertretenen stark
divergieren, so sehe ich mich genötigt, dieselben etwas eingehender
zu behandehi. Ich habe mit C. A. SCHUNCK behauptet,^) dass es
unter gewissen Bedingungen gelingt, Chlorophyll soweit zu reinigen,
dass es das soü'enannte vierte Band auf der Linie E nicht mehr
zeio't. Dieses vierte Band wurde bereits von anderen Forschern als
wahrscheinlich dem unveränderten Chlorophyll nicht zugehörig be-
zeichnet, da seine Intensität je nach dem Ursprung der Lösung sehr
variiert. Während es häufig stärker als das dritte Band erscheint,
geben manche Pflanzenblätter Lösungen, die dieses vierte Band nur
in sehr konzentrierten Lösungen erscheinen lassen, so z. B. im Falle
der Ficus r^pews-Blätter. Letztere verlieren dasselbe nach unseren
Erfahrungen bei entsprechender Behandlung ganz. Es ist möglich,
dass wir uns geirrt haben, d. h. dass unsere Augen nicht empfindlich
genug waren, auch bei grosser Konzentration das Band zu entdecken;
aber dass es nicht erst Herrn TsWETT's bedurfte mir klar zu machen,
dass schwache Bänder in konzentrierten Lösungen zu suchen sind,
darf ich doch wohl als sicher betrachten. Nicht minder klar ist es
aber, dass es viel leichter ist, Lösungen zu erhalten, die dieses
Band enthalten, als solche, in denen es fehlt, und ehe ich dieses
vierte Band als dem Chlorophyll gehörig annehme, muss erst eine
Methode gefunden werden, die die Sache objektiv entscheiden kann.
Die Photographie der Spektren hat mich in diesem einen Falle im
Stich gelassen, denn die bis jetzt von mir versuchten Platten sind
in dieser Region zu wenig empfindlich. Yersuche mit den neuen
Platten von Wratten und Wainwright helfe ich in diesem Jahre ab-
zuschliessen.
Für die weitere Beurteilung der TSWETT'schen Resultate ist
dieser Punkt jedoch nebensächlich. Hauptsache ist, dass auch Herr
TSWETT gefunden hat, dass das vierte von ihm beobachtete Band in
Rohchlorophylllösungen das schwächste von allen ist. Nun vergleiche
man die von TsWETT gegebenen Zeichnungen seiner Chlorophylline
(Taf. III, Fig.4u.8) und berücksichtige, dass TSWETT mir vor-
gehalten hat, meine und SCHUNCK's Behauptung, die Menge des
Allochlorophylls bezw\ Chlorophyllins ^ sei in der Regel im
Verhältnis zu der des eigentlichen Chlorophylls gering,
unrichtig sei, dass im Gegenteil der grüne Begleiter des
Chlorophylls in grossen Mengen auftritt.^) Dann muss man
1) J. f. prakt. Ch. [2] 62 (1900) 47. Journ. Chem. Society 27 (1900) 1081.
2) Hierfür vermisse ich übrigens trotz TsWETT's Versicherungen einen
Beweis auch in der letzten Abhandlunof.
Herru TsWETT's historische ChloiopliyUforscliuiigcn und seine Chlorophylline. 227
ZU dem unanfechtbaren Schlüsse gelangen, dass es mit der „neuen"
mit so viel Begeisterung bearbeiteten Trennungsmethode der Chloro-
phylle schlecht steht. Falls Chlorophyllin ß mit den von TSWETT
gefundenen Eigenschaften wirklich in Chlorophylllösungen auftritt
und falls seine Menge verhältnismässig beträchtlich ist, dann dürfte
das vierte in Rohchlorophylllösuugen von TSWETT beobachtete Band
nicht schwächer als Band drei sein (oder überhaupt das schwächste
von allen); denn Chlorophyllin ß zeigt nach TSWETT ein starkes
Band vor E, welches sich in Rohchlorophylllösungen mit dem vierten
Band des Chlorophyllin a summieren müsste. Es sei denn, dass
Herrn TSWETT zu Liebe in diesem Falle „luterferenzbänder" (eine
Bezeichnung, die sich hoffentlich nicht einbürgern wird) nicht ent-
stehen werden. Tatsächlich ist nun aber das vierte Band wenig
veränderter Rohchlorophylllösungen das schwächste und es folgt
daraus, dass entweder ein Farbstoff' von den Eigenschaften des
Chlorophyllins ß im Blatte nicht präexistiert, oder wenn es vorhanden
ist, seine Menge verschwindend klein sein müsste.
Geradezu empörend ist daher die Art und Weise wie Herr
TSWETT mit den Resultaten umgeht, die C. A. SCHUNCK zuerst und
später SCHUNCK und ich bei der Untersuchung der Absorptions-
verliältnisse des Chlorophylls im A^iolett und Ultraviolett erhalten
haben, Herr TSWETT erlaubt sich hierüber ein Urteil zu fällen
ohne zu wissen, dass es absolut unmöglich ist, nach der von ihm
benutzten primitiven Methode die Spektren der Chlorophylle im
stärker gebrochenen Teil des Spektrums genau zu studieren. Die
Photographie der verursachten Bänder ist nur an Lösungen durch-
zuführen, die soweit verdünnt sind, dass nur das erste Band im Rot
noch zu sehen ist, also unter Bedingungen, unter denen das Auge
nur annähernd, wenn überhaupt, Lichtuuterschiede im Spektrum
wahrnehmen kann. Herr TsWETT süudigt aber nicht nur in
methodischer Hinsicht, er bedient sich apodiktischer Äusserungen,
die in der Wissenschaft keinen Wert haben. Unsere Resultate
müssen falsch sein, einfach deswegen, weil sie mit den seinigen
nicht übereinstimmen! Herr TsWETT müsste erst beweisen, warum
die Kriterien, die wir zur Beurteilung der Reinheit des von uns
dargestellten Chlorophylls ungenügend sind, und solange er dies an
Hand exakter Experimente nicht tut, muss ich irgend welche weitere
Auslassungen in dieser Beziehung des Herrn TSWETT unbeantwortet
lassen.
Herrn TsWETT ist es geläufig, Arbeiten anderer als einen
Rückschritt zu bezeichnen; jetzt wird er aber doch wohl eingesehen
haben, dass man mit Hilfe eines Filtrationsversuches sich nicht auf
die Höhe eines Reformators der Chlorophyllchemie schwingen
kann.
228 A. SCHERFFEL:
Was endlich die Umwandlung des Phylloxanthins in Phyllo-
cyanin anbelangt, so wäre es ratsam, dass Herr TSWETT, ehe er
wieder unnötigerweise den Kriegspfad betritt, die einschlägige
Literatur gründlich liest.
Krakau, Medizinisch Chem. Labor, der Universität.
33. A. Seh er f fei: Algologische Notizen.
Mit eiuer Abbildung im Text.
Eingegangen am IG. Mai 1907.
Das nachstehend Mitgeteilte stellt eine kleine Eeihe ganz ge-
legentlicher, im Verlaufe meiner, den Mikrokosmos des Süsswassers
betreffenden Studien, gemachter Beobachtungen dar, welche — wie
ich glaube — doch so viel Interesse bieten, dass ihre Veröffent-
lichung in vorliegender Form gerechtfertigt erscheint. Auch möge
man sich nicht an der Bezeichnung „Algologische" Notizen stossen,
wenn man hier auch Organismen begegnet, welche zwar in nicht
ganz richtiger, doch in althergebrachter Weise den „Algen" zugezählt
zu werden pflegen.
1. Verschiedenartige Ausbildung der Stigmen bei Pandorina
morum (Müll.) Bory.
Dieser durch die von PringSHEIM im Jahre 1869 an ihm zu-
erst gemachte Entdeckung der Schwärmerkopulation berühmt ge-
wordene Organismus ist dermassen interessant, dass man ihn immer
wieder mit unvermindertem Interesse betrachtet, und so kam es,
dass ich an ihm eine Erscheinung beobachtete, welche bisher an-
scheinend der Aufmerksamkeit der Beobachter entging.
Der üblichen Darstellung gemäss besitzt eine jede Zelle der
maulbeerförmigen Kolonie ein deutliches, rotes Stigma, welches in
allen Zellen der Kolonie in gleicher Grösse und Ausbildung er-
scheint. Dies trifft jedoch keineswegs immer zu, denn ich beob-
achtete im Mai des vorigen Jahres eine Fandor^ma-Kolome, welche
in auffallendster Weise eine Erscheinung zeigte, welche bisher nur
Algologische Notizen. 229
bei VoIvo.v zuerst durch RYDER 0 beobachtet wurde. Es fanden sich
nämlich in den an einem Pole der Kolonie gelegenen Zellen auf-
fallend grosse Stigmen, während sie an den Zellen des entgegen-
gesetzten Poles gänzlich fehlten; die in der Zone zwischen diesen
beiden Polen liegenden Zellen hingegen zeigten das Stigma in
geringer Grösse (s. Fig. 1). Mithin kommt also auch hier jene ver-
schiedene, durch den Ort der Zellen bedingte Ausbildung der
Stigmen vor, welche Volvox oft in sehr schöner Ausbildung zeigt,
und welche mit einer gewissen Berechtigung mit der angeblichen,
Licht perzipierenden Funktion der Stigmen in Beziehung gebracht
werden kann. Bei Pandarina ist diese Yerschiedenartigkeit in der
Ausbildung der Stigmen keineswegs immer deutlich ausgeprägt, ja
bisweilen tatsächlich nicht vorhanden, was auch die Tatsache erklärt,
dass diese Erscheinung bisher keine Erwähnung fand.
2. Mehrere Stigmen bei grüuen Scliwärrazellen.
Die Angabe des Yorkommens mehrerer Stigmen ist — meines
Wissens — überhaupt neu. Auf das nicht gerade seltene Vor-
kommen mehrerer Stigmen bei Phaeophyceen-Schwärmern machte
mich mein Freund, Herr Professor Dr. KUCKUCK im März 1904,
gelegentlich eines Zusammenseins an der Zoologischen Station in
Bovigno aufmerksam, und zeigte mir auch eine Reihe diesbezüg-
licher, bisher noch nicht veröffentlichter Abbildungen. Ihm gebührt
daher das Verdienst, zuerst das Vorkommen von Schwärmzellen mit
mehreren Stigmen, deren Mehrzahl nicht etwa auf vorhergegangener
Kopulation von ein einziges Stigma führenden Zellen beruht,
konstatiert zu haben. Es war daher für mich von besonderem
Interesse im November desselben Jahres an einem Schwärmer einer
grünen Alge, an einer Bulbochaete-Zoospore mehrere, nämlich vier
Stigmen zu finden. Sie fanden sich (Fig. 2) alle am Rande des
Chromatophors, in der Nähe der Ursprungsstelle des Cilienkranzes
in einer horizontalen Reihe nebeneinander liegend, doch voneinander
völlig getrennt. Die einzelnen Stigmen waren etwas längsgestreckt,
ihr Längsdurchmesser ging mit der Längsachse des Schwärmers
parallel, ferner waren sie der Grösse nach nicht ganz gleich und be-
sonders eines, am Ende der Reihe liegend, erschien nur punktförmig,
ganz rudimentär. Gerade bei einer Oedogoniacee, wo das Vor-
handensein des Stigmas nicht sehr typisch ist, ist das gelegentliche
Vorkommen mehrerer Stigmen überraschend.
Ein zweiter Fall betrifft eine nicht näher bestimmte Chlamydo-
1) J. A. Ryder, The Polar-diffcrentiation of Volvox and the specialisation
of possible anterior Senseorgan. Amer. Naturalist. 1889.
230 A. SCHERFFEL:
monas-Zel\e, wo zwei Stigmen vorhanden waren. Das eine Stigma
befand sich etwa ein Drittel vom Yorderende entfernt, während das
andere im hinteren Drittel des Zellkörpers lag.
Die Fälle des gelegentlichen, ausnahmsweisen Yorkommens
mehrerer Stigmen werden sich voraussichtlich noch mehren,
interessant aber ist es, dass sich diese Erscheinung nicht blos bei
braunen, sondern auch grünen Organismen findet.
3. Eine verschollene Chlaraydomonadinee, Carteria dubia (Perty)
Scherffel (Fig. 3).
In den ersten Apriltagen des vorigen Jahres stiess ich in einer,
aus der nächsten Umgebung Iglö's stammenden Probe, in leider nicht
grosser Zahl auf einen Organismus, den ich vorerst mit keinem be-
kannten identifizieren konnte und demzufolge geneigt war, für neu
anzusehen. Später jedoch fand ich bei Durchsicht von PerTY's
Werk „Zur Kenntnis kleinster Lebensformen" (Bern 1852) zu meiner
Überraschung auf Taf. XI in Fig. 2 eine zur Identifizierung genügend
gute Darstellung meines anscheinend neuen, in der neueren Literatur
nirgends erwähnten, somit verschollenen Organismus. FeETY hatte
also diesen Organismus bereits 1852 abgebildet und auf Seite 163
des angegebenen Werkes — mit Fragezeichen — als Cryptomonas
dubia auch beschrieben.
Nun möchte ich meinerseits diesen Organismus etwas näher
charakterisieren und einiges über seine systematische Stellung sagen.
Cellula valde compressa, de latere lato late elliptica, postice
acuminata, antice obtusata et incisura distincta emarginata, 13 = 8/{
diam.; latere angusto cuneiformis. Ex incisura antica cilia 4, aequi-
longa, ca longitudine corporis oriuntur. Chromatophoris duobus?,
granulosis, flavo-viridibus, laminaeformibus, parietalibus, medio lateris
lati vittam (spatium) longitudinalem plus minusve latam, semper
distinctam, achroam inter se mittentibus; pyrenoido nullo; stigmate
magno, rubre, versus medium cellulae sito.
Multiplicatio et propagatio ignota. Prope Iglo (Hungaria).
Durch die stark zusammengedrückten, flachen Schwärmzellen,
welche während der lebhaften, rotierend-taumelnden Bewegung eine
charakteristisch dreieckige Gestalt vortäuschen, und durch die
dünnen, plattenförmigen, parietalen, pyrenoidlosen, wahrscheinlich in
Zweizahl vorhandenen, gelbgrünen Chromatophoren, welche an der
Breitseite der Zelle zwischen sich einen höchst charakteristischen,
farblosen, die ganze Zelle ihrer Länge nach durchziehenden, stets
deutlich ausgeprägten und in die Augen fallenden Zwischenraum,
einen Streifen frei lassen, ist dieser Organismus sehr ausgezeichnet.
Die Zelle besitzt eine sehr zarte, doch feste, d. h. nach dem
Algologische Notizen.
231
Absterben nicht sofort vergängliche Hüllmembran, denn ich fand
einige leere Hüllen (Fig. 3c), welche die Form der Zelle und den
anj vorderen Ende befindlichen Einschnitt, d. h. die Öffnung, durch
welche die vier Cilien austreten, sehr schön erkennen Hessen. Am
vorderen Ende, in der ^ahe der Geisseibasis sind zwei kleine,
contractile Vacuolen erkennbar, während das stets augenfällige,
grosse Stigma immer an der Breitseite, einem der Chromatophoren
aufliegend, mehr gegen die Mitte der Zelle gerückt erscheint. Die
hervortretende körnige Struktur der Chromatophoren dürfte wohl
auf dem Vorhandensein von Stromastärkekörnchen beruhen.
Schon PerTY, dem die Geisseiverhältnisse dieses Organismus
unbekannt geblieben waren, erschien es zweifelhaft, ob derselbe
eine Cryptomonas sei, worauf nicht nur der von ihm gewählte
: t
Hl
Fig. 1. Pandorina vioruin, Kolonie mit ungleich ausgebildeten Stigmen.
„ 2. Bulbochaete-Schwärmer mit vier Stigmen.
„ 3. Carteria dubia (Perty) Scherffel. a) Von der breiten Seite, b) Von der
schmalen Seite, t) Leere Hülle.
„ 4. C/iainaesiphon liyalinns n. sp.
Speziesname ,/luhia^'-, sondern auch das dem Gattungsnamen bei-
gefügte Fragezeichen deutlich hinweisen. Nach unseren heutigen
Kenntnissen und nach dem tieferen Einblick in den Bau der Zellen,
welche uns unsere gegenwärtigen optischen Hilfsmittel gestatten, ist
es sofort ganz klar, dass dieser viergeisselige Organismus, der in so
mancher Beziehung Übereinstimmung mit dem Bau der Chlamydo-
monadineenzelle zeigt, zu den zweigeisseligen und andere Besonder-
heiten des Zellenbaues aufweisenden Cryptomonadineen nicht gestellt
werden kann, demnach keine Cryptomonas ist.
Mir ist es sehr wahrscheinlich, dass dieser Organismus zu den
Chlamydomonadineen gehört, und hier Hesse er sich in nicht allzu
gezwungener Weise der Gattung Carteria einreihen. Der Besitz von
vier gleich langen, einem apicalen Einschnitt bezw. Öffnung ent-
springenden Geissein spricht für die Zugehörigkeit zu Carteria.
Eine Abweichung ist hingegen in dem Mangel eines typischen
232 A. SCHEEFFEL: Algologische Notizen.
Becherchromatophors, und in dem Fehlen des sonst allen bisher be-
kannt gewordenen C'ar^ma-Arten zukommenden Pyrenoids gegeben.
Misst man diesen letzteren Umständen hohen Wert bei, so müsste
für unseren Organismus eine neue Gattung geschaffen werden. Da
es jedoch nicht feststeht, dass der Beschaffenheit des Chromatophors
hier gattungsbegründende Wichtigkeit zukommt und betreffs des
Pyrenoids SeEBINOAV^) das Yorkommen einer pyrenoidlosen Rasse
bei einer typisch pyrenoidführenden Chlamyclomonas-Krt nachwies, so
wäre auf dem Mangel dieser Dinge hier kein so hohes Gewicht zu
legen und demzufolge hielt ich es für nicht allzu gewagt, unseren
in Rede stehenden Organismus der Gattung Carteria zuzuweisen.
Nachdem schon PeRTY ihn mit einem leider auch jetzt noch zu-
treffenden Speziesnamen versehen hatte, so muss er wohl bis auf
weiteres, bis zur Vervollständigung der noch sehr lückenhaften
Kenntnisse, den Namen Carteria dubia (Perty) Scherffel führen.
4. Chamaesiphon liyaliuus nov. spec. (Fig 4).
Thallo fere cylindrico, sursum paulo attenuato, 5 [x alto, 2 jx crasso,
homogeneo, hyaline, apice seriem moniliformam gonidiorum
perpQsillorum, depresso-globosorum, circa 1 /t diam. producente.
In Epithemia turgida (Fhb.) Kütz. vivente epiphyticus, substrato
plus minusve perpendiculariter insidens.
Prope Iglö (Hungaria).
Dem morphologischen Aufbau nach gehört dieser winzige,
durchaus farblose Organismus zu der Schizophyceen-Gattuug Cha7nae-
siphon, wo sich jedoch bis jetzt nur gefärbte Formen finden. Die
Farblosiokeit ist aber durchaus kein Grund ihn nicht hierher zu
stellen, oder auf ihm ein neues Schizomyceten-Genus zu gründen.
1) J. L. Serbixow, Über eine neue pyrenoidlose Rasse von C/damydonwnas
stellata Dill. Bull, jardin. imp. bot. St. Petersbourg, 1902, Bd. 2, S. 141.
W. ZOPF: Biologische und morphologische Beobachtungen an Flechten. 233
34. W. Zopf: Biologische und morphologische Beobachtungen
an Flechten.
Mit Tafel VIII.
Eingegangen am IT. Mai 1907.
III. Durcli tierische Eingriffe hervorgerufene Gallenbildungen au
Vertretern der Gattung Kamalina.
Von Gallenbildung an Flechten sind zwar bereits mehrere Fälle
bekannt, doch handelt es sich hierbei immer um Erzeugnisse
pilzlicher Natur.') Durch tierische Eingriffe erzeugte Flechten-
gallen scheinen noch nicht l)eobachtet zu sein.
Als ich seinerzeit die Ramalina kuUensis auf der schwedischen
Halbinsel KuUen für meine Flechtensäurestudien in Menge zu-
sammenbrachte, fiel es mir auf, dass zahlreiche Exemplare eigentüm-
liche Deformationen zeigten. Die Thallusäste waren nämlich mehr
oder minder stark aufgetrieben (Taf. YIII, Fig. 1 und 2), entweder
in ihrer ganzen Länge (Fig. 2) oder nur in der unteren Hälfte
(Fig. 1). Durch diese Auftreibnngen, die bis zu 1 cm an Durchmesser
hielten, erlangten die Achsen meistens schlauchartige, wurstartige
oder dickdarmartige, mehr oder minder auffällig gekrümmte Form
(Fig. 1). Zweigbildungen pflegten den deformierten Achsenteilen
entw^eder ganz zu fehlen, oder nur in stark verkürzter Form aufzu-
sitzen; weniger häufig erschienen sie etwas verlängert und waren
dann meistens ebenfalls deformiert. Man trifft nicht selten Thalli
an, die sämtliche aus dem kräftigen Rhizoid entspringende Achsen
im Zustande der Deformation zeigen (Fig. 2), dann wieder andere,
wo sich die Missbildungen nur auf eine oder ein paar Achsen er-
strecken.
An solchen Achsen, die ihrer ganzen Länge nach hypertrophiert
erscheinen, sind Spermogonien häufig und ebenso reichlich, wie an
normalen; Apothecien fehlen aber in der Regel. Nur im unteren
Teile hypertrophierte Achsen habe ich mehrfach mit Apothecien in
guter Entwickelung angetroffen (Fig. 1).
1) Siehe unter anderem W. ZOPF, Untersuchungen über die durch parasitische
Pilze hervorgerufenen Krankheiten der Flechten (Fortsetzung). Nova Acta Leop.
Carol. Akad., Bd. LXX, Nr. 4, Abschnitt XXV: Didt/mosp/iaeria pu/posi Zopf . Ferner
J. M. A. Ceombie, Monograph of Lichcns found in Britain. Part I, p. 227:
A monstrosity, caused by the preseuce of the parasite Ahrothallus Sitiithü.
Ber. der deutschen bot. GeseUscli. XXV. 17
234 W. Zopf:
Die eben beschriebenen Bildungen sind stets hohl und zeigen
hie und da sehr kleine, mit blossem Auge kaum bemerkbare Löcher.
Mitunter sind grössere Löcher von kreisförmigem oder elliptischem
Umriss und 1 — l'/o ww Durchmesser vorhanden. Ihre Ränder
miachen den Eindruck, als ob sie durch Tierfrass entstanden sind.
Tatsächlich findet mau in den Auftreibungen stets kleine Glieder-
tiere oder Häute von solchen vor, sowie auch mehr oder minder
massenhaft mikroskopisch kleine Exkremente von rundlicher oder
zylindrischer Form und dunkler Färbung.
Wie die in Gemeinschaft mit dem hiesigen Zoologen, Herrn
Professor Dr. STEMPELE, vorgenommene Untersuchung zeigte,
kommen dreierlei winzige Gliedertiere in Betracht: milbenartige,
spinnenartige und asselartige.
In allen Deformationen fanden sich Milben vor in mehr oder
minder grosser Zahl. Sie fressen das Mark der Thalli mehr oder
weniger vollständig heraus und setzen oft so zahlreiche Exkremente
ab, dass die Wand der Hohlröhren bei schwacher mikroskopischer
A^ergrösserung wie mit schwarzen Punkten dicht besetzt erscheint.
In einigen Deformationen (6) waren ausserdem Häute einer und
derselben winzigen Spinne vorhanden. Der Kopf (Fig. 4) trug
acht einfache Augen in charakteristisclier Stellung und verschiedener
Grösse. Es fanden sich ferner die für Spinneu charakteristischen
Kieferfüsse vor (Fig. 5), bestehend aus einem grossen Basalgliede (a)
und einer hakenförmigen Klaue (i), an deren Spitze der Aus-
fiihrungsgang einer Giftdrüse mündet. An der Innenseite des
Basalgliedes konnte man zahnähnliche hornige Bildungen sehen, die
gewissem! assen die Form von Reisszähnen des Hundes nachahmten.
Die Kieferntaster zeigten, ebenfalls dem Spinnencharakter ent-
sprechend, die Form von Beinen. Die Chitinhäute waren teils mit
einfachen Haaren (Borsten) versehen, teils mit gefiederten (Fig. 6).
Am Kopfe waren nur letztere vorhanden, um die Augen herum
bildeten sie einen förmlichen Wimperkranz. Ich sah immer nur die
leeren Chitinhäute und in deren Nähe die grossen zylindrischen
schwarzen Exkremente; die Tiere waren um die Zeit, wo ich die
Flechte sammelte (Ende August) schon ausgeschlüpft.
Endlich habe ich in den Auftreibungen nicht selten einen
mikroskopisch kleinen Diplopoden angetroffen, einen Vertreter der
Gattung Polyxenus.
Wenn man nun fragt, welche von den genannten Glieder-
füsslern als die hau})tsächlichen Gallenerzeuger in Betracht kommen,
so glaube ich, dass es die Milben sind, und zwar aus dem Grunde,
weil sie, wie gesagt, in jeder Galle zu finden waren, während die
Spinne und der Pohjxenus nur in einzelnen Gallen vorkamen.
Biologische und morphologische Beobachtungen an Flechten. 235
letzterer immer nur in alten löclierigen Gallen, die schon an ihrer
Verfärbuno- ins Graubräunliche kenntlich werden.
y Die Milben üben wahrscheinlich durch die Tätigkeit ihrer
Mundteile einen mechanischen, vielleicht auch einen chemischen
Reiz auf Algenzoue und Rinde aus, der die Folge hat, dass diese
Gewebsschichten in tangentialer Richtung ein starkes Wachstum er-
fahren.
Möglich wäre es aber, dass auch die kleine Spinne eine
ähnliche Wirkung auszuüben vermag. Die grossen Löcher in den
Gallen werden jedenfalls von der Spinne und nicht von den
Acarinen oder dem Po\\jxenus hervorgerufen.
Auf Kullen wird die gallentragende Flechte sowohl an den
Granitblöcken des Strandes bei Mölle wie an den Granitwänden und
Klippen von Djupadalen, Josefinelyst, in der Umgebung des Leucht-
turms (Kullens Fyr) und anderen Orten massenhaft angetroffen.
Von Bornholm brachte mir der Direktor des botanischen
Gartens in Bremen, Herr Dr. G. BITTER, zahlreiche Exemplare
einer Hamalina mit, die, wie ich kürzlich nachwies, Ramalina
kullensis Zopf darstellt. Unter diesen Exemplaren fanden sich ver-
schiedene, welche ebenfalls Gallenbildungen aufwiesen. Beim
Öffnen derselben fand ich zahlreiche Milben und deren Exkremente
vor. Es scheinen also auch auf Bornholm Milben die Ursache jener
Bildungen zu sein.
Dass es sich bei der gallentragenden Flechte von Kullen wie
von Bornholm tatsächlich um Ramalina kullensis handelt, habe ich
durch die chemische Untersuchung festgestellt. Die gepulverten
Exemplare, die zur Entfernung von Usninsäure mit Benzol be-
handelt worden waren, lieferten nämlich beim Auskochen mit
Aceton und Abdestillieren des zuvor von Wachs befreiten Auszuo-es
bis auf einen o-eringen Rest, Kullensissäure. Die Identifizierung-
geschah in der früher von mir angegebenen Weise (LiEBIG's
Annalen der Chemie, Bd. 352, S. 18 ff. und diese Berichte, Bd. XXIV
(1906) S. 578) unter anderem auch durch Erhitzen der salzsauren
alkoholischen Lösung, wobei ein blaugrüner bis blauer Körper
entstand.
In bezug auf den anatomischen Bau der normalen und der
in Gallen umgewandelten Thallusäste konnte kein irgendwie auf-
fälliger Unterschied o-efunden werden.
Ein Querschnitt der normalen Äste zeigt das in Fig. 3 dar-
gestellte Bild. An die Rinde r schmiegen sich meist mächtig ent-
wickelte Pfosten m von stark sklerotischen Fasern. Das Durch-
lüftungsgewebe (Mark) durchbricht hie und da die Rinde (bei <T).
Querschnitte durch gallenartige Thallusäste gaben meist dasselbe
Bild. Nur zeigten sich hin und wieder die sklerotischen Elemente
17*
236 W. ZOPF:
auf mehr oder minder weite Strecken nicht als Pfosten, sondern als
kontinuierlicher, meist dicker Riudenbelag entwickelt. Im übrigen
ist stets eine grosse Markhöhhmg vorhanden und das Markgewebe
auf mehr oder minder weite Strecken bis zu den Algen hin weg-
gefressen.
Für die Westküste Frankreichs und die Küste der Canaren
gibt NylandeR das Vorkommen der echten, d. h. durch Kalilauge
im Mark rot bis rotbraun werdenden Ramalina scopulorum (Dicks.)
in einer Varietät an, die er als incrassata Nyl. bezeichnet (Recognitio
monographica Ramalinarum, S. 59). Sie besitzt nach ihm miss-
gestaltete Thallusäste, die bis \2 mm dick werden können!
Zwei Seiten weiter führt er für Ramahna cuspidata (Ach.), die
durch Kalilauge im Mark nicht gefärbt wird, eine Varietät crassa
(Del.) Nyl. ebenfalls von Westfrankreich und den Canaren an und
sagt, sie sei gestaltlich analog und ziemlich ähnlich der var. incrassata
von Ramalina scopulorum.
Beim Lesen dieser Angaben kam mir unwillkürlich der Ge-
danke, dass die eben genannten beiden Varietäten wohl nichts
anderes darstellen dürften als Gallenbildungen.
Dass dieser Gedanke richtig war, lehrten vier Exemplare der
echten incrassata Nyl , welche ich durch die Güte des Herrn
Professor Dr. VlAUD - GRAND - MARAIS (Nantes) von der Insel Noir-
moutier (Vendee) erhielt, und die im Mark mit Kalilauge Rot-
färbung zeigten; und ferner zwei Exemplare der echten crassa (Del.)
Nylander von Ile d'Yeu (Vendee) die mir der Genannte ebenfalls
zur Verfügung stellte, und die im Mark keine Färbung mit Kalilauge
gaben.
Beide Flechten waren gestaltlich von gewissen Gallenformen
der Ramalina kullensis nicht wohl zu unterscheiden. Ich prüfte
daher sogleich auf die Gegenwart von Tieren und fand kleine
Milben nebst zahlreichen winzigen dunklen Kotballen in jeder
gallenartig deformierten Achse sowohl der incrassata als der crassa
vor. Chitinhäute einer Miniaturspinne oder von Polyxenus konnte
ich nicht bemerken.
Ich glaube daher nicht fehlzugehen, wenn ich die Entstehung
der Incrassata-Q aUen wie der Crassa- Gallen ebenfalls auf Milben-
eingriffe zurückführe. Ob die Milben identisch sind mit denen
der Kullensis -GsiWen liess sich nicht feststellen.
Was LeightON (Lichen-Plora of Britain p. 89 und 70) sowie
CROMBIE (Monograph of Lichens found in Britain p. ]9G und 198)
als Ramalina scopulorum var, incrassata Nyl. für die Channel Islands,
Südwest - England und Nordwest - Irland, und was sie als Ramalina
Biologische und iiiorpliologisclie Beobachtungen an Flechten. 237
cuspidata var. crassa (Del.) für die Channel Islands, Nord-England
und Nordost-Schottland aufführen, sind zweifellos ebenfalls durch
Tiere verursachte Galleubildungen. LeighTON hebt die „tuber-
kulöse Missffestaltung-" der Thallusäste der englischen incrassata
durch gesperrten Druck noch besonders hervor. Ob auch für die
englischen Incrassata- und Crassa-Gallen Milben als Ursache anzu-
nehmen sind, habe ich aus Mangel an Material nicht prüfen können,
halte es aber nach den an den schwedischen, dänischen und
französischen Gallen o-emachten Befunden für höchst wahrscheialich.
Fassen wir das Resultat vorstehender Untersuchungen zusammen,
so ergibt sich, dass in der Scopulorum-Sippe der Ramalinen drei
Vertreter tierische Gallenbildungen aufweisen können, nämlich
Ranialina kuUensis Zopf, Ramalina scopulorum (Dicks.) und Ramalina
cuspidata (Ach.). Wahrscheinlich sind diese Bildungen meist durch
Milben, seltener durch Miniaturspinnen veranlasst.
Die Varietäten incrassata Nyl. und crassa (Del.) Nyl. sind, da
sie nur gallenartig veränderte Formen von Ramalina scopulorum
(Dicks.) und Ramalina cuspidata (Ach ) darstellen, zu streichen.
Erklärung: der Abbildungen.
Fig. 1. Ein Thallus der Ramalina kullensis Zopf von der schwedisclien Halbinsel
Kullen, dessen Äste partiell oder total in Gallen umgewandelt sind, im
frischen Zustande gezeichnet, rh Ehizo'id, ap Apothecien. Natürliche
Grösse.
„ 2. Ein Thallus derselben Flechte, dessen Achsen sämtlich mehr oder minder
stark deformiert erscheinen, ebenfalls im frischen Zustande gezeichnet.
Das Rhizoid ist dem Beschauer abgewendet. Die Punkte und Wärzchen
stellen Spermogonien dar. Apothecien fehlen. Natürliche Grösse.
„ 3. Querschnitt durch eine normale Achse derselben Flechte, r Rinde, m die
mächtigen mechanischen Pfosten, in der Mitte das Mark, d Durchlüftungs-
stellen, 60 fach: nacli Brandt.
„ 4, 5, 6. Teile der Miniaturspinne, die ich in sechs Gallen vorfand.
- 4. Spinneukopf mit seinen acht Punktaugen, 8 fach.
„ 5. Kieferfüsse, 40 fach.
„ 6. Gefiederte Fühlborston, rechts eine en face, links eine im Profil,
540 fach.
Münster, Botanisches Institut der Universität.
238 ROBEET LAUTERBORN:
35. Robert Lauterborn: Eine neue Gattung der Schwefel-
bakterien (Thioploca Schmidlei nov. gen. nov. spec.)
Mit einer Abbildung.
Eingegangen am 19. Mai 1907.
Bei einer Untersuchimg des Bodeusees, welche ich im April
dieses Jahres in Gesellschaft des Herrn Geheimrat Professor NCSSLIN-
Karlsruhe vornahm, fand ich in dem sogenannten Untersee eine
recht interessante Schwefelbakterie, die bisher der Aufmerksamkeit
entsranoen zu sein scheint. Ich schlage für dieselbe den Namen
Thioploca^) vor und widme die Art meinem Freunde, Herrn Seminar-
direktor Professor W. SCHMIDLE, dem trefflichen Erforscher der
Aloenflora des Oberrheins.
Während die Ufer und besonders der abfallende Hang des
Untersees — die „Halde" — zum grossen Teil mit ausgedehnten
Characeen-Rasen übergrünt sind, erscheinen die grösseren Tiefen,
welche in der Nähe von Ermatingen bis zu 21 m absinken,
völlig frei von höherer Vegetation. Hier ist der Seegrund bedeckt
mit einem sehr feinen graugelben Schlick, der von assimilierenden
Pflanzen nur einige wenige lebende Diatomeen, dagegen zahllose
leere Panzer der letzteren enthält. Beim Sieben dieses Schlicks fiel
mir nun auf, dass der Rückstand — ganz im Gegensatz zu ent-
sprechendem Materiale aus dem Obersee — auf dem Boden des
Siebes zu grösseren eigentümlich verknäuelten und verfilzten Massen
vereinigt blieb, die sich mit der Pinzette leicht in grösseren Flocken
abheben Hessen. Schon mit freiem Auge war zu erkennen, dass
dieses Gewirre von pflanzlichem Detritus, Würmern, Fliegenlarveu
usw. von zahlreichen feinen weisslichen Fäden durchsponnen war,
welche in ihrem Aussehen ganz an äusserst dünne Zwirnfäden er-
innerten. Unter dem Mikroskope erwiesen sich diese Gebilde als
Bündel von beggiatoa-arügen Fäden, welche von weiten schlauch-
förmigen Gallertröhren umschlossen waren.
In ihrem Bau und Aussehen gleichen die Fäden von Thioploca
völlig denen von Beggiatoa, besonders jenen von Beggiatoa arachnoidea
Rabenhorst. Ihre Dicke schwankt zwischen 5 und 9 a\ an ihren
freien Enden wird sie oft mehr oder weniger verschmälert und ab-
gerundet. Die einzelnen Zellen sind bei stärkeren Yergrösserungen
1) Tluün = Schwefel, ploka = Flechte (Haarllechte, Locke).
Eine neue Gattung der Schwofelbakterien.
239
X
J
ziemlich deutlich gegeneinander abgegrenzt: ihre Länge beträgt
durchschnittlich das l—V/.Jäehe der Breite. Das Plasma ist meist
scheinbar homogen und von schwach bläulicher Farbe. Bisweilen
beobachtete ich aber auch recht bewegliche Fäden, die schon bei
schwächeren Yergrösserungen fein granuliert erschienen; bei An-
wendung stärkerer Systeme lösten
en sich diese scheinbaren ,, Gra-
nula" in ein sehr feinmaschiges
plasmatisches Wabenwerk auf.
Die charakteristischen Schwefel-
körnchen waren meist in so be-
trächtlicher Zahl den Zellen ein-
oelao-ert, dass die Bündel der
T/iioploca-¥ iidew bei schwächeren
Yergrösserungen im durclifallen- li- mJ^^ '^ /: M -1
den Lichte ganz schwarz er-
schienen.
Was nun aber die Thioploca-
Fäden bei einer so weitgehenden
Ähnlichkeit mit denen von
Beggiatoa sofort von dieser letz-
teren unterscheidet, ist der Um-
stand, dass sie nicht frei den
Schlamm durchkriechen, sondern
in farblose Gallertschläuche
eino-eschlossen sind. Die Ober-
fläche dieser Schläuche ist nach
aussen stets deutlich begrenzt und
fast immer mehr oder weniger
mit mineralischen Fremdkörpern
inkrustiert, oft so dicht, dass ein
Einblick in das Schlauchinnere
erschwert wird. Gar nicht selten
zeigen die dickeren Schläuche,
wie dies auch auf der bei-
gegebeneu Figur angedeutet ist,
ringförmige Einschnürungen, welche den Schläuchen ein eigen-
artiges, fast wurmartiges Ansehen verleihen. Von einer feineren
Struktur der Gallerte ist im Leben kaum etwas zu erkennen, ab-
gesehen vielleicht von einem öfters hervortretenden System feinster
Längsfasern im Innern, welche aber wohl nichts anderes darstellen
dürften, als die Wände der Kanäle, in denen sich die Pilzfäden be-
I
Tliioftloca Sc/imiillei Lauterb.
Ein dickeres und ein dünneres Fadciibruch-
stück. Yergr. ca. 200.
wegen.
Die Dicke der Schläuche ist sehr verschieden, je nach der Zahl
240 liOBERT LAUTERBORN:
der umschlossenen Fäden; bei den gemessenen Exemplaren sehwankten
sie zwischen 50—160 ,m. Sehr beträchtlich ist ihre Länge: ich habe
aus dem absresiebten Detrituss-ewirre mit der Pinzette 3 — 4 cm
lange Fadenschläuche herausziehen können, glaube aber, dass damit
noch keineswe2:s die grösste Länge erreicht ist. Yerzweiguno-en
wurden niemals gesehen.
Diese Schläuche umschliessen nun in einem ziemlich beträcht-
lichen Abstände die Bündel der Pilzfäden. Die Zahl der letzteren
ist recht verschieden: dünne Schläuche enthalten nur wenige (1 — 5),
dickere dagegen bis zu einlösen Dutzenden von Fäden. Die Fäden
verlaufen meist dicht gedrängt, einander parallel, vielfach mehr oder
weniger gewunden und seilartig gedreht. Mehrfach habe ich auch
beobachtet, dass ein dickeres Bündel sich an einer Stelle spaltete,
worauf die eine Hälfte der Fäden die andere spiralig umwand.
Die von Beggiatoa her bekannte gleitende Bewegung der Pilz-
fäden fehlt auch bei Thioploca nicht. Es gewährt stets ein an-
ziehendes Bild, zu beobachten, wie innerhalb der Gallertscheiden die
Fäden sich fortwährend und oft sehr lebhaft verschieben, wobei zwei
benachbarte Fäden gerade ento-egengesetzte Richtuns: einhalten
können.^) Reisst an irgend einer Stelle der Gallertschlauch, so
quellen die Fäden bogen- oder schleifenförmig nach aussen vor. —
Die vorstehende Schilderung dürfte wohl dartun, dass T/noploca
im System am nächsten mit Beggiatoa verwandt ist. Sie steht zu
letzterer in einem ganz ähnlichen Verhältnis, wie unter den Cyano-
phyceen die bündelweise in Gallertröhren eingeschlosseneu Gattungen
Hydrocoleum oder Microcoleus zur freibeweglichen Oscülatoria. Da
man ja schon vielfach an die Möglichkeit verwandtschaftlicher Be-
zielmngen zwischen den fadenbildenden Schwefelbakterien und
Oscillarieu gedacht hat — haben doch die älteren Algologen
Beggiatioa unbedenklich unter Oscillatoria eingereiht! — scheint es
mir nicht ohne Interesse, dass nun auch unter den fadenförmigen
Schwefelbakterien eine gallertumhüllte Form vorkommt, welclie ohne
Zwang als Parallelform zweier bei den Cyanophyceen schon längst
bekannten Gattungen aufgefasst werden darf. —
Schliesslich noch einige Worte über das Vorkommen von
Thioploca. Wie bereits kurz bemerkt, habe ich dieselbe bisher nur
1") Eine ähnliche und wolil auch durch diesoll)e Ursache (üallcrtabscheidung)
hervorgerufene gleitende Bewegung findet sich übrigeus auch bei dem als Wasser-
blüte auftretenden Aphanizomenon flos aquae Almann. Diese Cjanopliycee bildet
vielfach Bündel und Flöckchen ziemlich straffer, parallel gerichteter Fäden, welche
sich, wie ich wiederholt beobachten konnte, oft sehr lebhaft an einander ver-
schieben; auch hier bewegen sich oft zwei benachbarte Fäden in gerade entgegen-
gesetzter Richtung hart aneinander vorbei. Die Bewegungserscheinungen erinnern
an diejenigen der Diatomee Bacillaria paradoxa 0. F, M,
Eine neue Gattiin.tr der Schwefelbakterieii. 241
im Untersee des Bodensees bei Ermatingen und nur in Tiefen von etwa
];, — •_)(> m oefunden. In der Nähe des seichteren Ufers kam sie mir
iiipht zu Gesicht, ebensowenig in den Characeen - Rasen der Halde
in etwa 5 m Tiefe, wo einzelne Beggiatoa-Yäi^iiW nicht selten waren.
Während die letzteren aber, wie bekannt, vor allem die Oberfläche
•des Schlammes in weisslichen kreidigen Filzen überspinnen, durch-
wuchert Thioploca mit ihren Gallertschläuchen das Innere des feinen
Schlicks der Tiefe; nie habe ich auch nur ein einziges Exemplar auf
<ler Oberfläche des Schlammes gesehen. Obgleich nun dieser kalkreiche
Schlick durchaus keinen so ausgesprochenen Geruch nach Schwefel-
wasserstoff erkennen liess wie beispielsweise der von Beggiatoa bevor-
zugte faulende oroanische Schlamm unserer Abwässer, bewies das reich-
liehe Vorkommen von Schwefelkörnchen in den Zellen doch, dass
Thioploca trotzdem das für die Entwickelung der Schwefelbakterien so
notwendige Gas zu speichern weiss. Als Quelle für die Entbindung
von HoS dürfte in unserem Falle vor allem die Fäulnis abgestorbener
Reste der Tier- und Pflanzenwelt des Grundes als auch derjenigen
des freien Wassers in Frage kommen. Von Tieren leben in der
Tiefe des Untersees zahlreiche Fliegenlarveu der Gattung Chironomus,
<lann Borstenwürmer (Tubificiden), kleine Muscheln {Pisidiutii),
Hydrachniden usw., alle meist in recht beträchtlichen Mengen. Die
Pflanzen sind, von Bakterien') abgesehen, hauptsächlich tfurch
Diatomeen vertreten. Lebende Exemplare waren indessen, nament-
lich im Vergleich zu ihrer üppigen Entfaltung in den Characeen-
Rasen der Halde,^) in L'O m Tiefe nur noch verhältnismässig
spärlich anzutreffen, am zahlreichsten noch Pinnularia viridis,
Pleurosigma attenuatiim, Nitzschia sigmoidea, Surirella biseriata,
Amphora ovalis. Desto grösser war die Zahl der abgestorbenen
Kieselalgen. Dieselben stammten teils aus den Characeen-Rasen,
teils aus dem Plankton; unter den zu Boden gesunkenen Formen
der letzteren war Cycloteüa bodanica Eulenstein besonders vor-
herrschend. —
Fassen wir das Ergebnis meiner Untersuchung noch einmal zu-
sammen, so können wir folgende kurze Diagnose der neuen Gattung
o-eben:
1) Im Anscliliiss an die Bakterien wäre hier wohl auch das Vorkommen der
interessanten durch ihre ungeheuere Flexilität an Spirochaete erinnernde Gattung
SyirohaciUus zu erwähnen, deren Typus S. (jigas Certes aus getrocknetem Schlamm
von Arabien und Ostafrika beschrieb. Eine zweite kleinere und dünnere Art der-
selben Gattung {Sp. Buetschlii nov. sp.), habe ich wiederholt im Schlamme einiger
Weiher des Pfälzerwaldes bei Kaiserslautern beobachtet und dies auch bereits
gelegentlich mitgeteilt; zu ihr gehört auch die Form aus dem Bodensee.
2) Unter den zahlreichen hier vorkommenden Diatomeen war auch die prächtige
Riesenform Surirella calcarata Ptitzer vertreten. Von Oscillarien war die saprophile
Oscillatoria chlorina Kützing nicht selten.
242 Werner Magnus und Hans Friedenthal:
Familie Beggiatoaceae.
Gattung Thioploca Lauterb.
Fäden von heggiatoa-üYi\gQvt\ Habitus, mit reichlichen Schwefel-
körnern, beweglich, in oft beträchtlicher Zahl parallel nebeneinander
verlaufend, zu seilartigen Bündeln vereinigt und verflochten. Nach
aussen umschlossen von weit abstehenden farblosen Gallertröhren,
meist mit Schlammpartikeln inkrustiert und bisweilen mit ring-
förmigen Einschnürungen versehen.
Thioploca Schmidlei Lauterb. Mit den Charakteren der Gattung.
Zellen der Fäden 5 — 9 ju dick, 1 — lYomal so lang als breit,
Gallertschläuche 50 — 160 fi dick, bis mehrere Centimeter lang.
Vorkommen: Untersee des Bodensees in der Gegend von
Ermatingen, in 15 — 20 m Tiefe das Innere des kalkreichen Grund-
schlicks durchziehend.
Ludwigshafen a. Khein-Heidelberg, Mai 1907.
36. Werner Magnus und Hans Friedenthal: Über die
Specificität der Verwandtschaftsreal<tion der Pflanzen.
EiniresaDSCii am 21. Mai 1907.
In einer früheren Mitteilung^) wurde gezeigt, dass Presssäfte
von Pilzen, die in die ßlutbahn von Kaninchen eingeführt wurden,
das l^lutserum nach einiger Zeit so veränderten, dass es nach Zusatz
geringer Mengen des zur Vorbehandlung dienenden Saftes Nieder-
schläge (Präcipitine) erzeuj^te. Aus den Erfahrungen bei der Vor-
behandlung der Kaninchen mit Sera anderer Tierarten und mit
einigen tierischen eiweissartigen Stoften hatten wir geschlossen,
dass, falls das Serum eines mit Pflanzenpresssaft vorbehandelten
Tieres mit dem Presssaft einer anderen Pflanze gleichfalls Präcipitine
bilde, diese Tatsache einen Rückschluss auf ihre natürliche Verwand-
schaft gestatte. So wurde aus unseren Versuchen mit dem Presssaft
der Hefe, Trüffel und Champignon gefolgert, dass Hefe mit Trüffel
näher verwandt, als beide mit Champignon seien. —
1) Werner Magnus und Hans Friedenthal: Ein experimcuteller Nach-
Aveis natürlicher Vcrwandschaft bei Pflanzen. Diese Berichte XXIV, S GOlff. 190G.
über die Specificität der Verwandtschaftsreaktion der Pflanzen. 243
Es war aber schon in unserer ersten Mitteilnng nicht unerwähnt ge-
blieben, dass KOWARSKI^) aus Inimunisierungsversuchen an Kaninchen
mit Albumosen höherer Pflanzen geschlossen hatte, dass jiflanzliche
Eiweisskörper wahrscheinlich nicht so verschieden seien, wie tierische,
da er z. B. mit dem Serum von mit Weizenalbumose behandelten
Kaninchen anch eine, allerdings schwache, Präcipitinreaktion mit
Erbsenalbumose erhielt. Mit dem Serum des verwandtschaftlich
jedenfalls unverhältnismässig näherstehenden Hafer hatte er dagegen
keine Keaktiou erhalten. Wären diese Beobachtunoen richtis:, so
müsste man der Beweiskraft der Yerwandschaftsreaktion bei Pflanzen
das grösste Misstranen entgegenbringen und sie zumal für die
höheren Pflanzen als nicht verwertbar erachten. — Ehe daher der
Ausarbeitung der verwandschaftlichen Beziehungen einer speziellen
Pflanzengruppe näher getreten werden konnte, galt es nachzuprüfen,
ob wirklich zwischen systematisch augenscheinlich so entfernt
stehenden Pflanzen wie Weizen und Erbse die Präcipitinreaktion
positiv ausfiele, weiterhin überhaupt für verschiedene Pflanzenformen,
zumal für höhere Pflanzen, den Geltungsbereich der Reaktion zu
stammesgesehichtlich voraussichtlich näher oder entfernter stehenden
Formen zu ermitteln. — KOWARSKI hatte die Weizenalbumoselösung
so gewonnen, dass er Weizenmehl mit physiologischer Kochsalzlösung
(0,9 pCt.) behandelte, die erhaltene Albuminlösung auf dem Wasser-
bade auf 64 — 70° erhitzte und klar filtrierte. Das Filtrat ergab
deutliche Albumosenreaktion. —
Für die Zuverlässigkeit der Präcipitinreaktion zum Nachweis
natürlicher Yerwandschaft erschien es uns notwendig, möglichst alle
eiweissartigen Stoffe der Pflauze in Wirksamkeit treten zu lassen.
So behandelten wir das — um eine etwaige Beimeno-uno' fremder
Stoff"e zu vermeiden - — aus Samen selbst gemahlene Mehl von Weizen
und Erbse mit physiologischer Kochsalzlösung, um alle diejenigen
Stoffe zu extrahieren, die überhaupt in der der Lösung isotonischen
Serumflüssigkeit lösbar sein könnten. Die zur Anstellung der Reaktion
dienenden Samenextrakte wurden, um jede Spur von vorhandener
Trübung, die leicht die Quelle von Täuschungen hätte sein können,
zu entfernen, in der Saugflasche unter Druck durch REICHEL'sche
Tonfilter filtriert, wodurch sie wasserklar erhalten wurden. Dann
wurden sie wieder mit physiologischer Kochsalzlösung versetzt.
Während der Weizenextrakt klar blieb, trübte sich der Erbsenextrakt.
Es wurde so lange verdünnt und wieder filtriert bis keine Fällung
beim Zusatz von Kochsalzlösung mehr eintrat. — Der Eiweissg-ehalt
des Weizenextraktes betrug geschätzt nach dem Albuminimeter nach
1) KoWARSKI: tiber den Nachweis pflanzlichen Eiweiss auf biologischem
Wege. Deutsch, med. Wochenschrift XXVII, S. 442. 1901.
244
Werner Magnus und Hans Friedenthal:
ESBACH 0,06 — 0,1 pCt., der zur Injektion dienende Erbsenextrakt
enthielt 0,7 pCt. Eiweiss, während der zur Reaktion dienende auf
das Zehnfache verdünnt war. — Die Injektionsflüssigkeiteu wurden
mit Soda sch\vach alkalisch gemacht. —
Die Untersuchung der Sera des in der folgenden Tabelle re-
gistrierten Versuches mit Weizen- und Erbsentier geschah gleich-
zeitig. Die Sera hatten sich aus dem in erwcärmten Zylindern auf-
gefangenen Blut im Eisschrank nach acht Stunden klar abgesetzt.
Sie wurden durch REICHEL'sche Toufilter filtriert, um jede Spur
einer durch suspendierte Blutkörperchen etwa vorhandenen Trübung
zu vermeiden. Sie waren danach wasserklar.
Anfangsgewicht . . .
Gewicht bei Blutentnahme
Zeit der Behandlung . .
Summe des injizierten Ex-
trakts
Anzahl der Injektionen .
2 ccin Antiserum + 0,02
VVeizenextrakt . .
2 ccm Antiserum + 0,02
Erbsenextrakt ....
^Yeizentier
Erbsentier
-
3000 <j
2500.9
0,02 Erbsen-
2000 g^)
2400 (/
extrakt resp.
60 Tage
22 Tage
Weizenextrakt
210 rem
sechsmal
.50 coa
zweimal
in 2 ccm
0,1) pCt. Koch-
salzlösung
sehr dichte Trübung
wasserklar
= wasserklar
wasscrklar
sehr dichte Trübung
Der Versuch zeigt mit voller Schärfe, einmal, dass auch für
höhere Pflanzen die Präcipitinreaktion eintritt, und zweitens, dass sie
jedenfalls für systematisch so fernstehende Formen wie Weizen und
Erbsen selbst nach relativ langer und intensiver Behandhing spe-
zifisch ist. —
Um die Präcipitinreaktion für systematische Zwecke bei höheren
Pflanzen verwerten zu können, würde eine Specifität in so weiten
Grenzen wie Weizen und Erbsen naturgemäss nur selten von Wert
sein. AVir untersuchten daher an einer Reihe von Beispielen, bei
welchen voraussichtlich verwandtschaftlich nahe stehenden Pflanzen
die Präcipitinreaktion auch nicht spurenweise mehr eintritt. —
Aus den in folgenderTabelle dargestellten Versuchen, bei denen nur
absolut sichere Fälle sowohl hinsichtlich des Auftretens als des Aus-
bleibens der Präcipitine berücksichtigt wurden, darf wohl mit Sicher-
heit geschlossen werden, dass die Specificität der Präcipitinreaktion
unter Umständen eine sehr weitgehende ist. Da anfänglich eine solche
Specificität nicht erwartet wurde, und darum nur relativ weit-
]) Dem Weizentier war schon am 21. Tage der Behandlung reichlich Blut
entnommen worden.
über die Specificität der Verwandtschaftsreaktion der Pflanzen.
245
^_^
c
o
c
r*^
_
o
'm'
'il*
'-3
es
o
o
>■
.2
Vi
SS
o
o
CA
•2
• l-t
CS
CO
5
~
bt CS
.s
V.
* ^
a>
w
■*»» -■ — »
^
C3
"~> ':r-
n ,
CG
S
o
o
S
3
•VA
CS
s
5
•2
3
S 'S
a,
.5
35
tn
o
'S.
»4
^■^
-2 -
.1 j
ü
3
■ — '
s.
t^
-*^
B
S
=>
^c
^
'3
s
S
^^
■^^
«
ä
2
'a
cc
o
'-»3
es
o
>
1
■VA
bt) Ä
o .^
's?
"^ tß
S c3
CO
'S "
cT
o
1
1
1
^
CO
1
•^
CC
CO
g«
-^
CO ^
3>
'S,
'ü
s
1
1
1
o
o
H
1
•2 i^
IS
5;
CO
-a CO
E ^
§ CS
2
-5
— 1
^ a
-1*
Q
Ch
^
cS
J2.
C '^
^lajfSisssnpsuot^of
-UJ }UU
LIOI)3(B0I
CS
•—>
•'-~i
ci
CS
•—5
CS
CS
cS
-ai;id[OKj(
I ^-i'US
uoSkj
ui i>un[
X
^
1-
, 1
X
cC'
_
^1
w
CT
-puuqag
J9
p JOnBQ
T— *
"^
i-
C^
CM
(M
c5
l^
CO
CM
uo
iioi^jjaluj
ja
iC
/:
^
^^
■M
. — .
o
71
.lop
tqezav
UIOD
^_^
lO
o
o
X)
00
CO
lO
iC
O
DI se^jBg
na^iaiz
ri
lO
CO
i—
t-
X
t~-
CM
CO
o
-ifu} sap
aiuiung
J9:>9uixnaun(nv
SHOyasa
o
t^
lO
lO
r-
CO
»o
qoBa
(z^Bqos
o
o
o
ö"
i-j_
ö~
y—i
o
-oä na)aazo.Tj
ni ;yBi[a^ssioMi3
fl
4^
a;
a
fcp
<i>
CS
^
'S
Q
c
5
'S
CO
O
Oi
'S
S
CO
n
es
23
3
CO
:3
^
v;
o
Ca
"ci
CO
C3
CO
CO
V3
'S
s
m
• ff
CO
O
'S
ü
es
o
-5
o
cS
CO
CO
CO
o
's
Q
Oh
o
-C
'TU
TS
'Ö
's
S3
a
s
CO
CO
;-«s
=o
ü
««-<
Xi
o
s
CS
5
2
5
o
c
^
5
•*o
CO
'cS
■CS
!!^ 'S
•i 'S
■<o — ^
5
«
Ä
c
P^
C!
^
'o
B
*««ä
P4
o
CO
o
5
1
>
^
CO
g
CO
a
□3
Z
tf-:
o
a
CD
cS
OS
3
-^ a
246 "VV. Magnus und H. Friedenthal: Specificität der Verwandtschaftsrcaktion.
stehende Formen geprüft wurden, bewegt sie sich voraussichtlich in
vielen Fällen in noch engeren Grenzen. — Es kann jedenfalls nicht
davon die Rede sein, dass pflanzliche Eiweissstoflfe weniger spezifisch
reagieren wie tierische.^) Eher ist das Gegenteil der Fall und es
wäre nicht unmöglich, dass sich hieraus öfters gewisse Schwierigkeiten
für die praktische Anwendung zu systematischen Zwecken ergeben
werden. Doch auch sie sind nicht als allzu schwerwiegend zu be-
trachten, da die Specificität der Präcipitinreaktion durch mancherlei
in der Serumtherapie ausgebildete Methoden, wie etwa durch die
der „Komplementablenkung" abschwächbar ist. — Die Hauptschwierig-
keit bei der Yerwandschaftsreaktion der Pflanzen gegenüber der der
Tiere scheint vielmehr darin zu liegen, dass in jedem einzelnen Falle
der zur Serumbehandlung dienende Pflauzensaft verschieden her-
zustellen und erst auf seine Eigenschaften zu prüfen ist, während bei
höheren Tieren im Blut oder der Blutflüssigkeit ein mehr weniger
gleichartiges Impfmaterial vorliegt. — Um eine einigermassen für die
Präcipitinbildung vergleichbare Pflanzeulösung zu erhalten und zu-
gleich um stets die zu prüfenden Pflanzen vorrätig zu haben, wurde
letzthin so vorgegangen, dass die Säfte möglichst schnell auf Fliess-
papier eingetrocknet und dieses unter Chlorcalcium in dunklen
Flaschen aufbewahrt wurde. Zur Anstellung der Reaktion werden
Stücke eines solchen Fliesspapiers etwa eine Viertelstunde in phy-
siologischer Kochsalzlösung gelöst und der Extrakt klar filtriert. So-
weit wir bisher bei der relativ kurzen Aufbewahrungszeit sehen
konnten, tritt keine Vernichtung der Wirkung durch diese Behand-
lung ein. — Niemals sollte aber bei Anstellung von Verwandt-
schaftsreaktionen mit Pflanzen die Kontrolle mit Normalserum und
mit physiologischer Kochsalzlösung ausser Acht gelassen werden, ebenso
wie die Filtration durch Tonkerzen, statt deren in vielen Fällen
auch sehr dichte Papierfilter z. B. No. 602 hart und extra hart von
Schleicher und SCHÜLL verwendet werden können, zur Erreichung-
absolut klarer Flüssigkeiten. Statt des Serum eines Normaltieres
wird in der Praxis, wie es auch zumeist von uns geschah, vorteil-
haft das Serum eines Tieres verwendet werden, das mit einer syste-
matisch sehr entfernt stehenden Pflanze behandelt ist; auf diese
Weise können zwei Versuchsreihen zu gleicher Zeit angestellt
werden.
Die Verwandschaftsreaktion für systematische Zwecke sind
wir im Begriff für die natürliche Gruppierung der Gramineen-
abteilungen im speziellen auszuarbeiten.
1) Zur Ergänzung der früher angeführten Phytopräcipitinc mag darauf hin-
gewiesen werden, dass nach CiTEOX: Über das Verhalten der Favus- und Tricho-
phjtenpilze im Organismus, Zeitschrift f. Hygiene und Infektionskrankheiten Bd. 49,
S. 1201f. 1905, alle favusartigen Pilze gleichartige Präcipitinc ergeben.
^r. AIÖBIUS: Notiz über scblaiichbildcnde Diatomeen. 247
Die Specificität der Reaktion dürfte aber auch für eine Reihe
praktischer Fragen nicht bedeutungslos sein, wo es sich um die
Uij.terscheidung pflanzlicher Produkte liandelt. — Die jetzt häufig
Torkonimende Vermengung des Weizenmehls mit Castormehl (Mehl
von Vk'i(( Faba), das in kleineren Mengen mikroskopisch nicht nach-
Aveisbar ist\), lässt sich, wie sich schon aus den oben angeführten
Erbsen-Weizenversuch ergibt und wie an anderer Stelle mit aus-
führlicherer Angabe der zu verwendenden Methoden geschildert
werden soll, durch die Präcipitinmethode mit Sicherheit feststellen.
Das gleiche gilt höchstwahrscheinlich für die in Amerika vielfach
geübte Yermengung mit Maismehl und vermutlich auch durch volu-
metrische Messung der auszentrifiigierten Präcipitinniederschlägen in
graduierten Capillarröhreu") für die mit (Jerstenmehl; ähnliches gilt
für die Verunreinigungen des Roggenmehles.
Privatlciboratorium von HaNS FRIEDENTHAL , Nicolassee bei
Berlin und Botanisches Institut der Könii*!. landwirtschaftlichen Hoch-
schule zu Berlin.
37. M. Möbius: Notiz über schiauchbiidende Diatomeen mit
zwei verschiedenen Arten.
Mit einer Abbildung.
Eingegangen am 22. Mai 1907.
Vor längerer Zeit hatte ich bei der Untersuchung javanischer
Algen Gelegenheit, in den Schläuchen von Homoeocladia Martiana
ein Schizonema zu finden, dessen Zellen teils vereinzelt, teils in
längeren Ketten zwischen den Homoeocladia-ZeWen auftraten. Ich
habe die Sache damals in meinem Beitrag zur Kenntnis der Aliien-
flora Javas (diese Berichte, 1893, Bd. XI, S. 131) veröffentlicht, es
ist mir aber nicht bekannt geworden, dass jemand Notiz von meiner
Beobachtung genommen oder etwas ähnliches beobachtet hätte. Da
1) \Yir verdanken diese Angaben Herrn Dr. BuCHWALD, Abteilungsvorstelier
■des Instituts für Getreideverwertuug.
2) Nach HAMBURGER: Zur Untersuchung der qualitativen Verhältnisse bei
der Prcäcipitiureaktion Folia /uiematologica II, p. 539. 1905. Wir erhielten im
Serum der Weizentiere mit Weizenmehl 24, mit Eoggenmehl 11, mit Gerstensaft
4 Teilstriche der Röhre Niederschlagsmengen, doch verfügten wir nur über eine
relativ geringe Zentrifugalkraft.
248 ^^- MöBius:
ich nun jetzt wieder eine solche Vermischung zweier Diatomeen-
Arten in demselben Schlauche gefunden habe, so erlaube ich mir,
diesen Fall hier mit einigen Figuren zu beschreiben. Merkwürdiger-
weise liegt das Verhältnis hier umgekehrt, wie bei der javanischen
Form, da eine Homoeocladia in den Schläuchen von Schizonema vor-
kommt. Das Material verdanke ich Herrn Dr. RÖMER, Direktor
des Senckenbergischen Museums hier, der es auf seiner Nordlands-
reise 1898 in einem See der Insel Kildin an der Nordküste Lapp-
lands selbst gesammelt hat. Dieser See ist ein Relictensee und
Herr Dr. RÖMER wollte wissen, ob die in zwei Gläsern gesammelten
Algen mehr den marinen oder mehr den Süsswassertypus repräsen-
tierten. Ich fand in der Tat ein merkwürdiges Gemisch von
marinen Algen (Stictyosiphon, Ectocarpus^ Pohjsiphonia u. a.),
brackischen (z. B Spirulina suhsalsa) und echten Süssw^asserformen
(Botri/ococcus, Scenedesmus, Pediastrum u. a.), abgesehen von den
Diatomeen. Das Plankton ist von P. T. ClevE und A. K. LiNKO
bearbeitet worden und wird an anderer Stelle publiziert werden,
dort werden auch die meisten Diatomeen Erwähnung finden.
Zwischen den grösseren Algen fand ich nun auch mehrere
schlauchbildende Diatomeen und es fielen mir sogleich Schläuche
auf, die zweierlei verschiedene Arten einschliessen, eine grössere,
die ich als Scldzonema Gi^evülei Ag. bestimmte und eine kleinere,
stabförmige, die einer Nitzsclda oder kleinen Homoeocladia ähnlich
ist. Da ich in der Kunst, Diatomeen zu bestimmen, nicht genug
eingearbeitet bin, so sandte ich eine Probe des Materials an Herrn
Chr. BROCKMAiSN in Lehe und erhielt von diesem Herrn auf meine
Bitte freundliche Auskunft, wofür ich ihm auch an dieser Stelle
danke. Er bestätigte zunächst, dass die grössere Diatomee
Schizonema GreviUei sei, von der kleineren Art Hess er es, da keine
selbständigen Schläuche von ihr vorhanden seien, unbestimmt, ob es
eine echte Homoeocladia oder eine Nitzschia sei, in letzterem Falle
würde sie der Nitzschia dissipata (Kg.) Grün. var. media am nächsten
stehen. Sie ist etwa 30 f.i lang und 4 /( breit und meiner Ansicht
nach auch sehr ähnlich der kleinen Form von Homoeocladia filiformis,.
die Smith in seiner Synopsis of the British Diatomaceae, vol. H,
p. 80, beschrieben und auf Taf. LV, Fig. 348/5 abgebildet hat; die
Maasse, die SMITH für diese Form angibt: 0,0018" (45,7 fx) lang und
0,0002" (5 /t) breit, sind immer noch etwas grösser als die von mir
gefundenen. Ich möchte noch darauf aufmerksam macheu, dass
Homoeocladia filiformis eine Bew^ohnerin des brackischen AVassers ist,
die Speciesfrage hinsichtlich der vorliegenden Form aber offen
lassen.
Von Schizonema Gremilei habe ich nui" kleinere oder grössere-
Stücke von Schläuchen gefunden, da die verschiedenen Algenfäden
Notiz über schlauchbildende Diatomeen mit zwei verschiedenen Arten. 249
sehr niiteiiiander verfilzt waren und überhaupt von den faden-
förmigen Algen wohl infolge der Konservierung oder des Transportes
nur Bruchstücke vorlagen. Die Grösse der Zellen ist ziemlich ver-
schieden und variiert in der Länge zwischen 40 und 70 ,i<, die
Breite beträgt bis zu 20 /t, in verschiedenen Schläuchen findet man
verschieden grosse, aber untereinander ziemlich gleiche Exemplare.
Wo die Schläuche schmäler sind, bilden die Zellen eine Reihe, an
dickeren Stellen liegen mehrere nebeneinander (Fig. 1 unserer Ab-
bildung). — Sehr verschieden ist nun auch die Verteilung der fremden
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. B
Fig. 4.
Art zwischen die Schizonema - Zellen, manchmal kommt sie nur
vereinzelt vor, nicht selten sieht man Stellen, wo die Reihe von
ScMzonema-7^e\\Qr\, von der Schalenseite gesehen, auf zwei Seiten
von zwei Reihen der fremden Art eingefasst ist, wie es Fig. 3
unserer Abbildung zeigt, während Fig. 2 ungefähr denselben Zu-
stand, die Schizonema-LQWew von der Gürtelbandseite gesehen, zeigt.
Die Nitzschia oder Homoeocladia kann dann immer stärker auftreten,
so dass sie fast den ganzen Schlauch ausfüllt und nur noch einzelne
Schizonema-TjeMen. dazwischen übrig bleiben, wie in Fig. 4, schliess-
lich fehlen auch diese streckenweise, so dass man glauben könnte,
wenn man nur diese Stelle im Mikroskop sieht, es mit einem reinen
iZo??iogoc/a<im-Schlauch zu tun zu haben.
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV. j^g
250 " P- MAGNUS:
Schliesslich will ich noch erwähnen, dass ich ganz vereinzelt in
den Schläuchen von Schizonema Grevillei auch kleine Zellen eines
anderen, viel kleineren Hcliizonema (?) gefunden habe. Es waren
nämlich ausser Schizonema Grevillei auch andere Schläuche mit
anderen, kleineren Arten vorhanden. Hierzu sei noch bemerkt,
dass die chemische Substanz der Schläuche verschiedener Arten
chemisch verschieden sein kann. Wiederholt nämlich habe ich
folgende Beobachtung gemacht. Legt man das Algenfädengemisch
in einen Tropfen Methylenblaulösung, so färbt sich nach kurzer Zeit
alles tief blau, bringt man dann aber ein schwaches Alkali hinzu,
wozu ich essigsaures Kali benutzte, so tritt eine Differenzierung in
der Färbung der Diatomeenschläuche ein, indem die von Schizonema
Grevillei, mögen sie rein oder mit der fremden Art infiziert sein,
blau bleiben, während andere dünnere Schläuche mit anderen Arten
einen rötlichen Ton annehmen. Vielleicht können die Diatomeen-
forscher in Zukunft die Färbung der Schläuche mit zur Charakteri-
sierung der Arten, die solche bilden, verwenden. Yor allem aber
möchte ich die Aufmerksamkeit auf die Erscheinung lenken, dass
die Schläuche einer bestimmten Art auch andere Arten beherbergen
können, und zu einer genaueren Erforschung dieser Erscheinung an-
regen.
Frankfurt a. M. 1907,
38. P.Magnus: Beitrag zur morphologischen Unterscheidung
einiger Uromyces-Arten der Papih'onaceen.
Mit Tafel IX.
Eingegangen am 28. Mai 1907.
Bei der Fortsetzung meiner Studien über die Pilze Tirols,
Graubündens und Frankens musste ich zur schärferen Umgrenzung
des Artbegriffes einige auf Yicieen auftretende Urowi/ces - Arten ge-
nauer untersuchen und gelangte dadurch zu einer etwas geänderten
Auffassung der Arten als früher.
Im Ersten Verzeichnis der Pilze des Kantons Graubünden
(XXXIV. Jahresbericht der Naturf. G eselisch. Graubündens, Chur
1890) gab ich an, dass ich auf Vicia tenuifolia bei Vulpera einen
Uromyces beobachtet habe, den ich in Übereinstimmung mit dem
Morphologische Unterscheidung einiger Uromyces-Arten der Papilionaceen. 251
von mir angefragten Oberstabsarzt Dr. SCHROETER als dessen
Uromijces striatus bezeichnete. ED. FISCHER hat ihn in seinen
Ui'ßdineen der Schweiz (Bern 1904), S. 35, vorLäufig zu Uromyces
Euphorbiae corniculatae E. Jordi gestellt, den JORDI auf Grund seiner
Kulturversuche von Urovii/ces striatus Schroet. abgetrennt hatte.
Dass er nicht zu dieser Art gehört, mochte schon aus JORDl's
Kulturversuchen und den Charakteren des Epispors der Teleuto-
s]>oren und deren geringere Grösse folgen (s. E. JORDI, Beiträge zur
Kenntnis der Papilionaceen bewohnenden Uromyces- Arten, Central-
blatt für Bakteriologie usw., II. Abt., XI. Bd., 1904).
Zum genaueren Studium dieses Pilzes wurde ich wieder ver-
anlasst, als ich von Herrn Kgl. Oberstabsveterinär AUG. SCHWARZ
in Nürnberg schönes reichliches Material einer von ihm in der
bayerischen Oberpfalz bei Kastl und Lauterhofen im August ge-
sammelten Uromyces auf Lens esculenta Mnch. (= Ervum Lens L.)
erhielt. Auch auf dieser Wirtspflanze ist der Uromyces als Uromyces
striatus Schroet. bestimmt worden und unter diesem Namen in
Sydow üredineen Nr. 355 aus Prencov in Ungarn von KmeT ge-
sammelt ausgegeben worden.
Ich beschreibe zunächst den Uromyces auf Vicia tenuifolia von
Tarasp im Unterengadin.
Die Teleutosporen des Uromyces sind durch schöne Leisten auf
dem Epispor ausgezeichnet (s. Taf. IX, Fig. 3-6). Diese Leisten
laufen immer in der Längsrichtung der Teleutospore. Sie gehen
vom warzig hervorspringenden apicalen Keimporus oft unver-
zweio;t oder zum o-rössten Teile unverzweigt und blos in der
Nähe des Äquators anastomosierend über den Sporenkörper (siehe
Fig 3 — 5). Aber häufig anastomosieren sie auch an zahlreichen
Stellen über der ganzen Oberfläche der Spore und bilden dann ein
mehr oder minder regelmässiges Netz mit kleineren oder grösseren
Maschen (s. Fig. 6). Die Sporen sind durchschnittlich 25 /* lang
und 19 /( breit. Sie sind begleitet von kugeligen Uredosporen, an
denen ich meist fünf Keimporen beobachtete (s. Fig. 1 und 2),
über deren Laoe ich aber nicht ins Klare kam, da ich nicht den
Stielansatz zu Gesicht bekam. Ich habe schon 1. c. bemerkt, dass
ich in der Nähe des Standortes Aecidien auf Euphorbia cyparissias
beobachtete, und sprach die Vermutung aus, dass dieser Uromyces
auf Evphorbia Cyparissias sein Aecidium bilden möchte.
Mit diesem Uromyces ist höchstwahrscheinlich identisch der
Uromyce-i Viciae Craccae Constant., den J. C. CONSTANTINEANU 1904
in den Annales Mycologicae, Vol. II, Nr. 3, beschrieben hat. Er fand
ihn auf Vicia Cracca L. im September in der Umgegend von Jassy.
Die Teleutosporen sind ebenfalls durch den scharf vorspringenden
apicalen Keimporus und die längsverlaufenden zuweilen anastomo-
18*
252 P- MAGNUS:
sierenden Leisten des Epispors ausgezeichnet. Auch ihre Grösse
(21,6 — 27 ju lang und 22,2 ju breit) stimmt gut. Zwar gibt
CONSTANTINEANU an, dass seinem Uromi/ces die Uredosporen fehlen,
weshalb er ihn zu Microuromyces oder Leptowomyces gestellt wissen
will. Aber da er ihn im September bei Jassy gesammelt hat, waren
wahrscheinlich die Uredosporen schon alle abgefallen, und die von
ihm beschriebenen fadenförmigen Paraphysen, die ich ebenfalls an
meinem Funde nicht beobachtete, möchten die stehengebliebenen
Sterigmen der Uredosporen sein, von denen, nachdem sie aus-
gewachsen waren und die reifen Uredosporen über die Oberfläche
des Lagers gehoben hatten, die Uredosporen abgefallen waren. Ich
glaube daher meinen Uromyces auf Vicia tenuifolia von Tarasp zum
Uromyces Viciae Craccae Constant. ziehen zu müssen.
Mit dem Uromyces auf Vicia tenuifolia stimmt vollständig über-
ein der schon erwähnte Uromyces auf Lens esculenta Mnch., den Herr
Oberstabsveterinär A. SCHWARZ in der bayerischen Pfalz und Herr
Pfarrer KmeT bei Prencov in Ungarn gesammelt haben (siehe
Fig. 7 — 12). Er stimmt in dem charakteristischen Keimporus (siehe
Fig. 8 — 10; in Fig. 11 ist der Keimporus nicht sichtbar, weil er
etwas schräg auf der abgewandten Seite des Scheitels, etwa wie in
Fig. 12, liegt). Auch die Uredosporen stimmen überein. Ich
kann keinen Unterschied finden, so sehr ich mich auch bemühte.
Ich muss sie daher für dieselbe Art gelten lassen, wenn auch Kultur-
versuche wahrscheinlich eine biologische Verschiedenheit der auf
den verschiedenen Wirtspflanzen und an den verschiedenen Lokali-
täten auftretenden Formen dartun möchten.
Von Herrn Professor Dr. A. HeiMERL in Wien erhielt ich eine
sehr schöne Kollektion von ihm bei Vahrn in Südtirol gesammelter
Pilze. Unter denselben fanden sich ein Uromyces auf Vicia hirsuta
und ein Uromyces auf Vicia Cracca aus Brixen. Anfänglich hielt ich
sie für Uromyces Fisi (Pers.) De By. Ich fand dann aber konstante,
wenn auch nur geringe, Unterschiede der Teleutosporen. Diese
Unterschiede sind mir um so interessanter, als JORDI in der vorne
angeführten Arbeit durch seine Kulturversuche eine Spezialisierung
des Uromyces Pisi (Pers.) einerseits auf Vicia Cracca und anderer-
seits auf Lathyrus pratensis und Fisum sativum nachwies. Da
ich auch konstante, wenngleich geringe morphologische Unter-
schiede der Teleutosporen nachweisen kann, so muss ich den
Uromyces auf Vicia Cracca und Vicia hirsuta als eine eigene neue
Art bezeichnen, den ich nach dem um die Kenntnis der Uromyces-
Arten der Papilionaceen hochverdienten Herrn Dr. ERNST JORDI
Uromyces Jordianus P. Magn. benenne. Vielleicht liegen auch zwei
verschiedene Arten auf diesen beiden Vielen vor, da, wie ich zeigen
werde, die Teleutosporen auch einige geringe morphologische Unter-
Morphologische Unterscheidung eiuiger Urom3'ces- Arten der Papilionaceen. 253
schiede aufweisen. Dann würde ich den Uromi/ces von Vicia Cracca
als Uromi/ces Jordianus P. Magn. bezeichnen, während ich den von
Herrn Professor HeimerL auf Vicia hirsuta bei Brixen o-esammelten
TJromyces Heimerlianus P. Magn. als Art oder als Form benenne.
Der Unterschied der Teleutosporen liegt in deren Grösse, im
Charakter des Keimporus und der Bewarzung des Epispors. Der
Keimporus (s. Fig. 23 — 26 und Fig. 32 — 37 im Vergleiche zu den
Fig. 13 u. 14 und 17 u. 18) ist weit flacher und niedriger, als bei
Uromyces Pisi (Pers.) und springt häufig fast gar nicht vor, sondern
verläuft an seinen Seiten allmählich in das Epispor. Wenn er
hervorspringt, wie in Fig. 35 oder Fig. 37, tritt er nur wenig her-
vor, und wird an der Seite vom braunen Epispor überzogen, so
dass der hyaline Teil nur wenig oder gar nicht hervorragt. Ferner
ist die Bewarzung viel feiner und dichter, als bei Uromyces Pisi
(Pers.). Auch sind die Teleutosporen von Uromyces Jordianus
durchschnittlich etwas grösser als bei Uromyces Pisi. Auf Vicia
hirsuta waren sie durchschnittlich 24 tt lang und 18,6 /u breit, auf
Vicia Cracca 28,2 jli lang und 22,7 jli breit, auf Pisum sativum von
Brixen durchschnittlich 25 /.i lang und 18 ,u breit.
Diese Unterschiede der Teleutosporen zeigen sich auch schon
in den Abbildungen Ed. FisCHER's 1. c. S. 29. Die beiden ge-
zeichneten Sporen von Uromyces Pisi auf Vicia Cracca sind grösser
und feiner punktiert, als die dort abgebildeten von Pisum sativum
und der Keimporus verstreicht an denen von Vicia Cracca mehr in
die Seiten und ragt kein hyaliner Teil heraus, während er an dem
von Pisum sativum meist als scharf abgesetzte Warze mit hyalinem
Scheitel gezeichnet ist.
Au den Uredosporen vermochte ich nicht Unterschiede festzu-
stellen. Dies liegt daran, dass die Zahl der Poren an den Uredo-
sporen von Uromyces Pisi (Pers.) auf Pisum sativum sehr verschieden
ist. In den einfachsten Fällen waren oft drei Keimporen im
Äquator (s. Fig. 16), und solche sah ich auf Vicia hirsuta (Fig. 30)
und Vicia Cracca (Fig. 38). Hierzu tritt häufig ein apicaler Keim-
porus (Fig. 15); bei anderen treten dann im Äquator 4 statt 3 Keim-
poren auf, so das die Uredospore 5 Keimporen hat (s. Fig. 19 — 21),
wobei Fig. 19 der apicale Keimporus etwas an der Seite der Spitze
sitzt. Auch bei Uromyces Jordianus treten Uredosporen mit ebenso
gelagerten 5 Keimporen häufig auf (s. Fig. 27, 29 und 31). Den
interessantesten und kompliziertesten Fall bot mir die in Fig. 22 ab-
gebildete Uredospore von Pisum sativum. Die Spore ist stark ver-
längert, trägt einen apicalen Keimporus und unter demselben in
zwei Ettgen zwei Gürtel von Keimporen, von denen der obere an
der breiteren Stelle dreizählig, der untere der verschmälerten Basis
genäherte zweizählig ist, so dass die Spore im ganzen 6 Keimporen
254 P- MAGNUS: Morphologische Unterscheidung einiger Uromyces- Arten.
trägt. Auch von Uromyces Jordianus P. Magii. ist in Fig. 27 eine
Uredospore mit 6, aber anders gelagerten Keimporen, gezeichnet.
Bei dieser Yariabilität des Auftretens der Keimporen konnte ich,
wie gesagt, keine Unterschiede der Uredosporen bei den beiden
oder drei Arten feststellen.
Es ist sehr interessant, dass hier mit der von JORDI nach-
gewiesenen biologischen Verschiedenheit eine wenn auch geringe
morphologische Yerschiedenheit verbunden ist. Ja vielleicht sind
auch, wie oben schon hervorgehoben, die Formen auf Vicia hirsuta
und Vicia Cracca biologisch und konstant morphologisch von-
einander verschieden, was erst Untersuchungen an reichlicherem
Materiale werden definitiv entscheiden können. In der Tat zeigten
sich die untersuchten Teleutosporen von Vicia Cracca durchschnittlich
etwas grösser als die von Vicia hirsuta und sprang der Keimporus
meist ein wenig mehr vor (vgl. Fig. 23 — 26 mit Fig. 33 — 37).
Diese mit der biologischen Verschiedenheit eintretende morpho-
logische Verschiedenheit ist mir um so interessanter, als es mir
bei anderen biologischen Arten trotz darauf gerichteter Untersuchung
nicht möglich war, solche nachzuweisen, wie z. B. bei den
biologischen Arten der Puccinia sessilis Schneid, auf Phalaris
arundinacea.
Bemerkenswert ist, dass auf den F^Wa-Arten 3, vielleicht 4 oder ä
verschiedene Uromyces - Axiew auftreten, nämlich Uromyces Viciue
f'raccae, Uromyces Jordianus und Uromyces Heimerlianus, der autoecische
Uromyces Fobae und vielleicht auch Uromyces Pisi, was erst weitere
Untersuchungen entscheiden können.
Die beigegebenen Figuren hat Herr Dr. P. ROESELER nach der
Natur gezeichnet.
Erklärnu^ der Abbilduugeii.
Fig. 1 — G. Uromyces Viciae Craccae Cohstant. auf Vicia ienuifolia von Tarasp.
„ 1-2. Uredosporen, Verg. 765.
„ 3 — G. Teleutosporen, Vergr. 7G5.
„ 7 — 12. Uromyces Viciae Craccae Constant. auf Lms esculenla vom Südahhange
des Calvarienberges bei Kastl.
„ 7. Uredospore, Vergr. 765.
„ 13 — 16. Uromyces Pisi (Fers.) De By. auf Fisum sativum von Gross-Lichter-
felde.
,, 13 und 14, Teleutosporen, Vergr. 765.
„ 15 und 16. Uredosporen, Vergr, 765.
„ 17 — 22. Uromyces Pisi (Pers.j De By. auf Pisum sativum von Brixen in
Südtirol.
„ 17 und 18. Teleutosporen. Vergr. 765,
G. RlTTER: Über Kugelhefe und Riesenzellen bei einigen Mucoraceen. 255
Fig. 19 - 22. Uredosporen, Vergr. 7G5.
„ 23-31. üromyces Heiinerlianus P. Magn. auf Vicia hirsuta von Brixen (oder
var. von Üromyces Jordianus P. Magn.).
^ 23—26. Teleutosporen, Vergr. 765.
„ 27. Uredospore mit 6 Koimporen, Vergr. 765.
„ 28. Uredosporen, zum Teil schematisch gezeichnet, mit verschiedener Anzahl
von Keimporen.
„ 32 — 38. üromyces Jordianus P. Magn. auf Vicia Cracca bei Brixen.
„ 38—37. Teleutosporen, Vergr. 7(15. — In Fig. 33 liegt der Keimporus auf der
Seite statt am Scheitel.
„ 38. Uredospore, Vergr. 765.
„ 39-41. üromyces striatus Schroet. auf Medicago sativa von Orange in Süd-
frankreich.
„ 39—41. Uredosporen, Vergr. 765.
„ 42—45. Üromyces slriatus Schroet. auf Trifolien arvense von Westend bei
Berlin.
„ 42—44. Teleutosporen, Vergr. 765.
„ 45. Uredospore, Vergr. 7G5.
39. G. Ritter: Über Kugelhefe und Riesenzellen bei einigen
Mucoraceen/)
Mit Tafel X und einer Textfigur.
Eingegangen am 29. Mai 1907.
Die Kugelhefebildung der A/Mcor-Arten wird bekanntlich durch
zwei Prozesse eingeleitet; erstens durch eine lebhafte Septierung
des Mycels und zweitens durch kugelförmige Anschwellung der
dadurch entstandenen kurzen Zellen. Diese beiden Prozesse, welche
normalerweise nur in zuckerhaltioen Medien und bei Luftabschluss
erfolgen, lassen sich, wie KLEBS (96, S. 512 ff.) gezeigt hat, auch
künstlich nachahmen. Man kann nämlich auch in zuckerfreien
Lösungen und bei vollem Luftzutritt ein stark septiertes Mycel er-
halten, wenn man z. B. Mucor racemosus in einer 1 prozentigen
Peptonlösung (oder auf Peptonagar) mit genügenden Mengen
osmotisch wirksamer Stoffe kultiviert. IvLEBS benutzte z. B.
15 prozentigen Kalisalpeter, nach meinen Erfahrungen bewährt sich
noch besser Natrium chlorid (6—8 pCt.). Andererseits können die
1) Eine ausführliche Abhandlung mit mikrophotographischen Aufnahmen soll
bald veröffentlicht werden.
256 Gr. RITTER:
Sporen von Mucor racemosus durch Kultur auf Pflaumensaft mit
3 pCt. Zitronensäure zur Bildung von Anschwellungen von ganz
beträchtlichen Dimensionen (0,5 mm nach KLEBS) veranlasst werden.
Diese von KlebS festgestellten Tatsachen bildeten den Aus-
gangspunkt für meine Untersuchungen. Zunächst schien es geboten,
durch die Kombination der beiden Faktoren (konzentrierte Salz-
lösungen einerseits und Zitronensäure andererseits) die Kugelhefe-
bildung künstlich nachzuahmen.
Weiter erschien das Problem der Riesenzellenbildung unter
Einwirkung von Zitronensäure interessant genug, um zu einer ge-
naueren Untersuchung der Einwirkung von organischen und an-
organischen Säuren auf die Entwicklung der i/wor-Sporen aufzu-
fordern.
Was die Erzeugung der Mucor-Heie durch kombinierte Wirkung
von Salz- und Säurelösungen anlangt, so konnte dieselbe erst nach
einer ganzen Reihe vorläufiger Untersuchungen erreicht werden. Es
stellte sich nämlich heraus, dass die Kombination von Zitronensäure
und anorganischer Salzlösung (z. B. Natrium chlorid) ganz unerwartet
starke Giftwirkungen hervorzurufen imstande ist.
W^enn man die Keimung der Sporen von Mucor racemosus in
einer Nährlösung von 1 pCt. Pepton, 0,1 pCt. KHoPO^ und 0,05 pCt.
MgSO^ mit verschiedenen Mengen von Zitronensäure und Natrium-
chlorid beobachtet,^) so lässt sich feststellen, dass die Sporenkeimung
absolut verhindert wird in Nährlösungen ohne Zitronensäure —
durch 974 pCt. NaCl, in solchen
mit Vi pCt- Zitronensäure — durch 9V2 pCt. Na Gl
w ■'• li 11 11 11 ^ 74
9 9
11 ^ 11 yi n ^
H 1
11 'J 5? 11 )1 ^
11 '* 11 J5 55 /2
5 0 3
11 ^ 11 11 11 ^1^
11 ^ j'2 11 " 11 ^
Dieses Verhältnis lässt sich auch graphisch veranschaulichen,
wenn man die Konzentrationen der Zitronensäure auf die Abscissen-
achse, diejenigen des Natriumchlorids auf die Ordinatenachse auf-
trägt (vgl. die Kurve Fig. la).
Was die Ursache dieser auffallenden Verschiebung des Gift-
wertes der Säure betrifft, so möchte ich nur betonen, dass dieselbe
55
1) Die Beobachtungen erstreckten sich auf eine Periode von vier Tagen be
20° C.
über Kujrelhefe und Riesenzellcn bei einijjen Mucoracceu.
257
jedenfalls nicht in der einfachen Kombination zweier schädlicher
Einflüsse — Giftigkeit der Säure und hoher osmotischer Druck der
Salzlösung — liegen kann. Wenn man nämlich in einer beliebigen
Kombination, z. B. 2 pCt. Zitronensäure und 2 pCt. NaCl, das NaCl
durch andere Salze ersetzt, so erweisen sich nur anorganische Salze
(z. B. NaNOj, Na^SO^) in isosmotischer Konzentration annähernd
ebenso wirksam, Natriumbimalat dagegen ruft noch in löprozentiger
v'aCl
9
8
\
\
7
6
5
4
3
\
\
2
1
\
\
-~_
0
s-
Coit i .
Fig. 1«.
Lösung (isosmotisch mit etwa 5,8 pCt. NaCl) keine nennenswerte
Verzögerung in der Keimung der Sporen und Entwickelung des
Mycels hervor. Der Grund der hier besprochenen Erscheinungen
dürfte eher in der besonders von AERHENIUS (99) studierten Ver-
änderung der Dissociationskonstaute schwacher Säuren durch Salz-
zusatz gesucht werden.
Jedenfalls lassen uns diese Resultate deutlich erkennen, dass
eine Kombination von etwa 3 pCt. Zitronensäure und 6 — 8 pCt. NaCl
(oder 10 pCt. NaNOg), an welche man auf Grund der EXEBS'schen
258 <j. Ritter:
Daten am ehesten denken könnte, sich als ganz erfolglos heraus-
stellen musste, weil die Sporen von Mucor racemosus in einer solchen
Lösung überhaupt nicht keimen. Dagegen lassen sich in Lösungen
von 1 pCt. Pepton (mit 0,1 pCt. Kaliumphosphat und 0,05 pCt.
Magnesiumsulfat), Yl- P^t- Zitronensäure und 97^ pCt. NaCl Mycel-
formen erzielen, welche der Kugelhefe von Mucor racemosus ganz
ähnlich sind (Taf. X, Fig. 1). Die Sporen keimen zu kurzen, eng
septierten Hyphen aus, deren einzelne Zellen kugelförmig anschwellen
und schliesslich nur lose zusammenhängen. Auch hefeartig sprossende
Auswüchse fehlen nicht.
Ähnliche Resultate lassen sich auch beim Übertragen stark
septierter Mycelstückchen in isotonische Lösungen organischer Ver-
bindungen (z. B. Glyzerin) mit Zitronensäurezusatz erzielen. Freilich
wird in diesen Versuchen die Kugelhefebildung nur nachgeahmt; ein
wirkliches Einsehen in die reale Natur der in normalen A^erhältnissen
wirkenden Faktoren ist durch sie noch nicht gewonnen.
Indem ich mich jetzt zum Problem der Riesenzelleubildung
wende, möchte ich zunächst betonen, dass die Entstehungsbedingungen
und Eigenschaften der Riesenzellen hauptsächlich an Mucor spinosus
van Tiegh. erforscht worden sind, welcher ein viel günstigeres Objekt
als Mucor racemosus ist. Was diese letztere Art betrifft, so möchte
ich nur erwähnen, dass die von Klebs beschriebenen Erscheinungen
(Anschwellen der Sporen zu Blasen von 500 /u usw.) sich nicht nur
in Pflaumensaft mit Zitronensäure, sondern auch in künstlichen
iS[ährlösungen, z. B. in einer Lösung von 3 pCt. Traubenzucker,
1 pCt. Ammoniumeitrat und etwa 6 pCt. Zitronensäure erzeugen
lassen. Die meistens kugelförmigen Riesenzellen erreichen dabei
ganz gewaltige Dimensionen — bis 800 ju — , sind also mit blossem
Auge sehr gut erkennbar. Sie sind aber so dünnwandig und zart,
dass von weiteren Versuchen mit ihnen Abstand genommen werden
musste, um so mehr als Mucor spinosus sich als ein vorzügliches
Objekt für derartige Untersuchungen herausstellte.
Zunächst möüen die Entstehungsbedingungen der Riesenzellen
von Mucor spinosus genauer präzisiert werden. Um klare Resultate
zu erhalten, ist es notwendig, ausschliesslich künstliche Nährlösungen
von genau bekannter Zusammensetzung anzuwenden. Zahlreiche
Versuchsserien mit verschiedenen Kohlenstoff- und Stickstoffquellen
in Kombination mit verschiedenen organischen und anorganischen
Säuren führten zu folgenden Resultaten. Erstens erwies sich der
Zucker, welchem bei der Kugelhefebildung eine so wichtige Rolle
zukommt, für die Entstehung der Riesenzellen durchaus nicht
prinzipiell notwendig. Sowohl in Pepton-Zuckerlösungen, als auch
in Pepton-Mannit, Pepton-Glyzerin und reinen Peptonlösungen
keimen die Sporen bei entsprechendem Zitronensäurezusatz zu
über Kugellielc und Kiesenzcllen bei einigen i\lucoraceen.
259
kug-el- oder birnförmigen Rieseuzellen aus. Schon bei einem Zusatz
von o pCt. Zitronensäure zeigen sich an den verdickten Hyphen
auch blasenförmige Anschwellungen; erhöht mau die Konzentration
^der Säure bis auf 3,4—4 pCt., so schwellen die Sporen direkt zu
mehr oder weniger grossen, durchsichtigen Blasen mit feinkörnigem
plasmatischen Wandbelag an. Die Grösse dieser liiesenzellen ist
verhältnismässig bescheiden (selten über 150 ju).
Dagegen lassen sich ganz enorme und besonders charakte-
ristische Riesenzellen in zuckerhaltigen Lösungen mit
anorganischen Ammonsalzen als Stickstoffquelle und ge-
ringen Mengen organischer Säuren erzeugen.
Am leichtesten erhält man solche Hiesenzellen in Lösungen von
2 — 4 pCt. Zucker, 0,7 pCt. Ammonnitrat und 0,5 — 0,7 pGt. Zitronen-
säure oder 0,3 — 0,4 pCt. Weinsäure. Bei vollkommen ungehindertem
Luftzutritt entwickeln sich die Sporen von Nucor spinosus im Laufe
von 5 — 8 Tagen zu birnförmigen Riesenzellen, welche eine Länge
von über 650 ju bei einer Breite von über 400 /t erreichen können
(Taf. X, Fig. 2). Ehe ich zu einer kurzen Besprechung der morpho-
logischen und physiologischen Eigenschaften dieser merkwürdigen
Gebilde übergehe, möchte ich noch einige Tatsachen anführen, welche
ganz entschieden für die Abhängigkeit ihrer Entstehung von den
H-Ionen sprechen.
Schon der Umstaml, dass in einer Lösung von Zucker und
Ammonnitrat geringe Mengen verschiedener organischer Säuren
(0,5 pCt. Zitronensäure, 0,3 pCt. Weinsäure, 0,8 pCt. Apfelsäure)
ganz ähnliche Wirkungen hervorbringen, spricht dafür, dass weder
der osmotische Druck, noch die spezifischen molekularen Eigen-
schaften der verschiedenen Säuren für diese auffallenden Chemo-
morphosen massgebend sind. Entscheidend w^aren aber in dieser
Richtung Versuche mit anorganischen Säuren, nämlich Salz- und
Salpetersäure. Die Konzentrationen, in w^elchen diese beiden Säuren
zur Entstehung von Riesenzelleu bei Mucor spinosus führen, liegen
hart an der Grenze des entwicklungshemmenden (obgleich noch nicht
tödlichen) Wertes, wie folgende Tabelle zeigt:
Salzsäure
Salpetersäure
0,U04 norm.
kleine Mycelllockeu mit
Anschwellungen
kleine Mycelflocken,
keine Anschwellungen
0,005 norm.
desgleichen,
Anschwellungen bis 220 ,m
—
0,006 norm.
sehr schwache Entwickelung,
kleine Blasen
kleine Mycelflocken und Blasen
bis 220-275 /t
0,008 norm.
nicht gekeimt
keine Hyphen; die Sporen
schwellen direkt zu Blasen
(bis 220^0 an.
0,01 norm.
—
nicht gekeimt
260 Gr. RITTER:
Zu dieser Tabelle muss bemerkt werden, dass die Salpetersäure
in Gegenwart von Ammonuitrat, die Salzsäure von Ammonclilorid
angewandt wurde. In beiden Fällen enthielten die Lösungen 4 pCt.
Traubenzucker.
Die Anschwellungen in den anorganischen Säurelösungen hatten
ganz dasselbe charakteristische Aussehen, wie die in organischen
Säurelösungen -f Ammonnitrat oder Chlorid (und Zucker) gebildeten
und standen ihnen nur an Grösse nach (Taf. X, Fig. 3). In beiden
Fällen muss also dieselbe Ursache gewirkt haben. Nun sind aber die
beiden Säuren in den oben angeführten stark verdünnten Lösungen
so weitgehend dissoziiert, dass wir mit Bestimmtheit von lonen-
wirkungen sprechen können, und zwar muss wegen der bekannten
Unwirksamkeit der NO3- und Cl-Ionen die entscheidende Bedeutung
den H-Ionen zukommen.
Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass die günstigsten Bedingungen
für die Bildung typischer Riesenzellen dann geschaffen werden,
wenn die giftigen H-Ionen sich allmählich ansammeln (wie das in
Ammonnitrat und organische Säuren enthaltenden Lösungen der
Fall ist), und nicht von Anfang an in maximaler Konzentration ent-
halten sind. Aus den später angeführten Übertragungsversuchen
scheint ausserdem zu folgen, dass die wirksamen H-Ionen sich nicht
ausserhalb, sondern innerhalb der Zellen ansammeln.
In diesem Falle ist es also gelungen, mit vollerKlarheit die Ursachen
der Riesenzellenbildung aufzudecken. Mit grosser Wahrscheinlichkeit
lässt sich derselbe kausale Zusammenhang für die Entstehung der kugel-
förmigen Riesenzellen (und traubenförmigen Riesenzellenkolonien)
von Mucor racemosus behaupten, welche Klebs in Pflaumensaft mit
Zitronensäure, und ich in Zucker-Ammoncitratlösuugen -|- 6 pCt.
Zitronensäure beobachtet haben. Allerdings muss aber bemerkt
werden, dass die für Mucor sjnnosus besonders günstigen Bedingungen
(organische und anorganische Säuren mit Ammonnitrat oder Chlorid)
bei Mucor racemosus nur zur Bildung von verhältnismässig kleinen
Blasen (nicht über 100 [jl) führten, welche alsbald nach allen Rich-
tungen Hyphen auszutreiben begannen. Nur ab und zu konnte ein
Anlauf zur Bildung von grösseren birnförmigen Zellen beobachtet
werden.
Schliesslich muss ich erwähnen, dass Mucor racemosus auch ohne
direkten Säurezusatz Riesenzellen auf seinem Mycel bilden kann.
Das geschieht, wenn der Pilz in einer Lösung von 4 pCt. Trauben-
zucker und 0,7 pCt. Ammoniumnitrat mit einem Zusatz von 7 bis
9 pCt. NaCl kultiviert wird. Nach zweiwöchentlicher Kultur ist das
Mycel von einer Menge meistens kugelförmiger Riesenzellen durch-
setzt, welche durch septierte und unseptierte Hyphen untereinander
verwachsen sind. In Kulturen mit S^i— 87^ pCt. NaCl erreichen
über Kugelhefe und Riesenzellen bei einigen Mucoraceen. 261
diese Blasen einen Durchmesser von 300 /t und mehr (Taf. X, Fig. 4
u. 5). Diese Erscheinung tritt nur in Lösungen auf, welche neben NaCl
auch NH^ NO3 enthalten; deshalb ist es nicht wahrscheinlich, dass
die Konzentration der Lösung massgebend sei.^)
Wenden wir uns jetzt zur Besprechung der morphologischen
und physiologischen Eigenschaften der typischen Riesenzellen von
Miicor spinosus. In den mehrfach erwähnten Bedingungen (anorganische
Stickstoffqnelle) bilden die Sporen innerhalb bestimmter Konzen-
trationsgrenzen der Säuren (z. B. 0,3—0,4 pCt. Weinsäure oder 0,5
bis 0,7 pCt. Zitronensäure) meistenteils überhaupt keine Hyphen,
sondern wachsen direkt in eigentümlich gestaltete Riezenzellen aus.
Ein Teil des Spore bleibt aber au diesem enorm gesteigerten
Flächenwachstum unbeteiligt; immer ist am schnabelförmig ver-
jüngten Ende der Zelle (welches der Ausgangspunkt für ihre Ent-
wicklung war), eine starke Verdickung der Membran vorhanden. Die
typische Form dieser Zellen ist eine birnförmige (Taf. X, Fig. 2) oder
luftballonähnliche; man kann sie auch mit einem Botrydium ver-
gleichen. Viele Zellen sind auch hornartig gebogen. Sie erreichen,
wie schon erwähnt, eine Länge von G50 /t bei einer Breite von 400 fx.
Oft bilden sich an ihrer Oberfläche kleine runde Auswüchse, welche
aber niemals zu grösseren lebensfähigen Zellen auswachsen.
Die Zellen sind durchsichtig, ganz von Zellsaft erfüllt; das Plasma
bildet nur einen dünnen Wandbelag, in w^elchem eine sehr zarte
maschen- oder netzförmige Struktur bemerkbar ist, welche zuweilen vor
dem Absterben der Zelle mit grosser Schärfe hervortritt (Taf. X, Fig. 2)
und dann oft der Vorbote eines vacuoligen Zerfalls des Plasmas ist.
Jüngere, lebenskräftige Zellen erscheinen (besonders bei schwächerer
VergTösserung) zart gestreift oder gesprenkelt (Taf. X, Fig. 3), da dieses
plasmatische Netzw^erk unregelmässig und ziemlich durchsichtig ist.
Durch geeignete Fixier- und Färbemethoden (z B. Eisenalaun und
Hämatoxylin) lassen sich in jeder Zelle eine Menge kleiner Zellkerne
nachweisen, welche im plasmatischen Wandbelag eingebettet sind.
Derartige typische einzelliegende Riesenzellen entstehen aber
nur in Lösungen von ganz bestimmtem Säuregehalt. Nimmt man
schwächere Konzentrationen, so keimen die Sporen zunächst zu
kleinen Mycelflocken aus, an welchem sich alsbald kugel- oder birn-
1) Basidbolus ranarum bildet nach Eaciborski (1896, S. 112 u. 113; Riesen-
zellen in einer Zucker-Peptonlösung mit 10 pCt. Glyzerin bei 30° C. Indessen ist
aus seinen Angaben nicht zu ersehen, welchem von den drei Faktoren (spezifische
Wirkung des Glyzerins, Konzentration, Temperatm) dabei die Hauptrolle zu-
zuschreiben ist.
262 (i. RiTTEK:
förmige Auswüchse zeigen, welche nach Struktur und Grösse^) den
typischen Riesenzellen ganz ähnlich werden. Dieser Umstand lässt
uns schon erkennen, dass nicht nur die Sporen, sondern auch ein
entwickeltes Mycel von Mucor spinosus unter Einwirkung von Säuren
typische Anschwellungen zu bilden vermag. Das lässt sich auch
durch direkte Versuche mit Übertragung junger, normal gewachsener
Mycelflöckchen in eine Lösung von 0,5 — 0,7 pCt. Zitronensäure, 0,7 pCt.
Ammonuitrat und 4 pCt. Zucker nachweisen. Auf Fig. 6 ist ein Teil
eines solchen Mycelräschen nach zweitägigem Verweilen in einer
Lösung von oben angeführter Zusammensetzung abgebildet. Dasselbe
Vermögen zeigen auch die Kugelhefezellen von Alucor spinosus;
die dabei entstehenden Formen erinnern teilweise au die eben er-
wähnte Figur.
Sich selbst überlassen, sterben die typischen birnförmigen Rieseu-
zellen allmählich ab, nachdem sie über eine Woche gewachsen und
eine Länge von 400 — 650 jli erreicht haben. Doch können sie durch
rechtzeitige Übertragung zum Austreiben von ganz normalen Hyphen
an ihrer gesamten Oberfläche veranlasst w^erden. Dieses Auskeimen
lässt sich durch Übertragen in'' annähernd isotonische Lösungen er-
reichen, in welchen die Säure entweder ganz fehlt oder mit anderen
Stoffen kombiniert ist. Der osmotische Druck spielt dabei keine
entscheidende Rolle; nur wird das Übertragen in isotonische und
hypertonische Lösungen besser vertragen, als in hypotonische. Ein
Teil der Zellen geht bei diesen Versuchen regelmässig zu Grunde.
Das Auskeimen geht ziemlich rasch vor sich, indem die kleineren,
noch annähernd runden Zellen ihre Keimschläuche schon nach 2Y2
bis 3 Stunden, die grösseren nach 5^/^ — 6 Stunden (bei etwa 20° C.)
auszutreiben beginnen. Fig. 7 stellt den Beginn der Hyphenbildung
an einer beinahe 300 jli langen, in 0,3 pCt. Weinsäure -|- Zucker
-|- Ammonitrat entstandenen Zelle nach Übertragung in eine säure-
freie Lösung dar. Manchmal ist die Zahl der austreibenden Hyphen
so gross und ihre Verteilung an der Oberfläche so regelmässig, dass
die Zelle in einem gewissen Stadium einem Seeigel ähnlich aussieht.
Im weiteren Verlauf ihrer Entwicklung verzweigen sich die Hyphen
immer mehr und hüllen bald die Mutterzelle in ihrem Gewirr ein.
Das Auskeimen der Riesenzellen wird also einerseits durch ein-
faches Ausschliessen der betreffenden Säure veranlasst. Andrerseits
lässt sich dasselbe Resultat dadurch erreichen, dass die Konzentration
der Säure nicht vermindert (sogar erhöht), dabei aber die Zu-
sammensetzung der Lösung verändert wird. Das Ammonnitrat muss
nämlich in diesem Falle durch ein organisches Salz (Citrat oder
Malat), Asparagin oder Pepton ersetzt w'erden. Es genügt sogar das
1) Ihre Dimensionen bleiben freilich hinter den maximalen zurück.
über Kngelliefe iiud Riesenzellen bei einigen Mucoraceen.
263
Amnionnitrat einfach wegzulassen; die Zellen also in eine Lösung
von Säure -\- Zucker zu übertragen, um ebenfalls ein Auskeimen
liprvorzurufen.
Die auf den ersten Blick paradox erscheinende Tatsache, dass
z. B. in 0,5 pCt. entstandenen Riesenzellen beim Übertragen in eine
1 — 2 prozentige Lösung derselben Säure normal auskeimen, wenn das
Amnionnitrat durch eine andere (organische) Stickstoffquelle ersetzt
wird, steht in vollkommenem Einklang mit einer von mir allgemein
beobachteten Erscheinung. Für alle organischen und auch an-
organischen Säuren gilt nämlich die Regel, dass ihre Giftigkeit durch
die Gegenwart von anorganischen Salzen ganz bedeutend erhöht
wird. Besonders klar tritt diese Regel beim Vergleich zweier Stick-
stoffquellen, z. B. Amnionnitrat einerseits und Pepton, Asparagin oder
Ammoncitrat andrerseits, hervor. In folgender Tabelle sind die Kon-
zentrationen angegeben, welche die Keimung der Sporen von Mucor
spinosus unterdrücken, links in Zucker-Pepton, rechts in Ziicker-
Ammonnitratlösungen. Eine ganz genaue BestimmungdiesesHemmungs-
wertes ist nicht möglich, erstens wegen der grossen individuellen Ver-
schiedenheiten der Sporen, zweitens wegen der früh auftretenden
Riesenzellenbildung (in der Tabelle abgekürzt auf R. Z.).
Pcpt
on
Ammonnitrat
Zitronensäure
>4pCt.,R.Z.v.
SV^pCt.an)
1,25 pCt. (R. Z. bei 0,5 pCt.)
Apfelsäure
>4 pCt.
IpCt. (R. Z. bei 0,6 pCt)
Weinsäure')
-3pCt.
0,6 pCt. CR. Z. bei 0,3 pCt.)
Salpetersäure
0,025 norm.
0,01 norra.(R.Z. bei0,006norm.)
Salzsäure
0,03 norm.
0,00Snorm,(R Z.bei0,005norm.)
Eine ganz ähnliche Tabelle könnte ich für Mucor racemosus zu-
sammenstellen; nur fallen alle Werte höher aus, da dieser Pilz be-
deutend widerstandsfähiger als Mucor spinosus ist. Die Regel be-
schränkt sich keineswegs auf diese Mucorarten. In vielen Beziehungen
interessant ist z. B. die Bestimmung der Grenzwerte für Oxalsäure
und Aspergillus niger. In einer Lösung von 2 pCt. Zucker und 0,5 pCt.
Chlorammonium wird die Keimung schon durch 0,02 Mol (=0,18 pCt.)
Oxalsäure deutlich beeinträchtigt, durch 0,13 Mol (1,17 pCt.) ganz
gehemmt. In einer 1 pCt. Peptonlösung wird dagegen der schädliche
Einfluss der Oxalsäure erst bei 0,04 Mol (0,36 pCt.) bemerkbar, und
1) Anschwellungen von 47 — 94 /< bei Mucor spinosus unter Einwirkung von
l'/o pCt. Weinsäure mit Pflaumensaft hat Beauverie (1900, S, 151) beobachtet.
In Ammonnitrat + Zuckerlösungen sah ich schon bei Zusatz von 0,1 pCt. Weinsäure
ebensolche und noch grössere Erweiterungen am Mycel auftreten.
264 ^- RITTER:
uur durch 0,22 Mol (1,98 pCt.) wird die Keimung ganz unter-
drückt. *)
Die Ursache dieser Erscheinung dürfte in der Bildung freier
Mineralsäuren aus den anorganischen Ammonsalzen gesucht werden.
Es ist in der Tat bekannt, dass in Aspergilluskulturen auf an-
organischen Ammonsalzen beträchtliche Mengen freier Mineral-
säuren entstehen können (BUTKEWITSCH, 1902, S. 210—212;
NiKITINSKY, 1904, S. 12—20). Aber im Gegensatz zu den eben
zitierten Yersuchen konnte in den meinigen eine Ansammlung freier
Mineralsäuren in der Kulturflüssigkeit nicht konstatiert werden,
besonders in den Fällen, wo nur wenig Sporen ausgesät wurden,
oder wo die Keimung überhaupt ausblieb (Grenzkonzentrationen).
Wenn also die Mucorsporen in Ammonnitratlösungen schon durch
0,5 pCt. Zitronensäure zur Riesenzellenbildung veranlasst werden, so
scheint mir diese Tatsache nur durch die Annahme einer intra-
cellularen Abspaltung freier Mineralsäure verständlich zu
sein. Diese Annahme wird noch durch folgendes Experiment unter-
stützt. Überträgt man einige gut ausgebildete Riesenzellen aus der
ursprünglichen 8 — 9 Tage alten Kulturflüssigkeit in eine identische, aber
frische Xälirlösun»;, so bleiben diese Zellen unverändert und zeigen
keine Neio'uno- zum Auskeimen: die Beseitio-uns; von etwa vorhandenen
Stoffwechselprodukten übt also keinen merklichen Einfluss auf die
pathologisch veränderte Zelle aus.
Wenn wir nun aus dem vorlieo'enden Versuchsmaterial mit Be-
stimmtheit schliessen dürfen, dass die H-Ioneu bei der Bildung der
Riesenzellen direkt beteiligt sind, so bleibt uns doch der eigentliche
Mechanismus dieses Vorgangs durchaus unklar. Man könnte freilich
verschiedene Vermutungen darüber aussprechen, dass durch die Ein-
wirkung der H-Ionen auf die Hautschicht des Plasmas die Regulation
der osmotischen Verhältnisse und auch der Zellwanddehnbarkeit in
ganz bestimmter Weise gestört wird und dass diese Störungen zu
einem anormalen Flächenwachstum der Zellwaud und folglich zur
Bilduno- von Riesenzellen führen. Doch möchte ich von einem
weiteren Ausmalen dieser Hypothese um so mehr absehen, als wir
einerseits keine o-enüo-end beorründete meclianische Theorie des Zell-
Wachstums besitzen, andererseits aber meine diesbezüglichen Unter-
suchungen nicht abgeschlossen sind.
Zu den geschilderten Tatsachen mag aber noch zugefügt werden,
dass ausser Mucor spinosus und raceinosus auch andere Schimmelpilze zur
1) Die Keimung wurde nach Clark's (1899, S. 301) Beispiel während
48 Stunden beobachtet; die Temperatur betrug 20° C. Nach 3—4 Tagen keimen
allerdings einige Sporen auch in höheren Konzentrationen aus.
über Kugelhefe und Rieseuzellen bei einigen Mucoraceen. 265
Bilduii"- von Rieseuzellen durch Säuren veranlasst werden können. So
entwickelt Rhizopus nigricans in Aramonnitrat-Zuckerlösung -|- lYi pCt.
Zitronensäure ein Mycel, welches eine Menge verschieden geformter
Rieseuzellen aufweist. Es erinnert dann vielfach an das von Mucor
racemosus in Fig. 5 entworfene Bild, nur sind die Blasen kleiner
und ihr Inhalt körnig und dunkel gefärbt. Auch Aspergillus niger
zeigt in Lösungen von Chlorammonium und Zucker -i- 0,5 — 0,75 pCt.
Oxalsäure eine ganz ausgesprochene Neigung zur Bildung von kuge-
ligen Anschwellungen, welche einen Durchmesser von 40 f.i erreichen
können ') (Taf. X, Fig. 8).
Herrn Prof. Dr. KlebS, in dessen Laboratorium ein grosser
Teil dieser Arbeit ausgeführt wurde, möchte ich für sein liebens-
würdio-es Entgegenkommen und mannigfache Anregungen meinen
tiefempfundenen Dank aussprechen.
Nowo-Alexandria, Institut für Land- und Forstwirtschaft.
Literatur.
18i)9. Arrhenius, Über die Änderung der Stärke schwacher Säuren durch Salz-
zusatz. (Zeitschr. für phys. Chemie, 1899, Bd. Ol, S. 197.)
1900. Beauverie, Etudes sur le polyniorphisme des Champignons, Lion 1900.
1902. BüTKEWITSCH, Umwandlungen der Eiweissstoffe durch die niederen
Pilze usw. (Jahrb. für wiss. Bot. 1902, Bd. XXXVIII.)
1899. Clark, On the toxic effect of deleterious agents usw. (Bot. Gazette, 1899,
Vol. XXVIII.)
189G. Klebs, Die Bedingungen der Fortpflanzung bei einigen Algen und Pilzen.
1896.
1904. NiKITINSKY, Über die Beeinflussung der Entwickelung einiger Schimmel-
pilze durch ihre Stofifwechselprodukte. (J. für wiss. Bot., 1904, Bd. XL.)
1896. Raciborski, Über den Einfluss äusserer Bedingungen auf die Wachstums-
weise des Basidiobolus ranarum. (Flora 1896, Bd. 32.)
1905. — , Einige Chemomorphosen bei Aspergillus niger. (Bull. Acad. des Scienees
de Cracovie, Dec. 1905.)
Erkläriiug der Abbilduugeu.
Fig. 1. Kugelhefeähnliche Zellen von Mucor racemosus bei Luftzutritt in einer
zuckerfreien Lösung von 1 pCt. Pepton, 97^ pCt. NaCl und V2 pCt.
Zitronensäure entstanden. Vergr. 100.
„ 2. Riesenzelle von Mucor spinosus in ^/^ pCt. Zitronensäure mit Zucker-
Ammonuitrat nach acht Tagen entstanden. Vergr. 107.
1) Noch grössere Riesenzellen (bis 50 /«) hat bei Aspergillus niger RACIBORSKI
(1905, S. 777) beobachtet, und zwar unter Einwirkung von molekularem Jod.
18**
266 Gr. RITTER: Über Kugelhefe und Riesenzelleu bei einigen Mucoraceen.
Fig. 3. Riesenzelle von Mucor spinosus, in 0,008 norm Salpetersäure mit Zucker-
Ammonnitrat. Vergr. 107.
„ 4. Mucor racemosus, zweiwöchentliche Kultur in 4 pCt. Traubenzucker,
0,7 pCt. NH4NO3, 8,2 pCt. NaCl. Vergr. 107.
„ 5. Mucor racemosus, ebensolche Kultur mit 8,8 pCt. NaCl. Vergr. 107.
„ (1. Mjcelstückchen von Mucor spinosvs nach zweitägigem Verweilen in einer
Lösung von 0,5 pCt. Zitronensäure und Zucker-Ammonnitrat. Vergr. 107.
„ 7. Riesenzelle von Mucor spinosus, 7 Stunden nach Übertragung in eine
isotonische Lösung ohne Zitronensäure. Vergr. 85.
,, 8. Aspergillus niger, Mycelformen in einer Lösung von 2 pCt. Rohrzucker,
0,5 pCt. NH4CI und 0,36 pCt. Oxalsäure. Vergr. 180.
Die Figuren 1 und 7 sind nach mikrophotographischen Aufnahmen, die übrigen
mit dem Zeichenprisma gezeichnet.
Sitzung vom 28. Juni 1907. 267
Sitzung vom '28. Juni 1907.
Vorsitzender: Herr L. KNY.
Der Vorsitzende beklagt den schweren Verlust, welchen die Ge-
sellschaft durch den am 13. Juni erfolgten Tod des Herrn
Professor Dr. Carl Müller
erlitten hat. Seit 1890 hat derselbe die Geschäfte des Sekretärs
in ausgezeichneter Weise geführt.
Um das Andenken des Verstorbenen zu ehren, erhoben sich die
Anwesenden von ihren Sitzen.
Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen die Herren:
Schellenberg, Gustav. Assistent am botanischen Laboratorium der
Universität München, Karlstr. 42, part. (durch L. KadlKOFER und
H. RüSS).
Lepeschkin, Dr. Wladimir, Privatdozent an der Universität St. Petersburg,
Botanisches Institut der Universität (durch L. KNY und
W. Magnus).
Gulzeit, Dr. Ernst, Professor an der Universität in Königsberg i. Pr.
(durch W. RüHLAND und 0. APPEL).
Laibach, Dr. Friedrich, Assistent an der Kaiserl. Biologischen Anstalt für
Land- und Forstwirtschaft in Dahlem bei Berlin (durch AV. RUHLAND
und 0. APPEL).
Zum ordentlichen Mitgliede ist proklamiert:
Herr Koorders, Dr. S. H., in Steglitz bei Berlin.
Herr TSWETT legte der Gesellschaft Demonstrationsobjekte vor,
welche bestimmt sind, die Anwendung seiner Adsorptionsanalyse auf
die Analyse des Chlorophylls zu zeigen:
1. Das Chromatogramm eines CSg- Auszuges aus gekochten
Taxus-Blättern. Ausser den beiden Chlorophyllinen und den
drei Xanthophyllen ist noch ein ansehnlicher grüner Chloro-
phyllan-a-Ring zu sehen.
2. Die quantitative Abtrennung einer petrolatherischen Chloro-
phylllösung durch physikalische Ausfällung derselben mittels
CaCOg, wobei nur das Karotin in Lösung bleibt.
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV. ]^9
268 Einladung zur Generalversammlung.
Einladung
zur
Generalversammlung und zur Feier des 25jährigen Bestehens
der
Deutschen Botanischen Gesellschaft.
Die Mitglieder der Gesellschaft werden hiermit zu der am
Donnerstag, den 12. September, 9 Uhr vormittags, in Dresden
stattfindenden Generalversanimluno; einoeladen. Für die Sitzun»- ist
ein Saal im Ausstellungsgebäude am Stübel-Platz (neben
dem botanischen Garten) in Aussicht genommen, wo auch die wissen-
schaftlichen Sitzungen stattfinden sollen.
Die Tagesordnung ist durch § 15 des Reglements unserer Ge-
sellschaft vorgezeichnet. Als besondere, einer Beschlussfassung der
Versammlung unterliegende Anträge sind eingegangen oder an-
o-eküiidiot:
1. Ein Antrag zur Wahl einiger Ehrenmitglieder und einer
grösseren Anzahl von korrespondierenden Mitgliedern. Die
Gewählten sollen am folgenden Tage (Freitag) in der Fest-
sitzung proklamiert werden.
2. Ein zweiter Antrag zur Wahl von Ehren- und korre-
spondierenden Mitgliedern, vom Antrag 1 namentlich durch
die kleinere Zahl der vorgeschlagenen korrespondierenden
Mitglieder abweichend.
3. Ein Antrag zur Umarbeitung „der gesamten Statuten".
Dieser Antrag, der satzungsgemäss eingereiclit und von
28 Mitgliedern unterzeicimet ist, wird zur Diskussion o-estellt
werden. Die Versammlung hat alsdann zunächst die Vor-
frage zu entscheiden, ob eine -Statutenänderung überhaupt
stattfinden soll. Im bejahenden Falle ist eine Kommission
zur Ausarbeitung eines Entwurfes zu wählen.
Ein Sammelreferat über Parthenogenesis im Pflanzen-
reich hat Herr Prof. Dr. HANS WiNKLER (^Tübingen) über-
nommen.
W. KiNZEL: Über den Einfluss dos Lichtes auf die Keimung. 269
Zu den vereiubarten Jubiläumsveraustaltungen gehört ausser der
Festsitzung am Freitag, den 18. September, V^l^ Uhr (im Ausstellungs-
o^ebäude) auch ein gemeinsames Festessen auf dem Belvedere
(BRÜHL'sche Terrasse), welches auf Donnerstag, den 1 "2. September,
abends 6 Uhr, angesetzt ist.
Berlin, im Juli 1907.
S. SCHWENDENER,
z. Z. Präsident.
Für die in Aussicht genommene Festschrift sind bisher drei
Manuskripte eingegangen und ein viertes in sichere Aussicht gestellt.
Dieselben werden im ganzen etwa acht Druckbogen und vier Tafeln
füllen. AYeitere Beiträge werden bis zum 12. September d. J. an
Herrn Dr \A^\CHTER in Steglitz bei Berlin, Florastr. '2B erbeten,
welcher bis auf weiteres das Amt des Sekretärs übernommen hat.
Es sei, gegenüber mehrfach geäusserten Zweifeln, noch besonders
hervorgehoben, dass die Festschrift nicht in Quart- sondern in Oktav-
format erscheinen und sich als Band '26 unseren „Berichten" ein-
fügen wird.
Mitteilunoeii.
40. Wilhelm Kinzel: Über den Einfluss des Lichtes auf die
Keimung. „Lichtharte'' Samen.
Vorläufige Mitteilung.
Eingegangen am 18. Juni 1907.
Ebenso wie es von einer Reihe von Sameuarten bekannt war,
dass ihre Keimung bei Belichtung ganz erheblich verzöüert und in
gewissen Fällen sogar ganz verhindert wird, liegen in der Literatur
auch zahlreiche Beobachtungen von Fällen vor, wo eine Belichtung
zur Erzielung der normalen Keimung nicht nur förderlich, sondern
sogar notwendio; ist.
Gleichwohl ist gerade die letztere Erscheinung am hartnäckigsten
und immer wieder von vielen Autoren bestritten worden, zum Teil
19*
270 Wilhelm Kinzel:
auf Grund von mathematischen Berechnungen, zum Teil mit Hilfe des
aus der Mehrzahl der Fälle, in denen allerdings eine Belichtung in
den ersten Stadien der Keimung nicht gerade förderlich ist, abge-
leiteten Dogmas.
Obwohl von mir schon längst einerseits eine eingehendere Nach-
prüfung der bisher über die Lichtwirkung angestellten Versuche,
andrerseits eine Untersuchung der Fälle, wo die Keimung unregel-
mässig verläuft, geplant war, forderte eine sehr merkwürdige
Keimungsgeschichte geradezu zur zusammenhängenden Untersuchung
möglichst vieler empfindlich reagierender und sonst geeigneter Arten
heraus.
Den Anlass zur Aufnahme der geplanten Untersuchungen gab
die Tatsache, dass frischgeerntete, im Keimbett belichtete^) Samen
von Nigella sativa sich nicht allein zu 100 pCt. keimunfähig erwiesen,
sondern sogar in ihrem Endosperm so verändert wurden, dass auch
nachfolgende Verdunkelung während langer Zeit bei der angewandten
Temperatur von 20° niemals irgend eine Keimung erzielte. Die
gleichen Samen keimten aber, exakt verdunkelt, in schon vier Tagen
vollkommen aus zu 94 pCt. Dunkelgelbe, einen nach den Reaktionen
dem Xanthophyll nahestehenden Farbstoff enthaltende Dunkelkeime.
Wahrscheinlich spielt dieser Farbstoff als Ernährungsvermittler —
Attraktionszentrum ^) für wandernde Kohlehydrate — eine grosse
Rolle. Bei den kränkelnden Lichtkeimen (bei 14°) fehlt dieser
Farbstoff je nach der Intensität der Belichtung fast ganz. Dagegen
bildet sich in diesen Keimen sehr frühzeitig anormaler Weise —
Chlorophyll. Umgekehrt konnte bei dem „Lichtsamen" Poa die
schon vor dem Aufbrechen der Samen erfolgende Chlorophyll-
bildung im Innern als Grund ihrer Lichtbedürftigkeit nachgewiesen
werden.
Nachträglich wurde auch ermittelt, ebenso wie in vielen
anderen ähnlichen Fällen, dass nur die vereinte Wirkung von
Licht und einer bestimmten Temperatur diese merkwürdige Er-
scheinung bei Nigella zu Wege brachte, während, wie in anderen
Fällen, die Samen bei 10°, oder auch noch bei 15°, zwar wesentlich
langsamer auskeimten als verdunkelte (statt in vier Tagen in vier
Wochen), aber doch nicht jenen eigentümlichen Schlummerzustand
erreichten, den ich als „lichthart" bezeichnen möchte.
Denn solche Samen verhalten sich in der Tat ähnlich wie hart-
schalige Samen. Sie können bei 20° viele Monate feucht liegen,
ohne zu keimen. Nach Monaten gelang es, solche Samen teils
1) Auf Vorschlag meines Kollegen, Dr. G. IhSSEN, dem ich für die Anregung,
auch diese Samen am Licht zu prüfen, zu grossem Danke verpflichtet bin.
2) vgl. Gehetz.
über den Einfluss des Lichtes auf die Keimung. „Lichtharte" Samen. 271
durch Anstechen, teils durch Temperaturwechsel, wie üblich von 20°
zu 30°, zur Keimung zu bringen. Erst die vereinte Wirkung des
Anstechens und der Temperaturerhöhung auf 30° vermochte es
jedoch, von 100 derartigen lichtharten Samen, die schon Monate
lang bei 20° feucht lagen, 7G pCt. zur Keimung zu bringen. Der
noch frische Rest von 24 pCt. lag weitere zwei Monate teils bei
,20°/30°", teils bei 20°, bis eine Methode gefunden wurde, auch von
diesen Samen nach sieben Monate langer Durchfeuchtung sehr bald
noch 12 pCt., also insgesamt 88 pCt. normale Keime zu erzielen.
Es fehlten demnach zu der beiläufig fünfmal bei Dunkelversuchen
ganz regelmässig^) erhaltenen Keimzahl von 94 pCt. nur noch 6 pCt.,
bei denen es auf irgend eine andere Weise zweifellos auch noch
gelungen wäre, das Leben zu erregen.
Das Yersuchsmaterial von lichtharten Xigellasamen wurde durch
künstliche Belichtung unter einem abwärts brennenden Auerbrenner
bei 20° erhalten. Zahlreiche, zu diesem Zwecke nötige Vorversuchs-
reiheu ermittelten zunächst bei stundenweis abgestufter, ein- bis
siebenstündiger Belichtung diejenige Belichtungsdauer, welche in
einem möglichst weitgehenden, also der Schädigung durch Licht
möglichst wenig ausgesetzten Entwicklungsstadium der Samen im
dunkeln Keimbett^) schon einen erheblichen Schaden zu bewirken
vermochte. Eine weitere Versuchsreihe ero-ab dann bei einer Be-
lichtung von immer sieben Stunden dasjenige Keimungsstadium, in
w^elchem diese deutlich beginnende Schädigung von dem grössten
Einfluss ist. Dabei wurden, wie immer, je 100 Samen sieben
Stunden lang von Anfang an, dann noch nach 7, 15, 24, 39 und endlich
nach 48 Stunden Dunkelkeimung belichtet. Der Zeitpunkt 28 Stunden
vor dem Hervorbrechen der ersten Würzelchen, nach 24 Stunden
Dunkelkeimung, erwies sich als die gefährlichste Entwicklungsstufe,^)
da schon eine drei Minuten währende Belichtung in dieser Zeit
sehr merkliche Anderunoen der Keimkraft bewirkte.
Auf Grund dieser Yorversuche konnten dann viele Hundert
Samen während 25 stündiger Gasbelichtung nach 24 Stunden Dunkel-
keimung lichthart gemacht werden. Auch Rotlicht in einem spektro-
skopisch geprüften Glaszylinder hatte nach 24 stündiger Belichtung
den gleichen Erfolg.
Mannigfach variierte Yersuche mit solchen lichtharteu (oder
vielleicht besser „lichtmüden") Samen bei Enzymbehandlung, Asparagin-
1) Zu allen Versuchen wurden gemischte Mengen ausgewählter tadelloser
Samenexemplare verwandt.
2) 63 Stunden Dunkelkeiniung in sterilisierten Petrischalen mit zehn Blatt
Filterscheiben Nr. 595 von SCHLEICHER & SCHÜLL; Wassermenge 200 pCt.
3) Nach anderen Versuchen höchst wahrscheinlich überhaupt der Beginn der
inneren Arbeit des Keimprozesses.
272 Wilhelm Kinzel:
wirkuug, vorsichtigem Eintrocknen usw. führten zu der besten
Metliode, nämlich 1 4 tägigem Trocknen der Samen über CaClo bei i^0°
und sofortigem Einquellen in eine Lösung von 1 pCt. Asparagin
und 0,1 pCt. Papayotin, dem proteolytischen Enzym aus Carica Papaya})
Nach fünfstündiger Quellung wurden die Samen dann angestochen
und nach 24stündiger Quellung zum Keimen bei „20730°" angesetzt.
Der Erfolg dieser Behandlung selbst bei schon durch andere
Operationen sehr müde gewordenen lichtharten Samen war ein so
grosser, dass auch von solchen, noch 80 pCt. keimten gegenüber
50 pCt. bei Samen, die dem gleichen Trocknungs- und Quellungs-
verfahren, jedoch ohne Asparagin und Enzym, ausgesetzt waren.
Das gleiche A^erfahren brachte dann auch den oben erwähnten Rest
der 100, durch Sonnenlicht lichthart gewordenen Samen, nach sieben
Monaten Quelldauer schon während 14 Tagen zur Keimung.
Nigella damascena ist noch empfindlicher wie Nigella sativa^
doch sei in diesem Vorbericht auch schon erwähnt, dass bei diesem
Dunkelsamen, ebenso wie bei dem „Lichtsamen" Po«, nur ganz
frische Samen so exklusiv reagieren, dass die Keimung entweder
erfolgt oder nicht. Dies wurde bei zahlreichen Yersuchsreihen mit
selbstgesammelter Poa pratensis wiederum bestätigt,^) ebenso, dass auch
frische Selleriesamen ^) im Dunkeln nicht keimen. Für ganz frische Poa
scheint jedoch, umgekehrt wie bei Nigella, das Rotlicht das vorteil-
hafteste für die Keimung zu sein. Die zahlreichen hierauf bezüg-
lichen Yersuche mit Poa^ die noch in den sieben verschiedenen
Farben vom Rot bis zum Violett mit ganz frischen Samen wieder-
holt werden, sollen später eingehend beschrieben werden. Soviel
aber geht daraus unzweifelhaft hervor, dass frische Poa-Samen.
die am Licht bei genau 20° in schon zehn Tagen zu 95 pCt.
keimen,*) im Dunkeln unter vollkommen gleichen Be-
dingungen (auf sterilem Filterblock in Petrischale) bei 20°, ebenso
wie Apium zu 0 pCt. keimen! Ebenso, dass sich durch abwechselnde
Belichtung und Verdunkelung (mit Unterbrechungen von Tagen und
Wochen) die Keinmng von Poa zur Durchlaufung ganz beliebiger
Keimungskurven zwingen lässt, allerdings mit der Nebenwirkung,
dass bei sehr häufiger und gewaltsamer (in energischem Keimungs-
stadium erfolgter) Unterbrechung der Lichtkeimung die Lebens-
energie der Samen so geschwächt wird, dass bei den im September
1) Versuche mit deu eigenen Enzymen der Nigellasanien waren resultatlos;
andere Enzyme wirken nur in sehr verdünnten Lösungen.
2) cf. Atterberg. 1899. Om inflytandet och växlandc temperatur vid
groningen af kulturväxternas och särskildt af tallens frön.
3) HICKS u. S. Key, Yearhook of the U. S. A. Dept. of Agriculture 1897.
4) Nach einer vierwöchigen Nachreife, Über die interessanten Nachroifungs-
kurven ebenfalls später!
über (Ion Einfluss des Lichtes auf die Keimung. „Lichtliartc" Samen. 273
gesammelten Samen schliesslich die geringe Intensität des Winter-
lichtes, des Gasglühlichts, ebenso natürlicli die Behandlung bei
20°/oO° (durch Wochen!!) in müdem Zustande verbleibende Reste
von 20 — 30 pCt. der Versuchssamen nicht zur Keimung bringen
konnte. Solche Monate lang (ö — 6 Monate) feucht liegende Poa-
Samen (K. = 95 pCt), die obigen Einwirkungen, auch der Wärme
von '20°I'.W° gegenüber, lange Zeit stumm blieben, keimten dann
nach halbjähriger Yersuchszeit erst mit Hilfe des intensiven Früh-
jahrslichtes im März und April in vier verschiedenen Versuchen
prompt zu 91 — 93 pCt., also mit ganz unerheblichen Unterschieden
gegen die im September erreichte Normalzahl.
Der praktische Beweggrund zu den hier nur kurz erwähnten
Versuchen war niclit nur die immer wiederkehrende erhebliche
Differenz zwischen den Keimprüfungsresultaten verschiedener
Anstalten bei Poa^ sondern auch Differenzen bei anderen, namentlich
gärtnerischen Samen.
Die Zwiebelsamen gelten von jeher als Schmerzenskinder der
Prüfungsanstalten. Eine Notiz im Österr. Landwirtsch. Wochenblatt
von 1883, Xr. 30, welche das Keimungsoptimum bei 15,5° C = 66 pCt.
findet, bei höherer Temperatur (29°) aber eine wesentlich
niedrigere Keimziffer (40 pCt.), berücksichtigt offenbar nicht, dass
höhere Temperaturen nur bei gleichzeitiger Belichtung die Keimungs-
energie störend beeinflussen. Denn Allium Cepa keimte bei 20° im
Dunkeln in vier Tagen zu 75 pCt., im Licht nur zu 7 pCt. (!),
Allium ascalonicum in acht Taoen gar in einem Abstände von
88 pCt. (7 pCt. : 95 pCt.)! Ähnlich andere Allium-X\:ien\ bei Allium
Porrum konnten übrigens bei einer verregneten Saat 20 pCt. im
Freien lichthart gewordene Samen nachgewiesen werden, die nach
entsprechender Behandlung, Anstechen und 20°/30°, natürlich sämtlich
keimten. Unter Nichtbeachtuno- der Belichtunosverhältnisse wäre
auch das eigentümliche Verhalten der Ni^ellaSamen nie ganz auf-
geklärt worden. Es keimten bei den ersten Versuchen bei 20° im
Sonnenlicht 0 pCt., bei 20°/30° 55 pCt., bei 20°, nur selten schwach
belichtet und immer von feuchtem Filtrierpapier dicht umgeben,
88 pCt. Man hätte demnach, wie jener österreichische Autor,^) die
Temperatur von 30° für eine sehr schädliche halten müssen.
Jedoch erwiesen spätere Versuche mit Sicherheit, dass nur die zeit-
weise, wenn auch sehr schwache Belichtung im Verein mit der
hohen Temperatur 45 pCt. der Samen lichthart machte, während bei
exakter Verdunkelung 88 pCt. keimten, selbst bei 30°. Zahlreiche
Versuchsreihen mit Asphoclelus ramosus und Nigella bei \^% 20°,
20730° im Licht, Halblicht, Dunkel brachten hierüber volle Klarheit.
1) Name nicht zu crmittehi!
274 Wilhelm Kinzel:
Besonders bemerkenswert verhält sich Asphodelus ramosus. In
14 Tagen im Dunkeln zu 90 pCt. keimend, zögert der Same mit
der Keimung bei *20° im Licht so, dass zu dieser Zeit erst 35 pCt.
später meist kränkelnde*) Keime erschienen sind. Xach 16 Tagen
waren in zwei, drei volle Monate auseinanderliegenden Yersuchen
genau nur 42 pCt. beidemal gekeimt, während die Samen im
Dunkeln^) längst 90 pCt. erreicht hatten, aber ebenso auch im Licht
bei 14°. Auf die bereits abgeschlossenen Versuche in farbigem
Licht soll hier nur ganz kurz eingegangen werden. Besonders über-
raschend ist dabei die Schädigung durch das violette Licht bei 14°
gegenüber dem Keimungsoptimum (92 pCt.) in demselben Violett
bei 20°. Bei 14° schädigt die blaue Hälfte des Spektrums mehr,
namentlich auch das Dunkelblau besonders^) energisch gleich im
Anfang der Keimung, während bei 20° die roten Farben, rot bis
orange mehr und dauernd schädigten. P]in Optimum lag bei allen
Temperaturen im Gelb (92 und 93 pCt.), bei 20° ein gleiches,
auch hinsichtlich des späteren Wachstums der Keimlinge, im Violett.
Dennoch w^aren die im hellen Gelb befindlichen 5 cm langen Keime
lebhaft grün, die ebenso langen im Violett bleich gelbgrün. Der
Verdunkelungsgrad des fast undurchsichtigen Violett spielte demnach
gegenüber der spezifischen Wirkung der Lichtwellenlänge nur eine
sehr geringe Rolle. War doch das Gelb fast gleich hell wie das
Weiss — trotzdem dort das Maximum der Schädigung mit
Differenzen bis 60 pCt. gegen das Optimum im lichten Gelb!
Die Unterschiede gleichen sich schliesslich bei 14° bis auf
einen erheblichen Abstand im Dunkelblau und Violett ziemlich aus,
während bei 20° Differenzen bis zu 60 pCt. und namentlich der
gewaltige Unterschied in der späteren Entwicklung der Keimlinge
verständlich machen, wie etwa der Einfluss des Lichtes auf die
Inhaltsstoff'e des keimenden Samens zu denken ist.*)
Besonders bemerkenswert ist auch der kräftig hindernde Eingriff
des hellblauen Lichtes bei 20°, fast gleichkommend dem dunkeln
Rot, während bei 14° hellblau wie dunkelrot in dieser Hinsicht
fast einflusslos waren, nur mit wenig rascherer Anfangsentwicklung
wie das bei 14° gleichfalls unschädliche weisse Licht.
1) Auch von vornherein meist abweichend hervorbrechende, rasch anormal
ergrünende — .
2) hier später mit unbedeutender Beschleunigung durch die Nachreife.
3) Viel weniger im Anfang das Violett, später allerdings sehr bedenklich.
4) Hierbei ist auch die Tütsache zu bedenken, dass ,l,ichtsamen' oft anfangs
am Licht erheblich gegen entsprechend warme Dunkelversuche in der Keimzahl
zurückstehen, besonders wenn bei den durch die Erregung der Enzyme eingeleiteten
Umsetzungen die Wärme fehlt. Violett bei 14° und Violett bei 20°.
über den Eiufluss des Lichtes auf die Keimung. „Lichtharte" Sameu. 275
Keimversuche unter den verschiedenen Regenbogenfarbeu sind
noch im Gange mit Nigella damascena^ Allium ascalonicwn^ Poa,
Ntcotiana,^) Apium, Veratrum.
Besonders Verutriim, das in fünf Monaten im Diinkehi zu
oO pCt., im Licht fast zu 0 pOt. ^) — später alhnählich nur früh
vergrünte Keimlinge — keimt, verspricht bei der langandauernden
farbigen Belichtung lehrreiche Pjinblicke. Hierzu werden kleine
farbige Glasglocken (aus Dänemark bezogen) verwandt werden.
Der Einfluss der Belichtung wurde noch geprüft bei Aquüec/ia,
Delphinium, Allium 7ngrum, A. Schoenoprasum., A. Victoriaiis., A.
ursinum, A. suaveolens, Bijacinthus candicans, Anthericum Liliago,
Gentiana nivalis., Asphodelus albus., Allium AJoli/ und einigen schon
früher erwähnten.
über alle diese Versuche kann erst viel später zusammenhängend
berichtet werden unter Beigabe grossenteils schon fertiger ausführ-
licher Tabellen und graphischer Kurvenzeichnungen. Dennoch habe
ich gerne diese kurze Notiz vorausgeschickt, weil es mich freuen
würde, wenn die leicht zu wiederholenden Versuche zu weiterem
Studium dieser auch für die Praxis interessanten Fragen anreo-ten.
Zu den Versuchen in farbio'em Licht dienten schwarz lackierte
Petrischalen ("i-^XlSO mm) mit farbigen eingekitteten Deckeln,
welche durch die Firma Dr. A. SCHWALM, München, Sonnenstr., besorgt
1) Eine Anführung der Keimzahlen von Nicotinna Tabacum für den vierten his
neunten Keimtag (wo die Keimung für die gut nachgereifte Saat auch im Blau-
licht beendet war, möge noch ein typisches Beispiel für das merkwürdige Ver-
halten der .„Lichtsamen" in den verschiedenen Farben abgeben (bei 20°):
Hell
Rot
Orange
Gelb ....
(irün ....
Hellblau . .
Dunkelblau .
Dunkelviolett
Ultraviolett .
10
75
92
96
97
_
12
25
36
50
54
55!
27
64
87
93
96
—
26
63
89
96
97
—
•.M
77
94
95
—
—
10
18
24
29
32
32!
12
25
34
39
39
41!
17
33
50
54
54
56!
17
33
53
60
63
67!
s
S
CS
CA;
O
(1>
o
o
o S
Das Grün wirkt, wie oft, als Optimum bei den Lichtsamen, namentlich
bei gelagerter, noch stark lichtempfindlicher Poa; bei ganz frischer kann es durch
Rot vertreten werden.
Auch bei den „Dunkelsamen" liegt das Optimum oft in der Mitte des Spektrums,
im reinen Grün (z. B. bei Xiijella daiuascena).
2) Ein erschienener, sofort unter krankhafte Krümmung ergrünender Keim
starb wieder.
276 W. Voss:
wurden. Von diesen Schalen wurden aber zunächst nur die Deckel
benutzt, als Keinigefäss dagegen innen weiss emaillierte 5 cm hohe
Pfannen, die innen über einem Wasservorrat von 15 ccm. den genau
gleichmässig feuchten Filterscheibenblock auf einer nach unten
offenen Petrischalenhälfte enthalten.
Besonders auch im Hinblick auf die FiSCHER'sche Arbeit
„Wasserstoff und Hydroxylionen als Keimungsreize" ^) war mir daran
gelegen, diese vorläufige Notiz möglichst bald zu geben, weil diese
Lichtwirkungeu mit jenen Ionen -Wirkungen vielleicht in irgend
eine Verbindung zu bringen sind. Auf die von FISCHER gefundenen
Tatsachen wies ich bereits vermutungsweise mit Angabe der
Keimung von Hottonia in der Naturwiss. Zeitschrift für Land- und
Forstwissenschaft^) hin. Vorbehalten möchte ich mir augenblicklich
bis zur ausführlichen Veröffentlichung die im Gange befindlichen
Versuche im farbigen Licht mit den angegebenen Samenarten.
Später hoffe ich die gleichzeitige Reizwirkung von Wasserstoff- und
Hydroxylionen mit Einwilligung ihres Entdeckers beobachten zu
können.
Die meisten Samen lieferte die Firma HAAGE & SCHMIDT
in Erfurt.
München 2:5, den 16. 6. 1907.
41. W. Voss; Über Merkmale normaler Organe in monströsen
Blüten.
2. Chrysanthemumform „Waban".
Eingegangen am 20. Juni 1907.
Die grossen Köpfchen der Chrysanthemumform Waban zeichnen
sich durch ihre sehr langen, steil aufgerichteten Strahlblüten aus,
deren weisslichrote Kronen einen recht verschieden laugen röhren-
förmigen Teil zeigen. Im Innern des Köpfchens findet sich eine
Scheibe von Rölirenblüten von recht variabler Ausdehnuuo-. Ein-
1) D. B. G. 1907 Heft ?>. S. 108.
2) 1903. S. 110.
über ^lerkmale normaler Organe in monströsen Blüten. -^Ti
zeliio Röhrenblüten stehen auch, wie immer bei gefüllten Chrysan-
themen, unregelmässig zerstreut unter den Strahlblüten. Äusserst
charakteristisch für die vorliegende Form ist der Umstand, dass fast
ohiie Ausnahme die Blüten der Köpfchen, freilich in verschieden
starkem Grade, proliferiert sind.
Die Proliferationen, die die Fruchtknotenhöhle durchwachsen,
trauen Blattorgane der verschiedensten Art. die meistens einen
äusserst komplizierten Bau zeigen. So zeigten von den beiden
untersten Blättern an der Proliferation einer sonst normalen Röhren-
blüte, die beide in der Gestalt einem tiefgespalteuen Hochblatt
glichen, das eine die rein gelbe Farbe, die Struktur und die Art
der Behaarung durch Drüsenhaare der Röhrenblütenkrone, das
andere zeigte diese Merkmale nur in dem einen Zipfel, während der
andere die grüne Farbe und die Behaarung der Hochblätter zeigte.
Ähnlich gestaltet waren die Blätter an der proliferierenden
Achse einer grossen Strahlblüte. Die ältesten Blattgebilde ähnelten
in der Gestalt petaloiden Staubblättern und waren am Grunde zu
einer kurzen Röhre miteinander verwachsen. Die eigentümliche
Färbung dieser Zipfel wies auf einen eigentümlichen Bau derselben
hin. Der kürzere derselben zeigte auf der Oberseite ebenso wie
der eine der an ihn angrenzenden Zipfel die Farbe der Strahlblüten-
krone auf, während seine Unterseite auf der dem zweiten Zipfel ab-
gekehrten Hälfte die gelbe Farbe der Rölirenblütenkrone zeigte.
Die andere Hälfte zeigte die grüne Farbe und die Behaarung der
Laub- und Hochblätter. An diesen Streifen anschliessend wies die
untere Seite ebenso wie die Oberseite des schon erwähnten zweiten
Zipfels die Farbe der Strahlblütenkrone auf. Das dritte Blattgebilde
des Wirteis war auf der Unter- sowie auf der Oberseite zur Hälfte
grün, zur Hälfte blassrosa gefärbt. Die grüne Hälfte trug auf der
Unterseite die Behaarung der Laub- und Hochblätter.
Aus der Färbung der eben beschriebenen Blattgebilde geht ohne
weiteres hervor, dass sich in denselben die Merkmale sowohl der
Strahlblüten- und Röhrenblütenkrone als auch des Laub- und Hoch-
blattes treffen. Zunächst wurde untersucht, zu welchen Kom-
binationen eine Reihe von Merkmalen der Zellen der
oberen Epidermis und des darunter liegenden Parenchyms
normaler Blattorgane in einer Zelle zusammentreten
können.
Wie bei allen untersuchten Chrysanthemumformen setzt sich
auch bei der vorliegenden Form Waban die obere Epidermis der
Strahlblütenkrone aus nicht oder sehr wenig in der Längsachse der
Blüte gestreckten, sehr häufig fast quadratischen Zellen mit massig
gewellten Radialwänden und stark papillöser, von einer kräftig ge-
falteten Cuticula überzogenen Aussenwand zusammen. Im Cytoplasma
o
278 W.Voss:
der allermeisten Zellen liegen Leucoplasten, doch kommen, wenn
auch nicht häufig, in vollständig normalen Strahlblüten in der
oberen Epidermis der Zunge in allen Höhen eine oder wenige Zellen
breite Längsstreifen von Zellen vor, die statt der Leucoplasten gelbe
Chromoplasten führen. In diesen Streifen kommen ausserdem ein-
zelne Zellen mit glatter Cuticula vor, die sowohl Leucoplasten als
auch Chromoplasten führen können. In den Zipfeln, deren Spitze
nicht wie die der Röhrenblüte Büschel stark papillöser Zellen trägt,
nimmt die Aussenwand der Spitze nach dem Rande zu immer mehr
eine ebene Gestalt an. Der Zellsaft der ins Auo-e o-efassten Zellen
schwankt von fast vollständiger Farblosigkeit bis zu einem intensiven
Carmin.
Die Krone der Röhrenblüte von oben von der Fläche betrachtet
zeigt dasselbe Bild wie bei allen untersuchten Chrysanthemen. Die
langgestreckten, gerade Radialwände und ebene, von einer glatten
Cuticula bedeckte Aussenwände zeigenden Zellen, in deren Cyto-
plasma zahlreiche gelbe Chromatophoren liegen, werden nach den
Zipfeln zu etwas kürzer, während die Radialwände stark gewellt
werden. Die Spitze der Zipfel zeigt das für die Röhrenblüten der
Chrysanthemen charakteristische Büschel zottenförmiger Zellen mit
zahlreichen gelben Chromatophoren.
Die obere Epidermis des Hochblattes setzt sich aus Zellen zu-
sammen, die deutlich in der Längsrichtung des Blattes gestreckt
sind. Die in den Hüllkelchblättern verdickten und deshalb deutlich
getüpfelten Radialwände sind leicht geschwungen, die Aussenwände
sind eben und von einer glatten Cuticula bedeckt. Die Chromato-
phoren sind als Leucoplasten ausgebildet.
Das Laubblatt hat eine obere Epidermis, die gebildet wird von
nicht gestreckten Zellen, die häufig auf Flächenschnitten fast
quadratisch erscheinen. Die Radialwände sind leicht gewellt und
die ebene Aussenwand ist von einer glatten Cuticula bedeckt. Wie
in den entsprechenden Zellen des Hochblattes sind die Chromato-
phoren als Leucoplasten ausgebildet, während der Zellsaft farb-
los ist.
Für die nähere Untersuchung der abnormen Gebilde, bei der
ich zunächst wie auch sonst in dieser Arbeit das Verhalten normal
ausgebildeter Merkmale ins Auge gefasst habe, habe ich mich
für folgende Paare antagonistischer Merkmale entschieden:
Zelle in der Längsrichtung des Organs
gestreckt nicht gestreckt,
Aussenwand papillös vorgetrieben . eben,
Cuticula gefaltet glatt,
Chromatophoren gelb farblos.
über Merkmale normaler Organe in monströsen Blüten.
279
Um einen Massstab für den Grad der Streckung- der einzelnen
Zellen und dadurch die Möglichkeit einer zahleuniässigen Abgrenzung
der beiden Glieder des ersten Merkmalspaares zu gewinnen, habe
ich 'bei einer Anzahl von Zellen das A erhältnis Län"e : Breite fest-
gestellt und folgende Resultate erhalten:
Lcänge : Breite
1
so
1
CS
1
1
1
1
cd"
o
1
C5,
1
Oi
1—1
1
cc
1— i 1— t
1 1
1—1
1
C5
1— t
1
1
tH
G^
CO
't<
»o
o
t—
GO
<n
o
1-1
T— l
T-l
eo
1—1
1—1 1—1
1—1
1—1
Röhrenblüte:
Glocke. . .
0
0
6
6
2
5
1
1
1
2
2
1
0
1
0
0
0
1
Zipfel . . .
0
0
1
8
17
10
8
4
3
0
0
—
—
—
—
—
—
Strahlenblüten:
Mitte . . .
4
51
19
1
1
0
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
Rand der
Zunge . .
0
:5
18
7
3
0
—
—
—
—
—
— ■
—
—
—
Hochblatt . .
0
0
2
3
G
10
5
5
3
3
1
2
2
1
0
2
1
1
Laubblatt . .
1
26
10
1
0
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
Obgleich die beiden Glieder dieses Merkmalspaares transgressiv
variieren, mache ich doch, wie aus den oben wiedergegebeneu
Yariationsreihen ersichtlich ist, bei der Beurteilung einer Zelle nur
in seltenen Fällen einen Fehler, wenn ich alle Zellen mit einem
Quotienten unter 3 für „nicht gestreckt", über 4 für „gestreckt'^ in
Anspruch nehme.
Bei den drei übrigen Merkmalspaaren kann eine zalilenmässige
Abgrenzung der Glieder gegeneinander nicht vorgenommen werden.
Es wurde deshalb hier wie bei später behandelten Merkmalen in
zweifelhaften Fällen immer durch Yergleich mit typischen Formen
die Frage entschieden, ob das Merkmal in typischer Stärke aus-
gebildet sei oder nicht, meistens wurden jedoch solche Fälle nicht
als Beweis für die Möglichkeit der gerade ins Auge gefassten
Merkmalskombination in Anspruch genommen. Die Beurteilung der
Farbenintensität der Chronioplasten erfolgte immer unter Anw^endung
von Comp. cc. XII -|- \'j^, Im. ZeiSS an in 3 prozentiger Zuckerlösung
liegenden Präparaten.
Ich habe zunächst in dem oben beschriebenen eigentümlichen
dreizipfligen Blattgebilde den zur Hälfte grünen, zur Hälfte gelben
Zipfel untersucht. Die obere Epidermis des gelben Teils setzte sich
aus typischen Strahlblütenzellen zusammen, die über dem ein-
280 W, VOSS:
gesprengten grünen Teil die papillöse Aussenwand und gefaltete
Cuticiila vertauschten mit einer ebenen, von glatter Cuticula be-
deckten Aussenwand, wie sie charakteristisch ist für das Laubblatt.
Auch die untere Epidermis des grünen Teils zeigt Zellen ähnlich
den entsprechenden Zellen des Laubblattes. Ich habe jedoch die-
selben nicht genauer analysiert. Erwähnen tue ich die untere
Epidermis in diesem Falle ausnahmsweise, weil in dem gelben Teil
des Zipfels dieselbe sich aus Zellen zusammensetzt, die in jeder
Beziehung sich als Zellen des glockenförmigen Teils der Röhren-
blütenkrone auswiesen. Sie waren langgestreckt, ihre ebene Aussen-
wand war mit einer glatten Cuticula bedeckt und ihre Chromato-
phoren waren als Chromoplasten ausgebildet. Ein Querschnitt
durch den Zipfel zeigte, dass gelbe Chromatophoren auf die Epidermis
beschränkt waren, eine merkwürdige Analogie zur Einschichtigkeit
des nicht um einen Nerv liegenden glockenförmigen Teils der
Röhrenblütenkrone. Die drei Blattarten haben sich in ganz eigen-
tümlicher Weise in den Zipfel geteilt. Die eine Hälfte hat das
Laubblatt in Anspruch genommen, während die andere Hälfte
tangential zwischen Röhrenblüten- und Strahlenblütenkrone geteilt
ist. Ich habe den Zipfel beschrieben, um die ganz eigentümliche,
scheinbar ganz willkürliche Verteilung von Gewebearten
dreier verschiedener Blattorgane in einem Blatt zu zeigen,
die ebenso wie das erwähnte vereinzelte Auftreten von
Chromoplasten führenden Zellen in dem sonst farblosen
Parenchym des gelben Teils eine Abhängigkeit der Akti-
vierung dieser Merkmale von äusseren Faktoren ausser-
ordentlich unwahrscheinlich macht.
Für das Studium der Abhängigkeitsverhältnisse zwischen den
obengenannten Merkmalen eignete sich das eben beschriebene Blatt
weniger, da der Übergang von den Strahlblütenzellen der oberen
Epidermis zu den Laubblattzellen fast plötzlich erfolgt. Günstiger
hierfür war ein etwas mehr als 2 cm langes Blattgebilde, von der
Gestalt eines breiten petaloiden Staubblattes, das, von oben gesehen,
an der Spitze nach rechts hackenförmig gekrümmt w^ar und auf der-
selben Seite in halber Höhe einen kurzen, keilförmigen Zipfel trug.
Dieser, sowie die rechte Seite des eine netzförmige Nervatur auf-
weisenden Blattes zeigen einen leichten gelben Anflug, der in dem
mit Zotten besetzten Bande des seitlichen Zipfels zu einer intensiv
gelben Färbung wird. Der übrige Teil, der durch ein mächtiger
entwickeltes Parenchym eine derbere Struktur erhält, zeigt die
weisslichrosa Färbung der Strahlblütenzunge. Am oberen Rande
tritt eine carmingefärbte Partie auf. Auf den ersten Blick scheint
das beschriebene Blatt einen ziemlich einheitlichen Bau zu haben,
und doch setzt sich die obere Epidermis aus einer Reihe von Zellen
über Merkmale normaler Organe in monströsen Blüten. 281
der verschiedensten Kombinationen zusammen. Es wurden foloende
Zellformen gefunden:
■^ 1. Zelle nicht gestreckt, Aussenwand eben, Cuticula glatt, Leuco-
plasten;
2. Zelle nicht gestreckt, Aussenwand papillös, Cuticula glatt,
Leucoplasten;
3. Zelle nicht gestreckt, Aussenwand papillös, Cuticula gefaltet,
Leucoplasten;
4. Zelle gestreckt, Aussenwand eben, Cuticula glatt, Leuco-
plasten;
5. Zelle gestreckt, Aussenwand eben, Cuticula gefaltet, I^euco-
plasten;
G. Zelle gestreckt, Aussenwand eben, Cuticula glatt, Chrcmo-
plasten
Die einzelnen, eben angeführten Zellformen liegen auf dem
Blatt freilich zu grösseren Gruppen vereinigt, jedoch liegen diese so
scheinbar regellos über die Oberfläche zerstreut, dass es
sicher erscheint, dass die Ausbildung einer Zellform in
unserem Falle keine Funktion der Lage der Zelle im Blatt
und damit auch nicht, wie auch schon das äussere Aussehen
der untersuchten Blattgebilde zeigt, eine Funktion von
der Gesamtheit der äusseren Lebensbedingungen der ein-
zelnen Zellen abhängiger Faktoren ist, da von nebeneinander
auf der Blattspreite liegenden Epidermiszellen nicht angenommen
werden kann, dass sie unter verschiedenen Lebensbedingungen ent-
standen sein sollen, aber auch nicht, dass sie sich als Zellen der-
selben Abstammung, und häufio- auch sogar oenau desselben Alters
zur Zeit ihrer Entwicklung in ihren „inneren Bedingungen" im
Sinne von Klebs (vgl. z. B. Willkürliche Entwicklungsänderungen)
unterschieden haben sollen, wie es nötig wäre, wenn die gleichen
äusseren Bedingungen eine verschiedenartige Entwicklung hätten
auslösen sollen.
Ganz ebenso waren die Beobachtungen, die an einem laugen,
schmalen, scbuppenförmigen Blatt gemacht wurden, das auch eine
netzförmige Nervatur zeigte. Die rechte Seite desselben, von oben
gesehen, zeigte die Farbe der Strahlblütenzunge, während ein Stück
der linken Hälfte, dicht unter der Spitze gelegen, eine wechselnd
intensive Gelbfärbung aufwies. An diesen gelben Teil, dessen Band
keine Zottenbüschel trug, schloss sich ein Stück fast trockenhäutigen
Saumes an von teilweise brauner Farbe, während der noch fehlende
Teil des Blattes ein lichtes Grün zejote. In dem Teil der oberen
Epidermis, die über dem weisslichroten Stück lag, fanden sich
Zellen von folgender Zusammensetzung:
282 W. Voss:
Form: nicht gestreckt, Aussenwand papillös, Cuticula
gefaltet, Leiicoplasten;
strichweis: nicht gestreckt, Aussenwand papillös, Cuticula
glatt, Leucoplasten.
In dem gelben Teil der Spitze fanden sich Zellen, wie sie
charakteristisch sind für die Zipfel der Röhrenblütenkrone. Nach
rechts zu ging diese Zellform zunächst über in niclit gestreckte
Zellen mit papillöser Aussenwand, gefalteter Cuticula und
Chromoplasten und schliesslich in die für Strahlblüten charakte-
ristische Form. Gegen den trockenhäutigen Saum zu treten die
Merkmale: gestreckte Form, ebene Aussenwand, glatte Cuticula
und Chromoplasten in einer Zelle auf und in diesem Teil selbst
Zellen folgender Merkmalskombination: gestreckte Form, ebene
Aussenwand, glatte Cuticula, Leucoplasten. Gegen den mit
Strahlblütenzellen bedeckten grünen Teil zu traten in der Gruppe
der genannten Zellformen an einzelnen Stellen an Stelle der
Leucoplasten auch Chromoplasten, gefaltete Cuticula oder beides auf,
um an einigen Stelleu über Zellen mit den Merkmalen nicht ge-
streckte Zellform, ebene Aussenwand, glatte oder gefaltete
Cuticula, Leucoplasten oder nicht gestreckte Zellform, ebene
Aussenwand, glatte oder gefaltete Cuticula, Chromoplasten
sich an die Strahlblütenzellen des grünlichen Teils anzuschliessen.
Ein fester Modus des Überganges von einer Zellform zur anderen
war nicht vorhanden.
Bemerken will ich noch, dass in dem trockenhäutigen und in
dem gelben Teil das Blatt nur aus der unteren und der oberen
Epidermis besteht. Ausserdem will ich auch hier noch besonders
darauf hinweisen, dass auch die eben mi toeteilten Tatsachen
'r>
eine Abhängigkeit der Ausbildung der Zelle von ihrer
Lage im Blatt nicht erkennen lassen.
Ich will die gefundenen Kombinationen vollausgebildeter Merk-
male in einer Tabelle zusammenstellen (S. 283).
Aus dieser Tabelle der aufgefundenen Zellformen geht hervor,
dass alle ins Auge gefassten Merkmale, natürlich von den
antagonistischen abgesehen, voll ausgebildet zusammen in einer
Zelle auftreten können mit Ausnahme von „gestreckte
Form" und „papillöse Aussenwand", die ich trotz allen Suchens
nicht zusammen beobachten konnte. Es folgt hieraus jedoch nicht,
dass das Merkmal „gestreckte Form" die volle Ausbildung einer
„ebenen Aussenwand" fordert. Es wurden vielmehr häufig gestreckte
Zellen mit massig papillöser Aussenwand gefunden. Die volle
Ausbildung einer papillösen Aussenwand schliesst also das
Merkmal „gestreckte Zellform" aus, während jedoch die
über Merkmale normaler Organe in monströsen Blüten.
283
Form der Zelle
Form der
Aussenwand
Form der Cuticula
Ausbildung der
Chromatophoren
1
gestreckt
eben
glatt
Chromoplasten
2
do.
do.
do.
Leucoplasten
3
do.
do.
gefaltet
do.
4
do.
do.
glatt
Chromoplasten
5
nicht gestreckt
papillös
gefaltet
Leucoplasten
6
do.
eben
do.
do.
7
do.
do.
glatt
do.
8
do.
do.
do.
Chromoplasten
9
do.
do.
gefaltet
do.
10
do.
papillös
do.
do.
11
do.
do.
glatt
Leucoplasten
1-2
do.
do.
do.
Chromoplasten
nur
volle Ausbildung des antagonistischen Merkmals
möglich, nicht Bedingung ist.
Ausser den Zellen der oberen Ei)idormis habe ich noch die
unter derselben liegenden Parenchymzellen untersucht.
Das Parenchyni der Strahlblütenkrone setzt sich aus parallel zur
Längsachse der Blüte langgestreckten Zellen zusammen, bei denen
der Quotient
Länge der Zelle
Breite der Zelle
schwankt zwischen 3 und 7. Am
häufigsten kamen Zellen mit einem Quotienten von 5 — 6 vor. Für
die äussere Gestalt der Zellen ist ausserdem die Art ihrer Ver-
zweio'uno- charakteristisch, die in äusserst konstanter Weise an-
nähernd senkrecht zu der wenig oder garnicht gebogenen Längs-
achse der Zelle erfolgt. Die Chromatophoren sind als Leucoplasten
auso-ebildet.
An den Stellen, wo die Krone der Röhrenblüten Parenchyni
führt, also in den Partien um die Nerven herum, liegen Zellen von
genau derselben Form wie die des Strahlblütenparenchyms, von
welchen sie sich nur durch ilu'en Gehalt an gelben Chromatophoren
unterrcheiden.
Das Parenhym des Laubblattes setzt sich natürlich aus auf dem
Querschnitt kreisförmigen, stark in radialer Richtung gestreckten
Pallisaden, die viel Chloroplasten führen, und aus Schwamm-
parenchym zusammen. Die Zellen dieses Gewebes sind garnicht
oder sehr wenig in einer bestimmten Richtung gestreckt. Sehr
selten ist eine Zelle in irgend einer Richtung doppelt so lang als in
der dazu senkrechten. Ausserdem ist der Yerzweio-uno-smodus dieser
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV.
20
284
W. Voss:
Zellen ein nicht fest bestimmter, teilweise eine Folge von der
häufig vorkommenden Krümmung der Längsachse der Zelle. Im
Cytoplasma liegen viele Chloroplasten.
Ganz ähnlich den Schwammparenchymzellen des Laubblattes
sind die Parenchymzellen der Hüllkelchblätter gebaut. Sehr häufig
unterscheiden sie sich in der äusseren Form gar nicht von den eben
beschriebenen Zellen. Es kommen jedoch nicht selten auch solche
vor, die einen viel geringeren Verzweigungsgrad aufweisen als die
Schwammparenchymzellen des Laubblattes, ja oft fast oval erscheinen.
Dann kommt es auch vor, dass die Zellen in der Längsrichtung des
Organes gestreckter sind, als dies bei Schwammparenchymzellen
sonst vorkommt, wenn auch der Grad der Streckung, w^ie er typisch
ist für Zellen des Kronparenchyms, nicht erreicht wird. Da diese
Zellen jedoch den Eindruck von Hemmungsbildungen machen, sind
sie im folgenden nicht berücksichtigt. Ln Cytoplasma aller dieser
Zellen liegen Chloroplasten.
Wenn ich die Pallisaden unberücksichtigt lasse, da sie in den
monströsen Gebilden nicht beobachtet wurden, so kommen in den
Blättern der vorliegenden Chrysanthemumform folgende Parenchym-
zellen vor:
Länge
Breite
Verzweigung der Zelle
Ausbildung der
Chromatophoren
1
2
»>
gestreckt
.lo.
nicht gestreckt
regelmässig
do.
unregelmässig
Leucoplasten
Cliromoplasten
Chloroplasten
Die ins Auge gefassten Merkmale lassen sich zu folgenden anta-
gonistischen Paaren zusammenstellen:
gestreckte, nicht gestreckte Form;
regelmässige, unregelmässige Verzweigung;
Chromoplasten, Leucoplasten ;
Chloroplasten, Leucoplasten;
Es ist freilich zu bedenken, dass die Färbung der Chloroplasten
im w^esentlichen durch zwei Farbstoffe, durch das Chlorophyll und
das Carotin bedingt ist, deren Ausbildung im Chloroplasten nicht
durch eine Merkmalsanlage bedingt sein kann, da das Stärken-
verhältnis der beiden Earbstoff'e hier schwanken kann und da von
mir in Epidermiszellen, die normalerweise gelbe Chromoplasten
führen, solche mit einem sehr deutlichen grünen Ton gefunden
worden sind. AVenn ich trotzdem das komplette Merkmal „Chloro-
plast" hier als ein einheitliches betrachte, so hat dies nur den
über Merkmale normaler Organe in monströsen Blüten.
285
praktischen Gruud, dass nur durch Beurteilung der Gesamtfarbe es
möglich ist, zu beurteilen, ob die beiden dieselbe zusammen-
setzenden Farbstoffe in der für Chloroplasten typischen Stärke aus-
gebildet sind. An einem in der Färbung von einem normalen
Chloroplasten abweichenden Chromatophor ist nicht zu entscheiden,
ob diese Färbung durch eine nicht normale Ausbildung nur des
einen oder beider Farbstoffe zustande gekommen ist.
Es wurde das Parenchym einer Reihe monströser Blätter unter-
sucht. Ich will hier die Zellformen anführen, die unter der oberen
Epidermis des zuletzt beschriebenen dieser Organe auftraten, in
welchen die Glieder der ins Auge gefassten Merkmalspaare in
typischer Ausbildung auftraten. In der Höhe der trockenhäutigen
Partie lagen am rechten Rande gestreckte Zellen mit regel-
mässiger Verzweigung und Leucoplasten. Meist verschwand die
Streckung der Zellen eher als die beiden übrigen Merkmale. Es
fanden sich nicht selten nicht gestreckte Zellen mit regel-
mässiger Verzweigung und Leucoplasten. Häufig traten in
solchen Zellen Chloroplasten an die Stelle der Leucoplasten.
Selten fand sich die Merkmalskombination: nicht gestreckte
Form, unregelmässige Verzweigung und Leucoplasten.
Weiter nach links folgen ein Strich Zellen, die in der Form meist
den nicht gestreckten, abgerundeten Zellen der Randpartien des
Hochblattes glichen. Vereinzelt lagen jedoch auch typische, nicht
in der Ausbildung gehemmte Schwammparenchymzellen an
dieser Stelle. In der Gegend des trockenhäutigen Teils lagen ge-
streckte Zellen mit regelmässiger Verzweigung und Chromo-
p lasten, zwischen denen und den eben beschriebenen Zellen sich
gestreckte Zellen mit regelmässiger Verzweigung und
Chloroplasten einschieben. Ich will die beobachteten Zellformen
in einer Tabelle zusammenstellen.
Streckung der Zelle
Verzweigung der Zellen
Ausbildung der
Chromatophoren
1
gestreckt
regelmässig
Leucoplasten
2
do.
do.
Cliromoplasten
o
O
do.
do.
Chloroplasten
4
nicht gestreckt
do.
Leucoplasten
5
do.
do.
Chloroplasten
6
do.
unregelmässig
Leucoplasten
7
do.
do.
Chloroplasten
Völlig unabhängig in ihrer Ausbildung zeigten sich hier-
nach die Merkmale: gestreckte Zellform, Chloroplasten; gestreckte
20*
286 A. Schulz:
Zellform, Chromoplasten; gestreckte Form, Leucoplasten; nicht ge-
streckte Form, regelmässige Verzweigung; nicht gestreckte Form,
Chloroplasten; nicht gestreckte Form, Leucoplasten; regelmässige
Verzweigung, Chloroplasten; regelmässige Verzweigung, Chromo-
plasten; regelmässige Verzweigung, Leucoplasten; unregelmässige
Verzweigung, Chloroplasten; unregelmässige Verzweigung, Leuco-
plasten. Gestreckte Form scheint jedoch unregelmässige Ver-
zweigung auszuschliessen, jedoch fordert sie nicht regelmässige
Verzweigung. Unbekannt ist das Verhältnis der Merkmale „Chromo-
])last" zu „unregelmässiger Verzweigung" und nicht „nicht gestreckte
Zellform".
Zum Schluss will ich noch einmal auf die unregelmässige Ver-
teiluno- der verschiedenen Merkmalskombinationen im Blatt sowohl
in tangentialer als auch radialer Richtung hinweisen, aus der
hervorgeht, dass in diesem Falle die Aktivierung einer
Merkmalsanlao-e in einer Zelle keine direkte Funktion der
Lage der Zelle im Organ und der LTmgebung derselben ist,
da in Bezug auf die Reaktionsfähigkeit der Zellen auf
äussere Einflüsse dasselbe anzunehmen ist wie bei den
Epidermiszellen von „Waban".
42. A. Schulz: Über Briquets xerothermische Periode il.
Eingegangen am 20. Juni 1907.
Schon 1904, im 22. Bande dieser Berichte^) habe ich eine Ab-
handlung „Über BRIQUET's xerothermische Periode" veröffentlicht,
in der ich nachgewiesen habe, dass es eine xerothermische Periode
in BRIQUET's Sinne nicht gegeben hat, dass BRIQUET's — postglaziale —
xerothermische Periode vielmehr Eigenschaften mehrerer postglazialer
und ausserdem noch Eigenschaften interglazialer Perioden in sich
vereinigt. In einem 1905 auf dem Internationalen botanischen Kon-
gresse in Wien gehaltenen, in den 1906 erschienenen „Resultats
scientifiques du Congres int de Botanique de Vienne 1905"") ver-
1) S. 235—247. Vgl. hierzu auch SCHULZ, Entwicklungsgeschichte der gegen-
wärtigen phanerogamen Flora und Pflanzendecke der Schweiz, Beihefte z. Bot.
Centralblatt 17. Bd. (1904) S. 157 u. f.
2) S. 130-173.
über Briquets xerothermische Periode II. 287
öffeutlichten Vortrage über „Le developpement des flores dans les
Alpes occidentales (avec aperQu sur les Alpes en general)" ist Briquet
wieder auf seine xerotlierniische Periode eingegangen und hat ganz
kurz^) seine jetzigen Ansichten über diese mitgeteilt, die nur un-
wesentlich von seinen früheren, in meiner eingangs genannten Ab-
handlung kritisierten Ansichten hierüber abweichen.^)
Der wichtigste Unterschied zwischen BRIQUET's jetzigen und
seinen früheren Ansichten über seine xerothermische Periode^)
besteht darin, dass er jetzt*) nicht mehr wie früher — noch 1900 —
den gesamten Löss für eine Bildung seiner — postglazialen —
xerothermischen Periode ansieht, sondern es jetzt für wahrscheinlich
hält, dass ein Teil des Lösses der Alpen und ihrer nächsten Um-
gebung, nämlich der „loess rhodanien", aus der „phase la plus
continentale de la derniere periode interglaciaire" stammt. Die
übrigen Lössablao-erunii-en dieses Gebietes stammen nach seiner
Meinung jedoch aus seiner — postglazialen — xerothermischen
Periode, wenn sie auch vielleicht nicht sämtlich ganz gleichaltrig
sind.^) Dass die postglazialen Lössablagerungeu der Alpen und
ihrer nächsten Umgebung nicht sämtlich gleichaltrig sind, lässt sich
nicht bezweifeln. Sie stammen aber nicht, wie es BRIQUET an-
nimmt®), aus verschiedenen Abschnitten einer einzigen — von
Briquet als xerothermische Periode bezeichneten — Periode, sondern
1) S. 166 u. f.
2) Über meine Kritik geht BRIQUET (S.172) mit den bequemen Worten leicht hin-
weg .jL'ensemble de nos travaux sur la periode xerothermique ä etc l'objet recemment
d'un requisitoire de la part de M. Aug. Schulz. La multitude des points auxquels
il faudrait repondre ä cet auteur, et les divergences tres nombreuses qui nous
separent, rendent une courte reponse fort difficile. En ce qui concerne la Chrono-
logie et les speculations arbitraires de M. SCHULZ, nous ne pouvons que renvoyer
ä la critique de M. Geadmaxx que nous approuvons sur tous les points essentiels.
Un point seulement nous arrötera" [auf diesen Punkt -werde ich weiter unten ein-
gehen, SCHL^LZ]. Über den Charakter und den Wert der genannten Abhandlung
von Gradmann habe ich mich in einer Abhandlung „Über einige Probleme der
Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen phanerogamen Flora und Pflanzendecke
Süddeutschlands'^ (Beihefte z. Bot. Centralbl. 20. Bd. 2. Abt. S. 197-295), auf die
ich hiermit verweise, aiisführlich geäussert. Da BRIQUET der Art und Weise von
Gradmann's Kritik beizustimmen scheint, so treffen ihn dieselben Vorwürfe, die
ich Gradmann gemacht habe.
3) Nur auf diese will ich in der vorliegenden Abhandlung eingehen.
4) Le developpement S. 138 u. 170.
5) „Nous envisageons ces divers loess, dont la formation a commence pendant
la retraite des glaciers würmiens, comme des loess contemporains de la periode
xerothermique, sans qu'il soit d'ailleurs neressaire que leur äge soit partout par-
faitement identique" (a. a. 0. S. 170).
6) So deute ich wenigstens Briquet's in der vorigen Anmerkung angeführte
Worte.
288 A. Schulz:
aus zwei, oder wahrscheinlich sogar drei verschiedenen Perioden,
nämlich z. T. aus dem trockensten Abschnitte der ersten, z. T. aus
dem trockensten Abschnitte der zweiten meiner „heissen" Perioden,
welche beiden Perioden durch eine — meine erste — kühle Periode,
in die der durch PenCK's Gschnitzstadium beendete Yorstoss der
Alpengletscher fällt, getrennt sind^), und wahrscheinlich sogar z. T.
aus der Zwischenzeit zwischen dem von PeNCK Maximum der Würm-
eiszeit genannten kältesten Abschnitte der letzten der vier grossen
pleistocänen Yergletscherungsperioden und der Periode der von
PeNCK Bühlvorstoss genannten ebenfalls sehr bedeutenden Ver-
grösserung der Alpeugletscher. -) In diese Zwischenzeit — aber
durchaus nicht in einen Abschnitt derselben mit für Lössbildung
geeignetem Klima — fällt bestimmt die Entstehung der „Gelben
Kulturschicht" der vielgenannten Schweizersbildablageruug.^) BRIQUET
verlegt*) die Ablagerung dieser Schicht, die er für das Gebilde einer
trockenheissen Zeit ansieht, in seine xerothermische Periode. Die
(reibe Kulturschicht ist aber, wie ich soeben gesagt habe, nicht in
einer solchen Zeit entstanden. Wenn diejenigen der in ihr gefundenen
Tierreste, die man als Reste von „Steppentieren" ansehen kann,
wirklich von solchen Tieren stammen, so sind sie erst nach der Ab-
lagerung dieser Schicht, entweder schon während eines durch aus-
geprägt kontinentales Klima ausgezeichneten auf sie folgenden Ab-
schnittes jener Zwischenzeit^), oder erst während des trockensten
Abschnittes meiner ersten heissen Periode, in dieselbe gelangt.
Ich bin überzeugt, dass mir jeder, der die A^'erhältnisse der Schweizers-
1) Vgl. hierzu SCHULZ ,Die Wandlungen des Klimas, der Flora, der Fauna
und der Bevölkerung dei Alpen und ihrer Umgebung vom Beginne der letzten Eis-
zeit bis zur jüngeren Steinzeit, Zeitsch. f. Naturw. 77. Bd. (1904) S. 41 u. f., und
Ders. , Das Schicksal der Alpenvergletscherung nach dem Höhepunkte der letzten
Eiszeit, Centralbl. f. Mineralogie, Geologie u. Palaeontologie 1904 S. 266 u. f.
2) Die Lössbildung hat in allen Fällen erst begonnen, nachdem sich die Ver-
gletscherung der Alpen unter ihren gegenwärtigen Umfang verkleinert hatte.
BßlQUET's abweichender Annahme (a. a. 0. S. 170) vermag ich nicht beizustimmen.
o) Diese Ablagerung habe ich in meiner Entwicklungsgeschichte der gegen-
wärtigen phanerogamen Flora u. Pflanzendecke der oberrheinischen Tiefebene und
ihrer Umgebung (Stuttgart 1906) S. 81 u. f. eingehend behandelt.
4) A. a. 0. S. 171.
5) Es ist meines Erachtens nicht ausgeschlossen, dass auch die bei Thiede
und Westeregeln gefundenen Fteste von Steppentieren aus diesem Zeitabschnitte
und nicht aus der in die letzte Interglazialzeit fallenden Zeit der Ablagerung der
Hauptmasse des sog. jüngeren Lösses stammen. Auf keinen Fall stammen sie aber,
wie es Briquet a. a. 0. S. 171 für möglich hält, aus seiner xerothermischen
Periode, also aus dem trockensten Abschnitte meiner ersten heissen Periode. (Dass
bei NEHßING, der diese Reste als „postglazial" bezeichnet, das Wort „postglazial"
eine andere Bedeutung hat als bei den meisten übrigen Schriftstellern, darauf habe
ich schon vor Ch. Jerosch hingewiesen.)
Über Briquots xerothermisclie Periode II. 289
bildablageruiig nicht nur oberfläclilicli vom stratigraphisch-palaeon-
tologischen Standpunkte aus betrachtet, hierin beistimmen \Yird.
^ Diejenigen Phanerogamenarten, deren Ansiedlung in den West-
alpen ßRIQUET in seine durch ein gleichartiges, für die Lössbilduug
geeignetes trockenheisses Klima ausgezeichnete xerothermische
Periode verlegt, haben sich in Mitteleuropa nicht während eines
einzigen Zeitabschnittes mit gleichartigem Klima, sondern während
mehrerer, klimatisch zum Teil recht bedeutend von einander ab-
weicliender Zeitabschnitte angesiedelt. Und zwar fällt die An-
siedlung der einzelnen von ihnen entweder nur in einen einzigen
von diesen Zeitabschnitten oder in mehrere derselben. Die wichtigsten
von diesen Ansiedlun^szeitabschnitten sind die drei mittleren Ab-
schnitte — der erste warme Abschnitt, der trockenste Abschnitt und
der zweite warme Abschnitt — meiner ersten heissen Periode, vor-
züglich die beiden ersten von ihnen. ^) Nur während des zweiten
dieser drei Zeitabschnitte hatte das mittlere Europa ein für die
Lössbilduug geeignetes, ausgeprägt kontinentales Klima. Während
des Höhepunktes dieses Zeitabschnittes herrschte in der südlichen
Partie der östlichen Hälfte des nördlich der Alpen und Karpathen
gelegenen Teiles Mitteleuropas ohne Zweifel ein dem gegenwärtigen
Klima des südwestrussischen Steppengebietes ähnliches Klima. Weiter
im Westen war das damalige Klima etwas milder, in den niedrigen
Strichen der Mittelrheingegenden glich es wahrscheinlich ungefähr
dem gegenwärtig in den Pusstengegenden des inneren Ungarns
herrschenden Klima. Das Klima des Alpeugebietes wich damals von
dem der südlichen Partie des nördlich der Alpen und Karpathen ge-
legenen Teiles Mitteleuropas wahrscheinlich in derselben Weise ab
wie heute. Während dieses Zeitabschnittes wanderten sehr zahl-
reiche Arten aus Ungarn und dem südlichen Russlaud^) in den
nördlich der Alpen und Karpathen gelegenen Teil Mitteleuropas ein,
in dem sie damals teilweise bis zu den Mittelrheingegendeu gelangten.
Ein Teil von ihnen drang damals aus dem nördlichen Alpenvorlande
in die Alpentäler ein. Auch in dem Tale zwischen dem Jura und
den Alpen wanderten damals ohne Zweifel nicht wenige dieser Ge-
wächse südwärts. Manche davon o-elano-ten bis zum Genfer See und
von hier in das Wallis. Ein Teil von diesen — darunter Adonis
vernalis L. — hat sich hier bis zur Gegenwart erhalten. Wie
früher, so scheint BRIQUET auch jetzt anzunehmen, dass damals
1) Vgl. betreffs der klimatischen Waudlnngon Mitteleuropas und der Pflauzen-
wanderungen in diesem Gebiete •während der seit dem Beginne der ersten heissen
Periode verflossenen Zeit z. B.: SCHULZ, Entwicklungsgeschichte d. gegenw. phan.
Flora u. Pflanzendecke d. oberrheinischen Tiefebene S. 11 u. f.
2) Aus Westen und Südwesten fand damals aber wohl keine Einwanderung in
Mitteleuropa statt.
290 A. SCHULZ:
infolge von ungünstigen topographischen Verhältnissen keine Wan-
derung von Phanerogamen über das Schweizer Plateau^) und von
hier in das Wallis stattgefunden habe.^) Wie die meisten, die
über die Florengeschichte mitteleuropäischer Landschaften ge-
schrieben haben, so bedenkt auch BRIQUET nicht, dass zahlreiche
der heute in Mitteleuropa bestehenden in der Topographie, dem
Klima, den Bodenverhältnissen, der Pflanzendecke usw. der be-
treffenden Gegenden begründeten Hindernisse für die — heutige
— Ausbreitung der während des trockensten Abschnittes der
ersten heissen Periode in Mitteleuropa eingewanderten Florenelemente
w^ährend dieses Zeitabschnittes wegen seines von dem der Gegenwart
so wesentlich abweichenden Klimas nicht vorhanden waren. Wenn
man dies ausser acht lässt, so wird man die heutige Verbreitung sehr
zahlreicher dieser Elemente in dem nördlich der Alpen und Kar-
pathen gelegeuen Teile Mitteleuropas gar nicht verstehen. In den
beiden anderen der drei Hauptansiedlungszeiten der ersten heissen
Periode herrschte in Mitteleuropa ein wesentlich anderes Klima als
während des trockensten Abschnittes dieser Periode. Ich bin
überzeugt, dass während der wärmsten Phase des ersten warmen
Abschnittes das Klima der — damals — wärmsten Gegenden
des nördlich der Alpen und Karpathen gelegenen Teiles Mittel-
europas vollständig mediterran, erst westmediterran, dann ost-
mediterran, war. Das Klima der niederen Gegenden des Alpen-
gebietes wich damals von dem des nördlicli der Alpen und Karpathen
gelegenen Teiles Mitteleuropas wahrsclieinlich in derselben Weise ab
wie o'egenwärtio'. W^ährend dieses Zeitabschnittes wanderten ebenfalls
zahlreiche Arten — aus dem Westen, Südwesten und Südosten — in
Mitteleuropa ein. Die meisten^) von den Arten der Lemanischen
Alpen*), die BßlQUET für Einwanderer seiner xerothermischen Periode
erklärt, sind in Mitteleuropa — also auch in die Lemanischen Alpen
— sicher ausschliesslich während des ersten warmen Abschnittes
oder während dieses und des zweiten warmen Abschnittes einge-
wandert. Während des trockensten Abschnittes der ersten heissen
1) Ich verstehe hier unter dem „Schweizer Plateau" das ganze Gebiet zwischen
den Alpen und dem höheren Jura.
2) Er sagt a. a. 0. S 172 : „Les colonies xerothermiques si nombreuses qui fönt
la richesse du Valais proviennent presque toutes du Piemont, par les cols de la
chaine meridionale."
3) Betreffs der Einwanderung der übrigeu Arten vgl. Schulz, Über
Briquet's xerothermische Periode I, a. a. 0. S. 243 und 24.').
4) Ein Teil dieser Arten ist in Mitteleuropa auch während des trockensten
Abschnittes der ersten heissen Periode eingewandert und zur dauernden Ansiedlung
gelangt; doch sind diese Einwanderer nicht bis in die Lemanischen Alpen vor-
gedrungen.
über Briquets xerothermische Periode II. 291
Periode, der doch allein den Namen einer trockenheisseu — xero-
thermischen — Periode verdient^), konnten diese Gewächse — und
andere mit gleicher Anpassung an das Klima — weder in Mittel-
europa einwandern noch sich in ihm ausbreiten. Das Klima war
während des Höhepunktes dieses Zeitabschnittes selbst im südwest-
lichen Teile Mitteleuropas für die Einwanderer des ersten warmen
Abschnittes der ersten heisseu Periode so ungünstig, dass damals
auch hier von diesen ein Teil ganz zugrunde ging und die übrigen
eine bedeutende Verkleinerung ihres Areales erfuhren. Nördlich der
Alpen und Karpathen, wo, vorzüglich im Osten, der trockenste Ab-
schnitt dieser Periode eine längere Dauer und ein extremeres Klima
— vor allem ein kälteres und trockneres Winterklima — hatte als
im südwestlichen Mitteleuropa, hatten die Einwanderer des ersten
warmen Abschnittes der Periode noch mehr zu leiden als in diesem
Gebiete. Der zweite w^arme Abschnitt der ersten heissen Periode schuf
wieder günstige A^erhältnisse für diese Gewächse. Sie konnten wieder
sich in Mitteleuropa ausbreiten und in dieses einwandern. Die da-
maligen Einwanderer gehörten aber wohl meist zu Arten, die damals
auch schon in Mitteleuro])a lebten: im Beginne des zweiten warmen
Abschnittes in Mitteleuropa nicht vorkommende Arten sind im Ver-
laufe dieses Abschnittes wohl nur in geringer Anzahl eingewandert.
Dieses alles habe ich bereits in meiner eingangs genannten Ab-
o o o
handlung auseinandergesetzt. In dieser habe ich") folgendes ge-
schrieben:^)
„Diejenigen Phanerogamen, welche sich während der xero-
thermischen Periode [von BriQUETJ in Mitteleuropa augesiedelt
haben, lassen sich nach BRIQUET in zwei Gruppen zusammenfassen,
in die Gruppe der östlichen oder pontischen Arten und die Gruppe
der südlichen Arten; zu der letzteren Artengruppe rechnet er sämt-
liche — 103 — von ihm ausführlicher behandelte der in den
Lemanischen Alpen wachsenden phanerogamischen Ansiedler dieser
Periode. . . . Nach BRIQUET"s Ansicht sollen sich ... die mittel-
europäischen Arten seiner beiden Artengruppen gleichzeitig
während der xerothermischen Periode in Mitteleuropa angesiedelt
haben. Meines Erachtens ist es jedoch vollständig ausgeschlossen,
dass eine gleichzeitige Ansiedlung dieser beiden Artengruppen in
Mitteleuropa stattgefunden hat. Die Ansiedlung der . . . Mehrzahl der
östlichen oder pontischen Arten BriqüET's in Mitteleuropa fällt in den
1) Schulz, Entwickhmgsgesch. d. gegenw. phau. P'lora u. Pflanzendecke der
Schweiz, a. a. 0. S. 176.
2) A. a. 0. S. 243-247.
■3) Die in eckige Klammern eingeschlossenen Worte sind von mir in der vor-
liegenden Abhandlung zugesetzt.
.e,v,i.^>.u ii^iii^iiviiuog "^Qy
292 A. SCHULZ:
trockensten Abschnitt rler ersten heissen Periode. . . . Die Einwanderer
des trockensten Abschnittes drangen in Mitteleuropa nach Westen hin
nicht nur bis zum Rheine vor . . ., sondern zahlreiche von ihnen
wanderten — entgegen BriquET's . . . Annahme — über das Schweizer
Plateau nach der Gegend des Genfer Sees und von hier nach dem Wallis.
Aclonis venialis L., Astragalus exscapus L. und manche andere Arten
sind offenbar, und zwar ausschliesslich, auf diesem Wege in das
Wallis gelangt. Es lässt sich kaum bezweifeln, dass damals manche
derjenigen Elemente, welche von Norden her über das Schweizer
Plateau wanderten, auch in die Lemanischen Alpen gelangt sind, und
dass sie sich zum Teil in diesen seitdem dauernd erhalten haben.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass von diesen Ansiedlern der
Lemanischen Alpen einige zu demjenigen Teile von Beiquet's 103
südlichen — nach seiner Ansicht während der xerothermischen Periode
zur Ansiedlung gelangten — Arten der Lemanischen Alpen gehören,
dessen Glieder sicher auch während des trockensten Abschnittes der
ersten heissen Periode in Mitteleuropa eingewandert sind. Doch
können diese letzteren — ungefähr 25 — Arten auch sämtlich
ausschliesslich, natürlich in anderer Anpassung an das Klima,
während eines der beiden warmen Abschnitte der ersten heissen
Periode von Südwesten und vielleicht auch von Südosten her in die
Lemanischen Alpen eingewandert sein. Die Hauptmasse von
BßlQUET's südlichen Arten der Lemanischen Alpen ... ist in die
Lemanischen Alpen sicher während dieser Zeitabschnitte, und zwar
aus dem Südwesten und Südosten, eingewandert^); während des
trockensten Abschnittes der ersten heissen Periode waren diese Ge-
wächse nicht imstande in Mitteleuropa zu wandern. Der eine Teil
derjenigen Elemente, welche sich während des ersten jener beiden
warmen Zeitabschnitte in Mitteleuropa angesiedelt haben . . ., kam
aus dem südöstlichen Mediterrangebiete . . . Der andere Teil jener
Ansiedler kam aus dem südv>estlichen Europa (einschl. Italiens),
vorzüglich aus dem südlichen Teile des Rhonegebietes. Tiele von
diesen gelangten längs der Rhone nach der Umgebung des Genfer
Sees. Von hier wanderte eine Anzahl derselben über das Schweizer
Plateau nach dem Rheine, nach welchem auch zahlreiche . . . westlich
des Juras wanderten. . . . Die Hauptmasse derjenigen Elemente,
1) Au einer anderen Stelle derselben Abhandlung (S. 243) habe ich gesagt:
^Einige der in den Lemanischen Alpen -svachsenden von BeiqüET's Ansiedlern der
xerothermischen Periode haben sich sogar, und zwar zum Teil ausschliesslich, schon
während der letzten Eiszeit in Mitteleuropa angesiedelt. In die Lemanischeu
Alpen, auf deren Verhältnisse sich Bßlc^UET's Ansichten in erster Linie gründen,
sind mit Ausnahme dieser letzteren vielleicht sämtliche von ihm eingehender
behandelte — 103 — phanerogame Arten ausschliesslich während der warmen
Abschnitte der ersten heissen Periode eingewandert."
über Briquets xerothermische Periode 11. 293
welche längs der Rhone bis in die Umgebung des Genfer Sees ge-
langten, überschritt das Schweizer Plateau aber yielleicht nicht;
eiije bedeutende Anzahl von diesen Elementen, sowie die meisten
derjenigen, welche das Schweizer Plateau überschritten, drangen
in das Wallis und die Lemanischen Alpen ein Die heute in
diesen beiden Gebieten lebenden Individuen der Mehrzahl der
von Briquet eingehend behandelten südlichen Arten sind ohne
Zweifel Nachkommen damaliger Einwanderer aus dem unteren
Rhonegebiete. . . . Auch in die Lemanischen x\lpen und das Wallis,
und zwar längs des Südfusses der Alpen, wo sich ihnen wahr-
scheinlich aus dem südlicheren Italien stammende Elemente an-
schlössen, gelangten wohl ostmediterrane Einwanderer, doch wahr-
scheinlich nur in geringer Anzahl und erst spät, da die St. Gotthard-,
die Penniuisclien und die Grajischen Alpen, über welche nur wenige
damals für diese Gewächse gangbare Pässe führen, deren Ein-
wanderung sehr erschwerten. Diese Einwanderer konnten sich ohne
Zweifel im W^allis und in den Lemanischen Alpen wesentlich länger
ausbreiten als die südwestlichen Einwanderer. . . . Während der
Zeit, in der sich bis zum Rheine hin von charakteristischen Steppen-
organismen bewohnte Steppen ausdehnten, hatten sie [d. h. die Ein-
wanderer des ersten warmen Abschnittes], und zwar vorzüglich die-
jenigen von ihnen, welche aus dem Südwesten gekommen waren,
nicht nur im östlichen, sondern auch im westlichen Mitteleuropa sehr
zu leiden Damals verschwand zweifellos auch aus letzterem eine
ganze Anzahl dieser Elemente vollständig, während alle diejenigen,
welche in diesem Teile Mitteleuropas erhalten blieben, eine mehr
oder weniger bedeutende Yerminderurg ihrer Verbreitung in dem-
selben erfuhren. Wie schon dargelegt wurde, war das Klima des
sich an den trockensten Abschnitt der ersten heissen Periode an-
schliessenden zweiten warmen Abschnittes dieser Periode wieder sehr
günstig für die Elemente [d. h. die Einwanderer des ersten warmen
Abschnittes]. Sie konnten sich damals von neuem ausbreiten. . . .
Wahrscheinlich fand während des zweiten warmen Abschnittes in das
obere Rhonegebiet auch eine Einwanderung, und zwar aus dem
unteren Rhonegebiete, statt, doch gehörten die Einwanderer wahr-
scheinlich meist oder vielleicht sogar sämtlich zu Arten, die sich in
diesem Gebiete bereits während des ersten warmen Abschnittes
dauernd angesiedelt hatten."
Gegen diese Ausführungen wendet sich nun BRIQUET mit folgenden
Worten:^) „Un point seulement nous arretera. L'attribution de Torigine
d'une grande partie des colonies xerothermiques du Yalais, et aussi
des Alpes Lemaniennes, a des migrations pontiques venues de
1) Le developpemeut, a. a. 0. S. 172— 173.
294 A. Schulz:
l'Europe Orientale en traversant le plateau suisse, peut etre qualifiee
de pure fantaisie. II faut iie pas coimaitre, la topographie du
plateau suisse, ni les flores du Valais et du Haut-Piemont, et encore
moins la porte eisodiale du Valais a St. Maurice pour souteuir une
these pareille. Plusieurs des types valaisans les plus caracteristiques
manqueut d'ailleurs completement dans les colonies pontiques de
rAllemagne et de TAutriche (Ranunculus gramineus, LoJiicera etrusca^
Asphodelus albus, Asfragalus monspessulamis, lielianthemum salicifolium,
Trigonella mofispeliaca^) etc. etc.). Quant a l'attribution d'une origine
pontique aux colonies xerotherniiques montagnardes des Alpes
Lemaniennes, eile est en complete contradiction avec tous les faits
connus sur les lisieres analogues des Alpes d'Aunecy, des Bauges, et
de la Gde Chartreuse qui les relient a Celles du Dauphine. Nous
engageons vivement M. SCHULZ ä venir etudier sur place ces diverses
colonies, en procedant de la Provence au lac Leman et en passant du
Piemont au Valais. II renoncerait alors saus doute une methode
quil a trop souvent suivie jusqu' ici, et qui consiste ä resoudre en
cabinet, avec une documentation insuffisante, des problemes qui denian-
deut a etre abordes sur place, avec une parfaite connaissance de la
topographie et de la flore".^)
Jeder der das Vorstehende mit den zitierten Ausführungen meiner
ersten Abhandlung sorgfältig vergleicht, wird mir beistimmen, dass
es unbegreiflich ist, wie BriQUET so etwas schreiben konnte. Den
Hauptpunkt meiner Kritik, den IS^achweis, dass die Wanderungen,
die er in einen einzigen — von ihm xerothermische Periode ge-
nannten — Zeitabschnitt verlegt, sich auf mehrere, klimatisch be-
deutend von einander abweichende Zeitabschnitte verteilen, und dass
gerade die Hauptmasse der von ihm eingehend behandelten Arten
der Lemanischen Alpen in diese sicher nicht, wie er annimmt,
während seiner xerothermischen Periode, sondern während der
Herrschaft eines Klimas von ganz anderem Charakter als er ihn dem
Klima dieser Periode zuschreibt, eingewandert ist, hat er ganz mit
Stillschweigen übergangen.
Nach BßlQUET's früherer Annahme folgte auf die xerothermische
Periode eine durch regenreicheres und kühleres Klima und eine sehr
grosse Ausdehnung des Waldes charakterisierte „Waldperiode", die
noch heute ihr Ende nicht erreicht hat. Ich habe darauf hin-
gewiesen, dass sich mit Bestimmtheit behaupten lässt, dass diese
1) Dies ist ein Irrtum. Tri;/, monsp. ist sowohl in Böhmen als auch in Mähren
— und vielleicht auch in Niederösterreich — indigen! Sie ist in das Wallis aber
nicht aus Osten, sondern aus Südwesten eingewandert.
2) Wenn BRIQUET nicht will, dass icli den Inhalt des letzten der oben
zitierten Sätze für eine gemeine Verleumdung erkläre, so möge er öffentlich
sagen, worauf sich dieser Satz beziehen soll.
über Briquets xerothermische Periode II. 295
Annahme unrichtig ist, dass vielmehr das Klima Mitteleuropas
Avährend der seit den drei soeben behandelten Zeitabschnitten,
denen die wichtigsten der Eigenschaften, die Briquet seiner
xerothermischen Periode zuschreibt, zukommen, verflossenen Zeit
recht zahlreiche sehr bedeutende Wandlungen durchgemacht hat.
Besonders drei Zeitabschnitte treten in diesem Zeiträume scharf
hervor: meine erste kühle Periode, der trockenste Abschnitt meiner
zweiten heissen Periode und meine zweite kühle Periode. Da ich
die Gründe für die Annahme dieser und der übrigen von mir unter-
schiedenen Abschnitte des bezeichneten Zeitraumes schon sehr häufig
ausführlich dargelegt habe, so will ich in der vorliegenden Ab-
handlung hierauf nicht eingehen. ^)
Nach BRIQUET's Meinung") scheinen viele Tatsachen — vor-
züglich die Mischung (renchevetremeut) von „types purement alpins"
mit „types des basses montagnes meridionales" in mehreren der
xeroth ermischen Stationen der Alpen — darauf hinzuweisen „que la
periode glaciaire ultimo^) a ete rapidement, peut-etre meme imme-
diatement, suivie de hi periode xerothermique." Dies ist nicht der
Fall. Es sind vielmehr die beiden warmen Abschnitte und der von
ihnen eingeschlossene trockenste Abschnitt der ersten heissen
Periode, in die die meisten der von BriquET in seine xerother-
mische Periode verlegten Wanderungen fallen, von der „letzten oder
Wurm -Eiszeit", worunter BRIQUET doch wohl den von PENCK
„Maximum der Würm-Eiszeit" genannten Zeitabschnitt versteht, durch
1) In seiner in der vorliegenden Abhandlung kritisierten Abhandlung äussert
sich Briquet (S. IIB') über das Klima der seit dem Ausgange seiner xero-
thermischen Periode verflossenen Zeit folgen dermassen: „Nous considerons la
pluralite des periodes xerothermiques postglaciaires comme une hypothese dont
l'utilite n'est pas immediate et dont la preuve serait impossible ä faire actuellement.
Est-ce donc ä dire qu'il n'j ait pas eu de variations climateriques notables dans la
])hase silvatique qui a succede a la periode xerothermique? Certainement pas.
Les alternatives de secheresse et d'humidite relatives, ainsi quo des variations dans
les moyennes de temperature ont du se produire ä plus d'une reprise etcelajusque
dans les temps historiques. Mais, relativement aux phases glaciaires et inter-
glaciaires, ainsi qu'ä la periode xerothermique postglaciaire, elles n'out eu que
Famplitude necessaire aux localisations, et leur repercussion sur la Vegetation n'a
pas ete assez considerable pour laisser dans la distribution des flores des traces
susceptibles d'une analyse rigoureuse; leur nombre et leur duree serait d'ailleurs,
dans l'etat actuel de uos connaissances, impossible ä supputer." Wenn BRIQUET
die Verbreitung der Phanerogamen in dem nördlich des Juras, der Alpen und der
Karpathen gelegenen Teile Mitteleuropas bekannt wäre, so würde er das Vor-
stehende, über das ein Kenner dieses Gegenstandes nur lächeln kann, wohl nicht
geschrieben haben.
■2) A. a. 0. S. 169.
3) Weiter unten bezeiclinet er diese Periode als „la periode glaciaire
296 A, Schulz: Über Briquets xerothermische Periode IL
einen sehr langen Zeitraum getrennt, in den eine langdauernde
klimatisch wahrscheinlich meiner ersten heissen Periode sehr ähn-
liche Periode, und eine dieser folgende Periode bedeutender A^er-
gletscherung des nördlicheren Europas, die Periode des von PenCK
Bühlvorstoss genannten Verstosses der Alpengletscher — die mit dem
ersten warmen Abschnitte meiner ersten heissen Periode durch eine
von mir zur ersten heissen Periode gerechnete Übergangszeit ver-
bunden ist — fallen. In der Periode des Bühlvorstosses hat in
Mitteleuropa ein bedeutender Teil der Wanderungen, die die Mehr-
zahl der Florenhistoriker in die letzte — oder in diese und die vor-
letzte — „Eiszeit" verlegen, stattgefunden. Die Vermischung von
rein alpinen Typen mit Typen der niedrigen südlichen Gebirge in
mehreren der xerothermischen Stationen der Alpen hat erst statt-
gefunden, als sich die betreffenden alpinen Typen während der
ersten heissen Periode die klimatische Anpassung der damaligen
Einwanderer mehr oder weniger vollständig erworben hatten und
darauf wieder ausbreiteten. Durch die Änderung ihrer bisherigen
klimatischen Anpassung waren sie so empfindlich geworden, dass sie
sich während der ersten kühlen Periode nur oder fast nur an den-
selben Örtlichkeiten wie die Einwanderer der ersten heissen Periode
zu erhalten vermochten. Ähnliche Mischungen von Einwanderern einer
Periode mit sehr kühlem Sommerklima — wohl meist der Periode
des Bühlvorstosses — mit P]inwanderern der ersten heissen Periode
gibt es auch in zahlreichen Strichen des nördlich der Alpen gelegenen
Teiles Mitteleuropas. Ich habe häufig hierauf hingewiesen und dar-
gelegt, wie sich diese Erscheinung erklären lässt.
Aus dem Vorstehenden geht meines Erachtens deutlich hervor,
dass man zu der Behauptung durchaus berechtigt ist, dass es eine
xerothermische Periode in BRIQUET's Sinne nicht gegeben hat, dass
Briquet's xerothermische Periode vielmehr Eigenschaften ganz ver-
schiedener, zum Teil durch lange Zwischenräume von einander ge-
trennter Zeitabschnitte in sich vereinigt. ^)
1) Bkiquet identifiziert (a. a. 0. S, 168) seine xerothermische Periode mit der
einige Zeit vor seiner ersten Veröffentlichung- über dieselbe von KERNER — in seiner
Abhandlung: Studien über die Flora der Diluvialzeit in den östlichen Alpen, Sitzungs-
berichte der K. Akademie der Wissenschaften in Wien, Math.-Xaturw. Klasse 97.
Bd. 1. Abt. (1888) S. 7 u. f. — aufgestellten Periode der Einwanderung der
„aquilonaren" Flora in die Ostalpen. Sie gleicht dieser in der Tat in allen
wesentlichen Punkten. Näher will ich hierauf nicht eingehen. Auch schon vor
Kerner sind ähnliche Anschauungen von anderen Florenhistorikern ausgesprochen
worden.
A. URSPRUNG: Dickenwaclistum des Markes von Sambucus nigra L. 297
43. A. Ursprung; Weitere Beobachtungen über das Dicken-
wachstum des Markes von Sambucus nigra L
Eingegangen am 21. Juni 1907.
In einer vorläufigen Mitteilung^) hob ich hervor, dass zur Er-
klärung der auffällig verschiedenen Markweiten in verschiedeneu
Partien derselben Sambucus-Püanze a priori zwei Möglichkeiten vor-
liegen. Die eine besteht darin, dass das Mark in verschiedener
AVeite angelegt wird, also schon vor Schliessung des Holzzylinders
die definitive Grösse besitzt; die zweite beruht darauf, dass das
Mark nach Ausbilduug eines geschlossenen Holzkörpers noch in die
Dicke wächst. Während ich mich auf Grund der mir damals vor-
liegenden Tatsachen für die letztere Annahme entschied, suchte
Schellenberg ^) die erstere als zutreffend zu erweisen. Beide
Mitteilungen können aber meines Erachtens nur als vorläufige
Notizen aufgefasst werden, da beiderseits das publizierte Tatsachen-
material nicht ausreichend war, um den Entwicklungsgang mit
genügender Klarheit festzustellen. Durch die vorliegenden Unter-
suchungen hoffe ich die zweifelhaftesten Punkte aufzuklären und
damit die Unrichtigkeit meiner früheren Ansicht definitiv zu be-
weisen.
Bei meinen letztjährigen, Ende Oktober ausgeführten Be-
obachtungen hatte ich gefunden, dass die oberen Internodien der
jüngsten Zweige enge Markdurchmesser besassen, die bei dem mir
vorliegenden Material nicht über 2,8 7nm hinausgingen. In baum-
artigen Sambucus-Füanzen hatte ich weiter unten solche Werte nicht
mehr finden können; die Markweiten nahmen mehr oder weniger
regelmässig zu und erreichten in älteren Partien Werte bis zu 8 mm.
Da ich in vier- und mehrjährigen Sprossen nur Markdurchmesser
zwischen vier und acht mm fand, während in einjährigen viel engere
die Regel bildeten, so glaubte ich damals daraus schliessen zu
dürfen, dass ein nachträgliches Dickenwachstum des Markes
stattfinde.
Schellenberg wies nun durch Messungen, die er im Winter
1) A. Ursprung; Über die Dauer des primären Dickenwachstums. Diese
Berichte 1906 p. 489.
2) H. C. SCHELLENBERG: Über das primäre Dickeuwachstum des Markes
von Sambucus nigra L. Diese Berichte 1907 p. 8.
298 A. URSPRUNG: Dickenwachstum des Markes von Sambucus nigra L.
ausführte, nach, dass an ausgewachsenen kräftigen einjährigen
Trieben Markweiten bis zu 12 mm vorkommen und zeigte ferner,
dass es möglich ist, auch au zwei-, drei-, vier- und fünfjährigen
Zweigen Markdurchmesser von 1,5 mm zu finden.
Durch zahlreiche weitere Untersuchungen, die ich dieses
Frühjahr anstellte, zeigte es sich, dass die SCHELLENBERG'schen
Befunde Ausnahmefälle darstellen und dass in der Regel ältere
Äste keine Markdnrchmesser von 1—4 mm Weite besitzen. Die
Frage: wie kommt es, dass in älteren Asten enge Markdurchmesser
in der Hegel fehlen, während sie in jüngeren regelmässig vorhanden
sind, bleibt somit unbeantwortet. Ebenso fehlt noch der Nachweis,
dass die grossen Markdurchmesser kräftiger Wasserschosse vor der
Schliessuno- des Holzrinos vorhanden waren.
Was die Entwicklung der Wasserschosse betrifft, so fand ich
an diesjährigen Trieben Markdurchmesser von b, 9 und 10 mm zu
einer Zeit, als zwischen den verholzten Hadrombündeln noch deut-
liche unverholzte Partien lagen. Hiermit ist endgültig gezeigt, dass
die grossen Differenzen in den Markweiten einjähriger Wasserschosse
darauf beruhen, dass das Mark vor Ausbildung eines geschlossenen
Holzkörpers in diesen verschiedenen Weiten angelegt wird. Es
dürfte nicht überflüsssig sein darauf hinzuweisen, dass diese Zu-
nahme der Weite des Holzzylinders nach der Basis in mechanischer
Hinsicht für den Zweig wesentliche Vorteile bietet, indem eben mit
der Steigerung der mechanischen Beanspruchung eine deutliche
Yergrösserung der Festigkeit verbunden ist.
Es handelt sich jetzt noch darum, das in der Regel zu kon-
statierende Fehlen enger Markzylinder in älteren Zweigen zu
erklären.
Bei der Untersuchung von Sprossspitzen im Frühjahr zeigte es
sich, dass die oberen, also engsten letztjährigen Internodien in der
Regel absterben, sich also nicht an dem weiteren Aufbau der Pflanze
beteiligen. Vor allem konstatierte ich, dass bei solchen Sprossen
die später als Stämme oder starke Äste am Aufbau des Ganzen
eine grosse Rolle spielen, die oberen Teile mit engerem Mark zu-
grunde gehen oder doch von jüngeren kräftigen Trieben zur Seite
gedrängt werden. So fand ich in den obersten lebenden Internodien
solcher Sprosse Markweiten von 5, 6, 7 und selbst 7,5 mm. Solche
Sprosse stellen allerdings Ausnahmen dar, aber um solche Aus-
nahmen handelt es sich auch bei den zu Stämmen und starken
Ästen sich entwickelnden Trieben. Die gewöhnlichen Triebe nehmen
am Aufbau der Pflanze keinen dauernden Anteil, das ist nur der
Fall bei stark entwickelten Sprossteilen, die schon von Anfang an
ein weites Mark hatten. Der Grund dafür, dass in älteren Achsen
enge Markzylinder in der Regel fehlen, liegt also weder in dem
P. MAGNUS: Benennung der Septoria auf Chrysauthemum indicum. 299
Umstand, dass von Anfang an nur weite Markdurelimesser vorhanden
waren, noch darin, dass ein späteres Dickenwachstum stattfand,
sondern der Grund beruht darauf, dass die engeren Teile zugrunde
gegangen bezw. zur Seite gedrängt worden sind. Das Erhalten-
bleiben der kräftigen Sprosse beruht offenbar darauf, dass sie im
Kampf ums Dasein vor den übrigen bevorzugt sind.
Die Annahme, es finde bei Satnbucus nigra nach Schliessung
des Holzzylinders noch ein Dickenwachstum des Markes statt, hat
sich also als unrichtig erwiesen. Damit fällt natürlich auch die
Schlussfolgerung von der Wachstumsfähigkeit der verholzten Membran
dahin.
44. P. Magnus: Über die Benennung der Septoria auf
Chrysanthemum indicum und deren Auftreten im mittleren
Europa.
Eingegangen am 22. Juni 1907.
In der Hedwigia Bd. XLA^ (1907) S. 294 haben F. BUBÄK und
J. E. KaBAT als neue Art die Septoria Chrysanthemi indici Bubäk
et Kabät, die KaBÄT auf lebenden Blättern von Chrysanthemum
indicum L. in Gewächshäusern in Turnau i. Böhmen beobachtet hatte,
aufgestellt und beschrieben. Sie bemerken dazu, dass der Pilz ein
gefährlicher Parasit, besonders in Glashäusern ist.
Dieser Pilz ist schon mehrfach in verschiedenen Ländern Mittel-
europas beobachtet worden, wie ich darlegen werde.
Zuerst wurde er nach meinem Wissen von CAVARA in den
Gärten von Pavia im nördlichen Italien beobachtet. CAVARä nannte
ihn Septoria Chrijsanthemi Cav. und gab ihn mit Abbildung in den
Fungi Longobardiae exsiccati Xr. 40 heraus, die nach SacCARDO
Sylloge X p. XV 1892 herauskam. Ebenfalls 1892 beschrieb er die
Art in den Atti del R. Istituto Botanico dell'üniversitä di Pavia
IL Ser. Vol III p. 266.
Den Xamen dieser Septoria änderte SaCCARDO in seiner Sylloge
Fungorum omninm hucusque cognitorum Vol. XI p. 542 in Sej^t.
chrysantemella Sacc. um. (SACCARDO schreibt 1. c. als Autor Cav. mit
Angabe seiner eben erwähnten Veröffentlichungen und Hinzufügung
(sub nom. Sept. Chrysanthemi); daher muss wohl SACCARDO, trotzdem
Ber. der deutschen bot. neseUsuh. XXV. 21
300 P. Magnus:
er selbst Cav. als Autor gesetzt hat, dennoch als Autor dieses Namens
gelten). Trotzdem CAVARA 1. c. Chrysanthemum indicuvi als Wirts-
pflanze seiner Sept. Chrysanthemi Cav. angegeben hatte, sagte SaCCARDO
in Sylloge XI p. 542 von dieser Art „Hab. in foliis Chrysanthemi
sp. cult. in hortis ticinensibus Ital. bor." Diese unbestimmte An-
gabe „auf einem kultivierten Chrysanthemum" scheint das spätere
Verkennen dieser Art veranlasst zu haben.
SacCARDO änderte 1. c. den CAVARA'schen Namen um, weil
Allescher nach SaCCARDO's Angabe schon 1891 eine Septoria
Chrysanthemi k\\. a,ui Chrysanthemum Leucatifheinum veröffentlicht hatte.
In Wahrheit erschien aber die Beschreibung der ALLESCHER'schen
Art erst 1892 im 12. Berichte des Botanischen Vereins in Landshut
S. 57. SACCARDO kam zur Angabe des Jahres 1891, weil ALLESCHER
die Vorbemerkung zu diesem Beitrage „München, am 31. Dezember
1891" unterschrieben hat. Es ist daher recht fraglich, ob wirklich
Septoria Chrysanthemi All. im Jahre 1892 vor Sept. Chrysanthemi Cav.
in demselben Jahre erschienen ist. Da aber SACCARDO den Namen
der ALLESCHER'schen Art gelassen hat und ihm alle späteren Autoren
darin gefolgt sind, so mag der Name dieser Art verbleiben und
muss dann der CAVARA'sche Namen geändert werden, wie das
SACCARDO 1. c. getan hat.
Nun hat E. ROSTRUP in Botanisk Tidsskrift 21 Bind 1 Hefte
(Kopenhagen 1897) S. 48 als S. Chrysanthemi n. sp. ebenfalls die
Septoria auf Chrysanthemum, indicum aus einem Gewächshause in
Kopenhagen beschrieben. Diesen Namen haben SACCARDO und SYDOW
in Saccardo Sylloge Fungorum omnium hucusque cognitorum Vol. XIV
p. 973 wieder wegen der Sept. Chrysanthemi All. in Sept. Rostrupii
Sacc. & Syd. umgeändert; und unter diesem Namen möchte die
Septoria am meisten bekannt geworden sein in der letzten Zeit.
So habe ich sie auch in dem eben erschienenen vierten Beitrag zur
Pilzflora von Franken (Abhandlungen der Naturhistorischen Gesell-
schaft in Nürnberg XVI. Bd ) S. 98 — 99 aufgeführt und sie in
Vestergren Micromycetes rariores selecti No. 1089 von Berlin aus-
gegeben. Neuerdings haben sie nun, wie am Eingange bemerkt,
Bub AK und KabÄT 1. c. als neue Art Sept. Chrysanthemi indici Bub.
& Kab. beschrieben.
Dass alle diese zu einer und derselben Art gehören, folgt aus
den drei Beschreibungen von CaVARA 1. c, ROSTRUP 1. c. und
BUBÄK und Rabat 1. c, mit denen meine Beobachtungen völlig
übereinstimmen. Bei allen werden die Flecken in Form und Farbe
gleich beschrieben, so bei CaVARA 1. c. „Maculis orbicularibus . . .
fuscorubris"; bei ROSTRUP 1. c. „Macula orbicularia atro-fusca"; bei
BUBAK und KabaT 1. c. „Flecken . . . rundlich . . . anfangs dunkel-
braun, später schwarzbraun . . .". Bei allen liegen die Perithecien
über die Benennung der Septoria auf Chrysanthemum iudicum. 301
auf der Blattoberflcäche usw. Nur in einem wichtigen Punkte scheinen
die Beschreibungen voneinander abzuweichen, d. i. in der Länge der
Sporen. CavARA gibt 55 — 65 « 1,2 — 2 ^i an; ROSTRUP gibt 40 bis
50 « 2 fi an und BUBAK und KabaT 55—70 (einzeln bis 90) « 2,5 bis
:^,5 /< an. Ich habe an den Berliner Exemplaren 40— 70 «etwa 2 /z
beobachtet. Es ist ja bekannt, dass bei solchen langen faden-
förmigen Conidien die Länge derselben relativ beträchtlich schwankt,
und daher solche Schwankungen der Grössenverhältnisse recht wohl
innerhalb derselben Art öfter auftreten.
Diese Art muss daher jetzt, wenn man dem Namen der Sept.
Chrysantkemi All. stillschweigend die Priorität zugesteht und ihn
daher unverändert lässt, den Namen Septoria ckrysantheviella Sacc.
Syll. Fung. XI p. 542 (1895) führen.
Gleichzeitig lehrt diese Untersuchung, dass dieser die Kulturen
des Chrysanthemum indicum sehr schädigende Pilz in den Gärten von
Pavia in Oberitalien, von Kopenhagen und von Turnau in Böhmen
aufgetreten ist. Wie ich schon 1. c. mitgeteilt habe, habe ich ihn
von Herrn KüI. Oberstabsveterinär A. SCHWARZ aus einer Kunst-
gärtnerei in Thon bei Nürnberg erhalten. Von Herrn Bezirks-
Veterinär A. ViLL erhielt ich ihn im Oktober 1906 aus Gärten in
Gorolzhofen in Unterfranken. Herr Professor Dr. E. ZeTTNOW teilte
ihn mir aus Kunstgärtnereieu in Berlin mit, wo er auf einzelnen
Sorten im Oktober 1904, im Oktober 1905 und im August 1906
epidemisch aufti-at. Schon im September 1896 hat ihn W. KRIEGER
in einer Gärtnerei in Königstein i. Sachsen beobachtet und ge-
sammelt und in seinen Fungi saxonici No. 1371 unter dem Namen
Septoria Chrysantkemi Cavara ausgegeben. Sicher tritt er noch an
vielen andern Orten auf, vermutlich überall, wo Chrysanthemum,
indicum gezogen wird.
Dies ist die dritte in grösserem Maasse auftretende und ver-
breitete Pilzkrankheit, der diese schöne Blumenpflanze in unseren
Gärtuereien unterworfen ist. Die beiden anderen sind ein Mehltau,
von dem man bisher nur die Conidien kennt unter dem Namen
Oidium Chrysanthemi Rabenh., und die Puccinia Chrysanthemi Roze,
die bei uns meist nur in der Uredoform auftritt. Wie diese beiden
letzteren parasitischen Pilze ihre höchsten Fruchtformen nicht oder
nur sehr selten bei uns auszubilden scheinen, so scheint auch die
zu der Septoria chrysanthernella Sacc. gehörige Ascusfruchtform nicht
oder nur sehr selten entwickelt zu werden und bisher noch nicht
beobachtet zu sein.
21='
302 'W. EUHLAND:
45. W. Ruh I and: Zur Physiologie der Gummibildung bei den
Amygdaleen.
Mit drei Abbildungen im Text.
Eingegangen am 24. Juni 1907.
Im Nachstehenden soll über einen Teil der mehrjährigen, um-
fassenden Studien berichtet werden, welche der Verfasser in der
Kaiserlichen Biologischen Anstalt zu Dahlem zum grossen Teil
gemeinsam mit dem inzwischen verstorbenen R. ADERHOLD dem
bisher so wenio- geklärten Problem der Gummibildung gewidmet hat.
Das Gesamtergebnis dieser Studien, welche sich sowohl auf die
entwicklungsgeschichtlich - anatomische wie auf die physiologische
(Excretionsvorgang, Rolle der Mikroorganismen, Mitwirkung von
Enzymen usw.) Seite der Frage erstreckten, soll später in den
„Arbeiten aus der Kaiserl. Biolog. Anstalt" niedergelegt werden; an
dieser Stelle möchte ich nur die Vorstellungen über die Entstehung-
des Gummis auseinandersetzen, zu denen wir gelaugt sind, sowie
die morphologischen Tatsachen und experimentellen Belege, welche
nach unserer Auffassung diese Theorie stützen.
In jüngster Zeit haben Bei.JERINCK und RaNT^) eine Erklärung
der Erscheinung des sog. Gummiflusses zu geben versucht. Nach
ihrer Auffassung beruht sie in einer durch Wundreiz verursachten
anomalen Entwicklung des embryonalen Holzgewebes, die schliess-
lich zur „Verflüssigung" desselben führt. Die Verflüssigung wird
herbeigeführt durch einen cytolytischen Körper, wie solche auch im
normalen Leben der Pflanze, nämlich bei der Tracheenbildung eine
Rolle spielen. Cytolytische Substanzen werden von nekrobiotischen
Zellen, wie man sie in der Umgebung der Wunden findet, vielleicht
in besonders g-rosser Menge, abgeschieden. Nekrobiotische Zellen
sind gekennzeichnet dadurch, dass ihr Plasma getötet ist, die Enzyme
aber noch wirksam sind. Alle Ursachen, welche zur Nekro-
biose führen, veranlassen Gummifluss, und zwar um so
heftiger, je umfangreicher die nekrobiotischen Prozesse
sind. Aus diesem Grunde soll z. B. das heftig wirkende Quecksilber-
chlorid selbst dort noch Gummiausfluss zu stände bringen, wo er ohne
ein so heftig wirkendes Agens ausbleibt. Coryneuvi und andere Para-
1) „Wundreiz, Parasitismus und Gummifluss bei den Amygdaleen" (Ccntralb.
f. Bakteriol., II. Abt. Bd. XV, p. oGöff.).
Zur Physiologie der Gummibildung bei den Amygdaleen. 303
siten führen Gummibildung herbei, weil sie ein Gift ausscheiden, das
zur Xekrobiose von Zellen führt. Saprophyten, wie Dematiuin pullulans
oder Phi/llosticta Persicae verstärken unter Umständen die Gummibildung,
^'ei\ sie durch Sauerstoffentziehung den Tod einzelner an die Wund-
grenze stossender Zellen und damit nekrobiotische Prozesse herbei-
führen; andere sind belanglos.
Das "Wesentlichste in dieser Theorie liegt darin, dass die
Gummifizierung in Beziehung gebracht wird zu einem Vorgange in
der normalen Pflanze: der Lösung gewisser Zellenteile bei
der Gefässbilduug. In der vorläufigen Mitteilung, welche Bei.JERINCK
und RanT über den Gegenstand gebracht haben und in der Disser-
tation RanT's, führen sie zugunsten der Analogie beider Prozesse,
soweit ich sehe, nur an: 1. dass das bei der Gefäss- und Trache'iden-
bildung durch die cytolytischen Substanzen gebildete „physiologische"
Gummi^) zwar gewöhnlich gänzlich resorbiert wird, dass es aber
unter Umständen als solches selbst in der Höhlung der erwachsenen
Gefärsse nachweisbar ist und 2. dass Gummifluss wirklich bedeutungs-
voll nur im sekundären Jungholze auftritt, wo auch normalerweise
die Cytolyse am ausgiebigsten ist.
Es niuss zugegeben werden, dass dieser Kernpunkt der
BELTERINCK-RANT'schen Theorie viel Bestechendes hat. Er ist in-
dessen doch nur ein Bestandteil einer Theorie. Die Autoren selbst
sagen, dass Gummifluss „wirklich bedeutungsvoll" nur im
sekundären Jungholze auftrete; offenbar deshalb, weil ihnen nicht
unbekannt ist, dass gelegentlich auch Gummi in Samen, an der
Frucht, am Blatt und endlich, worauf ich das Hauptgewicht legen
möchte, im Phellogen auftritt. Kann man auch zugeben, dass in
den erstgenannten Organen cytolytische Körper bei den Vorgängen
im Endosperm, der Gefässbildung in den Leitsträngen (von deren
Cambium, nebenbei bemerkt, in diesen Organen der Gumnii-
fizierungsprozess stets seinen Ausgang nimmt) eine Rolle spielen, so
scheint mir dies doch nicht ohne Zuhilfenahme neuer Theorien hin-
sichtlich der Gummibildung im Phellogen der Fall zu sein. Diese
ist aber unter Umständen bei Prunus Cerasus recht bedeutend. Ich
habe an drei- bis fünfjährigen Ästen oder auch an Stammstümpfen
junger Bäume Gummidrusen im jüngsten Phellogen gefunden, die in
anatomischer Hinsicht ganz typisch waren und schätzungsweise bis
zu 1 ccvi Gummi enthielten. Ich kann mit dieser Tatsache die Vor-
1) Die Unterscheidung zwischen „pathologischem" und ..phj-siologischem"
Gummi rührt nach \VlLL"s Angabe („Beiträge zur Kenntnis von Kern- und Wund-
holz", Inaug. Diss. Bern, 1899, p. 52) von TsCHIRSCH („Angewandte Pflanzen-
anatomie I, 1889, S, 208—212 her. Danach ist das Gummi des Wundholzes phy-
siologisches Gummi, welches ohne regressive Metamorphose oder Desorganisation
der Zellmembranen zustande kommt.
304 W. RUHLAND:
Stellung, dass Gummifizierungsprozesse sich gerade dort abspielen,
wo im normalen Leben cytolytische Vorgänge Platz greifen und
dass sie nur eine durch Wundreiz gesteigerte Form eines normalen
Vorganges seien, nicht vereinbaren. Vielmehr dürfte es sich, wie
sogleich auszuführen sein wird, bei der gummösen Auflösung um eine
allgemeine Eigenschaft embryonaler Zellen handeln, die aber
im normalen Leben nicht zur Auslösung kommt, sondern erst auf
einen äusseren Anstoss hin (vgl. weiter unten).
Den zweiten wesentlichen Bestandteil der BelJERINCK-Rant'-
schen Theorie erblicke ich in der Rolle, welche den nekrobiotischen
Zellen zugeschrieben wird. Die Möglichkeit der Existenz solcher
Zellen, welche durch die Verwundung abgestorbenes Plasma, aber noch
wirksame Enzyme enthalten, muss unbedingt zugestanden werden.
So arbeitete in letzter Zeit z. B. Palladin^) vielfach mit Pflanzen,
die er durch Gefrieren zuvor ganz abtötete, um die Tätigkeit ihrer
Atmungsenzyme studieren zu können. Schliesslich hat BeULAYGUE^)
jüngst in den Chemismus nekrobiotischer Zellen einzudringen
versucht.
Es fragt sich nun, ob bei dem Auftreten von Gummi immer
von nekrobiotischen Zellen die Rede sein kann? Dies ist aber mit
Entschiedenheit zu verneinen, und zwar gerade für einen Fall, der
nach der BEIJERINCK-RANT'schen Theorie für diese besonders be-
weiskräftig sein soll. In ihr wird (p. 369), wie bereits erwähnt, aus-
geführt, „dass es sich dabei um eine Beeinflussung der lebenden
cambialen Gewebe durch die absterbenden nekrobiotischen Zellen
handelt. Es konnnte deshalb erwartet werden, dass starke Gifte, in
das Cambium eingeführt, auf eine ähnliche, vielleicht jedoch
kräftigere Weise um sich her greifen würden, wie eine blosse Ver-
wundung, weil das Gift bei der Diffusion mehrere Zellen hinter
einander zum Absterben bringen kann, als eine einfachere Ver-
wundung." Als Gift verwendeten die Verfasser Sublimat und er-
reichten hierdurch intensiveren Gummiausfluss als bei einfachen
Stichwunden und überdies auch zu einer Jahreszeit, in der dies
sonst kaum überhaupt zu erreichen ist. Im Gegensatz zu den Ver-
fassern, die hierin eine der Heftigkeit des Giftes entsprechende,
besonders weitgehende nekrobiotische Wirkung erblicken, möchte
ich betonen, dass hier von einer Nekrobiose, einem „Aktiv-
bleiben der enzymartigen Körper nach Tötung des Proto-
plasmas" (p. 371) keine Rede sein kann, da Sublimat zu
jenen Schwermetallsalzen gehört, die schon bei geringster
Dosis jede Enzymwirkung zerstören.
1) Vgl. Berichte der Deutschen botan. Gesellschaft, Band XXIV und XXV.
2) „Recherches sur la necrobiose vegetale." These presentee ä la faculte
des Sciences de Paris. Corbeil 1905, 8°.
Zur Physiologie der Gummibiidung bei den Amygdaleen.
305
Umgekehrt kann man auch gegen die BEIJERINCK-RANT'sche
Theorie geltend machen, dass nicht im Gefolge aller Vorgänge, die
aller Wahrscheinlichkeit nach zur Bildung uekrobiotischer Zellen
fuhren, Gummifluss eintritt. Wir haben z. B. oft beobachtet, dass
durch künstlich erzeugten Frost erfrorene, sonst aber unverletzte
oder seltener mittelst heisser Eisen verbrühte Stammstellen von
Prunus Cerasus keine Gummilückeu ergaben, obschon die Versuche
zu günstiger Jahreszeit ausgeführt wurden.
Um nunmehr zugleich zur Darleauno- der nach unserer Auf-
fassung zur Gummibildung führenden Momente übergehen zu können,
weise ich schliesslich noch auf einen Punkt hin, der mit der
BEIJERINCK-RANT'schen Theorie nicht recht verständlich erscheint,
Fig. 1. Schnitte durch das gummibildende Gewebe (fixiert mit Chromessigsäure,
gefärbt mit Safranin-Gentianaviolett-Orange G.). A. Ein conferveuartiger Zellfaden.
B. Eine junge Gummilücke. Bei a und b je eine zweikernige Zelle.
von den Autoren aber nicht berührt wird. Er betrifft die Ent-
wicklung eines Gummiherdes oder Gummikanals, wie BeijeRINCK
und RANT sagen. Es ist schon von vielen Autoren hervorgehoben
und von ADERHOLD und MiKOSCH genau beschrieben w^orden, dass
ein Gummikanal aus dem Verfall eines abnormen Gewebekomplexes
hervorgeht. In einem eben entstehenden Gummikanale findet man ein
lockeres, gegenüber der Umgebung relativ grosszelliges, inhaltsarmes
und daher durchsichtiges, parenchymatisches Gewebe. Dasselbe hat
die umgebenden Gewebschichten keineswegs zusammengedrückt, um
für seine grossen Zellen Platz zu schaffen, sondern diese füllen den
ihnen von der Umgebung gegönnten Raum nicht einmal aus und
haben deshalb interzellulare Hohlräume bilden müssen. Man kommt
daher zu dem Eindruck, dass die krankhaft affizierten Zellen das
weitere Teilungsvermögen verloren haben. In der Tat habe ich an
entsprechend gefärbten Schnitten durch Material, das mit Chrom-
306 W. FiUHLAND:
essigsaure fixiert und in Paraffin eingebettet worden war, in den
betreffenden Partien niemals karyokinetisclie Vorgänge nach-
weisen könneil. Noch bezeichnender ist die Tatsache, dass ich
hierbei mehrfach blasenartig vergrösserte Zellen auffand, welche
zwei völlig ausgebildete Kerne enthielten, ohne dass aber
zwischen ihnen eine trennende Zellwand gebildet worden
wäre. (Vgl. Fig. 1.) Die so auffälligen konfervenartigen Zellfäden,
welche man öfter in den grösseren Gummikanälen findet und die, wie
BeIJERINCK und RaNT hervorheben, vielfach ihren Ursprung von den
dem Gummifizierungsprozess gegenüber widerstandsfähigeren Mark-
strahlen nehmen, kommen, wie das Studium der Kerne zeigt, dadurch
zustande, dass eine nicht kranke, an der Basis des Fadens liegende
Zelle sich wiederholt teilt, die entstehenden Tochterzellen aber nur
noch sich vergrössern, ohne sich zu teilen. Es ergiebt sich somit
die wichtige Tatsache, dass eine embryonale Zelle dadurch
den in ihr beginnenden Gummifikationsprozess anzeigt,
dass die weitere Zellteilung unterbleibt, die Raum-
vergrösserung der Zellen aber wohl noch mehr oder minder fort-
dauert, während die eigentlich zur Querwandbildung be-
stimmten Kohlenhydrate in Gummisubstanzen übergehen,
wie weiter unten näher auszuführen sein wird.
Diese Vorgänge scheinen mir nicht auf Zellstoff lösende Körper,
die aus nekrobiotischen Zellen in das embryonale Gewebe hinein-
diffiindieren, zu deuten, sondern vielmehr darauf, dass durch einen
von aussen kommenden Einfluss, der natürlich mit der Verwundung
im Zusammenhange stehen muss, der normale Wandbildungsvorgang
in den embryonalen Zellen gehemmt wird. Das Nächstliegende
scheint mir, hierbei an den atmosphärischen Sauerstoff zu denken,
welcher durch die Verwundung Zutritt zum embryonalen Gewebe
erhält, welches ihm sonst absolut verschlossen ist. Hierauf wird
sogleich näher einzugehen sein; vorerst sei der Deutlichkeit halber
unsere Theorie nochmals kurz gekennzeichnet:
Werden durch eine Verwundung der Pflanze embryonale
Gewebe (gleichgültig, wo diese liegen), dem Einflüsse des Sauer-
stoffs der Luft zugänglich gemacht, so bewirkt derselbe,
dass die eigentlich zur Querwandbildung bestimmten
Kohlenhydrate in das sauerstoffreichere Gummi übergehen.
Die betreffenden Zellen stellen somit ihre weitere Teilung
ein. Das Verhältnis von Parasiten und Saprophyten zum Gummi-
fluss, das BelJERINCK und RANT klarzustellen versucht haben,
erklärt sich so, dass diese Organismen durch Schaffung und Ver-
grösserung von Rissen, W^und- oder toten Flächen, Verhinderung der
Überwalluno- und Verheiluno- von Wunden usw. dem Sauerstoff Zutritt
ermöglichen.
Zur Plijsiologie der Gummibildang bei den Amygdaleen. 307
Sehr nahe liegt nun der Einwand, der einen weiteren wichtigen
Punkt berührt, weshalb bei solcher Sachlage nicht auch in den
embryonalen Markstrahlzellen und dem embryonalen Gewebe der
^egetationspunkte sich regelmässig Gummi bildet, wie in den inter-
radialen Kambialpartien? Der Grund hierfür liegt offenbar darin,
dass sich die ersteren dem Sauerstoffe gegenüber anders verhalten
als diese. Überträgt man Schnitte durch solche Gewebe führende
Organe in Kaliumbichromat- oder Ferrichloridlösung, so färben
sich die Markstrahlen, das sekundäre Rindengewebe und grossenteils
mich, die äusseren parenchymatischen Riudenpartien tief braunrot
bezw. schwarz.
Diese Gewebe führen also, wie die gleichen Elemente sehr
vieler Baumarten, Gerbstoffe und verwandte Glukoside, ^) deren
aromatischen Komponenten bekanntlich stark reduzierende, Sauerstoff
bindende Eigenschaften zukommen; es ist sehr wohl möglich, dass
hierdurch für die von derartigen Zellen rings umschlosseneu embryo-
nalen Gewebe ein Schutzwall gegen den atmosphärischen Sauerstoff
gegeben ist, der nur durch eine Verwundung durchbrochen wird.
Dass eine solche Zelle andrerseits nicht selbst zur (Jummibilduno- ueio;t,
würde dann ' eben auf ihrem eigenen Gehalt an reduzierenden
Substanzen beruhen. Von den reduzierenden Eigenschaften der
letzteren kann man sich an wässrigen oder alkoholischen Aus-
zügen derselben leicht überzeugen; namentlich in der Wärme oder
bei nur sehr schwach alkalischer Reaktion schon unter gewöhnlicher
Temperatur treten schnell dunkle Verfärbungen auf. Die Möglich-
keit einer ausgiebigen Bindung des Sauerstoffs an diese Substanzen
ist der Zelle aber durch ihren reichen Gehalt an Oxydasen gegeben,
wie die tiefen Färbungen der Rinde mit 1 pCt. Dimethyl-p-phenylen-
diaminchlorhydrat und einer mit a-Xaphthol gesättigten Iprozentigen
Natriumcarbonatlösung, ferner die fast stürmische Zerlegung von
Wasserstoffsuperoxyd bei Eintragung von Rindenstücken zeigen.
Werfen wir nun noch einen Blick auf die Beziehunoen zwischen
Gummi und Zellwandsubstanz. Die erste Lamelle einer entstehenden
Zellwand soll bekanntlich nach den heute ziemlich allgemein auo:e-
nommenen Feststellungen von ManGIN aus Pektin oder Pektinaten
bestehen. Wenn das richtig ist, würde man unsere Theorie auch
so ausdrücken können, dass in den embryonalen Zellen unter
dem Einflüsse von Sauerstoff statt Pektin und Pektinaten
1) Eine genauere chemische Untersuchung dieser Glukoside lag nicht im
Rahmen der Arbeit. Erwähnt werden mag nur, dass die fraglichen gerbstoff-
ähnlichen Körper sich durch Leim-, Eiweisslösung usw. nicht wie andere Gerb-
stoffe quantitativ niederschlagen lassen, auch nicht bei oft wiederholter Ausfällung.
Die Filtrato ergeben vielmehr jedesmal noch tiefe Schwärzungen mit Ferrichlorid.
308 W. Ruhland :
Gummi gebildet wird. Dass aber diese Körper ausserordentlich
nahe mit einander verwandt sind und von der Arabinsäure abgeleitet
werden können, wird heute allgemein angenommen. Wahrscheinlich
ist gerade bei den Araygdaleen für die leichte Überführung der Pektine
in Gummi die besonders lockere, gelatinöse Beschaffenheit der
Primärlamelle der Zellwand, oder, wie sie gewöhnlich genannt
wird, der Interzellularsubstanz gegenüber anderen Baumarten nicht
ohne Bedeutung. Infolge dieser Beschaffenheit haften die Zellen
der Amygdaleenrinden weniger fest aneinander als die anderer
Pflanzen, sodass man zu gewissen Jahreszeiten kaum imstande
ist, einen Querschnitt durch die Rinde von Prunus Cerasus zu
machen, ohne das Markstrahlengewebe von dem angrenzenden
Rindengewebe abzuspalten und im Frühjahr ist nichts leichter als
beim Ablösen der Rinde vom Holze, die Markstrahlen aus dem
Rindengewebe herauszuziehen, wobei sie als kurze, dünne Bänder
auf dem Holze sitzen bleiben. Nirgends findet man aucli in der
Rinde oder im Mesophyll der Blätter so häufig Gewebsspalten und
nirgends tritt die durch einen Zerfall der Gewebe in die einzelneu
Zellen gekennzeichnete Erscheinung des „Milchglanzes" so häufig
auf, wie bei den Amygdaleeu.
Bei der Durchsicht der bisherigen Litteratur findet man, dass
der Gedanke, dem Sauerstoff müsse bei der Gummibildung eine be-
sondere Rolle zufallen, bereits mehrfach geäussert wurde. Zunächst
schon auf Grund rein chemischer Überlegungen. Es ist bekannt,
dass die der Pflanze als Ausgangsmaterial zur Gummibildung zu
Gebote stehenden Kohlenhydrate (Zucker, Stärke, Cellulose) Hexosen
bezw. Hexosane darstellen, während die Gummistoffe zwar keine
reinen Pentosane sind, aber doch der Hauptmasse nach aus ihnen
(neben Galactinen) bestehen.^) TOLLENS spricht in seinem Handbuch
der Kohlenhydrate die Vermutung aus, dass die Pentosen, welche
durch Kondensation und Polymerisation jene Körper liefern, aus
vorhandenen Hexosen durch Oxydation entstehen, wobei er be-
sonders auf veränderte Produkte, wie die Gummiarten, hinweist.
MlKOSCH^) macht auf die Ergebnisse RUFF's aufmerksam, dem es
gelungen ist, aus Glukose resp. Gluconsäure einen in seinen charak-
teristischen Eigenschaften mit Arabinose übereinstimmenden Körper
1) Ich möchte bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, dass auch die fertig
ausgebildete Rindeiiwandsubstanz, z. B. der Kirsche, wie mehrere Analysen mir
zeigten, obwohl relativ im Vergleich zu anderen Rinden sehr reich an Pentosanen
doch an ihnen um ein Mehrfaches ärmer ist als eine gleiche Trockengewichts-
menge Gummis. Kirschgummi enthält nach meinen Analysen durchschnittlich
etwa 40 pCt., Rindenw&ndsubstanz aber nur 18—20 pCt. Pentosan.
2) „Untersuchungen über die Entstehung des Kirschgummis." (Sitzungsber.
der K. Akad. der Wiss. Wien, Bd. CXV, 1906, p 911-961.)
Zur Physiologie der Gummibildung bei den Amygdaleen. 309
durch Oxydation zu erhalten und hält für möglich, dass die in den
Wundgeweben als Reaktion auf die Verletzung erhöhte Atinungs-
tätigkeit zu einer oxydativen Umwandlung der vorhandenen Hexosen
utld Pentosen in Gummi Veranlassung geben könnte.
An dieser Stelle müssen wir auch kurz auf die Vorstellungen
von J. GRÜSS^) eingehen. Er behauptet, ausgehend vom Traganth-
gummi, den bei Acacia und Astragalus herrsehenden Verhältnissen,
dass auch bei Prunus- Axtew sich im ruhenden Holze eine Hemi-
celluloselamelle als Membranverdickung finde, die bei der Färbung
mit Fuchsin ungefärbt bleiben soll. Es soll ein Galaktan, Araban
oder ein Gemenge beider sein können und beim Austreiben der
Bäume durch diastatische Fermente in Hemicellulose-Gummis (Arabin-
Galaktiu) umgewandelt werden, „welche entweder als solche aus-
wandern können oder durch weitere fermentative Tätio-keit der
Enzyme in Zuckerarten verwandelt werden" (S. 11) . . . „In dem
Holzkörper der kurzen einjährigen Äste von Primus avium^ welche
nur eine Terminalknospe tragen, fehlen die Hemicelluloseschichten
so gut wie ganz. Dafür sind die Zellen der Mark- und Rinden-
strahlen meist völlig vollgepfropft mit Gummi" (d. h. Hemicellulose-
Gummi). „Behandelt man das Gewebe mit Alkali-Alizarin, so geben
diese Zellen die schöne Violettfärbung ..." „Nach dieser Dar-
stellung finden die reinen Hemicellulosegummis im Stoffwechsel
Verwendung. Sie können jedoch noch so verändert werden, dass
sie dann wahrscheinlich als Excret gelten müssen. Eine wohl
häufig eintretende Veränderung besteht in der Oxydation. Die
Gruppe COH in dem Zucker- oder Saccharo-Colloidmolekül nimmt
Sauerstoff auf und geht in die Gruppe COOH über, wodurch Arabin-
resp. Galaktinsäuren entstehen. Die Oxydation geschieht durch
0-Überträger, welche sich beim Austreiben im Gewebe bilden . . .
Das Auftreten der Sauerstoffüberträger erfolgt, soviel ich bis jetzt
gefunden habe, vor der Diastaseerzeugung; beide Körper stehen
vermutlich in genetischem Zusammenhang. Das diastatische Ferment
dient dann dazu, die Hemicellulose oder deren Gummis zu lösen,
wie ich dies oben bei der Einwirkuno- von Diastase auf Traganth
gezeigt habe."
Es kam mir zunächst darauf an, zu zeigen, dass auch GRÜSS
sich die Entstehung des Gummiexcretes durch Oxydation einer vor-
gebildeten Substanz denkt. Es erübrigt sich, näher auf die Art
einzugehen, wie er sich diese Umwandlung denkt, da dies (Über-
gang der COH- in die Carboxylgruppe) ganz hypothetisch ist und
in Anbetracht der colloidalen Beschaffenheit der fraglichen Körper
1) „Über Lösung nnd Bildung der aus Hemicellulosen bestehenden Zellwände
und ihre Beziehung zur Gummosis." (Bibl. botan. Heft 39, Stuttgart 1896.)
?,10 W. Ruhland :
wohl auch vorläufig bleiben wird. Aber die Annahme, dass hier im
Holze gewisse Lamellen rein aus Hemicellulosen bestehen, welche nach
Überführung in gummiartige Zwischenprodukte wieder in den Stoff-
wechsel durch teilweise Aufspaltung einbezogen werden können und
so die Muttersubstanz des Excretes darstellen, möchte ich nicht un-
widersprochen lassen. Den Beweis für die Existenz der behaupteten
Hemicelluloseschicht und der Arabin-Galaktiusubstanz bringt GrCss
lediglich durch die erwähnten Färbemittel. Es ist mir aber trotz
mannigfacher Wiederholungen mit den verschiedensten Prunus-Arten
und zu verschiedenen Jahreszeiten nie gelungen, mit Fuchsin eine
ungefärbte Hemicelluloseschicht zur Darstellung zu bringen. Die
Wände waren durchweg gleichartig gefärbt. Auch GrÜSS's
Alkali - Alizarinmethode versagte trotz mannigfachster Variation.
Man kann vielmehr willkürlich jede beliebige Farbenabstufung
hervorbringen. Ich muss also GrÜSS's colloidale Arabin-Galaktin-
Substanz für hypothetisch erklären und bezweifle auch ent-
schieden die Existenz einer in den Stoffwechsel wieder einziehbaren
Hemicelluloselamelle bei den Amygdaleen. Dieselbe auf dem Wege
der Hydrolyse mit verdünnten Säuren nachzuweisen, ist, wie ich
mich überzeugte, ganz unmöglich, da hierbei das Gewebe völlig
verquillt und zum Teil zerfällt. Dass aber chemisch hierbei Zucker
erhalten werden, ist selbstverständlich und beweist nichts im Sinne
von GRÜSS. Ich sehe vielmehr nach wie vor die Muttersubstanz des
Gummis in den zur Wandbildung bestimmten, im übrigen
aber unbekannten Kohlenhydraten der embryonalen Zellen
— und später in den gänzlich der Cytolyse anheim-
fallenden Geweben, eine Anschauung zu der unabhängig von
mir auch MiKOSCH (1. c.) auf Grund seiner anatomischen Studien
gelangt ist.
Wenn unsere Annahme von der Rolle des infolge der Ver-
wundung von aussen eindringenden Sauerstoffs richtig ist, so müssen
Wunden, welche unter Sauerstoffabschluss gefertigt und
gehalten werden, ohne Gummibildung verlaufen.
Wunden, zu welchen der 0-Zutritt scheinbar abgeschlossen war,
hat WlLL^) gemacht. Er verschloss entweder die Schnittfläche
sofort nach ihrer Anbringung mit Teer oder Wachs oder er tauchte
die am Baum gebliebenen Stumpfe gestutzter Zweige bald nach der
Dekapitierung in Wasser. Bei diesen Versuchen hat jedoch im
Moment der Verletzung der Sauerstoff Zutritt gehabt und kann
auch durch die Organismen, die meinen Erfahrungen nach in dem
Verschlusswasser sich gebildet haben werden, übertragen worden
1) Will, A., „Beiträge zur Kenntnis von Kern- und Wuudholz". (Inaugural-
Dissert., Bern, 1899.)
Zur Physiologie der Gummibildung bei den Amygdaleen. 311
sein. Dass unter dem Teer- und Wachsverschluss die Gummi-
bildung aber etwas geringer war, gibt WILL zu und PßAEL hat ihm
geg'enüber angegeben, dass sie in solchen Fällen ausbleibe.
Unsere eigenen Versuche zielten darauf hin, Verwundungen
unter möglichst vollst<ändiger Verhinderung von Sauerstoffzutritt zu
erzielen. Es braucht wohl kaum besonders erwähnt zu werden, dass
eine Versuchsanstellung, wie sie zunächst wohl am einfachsten er-
scheinen könnte, bei der sich die Zweige in einer 0-freien bezw.
0-haltigen Atmosphäre oder Flüssigkeit befänden, ausgeschlossen ist,
da bei gänzlichem Mangel an Sauerstoff sogleich intramolekulare
Atmung unter Alkoholbildung einsetzt und meist schliesslich binnen
einio-er Taoe zum Tode der Pflanzen führt. Es ist klar, dass bei
einem so tiefgehenden Eingriff in den normalen Lebensprozess das
Ausbleiben von Gummibildung nicht allein auf mangelnden Sauer-
stoffzutritt zur Wundfläche zurückgeführt werden darf.
Meist wurüe ganz einfach (Versuchsanordnung 1) so verfahren,
dass die unverletzten Zweige unter verflüssigtem Paraffin oder
einem ähnlichen Fettkörper') mit einer scharfen Scheere abge-
schnitten wurden, sodass die Zweige mit einer sehr kurzen Kappe
überzogen waren und die übrige gesamte Zweigoberfläche den
normalen Gasaustausch beibehielt. Nur selten wurden statt der
Querschnitte auch seitlich Einschnitte gemacht.^) Mit den so be-
handelten, am unteren Ende unter Wasser abgeschnittenen und in
Wasser stehenden Zweigstücken wurde eine entsprechende Anzahl
gleichartiger, ebenso behandelter, aber mit dem oberen Ende an der
Luft abgeschnittener, nicht mit Paraffin überzogener Zweige ver-
glichen. Einige Male wurden auch die Zweige mit ihrem oberen
Ende in die Öffnung eines durchbohrten, tief schalenförmigen Uhr-
glases eingeführt und dieses mit Quecksilber gefüllt, von welchem
1) Die Temperatur der verwendeten Yerschlussmittel ist natürlich, um Ver-
brühungen zu vermeiden, möglichst niedrig über dem Schmelzpunkt zu halten und
beständig zu kontrollieren. Notwendig für das Gelingen des Versuches ist,
dass die Wundfläche bei diesem Verfahren wirklich eine dicht schliessende,
möglichst dicke Verschlusskappe erhält. Kakaobutter und das Paraffin -Wachs-
gemisch haben den Nachteil, mitunter infolge der nachträglichen Spannungs-
änderungen in den umschlossenen Gewebekomplexen feine Eisse zu bekommen; das
reine Paraffin aber hebt sich, wenn auch seltener, bei läugerer Versuchsdauer und
hierdurch bedingtem Zusammenschrumpfen des Zweiges von dessen Oberfläche ein
wenig ab, so dass dann in beiden Fällen Versuchsfehler entstehen. Es ist aber
schwer, für diese Verschlussmedien Ersatz zu schaffen. Entweder liegen deren
Schmelztemperaturen so hoch, dass Verbrühungen zu befürchten sind, oder ihre
Verwendung ist, wie bei den Cellulosederivaten (Photoxylin, Celloidin usw.), wegen
der Giftigkeit des Lösungsmittels ausgeschlossen.
2) Die seitlichen Einschnitte müssen bis ins Cambium reichen. Hierüber
später an anderer Stelle Näheres.
312
W. Ruhland:
also dann das Zweigende überdeckt war. (Versuchsanstellung 2,
vgl. Fig. 2.)
Endlich wurde noch mehrfach eine etwas umständlicliere Ver-
suchsanordnung (Nr. 3, vgl. Fig. 3) durchgeführt, bei welcher die
Pflanzen ohne jeden Überzug verblieben. Die Zweige wurden mit
ihrem unteren Ende unter Wasser abgeschnitten und darauf mit
ihrem oberen, unverletzen Ende durch eine durchlöcherte Korkplatte
geführt, welche nach unten zu ein sehr kurzes, weites Glasrohr
wasserdicht verschloss. Die Dichtung um die zu mehreren in der
Korkplatte befindlichen, einzeln in je einem Loche steckenden
/~\
Fi- 2.
Fi-r. 3.
Zweige wurde durch Watte und zähflüssig gemachtes Guttapercha
erreicht, wobei eine Schädigung der Zweige ausgeschlossen war.
Darauf wurde das Glasrohr mit W^asser gefüllt und die Zweige oben
unter Wasser abgeschnitten. Da aber einerseits dieser Abschluss
wegen des im Wasser mit der gelösten Luft vorhandenen Sauer-
stoffes als noch nicht genügend betrachtet werden konnte und
andrerseits in dem unter diesen Umständen, ohne die Zweige der
Luft auszusetzen, schwierig zu regenerierenden Wasser sich bald
Organismen aller Art ansiedeln, wurde über die Zweigenden je ein
umgekehrtes Reagensglas mit W^asser gestülpt und dies durch Zu-
leitung von Wasserstoff oder durch Stickstofl' (resp. beim Kontroll-
versuch durch Luft) verdrängt. Selbst bei dreiwöchiger Versuchs-
Zur Phjsiologie der Gummibilduiig bei den Amygdaleen. 3] 3
dauer trat keinerlei Schädigung der Versuchspflanzen hervor. Die-
selben entwickelten ihre Knospen weiter, blühten vielfach, bildeten
reichlich Callus und Hessen auch bei der nachfolgenden genauen
anatomischen Durchmusterung auf das Vorhandensein von Gummi-
lücken, der jeder Zweig nach Beendigung eines Versuches unter-
worfen wurde, keine Spuren schädlicher Einwirkung erkennen.
Lei<ler waren häufig die Versuche deshalb nicht zu verwerten, weil
die Zweige auch bei Sauerstoffzutritt nicht zur Gummibildung
schritten. Es hängt dies zweifellos von der Jahreszeit ab. Im
ganzen ist die Zeit der beginnenden Winterruhe und das Frühjahr
für Laboratoriumsversuche am günstigsten. Am meisten empfiehlt
es sich, Zweige von Prunus Persica zu nehmen, wegen der be-
sonderen Leichtigkeit, mit der diese Art zur Gummibildung schreitet.
Es folgt eine kurze Übersicht über die nach Methode 1 angestellten
Versuche. Das genauere Protokoll über jeden einzelnen Zweig soll
später an anderer Stelle mitgeteilt werden. Die Zweige waren
meist 25 — 40 cm lang, sie standen im Laboratorium am Fenster, bei
einer durchschnittlichen Temperatur von 15 — 17° C.
(Tabelle s. S. 314.)
Als Ergänzung zu diesen Versuchen sei noch erwähnt, dass am
30. Mai 1906 und am 3. Juni 1907 je sechs Zweige eines freistehen-
den Strauches von Prunus Persica unter Paraffin abgeschnitten und
mit einer sehr kurzen, dicken Kappe desselben überzogen wurden.
Nur an einem Zweige des vorjährigen Versuches ergab sich, ver-
mutlich infolge einer geringen Rissbildung eine schwache Gummi-
produktion, die anderen blieben, so lange die Paraffinkappe gut
haftete (15 Tage) ohne Gummi, während von den entsprechenden,
nicht überzogenen Kontrollzweigen 1906 je 5, 1907 je 4 ziemlich
viel Gummi bildeten.
Die Versuche nach der zweiten Methode waren sehr
wenig zahlreich (im ganzen nur acht Pfirsichzweige); nirgends
konnten an diesem Material Gummilücken aufgefunden
werden.
Auch die Versuche nach der Methode o konnten, infolge
ihrer Umständlichkeit, nicht sehr zahlreich angesetzt werden. Ein am
17. Januar 1907 begonnener Versuch mit Pfirsichzweisen, der am
4. Februar abgebrochen wurde, war wenig beweiskräftig, weil das
Material nicht zur Gummibildung neigte. Verwandt: je fünf Zweige:
an den Wasserstoffzweigen nirgends und nur an einem der Luft-
zweige Gummi. — Ganz dasselbe Resultat ergab sich bei einer
Wiederholung des Versuches am 29. Januar, wobei nur statt Wasser-
stoff Stickstoff verwendet wurde. Von den sieben Luftzweigen hatte
nur einer Gummi gebildet, während alle Stickstoffzweige ohne
314
W. RüHLAND:
Art der
Ver-
wundet
am
Unter-
sucht
am
Verschlussmittel
Mit dem
Verschluss
überzogene
Zweige
unver-
schlossene
Zweige
Versuchspflanze
CO r^
<X> CO
Ü5 '^
£•5
c £
c s
> =
^0
1
C3 N
ff -
c =
Prunus Geras US
3.
2.06
22.
2.08
Paraffin
7
0
10
8
Fr. Ptrsicn . .
17.
2 06
1.
3.06
Kakaobutter
5
0
0
5
do. . .
22.
2 05
1
3.06
do.
2
1
5
0
do. . .
22.
2.06
6.
3.06
do.
2
0
3
2^)
do. . .
20
2.06
6.
3 06
lOprozentige Gelatine
11
4-0
8
G
do. . .
26.
2.01
6.
3.06
Gemisch von ^s Kakao-
butter und Vs Wachs
14
13)
12
10
do. . .
3.
12.06
17.
12 06
do
19
1
17
9
do. . .
8.
1.07
31
1.07
Paraffin
13
0
12
12
do. . .
8.
1.07
31.
1.07
Kakaobutter- Wachs-
gcniisch
12
0
12
12
Pr. (loinestka .
11.
1.07
21.
1.07
Kakaobutter
16*)
0
8
3
Pr. Persicn . .
10.
1.07
22.
1 07
Paraffin
9
0
5
5
do. . .
23.
1.07
7.
2.07
Kakaobutter-Paraffin-
12
0
12
0
mischung
Pr. iiciuin. . .
11.
1.07 31.
1.07
teils Paralfin, teils
14
0
9
3
Kakaobutter
Pr. Persicn . .
17
1.07
4.
2,07
Paraffin
8
1
8
6
do. . .
4
2.07
11.
2.07
Paraffin-Kakaobutter-
gemisch (3 : 2)
6
1
5
5
do. . .
15.
2.07
28.
2 07
do.
5
2^^)
7
4
Pr. aciuui . .
15.
2.07
28.
2.07
Paraffin
8
3
8
8
Pr. Parsica . .
1.
3. 07
9.
3. 07
do.
6
0
5
5
do. . .
i.
3.07
18.
3.07
do.
6«)
0
5
2^)
do. . .
4.
3 07
14.
3.07
du
6
0
6
2
do. . .
5.
3.07
19
3 07
do.
5
0
5
;;
Pr. avium . .
5.
3.07
19.
3. 07
do.
5
0
5
1
Pr. Mahakb .
7.
3.07*
21.
3.07
do.
6
0
6
3
Pr. daniestica .
7.
3.07
21.
3.07
Paraffin-Kakaobutter-
gemisch
5
0
5
4
do. . .
7.
3.07
21.
3.07
Paraffin
5
0
5
1
1) Der dritte Zweig zu dünn, schnell vertrocknet.
2) Wohl ungeeignetes Verschlussmittel.
3) Verletzung der Verschlussschicht äusserlich nicht erkennbar.
4) Nach Beendigung des Versuches und Abtragen der Kappe entstand nacli-
träglich an drei Zweigen Gummi.
5) An einem Zweige Riss im Periderm, am andern lag die Gummizone um eine
tote Knospe herum.
6) Davon drei vertrocknet.
7) Ursprünglich sechs, einer aber schon nach zwei Tagen vertrocknet
Die anatomisch-mikroskopische Durchsuchung der Zweige nach Gummilakunen
geschah ausser durch mich ebenso häufig durch die Herren ADERHOLD und
Zur PM'siologie der Gummibildung bei den Amygdaleen. 315
RlEHM. In der Tabelle ist ein Versuch mit Pfirsichzweigen unerwähnt geblieben,
bei welchem alle Zweige Gummi gebildet hatten; es stellte sich jedoch heraus,
dass hier der Sauerstoff seinen Eintritt in die mit Paraffin verschlossenen Zweige
durch unverschlossen gebliebene, gestutzte Seitenzweige gefunden haben konnte.
Dasselbe war möglicherweise der Fall bei zwei im Vorjahre mit Prunus Cerasus
durchgeführten Versuchen, wo auch mehrere verschlossene Zweige Gummi gebildet
hatten. Da ich die Zweige nicht gesehen iiabe, sind sie nicht in der Tabelle auf-
geführt worden-
Lücken blieben. Dagegen ergaben bei einem am 6. April ein-
o;eleiteten Wasserstoffversuch von sieben Luftzweigen am 20. April
vier Gummibildung, während die siebeii WasserstofFzweige keine
Lücken bildeten. Am 18. April wurde der letzte Versuch dieser Art
mit einer gleichen Anzahl von Zweigen angesetzt: am 2. Mai zeigten
sich fünf von den Luftzweigen als gummihaltig, während alle
WasserstofFzweige gummifrei geblieben waren.
Diese Versuche scheinen mir sehr im Sinne der vorgetragenen
Theorie zu sprechen und eine andere Deutung nicht zuzulassen,
welche mir zuerst am nächsten zu liegen schien, wonach den An-
stoss zur Gummibildung lediglich der traumatische Reiz als solcher
sähe und nur rein chemisch zum Zustandekommen der Gummi-
Substanz aus einem unbekannten, aber sauerstoffarmeren Grundstoffe
der Sauerstoffzutritt durch die normalen Gaswege nötig wäre. Über
mannigfache Versuche in dieser Richtung w^erde ich später be-
richten.
Es steht dieser Punkt mit einer weiteren, interessanten Seite
des Problems in Zusammenhang, nämlich der Ausbreitung des
Prozesses in der Longitudinalrichtung der Sprosse, worüber eben-
falls erst die spätere Mitteilung handeln wird. Im Anschluss
an das Vorstehende sei hier nur noch der Hinweis darauf ver-
stattet, dass — abgesehen von den sonst bei der weiteren Ausbreitung
des Prozesses in Fras-e kommenden Faktoren — die zur Gummi-
bildung führenden katalytischen Vorgänge hierbei natürlich die
jeweilige Sauerstoff zufuhr erfordern. Hierfür spricht u. a. deutlich
der Umstand, dass der Gummifizierungsprozess, von der Wundstelle
am Zweige abwärts schreitend, wenn nicht, wie meistens schon nach
einigen Zentimetern, so doch stets Halt macht, sobald das Niveau
des Wassers erreicht ist, in dem die abgeschnittenen Zweige stehen.
Die unter Wasser befindliche, vom direkten Sauerstoffzutritt abge-
schnittene Partie der Zweige blieb ausnahmslos bei allen von mir
angestellten Versuchen gummifrei, obwohl sich hier niemals Anzeichen
irgend welcher Schädigungen, selbst nicht nach mehrwöchigem Ver-
weilen daselbst, erkennen Hessen.
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV. 22
316 Wilhelm Wollenweber:
46. Wilhelm Wollenweber: Das Stigma von
Haematococcus.
Mit Tafel XI.
Eingegangen am 24. Juni 1907.
Bis jetzt kennen wir nur zwei sichere Arten der Algeugattung-
Haematococcus^ nämlich Haematococcus pluvialis Flotow (1) und
Haematococcus BütscliUi Blochmann (2). Obgleich einige morpho-
logische und physiologische Arbeiten über diese Organismen vor-
liegen, ist die wichtige Frage, ob ein Augenfleck bei diesen so
lichtempfindlichen Organismen vorkommt oder nicht, bisher ungelöst
geblieben. Die Gattungsdiagnose schwankt in diesem Punkte er-
heblich. In den Arbeiten von FlOTOW, COHN (3), BRAUN (4),
PerTY (5) (1844—51) über H. pluvialis ist öfter das Stigma er-
wähnt, auoenscheinlich aber stets das mehr oder wenioer zentral
gelegene meist reichlich enthaltene Haematochrom darunter ver-
standen worden (Fig. 1). Pa-st BCtscHLI (6) (1884) spricht sich
klar dahin aus, dass der Augenfleck fehlt.
Eine neue Haematococcus- Axt beschreibt BLOCHMANN (1886) als
H. Bütschlii. Da er bei dieser Art ein Stigma auffand, ändert er
die BÜTSCHLl'sche Gattunosdiagnose um und sagt: Auo-enfleck vor-
banden oder fehlt. In einer grösseren amerikanischen Originalarbeit
von HAZEN (7) (1899) über Sphaerella lacustris (^Haematococcus plu-
vialis) ist nur eine kurze Bemerkung über den Augenfleck enthalten:
„The haematochrom never seems to have the character of the red
,eye spot' of other genera", woraus hervorgeht, dass auch Hazen
dieses Organ nicht beobachten konnte. In AVlLLES algologischen
Notizen (8) (1903) verdichtet sich der reiche literarische Stoff zu
einer neuen Gattungsdiagnose, und wir finden hier in Anerkennung
der schon von BLOCHMANN gegebenen Modifikation: „Stigma kann
vorhanden sein oder fehlen", ersteres auf H. Bätschlii, letzteres auf
H. pluvialis bezüglich. SCHMIDLE (9) (1903) konnte bei beiden
Arten ein Stigma nicht nachweisen. Auf Grund meiner Unter-
suchungen glaube ich nunmehr aussprechen zu können, dass alle
Arten in allen beweglichen Entwicklungsstadien ein Stigma besitzen.
Grüne Formen verschafften mir die erste Sicherheit von dem
Vorhandensein des Stigmas bei H. plmialis (Fig. 2). Solche Formen
lassen sich mit Sicherheit erzielen in KNOP'scher Nährlösung 0,2 pCt.,
ferner in einem Reoen- oder Schneewassermedium mit einer Unter-
Das Stigma von Haematococcus. 3] 7
läge von ^'^, — 1 pCt. Nährsalz- Agar; auch bietet deuselbeii Erfolg
eine Nährsalzlösung, der organische Stoffe: Zucker, Pepton, Asparagin,
beigemengt sind; diese Lösung darf indes nicht frisch angewandt
werden, da die auftretenden Bakterien jede Algenentwicklung zurück-
drängen. Erst nach ein paar Monaten wirkt die nun geklärte Lösung
vorzüglich und bringt grüne Schwärmsporen mit zarter Membran
hervor, die man mit Chlamydomonas verwechseln könnte, wenn sie
nicht ein anderes Chromatophor besässen. Hat man auf die eine
oder andere Art grüne Formen erhalten, so zeigt sich das Stigma
dieser Individuen stets gut ausgebildet, trotzdem aber wegen seiner
gelborangen matten Färbung mit Trockensystenien nur undeutlich.
Eine Immersionslinse ist hier entschieden vorzuziehen, ebenso wie
das künstliche Licht, wenn gut filtriert, dem Tageslichte. Yon
künstlichen Lichtquellen eignen sich Gasglühlicht und Nernstlicht
vorzüglich zur Untersuchung wie zum Zeichnen. Um solches Licht
zu filtrieren, bedient man sich seit langem parallelwandiger und
kugeliger Glasgefässe. Letztere bieten hier mehr Vorteile, da sie
die Lichtintensität erhöhen und selbst bei Anwendung von mehreren
Glaskugeln hintereinander immer noch lichtstark genug bleiben.
Solche Kugeln, die mit sehr verdünnter Kupfersulfatlösung beschickt
werden, erleichtern die Auffindung des Stigmas wesentlich und
liefern ein gutes Konturenbild, bei offener Blende auch ein gutes
Farbenbild. Dies zeigte sich bei der Untersuchung von Microgonidien
(Gameten?) des H.pluvialis (Fig. 9), die, aus Aplanosporen stammend,
noch viel Haematochrom in roten Tröpfchen in der Zelle zerstreut
enthalten. Ich habe mich mit Absicht über die Beobachtungsart
etwas weiter verbreitet, um eine Nachkontrolle zu erleichtern.
Nachdem ich so Sicherheit bekommen hatte, dass bei dem grünen
H. pluvialis ein Augenfleck existiere, gelang es mir auch, denselben
bei roten Formen aufzufinden.
Rote Formen erhält man in destilliertem Regen-, Schnee- oder
Leitungswasser, auch in 0,2 pCt. Saccharose enthaltenden destilliertem
Wasser. Die Menge des Rotes aber schwankt, und es finden sich
Individuen, die nur noch eine schmale grüne Randzone zeigen (Fig. 1)
und solche mit mehr oder weniger reduziertem am Zellkern haften-
den Haematochromfleck (Fig. ;3, 5). Auf Fig. 3 würde die Be-
merkung COHN's (3) (1850) p. 62 (668) passen: „Eine Stufe ist von
Interesse, wo das rote Pigment auf ein einzelnes kleines Körnchen
reduziert ist, welches im Innern oder an einer Wand der Primordial-
zelle hängt und dann jenes Gebilde darstellt, welches von EHREN-
BERG als „rotes Auge" bei Infusorien, von KCTZING, FRESENIUS
und ThURET bei Algensporen entdeckt wurde." Neben diesem
Stigma früherer Auffassung findet sich das wahre Stigma in der
Abbildung. Da die noch so stark geröteten Zoosporen stets einen
22*
318 Wilhelm Wollenweber:
grünen Rand haben, so wird man in der Lage sein, auch bei ihnen
den Augenfleck zu finden; durch A^erschieben des Deckglases dreht
man das Individuum so, dass das Organ im Medianschnitt in Coin-
cidenz mit der grünen Randzone tritt (Fig. 1).
Die Form des Augenfleck von H. pluvialis ist sehr verschieden.
Bei älteren Individuen ist die Keulenform (Fig. 6a u. b), bei jüngeren
die eines spitzwinkligen sphärischen Dreiecks (Fig. c, d, e) vor-
herrschend. Der Basis des Dreiecks ist nicht selten noch eine kurze
Zacke aufgesetzt, die aber perspektivisch aufzufassen ist (Fig. 5a),
da der Mediauschnitt sie als keilförmigen nach innen gerichteten
Zapfen erkennen lässt (Fig. 5 b und Fig. 6h). Die Seitenansicht des
Stigmas zeigt oft die Gestalt einer Sichel (Fig. 6f) oder eines spitz-
winkligen Dreiecks (Fig. 5b und Fig. 6h).
Auch über den inneren Bau lässt sich bei oben geschilderter
Beobachtungsart so viel sagen, dass ein feinmaschiges Netzwerk, die
Grundsubstanz, die Farbkörnchen in sich schliesst, so wie es FßANZE
(10) 1892 bei den Stigmata der Euglenen und Chlamydomonaden
beschreibt.
Das Stigma liegt peripherisch im oberen Teile der Zelle
(Fig. 4a)'), meist dicht vor dem Äquator^) oder wird von ihm
halbiert, wenn die Zelle sich teilen will, wobei es meist mit geteilt
wird. Fig. 8 zeigt den Ausnahmefall, wo der Augenfleck bei der
Teilung ungeteilt dem oberen Abschnitt zugefallen ist.
Das Stigma liegt konstant in der Höhe des Zellkerns (Fig. 3 u. 7)^),
nur bei den Microgonidien (Gameten?), deren Kern ganz vorn ge-
legen ist, sehen wir ihn manchmal tiefer (Fig. 9a), meist aber
normal (Fig. 9 b).
Die Grösse des Organs schwankt bedeutend. Es wurden Längen
von 2 bis 13 /t. Breiten bis 1,5 /< gemessen. Die Durchschnitts-
zoospore begnügt sich mit einer solchen von 5 ^ Länge. Lage und
Farbe erwiesen sich konstant auch bei Änderung des Nährmediums,
ob die Zoospore grün, rot oder doppelfarbig ist. Dagegen konstatierte
ich eine Verschiedenheit in der Phototaxis, die man immer mehr
als vom Stigma beherrscht betrachtet (KÜNSTLER, FeanZE, OVERTON
usw.). Grüne Zoosporen suchen im Kulturglase bei normaler Tempe-
ratur stets den positiven Lichtrand auf, während rote eine stärkere
Ansammlung seitlich bilden, also ein geringeres Lichtoptimum be-
sitzen dürften. Es ist nicht unwichtig, dass nunmehr mit Sicherheit
1) Der Mecliansclinitt (Fig. 4b) würde es erst bei Drehung um die Längsachse
um 45° im Sinne des Uhrzeigers zeigen.
2) Unter Äquator verstehe ich die Umrisslinie des grössten Querschnitts der
ein Rotationsellipsoid darstellenden Zelle.
3) Fig. 7 nach einer mikrophotographischeu Aufnahme der photographischen
Lehranstalt des Lettevereius, Berlin.
Das Stigma von Haematococcus. 319
bei diesen topophototaktischeu Organismen der Angenfleck nach-
gewiesen werden konnte, und es nun nicht mehr nötig ist, die Ur-
sache phototaktischer Reaktion bei Haematococcus pluvialis allein im
Cytoplasma oder gar im zentralen Haematochrom zu suchen. ThUEET
behauptete einst, das Stigma könne die Lichtstimmung nicht leiten,
da auch Oedogoniumschwärmer, die er für stigmenlos hielt, photophil
seien. STRASBURGER fand dieses Organ bei Oedogonium, stellte
sich indes doch auf THURET's Standpunkt, da auch Chijtkridium vorax
auf Licht reagiere. In neuerer Zeit sind mehrfach Stigmata auf-
o-efunden worden, so dass es in Zukunft bei so bestimmten Be-
merkungen wie der PFEFFER's (11) p. 774: „Übrigens reagieren
viele Schwärmzellen phototaktisch, die keinen Augenfleck besitzen",
wünschenswert wäre, die Gattungen oder Arten aufzunenneu, zumal
nach CHODAT die Verhältnisse nicht immer genügend geklärt sind
(1'2), wie aus dem Fragezeichen hervorgeht, z. B. bei seiner Äusserung
S. 17: II y a des zoospores qui sont depourvues de stigma; ce sont
Celles des Confervacees et des Trentepohliacees (?).
So harrt die Frage nach der Funktion des Stigmas der Haemato-
coccen noch immer ihrer Lösung. Weiter wird zu untersuchen sein,
ob das Haematochrom einen Lichtschutzapparat darstellt. Es gelang
mir, Zoosporen 72 ^^^^^ völlig grün und im Schwärmzustande zu
erhalten, trotzdem aber behielten sie die Fähigkeit, bei Übergang
zur Ruhe wieder Haematochrom zu bilden.
Das Stigma des Haematococcus Bütscldii liegt nach BLOCHMANN's
Artdiagnose in der Höhe des vorderen Pyrenoides, nach seineu Ab-
bildungen sogar ein Stück höher. Es ist 2 /t lang und soll halb-
mondförmig sein. Ich habe diese Art vom Originalstandort bisher
nicht erhalten können, dagegen besitze ich eine mit H. Biitschln
nahe verwandte Haematococcus - Art. Dieselbe fand sich bei
DröBAK auf einer Insel im Kristiania - Fjord. Sie hat mit
H. BütschUi die zwei Pyrenoide von konstanter Stellung gemein,
auch die feinen Plasmaausstrahlungen in die Membran, die indes
für gewöhnlich nicht ringsum vom Cytoplasma ausstrahlen,
sondern sich mehr auf den hinteren Teil der Zelle beschränken
(Fig. 10 u. 13).^)
Das Stigma liegt indes ein Stück unter dem oberen Pyrenoid
(Fig. 10 u. 11), also etwas vor dem Äquator der Zelle. Die Länge
ist etwa 2 /<, die Breite bis 1 /<, bei Gameten ist die grösste Länge
1 f.1. Die Form des peripherisch gelegenen Augenflecks variiert auch
hier etwas, lässt sich indes immer auf die bei H. pluvialis be-
schriebene zurückführen (Fig. 11, 12 u. 15 b). Durchschneidet der
1) Fig. 13 nach einer mikrophotographischen Aufnahme wie Fig. 7.
320 Wilhelm Wollenweber:
Medianschnitt das Stigma der Länge nach, so zeigt die sichelförmige
Schnittfigiir manchmal zwei Zapfen, die keilförmig nach innen gehen
(Fig. 10 u. 15 a, c, d). Etwas wie einen hyalinen Linsenkörper,
welchen STRASBUEGER bei Cladophora gesehen, habe ich bei beiden
Arten nicht unterscheiden können. Was mir aber auffiel, war die
gegenseitige Lage von Stigma und Nucleus. Bei allen mir bekannten
stigmenführenden Zoosporen fand ich beide Organe in einer Höhe,
so dass man eine gegenseitige Beziehung mutmassen könnte.
Die Lage des Augenflecks ist konstant während der AA^achs-
tumsperiode der Schwärmzelle, vor der vegetativen Teilung dagegen
rückt dieses Organ bei H. ßvtschln und der von mir untersuchten
neuen Art ganz ans Torderende (Fig. 12), während es bei H. lüuvialis
seineu Platz beibehält.
Ich nenne den neuen Organismus bis auf weiteres Haematococcus
droehakensis u. sp.
Pflanzenphysiologisches Institut der Universität Berlin.
LiteraturTerzeichnis.
1. J. VON Flotow, Über Haematococcus pluvialis. (Nova Acta Acad. Leopold.
- Card. Vol. XX, P. 2. Halle 1844.)
2. F. BloCHMANN, Über eine neue Haematococcus -Art. (Verhandl. d. naturhist.
medic. Ver. B. III. Heidelberg 1886.)
3. F. COHN, Nachträge zur Naturgeschichte des Protococcus pluvialis Kützing.
(Nova Acta Acad. Leopold. Carol. Vol. XXII. P. 2. Wratisl. 1850 )
4. A. Braun, Betrachtungen über die Erscheinung der Verjüngung in der Natur.
Leipzig 1851.
5. M. Perty, Zur Kenntnis kleinster Lebensformen. Bern 1852.
6. 0. BÜTSCHLI, Protozoa, IL Abt. Mastigophoren, (1883—87.)
7. TR. Ell. Hazen, The Life History of Sphaerella lacustris (Haematococcus
pluvialis). (Memoirs of Torrey Bot. Club. Vol. VI. No. 3. New York
1899.)
8. N. Wille, Algologische Notizen. (Nyt Magazin f. Naturvidenskab. B. 41, H, 1.
Kristiania 1903.)
9. W. SCHMIDLE, Bemerkungen zu einigen Süsswasseralgen. (Ber. d. deutsch.
bot. Gesellsch. 21. 1903.)
10. R. Franze, Zur Morphologie und Systematik der Stigmata der Mastigophoren.
(Zeitschr. f. wiss. Zool. 56. 1893.)
11. W. Pfeffer, Pflanzenphysiologie 1904. 2. Bd.
12. R. Chodat, Algues vertes de la Suisse. Berne 1902.
Das Stigma von Haematococcus. 3'21
Erkläiung^ der Abbilduugeu der Tafel Nr. XI.
Vergr. 1000 mit Ausnahme von Fig. 6, wo Vergr. 2000 gewählt ist. Zeichen-
apparat nach Abbe, homogeue Immersion Vie» Ocular 3 (Leitz) benutzt. Zellen
getötet mit Os04-üän)pfeu (1 pCt).
Abkürzungen.
st: Stigma, h: Haematocbrom, N: Nucleus, n: Nucleolus, p: P^renoid, sf: Schnitt-
linie.
Fig. 1 — 9. Haematococcus pluvialis.
1. Zoosporen (Z.) aus Schneewasser mit seitlichem Stigma und reichlichem
Haematocbrom.
2. Z. aus einem Schneewassermedium mit V2 pCt.. Nährsalz-Agar Unterlage.
3. Z. aus Knop 0,2 pCt. mit reduziertem Haematocbrom und wohlentwickeltem
Stigma.
4. Z. aus Kultur Avie 3 mit Stigma und Netzchromatophor. a) Teil der
Oberfläche mit Stigma, b) Medianschuitt.
5. Zwei verschiedene Querlagen einer Z., mit Stigma a) von oben, b) von
der Seite gesehen.
6. Stigmata, verschiedene Formen.
7. Eben entschlüpfte Z. mit Stigma fast in der Mitte und Zellkern darunter
(naeh Mikrophotographie).
8. Stigma bei Zweiteilung ungeteilt.
9au. b. Microgonidien (Gameten?), aus Aplanosporen entstanden, mit Stigma.
Fig. 10 — 15, Haematococcus droebakensis n. sp
10. Z. im Medianschnitt mit Zapfen-Stigma.
11. Z. angeschnitten, Stigma von oben gesehen, Zellkern in der Mitte, Pjrenoide
der oberen Hülle entblösst.
12. Stigma vor der Teilung nach vorn gewandert.
13. Junge eben entschlüpfte Z. mit cytoplasmatischen Ausstrahlungen in die
Membran, vorwiegend am Hinterende (nach Mikrophotographie).
14. Gameten mit winzigem Stigma.
15. Stigmata, a, c, d) Seitenansicht mit Zapfen, b) Obertlächenansicht.
Fig. 16. Halbmondförmiges Stigma von Haematococcus Bütschlii (nach Bloch-
MANX).
322 W. ßENECKE:
47. W. Benecke: Über die Giftwirkung verschiedener Salze
auf Spirogyra, und ihre Entgiftung durch Caiciumsaize.
Eingegangen am 26. Juni 1907.
In einem Aufsatz: „Über die Yeränderung des Zellkerns durch
kalkfällende Mittel" behandelt 0. LOEW (11) die Giftwirkung der
Magnesiumsalze auf Pflanzen und ihre Entgiftung durch Caicium-
saize, und greift dabei die Darstellung, welche F. CZAPEK in seiner
„Biochemie" (Bd. 2, S. 850) von dieser Frage gibt, scharf an.
Czapek hatte ausgeführt, dass die entgiftende Wirkung der Caicium-
saize sich nicht bloss, wie LOEW meint, gegenüber den Magnesium-
salzen, sondern auch gegenüber anderen Salzen und Salzgemischen
geltend mache; LOEW wirft nun CZAPEK vor, dass er dadurch „die
ffanze Fraoe wieder verdunkle und von einem einseitigen Partei-
Standpunkt aus behandele." Da sich nun diese von LOEW be-
anstandete Darstellung, wie ein Einblick in die „Biochemie" zeigt,
im wesentlichen auf Versuche und Folgerungen stützt, die von mir (1, 3)
herrühren, will ich im Folgendem nachweisen, dass die LOEW'schen
Angriffe der Berechtigung entbehren, und einige neue Beobachtungen
über die Giftwirkuno- von Neutralsalzen auf die Alo-enzelle ver-
•O ■ "" ^- """ "^" — ^ ^'"O^
öffentlichen. Zur Orientierung diene folgender historische Rückblick
auf die Entwicklung der Streitfrage:
Im Anschluss an Angaben früherer Forscher, welche mit höheren
Pflanzen — landwirtschaftlichen Kulturgewächsen — experimentiert
hatten, teilte LOEW (1) mit, dass Spirogyren, die in dest. Wasser,
sowie Kalium- und Natriumsalzlösnngen lange Zeit am Leben bleiben,
in Magnesiunisalzlösungen bald absterben, und dass die giftige Wirkung
des Magnesiums durch Anwesenheit von Calciumsalzen aufgehoben
werden kann. Da LOEW eine gleiche Giftwirkung auch bei Über-
führung der Algen in Oxalatlösungen, nach neueren Angaben (8)
auch in Lösungen von NaFl und K^COg, d. h. Mitteln, die seiner
Ansicht nach durch Calciumentzug wirken, eintreten sah, glaubte er,
dass auch die GHftwirkung des Mg auf einem Entzug von Ca aus
wichtigen Zellorganen ^) und Ersatz desselben durch Mg beruhe,
1) 1902 schloss J. LOEB aus Versuchen mit tierischen Objekten gleichfalls,
dass Caiciumsaize als Gegengabe gegen Ca-fällende Mittel zu betrachten seien.
(Vgl. HOEBER, S. 291.)
über die Giftwirkung verschiedener Salze auf Spirogyra. 323
welcher Austausch nur durch Anwesenheit von Ca-Salzen verhindert
werden könne. Kalium und Natrium, die sich als stärkere Basen
nicht so leicht von ihren Säuren trennen sollen, wie das Mg, können
'nach LOEW das Ca nicht verdrängen, darum auch keine durch
Ca-Zusatz zu verhindernde Giftwirkung ausüben. Soweit lassen sich,
die Richtigkeit der Versuche vorausgesetzt, die LOEW'schen Aus-
führungen hören, w^enn man sie auffasst als heuristisclie Hypothesen,
die Anregung geben sollen zur genaueren experimentellen Bearbeitung
o
dieser Fragen. Wenn aber LOEW aus seinen Beobachtungen weiter
folgert, dass die Grundsubstauz des Zellkerns höherer Pflanzen aus
einer Calciumverbindung des „Nukleins" oder „Chromatins'^, die der
Chloroplasten aus einer ebensolchen des „Plastins" bestehe, und dass
aus diesen Verbindungen Magnesium das Calcium verdränge und so
Desorganisation bewirke, so kann darüber nicht weiter mit ihm ge-
stritten werden, da die fraglichen Calciumverbindungen chemisch
vollkommen Undefiniert sind, ihre Realität somit weder bewiesen
noch widerlegt werden kann. Schon aus diesem Grunde können die
Arbeiten BOEH^rs RAUMER's u. A., die eine Wechselwirkung zwischen
Calciumsalzen einerseits, andern Nährsalzen, zumal Magnesiumsalzen
andererseits erweisen, nicht, wie LOEW will, als Stützen seiner
Theorie dienen, jene Wechselwirkung ist vielmehr noch unerklärt.
Natürlich kann auch der von LOEW (4. 6. 7. 9. 10.) eingeführte
Begriff des ,, Kalkfaktors" (CaO : MgO), selbst wenn seine Bedeutung
für bestimmte Fälle nachgewiesen werden sollte, nichts über die
chemische Natur der Grundsubstanz von Kern und Chloroplast aus-
sagen. Endlich lassen auch PORTHEDl's und SAMEC's Befunde,
dass in Ca -frei gezüchteten Pflanzen sich ein Überschuss des Mg
über das Ca im Vergleich mit normal ernährten Pflanzen einstellt,
die LOEW'sche Theorie nicht, wie diese Forscher sagen, „an W^ahr-
scheinlichkeit gewinnen", denn die Autoren betonen mit Recht selbst,
dass man über die Wirkung des im Überschuss aufgenommenen Mg
nichts wisse, und dass ferner das Verhältnis der anderen Aschen-
bestandteile zum Ca gleichfalls grösser werde, als in vollkommen er-
nährten Pflanzen.
War somit eine auf experimenteller Basis ruhende Stellung-
nahme zur LOEW'schen Theorie vom chemischen Aufbau jener Organe
von vornherein unmöglich, so forderten doch seine Beobachtungen
über die Giftigkeit des Mg und dessen Entgiftung durch Ca zu einer
Nachprüfung auf. Da war es mir (1, 3) nun aufgefallen, dass
Spirogyren und andere Algen in Ca- freien Salzlösungen, die kein
Mg, vielmehr nur Kaliumnitrat und Dikaliuraphosphat enthielten,
„ebenso schnell und unter denselben Symptomen" abstarben, als in
Lösungen, die ausserdem noch Mg enthielten; hiernach konnte meines
324: W. Benecke :
Erachtens der Tod bei Ca-Entzug nicht durch eine Wirkung des
Mg allein erklärt werden, vielmehr musste eine gleichartige Gift-
wirkung auch anderen Salzen z. B. K-Salzen zugesprochen werden.
LOEW (5) antwortete auf diese Schlussfolgerungen mit verschiedenen
Einwänden, ich meinerseits (4) legte meine Auffassung nochmals in
einem Sammelreferat dar. LOEW (8) hinwiederum hielt seine
Meinung in einem Aufsatz aufrecht, den er mit dem Versprechen
schloss, auf weitere ,, Angriffe" bloss dann antworten zu wollen, wenn
dieselben „wirklich neue Beobachtungen oder neue Ideen brächten."
Endlich legt er (11) sich in der eingangs genannten Polemik gegen
Czapek nochmals mit wünschenswerter Deutlichkeit auf seine An-
schauung fest: bei Calciummangel und Gegenwart verschiedener
Kaliumsalze soll ,,ein langsames Absterben infolge mangelhafter Er-
nährung, also quasi ein Tod durch Yerhungern eintreten, welcher
nur durch Calcium- aber nicht durch Magnesiumsalze aufgeschoben
werden kann." Die Giftwirkung des Magnesiums bei Ausschluss von
Ca sei hingegen ,,eine wahre Giftwirkung, die gar nicht zu ver-
wechseln ist mit dem eben erwähnten Tod aus Ernährungs-
man gel."
In meinen zur Entscheidung der Frage neuerdings angestellten
Versuchen verwendete ich Spirogyra arcta Ktzg. (nach KiRCHNER's
Algenflora), die ich in einem Wiesengraben bei Kiel sammelte; die
„Konjugationsstimmung" war zurzeit der Versuche so stark, dass sie
auch bei Zucht in vollständigen Nährlösungen nicht unterdrückt
werden konnte, doch wuchsen stets eine genügende Zahl von Fäden
vegetativ und dienten als Versuchsobjekte. Vor Beginn der Ver-
suche wurden die Fäden entweder längere Zeit in dest. Wasser, in
dem sie sich recht lange wohl befanden, gezüchtet, oder im Wasser
ihres natürlichen Standortes oder endlich in künstlichen Nährsalz-
lösungen. In allen Fällen wurden sie unmittelbar vor Beginn des
Versuchs nochmals in reinstem dest. Wasser abgewaschen. Meist
gelangten etwa zehn Fäden in kleine, mit den Salzlösungen gefüllte
Kölbchen; einige Versuche wurden auch so durchgeführt, dass ein
Faden in mehrere Stücke zerschnitten wurde und dann die einzelnen
Stücke auf die Kölbchen verteilt wurden. Das hatte den Vorteil,
dass in derselben Versuchsreihe nur von einer Mutterzelle ab-
stammende Zellen zum Vergleich gelangten. Da aber selbst
Zellen eines und desselben Fadens sich häufig von sehr ver-
schiedener Resistenz erwiesen, wurde doch meistens die erst-
genannte Versuchsanordnung gewählt, die eine grössere Zahl von
Zellen zu vergleichen erlaubte und so zu besseren Durchschnitts-
werten führte:
Ich stellte zunächst die folgenden fünf Lösungen her:
über die Giftwirkung verschiedener Salze auf Spirogyra.
325
1
2
3
4
5
KN03
KNO3
KNO3
KNO3
KNO3
K2HP04
K2HPO4
K2HPO4
K2HPO,
K2HPO,
MgSO^ + aq
MgS04+aci
MgSO, + aq
K2SO4
Na,, SO,
CaClj
KCl
NaCl
KCl
NaCl
Die Konzentration jedes Salzes betrug 0,1 pCt; wie ersichtlich
war die Lösung 1 eine ,, vollständige" Nährlösung (abgesehen davon,
dass Fe fehlte), in Lösung 2 und 3 fehlte von notwendigen Grund-
stoffen Ca, indem das CaClo der Lösung 1 durch KCl bzw. NaCl
ersetzt war; in Lösung 4 und 5 fehlte ausserdem das Mg, hier war
MgSO^ der Lösung 1 durch KoSO^ bzw. NaoSO^ ersetzt, das CaCl.,
durch KCl bzw. NaCl.
Nach LOEW hätten nur in Lösung 2 und 3 die Algen jene Ver-
giftungssymptome zeigen dürfen, in 4 und 5 hätte ein langsamer
Hungertod eintreten müssen. Tatsächlich zeigte sich aber folgendes:
Nach 14 Stunden war nur 1 gut weiter gewachsen, in 2 bis 5 waren
die Fäden in die einzelnen Zellen zerfallen, wie das bei Ca-Mansel
nicht selten zu beobachten ist (vgl. BenECKE 2). Von diesem Zeit-
punkt an starben die Zellen in 2 bis 5 allmählich ab, ohne dass irgend
ein Unterschied zwischen diesen Kulturen sich gezeigt hätte; nach
48 Stunden waren nur noch etwa 3 bis 4 pCt. aller Zellen lebend-
In Parallelkulturen zu 2 bis 5, die etwas CaClo erhalten hatten,
sowie in 1 war kaum eine Zelle abgestorben.
Somit komme ich wieder zu demselben Ero-ebnis wie früher.
In Kalisalzlösungen tritt der Tod infolge Ca-Entzugs ebenso schnell
ein, wenn Mg fehlt als bei Gegenwart des Mg. Das Ergebnis ist
dasselbe, sei es nun, dass man die Alge vor dem Versuch in dest.
AVasser oder in Wasser des Standortes, oder in rollständigen Nähr-
salzlösungen züchtet, nur werden sie im letzten Falle widerstands-
fähiger, so dass der Tod in Lösung 2 bis 5 erst später eintritt.
Bemerkenswert ist, dass eine derartige Kräftigung nicht erzielt wird,
wenn man die Alge vorher in reinen Calciumsalzlösungen kultiviert;
vielleicht werden bei alleiniger Zufuhr von Ca-salzen diese nicht
ins Zellinnere aufgenommen. Ich erinnere daran, dass es LiEBENBERGr
vor Jahren gelang, Bohnen durch Kultur in Ca-haltigem Wasser
gegen nachherigen Ca-Mangel widerstandsfähiger zu machen. An
diesem Ergebnis hatte zweifellos die bei Spirogyra wegfallende
Transpiration ihren Anteil.
Ein weiterer Versuch, den ich anstellte, wich von dem oben be-
schriebenen nur dadurch ab, dass sämtliche Salze in einer fünfmal
326
W. Benecke :
geringeren (d. h. 0,02prozentigeu) Konzentration verwendet wurden.
Es erübrigt sich, ihn eingehender zu beschreiben, weil er zu dem-
selben Ergebnis führte.
Gegen meine früheren gleichartigen Versuche hatte nun LOEW,
um seine Theorie zu retten, den Einwand erhoben, dass offenbar
meine Algen viel Mg und wenig Ca gespeichert gehabt hätten, dies
ira Zellinnern gespeicherte Mg hätte die von mir in K-salzlösungen
beobachtete Schädigung zur Folge gehabt. Das kann aber, wie ich
früher (4) schon sagte nicht der Grund des Ausfalls meiner Versuche
gewesen sein, denn es wäre dann schlechterdings nicht einzusehen,
warum nicht auch bei Kultur in dest. ^yasser sich dieser im Zell-
innern vermutete Überschuss des Mg über das Ca schädlich be-
merkbar gemacht haben sollte. Gleichwohl prüfte ich den Einwurf
LOEW's experimentell, indem ich meine Algen vor dem Versuch
längere Zeit in einer Mg-freien, sonst vollständigen Nährlösung
züchtete, in welcher sie längere Zeit aushalten. Brachte ich sie
hiernach in die Lösungen 1 bis 5, so starben sie wiederum in 2 bis 5
gleich schnell ab, und zwar etwas schneller, als wenn sie vorher in
dest. Wasser gehalten worden waren.
Also ergab auch dieser Versuch keinen Anhalt für die Richtig-
keit der LOEW'schen Deutung.
Ich wende mich nun dazu, einiges über die Giftwirkung einzelner
Salze mitzuteilen. Zunächst prüfte ich einen von LOEW (11) be-
schriebenen Versuch nach, in welchem eine Yoprozentige MgSO^-
Lösung innerhalb 24 Stunden Spirogyra abgetötet, w^ährend eine
gleich starke KNOg- und KoHPO^-Lösung nicht geschadet hatte. Die
Nachprüfung meinerseits ergab, dass alle drei Lösungen die Algen
innerhalb 12 Stunden abgetötet hatten, ein geringer Gipszusatz hob
die Giftwirkung aller drei Lösungen auf. Woran das abweichende
Ergebnis LOEW's liegt, daran, dass er bei sehr niederer Temperatur
(8°) arbeitete, oder eine andere Art verwendete, vermag ich nicht zu
sagen.
Ein weiterer Versuch, bei welchem die Algen in folgende
Lösungen eingebracht wurden:
KNOs:
K2HPO,:
MgS04 + aq:
CaCl^:
0,1 pCt.
0,1 pCt.
0,01 pCt.
0,1 pCt.
iCaNjäOo:
iCaaP^O,:
rtCaSO^ + aq:
iCaCIa:
0,05 pCt.
0,05 pCfc.
0,05 pCt.
0,05 pCt.
lässt die* Wirkung derselben Lösungen bei stärkerer Verdünnung er-
kennen: Nach 36 Stunden, und ebenso nach mehreren Tagen waren
die Algen in allen Ca-haltigen Lösungen gesund, in allen Ca-freien
über die Giftwirkung verschiedener Salze auf Spirogyra.
327
im Gegensatz dazu bis auf wenige Zellen abgestorben. Am frühesten
trat die Schädigung ein in der MgSO^-Lösung, dann in der K^HPO^-,
endlich auch in der KXOg-Lösung. In der erstgenannten war der
Zellinhalt stärker verquollen, als in den anderen Ca-freien Lösungen.
Diese zwei Versuche zeigen also im Gegensatz zu LOEW's Aus-
führungen, dass sowohl in der MgSO^- als in der KXO3- und
KoHPO^-Lösung Spirogyra schnell abstirbt, falls kein Ca zugegen
ist; bei Verwendung von etwa Y^iPi'ozentigen Lösungen erweisen sich
die drei Salze als annähernd gleich schädlich, bei Verwendung
schwächerer, etwa */,oprozentiger Lösungen sind die MgSO^- etwas
giftiger als die KoHPO^-, diese entschieden giftiger als die KXO3-
Lösungen.
Die bislang beschriebeneu Versuche sind nur als vorläufige
Orientierungsversuche anzusehen, da ein exakter Vergleich der
Wirkung verschiedener Salze natürlich nur bei Verwendung isos-
motischer, nicht aber gewichtsprozentisch gleicher Lösungen möglich
ist; ausserdem muss auch noch die Wirkung des Anions in Betracht
gezogen werden. Die folgenden Versuche, die gleichzeitig Xatrium-
und Eisensalze in die Untersuchung mit einbeziehen, entsprechen
dieser Forderung.
Von den drei isosmotischen Lösungen:
KoSO^: 0,64 pCt., Na,SO,: 0,52 pCt., MgSO, 4-a(j: 1,82 pCt.
tötete die KgSO^- und die MgSO^-Lösung die Zellen schon innerhalb
24 Stunden ab, in dieser war der Zellinhalt stärker verquollen als
in jener.
Auch in der Na. SO^ -Lösung waren die meisten Zellen tot,
immerhin ein kleiner Teil noch lebend. Gipszusatz hob auch hier
wieder die schädliche Wirkung der drei Lösuns-en auf. Dieser
Versuch bestätigt die früheren Angaben, zeigt ferner, dass Na etwas
weniger giftig ist als K.
Der nun folgende Versuch ermöglicht einen Vergleich der
Wirkung derselben drei Salzlösungen bei vier verschiedenen Kon-
zentrationen :
K.,SO^
Ka^SO,
MgSO, + aq
pCt.
pCt.
pCt.
1
2,6
2,1
7,2
2
0,52
0,42
1,45
3
0,10
0,08
0.3
4
0,02
0,016
0,06
328 W. Benecke :
Die stärksten Lösungen der drei Salze (1) hatten alsbald
Plasmolyse bewirkt, und schon nach drei Stunden war Schädigung
und Tod einzelner Zellen zu beobachten. Nach 24 Stunden waren
die Zellen in allen MgSO^-Lösungen tot, nur in MgSO^ 1 waren
ganz vereinzelte plasmolysierte Zellen noch am Leben; offenbar
hatten diese aus unbekannten Gründen sich des Eintritts des Mg-SO^
ins Innere erwehren, und so ihr Leben retten können. Die stärkste
KoSO^-Lösung zeigte ausschliesslich, die zweitstärkste grösstenteils
tote Zellen, in der dritt- und viertstärksten waren die Zellen weniger
geschädigt, zum grossen Teil noch normal. Die stärkste NaoSO^-
Lösung hatte ebenfalls alle Zellen getötet, die anderen aber die
Zellen weniger geschädigt, als die entsprechenden KoSO^ -Lösungen.
Die stärkere Giftigkeit des Mg im Vergleich zum K tritt also
wiederum besonders in den schwächeren Konzentrationen deutlich
hervor, auch die geringere Schädlichkeit des Xa im Vergleich zum
K ist bei Verwendung nicht zu starker Lösungen deutlicher erkennbar.
Parallelkulturen mit CaSO^-Zusatz zeigten gesunde Zellen, nur in der
stärksten MgSO^-Lösung trat der günstige Einfluss des Ca-Zusatzes
nicht sehr deutlich zu Tage; bei der starken Konzentration der
MgSO^-Lösung hatte also das Ca das Mg nur zum Teil zu entgiften
vermocht. In der stärksten KoSO^- und NaoSO^ -Lösung mit Gips-
zusatz waren aber alle Zellen gesund und ihre Plasmolyse zurück-
gegangen. ')
Im Anschlüss an diesen Versuch war nun zu fragen, ob Calcium-
salze auch dann unschädlich sind, wenn sie allein und in Plasmolyse
bewirkender Konzentration auf die Zellen einwirken. Es zeigte sich,
dass in den drei Lösungen:
CaCl: 1,6 pCt., CaN.Oß f 4H,0: 3,4 pCt., CaSO, + 2HoO: 0,25 pCt.,
deren erste und zweite mit den stärksten Lösungen des vorher-
gehenden Versuchs isosmotisch sind, die Zellen mehrere Tage lang
lebendig blieben; die in der CaCL und CaNoOg-Lösung eingetretene
Plasmolyse blieb bestehen. Wenn hierdurch festgestellt ist, dass Ca-
1) Dieser Eückganp^ der Plasmolyse beruht wahrscheinlich auf dem Eiu-
driugfen des Na^- bzw. K2SO4 iu die Zellen. Wie das Ca dabei wirkt, ist voll-
kommen unbekannt, vielleicht lässt sich aber die Beobachtung in Zusammenhang
bringen mit der von Klebs beobachteten Ersclieinung, dass Zucker nur bei
Gegenwart bestimmter Stoffe (Eisenweinstein, KNOP'sche Lösung) in die Konjugaten-
zelle unter Rückgang der Plasmolyse eindringen kann. — Es wäre auch zu unter-
suchen, ob der von JANSE in seinen Studien über Meeresalgen beobachtete Plas-
inolyseausgleich dadurch mit bedingt wurde, dass zur Plasmolyse Lösungen der
Salze iu „Ca-haltigem Dünenwasser"' verwendet wurden. Jedenfalls zeigt der Ausfall
unserer Versuche soviel, dass die günstige "Wirkung des Ca nicht einfach darin
besteht, dass es auf irgend eine Weise das Eindringen der schädlichen Salze ins
Zellinnere verhindert.
über die Giftwirkung verschiedener Salze auf Spirogyra. 329
Salze während mehrerer Tage, in welcher Zeit K-, Na- und Mg-
Salze erheblich schädigen oder abtöten, keinerlei ungünstio-e Wirkun":
^usüben; so wäre doch durch weitere Versuche, die sich über noch
längere Zeiträume erstrecken, erst zu ermttteln, ob sie ebenso un-
schädlich sind, wie nach den Versuchen von KLEBS Rohrzucker oder
andere Nonelektrolyte, und es müsste ferner durch solche Versuche
entschieden werden, ob Zucht in schwachen Ca-salzlösungen bessere
Resultate ermöglicht als Zucht in dest. Wasser, wie das seit BOEHM
für Keimlinge höherer Pflanzen bekannt ist.
Wir werfen noch einen Blick auf die Wirkung von Eisensalzen,
deren Giftwirkung auf Spirogijra schon LOEW (1) beschreibt, ohne
zu untersuchen, ob auch hier Calciumsalze entgiftend wirken. Ich
brachte Fäden der Alge in 0,01 prozentige und 0,05 prozentige
Lösungen von Ferrosulfat, mit oder ohne CaSO^- Zusatz. Nach
24 Stunden waren in den Ca- freien Lösungen alle Zellen unter
Blaufärbung des Inhalts abgetötet, in den Ca-haltigen Fe-Lösungen
waren zwar nicht alle, aber doch viele Zellen am Leben geblieben;
im Gegensatz zu den abgestorbenen zeigte ihr Inhalt keine Gerb-
stoffreaktion. Somit war das Ergebnis eine zwar deutliche, aber
nicht durchgreifende Entgiftung des Fe durch Ca. ^)
Um nun noch die Beteiligung des Anions^) an der Giftwirkung
der Salze zu studieren, wurde zunächst die Wirkung folgender isos-
motischer Lösungen untersucht (s. obenstehende Tabelle auf S. 330).
Nach 30 Stunden waren die Zellen in allen Mg- und K-Salz-
lösungen tot, die starke Giftwirkung der Kationen hatte hier offenbar
etwaige Unterschiede in der AA^irkung der Anionen verschleiert. Von
den Na-Salzlösungeu zeigte aber nur die Nag SO^- Lösung geschädigte
Zellen, in der NaCl-Lösung waren alle Zellen so gesund, als in den
mit CaS04 angesetzten Parallellösungen. Nach den in der Literatur
vorliegenden Angaben (vgl. weiter unten KLEBS und TRUE) wäre es
1) Die Beobachtung, dass die ungeschädigten Zollen im Gegensatz zu den ge-
schädigten keine Gerbstoffreaktion im Zellsaft zeigten, scheint darauf hinzudeuten,
dass in diesem Fall das Ca dem Fe den Eintritt ins Zellinnere verwehrte. Aus dem
vorher beschriebenen Versuch (vgl. Anm. auf vor, S.), in dem K2SO4 bzw. NboSO^ und
CaS04 gemeinsam auf die Zellen einwirkte, konnte mit grosser Wahrscheinlichkeit
geschlossen werden, dass Ca die Alge gegen K und Na auch schützt, ohne diesen
den Eintritt ins Zellinnere zu verwehren. — Hier müssen weitere Versuche ein-
setzen, um das Wesen der Gift- und Schutzwirkung zu erklären und zu ermitteln,
ob der Schutz des Ca gegen Fe einer-, Alkalien andererseits ein wesensgleicher
Vorgang ist. Es sei daran erinnert, dass in der zoologischen Literatur die Frage,
inwieweit die Salzwirkung eine Innen- und inwieweit sie eine Aussenwii-kung ist,
eine grosse Rolle spielt. Vgl. Herbst, ferner Hoeber S. 259 und 301.
2) Die Beobachtung WOLEG. OST WALDS, dass Mg im Verein mit SO4 der
Giftwirkung von NaCl auf Gammarus entgegenarbeitet, im Verein mit Cl dieselbe
aber verstärkt, verdient in diesem Zusammenhang erwähnt zu werden.
330
W. Benecke :
KN03:
0,25 pCt.
—
—
KCl:
NaCl:
MgClalGH^O:
0,1''^ pCt.
0,14 pCt.
0,38 pCt.
K2SO,:
^32804.-
MgSO^+THaO:
0,33 pCt.
0,27 pCt.
0,9 pCt.
K^HPO,:
—
—
0,33 pCt.
—
—
falsch, daraus auf eine vollkommene Unschädlichkeit des Kochsalzes
zu schliesseu, nur soviel kann gesagt werden, dass Kochsalz weniger
schädlich als Natriumsulfat, d. h. das Ion Cl weniger schädlich als
das Ion SO4 ist. KNO3 hatte dieselbe Wirkung wie KoSOj^; d. h.
die Anionen der Schwefel- und Salpetersäure sind annähernd gleich
giftig.
Zum selben Resultat führte folg-ender Versuch:
KN03:
NaNOg:
MgN^Oe + ßHoO:
CaNs06+4H20:
0,25 pCt.
0,21 pCt.
0,48 pCt.
0,45 pCt.
KCl:
NaCl:
MgCla-fGH/J:
CaCl,:
0,18 pCt.
0,14 pCt.
0,38 pCt.
0,21 pCt.
K2SO4:
—
—
—
0,83 pCt.
—
—
—
K2HPO4:
Na^HPO^f I2H2O:
—
—
0,33 pCt.
0,68 p Ct.
—
—
Nach 18 Stunden waren ungeschädigt nur die Algen in den
NaCl- und in den CaCL- bzw. CaNoOg-Lösungeu, alle anderen
wiesen Schädigung auf. Doch war hier, offenbar infolge der etwas
kürzeren Yersuchsdauer, zu erkennen, dass KCl weniger als KgSO^
geschadet hatte, was also wiederum auf die geringere Giftigkeit des
Cl im Vergleich zu SO^ hinweist. NO3 erwies sich wieder
als etwa ebenso schädlich wie SO^. Die NaNOg- Lösung hatte ihre
Zellen ungefähr ebenso stark geschädigt als die KCl-Lösung, es
hatte also, wie zu erwarten war, die Kombination des stärker giftigen
Anions NO3 mit dem weniger giftigen Kation Na ungefähr die gleiche
Wirkuno- entfaltet wie die Kombination des schwächer «iftigen
Anions Cl mit dem stärker giftigen Kation K. Die beiden Phosphat-
über die Giftwirkmig verschiedener Salze auf Spirogyra. 331
lösuugeii hatten eine recht erhebliche Giftwirkung ausgeübt, doch sind
diese Wirkungen mit den anderen wegen der von der neutralen
stark abweichenden Reaktion dieser I^ösungen nicht streng ver-
gleichbar. Die starke Giftigkeit der Kombination KNOg-j-KoHPO^,
die oben geschildert wurde, ist aber jedenfalls zum grösseren Teil
auf Rechnung des Phosphates zu setzen. —
Wir fassen unsere Versuchsergebnisse folgendermassen
zusammen: Während Spirogyren, wie bekannt, in ge-
eigneten vollständigen Mineralsalznährlösungen üppig
gedeihen, sind sie gegen die einzelnen Komponenten der-
selben, ausser gegen die Calciumsalze, auffallend empfind-
lich. Die Chloride, Nitrate, Sulfate und Phosphate des
Xatriums, Kaliums, Magnesiums, Eisens sind mehr oder
minder giftig, und zwar sind von den genannten Kationen
Fe und Mg giftiger als K, dieses giftiger als Na; von den
genannten Anionen sind die Phosphat-, Sulfat- und Nitrat-
Anionen giftiger als das Anion Gl. Die Giftigkeit aller
dieser Ionen, Anionen sowohl als Kationen, kann durch
Beigabe des Ions Ca aufgehoben oder doch vermindert
werden.
Wenn hiernach dem Ion Ca eine Sonderstellung zukommt, so ist
zu bemerken, dass nach Angaben von MOLISCH u. A. zweifellos auch
dem Ba und Sr eine älmliche Schutzwirkung zukommen dürfte.
Falls genauere Untersuchungen das bestätigen, könnte man sagen,
dass Ba und Sr das Ca zwar in seiner schützenden, aber nicht in
seiner ernährenden Funktion vertreten könnte; denn ein Ersatz des
Ca durch Ba oder Sr in Nährlösungen ist bekanntlich unmöglich.
Auch J. LOEB schlägt neuerdings, veranlasst durch eine Kritik von
Herbst, vor, die Funktion der für die Lebensvorgänge unentbehr-
lichen Mineral-Ionen in eine schützende und eine ernährende zu
zergliedern; vorläufig handelt es sich dabei bloss um eine Um-
schreibung, nicht Erklärung der Yersuchsergebnisse, denn weder das
Wesen der Schutzfunktion ist bekannt, noch kann etwas Sicheres
ausgesagt werden darüber, wie das Ca, Mg, K usw. in die Ernährung
und Zellvermehrung eingreift.
Wir werfen nun noch einen Blick auf die Literatur, soweit sie
sich mit uusern Versuchsergebuisseu berührt.^) Dass Salze, die
liäufig als harmlos betrachtet werden, tatsächlich schwache Gifte sind
(vgl. Pfeffer S. 330), ist in der Algenphysiologie bekannt, seitdem
1) Wobei die Frage von der Kalkfeindlichlveit bestimmter Pllanzen nicht
behandelt werden soll.
Ber. der deutschen Bot. Gesellsch- XXV. 23
332 ^V. Benecke :
Klebs lehrte, dass plasmolysiereiide Lösuiigeu von KNO3 und NaCl
iiiclit bloss durch Wasserentzug, sondern auch durch spezifische
Eigenschaften schädigen und nachwies, dass ausgetretenes Vaucheria-
Plasma, welches sich in Lösungen yon schwachem osmotischem Druck
(verdünnten Rohrzuckerlösungen) w^ohler befindet, als in destilliertem
Wasser, trotzdem durch verdünnte Lösungen von KNOg und NaCl
stärker geschädigt wird, als durch destilliertes Wasser. Später zeigte
TßUE, dass Lösungen der genannten Salze fast gar nicht durch
osmotische Leistung, sondern beinahe nur durch spezifische Eigen-
schaften schädigen; er fand w^eiter, dass für Spirogijra NaCl weniger
schädlich als KNO3 ist, was durch unsere Untersuchungen bestätigt
wurde. Auf andere Pflanzen näher einzugehen, würde zu weit führen,
es muss genügen, daran zu erinnern, dass A. FISCHER nachwies, dass
für den Heubazilkis die Grenzkonzentrationen verschiedener Alkali-
salze nicht isosmotisch sind, was eine verschieden starke Gnftigkeit
anzeigt; wichtig wäre es festzustellen, ob auch bei Bakterien, die
kein Ca zum Aufbau der Zellen nötig haben, trotzdem das Ion Ca
schützende Wirkungen entfalten könnte. Betreffs der LTntersuchungen
an höheren Pflanzen sei auf die Arbeiten von BOEHM, PORTHEOI,
STIEHR, CöUPIN und die dort verzeichnete Literatur verwiesen, nur
kurz erinnere ich endlich an die Angaben von LiDFORSS über die
uno-leich starke Giftigkeit verschiedener Salze auf Pollenschläuche
verschiedener Pflanzen. In den ebeno-enannten Arbeiten ist von
Entoiftung schädlicher Salze durch andere Salze oder Stoffe nicht
die Rede. ^) Eine derartige Entgiftung wurde 1875 von BOEHM er-
kannt, welcher fand, dass Bohnen, deren Wurzeln in Ca-Salzlösungen
tauchen, gut gedeihen und ihre Reservestoffe mobilisieren, was bei
Kultur in destilliertem Wasser nicht geschieht, dass aber andere Salze,
z. B. die Sulfate und Phosphate des K, Na, Mg schädlicher sind, als
destilliertes Wasser. Die Giftwdrkung der Magnesia konnte Boeh:\[
durch CaCOg, die der genannten Alkalisalze durch Kombination mit
CaR.O^ oder CaSO^ aufheben. Arbeiten, die sich hier anschliessen,
beschäftigen sich vorwieo-end mit der giftioen Wirkung von Ms;-
Salzen und deren Ento-iftunii' durch Ca. Hatten schon vor BOEH^I
W. Wolf und H. Wolff die Mg-Salze als besonders giftig für
viele höhere Pflanzen erkannt, so bestätigte LiEBENBERG später
diese Angaben; er fand, dass MgSO^-Lösungen auf viele Pflanzen
1) Abgesehen von der Bemerkung von LlDFORSS, dass Rohrzucker die Giftig-
keit der Mineralsalze für Pollenschläuchc herabsetzt. Nebenbei bemerkt, legt diese
Beobachtung nahe, zu untersuchpn, ob auch die Giftwirkung der Salze auf Spiroi/yra
durch Nonelektrolyte bccinflusst wird. Dass Ca in seiner Schutzfunktion nicht
durch Zucker oder Glyzerin vertreten werden kann, erkannte allerdings schon LOEW (1).
(Vgl. auch Benecke (1)).
über die Giftwirkimg verschiedener Salze auf Spirojryra. 383
ebenso giftij^' wirken, als Ca-freie Nährlösungen, dass KNOg und
K.IIPO^ weniger giftig sind und korrigierte auch die Angabe von
BOEHM, dass CaClo nicht jene günstige Wirkung wie andere Ca-Salze
"entfalte; dies stimmt mit unsern Resultaten an Spirogyra überein.
Raumer fand ebenfalls, dass für Bohnen Ca-freie Salzlösungen
schädlicher sind, als destilliertes Wasser und dass deren schädlichste
Komponente die Mg-Salze sind; immerhin starben auch bei gleich-
zeitigem Mangel an Ca und Mg die Pflanzen unter typischen
Symptomen des Ca-Mangels (vgl. PORTHEIM), nur etwas verspätet,
ab. ATTERBERG fand, dass die Giftwirkung grösserer Mengen von
MgO auf Hafer, der in Moorböden kultiviert wird, durch CaO ge-
mindert wird; über ganz ähnliche Resultate auch bei Verwendung
anderer Böden (Sandböden) berichtet ULBRICHT; hier findet sich
auch die Angabe, dass Hafer gegen Mg weniger widerstandsfähig ist,
als Gerste und dass die Entgiftung von MgO durch CaO sich deutlich
beim Hafer, weniger beim Mais bemerklich mache. Während diese
Arbeiten wesentlich von praktischen Gesiclitsj)uukten geleitet werden,
treffen wir in Versuchen SCHIMKIN's, über die RüTHERT berichtet,
einschlägige Mitteilungen, die dem Boden der reinen Pflanzen-
physiologie entsprungen sind: Die Giftwirkung der AI-Salze wird
nach den russischen Forschern durch die Salze der KNOP'schen
Lösung, auch durch K-Salze, aufgehoben und ROTHERT weist aus-
drücklich darauf hin, dass hierbei eine schützende, nicht etwa eine
ernährende Funktion der genannten Salze vorliegt. Ob aus den
Versuchen MiCHEELS, in denen Pflanzen in NaCl-Lösungen mit und
ohne Gipszusatz gezüchtet wurden, eine Entgiftung des Na durch Ca
oder bloss ein fördernder Einfluss des Ca (BOEHM) hervorgeht, kann
ich nicht entscheiden.')
Besonders wichtig für uns sind die neuerdings erschienenen
Arbeiten von OSTERHüUT und DUGGAR. Ersterer fand, dass Lösungen
der einzelnen Seewassersalze den 3Ieeresalgen schädlich sind, dass
diese Schädigung durch gleichzeitige Darbietung eines oder mehrerer
anderer Salze mehr oder minder herabgesetzt werden kann. Als
ein Idealmedium empfiehlt er die Kombination NaCl -}- KCl -f" CaCL
(wobei es hauptsächlich auf die Kationen ankommt), d. h. dasselbe
„Dreigespann", welches nach RINGER und LOCKE (vgl. HOEBER
S. 282) als Medium für isolierte Frosch- und Säugetierorgane am
empfehlenswertesten ist. Auch DUGGAR konnte durch geeignete
Versuchsanstellung nachweisen, dass das NaCl auf Meeresalgen giftig
wirken und durch andere Salze entgiftet werden kann. OSTERHOUT's
Resultate unterscheiden sich von den unsrigen, an Spirogyra er-
1) Auf die Angabe von Galeotti, dass die Giftwirkung colloidaler C'u-Lösung
auf Spirogyra durch NaCl vormindert wird, sei liior nur kurz hingewiesen.
23*
334 W. Benecke :
haltenen wesentlich dadurch, dass wir dem Ca (ßa, Sr) eine Sonder-
stellung gegenüber den andern Salzen zuschreiben nmssten, während
nach OSTERHOUT jedes Salz des Seewassers durch jedes andere in
seiner Wirkung mehr oder minder abgeschwächt wird; er kommt so,
wie vor ihm LOEB, zum Begriff der „physiologically balanced
Solutions", d. h. Lösungen mehrerer Salze, denen die Giftwirkung
abgeht, welche der Lösung jedes einzelnen Salzes innewohnt. Dass
hier ein prinzipieller Gegensatz im Verhalten der See- und Süss-
wasseralgen vorliegt, ist nicht wahrscheinlich, ich halte vielmehr
dafür, dass bei Fortführung meiner *Sp?Vo^^ra -Versuche, Ausdehnung
über längere Zeiträume, sich auch an Spirogyra ähnliches wird nach-
weisen lassen, wie an den Meeresalgen. Vielleicht würden Kultur-
versuche in sehr verdünnten, vollständigen Nährlösungen (Boden-
extrakten, ausgefaultem Erbsenwasser nach KlebS o. ä.) unter Bei-
fügung verschiedener Salze und Salzkombinationen und genauer
Beachtung der gegenseitigen Mengenverhältnisse zum Ziel führen.
Übrigens erwähnt OSTERHOUT selbst, dass er bei Süsswasseralgeu
zu ganz analogen Ergebnissen gelangt sei, wie bei Versuchen mit
Meeresalgen.
Während der eben referierte botanische Literaturbestand über
die Entgiftung von Salzen durch andere Salze ein recht kleiner ist,
liegen darüber von Seiten der Zoologen, zumal dank den Bemühungen
von J. LOEB, schon eine recht grosse Summe von Arbeiten und Er-
fahrungen vor, von denen einige wenige schon oben erwähnt wurden,
und welche in ausführlicher Weise von HOEBER zu einem Gesamt-
bild verarbeitet worden sind, worauf hier verwiesen sei. Die in diesen
zoologischen Studien behandelten Salzlösungen sind meistens solche,
welche die Lebenstätigkeit der erwachsenen Zellen und Organe oder
den Ablauf bestimmter Entwicklungsvorgänge auf Kosten der in den
Versuchsobjekten gespeicherten Reservestoffe ermöglichen und unter-
scheiden sich somit wesentlich von den „Nährlösungen" der Botaniker,
welche Lösungen die zum Wachstum und zur Vermehrung der Zellen
nötigen Mineralstoffe führen. Wenn HOEBER schreibt, dass mit den
Untersuchungen von RINGER und LOCKE und andern Zoophysiologen
ein „überaus natürlicher Anschluss der Erfahrungen der Tierphysio-
logen an die der Pflanzenphysiologen gewonnen sei"^, so möchte ich
eher sagen, dass dieser Anschluss erst hergestellt werden muss, da-
durch, dass sich zoologische Forscher (wie es z. B. schon HebbST getan
hat) mehr der bei Botanikern üblichen Fragestellungen bedienen,
und umgekehrt eine grössere Zahl von Botanikern, OSTERHOUT's
Beispiel nachahmend, den bisher hauptsächlich von Zoologen be-
tretenen Weg beim Studium der Salzwirkungen wandeln. Jedenfalls
bin ich aber mit HOEBER der Meinung, dass der weitere Ausbau
des in Rede stehenden Forschungsgebietes erlauben wird, neue
über die Giftwirkunp verschiedener Salze auf Spirogyra. 335
Brücken zwisclion Tier- und Pflanzenpliysiologie zu schlagen und
glaube, dass Parallelen zu ziehen sind zwischen unsern Spirogyra-
Versuchen und den Erfahrungen der Zoologen, z. B. LOEBS über die
Entgiftung des Na durch Ca oder andere Ionen/)
Über das Wesen der Giftwirkung von Neutralsalzen und ihre
Entuiftunu durch andere weiss man nichts; es sei darum zum Schluss
nur in aller Kürze daran erinnert, in welcher Richtung sich die
augenblicklich vorliegenden Erklärungsversuche bewegen: PFEFFER
sagt, dass es sich vielleicht in manchen Fällen um die Folge einer
Massenw^rkung handle, indem z. B. durch die Verdrängung des K
oder Ca die Konstitution des Protoplasten verändert und der Tod
herbeigeführt wird. Der Vorkämpfer dieser 3Ieinung, die also mit
einer organischen Bindung bestimmter, in Nährsalzform gebotener
Grundstoffe rechnet, auf zoologischem Gebiet ist LOEB und auf dem-
selben Boden bewegt sich auch die eingangs erwähnte Erklärung,
die O. LOEW für die Giftigkeit des Mg und seine Entgiftung durch
Ca gegeben hat. Diese könnte hiernach im Prinzip zutreffend sein,
immerhin niüsste LOEW seine Ansicht ändern, dass nur das Mg,
nicht auch das K oder Na solche Giftwirkung ausüben könne, und
ferner ganz absehen von jenen hypothetischen, gänzlich unfassbaren
Grundsubstanzen der Kerne und Chloroplasten. Die besagte Er-
klärung kann aber nicht für alle Fälle ausreichen, denn die oben
erwiesene Ent^iftunti" bestimmter Anionen durch das Kation Ca lässt
sich nicht einfach durch eine derartige Wechselwirkung zwischen
Kationen erklären. So ist denn darauf hinzuweisen, dass HOEBER
überhaupt von einer organischen Bindung von Kationen (exkl. Fe) ab-
sehen möchte^), und glaubt, dass die Wirkung von Elektrolyten und
deren Kombinationen ihre Erklärung finden wird durch das Studium der
Beziehungen zwischen Colloiden und Salzen, und darauf hinauslaufen
wird, dass der richtige für die Lebensvorgänge unerlässliche Lösungs-
zustand der CoUoidsubstanzen des Protoplasmas durch Anwesenheit
bestimmter Salze und Salzgemische gewährleistet wird.
1) 0, LOEW (11) ist freilich auch hier anderer Meinung wie ich, und sagt,
jener LOEB'sche Befund sei „ein für Seetiere ganz spezieller Fall und ohne Analogie
hei höheren Land- und den Süsswassertiercn". Dieser Behauptung gegenüber
genügt CS, darauf hinzuweisen, dass die RiNGER-LoCKE'sche Lösung u. a für
Organe von Säugetieren erprobt worden ist, ferner darauf, dass WOLFGr. OSTWALD
für einen SüsswasseryamMarf/.« nachweisen konnte, dass die Giftigkeit des NaCl
durch andere Salze herabgemindert oder ganz aufgehoben werden kann.
2) Übrigens geht HÖBER wohl zu radikal vor, wenn er meint, dass von den
Nährsalzionen nur die Anionen und das Fe am Aufbau des Organismus teilnehmen,
nicht aber K, Mg, Ca, die vielmehr „denselben Rang einnehmen sollen, wie di^'
Kationen in der RiNGER-LoCKE'schen Lösung".
336 W. Benecke : Giftwirkung vei-schiedener Salze auf Spirogyra.
Für die Pflauzeiipliysiologie ist jedenfalls noch nicht die Zeit
der „Erklärung", vielmehr erst der gründlichen experimentellen
Durcharbeitung dieser Fragen angebrochen.
Botanisches Institut, Kiel.
Nachschrift: Eine Arbeit von LoEW und AiSU: „On physio-
logically balanced Solutions" (Bull. coli, of agric. Tokyo, 1!)07. Vol. 7
S. 305), die mir soeben zugeht, während ich im Begriff bin, das
Manuskript abzusenden, ist nicht mehr berücksichtigt worden.
Literatur.
Atterberg, Svensk. Moork. För. Tidsk. 1891. S.121 (cit. nach ULBRICHT (2)).
Benecke, W. (1), Bot. Ztg. 1898, Bd. 56, 1. Abt , S. Sa.
— (2), Pringsb.'s Jahrb. 1898. Bd. 32, S. 474.
— (3), Bot. Ztg. 1903. Bd. 61, 1. Abt., S. 79. ■
— (4), Ebenda. 1904. Bd. 62, 2. Abt, S. 113.
BOEHM, J., Ber. d. Wien. Akad., math.-nat. Kl. 1875. Bd. 71, 1, S. 287.
COUPIN, H., Rev. gen. d. Bot. 1898. Bd. 10, S. 177.
Czapek, F., Biochemie der Pflanzen, 2. Bd. Jena 1905.
DUGGAR, M. B., Trans, of tlie ac. of sc, of St. Louis 1906. Vol. 16, p. 473.
Fischer, A , Pringsh 's Jahrb. 1895. Bd. 27, S. 1.
Galeotti, G., Biolog. Centralblatt 1901. Bd. 21, S. 321,
Herbst, C, Arch. f. Entwicklungsmedian. 1904. Bd. 17, S. 306.
Hoeber, R., Physikal. Chem. d. Zelle und d. Gewebe. 2. Aufl. Leipzig 1906.
Janse, J. M., Bot. Ceutralb. 1887. Bd. 32, S. 21.
Kirchner, Cohn's Krjptogamenflora von Schien. Bd. 2, Abt. 1. Breslau 1878.
Klebs, G., Tübinger Untersuchungen, Bd. 2. 1888. S. 542.
LiDFORSS, B., Pringsb.'s Jahrb. 1896. Bd. 29, S. 36.
V, Liebenberg, A. Ritt., Sitzungsber. der Wien. Akad,, math.-nat. Kl. 1881.
Bd. 84, S. 434.
LOEB, J., Pflüg. Arch. 1905. Bd. 107, S. 252.
LOEW, 0. (1), Flora 1892. Bd. 75, S, 368.
— (2), Bot, Centralb. 1895. Bd. 63, S. 168.
— (3), Ebenda, 1895. Bd. 64. S. 434.
— (4), Landwirtsch. Jahrb. 1902. Bd. 31, S. 561.
— (5), Flora 1903. Bd. 92, S. 489.
— (6), Landwirtsch. Jahrb. 1903,
— (7), Ebenda 1904. Bd. 33, S. 163.
— (8), Flora 1905. Bd. 94, S. 330.
— (9), Landwirtsch. Jahrb. 1905. Bd. 34, S. 131.
— (10), Ebenda 1906. Bd. 35, H. 527,
— (11), Bull, of the coli, of Agric. Tokyo 1906. Vol. 7, p, 7.
MiCHEELS, IL, Compt. rend. de l'ac. des sciences. Paris, 28. 11. 06.
W. Magnus und H. Friedenthal: Über die Artspecificität der Pflanzcnzelle. 337
Molisch, H., Sitzuugsber. d. Wien. Ak., math.-uat. Kl. 1895. Bd. 104, 1, S. 781.
ÜSTERHOUT, W. J. W., Bot. Gaz. IHOG. Vol. 42, p. 127.
Ostwald, VVolfg., PÜüg. Arch. 1905. B. 106, S. 568.
Pfeffer, VV , Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., Bd. 2. Leipzig 1904.
V. Portheim, L. Ritt., Sitzmigsber. d. Wien. Ak., math.-nat. Kl. 1901. Bd. llo, 1,
S. 113.
— und SameC, Flora 1905. Bd. 94, S. 263.
V. Raumer, E., Landw. Versuchsstat. 1883. Bd. 29, S. 253.
ROTHERT, W., Bot. Ztg. 1906. Bd. 64, 1. Abt., S. 43.
Stiehr, G., Inaug.-Diss. KlEL. 1903.
True, R. H., Bot. Gaz. 1898. Bd. 26, S. 407.
Ulbricht (l). Das landw. Versuchswesen in Preusseu. 1892, S. 48. 189:5, S. 43.
1894, S. 51. 1895, S. 124.
— (2), Die landw. Versuchsstat. 1899. Bd. 52, S. 383.
Wolf, W., Landw. Versuchsstat. 186 1. Bd. 6, S. 268 (zit. nach BÖHM).
WOLFF, H., Landw. Versuchsstat. 1868. Bd. 10, S. 3(57 (cit. nach PoRTHElM
u. Samec).
48. Werner Magnus und Hans Friedenthai: Über die
Artspecificität der Pfianzenzelle.
Eingegangen am 25. Juni 1907.
In unseren frühereu Mitteilungen über die Verwertbarkeit der
Präcipitinreaktion zur Aufdeckung verwandtschaftlicher Beziehungen
bei Pflanzen*) waren wir stillschweigend von der Yermutung aus-
gegangen, dass alle Pflanzenteile bezw. -zellen sich bei dieser
Reaktion gleichwertig erweisen müssten Wir glaubten dies be-
sonders daraus folgern zu dürfen, dass einer von uns gezeigt hatte, ^)
dass während der ganzen Enibryonalentwicklung eines Tieres seine
Organsäfte stets gleiche Reaktionen ergeben. — Dennoch dürfte der
experimentelle Nachweis der Gleichartigkeit der präcipitingebenden
Substanzen für alle Zellen einer Pflanzenart nicht überflüssig sein.
Denn es hat bisher keine sichere Entscheidung darüber getroffen
werden können, ob verschiedene künstlich isolierte Eiweisssubstanzen
1) Diese Berichte, Bd. XXIV, S. 601 ff , und dieser Band, S. 242.
2) Hans Friedenthal, Archiv für Anat. und Phys., Phys. Abt., 1905.
338 Werner Magnus und Hans Friedenthal:
einer Tierart, z. B. die verschiedenen aus der Serumtiüssigkeit
isolierten Globuline und Albumine verschiedenartige Präcipitin-
reaktion gäben oder nicht. So wäre es denkbar, dass auch ver-
schieden geartetes Eiweiss der einzelnen Pflanzenorgane sich bei
der Yerwandtschaftsreaktiou verschiedenartig verhielte. Anderer-
seits Hesse der experimentelle Nachweis einer Übereinstimmung der
Reaktion verschiedenartiger Zellelemente einer Pflanze darauf
schliessen, dass nicht sowohl die Anwesenheit dieses oder jenes
EiweissstofPes von Bedeutung sei, als vielmehr bisher noch un-
bekannte Faktoren für die Artspecificität der Zelle. —
Als Untersuchungsmaterial diente Roggen {Seeale cereale). Zur
Vorbehandlung zweier Kaninchen wurden die Kochsalzextrakte
(0,9 pCt. Na Gl) geschroteter Samen und ausgestäubter zerriebener
Pollen, als Repräsentant der geschlechtlichen Generation, ver-
wendet. Geprobt w^urde mit diesen Säften, mit den Presssäften von
Wurzeln und Sprossen zehntägiger Keimpflanzen, und da letztere
nur Spuren von Eiweiss enthielten, zur Ergänzung mit in physio-
logischer Kochsalzlösung zerriebenen Wurzeln und Blättern. Eine
Probe wurde auch mit etwa 2 Monate auf Fliesspapi(h* ein-
getrocknetem Samenextrakt gemacht.^) Zur Kontrolle diente ein
nicht' vorbehandeltes Tier und 0,9 pCt Kochsalzlösung. Auch
Kochsalzextrakte der Samen nahe verwandter Pflanzen (Weizen
und Gerste) und nicht nahe verwandter Gramineen CHafer) wurden
geprobt. — Die durch Reicheltilter filtrierten Sera waren wasser-
klar, ebenso alle zur Reaktion dienenden Säfte, die teilweise gleich-
falls durch Reichelfilter filtriert waren.
Aus der Tabelle ist deutlich ersichtlich, dass alle verschieden-
artigen zur Untersuchung verwendeten Organe des Roggens (Same,
Wurzel, Spross und Pollen) wirksam sind, nach Vorbehandlung so-
wohl mit Samen als mit Pollen, dass also die Artspecificität der
Zellen und ihre Gleichwertigkeit für die Verwandtschafts-
reaktionen der Pflanzen als erwiesen betrachtet werden
kann. — Die quantitativen üntersciiiede erklären sich voraussicht-
lich aus dem Grade der Immunisierung, die bei dem Samentier so-
wohl in der Dauer der Behandlung, als der Summe der injizierten
Substanzen ungleich höher ist. Das schwach immunisierte Pollen-
tier lässt keine Reaktion mehr erkennen bei Zusatz nur eines
Tropfens des nur sehr wenig Eiweiss enthaltenden Presssaftes der
Wurzeln und des Sprosses. Bei Zusatz grösserer Mengen etwas
eiweissreicheren Kochsalzextraktes tritt auch hier deutliche Reaktion
ein. Die geringe Immunisierung bekundet sich auch durch das
1) Vsl. S. 24().
über die Artsiiecificität der Pflanzenzellc.
339
^
Roggen-
samen-
immunserum
1
Roggen- 1
pollen-
iramunserum
KontroU-
seriim
0,9 NaCl
Dauer der Behandlung. .
42 Tage
16 Tage
Summe d. injizierten Saftes
(alkalisch gemacht) . .
130 ccm
2,5 g in
50 ccm
Anzahl der Injektioneu .
fünfmal
dreimal
'2 ccm Serum + 0,0'2 ccm
Roggensamenextrakt .
sehr starker
Niederschlag
deutliche
Trübung
wasserklar
wasserklar
2 ccm Serum + 0,02 ccm
Fliesspapierextrakt') .
deutliche
Trübung-
wasserklar
do.
do.
2 ccm Serum + 0,02 ccm
Roggenpollenextrakt .
leichte, aber
sichere
Trübung
deutliche
Trübung
do.
do.
2 ccm Serum + 2 ccm
Roggcnpollenextrakt .
sehr starker
Niederschlag
selir starker
Niederschlag
do.
do.
2 ccm Serum + 0,02 ccm
Roggenwurzelpresssaft
leiclite, aber
sichere
Trübung
wasserklar
do.
du.
2 ccm Serum \- 2 ccm
Roggenwurzelextrakt .
deutliche
Trübung
do.
do.
2 ccm Serum + 0.02 ccm
Roggensprosspresssaft .
leichte, aber
sichere
Trübung
wasserklar
do.
do.
2 ccm Serum + 2 ccm
Roggensprossextrakt .
2 ccm Serum + 0,02 ccm
Woizensamenextrakt .
sehr
deutliche
Trübung
deutliche
Trübung
wasserklar
do.
do.
do.
do.
2 ccm Serum + 0,02 ccm
Gerstensamen extrakt .
do.
do.
do.
do.
2 ccm Serum + 0,02 ccm
Hafersamenextrakt . .
wasserklar
do.
do.
do.
Ausbleiben der Reaktion bei der verwandten Gerste und dem
Weizen.
So lange die Niederschläge hervorrufenden Substanzen un-
bekannt, ist es nicht angängig, aus den quantitativen Unterschieden,
wie sie sich in obigem Versuch ergaben, Folgerungen zu ziehen,
1) Siehe oben!
23"
340 P- MAGNUS: Nachschrift.
insbesondere ob sich vielleicht hierin doch einzelne Zellgruppen
unterscheiden lassen. Dies müssen weitere Untersuchungen ergeben,
die jedoch die Artspecificität der Zellen nicht mehr in Zweifel
stellen können. —
Privatlaboratorium von HANS FßlEDENTHAL, Nicolassee bei
Berlin und Botanisches Institut der Königl. landwirtschaftlichen
Hochschule zu Berlin.
49. P. Magnus: Nachschrift zu meinem Beitrag zur
morphologischen Unterscheidung einiger Uromyces-Arten der
Papilionaceen, S. 250—255 d. Jahrg. d. Berichte.
Einocgaiigen am 29. Juni 1907.
In der am 25. Juni 1907 angegebenen Nr. 25 des Bd. 104 des
Botanischen Centralblattes sehe ich soeben aus dem Berichte von
MATOUSCHEK, dass F. BUBÄK: Houby Ceske. Dil 1. Bezy (Uredinales)
1906 in tschechischer Sprache in Prag erschienen ist. Er ist mir
bisher nicht zu Gesicht gekommen. Ich entnehme dem MaTOUSCHEK-
schen Berichte, dass BUBAK für den auf Astragalus gli/ci/phyllos und
anderen Astragalus - Arten auftretenden Uromyces, den JOEDI als
Uromijces Euphorhiae Astragali Jordi bezeichnet, wahrscheinlich mit
vollem Rechte den Namen Uromyces Astragali (Opiz) festhält. JORDI
hat mit diesem letzteren Namen bezeichnet den Uromyces auf
Astragalus e.vscapus^ den er namentlich auf Grund der von ihm fest-
gestellten abweichenden biologischen Entwicklung, von dem Uromyces
auf Astragalus glyryiphyllos u. a. als eigene Art abgetrennt hat.
Diesem auf Astragalus e.vscapus auftretenden Uromyces hat daher
BUBAK einen anderen Namen gegeben und ihn Uromyces Jordianus
Bubak genannt.
Ich muss daher leider den Namen des auf S. 252—253 dieses
Jahrgangs als neue Art aufgestellten Uromyces Jordianus P. Magn.
auf Vicia Cracca, einer Uromyces- Axt aus der A^erwandtschaft des
Uromyces Pisi (Pers.) De By., umändern. Ich nenne ihn Uromyces
Fischeri Eduardi P. Magn. zu Ehren des um die Kenntnis der Ent-
wicklung der Uredineen und um die Erforschung der Schweizer
Pilzflora so hochverdienten Herrn Professors EDUARD FISCHER in
Bern.
Sitzung vom 2G. Juli 1907. 34I
Sitzung vom 26. Juli 1907.
Vorsitzender: Herr L. KNY.
Der Vorsitzende macht der Gesellschaft die Mitteilung, dass ihr
Ehrenmitglied, Sir Joseph Hooker am 30. Juni die 90. Wiederkehr
seines Geburtstages feiern konnte. Der Vorstand hat den Jubilar
zu diesem seltenen Feste telegranhisch beglückwünscht und einen
telegraphischen Dank dafür erhalten.
Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen die Herren:
Fries, Dr. Robert EL, in Stockholm, Riksmuseum (durch P. DUSEN und
P. Magnus)
Wollenweber, Cand. phil. Wilhelm, Pflanzenphysiologisches Institut der
Universität Berlin (durch L. Kny und W. MAGNUS).
Lakon, Dr. G., Botanisches Institut, Athen (durch FR. Oltmanns und
H. Kniep).
Cuboni, Dr. Giuseppe, Professor der Botanik und Direktor der Stazione
di Patologia vegetale in Rom, Via St. Susanna (durch G. LOPßlORE
und L. Kny).
Gatin, C. L., Docteur es söiences, Preparateur de botanique a la
Sorbonne, 15 rue La Boissiere, Fontenay aux Roses (Seine)
(durch F. G. KOHL und L. DiELS).
Zu ordentlichen Mitgliedern sind proklamiert die Herren:
Engler, Victor, cand. rer. nat. in Breslau (Botanischer Garten),
Iwanowski, Dr. Dimitri, Professor in Warschau, Universität.
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV. 24
342 Albert B. Reagan:
Mitteilunoen.
50. Albert B. Reagan; Beobachtungen aus der Flora der
Rosebud-Indian-Reservation in South-Dakota.
Eingegangen am 6. Juni 1907.
Die Rosebud - lucUaii - Reservation ist in South - Dakota südlich
vom Big-White-Fhiss gelegen, und dehnt sich ungefähr von der
Mitte der Südgrenze des Staates östlich bis an die Rosebud-Lands
aus, die zur Niederlassung im Jahre 1904 eröffnet wurden. Sie ist
gegen Norden von dem Big - White - Fluss, gegen Osten von der
Gregory-County — dem Lande, dass zur Niederlassung eröffnet
wurde, gegen Süden von Nebraska und gegen Westen von der Pine-
Ridge-Indian-Reservation begrenzt. Nachstehend sind einige Pflanzen
dieses Gebietes aufgezählt.
Ranunculaceae.
Anemone carolinana Walt. Häufig.
Delphinium azureum Michx. Larkspur. Gemein.
Caltha palustris Linn. Marsh Marigold. Gemein in Niederungen.
Cruciferae.
Brassica arvensis BeNTH. et HOOK. ChARLOCK, Nur ein Exemplar
wurde an der Butte-Creek-Landstrasse, eine Meile östlich von Widow
DiRE's Place gesehen. (Nicht einheimisch.)
Lepidium intermedium Gray. Pepper-grass. An trockenen Orten,
auf Höfen, an Strassenrändern usw.
Camelina sativa Crantz. Falseflax. Gemein.
Violaceae.
Viola cucullata Gray. Gemein in Tälern.
Viola sagittata Ait. Arrow-leaved Yiolet. Gemein an feuchten
Orten (April 6).
Viola delphinifolia. Blue Violet. Gemein (Mai 16}.
Viola rotundifolia Michx. Yellow Yiolet.
Portulacaceae.
I'ortulaca retusa Engelm. Purslane. Diese Species wächst sehr
reichlich auf Dämmen und in bearbeiteten Feldern.
Portulaca pilosu Linn. Gemein, aber nicht so reichlich wie die
vorige Art.
Beobachtungen aus der Flora der Rosebud-Indian-Reservation in South-Dakota. 343
Malcaceae.
Malcastnim coccineum Gray. False Mallow.
Linaceae.
Linum sulcatum Riciell. Auf trockenem Boden; gemein (Juni 1).
Geraniaceae.
Oxalis corniculata Linn. Yellow Wood-Sorrel. Gemein.
Vitaceae
Vitis aesiicalis Miehx. Yellow Grapevine. Var. bicolor, Le Conte.
Saylndaceae.
Negundo aceroidts Moench. Gemein an Bächen.
Anacardiaceae.
Rhus glabra Linn.
Rhus copallina Linn.
Rhus toxicodeiidron Linn. Poisonous Ivy.
Rhus tnlobata Nutt. {Rhus canadensis var. trilobata, Gray.)
Diese vier Rhusspezies sind sehr gemein. Der Rhus toxidodendron
findet sich in Tälern, auch entfernt von den bewaldeten Stellen.
Leguniinosae.
Baptisia leucopliaea Nutt. Falschindigo.
Tephrosia virginiana Pres.
Teplirosia ?
Astragalus caryocarpus Ker. Groundplum. (Mai-Juni).
Astragalus pattensis Nutt. (Mai 14).
Astragalus missouriensuf Nutt.
Astragalus Cooperi Gray. (Mai 14).
Astragalus ?.
Astragalus villosus Michx. (Mai-Juni).
Orobus atropurpureus? (Mai 14).
Psoralea tenuiflora Pursh.
Psoralea argophylea Pursh.
Psoralea esculenta Pursh.
Desmanthus brachglobus Benth. Besonders au etwas feuchten
Orten gefunden.
Schrankia uncinata Willd.
Sehr gemein, in mittlerer Höhenlage.
Rosaceae.
Prunus^ vgl. P. chicasa. Häufig in Gebüschen an Bächen.
Prunus rosebudii Reagan n. sp. Rosebudzwergpflaume.
24*
344 Albert B. Reagan:
Diese Pflauze ist aufrecht oder liegend, wächst einzeln, oder
mehrere Stämme aus einer Wurzel, sechs Zoll bis zu einem Fuss
hoch. Die Blätter sind eiförmig-lanzettlich. Die Blumen stehen zu
zwei bis vier zusammen. Die Frucht ist eirund, beinahe schwarz^
wenn reif; sauer und zusammenziehend von Geschmack. Der
Kern ist gross. Sie W'ird auf den Felsen und auf dem Sandufer
gefunden.
Primus virginiana Linn. Choke cherry. An Ufern; gemein.
Rosa humulis Marsh. Wild Rose.
Allenthalben; sehr veränderlich; die Farbe der Blumenblätter
von Weiss bis Scharlach (Juni 18).
Rosa Woodsii Lindl.
Rosa arkansana Porter.
Rosa rubiginosa L.
Crataegus coccinea, var. macraca7itha, Dudley. Hawthorn. Sehr
selten.
Grossulariaceae.
Ribes oj:yacanthoides Linn. Gooseberry. Nicht gewöhnlich.
Ribes floridum L'Her. Die Wild Black Currant. Gemein aii
den Ufern der Bäche (April 26).
Ribes aureum Pursh. Buffallo Currant. Gemein (April 20).
Onagraceae.
Oenothera biennis Linn.
Oenothera pinnatifida Nutt.
Oenothera albicaulis Nutt.
Oenothera coronopifolia Torr. u. Gray.
Oenothera parviflora Watson.
Gaura coccinea Nutt.
Loasaceae.
Mentzelia nuda Toor. u. Gray.
Mentzelia ornata Toor. u. Gray.
Cucurbitae eae.
Sicyos angulatus Linn. An Ufern und auf feuchtem, waldigem
Boden.
Cactaceae.
MamviiUaria vivipara Haw. Kaktus.
Mammillaria missouriensis Sweet.
Opuntia RafinescpuH Engelm. Indianische Feige.
Diese drei Arten finden sich auf den trockenen Prairien und
auf hüo-elio-em Gelände.
•o^^'o'
Beobachtungen aus der Flora der Rosobud-Indian-Reservation in South-Dakota. 345
TJmhdliferae.
Polytaenia NiittalliiDC Allenthalben in zeitigem Frühjahr (Aprill).
^ Peucedanum foeniculaceum Nutt.
PeucedanuiH villosum Nutt. (April 1),
m
Compositae.
Erigei'on annuus Pers.
Ambrosia ariemisiaefolia Linn.
Xanthium stmmarium Linn. Cocklebur. Nur zu gemein.
Chrysanthemum leucanthemum Linn. White weed. Ein lästiges
Unkraut allenthalben.
Krkjia mrginka Willd. Dwarf Dandelion. Sehr gemein in
mittlerer Höhenla<je.
Relianthus annuus Linn. Common Suufiower.
Heliantlnis orgyalis DC.
Relianthus grosse serratus Martens.
Helianthus Maximiliani Schrader.
Helianthus subcanescens Gray.
Snlidago nemoralis^ var. incaua, Gray. Golden Rod.
Cnicus lanceolatus Hoffm. Common Thistle. Gemein auf ge-
brochenem Grund.
Bideiis bipinnata Linn. Spanish Needle. Sparsam und zerstreut.
Lobeliaceae.
Lobelia inflatalAnw. Indian Tobacco. Gemein; von den Indianern
als Medizin gebraucht.
Oleaceae.
Fraxinus americana Linn. White Ash. Ln feuchten Wald.
Asclepiadaceae.
Asclepias Cornuti Descaisne.
Asclepias verticillata Linn., var. pumila, Gray.
Boraginaceae.
Echinospernncm floribundum Lehm. „Beggar's lice."
Echinospermum lappula Lehm.
Echinospermum Redowskii Lehm. Diese drei Spezies oben sind
sehr gemein in den waldigen Landstrichen.
Lithospermiün hirtum Lehm. Gemein.
Lithospermum angustifolium Michx. Gemein.
Convolvulaceae.
Ipomoea purpurea Lam. Kulturflüchtling.
Ipomoea leptophylla Toor. An Wasserläufen gemein.
346 Albert B. Reagan:
Solanaceae.
Solanum rostratum Dunal. Gremein.
Verhenaceae.
, Verhena hastata Linn.
Verbena bracteosa Michx.
Labiatae.
hanthus caeruleus Michx Gemein.
Mentha cnnadensis Liun. Mint. Gemein.
Hedeoma hispida Piirsh. Pennyroyal. Auf hohen sandigen Hügehi.
Salma lanceolata Willd. Sage. Sehr gemein.
Monarda punctata Linn. Horse-Mint. Sehr gemein in den
Tälern.
Teucrium occidentale Gray.
Nepeta cataria Linn. Nicht gewöhnlich.
Plan taginacea e.
Plantago major Linn. Way-bread.
Amarantaceae.
Amarantus albus Linn. Tumble weed. Sehr gemein.
Chenopodiaceae.
Chenopodium album Linn. Auf bearbeitetem Lande; allenthalben.
Polygonaceae.
Rumex acetosella Linn.
Rumex venosus Pursh. Hie und da beobachtet.
Rumex akissimus "Wood.
Rumex crispus Linn.
Rumex verticillatus Linn. Water-Dock. Nur ein Exemplar dieser
Spezies wurde gesehen.
Elaeagnaceae.
Shepherdia canadensis Nutt. Yellow BufFalo berry.
Shepherdia argentea Nutt. Scarlet Buffallo berry. Diese beiden
S/i^pAerc/ia-Spezies wurden in beinahe allen Tälern des Creekgebietes
gefunden. Die Frucht wird von den Indianern viel gebraucht. Sie
trocknen dieselbe; dann zerreiben sie die Pulpa und die Samen zu-
sammen, mischen das Pulver mit Weizenmehl und Wasser und
machen es zu einem Pudding, den sie sehr gern essen. Die Weissen
gebrauchen diese Frucht auch, um eine Gelee zu machen, rHe sie
sehr hochschätzen.
Beobachtungen aus der Flora der Rosebud-Indian-Reservation iu South-Dakota. 347
Urtieaccae.
Ulmus flava Michx. Ked Elm. Gemein an Bächen. Sie wird
-ein grosser Baum.
Ulmus americana Linn. White Elm. Nicht gewöhnlich.
(Jeltis occidentalis Linn.
Cannabis satica Linn. Hemp.
Humulits lupuhis Linn. Hop. Gemein an Bäclien.
Cupuliferae.
Quercus obtusiloba Wood. Gemein.
Quercus macrocarpa Michx. An Ufern. Diese Spezies bildet
grösstenteils den Wald im Gebiet.
Quercus macrocarpa^ var. depressa, Engelm. Eine Zwergspezies,
die in den tiefen, trockenen Wasserläufen und Schluchten gefunden
ist. Sie wird zwei bis vier Fuss hoch.
Sulicaceae.
Salix amygdaloides Anders.
Salix rostrata Richardson. An Ufern unmittelbar längs des
W^assers.
Salix longifolia Mühl. Längs des Whiteflusses und bei der Ring-
Thundersday-School.
Populus monilifera Ait. An Bächen.
Populus heterophjjlla Wood. An Bächen.
Pinaceae.
Pinus Banksiana Lambert. Hie und da auf den höchsten Gipfeln
des Gebiets.
Pinus ponderosa Dougl. Dieser Baum wird auf den Hoch-
gipfeln und längs der Lücken der Loup-Fork (Arikaree) formation
gefunden.
Jimiperus virginiana Linn. Red Cedar. Dieser Baum wird auf
den Robinson-Mauvaises-Terres und auf allen den anderen Miocen-
Mauvaises-Terres des Gebiets gefunden. Er wird 8 — 40 Fuss hoch,
Iridaceae.
Sisyrinchium angustifolium Mill. Blue-eyed grass. Gemein (Mai
und Juni).
Sisyrinchium anceps Cav. Gemein (Mai— Juni).
LiUaceae.
Nothoscordum striatum Kunth. False Garlic. Sehr gemein
allenthalben.
Yucca angustifolia Pursh. Sehr gemein auf der Miocenformation.
348 A. B. REAGAN: Beobachtungen aus der Flora der Rosebud-Indian-Reservation.
Poli/gonatum giganteum Deitrich. Great White-wart. Gemein
in Niedeningen nahe den Bächen.
Smilacina stellata Desf. Die falsche Weisswurz. Gewöhnlich an
niedrigen, feuchten Orten (Mai 1).
Covimelinaceae.
Tradescantia virginica Linn.
Juncaceae.
Juncus efusus Linn. Common Rush.
Typhaceae.
Typha latifolia Linn.
Gramineae.
Bromus Kahnii Gray.
Setaria glauca Baeuv. Fox-tail. Gemein auf bearbeitetem Lande.
Cenchrus tribuloides Linn. Burdock-grass. Auf sandioem Boden.
Es wird hauptsächlich auf der Arikareeformation gefunden.
Stipa viridula Tun.
Agrostis vulgaris With. Zerstreut hier und dort.
Bouteloua oUgostachya Torr. Grauiagrass, Xur hier mid dort
gefunden.
Buchloe dactyloides Engelm. Buffalograss.
Elymus canadensis Linn. Wild Rye.
Poa tenuifolia! Sehr gemein.
Chrysopogon mutans Benth.
Festuca ovina Linn.
AgropyruDi repens Baeauv.
Calamagrostis canadensis. Gemein an feuchten Orten.
Equisetaceae.
Equisetum arvense Linn. Horse tail.
Fungi.
Agaricus campestris.
hycoperdon giganteum.
W. Zaleski: Über den Umsatz der Nucleinsäure in keimenden Samen. 349
51. W. Zaleski: Über den Umsatz der Nucleinsäure in
keimenden Samen,
Eingegangen am 26. Juni 1907,
Vorliegende Mitteilung stellt eine Fortsetzung der im Jahre 1902
von mir publizierten Arbeit dar^) und hat den Zweck, die Umwandlung
des Eiweissphosphors, besonders den der Xucleinsäure in wachsenden
Teilen der Keimpflanzen zu studieren.
Kurz vor meiner Mitteilung^) hat IWANOFF^) eine Arbeit ver-
öffentlicht, in welcher er zu dem Schlüsse kam, dass „die phosphor-
haltigen Eiweissverbindungeu (Nucleoalbumine und Nucleoproteide)
sich leicht zersetzen, und dass dieselben — dies ist besonders
wichtio- — noch in der lebenden Pflanze fast gänzlich zerfallen"»
Ein solches Ergebnis erschien dem Verfasser als unerwartet, da die
während der Keimung der Samen vor sich gehende Vermehrung der
lebendeu Protophasten, besonders die der Zellkerne, eine Zunahme
„der Nucleinsubstanzen" zur Folge haben müsste.
IWANüFP hat keinen Beweis für die Zersetzung der Nucleo-
proteide während der Keimung der Wickensamen geliefert, da er
diese direkt nicht bestimmt hat; auch hat der Verfasser die voll-
ständige Abwesenheit des Eiweissphosphors in 27 — 29 tägigen
Wickenkeimlingen nicht durch Analyse konstatiert, da er die ganze
Phosphormenge (6,3 pCt.j, welche diese in Form von Lecithin und
auch Eiweissstoffen zusammen enthielten, dem Lecithin allein, ohne
eine besondere Analyse desselben zu machen, zugeschrieben hat.
Weiter spricht die Tatsache der Verminderung der phosphor-
haltigen Eiweissstoffe während der Keimung der Samen nicht gegen
einen Anteil derselben bei der Vermehrung der Protoplasten, da
diese in den wachsenden, nicht aber in den als Reservestoffbehälter
dienenden Teilen der Keimpflanzen vor sich geht.
So habe ich früher nachgewiesen,*) dass während der Keimung
der Lupinus-^dmen Hand in Hand mit der fortschreitenden Abnahme
des Eiweissstickstoffes in den Cotyledonen eine allmähliche Zunahme
desselben in Axenorganen vor sich geht.
1) Zaleski, diese Berichte, Bd. XX.
2) Zaleski 1. c.
3) Iwanoff, diese Berichte, Bd. XX.
4) Zaleski, diese Berichte, Bd. XVIII.
350 ^V, Zaleski:
Ich vermutete daher, dass ein solches Ergebnis auch für die
phosphorhaltigen Eiweissstoffe zu beobachten sein wird, was ich in
meiner oben zitierten Arbeit zu konstatieren versuchte.
Meine Versuche haben aber die erwartete Antwort auf diese
Frage nicht gegeben, was aus der erwähnten Mitteilung zu ersehen
ist. Ich habe damals zu den Versuchen die Axenorgane der Lupinus-
Keimlinge von späten Stadien der Keimung genommen, in welchen
der Eiweissaufbau, wenn solcher überhaupt stattfand, schon aufgehört
hatte. So zeigten z. B. die Axenorgane 10-, 15- und ^ötägiger
Keimlinge nur einen geringen Unterschied in ihrem Gehalt an
Eiweissphosphor. Es erwies sich daher als notwendig, die früheren
Stadien der Keimung in dieser Beziehung einer Untersuchung zu
unterwerfen.
Es ist der Zweck vorliegender Mitteilung, den Umsatz der
phosphorhaltigen Eiweissstoffe, besonders der Nucleoproteide oder
vorsichtio-er gesagt den der Nucleinsäure in den wachsenden Teilen
der Keimpflanzen vom Anfang der Keimung an zu verfolgen.
Lujnnus-':^ameii sind zu diesen Versuchen wenig geeignet, da die
Abtrennung der Axenorgane von den Cotyledoneu auf sehr frühen
Stadien der Keimung in der für die Analyse nötigen Zahl, welche
wegen der geringen Grösse der Objekte eine bedeutende wird, eine
umständliche Arbeit ist. Daher habe ich zu diesen Versuchen die
Samen von Victa Faba Windsor gewählt, da die wachsenden Teile
derselben im Vergleich mit denen der Lupinen sehr gross sind
und leicht zur Analyse in hinreichenderMenge gesammelt werden können.
In den Versuchen wurde eine bestimmte Menge der im Dunkeln
gekeimten Samen von Vicia Faba in Cotyledoneu und Axenorgane
zerlegt und dann diese allein bei 60 -70" getrocknet und zur
Analyse benutzt.
Dann bestimmte man Stickstoff und Phosplior der Eiweissstoffe
und die Nucleinsäure.
Zuerst sei hier erwähnt, auf welche Weise wir Xucleinsäure be-
stimmen können. Die von STÜTZER eingeführte Methode der Ver-
dauung der Eiweissstoffe durch Pepsinsalzsäure mit der nachfolgenden
Bestimmung des Stickstoffes im unverdaulichen Reste, welche einige
Forscher zur Bestimmung der Nucleoproteide benutzten, wurde mit
Recht von IWANÜFF^) auf Grund der Untersuchungen von LUBAWIN,^)
UmbeR,^) SZUMOWSKY*) und Wimann ^) einer scharfen Kritik unter-
worfen.
1) Iwanoff, Über die Umwaudlunoeu des Phosphors in der Pflanze im Zu-
sammenhange mit der Eiweissverwandlung, russische Arbeit 19U5.
2) LUBAWIN, Journ. Russ. Phys -ehem. Ges., Bd. XI.
3; Umber, Zeitschr. für klinische Medizin, Bd. 43, 1901.
4) SZUMOWSKY, Zeitschr. für physiolog. Cheni., Bd. XXXVI.
5) Wimann, Maly's Jahresber., Bd. XXVII.
über den Umsatz der Nucleinsäurc in keimenden Samen. 351
Ein zweites und bis jetzt einziges Mittel, die Nucleinsäure zu
bestimmen, besteht in der Bestimmung der Purinbasen derselben^
welche die charakteristischen Spaltungsprodukte der Nucleinsäure
darstellen, obgleich man zugestehen muss, dass auch diese Methode
an einigen Übelständen leidet. So haben wir keine ganz genaue
Methode der Abscheidung der Nucleinbasen von anderen Stoffen, die
gleichzeitig mit jenen während der Spaltung der Nucleinsäure durch
Mineralsäuren entstehen. In jedem Falle gestattet sie aber bei
gleicher Ausführung eine Yergleichung der relativen Werte.
Wenn wir also ein und dasselbe Objekt auf verschiedenen
Stadien der Keimung verfolgen, so können wir bei einem bestimmten
Unterschiede im Gehalt an Stickstoff der Purinbasen, die an Xuclein-
säure gebunden sind, von der entsprechenden Umwandlung der
letzteren sprechen.
Die Bestimmung des Purinbasenstickstoffes der Xucleinsäure
wurde folgenderweise ausgefülirt. Zuerst wurden die Nucleoproteide^
eigentlich die phosphorhaltigen Eiweissstoffe, durch Erhitzen im
Wasserbade mit 0,2 pCt. Salzsäure ausgefällt, auf das Filter gebracht
und mit derselben Säure o-ut ausgewaschen. Der so erhaltene
Niederschlag, welcher auch die Nucleinsäure enthält, wur<le mit
1 — 4 pCt. Schwefelsäure am Rückflusskühler gekocht oder mit der-
selben Säure im Autoclaven bei 100° erhitzt. Die Lösung wurde
abfiltriert, mit dem Waschwasser vereinigt, neutralisiert und nach
Essigsäurezusatz auf dem Wasserbade eingeengt. Dann wurden die
Purinbasen nach Ammoniakzusatz mit ammoniakalischer Silberlösung
gefällt, mit Ammoniak und Wasser gewaschen und nach Ammoniak-
entfernung ^) zur Bestimmung des Stickstoffes nach KJELDAHL be-
nutzt. Zur Kontrolle wurden die Purinbasen auch nach RrCgerV
Methode^) mit Xatriumbisulfit und Kupfersulfat ausgefällt und dann
nach Kupferentfernung mit ammoniakalischer Silberlösung versetzt,
und der so erhaltene Niederschlag nach der entsprechenden Be-
arbeitung zur Bestimmung des Purinbasenstickstoffs benutzt.
Die Bestimmung des Eiweissphosphors geschah in der früher
beschriebenen Weise. ^) Die durch 10 Minuten langes Erhitzen im
Wasserbade durch 0,2 pCt. Salzsäure ausgefällten Eiweissstoffe
wurden mehrmals mit absolutem Alkohol und Äther zwecks Lecithin-
entferuung gekocht, dann mit Schwefel- und Salpetersäure nach
NeUMANN's Verfahren verbrannt und zur Bestimmung des Phosphors
1) Der Niederschlag wurde von den letzten Spuren Ammoniaks durch Kochen
mit überschüssiger Magnesia befreit.
2) Hoppe-Seyler's Handbuch der phys. Anal. 1903. BUEIAN und HOLL,.
Zeitschr. für physiol. Chera. XXXVIII.
3) Zaleski, diese Berichte, Bd. XXIV.
352 W. Z ALESKI:
iu üblicher Weise verarbeitet. Der Stickstoff der nach STUTZER
-ausgefällten Eiweissstoffe wurde nach KJELDAHL bestimmt.
Die Menge aller bestimmbaren Substanzen wurde auf 100 Objekte
p
berechnet. Ausserdem wurde noch der Koeffizient -^^ der Eiweiss-
IS
Stoffe, dessen IWANOFF^) sich so oft bediente, um über den Anteil
der Nucleoproteide in der Gesamtmenge der Eiweissstoffe zu urteilen,
bestimmt.
1. Versuch.
100 Axenorgane der etiolierten Keimpflanzen von Vicia Faba.
Keimlinge .... Stägige 9täo;io-e
Eiweiss-]S^
Purinbasen-N . .
Eiweiss-P . .
p
Koeffizient -^r^ .
0,0850 0,3755
0,0075 0,0262
0,0125 0,03:37
1 1
6,8 11,1
2. Versuch.
100 Axenorgane der etiolierten Keimpflanzen von Vicia Faba.
Keimlinge .... Stägige 9tägige
Eiweiss-N .... 0,0849 0,3760
Eiweiss-P .... 0,0120 0,0336
P 1 1
Koeffizient ^ . . . -^ vy
3. Versuch.
100 Axenorgane der etiolierten Keimpflanzen von Vicia Faba.
Keimlinge .... Stägige 9tägige
Eiweiss-P .... 0,0123 0,0330
4. Versuch.
100 Axenorgane der etiolierten Keimpflanzen von Vicia Faba.
Keimlinge .... 3tägige 7 — 8tägige
Purinbasen-N . . . 0,0070 0,0241
5. Versuch.^)
100 Axenorgane der etiolierten Keimpflanzen von Vicia Faba.
Keimlinge .... 2tägige 7 — 8tägige
Purinbasen-N . . . 0,0044 0,0182
1) Iwan OFF 1. c.
2) In diesem Vorsuclie ■wurden die Purinbasen nach KRÜGER bestimmt.
über den Umsatz der Nucleinsäure in keimenden Samen. 35ä
Die Anwesenheit der gebundenen Purinbasen in dem keimenden
Embryo weist darauf hin, dass dieser Xucdeinsäure enthält. Über
(l^n Reichtum der Embryonen an Nucleinsäure hat sich schon.
OSBORN^) ausgesprochen, der sie aus Weizenembryonen isoliert hat.
Es ergibt sich weiter, dass während der Keimung der Samen
von Vicia Faba eine Zunahme des Eiweissphosphors in wachsenden
Teilen der Keimpflanzen stattfindet. Da Hand in Hand mit der
Vermehrung des Eiweissphosphors die der Purinbasen in den Axen-
organen vor sich geht, so können wir sagen, dass während der
Keimung unserer Samen die Nucleinsäure in den wachsenden Teilen
derselben an Menge zunimmt. Da gleichzeitig mit der Zunahme
der Nucleinsäure auch die Yermehrung des Eiweissstickstoffes in
den Axenorganen der Keimpflanzen vor sich geht, so ist es wahr-
scheinlich, dass in diesem Falle auch die Bildung von Nucleo-
proteiden stattfindet.
P
Wir sehen weiter, dass der Koeffizient ,, der EiweissstofPe uus^
N
kein Mittel gibt, um über die Art der Eiweissstoffe, sowie über die
Veränderung derselben zu urteilen. So z. B. bilden sich während
der Keimung der Samen in den Axenteilen derselben Nucleoproteide
P
ungeachtet der Verminderung des Koeffizienten -^r^.
Es fragt sich jetzt, ob in unseren Versuchen die Bildung der
Nucleinsäure in den Axenteilen der Keimpflanzen stattfindet oder
sie diesen als solche aus den Cotyledonen zuströmt. Obgleich die
endgültige Lösuns; dieser Frage weiteren Untersuchungen überlassen
sein soll, so vermute ich doch, dass in den wachsenden Teilen der
Keimpflanzen die Synthese der Nucleinsäure stattfindet, da es wenig
wahrscheinlich ist, dass diese als solche den Axenorganen zuströmt,
weil sie mit den Eiweissstoffen Ausfällungen gibt.
Es ist daher wahrscheinlicher, dass die Purinbasen und Phosphate
den wachsenden Teilen der Keimpflanzen zuströmen, wo sie mit den
anderen Verbindungen zum Aufbau der Nucleinsäure dienen. Zu-
gunsten einer solchen Voraussetzung spricht auch das Vorhandensein
in den Axenteilen der Keimpflanzen des Nucleinsäure spaltenden
Enzyms, da trotz der Anwesenheit desselben in Axenorganen die
Zunahme der Nucleinsäure stattfindet.
Zum Nachweis des Nucleinsäure spaltenden Enzyms in den
Axenteilen der Keimpflanzen wurden folgende Versuche ausgeführt.
Zu diesen Versuchen wurden nur die Stengelspitzen der
etiolierten Keimpflanzen von Vicia Faba benutzt, da sie eine be-
deutende Menge der Nucleinsäure enthalten. Zu diesem Zweck
^o^
1) OSBOEN und Haeris, Zeitschr. für physiolot--. Chem., Bd. XXXVI.
354 ^^'- Z ALESKI:
wurden die Spitzen bei 37° getrocknet, fein pulverisiert und dann
zu Autolyseversuchen benutzt. Es wurden die abgewogenen Mengen
des Präparates in Gefässe eingeführt, mit sterilisiertem ^Yasser und
Toluol versetzt und auf bestimmte Zeit bei 38—39° stehen gelassen.
Zur Kontrolle wurden einige von diesen Gefässen eine Viertelstunde
lang im Wasserbade erhitzt und nach Tuluolzusatz, wie jene bei
denselben Bedingungen gehalten. Xach beendigtem Yersuche wurden
Eiweissphosphor und die Purinbasen der Nucleinsäure in oben be-
schriebener Weise bestimmt und auf 300 Stengelspitzen berechnet.
6. Versuch.
Präparat aus Spitzen 24tägiger Keimpflanzen von Vicia Faba.
Autodigestionsdauer 13 Tage.
gekocht ungekocht
Eiweiss-P 0,0738 0,0183
7. Versuch.
Präparat aus Spitzen 23tägiger Keimpflanzen von Vk-ni Faba.
Autodigestionsdauer 13 Tage.
gekocht ungekocht
Eiweiss-P 0,0712 0,0165
8. Versuch.
Präparat aus Spitzen 25tägiger Keimpflanzen von Vicia Faba.
Autodigestionsdauer 12 Tage.
gekocht ungekocht
Purinbasen-N . . . 0,05409 0,00908
9. Versuch.
Präparat aus Spitzen 22tägiger Keimpflanzen von Vicia Faba.
Antodigestionsdauer 12 Tage.
gekocht uugekocht
Purinbasen-N . . . 0,05425 0,00950
Bei der Autodigestion der Stengelspitzen von Vicia Faba zersetzt
sich also die Xucleinsäure, da Hand in Hand mit der Abnahme des
Eiweissphosphors auch die Verminderung der gebundenen Purin-
basen während der Autolyse stattfindet. Es ist wahrscheinlich, dass
die enzymatische Zersetzung der Nucleinsäure in den autolysierten
Spitzen durcli die Nuclease, welche von IWANOFF^) als ein be-
sonderes Enzym charakterisiert wurde, verursacht wird. Ich habe
1) Iwanoff, Zeitschr. für pbysiolog. Chem. XXXIX.
über den Umsatz der Nucleinsäure in keimenden Samen. 355
auch in audereu Teilen der etiolierten Keimpflanzen Nuclease ge-
funden.
Die Zunahme der Nucleinsäure in den Axenteileu der Keim-
pflanzen und die Anwesenheit der vermutlichen Nuclease in den
Steng-elenden derselben führen zum Gedanken, dass in den Axen-
oro-anen, sei es an verschiedenen Stellen oder zu verschiedenen
Zeiten, zwei entgegengesetzte Prozesse, wie der Aufbau und der
Abbau der Nucleinsäure stattfinden. Es ist z. B. möglich, dass der
Aufbau der Nucleinsäure zu den reversiblen enzymatischen Reaktionen
gehört.
IWANOFF^) behauptet auf Grund seiner^) und besonders meiner
früheren Versuche mit Stengelspitzen von Vicia Faba, dass Meristem -
Wachstum immer mit der Zersetzung der organischen Phosphor-
verbindungen begleitet ist. So sagt IWANOFF z. B.: „Das hat auch
ZALESKI bestätigt,^) indem er (ZaLESKI) die Menge des Eiweiss-
phosphors während des Wachstums der Stengelspitzen von Vicia Faba
bestimmt hat. Auf 48 — 56 Spitzen hat ZalESKI einen Eiweiss-
phosphorverlust an 13— 18,4 w_^ als P^MgoO^ bekommen. Da das
Meristem fast seine ganze Phosphormenge in Form von Kucleo-
proteiden enthält, so wird durch ZalESKI's Versuche bew^iesen, dass
im Meristem die Zersetzung der Nucleoprotoide stattfindet."
Meine von IWANOFF zitierten Versuche sprechen nur für den
Abbau der Nucleinsäure in den Stengelspitzen, aber geben keine
Antwort darauf, ob die Zersetzung in dem Meristem oder an anderer
Stelle der Keimpflanzen stattfindet, da das Meristem einen sehr
kleinen Teil der Spitzen darstellt.
Ganz willkürlich ist auch IWANOFF's Behauptung über das Vor-
handensein der Nuclease im Meristem, die er auf Grund des folgen-
den Versuches gezogen hat. Der Verfasser hat die Spitzen der
Spargeln von der Länge 1 cm vom Stengel abgetrennt, mit Wasser
zerrieben und den so erhaltenen Brei in zw^ei Portionen geteilt.
Eine dieser Portionen wurde vorher gekocht und dann mit der
anderen auf 4 Tage bei 34° der Autodigestion überlassen. Nach
Verlauf dieser Zeit bestimmte der Verfasser den Phosphatgehalt in
den abfiltrierten Flüssigkeiten:
.P2O5
gekocht 13,6 mg
ungekocht . . . . 51,2 „
Es bleibt unentschieden, ob die Bildung der Phosphate auf
Kosten der Nucleoproteide oder anderer organischer Phosphor-
1) Iwanoff 1. c. (russische Arbeit).
2) Iwanoff, Jahrb. für wissensch. Bot., Bd. 36.
3"! IwANOFF hat nur seine mikrochemischen Untersuchungen im Auge.
356 W. Z ALESKI:
Verbindungen vor sich ging. Meine Bestimmungen z. B. zeigen,
dass die Stengelspitzen von Vicia Faba nur 58 pCt. Phosphor in
Form von Eiweissstoffen enthalten. Ob sich die Nuclease tatsächlich
im Meristem findet, bleibt zu erforschen, da das Meristem einen sehr
geringen Teil der 1 cm langen Spitzen darstellt.
Ich kann auch IWANOFF auf Grund unserer in der vorliegenden
Arbeit mitgeteilten Versuche mit Vicia Faba nicht beistimmen, wenn
er sagt: „So sehen wir, dass die Protoplasten der Keimpflanzen
augenscheinlich nicht aus Nucleoproteiden oder Plastin, sondern aus
Eiweissstoffen, die an Phosphor im Verhältnis zum Stickstoff sehr
arm sind, aufgebaut werden. Dass Wickensamen keine Ausnahme
in dieser Beziehung darstellen, zeigt der Versuch von ZalESKI mit
Lwpinus, was der Verfasser (ZALESKI) selbst augenscheinlich nicht
bemerkt hat."
Ich habe keine A^oraussetzung über den Charakter der phosphor-
haltigen Eiweissstoffe der Keimpflanzen von Lupinus ausgesprochen^)
und habe auch niemals bezweifelt, dass die Nucleoproteide im Ver-
gleich mit den anderen Eiweissstoffen des ganzen Samens einen
kleinen Betrag darstellen, da der grösste Teil desselben aus Reserve-
stoflfen besteht. Ich habe daher damals die Veränderung der
phosphorhaltigen Eiweissstoffe in Axenorganen, wo die Neubildung
der Zellen erfolgt, zu verfolgen versucht.
Ich kann weiter eine Bemerkung IWANOFF's, die auch Bezug
auf mich hat, nicht mit Stillschweigen übergehen.
IWANOFF^) schreibt: „UmiKOFF und der ihn zitierende ZALESKI
halten unrichtigerweise diese Zahlen^) für anorganische Phosphate."
IWANOFF hat diesen Schluss nur aus folgenden meinen Worten ge-
zogen: „In der Tat hat UMIKOFF gefunden, dass der Phosphor der
Samen und Knollen hauptsächlich in organischer Form gespeichert
ist." Aus diesem Satze, welcher nichts über die Phosphate enthält,
konnte man allenfalls eher den entgegengesetzten Schluss ziehen,
als den von Seiten IWANOFF's gemachten. Denn „hat IWANOFF
augenscheinlich nicht bemerkt", dass ich in den Lwpm?<Ä-Keimpflanzeu
ausser Phosphaten auch die wasserlöslichen organischen Phosphor-
verbindungen bestimmt habe, weshalb ich nicht der Meinung sein
konnte, dass UmiKOFF's Zahlen, welche für alle in 0,2 pCt. Salzsäure
lösliche Phosphorverbindungen gelten, nur anorganische Phosphate
bezeichnen.
Charkow, Pflanzenphysiolog. Kabinett.
1) ZALESKI, diese Berichte, Bd. XX.
2) Iwanoff 1. c. (russische Arbeit).
3) Diese Zahlen bezeichneu alle in 0,2 pCt. Salzsäure lösliche Phosphor-
verbindungeu (Umikoff's Tabelle; ZALESKI, diese Berichte, Bd. XX).
über die autolytische Ammoniakbildung in den Pflanzen. 357
52. W. Zaieski: Über die autolytische Ammoniakbildung in
den Pflanzen.
Vorläufige Mitteilung.
Eingegangen am 26. Juni 1907.
Schulze^) und seine Mitarbeiter haben Ammoniak in etiollerten
Keimpflanzen nachgewiesen. Später hat BUTKEWITSCH^) gezeigt,
dass sich in Keimlingen während der Äther- und Toluolanästhesie
Ammoniak speichert, obgleich es unbekannt blieb, ob diese
Ammouiakansammlung in den lebenden oder in den getöteten Keim-
pflanzen stattfand.
Es drängte sich die Vermutung auf, dass die Ammoniakbildung
zu den enzymati sehen Vorgängen gehört.
Enzymati sehe Ammoniakbildung wurde mehrmals konstatiert.
So haben HlRSCHLER"), KUTSCHER*), ZUNZ"*) und COHNHEIM^)
unter den Produkten des Eiweissabbaues durch die proteolytischen
Enzyme Ammoniak gefunden. JaCOBY'^) hat eine deutliche Zunahme
des Ammoniaks in dem unter Toluolzusatz aufbewahrten Lebersafte
beobachtet und dies auf die Enzymwirkung zurückgeführt. Später
haben GONNERMANN^), LaNG^) und SCHIBATA'") gezeigt, dass die
zerriebenen tierischen Orgaue und die autolysierten Pilze während
der Autodigestion aus Aminosäuren und Amiden Ammoniak
abspalten.
Neuerdings hat CasTORO") die autolytische Ammoniakbildung
in den etiolierten Keimpflanzen nachgewiesen. So hat der Verfasser
gefunden, dass in Keimpflanzen, welche vor der Autolyse gegen
1) Schulze, Landw. Jahrb. Bd. XXXV. Castoro, Zeitschr. für phjsiol.
Chemie Bd. L.
2) Butkewt:tsch, Tageblatt des elften Naturforscherkongresses in
St. Petersburg.
3) Hirschler, Zeiischr. für physiol. Chemie Bd. X.
4) Kutscher, Endprodukte der Trypsinverdauung 1899.
5) ZUNZ, Zeitschr. für physiol. Chemie Bd. XXVII I.
6) COHNHEIM, Ibidem Bd. XXXV.
7) Jacoby, Ibidem Bd. XXX.
8) GONNERMANN, PflÜGER's Archiv für ges. Physiol. Bd. 89.
9) Lang, Beiträge zur ehem. Physiol. und Pathol. Bd. V.
10) SCHIBATA, Ibidem.
11) Castoro, Zeitschr. für physiol. Chemie Bd. L.
Ber. der deutschen Bot. Gesellsch. XXV. 95
358 W. Zaleski:
0,074—0,078 pCt. Ammoniakstickstoff enthielten, nach der Auto-
digestion die Menge desselben bis 0,228 — 0,265 pCt. gestiegen war.
Ich will noch einige Fälle der autolytischen Ammoniakbildung,
die ich beim Studium der Eiweissbiidung in den Pflanzen in einigen
Objekten beobachtet habe, mitteilen.
UnsereVersuche wurden in folgenderWeise angestellt. DiePflanzen-
objekte wurden bei 37° getrocknet, fein pulverisiert und in diesem
Zustande zu Autodigestionsversuchen benutzt. Es wurden die ab-
gewogenen Mengen des Präparates in Gefässe eingeführt, mit
sterilisiertem Wasser und Toluol versetzt und auf bestimmte Zeit
bei 38—39° stehen gelassen. Zur Kontrolle wurden einige von
diesen Gefässen eine Viertelstunde lang im Wasserbade erhitzt und
nach Toluolzusatz wie jene bei denselben Bedingungen gestellt.
In anderen Fällen wurden Objekte mit Quarzsand zerrieben
und in einer BUCHNER'schen Presse bei 300 Atm. abgepresst. Der
so erhaltene Presssaft wurde dann zu Autodigestionsversuchen ge-
nommen.
Nach beendigtem Versuche wurde Ammoniak nach BOSSHARD^)
bestimmt.
1. Versuch.
Präparat aus Stengelspitzen der etiolierten Keimpflanzen von
Vicia Faba Windsor. Autodigestionsdauer acht Tage. In Prozenten
des Präparates:
gekocht ungekocht
pCt. pCt.
Ammoniak-N . . . 0,2151 0,3378
2. Versuch.
Präparat aus Stengelspitzen der etiolierten Keimpflanzen von
Vicia Faba. Autodigestionsdauer sieben Tage. In Prozenten des
Präparates:
gekocht ungekocht
pCt. pCt.
Ammoniak-N . . . 0,2102 0,3364
3. Versuch.
Presssaft aus etiolierten Keimflanzen von Vicia Faba. Auto-
digestionsdauer vier Tage. Auf die Gesamtmenge des Saftes be-
rechnet sich:
gekocht ungekocht
Ammoniak-N . . . 0,0870 0,1090
1) BOSSHAED, Landw. Jahrbücher 1880.
über die autoljtischo Ammoniakblldnng in den Pflanzen. 359
4. Versuch.
Presssaft aus Spargeln. Autodigestionsdauer sechs Tage. Auf
die Gesamtmenge des Saftes berechnet sich:
gekocht ungekocht
Ammoniak-N . . . 0,1062 0,1264
Es bleibt zunächst unentschieden, ob das in unseren Versuchen
gebildete Ammoniak direkt aus Eiweissstoffen oder aus den primären
Zersetzungsprodukten derselben gebildet worden war.
Schulze^) hat die Meinung ausgesprochen, dass Ammoniak aus
den primären Eiweisszersetzungsprodukten in den Keimpflanzen
entsteht und dann zur Synthese von Asparagin resp. Glutamin
verbraucht wird. Der Grund einer solchen Umwandlung liegt nach
der Ansicht von SCHULZE darin, dass eine Ammoniakansammlung,
wie schon LOEW ausgesprochen hat, für die Pflanzen ungünstig ist.
Es ist auch wahrscheinlich, dass in anderen Fällen Ammoniak mit
Umgehung des Asparaginstadiums zur Eiweissbildung dient. Eine
ganze Reihe ^) von Forschern haben gezeigt, dass gerade das
Ammoniak ein für die Eiweisssynthese sehr brauclibares Material ist.
Der Grund dieser Erscheinung liegt wahrscheinlich darin, dass
Ammoniak das geeignetste Material zur Bildung solcher Verbindungen
darstellt, welche als Vorstufen zur Eiweissbildung erscheinen.
Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass bei Bedingungen, die
zur Eiweissbildung geeignet sind, Ammoniak dazu verbraucht
wird, in anderen Fällen aber derselbe in Form von Asparagin
gespeichert wird.
Der Ammoniakverbrauch in den Pflanzen wird wahrscheinlich
durch entsprechende Enzyme verursacht. Ich will hier einen Versuch
mit AUiumzwiebehi, während deren Autolyse ich Ammoniakverbrauch
gefunden habe, erwähnen.
5. Versuch.
Presssaft aus Zwiebeln von Allium Cepa. Autodigestionsdauer
vier Tage bei b7° und dann acht Tage bei Zimmertemperatur. Auf
die Gesamtmenge des Saftes berechnet sich:
gekocht ungekocht
Ammoniak-N . . . 0,1524 0,1202
0,1541 0,1201
1) Schulze, Zeitschr. für physiol. Chemie Bd. 24. Landw. Jahrbücher
Bd. XXXV.
2) Maze, (Ann. Inst. Pasteur T. XIV). Treboux, Diese Berichte Bd. XXII.
Artari, Jahrb. für wiss. Botanik XLIII.
25*
360 W. Z ALESKI:
Obgleich dieser Versuch auf den Ammoniakverbrauch in autoly-
sierten Zwiebeln hinweist, so wäre es doch jetzt voreilig, aus diesem
vorläufigen Versuche eine bestimmte Schlussfolgerung zu machen,
da ausser der Synthese von Amidosubstanzen oder Phosphatiden
auch eine echte Aramoniakausfällung in Form von Ammonium-
magnesiumphosphat im Bereiche der Möglichkeit liegt. Ich gedenke
diese Frage eingehender zu studiereu.
Charkow. Pflanzenphysiol. Kabinett.
53. W. Zaieski: Über den Aufbau der Eiweissstoffe in
den Pflanzen.
Eingegangen am 26. Juni 1907.
Ich habe schon vor längerer Zeit gezeigt,^) dass nach der Ver-
wundung der Zwiebeln, Knollen und Wurzeln verschiedener Pflanzen
eine Zunahme des EiweissstickstofFes in denselben stattfindet. Etwas
später versuchte KOWSCHOFP^) durch zwei unten folgende Versuche
zu beweisen, dass sich aucTi die Nucleoproteide in den verwundeten
Zwiebeln von Allium Cepa bilden. So z. B.:
1. Versuch.
Kontrollportion Versuchsportion
Eiweiss-P in Prozenten des Gesamt-P . 11,5 pCt. 12,0 pCt.
P der unverdaulichen Eiweissstoffe in
Prozenten des Gesamt-P .... 6,3 „ 10,5 „
P
Der Koeffizient ^r^ der unverdaulichen
Eiweissstoffe
1 2.
14 13
2. Versuch.^)
Kontrollportion Versuchsportion
Eiweiss-P in Prozenten des Gesamt-P . 4,2 pCt. 5,8 pCt.
P der unverdaulichen Eiweissstoffe in
Prozenten des Gesamt-P .... 3,6 „ 4,6 „
1) Zaleski, diese Berichte, Bd. XIX.
2) KOWSCHOFF, diese Berichte, Bd. XXI.
3) In diesen Versuchen wurden die Zwiebeln von Allium Cepa in einen
dampfgesättigten dunklen Raum auf fünf Tage eingeführt.
über den Aufbau der Eiweissstoffe in den Pflanzen. 361
Kontrollportion Versuchsportion
p
Der Koeffizient -^r^ der unverdauliclien
Eiweissstoffe — —
7 7
Diese Yersuche bereehtioen aber nicht die Schlussfolo-erunu; des
Verfassers über die Bildung der Nueleoproteide in den verwundeten
p
Zwiebeln. Das kleine Verhältnis -^ der unverdaulichen Eiweissstoffe,
welches der Verfasser im ersten Versuche gefunden hat, entspricht
den Nucleinen nicht, da sich diese durch einen weit grösseren
p
Koeffizient -^^ charakterisieren. Es ist daher unverständlich, wie
der Verfasser bei der Verdauung der Eiweissstoffe durch Pepsin-
P 1
Salzsäure ein so kleines Verhältnis von „ , wie - t bekommen hat.
N 14
Im zweiten Versuche aber schwankt der Phosphorgehalt der unver-
daulichen Eiweissstoffe in der Fehlergrenze der Analyse. Es ist
auch auffallend, dass die Zwiebeln von Allium Cepa eine so kleine
Menge des Eiweissphosphors (z. B. 4,2 pCt.), wie sie der Verfasser
beobachtet hat, enthalten sollen.
Weiter hat auch IWANOFF') die Zunahme des Eiweissphosphors
in den verwundeten Zwiebeln von Allium ascalonicum und Allium
Cepa beobachtet, was aus zwei seiner Versuche zu ersehen ist.
So z. B.
1. Versuch. Zwiebeln von Allium ascalonicum.
Kontrollpoitiou Versuchsportion
Eiweiss-N in Prozenten der Trocken-
substanz 1,070 pCt. 1,240 pCt.
Eiweiss-P in Prozenten der Trocken-
substanz 0,128 „ 0,150 „
Gesamt-P in Prozenten der Trocken-
substanz 0,221 „ 0,237 „
Eiweiss-P in Prozenten des Gesamt-P 57 „ 63 „
P 1 1
Das Verhältnis ^r=p der Eiweissstoffe ^ ^ -^^^k-
N 8,3 8,3
1) Iwanoff, Über die Umwandluno-en des Phosphors in der Pflanze im Zu-
sammenhange mit der Eiweissverwandluug (russische Arbeit 1905).
362 W. ZALESKI:
2. Versuch. Zwiebeln von Allium Cepa.^)
Kontrollportion Versuclisportion
Eiweiss-N in Prozenten der Trocken-
substanz 1,10 pCt. 1,72 pCt.
Eiweiss-P in Prozenten der Trocken-
substanz 0,12 „ 0,18 „
P 1 1
Das Verhältnis -^r -pr- -r-
N 9 9
p
Der Meinung IWANOFF's nach entspricht das Verhältnis -^ der
Eiweissstoflfe der Zwiebeln seiner Grösse nach dem der Nucleo-
proteide und, da sich dasselbe während des Versuches nicht ver-
ändert, so hat er daraus den Schluss gezogen, dass sich nur Nucleo-
proteide in den verwundeten Zwiebeln bildeten.
Streng gesagt, hat IWANOFF die Bildung des Eiweissphosphors
nach der Verwundung der Zwiebeln nicht exakt bewiesen, da er im
ersten Versuche, wie er selbst sagt, Lecithin nicht entfernt hat, wo-
durch es unentschieden bleibt, ob die vom Verfasser nachgewiesene
Zunahme des Eiweissphosphors den Eiweissstoffen, dem Lecithin
oder beiden zusammen zugeschrieben werden muss. Im zweiten
Versuche aber hat der Verfasser die Bestimmung des Gesamt-P und
-X nicht ausgeführt, indem er über die Bildung des Eiweissphosphors
nach der Veränderung desselben in Prozenten der Trockensubstanz
urteilte.
Bevor wir uns zu den Versuchen mit Zwiebeln von Allium Cepa
wenden, wollen wir die Versuche anführen, welche den Umsatz des
Eiweissphosphors während der Verwundung anderer perennierender
Organe, in welchen ich eine Zunahme des Eiweissstickstoffs früher
nachgewiesen hatte, ^) zu verfolgen bezwecken.
Zu diesen Versuchen wurden Kartoffel- und Dahlia-KnoUen ge-
nommen, wobei jene zuvor von den Augenknospen, um Meristem-
zellen zu beseitigen, befreit wurden.
Bei diesen Versuchen wurde ein Quantum der Objekte mit
einem Scalpell in vier gleiche Teile zerschnitten und dann in zwei
Portionen, von denen jede zwei Stück aller Knollen enthielt, geteilt.
Darauf ^Yurde eine Portion (Kontrollportion) bei 70° getrocknet, die
andere aber in einen dampfgesättigten dunklen Raum eingeführt.
Nach beendetem Versuche (3—4 Tage) wurde auch diese Portion
(Versuchsportion) bei 70° getrocknet.
1) Im ersten Versuche wurden die Zwiebeln auf drei, im zweiten auf vier
Tage in einen dampfgesättigten dunklen Eaum eingeführt.
2) W. Zaleski 1. c.
über den Aufbau der Eiweissstoffe in den Pflanzen. 363
Darauf bestimmte man Gesamt- und Eiweissstickstoff und dann
p
auch Gesamt- und Eiweissphosphor, woraus das Verhältnis ^^- der
Eiweissstoffe derselben berechnet wurde. Die Menge aller bestimm-
baren Verbindungen wurde in Prozenten der lufttrockenen Substanz
ausgedrückt. Die quantitative Bestimmung aller Verbindungen ge-
schah in der früher beschriebenen Weise. ^)
1. Versuch, fiartoffelknolleu.
Kontrollportion Versuchsportion
Gesamt-N 1,4083 pCt. 1,4648 pCt.
Eiweiss-N 0,6799 „ 0,8106 „
Gesamt-P 0,3045 „ 0,3215 „
Eiweiss-P 0,1209 „ 0,1270 „
P ^. . ] 1
Das A erhältnis -„- der Eiweissstoffe , . — r —
N 0,6 6,4
Eiweiss-X in Prozenten des Gesamt-N 48,2 pCt. 55,3 pCt.
Eiweiss-P „ „ „ Gesamt-P 39,7 „ 39,5 „
2. Versuch. Kartoffelknollen.
Kontrollportion Versuchsportion
Eiweiss-N in Prozenten des Gesamt-N . 48,4 pCt. 56,5 pCt.
Eiweiss-P „ „ „ Gesamt-P . 39,8 „ 39,6 „
p
Das Verhältnis ^^ der Eiweissstoffe der Kartoifelknollen ist ein
N
bedeutendes und entspricht seiner Grösse nach dem der Nucleo-
proteide, in welchen dieser Koeffizient gegen -^ bis y^ erreicht.
Nach der Verwunduno; der Knollen verändert sich der Koeffizient
'o
p . .
-^ sehr wenig und entspricht dem der Nucleoproteide. Während
des Versuches beobachteten wir in den Kartoffelknollen keine Zu-
nahme des Eiweissphosphors, obgleich der Eiweissstickstoff eine
Vermehrung erfährt, was auf den Aufbau der phosphorfreien Eiweiss-
stoffe hinweist.
Ob sich die phosphorfreien Eiweissstoffe, welche sich in den ver-
wundeten Kar toffelku ollen bilden, als solche in diesen ablagern, oder
sich mit der schon vorhandenen Nucleinsäure die Nucleoproteide bilden,
P . .
was nach dem grossen Verhältnis ^^r^ der Eiweissstoffe zu schliessen
p . .
möglich wäre, unbekannt bleibt, da der Koeffizient -^rf- kein Mittel
o : ' N
gibt, um über die Veränderung der Eiweissstoffe zu urteilen.
1) W. Zaleski, diese Berichte, Bd. XX und XXIV.
364 W. ZALESKI:
3. Versuch. Knollen von Dahlia variabilis.
Konlrollportion Versuclisportion
Eiweiss-N in Prozenten des Gesamt-N . 22,7 pCt. 32,4 pCt.
Eiweiss-P „ „ „ Gesamt-P . 6,7 „ 7,6 „
Nach der Verwundung der Dahlia-KuoWew verändert sieh der
Eiweissphosphor derselben in der Fehlergrenze der Analyse, während
der Eiweissstickstoff eine starke Zunahme erfährt, was auch auf den
Aufbau der phosphorfreien Eiweissstoffe hinweist.
V\^enden wir uns jetzt zu den Versuchen mit den Zwiebeln von
Allium Cepa, da es sehr interessant ist, ob sie eine Ausnahme in
dieser Beziehung darstellen.
Die Versuche mit ^//mm-Zwiebeln wurden ganz in derselben
Weise, wie die der Kartoffel- und i)aÄ/m-Knollen ausgeführt. Aber
ich bestimmte in diesem Falle auch die in der Nucleinsäure ge-
bundenen Purinbasen, wie auch den Stickstoff der durch 0,2 pCt.
Salzsäure auso-efällteu Eiweissstoffe.
Der Stickstoff der Purinbasen, welche an Nucleinsäure gebunden
sind, wurde in folgender Weise bestimmt. Es wurden die durch 0,2 pCt.
Salzsäure ausgefällten Eiweissstoffe 4 Stunden lang am Eückfluss-
kühler mit 4 pCt. Schwefelsäure oder 8 Stunden lang im Autoclaven
bei 100° mit derselben Säure erhitzt. Die Lösung wurde abfiltriert,
mit dem Waschwasser vereinigt, neutralisiert und nach Essigsäure-
zusatz auf dem Wasserbade eingeengt. Dann wurden die Purinbasen
nach Ammoniakzusatz mit ammoniakalischer Silberlösung gefällt und
nach AmmoniakentferDuui? zur Bestimmun o' des Stickstoffs derselben
nach KjeldahL benutzt.^)
4. Versucb. Zwiebeln von Alliuni Cepa.
Kontrollportion Veisuchsportion
Gesamt-N 2,5404 pCt. 2,8005 pCt.
Eiweiss-N im Kupferoxydhydrat-
niederschlag 0,9370 „ 1,3497 „
Eiweiss-N im Salzsäureniederschlag 0,5896 „ 0,8814 ,,
Gesamt-P 0,3888 „ 0,4432 „
Eiweiss-P 0,0926 „ 0,1204 „
P . 1 1 '
Das Verhältnis -„- der Eiweissstoffe — ; — — -—
N 10 11
Purinbasen-N 0,0476 pCt. 0,0604 pCt.
Eiweiss-N in Prozenten des Gesamt-N 36,8 „ 48,2 „
Eiweiss-P „ „ „ Gesamt-P 23,8 „ 27,1
Purinbasen-N in Prozenten des Ge-
samt-N 1,8 „ 2,2
7)
1) BURIAN und HOLL, Zeitsclir. für physiolog. Chemie, Bd. 38.
über den Aufbau der Eiweissstoffe in den Pflanzen 365
5. Versuch. Zwiebeln von Allium Cepa.
KoutroUportion Versuchsportion
J*]iweiss-N in Prozenten des Gesamt-N 36,9 pCt. 4i),9 pCt.
Puriiibiisen-N in Prozenten des Gesanit-N 2,0 „ 2,5 „
Eiweiss-P in Prozenten des Gesamt-P . 24,3 „ 27,4 „
Nach der Verwundung der Zwiebeln von Allium Cepa beobachten
wir die Zunahme des Phosphors mit der gleichzeitigen Vermehrung
des Stickstoffs der durch 0,2 pCt. Salzsäure fällbaren Eiweissstoffe,
was den Aufbau der ])hosphorhaltigen Eiweissstoffe bezeichnet. Da
in diesem Falle keine Zunahme des gebundenen PurinbasenstickstofFs
stattfand, so könnte man (hiraus schliessen, dass in den verwundeten
Zwiebeln nur die Nucleoalbumine an Menge zunahmen. Eine solche
Schlussfolgerung wäre aber voreilig, da bei der kleinen Zunahme
des Eiweissphosphors in unseren Versuchen die Vermehrung des
Purinbasenstickstoffs, besonders wenn wir die mangelhafte Be-
stimmungsmethode desselben ins Auge fassen, kaum zu konstatieren
möglich wäre.
IWANÜFF urteilt über die Bildung der Nucleoproteide in den
verwundeten yl/Zmvn-Zwiebeln nach der Unveränderlichkeit des
P
Koeffizienten ^, der seiner Grösse nach dem der Nucleoproteide
entspricht. Ich kann dem Verfasser darin nicht beistimmen. Wir
P
haben oben die Meinung ausgesprochen, dass das Verhältnis -^ der
Eiweissstoffe kein Mittel, um über die Art der Veränderung derselben
zu urteilen, gibt. So haben wir gesehen, dass vi //?w?«-Z wiebeln eine
bedeutende Menge der durch 0,2 pCt. Salzsäure nicht fällbaren
Eiweissstoffe, die nicht zu den Nucleoproteiden gehören, enthalten.
Daher kann man nicht sagen, dass alle Eiweissstoffe der Zwiebeln
P
zu den JS^ucleoproteiden gehören, wenn auch der Koeffizient -^,-
seiner Grösse nach dem derselben entspricht. Wir haben oben ge-
. . P . .
sehen, wie ü-ross der Koeffizient ^r^- der Eiweissstoffe der Kartoffeln
ist. Trotz der Unveränderlichkeit dieses Koefficienten während des
Versuches können verschiedene Umwandlungen der Eiweissstoffe
stattfinden. Ich stelle mir vor, dass die Bildung der Eiweissstoffe
und die der Xucleiusäure zwei gesonderte Prozesse sind, und dass
diese mit Eiweissstoffen verschiedenartige Verbindungen gibt, ob-
schon nicht ausgeschlossen ist, dass die Xucleinsäure auch im freien
Zustande in Form von Salzen in den Zellen vorkommt.^)
1) OSBORN und Harris, Zeitschr. für pbysiolog. Chemie, Bd. XXXVI.
366 W. Z ALESKI:
Obschon also die Bildung der ^acleinsäure bezw. die der
Nucleoproteide in den verletzten Zwiebeln von Allium Cepa un-
bewiesen bleibt, so vermute ich doch, dass in unseren Versuchen
mit der Bildung der Eiweissstoffe auch die des Xucleinsäurephosphors
stattfand, da diese Erscheinung mit dem Wachstum im Zusammen-
hange steht. So beobachten wir nach der Verwundung der Zwiebeln
die Ausbildung der Würzelchen uud in einigen Fällen auch ein
Wachstum der Blätter derselben. In dieser Beziehung stehen die
Zwiebeln im Gegensatz zu den Kartoffel- und Z)a/iZm-Knollen, da sie
hauptsächlich aus wachsenden Teilen bestehen, während die von
Augenknospen befreiten KartofFelknollen nur ReservestofPbehälter
darstellen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass je nach dem Ruhe-
stadium der Allium-Zw'iehelü die Bildung des Eiweissphosphors mit
verschiedener Intensität vor sich gehend wird.
Ich habe früher beobachtet,^) dass in den ruhenden Zwiebeln
von Allium Cepa die Eiweissstickstoffbildung vor sich geht. Es ist
möglich, dass in diesem Falle auch die Bildung des Phosphors der
Nucleoalbumine stattfindet, während die Vermehrung der Nucleo-
proteide meiner Meinung nach mit den Wachstumsvorgängen im
Zusammenhange steht. Die weitere Untersuchung dieser Fragen soll
der Zukunft überlassen sein.
Es ist weiter interessant, dass Dahlia-KnoWen und Allium-
Zwiebeln ungeachtet des in ihnen vor sich gehenden Eiweissauf baues
proteolytische Enzyme enthalten, wie aus nachstehenden Versuchen
zu ersehen ist.
Diese Versuche wurden in folgender Weise angestellt. Die Pflanzen-
objekte wurden bei 37 — 38° getrocknet, fein pulverisiert und das so
erhaltene Mehl dann zu Autodigestionsversuchen genommen. Es
wurden die abgewogenen Mengen des Präparates in Gefässe ein-
geführt, mit sterilisiertem Wasser und Toluol versetzt und auf
bestimmte Zeit bei 38—39° C. stehen gelassen. Zur Kontrolle
wurden einige von diesen Gefässen eine Viertelstunde lang im
Wasserbade erhitzt und nach Toluolzusatz wie jene bei denselben
Bedingungen gestellt.
In anderen Fällen wurden Objekte mit Quarzsand zerrieben und
in einer Buchnerschen Presse bei 300 Atm. abgepresst. Der so
erhaltene Presssaft wurde dann zu Autodigestionsversuchen ge-
nommen.
Nach beendigtem Versuche wurden Eiweissstoffe nach StüTZER's
Methode bestimmt.
1) W. Zaleski, diese Berichte, Bd. XIX.
über den Aufbau der Eiweissstoffe iu den Pflanzen. 367
6. Yersuch.
Präparat aus Knollen von Dahlia variabüis mit 1,4919 pCt.
Cresamtstickstoff und 0,333:U pCt. Eiweissstickstoff". Es fällt also
vom Gesamtstickstoft' 22,3 pCt. auf Eiweissstickstoff.
Eiwciss-N in Prozenten des Gesamt-N
Autodigestionsdauer j^ekocht ungekocht
7 Tage 22,2 pCt. 17,9 pCt.
13 22 2 16 0
7. Versuch.
Presssaft aus Zwiebeln von Allium Cepa. Autodigestionsdauer
12 Tao-e. Von dem Gesamt-N fällt auf:
gekocht ungekocht
Eiweiss-N .... 21,5 pCt. 16,2 pCt-
8. Versuch.
Präparat aus Zwiebeln von Allium Cepa mit 0,75089 pCt.
Eiweissstickstoff und 2,08110 pCt. Gesamtstickstoff (in Prozenten
der lufttrockenen Substanz). Es fällt also vom Gesamtstickstoff
;^-6,0 pCt. auf Eiweissstickstoff.
Eiweiss-N iu Prozenten des Gesamt-N
Autodigestionsdauer gekocht ungekocht
6 Tage 35,9 pCt. 27,8 pCt.
9. Versuch.
Die Zwiebeln von Allium Cepa wurden in diesem Versuche in
vier Teile zerschnitten und in einen dampfgesättigten dunklen Raum
auf vier Tage eingeführt, worauf aus ihnen ein Präparat zu Autolyse-
versuchen bereitet wurde. Autodigestionsdauer 13 Tage. In
Prozenten des Präparates fällt auf:
gekoclit ungekocht
Eiweiss-N . . 1,3023 pCt. 1,1224 pGt.
Dahlta-Kuollen und Zwiebeln von Allium Cepa enthalten proteo-
lytische Enzyme, welche den Abbau der Eiweissstoffe verursachen.
Es ist zu bemerken, dass iu den verwundeten Zwiebeln eine
schwächere Proteolyse als in unverletzten vor sich geht. So z. B.
wenn wir den Eiweissstickstoffverlust in Prozenten des anfänglichen
Eiweissstickstoff berechnen, so bekommen wir für unverletzte
Zwiebeln gegen 24 pCt., für verletzte aber nur 14 pCt. Es ist wahr-
scheinlich, dass sich nach der Verwundung der Zwiebeln von Allium
Cepa antiproteolytisch wirkende Stoffe bilden.
Charkow, Pfianzenphysiolog. Kabinett.
368 F- ^V. Keger :
54. F. W. Neger: Eine Krankheit der Birkenkätzchen.
(Mit einer Textfigur.)
Eingegangen am 5. Juli 1907.
Seit Jahren beobachte ich, dass die halbreifen $ Birkenkätzchen
häufig an der Spitze abgestorben und gebräunt sind, während die
untere Hälfte normal grün gefärbt ist, sich weiter entwickelt und
schliesslich reife Früchte trägt.
Die Erscheinung ist sehr verbreitet und tritt fast überall da auf,
wo Birken wachsen.
Im Sommer 190() begann ich der Erscheinung grössere Auf-
merksamkeit zu schenken, setzte die Untersuchung in diesem Jahre
fort und gelangte so zu folgenden Erfahrungen über Wesen und Ur-
sache der Krankheit.
Legt man kranke Birkenkätzchen in eine feuchte Kammer, so
wächst aus dem gebräunten Teil ein Mycel aus, während der grüne
Teil (zunächst wenigstens) frei bleibt.^)
Dieses Mycel ist, wie aus der nachfolgenden Conidienbildung
hervorgeht, eine Botrytis vom Aussehen der Botrytis cinerea. Zahl-
reiche Birkenkätzchen zu verschiedenen Zeiten in feuchte Kammern
gelegt, gaben stets das gleiche Resultat, nämlich Rasen einer
Botrytis., so dass kaum daran gezweifelt werden kann, dass dieser
Pilz tatsächlich die Bräununo- der Kätzchen verursacht.
Ausserdem fand ich sehr häufio- in den kranken Kätzchen
Früchte mit wohlausgebildeten Sklerotien, wie sie von NawaSCHIN
beschrieben und als zu Sclerotinia Betulae Wor. gehörig nachgewiesen
worden sind.^) Es lag nun die Yermutung nahe, dass die aus den
abgestorbenen Teilen der Kätzchen erzogene Botrytis zu Sclerotinia
Betulae als Nebenfruchtform gehörte.
Freilich wäre dies eine Abweichung von der Regel insofern, als
bekanntlich nur Zweig und Blatt bewohnende Sclerotinien Botrytis-
artige Conidienfruktifikation besitzen, während den Frucht- (bezw.
Blüten-)bewohnenden Sclerotinien in der Regel J/om7?'a-Conidien zu-
kommen. Auch hätte wohl schon NawASCHIN in seiner genauen
Untersuchung der Sclerotinia Betulae auf die Botrytis-iixiige Neben-
1) Nicht selten befindet sich dieser Mycelflauni (besonders bei feuchtem
Wetter) sogar schon, so lange die Kätzchen noch am Baum hängen.
2) NAWASCHIN, Sclerotinia Betulae Wor. 1893.
Eine Krankheit der Birkenkätzchen.
369
fruchtforni dieses Pilzes stossen müssen. Er erwähnt aber hiervon
in seiner Arbeit nichts.
In der Tat steht die das Absterben der Kätzchen verursachende
Botrytü in keiner Beziehung zu der Sclerotien bildenden Sclerotinia,
wie aus folgenden Beobachtungen hervorgeht.
Zunächst wurde die Tatsache konstatiert, dass die sclerotisierten
Früchte stets nur in dem gesunden Teil des Kätzchens, niemals im
Birkenkätzchen mit gebräunter Spitze.
gebräunten auftraten, und gerade der gesunde Teil des Kätzchens
zeigte — in die feuchte Kammer gelegt — keinerlei Bildung von
Botrytis-Mjcel. Auch einzelne sclerotisierte Früchte entwickelten,
in einer sterilisierten feuchten Kammer aufbewahrt, kein Mycel.
Andererseits gelang es, aus dem den gebräunten Teil der
Kätzchen durchwuchernden Mycel Reinkulturen herzustellen (auf
Gelatine oder sterilisiertem Schwarzbrot), welche nach reichlicher
Mycel- und Conidienbildung mächtige Sclerotien bildeten.
370 F- W. NEGER:
Diese Sclerotien wurden nun vor Vertrocknung geschützt, den
Winter über aufbewahrt und während mehrerer Monate der Winter-
kälte ausgesetzt. Falls zur Bildung einer Apothecienfruktifikation
bedeutende Temperatureruiedrigung nötig sein sollte, so war diese
Bedingung erfüllt, unter gleichzeitigem Schutz vor anderen die
Sclerotien bedrohenden Organismen. In der Tat waren die Rein-
kulturen am Ende des Winters ebenso rein wie zu Beginn desselben.
Als die Sclerotienkulturen nun im April in das warme Zimmer
überführt wurden, da brachen nach kurzer Zeit aus den Sclerotien
Botri/tis-Conidienh'äger hervor, welche schliesslich die ersteren mit
dichten Rasen bedeckten. Von Apothecien war keine Spur zu
sehen.
Bekanntlich ist es auch BßEFELD^) nicht gelungen, aus jenen
Sclerotien der Sclerotinia Fuckeliana Fuck., welche Botnitis-Gomdiaw
entwickelten, Ascusfruktifikation zu erziehen.
Das Ausbleiben der Apothecienbildung an den aus dem mycel-
kranken Birkenkätzchen erzogenen Sclerotien spricht jedenfalls dafür,
dass jene Botrytis in keiner Beziehung steht zu Sclerotinia Betulae.
Eine weitere Bestätigung dieser Annahme ergab sich aus
folgenden Tatsachen.
Im Herbst 1906 würden kranke Birkenkätzchen, welche auch
sclerotisierte Früchte enthielten in einen Blumentopf gelegt und
unter Laub den Winter über im Freien gelassen. Im Frühjahr 1907
war folgendes zu beobachten: Von den sclerotisierten Früchten war
nichts mehr zu sehen — dieselben waren vielleicht Tausendfüssern
zum Opfer gefallen; diese Tiere haben eine grosse Vorliebe für
Sclerotien — , dagegen zeigte sich auf einzelnen der dreilappigen
Kätzchenschuppen eine bemerkenswerte Erscheinung. An der Spitze
des Mittellappens (seltener an einem Seitenlappen) sass ein kleines
kugeliges Sclerotium von Mohnkorngrösse. Die meisten dieser
Sclerotien waren schon zu Botri/tis-ltiasen ausgewachsen und diese
7iof/-_;/f/s-Sporen, auf Nährgelatine gebracht, keimten aus und lieferten
Kulturen, welche vollkommen mit jenen Botrijtis-Rasen überein-
stimmten, die auf den künstlich erzogenen Sclerotien entstanden
waren.
Daraus geht hervor, dass der die Bräunung der Katzchen ver-
ursachende Pilz auch auf dem natürlichen Substrat Sclerotien zu
bilden vermag, aber nicht wie die Sclerotinia Betulae in den Früchten,
sondern in den Kätzchenschuppen — also blattartigen Gebilden.
Wir haben demnach auf den Birkenkätzchen zwei Sclerotien
bildende Pilze zu unterscheiden:
1) Mycologische Untersuchungen usw., Heft IV'^, S. 129.
Eine Krankheit der Birkenkätzchen. 371
Sclerotinia Betulae Wor. in den Früchten, Apothecien aus den
Sclerotien, Nebenfruchtform voraussichtlich eine Monilia
(bisher noch nicht bekannt); die Wirkung- dieses Pilzes ist
äusserlich an den Kätzchen nicht zu sehen.
Botrytis (wahrscheinlich cinerea Pers.). Das Mycel befällt hauptsäch-
lich die Kätzchenschuppen/) an deren Spitze auch die
Sclerotien gebildet werden. Apothecien unbekannt; aus den
Sclerotien wieder i?of/v/^w-Conidien; die Wirkung dieses
Pilzes ist schon äusserlich sichtbar, in dem die vordere
Hälfte der ? Kätzchen abstirbt und sich braun färbt.
Nun wäre noch die Frage zu erörtern: Ist Botrytis cinerea bei
dieser Erkrankung der Birkenkätzchen die primäre Ursache oder
kommt ihr nur eine sekundäre Bedeutung zu?
Ich möchte mich für das letztere entscheiden und zwar aus
folgenden Gründen:
Wenn die Botrytis imstande wäre, durchaus gesunde und wohl-
ernährte Kätzchenschuppen zu befallen, so müsste doch wenigstens
vereinzelt der Fall eintreten, dass auch die Basis eines Kätzchens
erkrankt und die Spitze gesund bliebe.
Dieser Fall kommt aber niemals vor. Selten ist das Kätzchen
der ganzen Länge nach gebräunt, fast stets ist die Basis grün und
gesund und nur die Spitze oder die vordere Hälfte gebräunt (siehe
Figur).
Offenbar kommt dieser Teil des Kätzchens bei der Yersorguno;
mit Wasser und Nährstoffen zu kurz, indem er unter der Konkurrenz
der unteren Hälfte leidet. —
Anhangsweise möchte ich hier kurz eines anderen Sclerotiums
gedenken, welches mir durch die Güte von Herrn Prof. THOMAS,
Ohrdruf, zuging, nämlich schwarzer, stecknadelkopfgrosser Dauer-
körper, welche abgestorbenen Haselnussblättern aufsitzen. Auch
diese liess ich in geeigneter Weise überwintern in der Hoffnung, im
Frühjahr daraus Apothecien zu erziehen. Die Frage erschien um so
interessanter als vor kurzem SCHELLENBERG ^) über eine von ihm
beobachtete Sclerotinia in der Blütenachse von männlichen Haselnuss-
kätzchen berichtet hatte.
Meine Sclerotien keimten im April dieses Jahres (im Freien)
aus, gaben aber keine Apothecien, sondern gleichfalls nur Botrytis-
Rasen. Aus den Conidien dieser Botrytis erzogene Eeiukulturen
unterscheiden sich in nichts von Botrytis cinerea. Demnach stehen
1) Hier und da fand ich vereinzelte Mjcelfäden auch in den verkümmerten
Früchtchen.
2) Ber. der Deutschen Bot. Ges., Bd. XXIV, 1906, S. 505.
372 Ed. Fischer:
offenbar auch diese blattbewohnenden Sclerotien mitderSCHELLENBEßG-
schen Sclerotinia Coryli in keiner Beziehung.
Herrn W. BÄE, Assistent am zoologischen Institut der Königl.
Forstakademie, welcher mir bei Beschaffung der kranken Birken-
kätzchen und Überwachung der Sclerotien in freundlichster Weise
behilflich war, spreche ich auch an dieser Stelle meinen verbindlichen
Dank aus.
55. Ed. Fischer: Über einige kalifornische Hypogaeen.
(Yorläufige Mitteilung.) j
Mit einer Textfigur.
Eing'egangen am 11. Juli 1907.
Im Jahre 1905 erhielt ich von Herrn Professor W. A. SeTCHELL
in Berkeley eine Reihe von Hypogaeen, die derselbe mit Herrn
N. L. GaRDNER in Kalifornien gesammelt hatte und die er mir
gütigst zur Bearbeitung überliess, wofür ich ihm meinen herzlichen
Dank ausspreche. Es befanden sich unter denselben mehrere
Formen, welche namentlich mit Rücksicht auf die Frage nach den
Verwandtschaftsverhältnissen dieser Pilze ein grösseres Interesse
beanspruchen. Da die eingehendere, von Abbildungen begleitete
Darstellung aber erst in einiger Zeit publiziert werden kann, so
soll im Folgenden eine kurze Besprechung dieser Pilze gegeben
werden.
1. Pseudogenea californica n. sp. Dieser Pilz unterscheidet sich
von der durch BUCHOLTZ^) zum erstenmal beschriebenen Pseudogenea
Vallisumbrosae sowohl in der Form des Fruchtkörpers, als auch in
den Dimensionen der Asci und Sporen: die Fruchtkörper erscheinen
viel unregelmässiger gestaltet; sie erinnern durch ihre fast halb-
kugeligen Höcker etAvas an Genea verrucosa, doch sind sie weisslich
gefärbt. Die zentrale Höhlung derselben ist durch zahlreiche
Wülste und Vorwölbungen der Wandung eingeengt und mündet an
mehreren Stellen nach aussen. Innen- und Aussenseite der Wandung
sind von höckeriger Rinde überzogen. Die Asci bilden zahlreiche von
einander getrennte, in der Fruchtkörperwandung eingebettete, ge-
1) BUCHOLTZ, Pseudogenea Vallisumbrosae nov. gen. et spec. Hedwigia XL
lÜÜl. p. 129-131.
über einige kalifornische Hypogacen. 37H
bogene uiul mit ihrer Koiikavseite gegen die Friichtkörperliölilung
orientierte Hymenien. Die Asci sind 180—250 /.i lang und haben
einen Durchmesser von etwa 35 /j.. Die Sporen sind kugelig, ihr
Öurchmesser beträgt "28—35 /<, die dicke, blassgelbe Membran der-
selben zeigt eine feine, aus unregelmässig gekrümmten verzweigten
und zuweilen anastomosierenden Leisten bestehende Skulptur.
BüCHOLTZ^) stellt mit Recht Paeudogenea in die nächste Nähe von
Genea. Zugleich weist er darauf hin, dass eine Verwandtschaft mit
der Gattung Genabea bestehen könnte. Nach Untersuchung von
Psetidogenea californica und Vergleichung derselben mit Genabea
kann ich dieser Ausiclit voll und ganz beistimmen; die Beziehungen
zwischen beiden Gattungen sind sogar ausserordentlich nahe. Frag-
licher erscheint mir dagegen der Anschluss von Lhoiromyces an
Genabea.
Möglicherweise ist Pseudogenea californica identisch mit einem
der von HaRKNESS'^) unter dem Gattungsnamen Myrmecocgstis be-
schriebenen Pilze. Sollte dies wirklich der Fall sein, so gehört
dem Namen Mijrmecocijstis vor Pseudogenea der Vorrang, da er die
Priorität hat.
2. Piersonia. Diese Gattung ist von HaRKNESS (1. c.) aufgestellt
worden; doch ist aus seiner Beschreibung die systematische Stellung
des Pilzes nicht recht klar ersichtlich. Die mir zur Verfügung
stehenden Exemplare (welche sich durch ihre Asci und Sporen un-
zweifelhaft als hierher gehörend erweisen) zeigten, dass es sich um
einen höchst interessanten Typus der Eutuberineenreihe handelt: Auf
einem Durchschnitt durch den Fruchtkörper findet man Venae
externae, die von zahlreichen Punkten der Oberfläche ausgehen und
sich im Innern reichlich verästeln. Während nun bei den übrigen
Eutuberineen die Venae externae ihrer ganzen Länge nach vom
Hymenium umkleidet sind, finden wir sie hier nur in ihren letzten,
etwas erweiterten Auszweigungen von den Asci umschlossen; in
ihrem ganzen übrigen Verlaufe werden sie dagegen nur von einer
mehr oder weniger deutlichen Paraphysenpalissade begrenzt. Infolge
dessen bilden die Ascushymenien kurze bogige oder schleifen-
förmige, einzeln im Fruchtkörpergeflecht eingelagerte Bänder. Da-
durch entsteht eine gewisse Ähnlichkeit mit (Jhoiromyces., welcher
allerdings der Venae externae entbehrt. Die Figur auf S. 374 gibt
eine schematische Darstellung einer Partie aus dem Fruchtkörper-
innern von Piersonia: E, stellt die Aussenrinde des Fruchtkörpers
1) BUCHOLTZ, Beiträge zur Morphologie und Systematik der Hypogaeen.
Moskau und St. Petersburg 1902 und Autoreferat über diese Arbeit iu Annales
Mycologici Vol. I 1903 p. 152.
2) HARKNESS, Californian hypogaeous Fungi. Proceedings of the California-
Academy of sciences. Ser. IU Botany Vol. I 1899 p. 241—292.
Ber. der deutschen bot. GeseUsch. XXV. 26
374
Ed. Fischer:
dar, ve die Yenae exteniae, H die Asciishymenien, welche die Enden
der Venae externae nmschliessen. Am nächsten verwandt ist Padnj-
phloeus (besonders dessen Untergattung Cryptica), bei dem aber die
Venae externae eben auch, wie bei den übrigen Eutnberineen, in
ihrer ganzen Länge von den Asci begleitet werden, statt nur an
ihren Endauszweigungen.
3. Pseudobahamia Setcltelli nov. gen. et spec. Die Fruchtkörper
sind hier von Yenae externae durchsetzt, welche entweder von einer
ffrubioen Vertiefung der Oberfläche ins Innere ausstrahlen oder einen
unreo-elmässigen Verlauf zeigen und an mehreren Punkten der
Oberfläche ausmünden und welche von einer mehr oder weniger
deutlichen Hyphenpalissade umgrenzt werden. Aussen ist der
-.,ve.
Fruchtkörper von einer warzigen Pseudoparenchymrinde bedeckt.
Üie Asci erscheinen in dem ganzen zwischen den Venae externae
liegenden Fruchtkörpergeflecht gleichmässig und regellos verteilt, sie
sind meist ellipsoidisch bis zitronenförmig oder dick spindelförmig
gestaltet und enthalten in regelloser Lagerung acht ellipsoidische
Sporen mit w^enig verdickter, farbloser, glatter Membran. Bei
Ps. Setchelli sind die Asci 50 — 70 /t lang, ihr Durchmesser beträgt
"25 — 35 f.L. Die Sporen messen 21 — 28:10—12 jx. — Am nächsten
steht Pseudohalsamia der Gattung Bijdnobolifes, welche ich in meinen
früheren Bearbeitungen^) der Hypogaeen zu den Plectascineen
gestellt hatte, die aber vielleicht doch den Tuberineen und speziell
der Gattung Tuber angereiht werden könnte.
1) In Engler und Prantl, Natürliche Pflauzenfamilieu.
über einige kalifornische Hypogaeen. 375
4. Geopora und Pseudhijdnotrjia. Die Gattung- Pseudhydnotrya^
welche ich seinerzeit^) nach einem oder zwei von HARKNESS er-
haltenen Exemplaren aus Kalifornien aufgestellt und in der Nähe
von Hißdnotrya an die Eutuberineen angereiht hatte, kann ich nach
Untersuchung der mir von Herrn Prof. SetCHELL zugesandten
Exemplare nicht mehr aufrecht erhalten. Es handelt sich hier viel-
mehr um einen Vertreter der Gattung Geopora, bei welchem von
der Fruchtkörperwand zahlreiche Vorsprünge ins Innere vorragen
und so ein kompliziertes System von Falten und Gängen hervor-
rufen. Da wo Öffnungen in der Wandung vorliegen, sind dieselben
vielleicht doch nur zufällig oder nachträglich entstanden. Übrigens
besitzt auch die nahe verwandte Gattung Hydnocijstis in gewissen
Vertretern (H. arenaria) eine spaltförmige Öffnung ihrer Wandung.
Der von mir als Pseudhydnotrya llarknessi beschriebene Pilz gehört
somit nicht zu den Eutuberineen, sondern wie die übrigen Geopora-
arten un^l Hydiiocystis zu den Pezizaceen. Wie es sich mit dem von
mir angenommenen, aber von 3[ATTIR0L0^) bestrittenen Anschluss
von Balsamia an diese Formen verhält, muss einstweilen noch un-
entschieden gelassen werden.
5. Hysterangiuvi und die Clathraceen- Reihe. Der von
H. Rehsteiner'') zum ersten Male nachgewiesene Anschluss der
Clathraceen-Reihe an die Gattung Bysterangium ist bekanntlich durch
die geuauere Untersuchung von Protubera*) und P/tallogaster^), dann
auch durch L. PETRINS **) Clathrogaster aufs schönste bestätigt worden.
Es ist nun von Interesse zu sehen, dass auch innerhalb der Gattung
Hysterangium verschiedene Abstufungen in der Differenzierung der
Fruchtkörper auftreten, die den Übergang zwischen dem von Reh-
STEINER untersuchten //. clathroides und Phallogaster vermitteln.
Eine solche Form befindet sich auch unter den mir von Herrn
Prof. SETCHELL übersandten Pilzen. Dieselbe steht MaTTIROLO's'')
H. siculum sehr nahe, hat aber kleinere Sporen (9 — 12 : 5 ,a). Die
Eigentümlichkeit dieser Arten besteht darin, dass sich die Trama-
platten unter der Peridie verbreitern und mit einander in seitliche
Verbindung treten, wodurch eine nur von Zeit zu Zeit durch schmale
1) In Engler und PrANTL, Natürliche Pflauzenfamilien.
2) Gli ipogei di Sardegna e di Sicilia. Malpighia Vol. XIV, 190!).
3) Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Fruchtkörper einiger Gastromyceten.
Botanische Zeitung 18U2
4) Alfred Möller, Brasilische Pilzblumen. Jena 1895 p. 10 ff.
5) Vgl. Ed. Fischer, Untersuchungen zur vergleiclienden Entwicklungs-
geschichte und Systematik der Phalloiden III. Teil. Neue Denkschriften der
schweizerischen naturforschenden Gesellschaft Band XXXVI, 2, 1900.
6) L. Petri, Descrizioni di alcuni Gastromiceti di Borneo. Malpighia
Vol. XIV, 1900.
7) Mattirolo, Gli ipogei di Sardegna e di Sicilia 1. c.
26*
376 Gr. TISCHLER:
geschl angelte imd verzweigte Spalten unterbrochene Gallertschiclit
entsteht, die man ganz gut mit der Volvagallerte von Phallogaster,
Clathrogaster und der Clathraceeu vergleichen kann.
Unter den von mir untersuchten kalifornischen Hypogaeen
befand sich ferner eine andere Spezies, die ich Hysterangium Gar-
dneri n. sp. nenne und welche wieder einen besonderen Typus der
Gattung darstellt: Es ragen nämlich hier von der Peridie her und
als Fortsetzung derselben breite Adern mehr oder weniger tief
in die Gleba hinein; die umgebenden Tramaplatten und Gleba-
kammern konvergieren gegen diese Adern und die Glebakammern
münden in die letzteren ein. Die übrigen Verhältnisse entsprechen
denen anderer Hysterangien, die Peridie besteht aus einem weit-
lumigen Hyphengeflecht, das an der Oberfläche pseudoparen-
chymatisch wird; die Sporen sind 10 — 11 /< lang, ihr Durchmesser
Jjeträgt 3 — 4 fx.
56. G. Tischler: Weitere Untersuchungen über Sterilitäts-
ursachen bei Bastardpflanzen.
Vorläufige Mitteilung.
Eingegangen am 19. Juli 1907.
Im Anschluss an meine früheren Studien bei sterilen Bastarden
liabe ich in der letzten Zeit über gewisse Mirabilis-Hybriden, für
die mir Herr Professor CORRENS gütigst genügendes Material zur
Verfügung stellte, sowie über Potentilla Tabernaemontani X rubens^
die ich Herrn Dr. Th. WOLF in Dresden verdanke, und endlich
über den schon von JUEL studierten Fliederbastard: Syringa vulgaris
X persica (Syr. ehinensis) cytologisch gearbeitet. Da die Druck-
legung des ziemlich umfangreichen Manuskriptes erst in einigen
Monaten erfolgen dürfte, sei es mir erlaubt, schon jetzt die wichtigsten
der erhaltenen Resultate zusammenzustellen.
Bei Mirabilis Jalapa X ttibi^ora^ einem total sterilen Bastard,
fällt als erste Besonderheit auf, dass die Archesporzellen, ehe sie in
Teilung eintreten, nicht in dem Masse zu -wachsen vermögen wie
die umgebenden Tapeteuzellen. Der von diesen eingeschlossene
Raum wird somit nicht mehr völlig vom sporogenen Gewebe aus-
gefüllt und grössere Intercellularräume treten in diesem auf. Die
allotypen Mitosen gehen anscheinend völlig normal vor sich.
Weitere Untersuchungen über Sterilitätsursachen bei Bastardptlanzen. 377
Bivalente Strukturen finden sieh allerdings nicht vor der Diakinese
und die Synapsis schien mir keine ganz typische zu sein. Die Zahl
>ler Chromosomen bestimmte ich auf annähernd 16 nach der Re-
duktion. Plasmamangel macht sich während der Teilungen noch
nicht bemerkbar, doch zeigte er sich in den meisten der Zellen
kurz nach Lösung der Tetraden aus dem gemeinsamen Yerband.
Schliesslich vertrocknen Plasma und Kern total; merkwürdigerweise
wachsen aber die Exineu ungestört fort. Sie haben eine ziemlich
komplizierte Struktur, bestehen aus drei Schichten, die nacheinander
aus dem Plasma abgeschieden werden und deren interessanteste die
mittlere, die „Stäbchenschicht", ist. Über ihre Entstehung wollen wir
erst seinerzeit eingehend berichten.
Die junge Spezialzelle hat zunächst etwa einen Durchmesser
von IG /<, das fertige, wenn auch taube, Pollenkorn mass hingegen
weit über 100 ,«; die ganze Zellwand war anfangs ein kaum wahr-
nehmbares Häutchen und zeigte schliesslich eine Dicke von mehr
als "22 ix\ Während des grössten Teiles ihres Wachstums existierte
gar kein oder nur degeneriertes Plasma mit einem verschrumpften
Kern. Die Tapetenzellen allein müssen somit die Baustoffe geliefert
haben, die zum Wachstum der Membran nötig sind. Warum sie
aber alle von letzterer absorbiert werden und dem Protoplasten nicht
auch zugute kommen, vermag man nicht einzusehen. — Nur ganz
woiiige Pollenkörner füllen sich normal mit Plasma, lassen ihren
Kern sich teilen und sogar eine generative Zelle sich bilden. Diese
dürften auch noch funktionstüchtig sein; da künstliche Keimungs-
versuche bei Mirabilis aber bekanntlich nicht gelingen, ist ein
exakter Nachweis sehr erschwert.
Bei dem $ Archespor konnte ich nur die ersten Stadien ver-
folgen. Es ist von Interesse, dass auch hier sich ein nicht
genügendes W^achstum der Embryosack - Mutterzelle bemerkbar
macht.
Im Gegensatze dazu kann man bei dem Elter Mirabilis Jnlapa
finden, dass eine derartige „Harmoniestörung" weder in den 5
noch in den $ Sexualorganen vorkommt, dass hier vielmehr Archespor
und die Nachbargewebe ganz gleichmässig wachsen. Dagegen
stellen sich bis zu einem gewissen Prozentsatze bei den beiden
Eltern, wie auch bei den sonst untersuchten Mirabilis longiflora und
Mirabilis Jalapa X lorigißora (erste und zweite Generation) völlig
taube Körner ein, deren Exinen wieder allein gewachsen sind. Dies
eigenartige Verhalten kann als Charakteristikum der Hybriden
somit nicht gelten, und es bleibt für den oben genannten, gänzlich
sterilen Bastard als einziger prinzipiell wichtiger sichtbarer Unterschied
gegenüber den Eltern das nicht entsprechende Wachsen des Arche-
spors übrig. —
378 Gr. Tischler:
Pote7itilla Tahernaemontani X ruhen?, ist eiae Pflanze, die zwa
bis zu ^/g und mehr total verschrumpfte Pollenkörner besitzt, deren
restierende aber noch genügen, besonders da die Samenanlagen
intakt sind, um den Bastard zu einem so gut fertilen zu machen,
dass er an seinen natürlichen Standorten ^Yeg■en seiner grösseren
vegetativen Kraft zuweilen die beiden Eltern ganz verdrängen kann.
Eine cytologische Untersuchung lehrte mich auch hier die Re-
duktions- wie die nachfolgende homöotype Teilung als eine im
wesentlichen normale kennen: nur gelegentliche Abnormitäten kamen
vor. Die Chromosomenzahl betrug wieder 16, vor der Reduktion ;-i2,
Doppelstrukturen wurden hier schon unmittelbar nach der Synapsis,
lange vor der Diakiuese beobachtet. Bei vielen Körnern trat bereits
während der allotypen Mitosen eine sehr bemerkbare Plasmaarmut
auf, die auch an lebendem Material konstatiert werden konnte. Nach
Vollenduno- der Teiluno-en macht sie sich nur noch um so mehr
bemerkbar.
Neben dem cytologischen Verhalten der Bastardmikrosporen
wurde auch eine lückenlose Reihe der einzelnen Stadien bei FotentiUa
Tahernaemontani verfolgt. Ein prinzipieller Unterschied ist weder
bei den Mitosen noch im definitiven Aussehen nachzuweisen, nur
hat der Bastard schliesslich mehr taube Körner als der Eiter. Im
Gegensatz zu ihnen beiden hat der andere Elter, Potentllla rubens,
fast nur gesunde und volle Pollenkörner. Diese stellt auch eine
„ganz konstante" Art dar, während Potentilla Tahernaemontani
„mutationsverdächtig" ist, wie wir ausführen werden.
Es gelang mir nun durch veränderte Kulturbedingungen (völliges
Etiolement in Verbindung mit Warmhaustemperatur) bei dem
Bastarde totale Sterilität hervorzurufen. Der Plasmamangel machte
sich dann überall schon in den Archesporzellen bemerkbar, auch
fiel eine sehr grosse Chromatinarmut auf. Die Tetradenteilung wird
anscheinend wieder normal durchgeführt. Künstliches Austreiben
o^
der Pollenschläuche, das bei Potentilla sonst leicht gelingt, war
nirgends mehr möglich, da der grösste Teil der Pollenkörner total
degeneriert und taub war. Doch zeigten sich ausserdem in meinen
Präparaten einige monströse Körner, reich mit Plasma angefüllt, die
selbst bis zu doppelter Grösse der Norm herangewachsen waren.
Hier liess sich ein starkes Missverhältnis zwischen Plasma und
Kern nachweisen; letzterer hatte sich oft gar nicht mehr geteilt
und eine „Harmoniestörung" war somit auch hier sehr weitgehend
ausgeprägt.
Ja selbst bei Potentilla rubens konnte ich unter den gleichen
Kulturen, wenn auch nicht bei allen Pollenkörnern, so doch bei
einem grösseren Teil, künstliches Taubwerden hervorrufen. Auch
hier war es unabhängig von dem Verlauf der Tetradenteilung.
Weitere Untersuchungen über Sterilitiitsursachen bei Bastardpilanzen. 379
Einen Einfluss auf die Bildung- der Pollenkörner auszuüben war
mir aber nicht mehr möglich, wenn die Pflanzen unmittelbar vor
j\en Teilungen unter abnorme Lebensverhältnisse gebracht wurden. —
Und doch wurde im Warmhaus gerade Potentilla rubens total steril,
auch wenn genügend Licht zur Verfügung stand. Die Befruchtung
war zwar noch überall erfolgt, desgleichen sah ich junge wenig-
zellige Embryonen; diese starben aber immer alsbald ab und
schliesslich degenerierte und faulte die ganze Pflanze. Der Bastard
war wenigstens etwas widerstandsfähiger, am besten ertrug Potentilla
Tabernaemontani den Eingriff, da sie sogar reife Samen ausbildete.
Ich beobachtete übrigens bei letztgenanntem Elter in der freien
Natur unter bestimmten Umständen völlig contabescente Antheren.
Sie gehörten zu Blüten, welche zu allererst im Frühjahr aufbrachen;
die Pflanze war somit zu dieser Zeit gynomonöcisch. Cytologisches
Studium zeigte mir, dass Teilungen des Archespors unterblieben;
diese Zellen waren vielmehr gänzlich geschrumpft und speicherten
lebhaft Farbstoffe.
Als letzten Hybriden zog ich die schon von JUEL behandelte
Sijringa chinensis heran. Bekanntlich hat dieser Autor weitgehende
Abweichungen von. der normalen Tetradenteilung hier beschrieben
und, trotzdem er sich sehr vorsichtig über seine Beobachtungen aus-
gedrückt hat, hatte man seine Angaben zu weitergehenden Spekulationen
benutzt. Ich kann die von JUEL entdeckten oft höchst merk-
würdigen Kernbilder zum grössten Teile bestätigen, denn auch ich
konstatierte
1. Verkümmerung der Archesporzellen,
2. Durchschnürung der Kerne vor der Synapsis,
• 3. unreoelmässio-e Verteilung der Chromosomen während der
Teilungen,
4. Auftreten von überzähligen Kernen,
5. merkwürdige Spindelausbildung,
6. Durchschnürung der Kerne während der heterotypen Mitose,
7. Auftreten von zwei Kernen in den jungen PoUen-Spezial-
zellen.
Aber alle diese Unregelmässigkeiten beziehen sich nur auf einen
nicht allzu grossen Teil der Polleukörner. Die grösste Anzahl,
wenigstens bei dem von mir studierten Material, machte die Tetraden-
teilung regelmässig durch. Da Syringa chinensis in den gärtnerischen
Anlagen nicht immer unter den gleichen Formen vorkommt, dürfte
diese Differenz mit JUEL auf individuelle Verschiedenheit der
Bastarde zurückzuführen sein.
In zwei prinzipiell wichtigen Dingen, die JUEL nur vorsichtig
andeutet, kann ich dem ausgezeichneten schwedischen Cytologen
380 G- TISCHLER:
aber nicht beipflichten: Das ist einmal in der Beurteilung der Dia-
kinese und zweitens in der Frage nach einer eventuellen „Entmischung
des $ und ? Chromatins". Genau wie JUEL muss ich leider die
Frage nach der Chromosomenzahl noch offen lassen; ich kann nur
sagen, dass die reduzierte wohl zwischen 14 und 20 liegen wird.
Doppelstrukturen finden sich deutlich schon kurz nach der Synapsis,
vielleicht selbst früher, ein, und in der Diakinese haben wir dann
eine ganz normale Anordnung der Chromosomen. (Nur zuweilen
schienen einige ohne gegenseitige Bindung zu sein.) Dass nun
diese sich nicht w^ie gewöhnlich während der Reduktionsspindel
halbieren sollen, vermag ich nicht anzunehmen. Gewiss kommen
auch solche Abnormitäten vor, z. B. bei den Durchschnürungen der
Kerne, aber das sind doch nur verschwindend geringe Fälle. Das
ähnliche Aussehen der Chromosomen in der Interkinese und Diakinese,
auf das JUEL verweist, habe auch ich gefunden. Ich möchte es
aber darauf zurückführen, dass bei ersterer sich besonders stark
schon die Längsspaltung der Chromosomen für den zweiten Teilungs-
schritt markiert. Die Form und gegenseitige Lagerung der chro-
matinhaltigen Bestandteile ist für die Entscheidung all solcher
Fragen, wie auch JüEL meint, nicht günstig.
Die „Entmischung" des Chromatins halte ich hauptsächlicli aus
dem Grunde für unmöglich, weil bei der weitaus grössten Mehrzahl
die dazu notwendigen „Doppelspindeln" nicht existieren. Auch
betrugen die versprengten oder überzähligen Chromosomen niemals
die Hälfte, wie das doch der Fall sein müsste, wenn JUEL
Recht hätte.
Vor allem aber hat JUEL bei seinen theoretischen Folgerungen
nicht genügend berücksichtigt, dass doch auch Syringa persica, der
eine Elter, senau so taub wie der Bastard ist und dass bei dem
anderen Elter, Syringa vulgaris^ die tauben Körner bis zu einem
ziemlich hohen Prozentsatz vorkommen können. Trotzdem führt er
dies Verhalten der beiden Eltern ausdrücklich an. Ich habe die
Pollenentwicklung von Syringa persica verfolgt und eine, allerdings
nicht lückenlose, Serie der einzelnen Stadien erhalten. Einen
prinzipiellen Unterschied zwischen der Pollensterilität bei dieser
Pflanze und der hybriden habe ich ebensowenig gefunden, wie er
nach meinen früheren Untersuchungen bezüglich der Embryosack-
obliteration hier besteht.
Diesen cytologischen Erfahrungen, die wir in unserer ausführ-
lichen Arbeit mit einer grossen Menge von Figuren genau zu er-
läutern haben werden, w^ollen wir noch einen theoretischen Teil
anschliessen, über den sich hier nicht gut kurz referieren lässt.
NVeitere Untersuchungen über Sterilitätsursaclien bei Bastardpflanzen. 381
Immerhin darf ich wohl einige Sätze als „Thesen" schon jetzt an-
führen. Ich will nur noch vorausschicken, dass wir aus unseren
Betrachtungen die Fälle von Sterilität ganz ausschliessen, in denen
sie durch sekundäre Hindernisse, wie Nichtaustreiben des Pollen-
schlauches, mangelnde Narbenfeuchtigkeit usw. erreicht wird (siehe
hierüber die gute Zusammenstellung bei MÜLLER-ThURGAU).
1. Die Sterilität bei Hybriden hängt nicht von irgend welcher
Ohromatinrepulsion ab. Die Unregelmässigkeiten bei der Tetraden-
teiluno" dürfen nicht als Charakteristikum der Bastardnatur betrachtet
werden. Wo sie vorkommen, werden sie gewiss zur Unfruchtbarkeit
beitragen, aber selbst eine unnormale Chromosomenzahl braucht an
sich eine Weiterentwicklung noch nicht auszuschliessen.
2. Die Sterilität ist dadurch bedingt, dass zwei Sexualzellen zu-
sammeno'etreten sind, die eine nicht identische Entwickluns-s-
richtuns' oder -Tendenz besitzen. Einige Male wird der bei der
Fusion ausgelöste Anreiz zu gering, andere Male wieder zu gross,
vor allem aber niemals so ausgeglichen sein, dass der ganze Ablauf
einer normalen Outooenese gut gelingt. Beim Eintritt des Indi-
viduums in den besonders „kritischen" Zeitpunkt der generativen
Phase wird sich dann die starke „Harmoniestörung" auch äusserlich
dokumentieren.
3. Dieser nicht normal angepasste „Stimulus" zur Weiterent-
wicklung kann möglicherweise, wenn wir überhaupt eine Erklärung
versuchen wollen, darin seinen Grund haben, dass — im Sinne von
R. HERTWIG und seiner Schule — nicht aufeinander „angepasste"
Kern- und Plasmamengen zusammentreffen, so dass die normale
Kernplasmarelation nicht völlig erreicht wird. Die Hauptsache
wird aber nicht in der rein quantitativen, sondern in der quali-
tativen Verschiedenheit der kopulierenden Zelliuhalte liegen.
4. Wir haben gewisse Anzeichen dafür, dass in einigen Fällen
die zu starke Üppigkeit der vegetativen Teile im Sinne von JOST
auf eine Art „Giftwirkung" zurückzuführen ist.
5. Auch die Tatsachen der Selbststerilität, natürlich nur für die
Beispiele, in denen die Sexualzellen auch wirklich Gelegenheit
haben, zusammenzukommen, lassen sich für unsere Anschauung
verwerten.
6. Durch Modifikationen der äusseren Lebensbedingungen
o-eling-t es bis zu einem o-ewissen Grade, die Sexualzellen der Nicht-
hybriden genau so zu beeinflussen, wie die innere Ursache der
Bastardnatur es bei den Hybriden tut.
7. Die Sterilität der Bastarde ist durchaus relativ.
8.. Ein wirkliches „Abspalten" von Merkmalen kommt bei den
Reduktionsteilungen nicht vor. Dies folgt aus den
382 G- Tischler: UntersuchuDgen über Stcrilitätsursachcn bei Bastardpllanz'^n.
a) Erfahrungen bei den vegetativen Spaltungen,
h) Entdeckungen von TSCHEE^^LAK betreffs der Kry))tomerie,
c) Tatsachen, anf die namentlich KLEBS aufmerksam gemacht
hat, dass auch Eigenschaften „mendeln", die nicht einzelne
Anlagen, sondern die Konstitution des ganzen Idioplasmaa
betreffen.
9. Trotzdem besteht die Ansicht zu Recht, dass die Reduktions-
teilungen für die sogenannten „MENDEL" 'sehen Spaltungen die ent-
scheidenden sind. Xur darf man die Erklärung nicht rein mechanisch
in dem Fortschaffen gewisser „ganzer" Chromosomen sehen. E&
wird, da wir weitere sichtbare Yerschiedenheiten der allotypen
Mitosen von den typischen nicht haben, daher die Hypothese nötig
sein, dass während der ersteren eine weitgehende Alteration des
„Idioplasmas" stattfindet, die vielleicht durch die als Regulatoren
dabei wirksamen Chromosomen irgendwie eingeleitet wird. Wie
wir uns diese Alteration vorzustellen haben, wissen wir nicht, jeden-
falls kann sie auch unter bestimmten Umständen (z. B den vegetativen
Spaltungen) in anderen Zellen als den Sexualzellen sich einstellen.
10. Die Annahme, dass die einzelnen Merkmale an distinkte.
räumlich getrennte „Pangene" gebunden sind, ist aufzugeben. Wir
haben es bei dem „Keimplasma" nicht mit extensiven, sondern
mit intensiven Mannigfaltigkeiten im Sinne von DßlESCH zu tun.
11. Das Chromatin ist wohl nicht von alleiniger Bedeutuno-
für die Erbsubstanzen, worauf neuerdings auch STRASBURGER
hinweist. An der Wichtigkeit der Chromosomen für die Ver-
erbung dürfen wir iedoch auch trotz scheinbar entgey-ensteheuder
Daten (GODLEWSKI jun.) wohl nicht zweifeln.
12. An dem Vorhandensein eines spezifischen „Idioplasmas" und
an einer bestimmten Konstitution desselben ist entschieden fest-
zuhalten. Aus dieser kann freilich, wie DeTTO kürzlich klar «ezeiot
hat, niemals hervorgehen, weshalb die Entwicklung in einer
bestimmten Richtung erfokt.
13. Das Chromatin ist zähflüssiger Natur, wie es GregOIRE
will. Dabei können die zuweilen deutlich sichtbaren „Chromatin-
scheiben" als regelmässig aufeinanderfolgende Tröpfchen in einem
farblosen Medium aufoefasst werden.
14. An einer Treununo- von Chromatin und Linin ist fest-
zuhalten.
15. Bei der Pollenentwicklung mutierender Pflanzen haben
wir (Gates) häufig, jedoch nicht immer, ganz die gleichen cytologischen
Bilder wüe bei der von ganz oder teilweise sterilen Hybriden. Das
Gemeinsame bei beiden ist, dass die Konstitution des Idio])lasmas
gestört wurde.
^
R KRAUS: biologische Studieu über Immuuität bei Pflanzen. 383
16. Apogamie hat sich als „Aushilfe" auf die Mutation und
Sterilität des Pollens eingestellt und ist nicht das Primäre und
die PoUenobliteratiou das Sekundäre. Ganz die gleiche Ansicht
vertritt bekanntlich STRASBURGER. Dafür spricht auch die Un-
sicherheit in der „Wahl des Weges" bei den Farnen (FARMER
u. Miss Digby) und Hieracien (ROSENBERG), wo neben Apogamie auch
Aposporie, vielleicht sogar Parthenogenese ausgelöst wird.
17. Von grossem Interesse für die hier auzuknü])fenden
Fragen sind die neueren Untersuchungen von CORRENS, welche
zeigen, dass bei Spezies, die im Übergange zur Monöcie oder Diöcie
begriffen sind, ähnliche Störungen wie bei Mutationen stattfinden
und Contabescentwerden der Geschlechtsorgane zu beobachten ist.
18. Endlich haben wir, worauf schon CHARLES DARWIN auf-
merksam machte, nahe Beziehungen zwischen der Sterilität bei
Bastarden und der von Kulturpflanzen. Namentlich einige tropische
(Zuckerrohr, Banane) scheinen für cytologische Studieu besonders
' geeignet zu sein. Wir hoffen, in nicht allzuferner Zeit darüber
Untersuchungen vornehmen zu können.
Heidelberg. Botanisches Institut der Universität.
57. R. Kraus, L von Portheim und T. Yamanouchi:
Biologische Studien über Immunität bei Pflanzen.
I. üusersuchungen über die Aufuahnie piäcipitierbarer Substanz
durch höhere Pflanzen.
Vorläufige Mitteilung.
Eingegangen am 19. Juli 1907.
Anlässlich unserer Untersuchungen über Immuuität bei Pflanzen
haben wir die Frage geprüft, wie sich höhere Pflanzen gegenüber
Antigenen tierischer Provenienz verhalten.
Die diesbezüglichen Versuche sind noch im Gange und soll
über dieselben später an anderem Orte in extenso Bericht erstattet
werden.
Hier wollen wir bloss in Kürze über die bisher erzielten Resultate
Mitteilung machen.
H84 R- Kraus, L von Portheim und T. Yamanouchi:
Über den uns interessierenden Gegenstand konnten wir in der
Literatur keine Angaben finden.
Was die Aufnahme organischer Substanzen durch die Pflanzen
betrifft, wissen wir durch die Arbeiten von BÖHM,^) ACTON,^)
Laurent,^) MAZE,-") Gräfe und PORTHEIM,^) dass verschiedene
Zuckerarten durch die Pflanzenwurzeln aufgenommen werden können.
HaNSTEEN,*') NaKAMURA') u. a. gelang der Nachweis, dass
Aminosäuren von der Pflanze aufgenommen und verarbeitet werden
können.
Es war daher von besonderem Interesse festzustellen, ob es
möglich sei, bei höheren Pflanzen mittels der spezifischen Präcipitin-
reaktion die Aufnahme von präcipitierbarer Substanz nachzuweisen.
Unsere Versuche wurden in fokender Weise ano'estellt:
Keimlinge von Pltaseolus vulgaris wurden mit Sublimat gewaschen
und dann mit Hochquellwasser gut abgespült.
Als Kulturgefässe dienten Einsiedegläser, welche mit Organtin
überspannt waren. Die Keimlinge wurden mit den Wurzeln in die
Maschen des Organtins gesteckt und die Gläser mit Hochquellwasser,
in dem Phaseolus- vulgaris gut gedeiht und bis zur Blüten- und
Fruchtbildung gebracht werden kann, gefüllt.
1) Josef Böhm, über Stärkebildung aus Zacker (Botanische Zeitung 1883,
41. Jahrg., Heft 4, S. 49.
2) ACTON E. Hamilton, The assimilation of carbon by green plants from
ceitain organic Compounds. Proceedings of the Royal Society 1889, No. 280 nach
J. Laurent, Revue gen. de Bot. 1904, T. XVI, p. 27. — Proceedings of the Royal
Society. Vol. XLVII, 1890, p 150, nach F. CZAPEK, Biochemie der Pflanzen I,
S. 396.
3j J. Laurent, Sur l'absorption des matieres organiques par les racines.
Comptes rendus des seances de l'academie des sciences. T. CXXV, 1897, p. 887. —
Liflnence des matieres organiques sur le developpement et la structure anatomicine
de quelques Phanerogames. Comptes rendus des seances de Facadomie des sciences.
T. CXXXV, 1902, p 870. — Reeherches sur la nutrition carbonic des plantes vertes
ä l'aide des matieres organiques. Revue generale de Botanique. 1904 T. XVI,
p. 14, CG, 9G, 155, 188, 231.
4) Maze, L'a.ssimilation des hydrates de carbone et Felaboration de l'azote
organique dans Ics vegetaux superieurs Comptes rendus des seances de l'academie
des sciences. T. CXXVIII, 1899, p 185. — P. Maze et A. Perrier, Reeherches
sur l'assimilation de quelques substances ternaires par les vegetaux superieurs.
Comptes rendus des seances de, l'academie des sciences. T. CXXXIX, 1904, p. 470,
5) V. Gräfe und L. V. Portheim, Untersuchungen über die Rolle des Kalkes
in der Pflanze. Sitzungsber. der kais. Akad. der Wiss. in Wien. Mathem.-naturw.
Klasse, Bd. CXV, Abt. 1, Juli 1906.
6) Barthold HANSTEEN, Über Eiweisssynthese in grünen Phanerogamen.
Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik, 1899, Bd. XXXIIf, S. 417.
7) T. NakamuRA, Bull. Agric. Coli. Tokyo. Vol. 11, p. 465, 1897, nach
F. Czapek, Biochemie der Pflanzen II, S. 211.
Biologische Studien über Immunität bei Pflanzen. SS')
Das Ganze wurde mit einem Glassturz bedeckt und so auf-
gestellt, dass die Pflanzen gut assimilieren konnten.
Später wurde den Keimlingen in verschiedenen Entwicklungs-
stadien Pferdeserum oder Rinderblut zugesetzt.
Bei Zusatz von Pferdeserum zur Kulturflüssigkeit entwickelten
sich die Keimlinge nicht gut, sie zeigten eigentümliche Krankheits-
erscheinungen.
Im Kinderblut wuchsen sie sehr gut und schienen besser zu ge-
deihen als die Kontrollkultureu, denen kein Blut zugesetzt
worden war.
Nach verschiedenen Zeiträumen (3 — 8 Tagen) wurden diesen
Kulturen Proben entnommen und die oberirdischen Organe und die
Wurzeln getrennt verarbeitet.
Die Wurzeln wurden durch längere Zeit in fliessendem Wasser
ausgewaschen. Die Pflanzenteile wurden zerkleinert, zerrieben und
der Pressaft durch Papier filtriert und centrifugiert. Die Flüssigkeit
wurde abpipettiert und mit physiologischer Kochsalzlösung verdünnt.
Zu verschiedenen Verdünnungen der Pflanzenextrakte von 1:10
bis 1 : 100 wurde das zugehörige Präcipitin (von Kaninchen) zugesetzt.
Gleichzeitig wurden Proben gleicher Verdünnung mit einem hetero-
logen Präcipitin als Kontrolle versetzt.
Zuerst hatten wir uns überzeugt, dass Extrakte aus Stengeln,
Blättern und Wurzeln von Bohnen, welche in reinem Hochquell-
wasser gezüchtet waren, weder mit Menschen-, noch mit Rinder-
oder Pferde-Präcipitin reagieren.
Auch gelang es nicht in Pflanzen, welche durch fünf Tage in
Pferdeseruni gezogen worden waren, das Präcipitiuogen nachzu-
weisen.
Hingegen konnte bei Kultur in Pferdeserum nach acht Tagen,
bei Kultur in Rinderblut bereits nach vier Tagen, in einem Falle
schon nach drei Tagen, ein stärkerer Niederschlag in den Proben
mit dem entsprechenden Präcipitinzusatz wahrgenommen werden.
Die Tabelle auf S. 386 und 387 gibt eine Übersicht über die
bisher erzielten Resultate.
Durch quantitative Versuche liess sich bei den Kulturen in
Rinderblut feststellen, dass in den Wurzeln nicht viel mehr präcipitable
Substanz vorhanden sei als in den Stengeln.
Der Grenzwert in den Versuchen mit positiver Reaktion schwankt
zwischen Verdünnungen von 1 : 20 und 1 : 80.
Wenn man berücksichtigt, dass unser Reagens das Präcipitin
noch in Verdünnungen des Rinder- oder Pferdeserums von 1 : 10 bis
20 000 anzeigt, so muss man aus dem Ausfall unserer Versuche an-
nehmen, dass nur sehr geringe Mengen der präcipitablen Substanz
aufgenommen werden dürften.
386
K. Kraus, L. von Portheim und T. Yam anouchi :
= 111
1
1:5
1
:10
1
:2a
K'^ SH
c/:i
£ ='5 s
^?^
r3
3
O u y. C
3 ^
3
3
3
'S
'S
3
<1^
3
■TS
03
3
C3
Tage
Ö
Pi
S
P^
pm
g
S
Ph
S
Stengel- und
I
—
7
II
—
7
III
—
12
IV
7
5
V
7
5
VI
19
s
YII
8
VIII
S
IX
14
4
X
10
4
XI
10
7
XII
XIII
7
3
—
0
0
0
0
Trübung
0
0
0
0
0
0
Trübung
Trübung
Trübung
Trübung
0
0
0
0
Trübung
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Trübung
Trübung
Trübung
Trübung
Trübung
Trübung
0
0
0
1)
0
0
Wurzel-
I
—
7
III
12
IV
7
5
VI
19
«
VII
o
8
VIII
3
8
IX
14
4
X
10
4
XI
10
7
XII
7
0
0
Trübung
Trübung
Trübung
Trübung
Trübung
Trübung
Trübung
Trübung-
Trübung
Trübung
0
0
0
0
0
0
0
Biologische Studien über Immunität bei Pflanzen.
387
1:40
1:50
1:80
1 : 100
Verdünnung
s
Ph
ü
Ph
CS
i— 1
Ph
a
s
I-c
P-(
s
o
Präcipitinzusatz
ßlattextrakte.
0
Trübung
schwache
Trübung
schwache
Trübung
0
unsicher
0
Trübung
schwache
Trübun":
0
—
—
—
—
0
0
schwache
Trübung
0
unsicher
—
0
0
0
0
0
—
0
0
—
—
unsicher
—
0
—
—
—
Trübung
0
Anmerkungen
Ohne Zusatz von
Serum
do.
do.
Zusatz von
Pferdeserum
do.
do.
Zusatz von
Rinderblut
do.
do.
do.
do.
do.
Zusatz von Rin-
derblnt (Hypo-
kotjle an der
Basis m.Vasclin
bestrichen)
extrakte.
Trübung
Trübung
schwache
Trübung
Trübung
unsicher
unsicher
0
—
—
—
—
—
—
Trübung
—
0
—
—
—
Trübung
—
0
—
—
—
schwache
Trübung
—
0
—
—
—
schwache
Trübung
—
0
—
—
—
unsicher
—
0
—
—
—
unsicher
—
0
—
-
Ohne Zusatz von
Serum
do.
Zusatz von
Pferdeserum
do.
Zusatz von
Rinderblut
do.
do.
do.
do.
do.
388 M. TSWETT:
Dem Einwände, dass das zur Kultnrflüssigkeit zugesetzte Serum
oder Blut kapillar von Aussen an den Hypokotylen der Versuchs-
pflanzen aufsteigen konnte und nicht durch die Wurzeln auf-
genommen wurde, begegneten wir in der Weise, dass bei einer
Kultur in Rinderblut die Hypokotyle der Keimlinge von Phaseohis
vulgaris am Wurzelhals in einer Höhe von 1 — l'/o cm mit Yaselin
bestrichen wurden. Die Hypokotyle w^urden behufs Verarbeitung"
oberhalb des Vaselinringes abgeschnitten. Auch in diesem Falle^
konnte in dem Extrakte der oberirdischen Organe der Bohnen-
keimlinge präcipitable Substanz nächgewiesen werden.
Die mitgeteilten Resultate sprechen dafür, dass Pflanzen im-
stande sein dürften, tierische präcipitierbare Substanz aufzunehmen.
Ob höheren Pflanzen diese Fähigkeit im Allgemeinen zukomm r^
ob grössere Mengen dieser Substanz aufgenommen werden können,
und über deren Schicksal in der Pflanze sollen weitere Versuche
Aufschluss geben.
Aus dem staatlichen serotherapeutischen Institute und der Bio-
logischen Versuchsanstalt in Wien.
58. M. Tswett: Über die Spektrophotometrie der Chloro-
phylline und die Energetik des Chlorophylls.
Eingegangen am 22. Juli 1907.
In meiner letzten in diesen Berichten erschienenen Abhandlung-
w^urden die spektroskopischen Eigenschaften der Chlorophylline fest-
gestellt.^) Die spektroskopische Untersuchung, welche für die
Charakterisierung der Farbstoff'e vollständig zureicht, kann aber über
das relative Absorptionsvermögen in verschiedeneu Spektralbezirken
nur ungefähre, zuweilen falsche Daten liefern. Quantitative Daten
1) Auf den im vorletzten Heft dieser Berichte erschienenen polemische»
Aufsatz Marchlewski's, wo u. a. der Versuch gemacht wird, meine spektro-
skopischen Ergebnisse in Zweifel zu ziehen, werde ich nicht erwidern. Autwort
geben die in meinen früheren und in vorliegender Mitteilung angeführten Tatsachen,,
sowie meine in der Biochemischen Zeitschrift erschienene Abhandlung über
die Chlorophyllinderivate.
Spektrophotometrie der Chlorophylline und Energetik des Chlorophylls. 389
siiul aber für das Verständnis der Chlorophyllenergetik von grossem
Wert, und ich entschloss mich daher, meine spektrographische
Untersuchung der Chlorophylline durch eine spektrophotometrische
zu vervollständigen. Ich beabsichtigte zuerst Absorptionskoeffizienten
für das ganze sichtbare Spektrum zu bestimmen, nach tieferer
unten mitgeteilten — , Überlegung erschien es mir aber zwecklos,
effektvolle aber nutzlose Zahlentabellen zu entwerfen, und ich be-
gnügte mich, die relative Energie der Absorption in den zwei
Hauptabsorptionsbändern der Chlorophylline zu ermitteln. Die
< h-enzlage dieser Hauptbänder ist (zehnfache Angströmeinheiten) :
Ätherische Lösung
Alkoholische Lösung
I
VI
I
VI
Chlorophyllin o. . . .
Chlorophyllin />'....
;655-667i)
636-646
426-438
448 - 462
660-670
640-650
431-442
460-475
Schon die spektroskopische Cntersuchung schien zu zeigen, dass
bei den beiden Chlorophyllineu die Hauptabsorption im Blau (YI)
stärker ist als im Rot (I). Eine Täuschung war jedoch möglich.
Die verwendete Lichtquelle (WELSBACH'scher Brenner) ist relativ
arm an kurzwelligen Strahlen (RUBENS). Es konnte daher (wie
auch infolge der grösseren Dispersion im prismatischen Spektrum)
eine schwächere Absorption der blauen Strahlen für das Auge
stärker erscheinen als eine ansehnlichere Absorption im Rot.
Definitive Erledigung' konnte nur die photometrische Untersuchung
ermöglichen.
Dieselbe wurde im Physiologischen Institut der Universität
Berlin mit Hilfe eines ENGELMANN'schen Mikrospektralphotometers
mit Gitterspektrum augestellt. Es ist mir liier eine angenehme
Pflicht, Herrn Prof. Th. ENGELMANX für die liebenswürdige Über-
lassung seines Apparates und entsprechende Anweisung, sowie Herrn
Prof. L. KNY, in dessen Institut ich meine Präparate herstellte,
meinen verbindlichsten Dank auszusprechen.
Über die Bedeutung der spektrophotometriselien Bestininiuugen.
Es scheint eine verbreitete Ansicht zu sein, dass in der spektral-
analytischen Erforschung eines Farbstoffes die spektrophotometrische
1) In meiner letzten Schrift steht irrtümlich 662. Infolge des Verlustes des
Korrekturabzuges sind iu dem Aufsatze zahlreiche, übrigens wenig bedeutende
Druckfehler geblieben. S. 141 ist in der Intensitätsskala der C hlorophylliü-/i-Bänder
Band V abwesend, Avelches zwischen III und IE zu stehen hat.
Ber. der deutscbeu bot. Gesellsch. XXV. 97
390 ^I- TSWETT:
Untersuchung- exaktere Resultate liefert als die spektroskopische.
Diese in der Theorie wohl plausible Annahme ist aber in der Wirk-
lichkeit nicht unbedingt zutreffend, und es ist vielleicht nicht über-
flüssig hier anzudeuten, welches Gewicht auf die spektrophoto-
metrischen Daten zu legen ist und inwieweit dieselben zu weiterer
Verwendung — der alleinige Berechtigungsgrund aller wissenschaft-
lichen Ermittelungen — tauglich sind. Es ist gewiss, dass die
spektroskopische Untersuchung uns nur über die Lage von Ab-
sorptionsbändern in exakter Weise unterrichten kann. Die relative
Intensität derselben kann nur dann richtig beurteilt werden,
wenn naheliegende Spektralbezirke verglichen werden, zwischen
welchen keine grossen LichtintensitätsdifFerenzen (im einfallenden
Lichte) herrschen und für welche der Schwellenwert der Licht-
empfindung (EbeRT) nnhezu ein gleicher ist. Sonst kann eine
schwächere Absorption in einem schwachleuchtenden Spektralbezirk
einer stärkeren Lichtauslöschung im helleren Bezirke überlegen
erscheinen. Es ist nie zu vergessen, dass „bei allen Beobachtungen
mit dem Auge die Retina des Beobachters als inteo'rierendei- Be-
standteil in den analysierenden Apparat eingeht" (EBERT 140).
Die spektrophotometrische Untersuchung ihrerseits hat den
schweren Nachteil, dass sie für gewöhnlich in weit unreineren
Spektren geschieht als die spektroskopische. Die Absorptionen
müssen desweo'en mehr oder weniger verschwommen und herab-
gesetzt erscheinen. Es kann dies dazu führen, dass enge und
schwache Absorptionsbänder, welche im scharfen (mit engerem
Spalte hergestellten) Spektrum wohl auftreten, bei der spektro-
photometrischen Bestimmung — wenn nicht mit homogenem Licht aus-
geführt — vermisst werden. In diesem Falle ist also die spektro-
skopische Untersuchung die exaktere. — AVas die Absorptions-
koeffizienten betrifft, so sind sie — wenn nicht im homogenen
Lichte bestimmt — ausser dem von dem Auge des Beobachters
abhängigen Fehler, noch mit dem konstanten folgenden behaftet,
über dessen mögliche Grösse folgende Betrachtung belehren mag.
Es sei für die spektrophotometrische Untersuchung eine Licht-
quelle benutzt, welche Strahlen von den Wellenlängen n, n-|-l,
n -|- 2, mit gleicher Intensität aussendet. Die" Kollimator-
spalte des Apparates (mit Normalspektrum) besitze eine solche
Weite, dass das Licht einer bestimmten Wellenlänge sich auf das
Intervall von sechs Teilstrichen der Wellenlängeskala ausbreitet (es
ist das normale Verhältnis bei dem von mir in folgendem benutzten
Apparate). Die Strahlen von der Gattung n -J-- 6 werden sich dann
auf das Intervall n -f- -^ his n -f" " der Skala, die Stralilen n -f- ^ ^uf
das Intervall n -l- 4 bis n 4- 10 usw verteilen. Man kann sich für
jeden Spektralbezirk des Apparates die Zusanmiensetzung der dahin
Spektrophotometrie der Chlorophylline und Energetik des Chlorophylls. 391
leuchtenden Strahlung bestimmen. Man stelle nun vor den Spalt
einen absorbierenden Körper. Derselbe besitzt bei gegebener Dicke
für die Strahlen n -|- 11 bis n -f- 15 den Schwächungskoeffizienten 0,5,
für die Strahlen beiderseits aber den Koeffizienten 0,9. In folo^ender
Tabelle sind die wirklichen sowie die zu beobachtenden Schwächungs-
koeffizienten bei einfacher wie bei doppelter Dicke des absorbirenden
Körpers zusammengestellt.
J4
n + G
bis n + 10
u + 11
bis n + 15
n + 16
bis n + 20
I
IT
III
IV
V
einfache Schicht
gegeben
beobachtet
doppelte Schicht
gegeben
beobachtet
aus II berechnet
0,i)00
0.831
0,81(J
0,714
o,(;i)i
0,50()
0,G37
0.250
0,442
0,40(i
0,9<X)
0,831
0,S10
(1,714
0,G91
Man sieht, dass die mangelnde Reinheit des Spektrums unter
Umständen recht bedeutende Fehler in der Bestimmuno- der
Schwächungskoeffizienten verursachen kann, und dass die aus diesen
letzten zu berechnenden YlERORDT'schen Absorptionsverhältnisse, den
Gesetzen LaMBERT's und BeER's widersprechend, von der Dicke
bezw. der Konzentration der absorbierenden Schicht abhäns-en
würden. Zu dieser, beim Studium aller Farbstoffe sich geltend
machenden Fehlerquelle gesellt sich im Falle der Chlorophylline
noch eine andere, die, soweit mir bekannt, bisher nicht berück-
sichtigt worden ist. Was wir nämlich als Absorptionsspektrum eines
Chlorophyllins (oder eines anderen Fluoreszenten) bezeichnen, ist
ein kombiniertes Absorptions- und Emissionsspektrum, indem die
durch alle vom Chlorophyllin absorbierten Strahlen hervorgerufene
rote Fluoreszenz teilweise in den Spektralapparat hineinstrahlt und
die Absorption der entsprechenden roten Strahlen geringer erscheinen
lässt, als sie in Wirklichkeit ist. Um exakte Werte für die Ab-
sorptionskoeffizienten der roten Strahlen zu erhalten, wäre es nötig,
in reineni roten Licht zu arbeiten, und noch dann würde die durch
rotes Licht herorgerufene Fluoreszenz die Genauigkeit der Resultate
beeinträchtigen. Selbstverständlich würden auch die exaktesten
Absorptionskoeffizienten uns nicht ohne weiteres über die vom
Farbstoffe zurückgehaltene, in AYärme oder chemische Arbeit um-
27*
392 M. TSWETT:
gewandelte Euergie belehren, da ein vielleicht ansehnlicher Teil der
absorbierten Lichtenergie sofort als Fluoreszeuzlicht allseitig ab-
gestrahlt wird. Betrachtet man in meinem Luminoskop (TSWETT I)
eine verdünnte ätherische Chlorophylllösuug, so überzeugt man sich,
dass die Fluoreszenz ein bei energetischen Betrachtungen nicht zu
vernachlässigender Faktor ist.^)
Photometrische Bestimmungen in Chlorophylliuenspektreu.
Als Lichtquelle diente eine NEENST'sche Lampe. Die Lösungen
wurden in den von ZeiSS verfertigten Glaszellen in Höhen von 5
oder 10 m^n untersucht. Die Weite der unverändert bleibenden
Kollimatorspalthälfte betrug den für die Messung geeignetsten ^Yert
von 0,2 mm^ wobei die Na-Linie sich auf das Intervall von ungefähr
7 nfji ausbreitete. Die Farbstoffe wurden in alkoholischer Lösung
untersucht, in welcher die Lage der Absorptionsbänder sich mehr
derjenigen nähert, welche dieselben im lebenden Blatte aufweisen.
Die Lösungen wurden so weit verdünnt, dass nur die beiden Haupt-
absorptionsbänder bei spektroskopischer Betrachtung erschienen.
Die für jedes Chlorophyllin gemachten sechs Serien von Bestimmungen
stimmen in dem Resultate überein, dass die Absorption im Blau
grösser als die im Rot ist. Dasselbe fand auch Herr Prof. IWANOWSKI
in Warschau, welcher die Güte hatte, meine Chlorophyliine (in
petrolätherischer Lösung) mit Hülfe des von MARXENS und GRÜNBAUM
umgestalteten KÖNIG'schen Spektrophotometers zu untersuchen. Als
Belege seien aus meinen Bestimmungen drei Serien mitgeteilt (die
Zahlen sind Mittelwerte aus je fünf Messungen und bedeuten pCt.):
(Siehe die Tabelle auf S. 393.)
Das Überwiegen der Absorption in Blau ist besonders bei dem
Chlorophyllin ß stark ausgeprägt, dessen Schwerpunkt der Ab-
sorption unbestritten in der rechten Spektrumhälfte liegt. Das Band
460 — 475 ist noch bei solchen Yerdünnungen zu unterscheiden, in
welchen das „charakteristische" Band im Rot vollständig ver^
schwunden ist.
5)
Über die Energetik des Chloropliylls.
Die au der Hand des Photometers vervollständigten Daten über
die Spektren der Chlorophylline erlauben eine tiefere Einsicht in
den energetischen Betrieb des Chlorophylls bezw. der Photosynthese
zu gewinnen. Zuerst ist wohl zu betonen, dass das durch schon
1) Nach 'Walter's Untersuchungen (Eosin, Magdalarot) ist das Fluoreszenz-
vermögen von der Konzentration abhängig. NiCHOLS und Mereit haben zu
zeigen versucht, dass die Absorption von der Fluoreszenz abhänge, nach Camichel's
Untersuchungen ist aber dieses Resultat zweifelhaft geworden.
Spektrophotometric der Chlorophylline und Energetik des Chlorophylls. 393
Chlorophyl
:« ,
Chlorophyllin ß
lu a
I
II
A
J-/J..
X
J/Jo
;.
J/Jo
G80-G90
53,5
—
—
—
—
G75-GSO
15,0
—
—
—
—
G70 - (575
4,8
—
—
—
—
GG0-G70
1,9
GGO-670
71,5
GG5— 675
74,5
G57 - (JGO
7,9
650—660
54,2
G55 — 6G5
Gl,(>
G50-655
18,0
640-G50
45,8
645—655
48.0
G40-G50
32,1
630-640
65,5
635-645
53,0
G20 G40
51,2
—
—
—
—
5(10-510
74,2
490-500
72,4
—
—
490-500
71,8
480-4!)0
GG,5
—
—
485-490
54,0
470-4H0
(i;',,0
—
—
480 485
41,7
4G0-470
53,8
475 - 480
34,5
475-480
40,2
455-4G0
42,2
470 - 475
27,3
470-475
26,3
450-455
33.3
460 - 470
15,7
4GO-470
18,1
445-450
20,0
450-460
20,1
450-460
21,7
440 - 445
4;'.0-440
10 G
0,9
440-450
430-440
} 33,0
440 - 450
430-440
40,2
40,3
420-430
2,4
—
—
420-430
62,0
laiigbekannte Tatsachen festgestellte Vorliaudensein von Absorptions-
bändern der Chlorophylline in der blanvioletten Hälfte des Spektrums
vollständig zum Begreifen der Tatsache ausreicht, dass blauviolette
Strahlen assimilatorische Wirkung besitzen. Das nachgewiesene
Absorptionshauptmaximum des Chlorophyllins ß hinter F macht uns
verständlich, dass assimilatorische Tätigkeit auch in gelben Chromo-
plasten auftreten kann und ein Maximum auf der Linie F, nicht
aber im Rot aufweisen. Es liegt somit nicht der mindeste Grund
vor, den gelben Farbstoffen, dem Karotin und den Xauthophyllen
eine unmittelbare assimilatorische Funktion zu vindizieren, und es
bleibt eine heuristisch vielleicht wichtige Tatsache, dass die
Farbstoffe der höheren Pflanzen oder der Algen, für welche photo-
synthetische Wirkung festgestellt oder nur wahrscheinlich gemacht
worden ist, alle Fluorescenten sind.^)
1) Dies Thema gedenke ich in einer grösseren Abhandlung zu entwickeln.
394: ^I- TSWETT:
Optische Arbeitsteilung im Cliloropliyll.
Die ChlorophylUösung besitzt bekanntlich im sehbaren Spektrum
sieben Absorptionsbänder (einschliesslich der sog. Endabsorption).
Die vier linken Bänder rühren ausschliesslich von den Chlorophyllinen
her. In verdünnten Lösungen zeigt sich das I. Band des Chlorophyllins ß
als schattiger Anhang des I. Bandes des Chlorophyllins a. In
konzentrierteren Lösungen treten die Bänder des Chlorophyllins ß
zwischen diejenigen des Chlorophyllins a und tragen dazu bei,
dieselben zum frühzeitigen Verschmelzen zu bringen.^) Zugleich
entsteht durch teilweise Uberdeckung des lY. Chlorophyllin-a-Bandes
und des V. Chlorophyllin-/5-Bandes das schwache Band auf 535 /^/i,
wozu das V. Band des in Chlorophylllösungen wohl nie absolut
abwesenden Chlorophyllans a beiträgt. Ob dies Chlorophyllan auch
im lebenden Blatte spurweise vorhanden ist, kann mit voller Be-
stimmtheit weder behauptet noch verneint werden. Das bekanntlich
im unversehrten Blatte vorhandene Band im Grün kann jedenfalls
ausreichend durch das Übereinandergreifen der entsprechenden
Chlorophyllinbänder erklärt werden.
Was die drei Absorptionsbänder des Chlorophylls hinter F
betrifft, welche auch ohne photographische Platte vorzüglich zu kon-
statieren sind, so rühren sie, wenn nicht ausschliesslich, so doch hau])t-
sächlich auch Von den Chlorophyllinen her, wobei das erstere, kurz nach
F gelegene durch die Hauptabsorption des Chlorophyllins ß bedingt
ist und mittels Auswaschungen nach SORBY's oder KRAUS^ Verfahren
leicht zu entfernen ist, wie dies schon SORBY und MONTEVERDE
konstatiert hatten. Es ist hier interessant, die Beobachtungen
HaGENBACH's über die Fluoreszenz des Chlorophylls heranzuziehen.
Als dieser Forscher auf eine ätherische Chlorophylllösung im dunkeln
Raum ein Sonnenspektrum projizierte, sah er den sieben Absorptions-
bändern — der Lage nach — entsprechend, ebensoviele leuchtende rote
Bänder auftreten, deren letztes sich in das Ultraviolette erstreckte.
Die relative Intensität dieser Fluoreszenzbänder war
I> VI> V>II ->IIIr> IV')
1) Ich erlaube mir daran zu erinnern, dass die in meiner letzten Abhandlung
mitgeteilten Chlorophyllinspektren durch mehrere Kontrollmethoden erhärtet wurden,
u. a. durch die an der Hand einer naturentsprechenden Vermischung der Teil-
farbstoffe erreichte Synthese des Chlorophyllspektrums in vitro (II. 141). Will
man die Synthese auf dem Papier vollzieheu, so darf man natürlich nicht die
gleichen Konzentrationen entsprechender Spektrogramme 4 und 8 der Tafel III
kombinieren, sondern etwa die Spektrogramme 3 und 6 oder 4 und 7. Dies
entspricht dem natürlichen Verhalten, Avie es sich in verdünnter Chlorophylllösung
manifestiert, wo Band I des Chlorophyllins ß als schattiger Anhang des I. Chloro-
phyllin-n- Bandes auftritt.
2) Die Numerierung der Bänder ist bei HAGENBACH eine andere, da er als
Spcktrophotometric der Chlorophyllinc und Energetik des Chlorophylls. 395
Das VII. vom Chloro])liyllin a herrührende, nach meinen Fest-
stellnngen dem I. überlegene Band leuchtete jedoch schwächer als
dieses. Dieser scheinbare Widerspruch erkUlrt sich aber durch den
£,erino-eren Enersieo-ehalt der verwendeten blauen Strahlen den roten
gegenüber (LaNGLEY), sowie durch ihre grössere Dispersion im
prismatischen Spektrum. Während nämlich die Strahlen von
l = 660 bis 670 sich auf etwa zwölf Teilstriche der HAGENBACH'schen
Skala erstreckten, behaupteten die l = 430 bis 440 ein Intervall von
44 Teilstrichen.
Gleich nach dem VI. Band kam, der leuchtenden Kraft nach,
das Band V, welches dem Chlorophyllin ß angehört. Die Absorption
des Chlorophyllins a war also in der untersuchten Lösung für die
brechbareren Strahlen eine ansehnlichere als die Absorption des
Chlorophyllins ß. Es ist natürlich vorausgesetzt, dass die Intensität
der Fluoreszenz in allen Teilen des Spektrums der absorbierten
Energie proportional ist (STAKK).
Alle diese Betrachtungen lassen sich mit einiger Yorsicht auf
das in Chloroplasten eingebettete Chorophyll übertragen. Zwar sind
daselbst die Bänder stark nach dem Ultrarot verschoben, ihre Zahl
und Intensitätsreihe bleiben aber dieselben wie in Chlorophylllösung.
Übereinstimmend mit GerLAND und den neueren Forschern (Weg-
SCHEIDER, MONTEVERDE) sah ich {Elodea) das I. Band ausgesprochen
doppelt auftreteu, wobei das schwäcliere zweite (zweifellos dem
Chlorophyllin />' angehörende) Absorptionsmaximum sich von ersterem
scharf abhebt. Die relative Intensität der Chlorophyllbänder in
jÄ/9/fZwfya-Blättern fand 310NTEVERDE als
la > V > Ib > II > III > IV.
Also erscheint auch im lebenden Blatte die Absorption der blauen
Strahlen durch das Chlorophyllin ß intensiver als die der roten.
i'ber das quantitative Yerliältuis der Clilorophylline im
Chlorophyll.
Es ist eine nächstliegende Aufgabe der physiologischen Chlorophyll-
forschnng, die qualitative Analyse des Chlorophyllkomplexes durch
eine quantitative zu vertiefen. Sowohl vom Standpunkte des
Studiums des Adaptationsvermögens der Lebewesen (ENGELMANN'sche
komplementäre chromatische Adaptation), wie in Hinsicht auf die
Frage nach dem chemischen Mechanismus der Photosynthese ist es
V. Band das in frischen Chlorophjlllösungen vollständig abwesende Band IVb der
späteren Autoren (Chlorophyllan-a-Band) bezeichnet. Band VI (VII. HAGENBACH's)
war von dem schwächeren Vif. schlecht abgegrenzt. Hagenbach sagt, dass seine
Intensität gerade vor G die grösste war.
396 M. TSWETT:
erforderlich, die Abhängigkeit der Chlorophyllzusammeiisetziing von
den äusseren Faktoren zu erforschen. U. a. ist die Frao-e nach
dem quantitativen A'erhältnis der beiden Chloropliylline in höheren
Pflanzen aufzu werfen.
Es kann vorläufig nicht die Kede sein von der direkten Fest-
stellung des molaren oder des Gewichtsverhältnisses, welches auch
für die Physiologie von untergeordnetem Interesse ist.
Wir können aber versuchen, die relative Konzentration der
beiden Farbstoffe zu eruieren, indem wir deren optischen Effekt unter-
suchen und voraussetzen, dass gleiche Mole gleiche Absorptions-
energie, z. B. für die roten Strahlen besitzen. Es handelt sich also
sozusagen um Bestimmung der Farbstoffe in optischen Äquivalenten.
Schon SORBY (S. 480) hatte versucht, die Frage auf diesem
Wege zu lösen. Zu dem Zweck überführte er das zu untersuchende
Chlorophyll in Benzol, in welcher Lösung die Absorptionen der
Chlorophylline im Rot viel weniger übereinandergreifen als in
alkoholischer. Die Lösung wurde dann in gleichweite Glasröhren
verteilt. Ihre Verdünnung war derart, dass beim Einstellen des
Probierrohres von dem Spalte des Spektroskopes, das I. Band seine
zwei ungleich starken Hälften in bester Ausprägung aufwies. Es
w^urde dann die Lösung in einem Rohre solange mit Benzol verdünnt
bis das I Band des Chlorophyllins a in gleicher Intensität erschien
wie das I. Band des Chlorophyllins ß im anderen Rohre. Aus dem
Grade der nötigen Verdünnung ergab sich die relative Konzentration
der beiden Pigmente. Nach dieser Methode fand SORBY für das
quantitative Verhältnis der Chlorophylline
Chlorophyllin a Chlorophylliu ß
(Jjlue Chlorophyll") (.,yellow Chlorophyll'-)
Gesunde grüne Blätter 100 13 — 17
In stark verdunkeltem Raum ge-
wachsene Blätter 100 5 — G
Um genauere Zahlen zu erhalten wäre selbstverständlich ein Spektro-
photometer nötig, und wären auch Lösungen der isolierten Farbstoffe,
nicht aber des Gemisches zu vergleichen, wo die Absorptionen der
knapp aneinandergrenzenden ersten Bänder der Chloropliylline not-
u-edrungen etwas übereinander greifen.
Die angeführten SORBY'schen Zahlen finden sich in befriedigender
Übereinstimmung mit den Resultaten folgender Schätzung. Stellt
man sich Chromatogramme des Chlorophylls (am leichtesten aus
Benzollösung) her und vergleicht man die Höhen der in ihrer Farbe
etwa gleich gesättigt erscheinenden Chlorophyllinzonen, so erhält
man für das Verhältnis:
Chlorophyllin ß _ \ ^1
Chlorophyllin a 4 6
Spektrophotoinetric der C'hlorophylline und Energetik des Chlorophylls. 397
Dies Yevhältnis kann man endlich mit Hilfe meiner in voriger
Abhandlung mitgeteilten spektroskopischen Tabellen und Spektro-
g^'amme annähernd zu schätzen versuchen. Um das Aussehen des
<3rsten Chlorophyllbaudes in verdünnter Lösung zu bekommen, muss
mau nämlich etwa die Spektrogramme 3 und 6 der Tafel III kom-
binieren. Vorausgesetzt dass die Spektrogramme 2 und (> derselben
Konzentration der Pigmente entsprechen, würde mau für das
gesuchte Verhältnis den Wert —r erhalten. Aus den obi2:en ver-
schiedenen Informationsquellen folgt also, dass, wenn wir für die
Chlorophylline gleiches molekulares Absorptionsvermögen für die
s))ezifiscli roten Strahlen beanspruchen, auf jedes Molekel des
Chlorophyllins ß sich im Chlorophyllgemische etwa fünf Molekel
<les Chlorophyllins a vorfinden.
Um exakte, voraussichtlich mit den Spezies und den Wachstums-
bedingungen variable Werte zu erhalten, würde sich vielleicht die
Titration der Chlorophylline als Säurederivate, nämlich als Chloro-
phyllaue bewähren. Die petrolätheriscjie Lösung des durch eine
organische Säure zersetzten Chlorophylls liefert ein Chromatogramm,
wo die Chlorophyllanzonen, durch einen Xanthophyllring getrennt,
scharf voneinander gesondert auftreten. Die Chloroj)hyllane würden
sich daher leicht quantitativ abtrennen und ohne vorherige Ent-
fernung der Xanthophylle spektrophotometrisch titrieren lassen.
Literatur.
Camichel, C, Journal de l'hysique [4] 4 (1905) 873.
Ebert, H., Wiedem. Ann. 33 (lS88j lo(J.
Oerland, E., Poggend. Ann. 148 (1873) 99.
Hagenbach, E , Pogg. Ann. 141 (1870) 245.
Laxgley, S., Researches on solar heat. Washington 1884.
Monteverde, N., Acta Horti Petropol. 13 (1893) 123.
NiCHOLS and Merrit, Pliysical Review 18 (1904) 447.
Rubens, H., Drudes Ann. 18 (1905) 856.
SORBY, H., Proceed Roy. Soc. 21 (1873) 442.
Stark, J, Physik. Zeitschr. 1907, S. 81,
TSWETT, M., I. Diese Berichte 24 (1906). IL ebd. 25 [mfi] 137. III. Über
Phylloxanthin, Phyllocyanin und die Chlorophyllane (Biochem. Zeitschr. 5
(1907) 6).
^VALTER, B., Wiedem. Ann. 34 (1888) 316.
Wegscheider, R., Diese Berichte, 2 (1884) 494.
398 M. NOEDHAUSEN:
59. M. Nordhausen: Über die Bedeutung der papillösen
Epidermis als Organ für die Lictitperception des Laubblattes.
Eingegangen am 22. Juli 1907.
In einer Reihe von Publikationen hat HABERLANDT nus mit
Einrichtungen bekannt gemacht, durch welche die Spreite des trans-
versalheliotropischen Lanbblattes die Richtung des einfallenden
Lichtes wahrzunehmen und sich mit Hilfe des selbst verdunkelte»
Blattstieles in die fixe Lichtlage einzustellen befähigt sein soll.
Unter diesen Organen, die in der oberen Epidermis ihren Sitz haben,,
erregt der Typus der papillösen Zellform insofern unser besondercs-
Interesse, als er nicht nur am eingehendsten, besonders genau auch
nach theoretisch-physikalischen Gesichtspunkten studiert worden ist,
sondern auch bisher das einzige Objekt geblieben ist, für welches-
der Versuch gemacht wurde, seine Bedeutung in dem genannten Sinne
experimentell zu prüfen. Ausser HabeRLANDT hat sich KNIEP aller-
dings mit abweichendem Erfolge hieran beteiligt. In gleicher Richtung
sind auch von mir, anfänglich in Gemeinschaft mit Herrn stud.
Ramme, später aliein Versuche ausgeführt worden, die im Folgenden
zur Darstellung gelangen mögen. Vorweg sei bemerkt, dass es mir
nicht o-eluno-en ist, die Richtigkeit der HABERLANDT'schen Auffassung
zu bestätigen.
Die gewölbten Aussenwände der Epidermis wirken, wie Haber-
LANDT ausführt, nach Art von lichtkonzentrierenden Sammellinsen.
Bei senkrechtem Ijichteinfall entsteht auf dem als lichtempfindlich
gedachten Plasmabelege der Innenwand ein hell erleuchtetes Mittel-
feld und eine dunklere Randzone. Bei schrägem Lichteinfall rückt
ersteres nach der von der Lichtquelle abgekehrten Seite, die ur-
sprünglich zentrische Lichtverteilung würd jetzt exzentrisch und diese
LTmwandlung ist es, die infolge der Unterschiedsempfindliclikeit der
Plasmahäute als tropistischer Reiz empfunden werden soll (HabER-
LANDT IV, S. 290).
Das Prinzip der KontroUrersuche beruht nun darauf, dass die
Blattoberseite bezw. die Papillen mit einem Medium in Berührung
gebracht werden, welches in seinem optischen Verhalten dem des
Zellsaftes oleichkommt oder dessen Lichtbrechungsvermöoen soo-ar
übertrifft. Im ersten Falle w^ird die Linsenfunktion ganz aus-
geschaltet, im zweiten Falle die Linsenwürkuno- bezw\ die Licht-
Verteilung umgekehrt, wobei ein dunkles Mittelfeld und eine helle
Bedeutuni,' dei' papiilüsen Epidermis als Organ für die I,ichtperceptiou. 399
Rauilzone eutstelieii. Den ersten Weg wählte llABERLANDT nnter
Benntzuno- von Wasser (Breehungsexponent: 1,333), den zweiten
KNIEP mit Paraffinöl (Brechnngsexponent: 1,476). Die Versuche
wurden derart ausgeführt, dass HaBP:RLANDT (abgesehen von seinen
ersten, nicht ganz einwandsfreien Versuchen mit völlig unter-
getauchten Blättern) die Oberseite des Blattes, dessen Stiel, wie
überall bei derartigen Versuchen verdunkelt war,^) unter gleich-
zeitiger Bedeckung mit einem entsprechend zugeschnittenen Glimmer-
])lättcheu mit Wasser benetzte, wobei das letztere kapillar fest-
"•ehalteu wurde. Die Blätter vermochten sich nicht zum Licht zu
orientieren. In ähnlicher Weise verfuhr Kniep mit Paraffinöl, das
er ebenfalls mit Glimmerplättchen oder bei nicht völlig ebener
Blattspreite mit dünnem Seideupapier bedeckte. Bemerkenswerter
Weise erreichten die Blätter trotzdem ihre Lichtlage. Dieses Ergebnis
wurde von HaBERLANDT (IV, S. 298) in seiner letzten Arbeit für
Begonia semperforens bestätigt, jedoch erneut durch den Versuch ge-
zeio-t, dass unter gleichen Umständen und an derselben Pflanze eine
Behandlung mit Wasser-Öeidenpapier die Einstellnngsfähigkeit zum
Licht aufhebt. Diese Resultate haben HABERLANDT allerdings zu
einer Modifikation seiner Auffassung veranhisst, im Prinzip dienen
sie ihm aber als Stütze seiner Theorie; mit welchem Recht, soll
später besprochen werden.
Die von mir ausgeführten Experimente bezweckten ebenfalls
eine Ausschaltung der Linsenfunktion, indem ich mich der Gelatine-
gallerte bediente. In einer Konzentration von 5 — IJ pCt. wurde sie
kurz vor dem Erstarren mit einem Pinsel auf die Epidermis auf-
getragen, und zwar so dick, dass die Papillen vollständig und reich-
lich bedeckt waren und die Fläche vollkommenen Spiegelglanz
annahm.^) Die stets mit verdunkeltem Blattstiel versehenen
Versuchsobjekte^) wurden dann in dampfgesättigter Atmosphäre
unter Glasglocken, die zur einen Hälfte mit feuchtem schwarzen
Papier ausgelegt waren, gehalten und mindestens zweimal täglich
mit einem Zerstäuber angefeuchtet, um ein Eintrockenen der Gelatine-
gallerte zu verhüten.
Die Vorteile dieses Verfahrens erscheinen gegenüber dem bisher
geübten nicht unwesentlich und wohl geeignet, die abweichenden
positiven Resultate zum grösseren Teil schon allein zu erklären.
Unabhängig von der äusseren Form des Blattes, mag dieses eben
oder runzelig oder mit Haaren bedeckt sein, wird das gleiche Ziel
1) Nur ausnahmsweise kanu von einer Verdunkelung abgesehen werden, wenn
nachweislich der Blattstiel nicht heliotropisch empfindlich ist.
2) Anfänglich geschah dies unter mikroskopischer Kontrolle.
3) Es wurde mit Ausnahme von Tropaeolum nur mit ganzen Pflanzen oder
abgeschnitteneu Sprossteilen gearbeitet.
400 M. Nordhausen :
mit einem geringeren Materialaufwand, also mit geringerer Be-
lastung der Blattspreite erreicht, als selbst bei Wasser-Seidenpapier
Ferner nähert sich der Brechungsexponent der Gelatine, der mit der
liebenswürdigen Hilfe des Herrn Prof. H. BiLTZ mittels Pulfrich-
schen Refraktometers im Na-Lichte auf 1,341 der 5prozentigen, und
1,847 der lOprozentigen Lösung bestimmt wurde, ^) noch mehr als
AVasser dem des Zeilsaftes. Die angegebenen Zahlenwerte bedeuten
naturgemäss nur Annäherungswerte, da im Laufe des Versuchs der
Wassergehalt der Gelatine geringen Schwankungen unterworfen war.
Jedenfalls zeigte eine Nachprüfung des Strahlenganges bei mit
Gelatine bedeckter Epidermis unter dem Mikroskop („Linsenversuch'%
vgl. HaberlandT n, S. 52) die völlige Ausschaltung jedweder Licht-
konzentration. Schliesslich hat die Gelatine dem Wasser-Seiden-
papier gegenüber den Vorzug der grösseren Lichtdurchlässigkeit.
Seidenpapier ist bei Benetzung mit Wasser bei weitem nicht so
durchsichtig wie mit Öl, und noch weniger als Gelatinegallerte.
Der Unterschied wird aber noch grösser, wenn die obere Faser-
schicht, wie dies im Versuch unvermeidlich bleibt, nicht völlig unter
Wasser steht. Der letztere Umstand bewirkt ausserdem, in Ver-
bindung mit dem stärkeren Lichtbrechungsvermögen der Papier-
fasern gegenüber dem Wasser, dass das Seidenpapier gleich einem
matten Schirm wirkt, der durch die von ihm selbst ausgehenden
TJchtstrahlen den Gans,- des schräg einfallenden Lichtes mehr oder
minder verschleiert. Die Differenz in dem Ausfall der von HABER-
LANDT mit Begonia semperflorens ausgeführten Ol- bezw. Wasser-
b-enetzungsversuche erscheint somit durchaus plausibel.
Unter der Voraussetzung, dass mit sauberen, sterilen Instrumenten
gearbeitet wurde, hielt sich die Gelatine während der Versuche tage-
lang unverändert; durchschnittlich erst nach mehr als b — 6 Tagen
machte sich die Wirkung von Mikroorganismen und schliesslich in-
foloedessen auch Schädi2:ung des Blattes geltend. Es braucht kaum
hervorgehoben zu werden, dass die Versuchsobjekte vor direktem
Sonnenlicht bezw. aussergewöhnlich hoher Temperatur geschützt
wurden, schon allein um ein Abschmelzen der Gelatinegallerte zu
verhüten.
Die Verdunkelung des Blattstieles geschah meist mit Staniol,
ganz dünnem, geschwärzten Leder oder sogenanntem Kohlepapier,
wie es zur Verv^ielfältigung von Schriftstücken benutzt wird. Letztere
beiden wurden stets in mehrfacher Umhüllung angewandt, da sie in
einfacher Lage nicht immer ganz zuverlässig sind. Ein besonderes,
später noch zu nennendes Verfahren leistete bei den Versuchen mit
Tropaeolum sehr gute Dienste. Lii übrigen fanden die üblichen
1) Meist wurde eine 8— lOprozeutige Lösung verwandt.
Bedeutunf,' der papillösen Epidermis als Organ für die Liclitporceptioii. 4OI
Yorsichtsiiiassregelu Anwendung, um Täuschungen durch etwaige
Mitwirkung der Schwerkraft oder gar der Internodien auszii-
scliliessen, ebenso wie auf die besonderen Synimetrieverhältnisse der
Blätter speziell von Begonia Rücksicht genommen wurde (GOEBEL,
S. 102). Meist befand sich das Blatt in Flankenstellung zum Licht,
jedoch wurden gleichzeitig auch andere Orientierungen vorgenommen.
Mit einer Ausnahme (Tropaeolum) diente stets Tageslicht als Be-
leuchtnngsquelle.
Für den günstigen Ausfall der Versuche halte ich es für be-
sonders wichtig, dass die Pflanzen an die ihnen während des Ver-
suches gebotenen, ungünstigen Beleuchtungsverhältnisse vorher
gewöhnt werden, was bisher wohl in nicht immer ausreichendem
Maasse berücksichtigt zu sein scheint. Zu diesem Zweck fanden sie
mindestens für mehrere Tage Aufstellung an einem nicht zu hellen
Orte des Gewächshauses bezw. Laboratoriums, an welch beiden Urt-
lichkeiten auch die Versuche, und zw^ar nur während der warmen
Jahreszeit stattfanden. Eine Prüfung mit dem Mikroskop zeigte,
dass Veränderungen im Bau und der Funktion des Linsenapparates
hierdurch nicht eingetreten waren.
Unter den angeführten Bedingungen wurden eine , Reihe von
Pflanzen untersucht. Den Hau])twert lege ich dabei zunächst auf
Begonia semperflorens^ Begonia Schmidtiana^) und Ilumnlus Lupulns^
mit denen zahlreiche Versuche ausgeführt wnirden, während mit
Ostrya carpinifolia (vulgaris) nur wenige, wenn auch immerhin
positiv verlaufende Experimente angestellt wurden. Mit Ausnahme
der zweitgenannten Pflanze hat HABERLANDT mit allen gearbeitet.
Die bisher angeführten Beispiele bilden den weiter unten zu
nennenden gegenüber insofern eine Gruppe für sich, als bei ihnen
eine von HABERLANDT gestellte Forderung mehr oder minder streng
erfüllt ist. Die Innenwände der Epidermiszelleu zeigen nämlich
keine oder nur sehr geringe Ausbuchtungen nach dem grünen Gewebe,
sie sind also auch nicht infolge verschiedener Neigung zum Licht-
einfall verschiedener Helligkeit ausgesetzt; Epidermiszelleu, bei denen
dies in stärkerem Maasse der Fall ist, werden nämlich von HABER-
LANDT (H, S. 44) als ein besonderer Typus von lichtpercipierendeii
Organen für sich betrachtet, insofern als hier gesetzmässige Hellig-
keitsunterschiede zwischen der stärker belichteten Mitte und der
Raudzone zustande kommen
Der Erfolg meiner Versuche war der, dass unter günstigen
Wachstumsbedingnugen und bei Benutzung jüngerer Blätter bereits
1) Vou dieser Pllanze wurde ein älteres, ziemlich stark behaartes Exemplar,
sowie zahlreiche junge, aus Samen gezogene Individuen benutzt. Letztere waren
nur spärlich behaart.
402 M. NOEDHAUSEN:
nach 12 — 24 Stunden erhebliche Reaktion eino-etreteu war. die häufig
schon nach weiteren 24 Stunden unter Winkeländerunoen von 45— 90'^
zur fixen Lichtlage führten. Kontrollpflanzen mit unbenetzter Spreite
zeigten häufig das gleiche Verhalten.*) Nur bei Ostrya vollzog sich
die Orientierung langsamer und gelang die vollständige Erreichung
der fixen Lichtlage nicht; dasselbe galt aber auch für die unbenetzten
Kontrollblätter. An einer ungünstigen Beschaffenheit des Materials
liegt dies aber keineswegs allein, denn einerseits hat auch HaBERLANDT
(II, S. 90) die gleiche Erfahrung in Bezug auf unvollkommenes
Reaktionsvermögen gemacht, andererseits ist das Missverhältnis
zwischen der Tragfähigkeit des zarten Blattstieles nnd der Grösse
der Spreite speziell an jüngeren Blättern zu erheblich.
Meine Versuche zeigen also, dass die Reaktion der benetzten
Blätter, deren Linsenapparate völlig ausgeschaltet sind, sich in
gleicher Weise und unter Umständen sogar mit gleicher Schnellig-
keit wie unbenetzte zum Licht zu orientieren vermögen. Wenn aber
tatsächlich auch nicht selten eine geringere Verzögerung der
Reaktion eintreten kann, so ist stets zu berücksichtigen, dass die
Ansprüche an die Arbeitsleistung des Blattstieles durch das er-
höhte Gewicht der belasteten Spreite in Verbindung mit dem
Hemmungswiderstande der Blattstielhüllen viel grösser geworden
sind. Es darf ferner nicht ausser acht gelassen werden, dass durch
Reflexion an der spiegelnden Gelatineoberfläche jener Teil des auf-
fallenden Lichtes dem Blatt verloren geht, der sonst durch die als
„Lichtfänger" im STAHL'schen Sinne funktionierenden Papillen dem
Blatte zugute kommt.
Die beschriebenen Versuchsresultate berechtigen somit zu der
Schlussfolgerung, dass die Perzeption der Lichtrichtung unabhängig
von der Linsenfunktion der papillösen Epidermiszellen vor sich geht.
Um einige weitere Belege hieriur zu geben, wurden noch einige
Pflanzen untersucht, bei denen, abgesehen von gewissen Struktur-
eigentümlichkeiten, allerdings die früher erwähnte Bedingung, dass
die innere Epidermiswand in einer Ebene liegen müsse, fallen
gelassen wurde, deren Lichtsinnesorgane aber in Bezug auf Liusen-
wirkuug einen besonders hohen Grad von Vollkommenheit auf-
weisen und als solche auch von HABERLANDT zum Teil unter
Reproduktion von Bildern der Lichtverteilung besonders hervor-
gehoben worden sind. Es sind dies Tropaeolum majus^ Fittonia
Verschaffeltn und Impatiens Mariannae. Eine Prüfung des Strahlen-
ganges mit Hilfe des „Linsenversuchs" bot hier in der Tat über-
1) Unbenetzte Blätter von Be(/onin sein per fbrens mit nicht verdunkelten Blatt-
stielen nalimen bei HaberlAndt III, S. 304 erst in vier Tagen die fixe Lichtlage
ein! Übrigens fanden meine Begonienversuche sämtlich im Gewäch<hause statt.
ßedcutunn- der papillösen Epidermis als Organ für die Lichtperception. 403
rascheiide Bilder und bestätigte die Angaben HabeeLäNDT's durch-
aus. Es ist klar, dass, wenn diese Apparate in entsprechendem
3I^asse als Sinnesorgane funktionieren, ihre Eliminierung selbst
dann zur Geltiino- kommen muss, wenn tatsächlich noch die be-
sondere Struktur der Epidermisunterseite bei der Lichtperception
beteiliot sein sollte. Zum mindesten müsste also die Einstellung in
<lie fixe Lichtlage, wenn nicht direkt verhindert, so doch ausser-
o-ewöhnlich stark verzös-ert werden. Meine Versuche Hessen keines
von beiden erkennen. An die einzelnen Versuche seien einige Be-
merkungen geknüpft.
Tropaeolum nuijus zeigt namentlich nach dem Blattrande zu
zwischen gewöhnlichen Epidermiszellen solche, deren Aussenwände
in der Mitte stark nach aussen vorgewölbt sind. In Bezug auf
weitere Einzelheiten sei auf HabERLANDT (II, S. Q)Qi) verwiesen. Die
Wahl dieser Pflanze, mit der HaBERLA^'DT ebenfalls gearbeitet hat
— KNIEP benutzte nur das ganz ähnli<^h gebaute Tropaeolum miiius —
könnte vielleicht insofern überflüssig erscheinen, als HaBERLANDT
in seiner neuesten Arbeit im Gegensatz zu seinen früheren Befunden
direkt zugiebt, dass trotz Benetzung niit Wasser das Orientierungs-
vermögen der Spreite tatsächlich, wenn auch sehr unvollkommen
bestehen bleibt. Er führt diesen Umstand auf die schon angedeuteten
Unebenheiten der Innenwände zurück, die aber bemerkenswerter-
weise so gering sind, dass HABERLANDT (II, S. 87) in seinen früheren
Versuchen von ihnen ganz absehen zu können glaubte.
Meine Versuche wurden ebenfalls mit abo-eschnittenen Blättern
ausgeführt, deren Blattstiele mit ihrem uuteren Teile im festen
Staniolverbande ruhten und in Wasser tauchten. Das Gelingen der
Versuche ist hier ganz besonders von einer geeigneten Auswahl des
Materials abhängig, das von vornherein hierzu wenig prädestiniert
erscheint. Abgesehen von den photonastischen Bewegungen des
Blattes, stört vor allem die Zartheit des für die Bewegung haupt-
sächlich in Betracht kommenden oberen Teiles des Blattstieles, zu
der die relative Grösse der Spreite in unvorteilhaftem Verhältnis
steht. Ferner muss die Spreite selbst erst für Wasser bezw. Gelatine
benetzbar gemacht werden, was HABERLANDT unter gewissen
Vorsichtsmassregelu mit Alkohol, ich selbst ausserdem auch durch
Abreiben mittels eines mit feuchtem, geschlemmten Ton bestrichenen
Wattebäusehchen erzielte. Umstände, die in Anbetracht des Vor-
kommens von Spaltöffnungen auf der oberen Epidermis das
Reaktionsvermögen nicht o-erade begünstigen dürften. Trotzdem
erhielt ich nach längerem Bemühen mit grosser Regelmässigkeit sehr
gute Resultate, wenn Blätter mit relativ nicht zu grosser Spreite
und vor allem mit kräftio-em Stiel sorofältio- ausgesucht wurden.
Solche erhielt ich ohne Schwierigkeit, wenn aus dem Freien
404 ^I- NOKDHAUSEN:
stammende, besonders kräftige Sprosse mehrere Tage an einem
nicht zu hellem Ort der relativ trockenen Laboratoriumsluft aus-
gesetzt wurden, wobei gleichzeitig die Liclitstimmuug günstig beein-
flusst wurde.')
Die Verdunkelung des Blattstieles in seinem oberen beweglichen
Teile wurde mit schwarzem Leder (HabERLANDT II, S. 11) oder Papier
bewirkt.^) Fast noch bessere Resultate erhielt ich mit einem Über-
zug von schwarzer Gelatinegallerte. Wie HABERLANDT (I, S. 108) und
Krabbe (S. 257) mit Recht hervorheben, ist ein Überzug allein mit
chinesischer Tusche unzureichend. Wenn auch an und für sich un-
durchlässig für Licht, müssen naturgemäss durcli Wachstums-
bewegungen des Stieles in dem sehr spröden Material sehr schnell
Spalten und Risse auftreten. Dies ist in dem oben genannten
Mittel, welches ich durch A^errühren einer grösseren Portion Frank-
furter Schwarz in Gelatinelösung erhielt, durchaus vermieden. Diese
Mischung wurde kurz vor dem Erstarren in mehreren Schichten auf-
getragen und durfte, um seine Elastizität nicht zu verlieren, während
des Versuches niemals eintrocknen, was bei der sonstigen Yersuchs-
anordnung keine besonderen Massnahmen erforderlich machte. Dies
elastische Verhalten sowie eine gewisse Gleitfähigkeit auf der Unter-
lage gestattet einen Ausgleich der Spannungen, so dass Risse inner-
halb begrenzter Zeiträume nicht auftreten. Werden diese über-
schritten, so bilden sich allerdings nur wenige Rissstellen, die aber
sofort so gross werden, dass sie niemals unbeachtet bleiben können.
Der o'rösseren Sicherheit wegen wurden die Versuche nicht über
24 Stunden ausgedehnt. Dass tatsächlich der Verband für Licht
undurchlässig^) ist, zeigten mir eine Anzahl von Kontrollversuchen,
wo ausser dem Blattstiel die Lamina mit schwarzem Papier oder
ebenfalls schwarzer Gelatine überzogen wurden. Während daneben
befindliche Versuchsblätter ihre fixe Lichtlage einnahmen, verhielten
sich die Kontrollblätter, abgesehen von photonastischen Bewegungen,,
dem Licht gegenüber durchaus passiv.*)
1) Ausdrücklich sei hervorgehoben, dass die benutzten Blätter, wie eine
Prüfung unter dem Mikroskop lehrte, tatsächlich die nur den etwas älteren Blättern
eigentümlichen „Sinnesorgane" besassen (conf. HABERLANDT II, S. 100).
2) Den sinnreichen, aber komplizierten Apparat Kniep's habe ich nicht be-
nutzt, dagegen die neueste Konstruktion Haberlaxdt's (IV, S. 300) nachgeprüft.
Danach steht es für mich fest, dass die frühzeitige Sistierung der anfänglich vor-
handenen Blattstielbewegung in seinen Versuchen nur durch jenen wenig zweck-
mässigen Apparat verschuldet wiu'de.
o) Auf das Fehlen von Luftblasen muss besonders geachtet werden. Es
empfiehlt sich, die zuerst aufgetragene Schicht vollständig trocken werden zu
lassen; etwa voi'handene Luftblasen gelangen dann zum Zerplatzen.
4) Der lUattstiel reagiert bekanntlich auch bei verdunkelter Spreite stark
heliotropisch (conf. Darwin, S. 414: Rothert, S. 121; Haberlandt I, S. 107).
Bedeutunfi: der papillöscn Epidermis als Organ für die Lichtperceptiou. 405
Die Beleuchtung fand durch Tageslicht, in einigen Fällen mit
sehr gutem Erfolge durch Aiierlicht statt, das für einige Stunden
während des Tages benutzt wurde/)
Das Resultat war nun derart, dass in günstigen Fällen bereits
nach 6 — 8, eventuell 12 Stunden die Blätter die fixe Lichtlao;e an-
nähernd oder sogar vollständig erreicht hatten, erst recht natürlich
von einem Tage zum anderen, d. h. in 24 Stunden.^) Bedenken
wir, dass HaberlandT (II, S. 12) selbst unbenetzte Blätter mit ver-
dunkelten Blattstielen nach 5 — 6 Stunden das Maximum ihrer Ein-
stellungsbewegung, das aber bei Tropaeolum majus bei weitem nicht
der fixen Lichtlage entsprach, einnehmen sah, so kann von einer
nennenswerten Verzögerung der Reaktion, wie sie der Ausschaltung
des Linsenapparates entsprechen müsste, natürlich keine Rede sein.
Sehr instruktiv ist das Verhalten von Fittonia und Impatiens,
deren Einrichtungen allerdings von den bisher genannten erheblich
abw^eichen, jedoch nach demselben Prinzip arbeiten. Als sogenannte
Ocellen gehören sie dem höchstentw^ickelten Typus der Lichtsinnes-
organe an und finden sich auf der Epidermis zerstreut. Ein einzelnes
Ocell besteht aus zwei Zellen: Eine grosse, stark papillös nach
aussen gewölbte Epidermiszelle trägt nämlich an ihrer Spitze, durch
eine kurze Querwand getrennt, eine kleinere sogenannte Linsenzelle.
Die Querwand ist bei Impatiens gerade, bei Fittonia gewölbt, und
zwar so, dass die obere Zelle bikonvexe Linsenform zeigt. Die
Innenwand der grossen Zelle ist zwar annähernd gerade, die Seiten-
wände dagegen schräg nach einwärts gerichtet, so dass im Prinzip
mit einer ganz ähnlichen Einrichtung gerechnet werden muss, wie
sie durch die nach innen gewölbten Epidermiszellwände repräsentiert
werden (HABEßLANDT II, S. 44). In Bezug auf sonstige anatomische
Einzelheiten sowie die physikalischen Grundlagen sei auf die näheren
Ausführungen HabERLANüT's (II, S. 107 u. f.) verwiesen, der übrigens
in dieser Einrichtung eine Anpassung an häufige Beuetzung der
Blattspreite sieht. Hervorgehoben sei nur, dass sowohl die kleine
als die grosse Zelle als Licht konzentrierende Linsen in Betracht
kommen, dagegen die Innenwände der letzteren allein als licht-
empfindlich anzunehmen sind.
1) Beiläufig sei noch eine weitere Versuclismethodik erwähnt, deren ich mich
mit ziemlich gutem Erfolge bediente. Es wurde nämlich die Blattspreite in
horizontaler Lage fixiert, während der Stiel in einen luftdichten, zur Hälfte mit
Wasser gefüllten Behälter durch eine kleine Öffnung im Deckel hineinragte und
sich, im gleichen Sinne wie sonst die Lamina dem Lichte zukrümmte. Auf Einzel-
heiten dieses neben gewissen Vorteilen, auch Nachteile in sich bergenden Ver-
fahrens einzugehen, dürfte sich nicht verlohnen, da es ein abschliessendes urteil in
dem oben geforderten Sinne so wie so nicht gestattet.
2) Dass die Blätter sich individuell verschieden verhielten, bedarf kaum der
Erwähnung.
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV. 28
406 M. Kordhausen:
Der „Linsenversuch" zeigte mir, dass durch Benetzung- mit
Gelatine die Linsenfunktion eliminiert wird. Hierzu bedarf es aber
noch einer kurzen Erörterung. HABERLANDT konstatiert, dass die
kleine Zelle bei Fittonia, dagegen nicht bei Impatiens stärker licht-
brechenden Inhalt führt als die grosse, was auf Gerbstoffgehalt be-
ruhen soll. Der Theorie nach dürfte daher in obigem Falle eine
völlige Ausschaltung der Liusenfunktion nicht eintreten. Demgegen-
über sei festgestellt, dass ich niemals bei Fittonia^ wohl dagegen in
geringem Masse bei Impatiens in jenen Zellen Gerbstoff nachweisen
konnte.^) Li wieweit hierfür ein verschiedenartiges Verhalten der
Pflanzen massgebend ist, lasse ich dahingestellt; eine Verwechselung
dürfte zweifellos ausgeschlossen sein. Ebenso wenig gelang mir der
sichere Nachweis eines stärkeren Lichtbrechungsvermögens der
kleinen Zelle bei Fittonia. Allerdings kann man beim „Linsen-
versuch" bisweilen unter Benutzung sehr kleiner Blenden bei benetzter
Epidermis kaum merkliche Spuren von Lichtdifferenzen beobachten,
denen aber ganz andere Ursachen zugrunde liegen dürften. So
treten an den gewölbten Seitenwänden der kleinen Linsenzelle ganz
schwache Reflexe auf (vielleicht begünstigt durch die vollständige
Cutinisierung der Aussenwandung [nach H.]), ebenso bewirkt unter
gleichen Umständen der zum Teil exzentrisch gelegene Kern
derselben Zelle geringe Ablenkung der Strahlen. Alle diese
Momente sind aber im Vergleich zu dem normal funktionieren-
den Apparat so ausserordentlich geringfügig, dass sie für unsere
Frage als bedeutungslos ohne weiteres vernachlässigt werden
können. Bei Impatiens treten sie überhaupt nicht hervor, offen-
bar infolge der etwas abweichenden Gestaltungsverhältnisse der
Zellen; für die Annahme eines stärkeren Lichtbrechungsvermögens
der kleinen Zelle bot sich absolut kein Anhalt; der Gerbstoffgehalt
ist offenbar hierzu viel zu gering.
Als Resultat ergab sich, dass die mit Gelatine bedeckten Blätter
sich sehr leicht in die fixe Lichtlage einstellen, und zwar zum Teil
mit gleicher Schnelligkeit wie Kontrollblätter, sei es mit oder ohne
verdunkeltem Blattstiel. Besonders deutlich trat dies bei Fittonia
hervor, wo bei dekussierter Blattstellung das unveränderte zweite
Blatt eines Wirteis stets zur Kontrolle diente. Der Blattstiel, der,
wie schon HABERLANDT H, S. 107 angiebt, bei Fittonia von anderen
Blättern stets beschattet wird, dürfte überhaupt nicht heliotropisch
empfindlich sein.
Nach allem kann es somit keinem Zweifel unterliegen, dass
auch bei der zweiten von mir behandelten Gruppe von Pflanzen,
1) Mittels Kaliumbichromat und Eiseuvitriol.
Bedeutung der papillösen Epidermis als Organ für die Lichtperception. 407
die Linsenfimktioii der „Lichtsinnesorgane" ohne direkte Bedeutung
für die Orientierung des Blattes zum Lichte ist.
Nach HaBERLANDT, der die Beobachtungen KniEP's an mit Öl
benetzten Blättern bestätigen konnte, stehen diese Versuche in
keinem prinzipiellen Widerspruch zu seiner Theorie, sie gaben nur
den Anlass zu einer kleinen Änderung seiner Auffassung. Wie
schon erwähnt, werden die Beleuchtungsverhältnisse der licht-
empfindlichen Plasmahaut durch die Benetzung mit Ol umgekehrt,
d. h. das Mittelfeld erscheint dunkel, die Randzone hell. Trotzdem
reagiert das Blatt in durchaus normaler W^eise. HABERLANDT hebt
nun besonders hervor, dass das ausschlaggebende Moment seiner
Theorie auf der Empfindlichkeit für die Art der Intensitätsverteilung
des Lichtes auf der Plasmahaut beruht, d. h. ob diese zentrisch oder
exzentrisch ist, dass dagegen — und dies ist das Neue seiner Auf-
fassung — die verschiedene Reizstimmung der verschiedenen Teile
der Plasmahaut keine „angeborene und unveränderliche Eigen-
schaft, sondern nur eine erworbene Adaptationserscheinung" sei.
„Die Mittelfelder sind bei senkrechtem Lichteinfall hell adaptiert, die
Randpartien dunkel adaptiert. Die Helladaptation der Mittelfelder
stellt sich nach jeder längeren Verdunkelung, an jedem Morgen aufs
neue ein." Ein vollständiger Stimmungswechsel tritt durch Be-
netzung mit Ol ein, so dass nunmehr das Mittelfeld dunkel, die
Randpartien helladaptiert sind (H. IV, S. 293).
Meines Erachtens stehen dieser Auffassung doch einige Be-
denken*) entgegen, auf die ich, ohne einen experimentellen Beitrag
zu dieser Frage bieten zu können, kurz hinweisen möchte.^) Abge-
sehen von der beiläufigen Bemerkung, dass das Verhältnis der
Präsentationszeit des heliotropischen Reizes zu der Minimalzeit, in
der die Adaptation vor sich gehen kann, für ein Funktionieren des
Apparates wenig günstig erscheint und noch sehr der Aufklärung
bedarf, sei zunächst die Frage aufgeworfen, weshalb eine Adaptation
bei schiefem Lichteinfall, d. h. exzentrischer Lichtverteilung unter-
bleibt. Die Angaben HabeRLANDT's sind offenbar so zu deuten,
dass ein beliebiger Punkt der Plasmahaut sich nnr dann an einen
bestimmten Helligkeitsgrad zu adaptieren vermag, wenn ein korre-
spondierender Punkt der gegenüberliegenden Hälfte, der der
Peripherie desselben konzentrischen Kreises (bezw. Kurve) angehört,
von der gleichen Helligkeit getroffen wird, was ja einer zentrischen
1) Vgl. das Referat von H. FiTTiNG p. 184.
2) Aus eigener Anschauung kenne ich nur die im „Linsenversuch" sich
bietenden Bilder bei ölbenetzter Epidermis.
28*
408 M. Nordhausen :
Lichtverteilung bei senkrechtem Lichteinfall entspricht. Die Adap-
tation unterbleibt, sobald z^Yischen beiden ein Helligkeitsunterschied,
also exentrische Lichtverteiluno; besteht. Wie wird aber der Hellio--
keitsunterschied empfunden? Sobald die Plasmaliaut unter dem
frischen Eindruck vorhergehender zentrischer Lichtverteilung steht
oder durch die schnelle Reaktionsbewegung des Blattstieles ein
ständiger Intensitätswechsel auf der Plasmahaut unterhalten wird, ist
die Erklärung selbstverständich sehr einfach. Schwierigkeiten ent-
stehen aber, sobald die Einstellung des Blattes sehr langsam erfolgt,
oder, wie es in der Natur gar nicht selten der Fall ist, zeitweiligen
mechanischen Hindernissen begegnet. Alsdann dürfte die Annahme
nicht zu umgehen sein, dass der Plasmahaut schon von vornherein,
unabhängig von der von aussen durch Adaptation erworbenen, eine
gewisse Lichtstiramung zukommt, was aber gerade von HABERLANDT
zur Erklärung der Versuche mit ölbenetzten Blättern bestritten wird.
Noch wichtiger erscheint mir eine praktische Konsequenz. Die
zweckmässigen Bewegungen des Blattstieles setzen voraus, dass die
Pflanze befähigt ist, wahrzunehmen, in welcher Richtung eine
Änderung der Intensitätsverteilung innerhalb der Plasmahaut statt-
findet, d. h. ob unter normalen Verhältnissen das helle Mittelfeld
sich acro- bezw. basipetal oder rechts bezw. links verschiebt
(H. II, S. 128). Diese Fähigkeit muss äusseren Einwirkungen gegen-
über eine gewisse Konstanz bewahren, wenn nicht eine Orientierung
illusorisch werden soll. Vero-leichen wir nunmehr folgende zwei
Fälle:
Wird eine normale Epidermiszelle von rechts her schräg be-
leuchtet, so rückt das helle Mittelfeld nach links, d. h. auf der
linken Hälfte befindet sich eine erheblich grössere Zahl von hellen
Punkten als auf der rechten. Wird jetzt die Lamina mit Ol benetzt
so ergibt sich bei gleichem Lichteinfall, dass das jetzt dunkele
Mittelfeld nach links gerückt ist, dass also nunmehr die grössere
Zahl von hellen Punkten sich auf der rechten Seite befindet. Die
Lichtverteilung ist somit im zweiten Falle prinzipiell die gleiche,
als wenn das unbenetzte Blatt schräg von links her beleuchtet
würde. Bei dem Bestreben, die fixe Lichtlage, d. h. zentrische
Lichtverteilung wiederherzustellen, muss es der Pflanze ähnlich er-
gehen wie einem Menschen, der zum erstenmal in ein Mikroskop
schaut und dabei rechts und links verwechselt. Nicht die Flächen-
stellung, d. h. senkrechte Einstellung zum Licht, sondern Profil-
stellung oder besser eine Abkehr vom Licht müsste konsequenter-
weise erfolgen. Tatsächlich zeigten aber die Blätter durchaus
normales Verhalten.
Stehen somit die KNIEP'schen Versuche mit ölbenetzten Blättern
im Widerspruch mit der HABERLANDT'sclien Auffassung, so dürften
Bedeutung der papillösen Epidermis als Organ für die Lichtpercoption. 401)
die von mir ausgeführten Gelatineversuche direkt die allgemeine
Sehlussfolgeriing rechtfertigen, dass die Linsenfunktion der
papillösen Epidermis nicht in direktem kausalem Zu-
sammenhang mit der Perzeption der Liehtrichtung durch
die Blattspreite steht.
Neben den behandelten Fällen kommt nach IlABERLANDT noch
einer grösseren Zahl von Einrichtungen die Bedeutung von „Licht-
sinnesorganen" zu, von denen die nach innen gewölbten Epidermis-
zellwände bereits genannt wurden. Sie alle tragen zunächst noch
durchaus hypothetischen Charakter und namentlich das letzterwähnte
Beispiel erscheint mir am wenigsten begründet zu sein; denn trotz der
Bedenken HABERLANDT's (II, S. 41) dürften Belichtungsunterschiede,
die mit dem Lichteinfall gesetzmässigen Änderungen unterworfen
sind, sich zwischen den einzelnen Zellwänden einer beliebigen,
nicht besonders strukturierten Epidermiszelle nachweisen lassen.
Damit soll aber keineswegs die Bedeutung des den HABERLANDT-
schen Arbeiten zugrunde liegenden Gedankens bestritten werden,
dass Einrichtungen, die auf eine Erhöhung von Lichtkontrast-
wirkungen zwecks Perzeption der Lichtrichtung hinzielen, eine
grössere Verbreitung im Pflanzenreich zukommt. Speziellere
Untersuchungen dürften sich aber erst dann lolinen, wenn in
einwandsfreierer Weise als bisher das Vorkommen solcher Organe
an bestimmten Stellen des Blattes, z. B. der Epidermis, erwiesen
würde. Die Gründe, die HABERLANDT (II, S. 30) gegen deren Vor-
kommen in den Palissadenzellen anführt, berücksichtigen beispiels-
weise gar nicht die mehr oder minder begründete Anschauung, zu
der sich HABERLANDT (II, S. 84) neuerdings selbst bekennt, dass
zwischen der Richtuns; der Palissaden und dem Lichteinfall Zu-
sammenhänge bestehen können.
Literatur.
Ch. und Fr. Darwin, Das Bewcguugsvermögeu der Pflanzen. Deutsch von
Carus, 1881.
H. FiTTiNG, Referat über HABERLANDT IV. Bot. Zeit. 1907, AM. II.
K. GoEBEL, Organ ograpliio ISOS.
G. HABERLANDT, 1. Die Perzeption des Lichtreizes durch das Laubblatt. Ber. d.
D. B. G., XXII, 1904.
IL Die Lichtsinnesorgane der Laubblätter, Leipzig 1905 (ENGEL-
MANN).
4J0 «yfoi*5 t.i ERWINfBAUR:
III. Ein experimenteller Beweis für die Bedeutung der papillösen
Laubblattepidermis als Lichtsinnesorgan. Ber. d, D. B. G.,
XXIV, 1906.
IV. Die Bedeutung der papillösen Laubblattepidermis für die
Lichtperzeption. Biol. Centralbl., XXVII, 1907.
H, Kniep, Über die Lichtperzeption der Laubblätter. Biol. Centralbl., XXVII, 1907.
G. Krabbe, Zur Kenntnis der fixen Lichtlage der Laubblätter. Jahrb. f. wiss. Bot.
XX, 1889.
W. ROTHERT, Über Heliotropismus. Beitr. z. Biol. der Pfl., VII, 1896.
E. Stahl, Über bunte Laubblätter. Ann. du Jard. d. Buitenzorg, XIII, 1896.
60. Erwin Baur: Über infektiöse Chlorosen bei Ligustrum
Laburnum, Fraxinus, Sorbus und Ptelea.
Eingegangen am 24. Juli 1907.)
Im vergangenen Herbst habe ich in diesen Berichten^) mit-
geteilt, dass infektiöse Chlorosen, die der am besten untersnchten
Malvaceenchlorose völlig analog sind, auch bei Ligustrum vulgare und
Laburnum vulgare vorkommen. Die Buntblätterigkeit der unter dem
Namen Ligustrum vulgare fol. aureo-variegatis von SPÄTH, Baum-
schulenweg-Berlin, oder von anderen Baumschulen beziehbaren gelb-
fleokigen Ijigusterbüsche ist genau in der gleichen eigentümlichen
Weise auf dem Wege der Pfropfinfektion ansteckend und in der
gleichen Weise vom Licht abhängig, wie die Buntblätterigkeit des
Ahutilon Thompsoni.
Es war von Interesse, festzustellen, ob auch bei Ligustrum die
Sämlino-e infektiös chlorotischer Eltern ausnahmslos normal grün-
blätterig sind, ob also auch hier eine Infektion der jungen Embryonen
von der Mutter her unterbleibt. Versuche zeigten, dass dies tatsächlich
der Fall ist. 29 Keimpflanzen, die ich im vergangenen Frühjalir
aus Samen von infektiös chlorotischen Eltern erzog, waren alle rein
grünblätterio; und sind es bis heute geblieben.
OD O
Ebenso gaben auch elf Keimpflanzen von Laburnum vulgare
chrysophyllum nur grüne Pflanzen, auch Aussaaten in grösserem Mass-
stabe, die in den SPÄTH'schen Baumschulen wiederholt gemacht
worden waren, hatten ausnahmslos grüne Sämlinge ergeben.
Wie ich schon mitgeteilt habe, machten es Nachforschungen in
1) Bd. 24, S. 416.
Infektiöse Chlorosen bei Ligustiuni, Laburuiim, Fraxinus, Sorbus und Ptelea. 411
den SPÄTH'schen Bauniscliuleii sehr wahrscheiiilicli, dass das erste
Reis von Laburimm vulgare chri/sopliyllum entstanden ist als Spross
einer bis dahin grünblätterigen Laburnum-V nterlago, auf die ein Reis
von einer anderen, lange bekannten gelbblätterigen Laburnwn-
„Varietät", Laburnum vulgare fol. aureis gepfropft war. Die Ver-
nuitiiny; la«: da nahe, dass die Buntblätterigkeit von Laburnum vul-
gare chrysophgllum und von Laburnum. vulgare fol. aureis auf ein und
und derselben infektiösen Chlorose beruhe, die sich nur auf ver-
schiedenen Laiwr^mw- Sippen oder auch -Individuen verschieden
äussert, gerade so, wie auch die Malvaceenchlorose auf den ver-
schiedenen Malvaceenarten sehr verschieden aussieht. Versuche er-
gaben nun, dass tatsächlich die verschiedenen von mir in den beiden
vorhergehenden Jahren durch Pfropfinfektion mit Laburnum vulgare
ckrijsophyllum buntblätterig gemachten Laburnum -'^iv'Ä\\c\\&v unter-
einander in bezug auf den Grad der Buntheit grössere Unterschiede
aufwiesen, als wie sie zwischen Laburnum vulgare clirijsophjjllum und
Laburnum vulgare fol aureis bestehen, " Ferner erwies sich aber auch
Laburfium vulgare fol. aureis als in der gleichen Weise austeckend,
wie Laburnum vulgare vkrysophylliini. Damit dürfte die Frage wohl
entschieden sein.
Gelegentlich der Infektionsversuche mit Laburnum vulgare fol.
aureis., von dem ich mir Reiser von BehNSCH in Dürrgoy bei Breslau
hatte kommen lassen, zeigte sich, dass diese infektiöse Chlorose schon
durch Transplantion kleiner Rindenstückchen übertragbar ist. Die
Infektion erfolgte auch in zwei Fällen, wo bei Okulierung eines
Auges von Laburnum vulgare fol. aureis das Rindenschildchen zwar
gut verwuchs, das Auge selber aber zu Grunde ging, und Adventiv-
triebe von dem Rindenschildchen nicht gebildet wurden. Dies ist
jedoch bei Laburnum nicht weiter auffällig, hier sind die grünen
assimilierenden Elemente der Rinde junger Zweige genau ebenso
affiziert wie die Blätter, was bei Abutilon bekanntlich nicht der Fall
ist. V»e\ ^ Abutiloji bewirken dementsprechend transplantierte kleine
Rindenstückchen keine Infektion.
Diese infektiöse Chlorose von Laburnum lässt sich auch auf
Cytisus hirsutus übertragen. Auf Laburnum vulgare chrysophylhnn trans-
plantierte Augen von Cytisus hirsutus trieben ausgesprochen gelblich
grün aus, jedoch ist vorläufig die Färbung noch lange nicht so
intensiv gelb, wie bei Laburnum. Da aber auch frisch infizierte
Stöcke von Laburnum lulgare im ersten Jahre die Gelbfärbung in
der Regel viel weniger deutlich zeigen, als später, ist es wahr-
scheinlich, dass auch der infektiös chlorotische Cytisus hirsutus im
nächsten Jahre wesentlich gelber austreiben wird.
Laburnum alpitium, von dem ein Exemplar seit zwei Jahren auf
Laburuum vulgare chrysophyllum als Unterlage kräftig wächst, ist
412 Erwin Baur:
bisher noch nicht infiziert worden; das gleiche gilt auch für Cytisus
purpureus.
Ganz entsprechende infektiöse Chlorosen finden sich auch in den
Gattungen Fraxinus, Sorbus und Ptelea. Über einen Fall von
Panaschierungsübertragung von dem Edelreis auf die Unterlage bei
Eschen hat schon DARWIN^) nach Beobachtungen, die ihm von
Rivers und J. Anderson Henry mitgeteilt waren, berichtet. Ob
es sich dabei, was wahrscheinlich ist, um Fraxinus excehior oder ob
es sich um Fraxinus pubescens gehandelt hat, gibt DARWIN nicht an.
Ähnliche Angaben finden sich nach DARWIN auch schon in einem
1724 erschienenen Buche von BRADLFY.^)
Nach meinen eigenen Versuchen ist Fraxinus pubescens
aucubifolia^ die als Zierbaum vielfach angepflanzt, und in den
grösseren Baumschaulen käuflich ist, ausgesprochen ansteckend. Die
infektiöse Chlorose äussert sich hier in ganz unregelmässigen, intensiv
gelben Flecken auf den im übrigen normal grünen Blättern. Die
Infektion von bisher grünen Exemplaren von Fraxinus pubescens^
auf die bunte Zweige gepfropft waren, erfolgt in der gleichen Weise
wie bei Abutilo7i, Ligiistrum u. a. Ob auch andere Fraxinus -Äxten
und andere Oleaceen mit dieser Chlorose infizierbar sind, weiss ich
noch nicht. Vor allem wird es von Interesse sein, festzustellen, ob
sich die infektiöse Chlorose von Ligustrum als identisch mit dieser
Fraxinus -0\\\ovo^Q erweist. Pfropfungen zwischen Ligustrum und
Fraxinus gelingen leicht, ebenso wächst übrigens auch Sgringa
vulgaris sehr gut auf Fraxinus als Unterlage. Versuche mit anderen
im Handel erhältlichen bunten Fraxinus-N ?LYiQiä,ten sind noch nicht
abgeschlossen.
Von Sorbus aucuparia habe ich mit zwei verschiedenen bunten
Gartenvarietäten experimentiert, die eine, Sorbus aucuparia Dirkenii
aurea hat gleichmässig gelblichgrüne Blätter, die jungen Blätter sind
ganz ausgesprochen gelb. Diese Form ist nicht infektiös, ich habe
entsprechende Pfropfungen in grosser Zahl ausgeführt, in mehreren
Fällen besteht die Pfropfsymbiose schon seit über zwei Jahren, aber
eine Infektion des grünen Pfropfsymbionten ist in keinem Falle
erfolgt.
Die zweite buntblätterige Äor/^WÄ-Varietät ist Sorbus aucuparia
fol. luteo-variegatis. Die Blätter sind hier ganz normal dunkelgrün,
nur die Spitzen der Zähnchen des Blattrandes sind intensiv gelb.
Ziemlich selten kommen jedoch auch Blätter vor, bei denen grössere
Teile der Spreite gelbfleckig sind.
1) Ch. Darwin. Das Variieren der Tiere und Pflanzen im Zustande der
Domestikation. Deutsche Ausgabe von V. Carus. 2. Auflage 1873. Bd. I. S. 442.
2) Bradley. Treatise on husbandrj. Vol. I. S. 199.
Infektiöse Chlorosen bei Ligustrum, Laburnum, Fraxinus. Sorbns und Ptelea. 41^
Von diesoni Sorbus avcuparia fol. lutea -variegatis hatte ich im
Sommer JDO") acht Augen auf acht grüne Pfianzon von ISorbus aucu-
paria transplantiert.
Von den Augen sind inzwischen fünf zu kräftiüen Zweiaen
herangewachsen und haben ihre Unterlagen infiziert, in einem Falle
hatte die Unterlage, ein etwa I'/a f'^ hoher Busch, jetzt im zweiten
Sommer fast nur bunte Blätter. Drei andere Augen trieben nur im
ersten Sommer kümmerlich aus und gingen (hmn ein, trotzdem ist
auch hier in zwei Fällen eine Infektion erfolgt. Stets, auch bei den
erstgenannten fünf Versuchspflanzen zeigte die Austeckung sich erst
im zweiten Sommer.
Ebeufalls auf einer infektiösen Chlorose beruht die Bunt-
blätterigkeit von Ptelea trifoliata fol. variegatis. Ich selbst
habe mit Ptelea Versuche erst begonnen, aber Herr Obergärtner
Frost hat mir in den SPÄTH'schen Baumschulen verschiedene
Pfropfungen von Ptelea trifoliata fol. variegatia auf früher grünen
Pte/^a-Unterlagen gezeigt, in denen Triebe der Unterlage sich als
ausgesprochen infiziert erwiesen.
Eine nichtinfektiöse, dagegen samenbeständige typische Aurea-
Form ist Ptelea trifoliata aiirea. Ob Sämlinge der infektiös chloro-
tischen Framnus pubesrefis aucubifolia, Sorbus auriiparia fol. luteo-
variegatis und Ptelea trifoliata fol. variegatis von der Mutterpflanze
her infiziert werden, weiss ich noch nicht.
Infektiöse Chlorosen finden sich also sehr häufig, eine syste-
matische Untersuchung der vielerlei wild und im Handel vor-
kommenden buntblätterigen „Varietäten", zu der mir aber jede
Gelegenheit fehlt, würde wohl noch manche infektiöse Chlorose er-
geben. So gehört z. B. sehr wahrscheinlich auch die Buntblätterigkeit
von Codiaewni variegatum hierher.
Die nächste Aufgabe wird es jetzt sein, den rätselhaften Infektions-
stoff einigermassen zu isolieren.
Berlin, Botanisches Institut der Universität.
(.)U**
Sitzung vom 25. Oktober 1007. 415
Sitzung vom 25. Oktober 1907.
Vorsitzender: Herr L. KNY.
Der Vorsitzende macht der Gesellschaft Mitteilung von dem am
■-). Oktober erfoloten Ableben ihres ordentlichen Mitoliedes der Frau
Geh. Sanitätsrat Dr. Schwabach. Um das Andenken der Verstorbenen
zu ehren, erhoben sich die Anwesenden von ihren Sitzen.
Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen die Herren:
Neumann, Dr. M. P., Vorsteher der chemischen Abteilung der Versuchs-
anstalt für Getreide Verwertung in Berlin N. 65, Seestrasse 4 a
(durch J. Buchwald und L. Kny).
Hoestermann, Dr. phil. 6., Vorstand der pflanzenphysiologischen Ab-
teiluno- der Köniolichen Gärtner-Lehranshilt in Dahlem b. Berlin
(durch R. LAUBERT und W. WÄCHTER).
Lorch, Dr. phil. W., Oberlehrer in Schöneberg bei Berlin (durch
0. APPEL und W. WÄCHTER).
Murinoff, Alexander, Assistent am agronomischen Laboratorium der
Universität in St. Petersburg, Fontanka 162 (durch G. Klebs und
E. KÜSTER).
Schiller, Dr. Joseph, Assistent an der k. k. zoologischen Station in
Triest (durch R. VON WeTTSTEIN und J. BRUNNTHALER).
Bally, Dr. Walter, Bern, Ufenstrasse 16 (durch E. FISCHER und
C. Schröter).
Frau Warwara von Polowzow in St. Petersburg (durch E. STRASBURGER
und F. NOLL).
Schuster, Cand. phil. Walther, Pflauzenphysiologisches Institut der
Universität Berlin (durch L. KiNY und W. MAGNUS).
Zu ordentlichen Mitgliedern sind proklamiert die Herren:
Wollenweber, Wilhelm, in Berlin,
Lakon, Dr. G., in Athen,
Cuboni, Dr. Giuseppe, Professor in Rom,
Gatin, Dr. C. L, Fontenay aux Roses (Seine).
Ber. der deutschen bot. GeseUsch. XXV. 20
416 E)- Iwanowski :
In üblicher Weise fanden in der Sitzung die Wahlen der
Berliner Vorstandsmitglieder und der Kedaktionskommission für das
Jahr 1908 statt. Von den anwesenden 29 ordentlichen Mitgliedern
wurden durch Zettelabstiminung gewählt:
Herr A. ENGLER zum ersten Vorsitzenden,
„ L. Kny zum ersten Stellvertreter,
„ 0. Reinhardt zum zweiten Stellvertreter,
„ H. Fischer zum ersten Schriftführer,
„ E. KOEHNE zum zweiten Schriftführer,
„ G. Lindau zum dritten Schriftführer,
„ O. APPEL zum Schatzmeister,
„ P. Archerson \
E GiLGr ' ^^^ Mitgliedern der Redaktions-
',' R. Kolkwitz | kommission.
Als Sekretär wird Herr W. WÄCHTER die Geschäfte der Gesell-
schaft fortführen.
61. D. Iwanow Ski: Über die Ursachen der Verschiebung
der Absorptionsbänder im Blatt.
(Mit Tafel XII.)
(Eiugegangen am 4. September 1907.)
Es ist eine wohlbekannte Tatsache, dass das Absorptionsspektrum
lebender Blätter mit demjenigen der Chlorophyllösung nicht voll-
ständig zusammenfällt, und man hat zu wiederholten Malen versucht,
die Gründe davon aufzuklären, ohne dass es bis jetzt gelungen wäre,
eine befriedigende Lösung dieser Aufgabe zu erreichen.^) Die Tat-
sache selbst verdient ja unsere Aufmerksamkeit nicht nur in
Hinsicht darauf, dass die optischen Eigenschaften des Chlorophylls
bisher als die wichtigsten Merkmale seiner Unversehrtheit erscheinen,
sondern auch deshalb, weil die Aufklärung der zu beobachtenden
Abweichuno-en uns gewisse Rückschlüsse über den Zustand des
Pigments im lebenden Chlorophyllkorn gestattet. Es ist ja bekannt,
dass das Absorptionsspektrum keine beständige Eigenschaft der
1) Die betreffende Literatur ist in den Abliandlungen von TSCHIRCH und
Reinke zusammengestellt. TsCHIRCH, Landw. Jahrbücher, Bd. 13 (1881), S. 420
bis 425: Ueinke, diese Berichte, Bd. I, S. 3'Jö.
t^ber die Ursachen der Verschiebung der Absorptionsbänder im Blatt. 417
Substanz darstellt, sondern mit dem Aggregatzustand derselben, mit
■dem optischen Verhalten ihres Lösungsmittels und dergleichen variiert.
AVenn also eine Lösung des Bhittgrüns uns ein vom Blatte selbst
abweichendes Absorptionsspektrum zeigt, so kann das nicht nur in-
folge der Yeräuderung des Pigments beim Extrahieren, sondern auch
dadurcli entstehen, dass sein Zustand im Chloroplasten ein anderer
ist, als in der Lösung. Li diesem letzteren Falle wäre es vom
physiologischen Standpunkte aus eine lohnende Anfgabe, denselben
aufzuklären.
Es scheint mir, als o1) die Hanptursache des Misslingens der
bisherigen Versuche, die Abweichungen des Absorptionsspektrums
lebender Blätter zu erklären, in der Anwendung spektroskopischer
-anstatt spektrophotometrischer Methoden liege. Die Absorptions-
bänder, welche in den optisch reinen Lösungen mehr oder minder
scharf begrenzt sind, erscheinen in den trüben Medien, wie im
lebenden Blatte und in ihm ähnlichen künstlichen Präparaten, an
den Bändern so verschwommen und undeutlich, dass ihre Lage sehr
schwierig zu definieren ist. Die spektrophotometrische Methode ist
zwar umständlich, bietet aber um so sicherere, und bei Anwendung
einer passenden schmalen Okularspalte auch genauere Resultate
betreffs der Lage der Maxima und Minima der Lichtabsorption im
Spektrum.
Bei meinen spektrophotometrischen Untersuchungen an lebenden
Blättern habe ich auch auf diese Frage meine Aufmerksamkeit ge-
lenkt, und es gelang mir, eine allem Anscheine nach genügende
Lösung derselben zu finden.
Verweilen wir einmal bei den Verschiedenheiten der beiden
Spektra, so wie dieselben bei spektrophotometrischer Untersuchung
sich darbieten. Li der Tabelle I, 1, 2 sind die entsprechenden
Zahlen zusammengestellt, indem in der ersten Kolumne die auf die
dritte Dezimale abgerundeten Extinxtionskoeffizienten,^) in der
zweiten Lichtabsorption in Prozenten (nach den Tabellen ViEEORDT's)
angeführt sind. Die Kurven (Taf. XII) stellen die Grössen der
Extinxtionskoeffizieuten dar, welche für die Ordinate angenommen
sind.
In der alkoholischen Lösung des Chlorophylls^) ist die Ab-
sorption der äusseren roten Strahlen sehr schw^ach, drei- bis viermal
kleiner, als diejenige der grünen Strahlen, so dass gerade hier das
1) Extinxtionskoeffizient e = — IgJ^, -wobei J^— die Intensität des durch die
Einheit des absorbierenden Mediums durchgegangenen Lichts darstellt, ausgedrückt
in Quoten des Gesamtlichts.
2) Unter dem Namen ^Chlorophyll" verstehe ich hier das Gemisch von
Pigmenten, welche nach dem Zerreiben der Blätter mit .Alkohol extrahiert werden.
29*
418 D- Iwanowski :
absolute Minimum der Lichtabsorption liegt. Das erste Absorptions-
maximum liegt bei X 667 — 657 (die stärkste Lichtabschwächung
etwa bei X 6G7— 662); das entspricht dem I. Absorptionsbande.
Das zweite dem Band 620 — 600 entsprechende Maximum ist sehr
schwach: die Lichtabschwächung übertrifft diejenige des anliegenden
helleren Bezirks zwischen den Bändern I und II nur um etwa 3 pCt.
Eine Steigerung der Lichtabsorption, die den Bändern III und IV
entsprechen würde, lässt sich gar nicht bemerken; wahrscheinlich
liegt dieselbe unter der Grenze der Empfindlichkeit des Spektro-
photometers (0,3 — 1,0 pCt.). Von /l 517 — 513 beginnt ein einheit-
licher Bezirk allmählich wachsender Absorption, der bei 1 476 bis
473 die Grösse des ersten Maximums erreicht, und dann weiter an-
wächst. In CSo -Lösung treten die kleineren Maxima deutlicher
hervor.
Vergleicht man dieses Absorptionsspektrum mit demjenigen des
Blattes, so lassen sich in letzterem folgende Unterschiede fest-
stellen:
\. eine beträchtliche Steigerung der Absorption der
äusseren roten Strahlen a— B; dieselbe ist gleich
gross oder sogar grösser, als die Absorption im
Grün;
2. alle Absorptionsmaxima und -minima sind stark
gegen Rot verschoben, aber nicht in gleichem
Maasse: das erste Maximum um 20 Xl, das zweite
grosse Maximum (Endabsorption) um 40 XI. Die Lage
des ersteren ist scharf markiert: es beginnt bei der
Lösung bei 670 (667), bei dem Blatte bei X 690; was das
zweite grosse Maximum anbetrifft, so wächst es so allmählich
und langsam an, dass dessen Anfang nicht genau ersichtlich
ist; es ist bequemer, statt des Anfangs, diejenige Wellen-
länge zu benutzen, bei welcher die Lichtabschwächung die
Grösse des erstens Maximums erreicht; diese Stelle des
Spektrums ist konstant genug, sie liegt bei der Lösung bei
X 480 (476), bei dem Blatte bei X 520 (517);
3. die kleineren Maxima sind noch weniger deutlicli,
als in der alkoholischen Lösuno-.
Von den Hypothesen, welche zur Erklärung dieser Abweichungen-
aufgestellt worden sind, scheinen folgende am meisten begründet
zu sein:
L Das Spektrum lebender Blätter sei ein Spektrum des festen
Chlorophylls, mit anderen Worten, das Chlorophyll sei den
Chloroplasten als fester Niederschlag imprägniert worden
(Hagenbach, Lommel, Reinke).
Über die Ursachen der Verschiebung der Absorptionsbänder im Blatt. 415)
•2. Die Chloroplasten enthalten zwar gelöstes Chlorophyll, aber
sein Absorptionsspektrum werde durch grosses Dispersions-
vermögen des Lösungsmittels modifiziert (KUNTH, TSCHIRCH).
Diese Hypothesen habe ich in erster Linie geprüft.
Von Präparaten des festen Chlorophylls habe ich LOMMEL's
Blättchen, ReiNKE's Paraffin-Chlorophyll, alkoholischen Niederschlag
(„festes" Chlorophyll) und colloidale Lösung des Chlorophylls unter-
sucht. Es ergab sich, dass LOMMEL's Blättchen, d. h. mit Chloro-
phyll gefärbte und dann getrocknete Gelatine, entgegen der ver-
breiteten Meinung, ein Spektrum besitzen, das von demjenigen des
gelösten Chlorophylls sich nur wenig unterscheidet: das absolute
Minimum der Absorption liegt auch hier im äussersten Rot, das
L Maximum ist zwar verschoben, aber nur um 5 -i/l, die End-
absorption (das IL grosse Maximum) bleibt unverändert (Tab. I, 4;
Taf. XII, Fig. I, 4). Nocli weniger befriedigende Resultate lieferte
mir das Paraffin-Chlorophyll, d. h. in leicht schmelzbarem Paraffin
gelöstes und dann erstarrtes Chlorophyll (Tab. 1, G); dieses Präparat
erwies sich auch, wegen zu starker Trübung und dementsprechenden
grossen Lichtverlustes, als sehr wenig geeignet zu spektrophoto-
metrischen XJntersuchungen; die Grösse der Extiuxtionskoeffizienten
fällt für alle Strahlen des Spektrums sehr hoch aus, die Lage des
I. Maximums bleibt aber unverändert, nur erweitert sich das Absorptions-
band beträchtlich nach beiden Seiten zu. Als relativ mehr dem Blatt
ähnlich erwiesen sich colloidale Lösung des Chlorophylls und
Alkoholniederschlag desselben, wenn auch ihre Spektra von dem-
jenigen des lebenden Blattes nicht unbedeutend abweichen (Tab. I,
5 und 7).
Von den Lösungsmitteln, welche ein grosses Dispersionsvermögen
besitzen, habe ich CS^ geprüft. Das I. Absorptionsmaximum
ist auch hier, gleich LOMMEl/s ßlättchen, um 5 II gegen das rote
Ende des Spektrums verschoben, im Übrigen erhält man aber eine
typische Kurve des gelösten Chlorophylls (Tab. I, 3; Fig. I, 3).
Somit kann ich keine von den beiden Hypothesen bezüglich der
Ursachen der Bandverschiebung im Blatt bestätigen. Es gelang mir
aber, ein Präparat des Chlorophylls herzustellen, welches das
Spektrum lebender Blätter in befriedigender Weise reproduziert.
Verdünnt man nämlich die frisch bereitete starke alkoholische Lösung
des Chlorophylls mit viel Wasser und setzt einige Tropfen MgSO^- oder
einer anderen neutralen Salzlösung hinzu, so entsteht ein feinkörniger
Niederschlag, welcher in der Flüssigkeit suspendiert bleibt und
nur nach längerem Stehen zu Boden sinkt. Eine solche Chlorophyll-
emulsion kann entweder direkt, oder nach Beifügung von einer
420
D. Iwanowski :
ei
'S
et
H
O "5
-Oh-]
ü
^ 2
ü
o
a
tH O in
CO
O]^ i— O^ct: i~i t^ CO 1— I CO — ' CC ■•— I v; Tti o v; CT. C^l ^3 o
■^ o 1^ r-o -^ 'Tji -r -TT ^ CO CO CO CO ;:-i cm co et co -t* •-:: i.^ cö x x
CICT
CO
n-
CM
-+(?3
o
•*
00
1-1 OJ
^
CO
CO
X X -^ »-^ lo X :r> •
O ~. r-i it -^-^ "-^ -r r; O lO CO Ci
OO c
lO o -ri CO 'Ol c: 'X I- -o -f -^ «o 1- er. X CO o i- i- .o
-^ '^'k'^'N ^I'^~1.'~i-^^ — ' — -^ — I 1— I 7) -^ ^3 l— X Ci
o" o"o"o c'"c'~cro''o'c"o'~c;'"o"o''o~o'"o' cTcTo"
^" cm" co"
lO"
CO co^co l-^
^" CO^CO'o"
O C5 wX C5
I I I M ! I M I I
(M t^ CO
I lO CM 05
I O 1-1 1-i
CM
CM
fO
CO
CM
X T-l 05
O I- CO
Cl -^H 1— (
5.
„Festes"
Chlorophyll
ü
82,7
87,2
er;, 00 o_ co^ c-^tD^o^^oi^o »-i co x 1-1 ^ .o co — 0 — ■ x ,
CM irT co" -^5" oi'^c^Git^-~SSio-^-^^^i-i^<rj-S~^~^ i
05 0> 0 05 05 C505XCO XCOCOXiXXX XXX 05
0,7G1
0,891
CO CO «* CM t— lO 0 -ti CM -0 »^i cr> X CO ^ tc i-^ co co x o co
CO r^ 05 X CO [— 0 •-;: 0 lO "O -* cn t^ x 0 ^i 0 tr: i^ 0 --r; 1
i-J^ CO CO ?l^ i-<_0^0^0-^05^X^X^X^l-,t— _t-^x^x,x_^o:_^r 01.CM^ 1
T-T ^ ^ ^ i-r'^i-ro'~o'~o"o"c~o"o c"c~o o"o"^ " i-T
4.
Lommcls
Blättchen
4^
ü
P-
^'~l'^'^l-^].'^-'^'^'~l'~l'^'^~t-*V'^^i'-~^'~^"* -ti^^^ CM O 'M 1^1 L— Ol o in t^
-^ ^^ ^ CO -^^ -t-' 00 CD 1-H . o -^ lO CO CO CO ^" o" oT 05" r-' c" CD ^" o" co' co" c^^" od (Ol
(Mcoio--ri-xoooocoi-oiOOio^^T}icccoco^-^-*o:ot-coooo5
O-^O^'^t— ^eM'*-H<t— 000; — TJHi— i-l-^COCMOC^TO'l-XOXTl
(M 0 ^ CO 'M 1-1 ^ r» c^^ CD ^ lO CO -M OD >o CM — c —1 0 CM CM CO 0 '^ X lO CO CO
T-( CM CO -* 0 X 05 CO L- •-:: -* CO co co cm c^^ -M cm cm cm o<i -m 01 co ^ iC i- 0 -^
o'~o''o"o"crc:"o"o~o''ö o"^ o'o' o^o^o^o-o' ~'o"o"d"cr' c^cD o"cr 0 ^'
CO
a
1
CO
O
5,0
18,8
1 1—1 lO 0 "*_00 -f O^C- CO iS^-I^O O' CO CM tO 1—1 w --3 01 L- --^ CM CO CO 0
1 ^5x'x'cM"oo'c^f'*"c^f-^1"o"co"co r-"co':i~>o O5f^f^2~o ts t- cö^-o
Cß 1-- X 05 0 X X "-^ 0 LCt lO -^ CO CO CO CM CM 5^ CO -Ti t^ L^ l- X 05 05
0 022
0,090
0 X 05 r^ 00 1— -t^ Ol CM CO 0 X X CO ic co 0 cm 1-1 05 0 ^ !?i 0 cm 'm
1 t— --r CO ^H CO CO -^ 0 CO] -^ 0 ^ 0 0 t^ CO 01 0 c^ 0 ■>;; CO ^ i^ ^ 05
1 -* 0 ~- ^0 X I>-__-^^CO__CO_^CO Ol. CM fM 1— 1 -r^ 1— 1 -^ 1-1 (M -t< "^ "XI l^ CM CO
O^rd tH <-ro"cro"o'o'"0~o"o"Ö~0'~c"o"o'~o"dO o"c'd ^"rn"
6
iS"
1 i-^oTco^'+'cM'T-r-r d^--^"o"r— "co '-r; ofx"co"orif"-x"-ti"c^ t^orx"eo -rn"
c<icooxmo5X^^-*-rti-^coco!Oci(Mi-(i— ii— ll-1l-lC^^■^t^0505
0"
CM X -Ol CO in CM -t^ !x 0 C5 1-1 X ^ CM X X c^^ c Ol O' c^ (Ol CO --r; CO -^
1 -* -H -t1 — 'S- CO - 0 l^ ^ X -" O: l- "*! -rH 0. X l— L— 1^ -^ 05 -^ 0 '+•
It-ic0]-*XtHOC0-^<0J<01C<101t-tHi— li— (OOOOOi-IG^l"XCMCN
o"o'o"o"T-rTH ö o"o'o"o o"o"o"o"o"o"o"c5o"ö'o"o"o"'<-rw
1.
Blatt
p<
83,6
87,9
0 r^ CO lO ^CM 0]_0],--D lO^t- X__l- 0,1-J X l- 0 CT. Ol tO -^ CO
CM^ T-T cc '^ lr^-rt^"-^"-t^"'^t^""^^"'*^'-t^"o"l- t~-''orcMco"iO ic:">o'o"
O) 0> CO cc XXCOXXXXXXXXXXOO:0;~05 05
0.784
0,918
I^ CO ^ 0 0 CO CM (M 1-1 O' 0 05 0 ^ X CO 1.- CO CM t^ CO 1-1 t^
OS 00 »0 t- (MOOOi-ii-ii-ii-ii-ioxi-ixo:!^^-*!-:. CM
0 0 05 CO X X CO X XXCOCO XXX 05-0-. 0 CM CO CO CO CO
T-T T-T 0" 0" o"c'o"o'oo"o"o"o"o"o"o"o"TH-j"i-"^"i-r-r
O
'S
'S
(M 0 1— CM l^ G'l t^ (M l~- CM — 1 1—1 1-1 CO C?l 1— 1 (M CM <M CM "M CO OO CO' CO CO CO CO CO
0 CTi X X 1- L- 0 0 >0 lO ^+1 CO CM 1-1 0 '05 X t- 0 0 -* CO Tl 1-1 0 CT. X t- O
i-o--roo:roooo:r;oo;3ooo>oooir:'OOi:oio-*-'t'+-*
1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 M 1 1 1 1 1 1 1 1 1 i 1
iO(MC>]l^<MC-(5vlt^CMt-005050005COXXXXCOXI:-t^C-cricr>0
i-i005Xcoc-t-ooir:iiOcocMCM^02Xt-OLC)-+co<?i-^oo5Xi— 0
t-- 1-- 0 0 "^ C^ -^ '-^ ^ 0 0 'w -.r -^ "O iO lO >0 iQ lC iC 0 lO iC tO ■* "'f+i T»
über die Ursafilien der Verscliiebung der Absorptiousbänder im Blatt. 421
^J
■n<oio-rrii— ic'^iC, 1 1 1 , , 1 . 1 , , 1 . , , 1 , 1
O
•v^r^^^«^.^llll
,_^
(M CO «O iC ^ 1- 1- 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 i 1 1 1 1 1 1 1
CO >->
P-i
cc 00 00 X CO i— c~-
c^
;i^ &,
■■^ T3 2
«^
O-c
>-. er>o\c^iocc
"^o
>o in r» r3 'M -n f 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1
<o
i^ eo 00 xi t^ -^ -s \ 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1
o"o o ö ö" cTo"
o
S'5-^-3-"k-^- I I I I i i I I I I I I m I I I I
'S =s
&<
C— 1— X ~. CT5 05 ~
Jm
i6 'S +
'S fcX)
•<t O 'M — O 00 -+ , . .
— ' 3
■ec Ol- [- <x> in r 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1
<J CO
ft)
ic,:^ 1- O CO in :m„ 1 1 1 ' ' ' 1 1 1 1 1 ' 1 1 1 1 1 1
:0
o cTcT-^th ^H T-i
1-3
-^^
CO — in CO C- uO — '^"^ x__— __—_ 7^ 71,—. 3 x.^ •-:::., x_ i-.,in C i-.^x.^o,<?]^
•—•
o
-f'c'co'po —rr-r^—'^^'^i'^i ci-^x'i ■■£ t-rTo rf«* \r -^"tr r- r— "
M p-i
p-
X .r. o» <J5 X X X X X) X 00 X X X CO X) X ci <r. o> r^ n Ci C-. oj
i^
p— 1 r— t
'^ S 2
-f CT. in ^ -+' CT t- O et) — X) O "M — -^ C>5 0.1 X ^ O -+ CiO O Ci o
^O
C et CO «35 - X -M TT ■-:: -^ i- i- O s>i .t — x rt co co c^ x — i-i ^
w
oo^c^^th —-^i- r- i- i-_^i-_i- i-.,x_,x_,x._— r\o,r-H^cj.,?t-i-.,'*^ic lO
_— ^-ItHO^W __ — _'W ^-^-r^ _l_i___l_|
-l-'
1— I- O CO I- O X lO Jl (?1 X — 1 f _j — ^ — 00 — ,— -t ~_ — _, 1
^^
ü
1-' — "r^'r^ t-i id"'rf c-f ^'to'-rtr-.r •-jTx'Ö'^i -^"u: od'— t-T-t -f -f 1
CO >.5
^
L- X 00 00 X i- I— i- i- 1- i- i- i- t- X X X X 00 c". — . ~ r-. ri
E-^
Gefii
;iilor
cc v: in in ;t) «M -.^ t- o -^ X sq 71 o c: --r o rs ^ 1— -^ -H •7>] .-:
— Tt 00 ^ -^ ^ -^ 1- ri o ci 71 CO -^ o — c >~ in --r --Ti o Ci oi
-^
1«
^ 1 - 00 05 1- O O lO O 'O iC -O -O -^ L- 1- X X 0> O ^ 71 7T,71„ 1
o'c'o'o'cfo'oo'd'ö ocTd o'ö'o'c'c öi-i — r-T^^rn
-1-i
et et CM CM 7^^ '-<,-.r,7i t^'-^.i-. et._~^a;.,--r t~^o^x.,7] m w^>c ^^ , ,
i— <
O
C>i U:~asoo'et C^"l— "c: cTo Ö — -H7fe7-i^''vD --r x'oi c"—' 7r 1 i
eo >->
!=-
X X 00 CO X 1- I- l- 1- X X X X X X X X X X CO c. - —
^i T^ 2
"?! o
71 — 1 CO 00 -+ c ~ -^ et 71 it c; fi :r i': o -^ o ~ CO -o ^- it
iC tr CO CM 1- X — X r: c: — < 71 -f •-: X — iO X 71 r^ 71 r— o i i
ft;
l^ X 05 05 I- w '^ — --T 1— l— L- t— I— 1- X X X C~. 05 O O T- ' i 1
OOOOCOCCCOOOOOOCCOCO^— 1 —
-fc^
'^' 1- Tto 71 1- t-it x.^x^7i c-.^o.oi'TtH.^co, , p, 1 r>c;7i^ , , ,
O
i-"~x t-It-Ti--*- et et'et et -i''-f'"ict !-''—■' t-" ! cf 1 »H7iet'~ 1 1 1
-J-i
Ph
X X 05 05 X X X X X X X X X v! X X) X o» c: —
[^ X in r« -H -^ T-. et) O O 71 O X 71 lO lO ~ O O X
et -f CO ^ — . — ■ X X ~ ~ O — et lO --T C5 1 ic 1 r^ it: --r 1 i i
tu
X ~ O O X X l- t— l— t- X X X X X x^ 1 c-.^ 1 O ^^^ 1 1 1
o'o th ^' ~ d d^ d cd d"d"c od o" d ^'t-T-I^
rbi
-Ü
o
n-
N
Ü
bD
71 O O O O O O — ' — 1 et 71 ^ 71 71 71 71 71 17 Ct eC CO CO CO CO CO
rQ
s
O- c: X 1- vr o -^ eo 71 — o c; X 1— --r o -* CO 71 —1 o ~. X r- 52
2
1— t
i- o v; -..^ ;j:5 --T --T -^ -o o v; i-C lO lo o o o o 'CiO »o ^^ ^ -* -^
1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 r 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1
s
1 ' 1 1 1 1 1 1 ' 1 1 ' 1 1 ' 1 1 1 1 1 1 1 1 '
o 71 o o O' o o o o o o Ci X X X X X X X i-~- r- Cr JJ' - :-5
»— '
— oc^xi---r)Loco7i-Mi-i(r:a)r-i2o^co7i^oc2cct-^
i>-i— :^vs^C"..DwiC:o:0 — lOOiOiOiOOiCOOiO-*^-*'^
4.22 t)- Iwanowski :
genügen Quantität neutralisierter Gelatine untersucht werden. Die
Resultate der Untersuchung sind in der Tab. II 2, 3, 4 angeführt.
Die Übereinstimmung mit dem Spektrum lebender Blätter ist eine
sehr nahe: die beiden Kurven laufen ziemlich genau miteinander
parallel. Die Abweichung lässt sich nur insofern bemerken, als ich
in dem Präparat von gefälltem Chlorophyll stets ein absolutes
Minimum der Absorption bei / 650 — 640 beobachtete, während
dasselbe im Blatt etwas weiter, etwa bei / 640—630 liegt, oder
der ganze Bezirk / 650—560 eine so gleiche Absorption aufweist,
dass es unmöglich ist, irgand welche Unterschiede sicher festzustellen.
Vielleicht variieren dieselben je nach der Zusammensetzung des
FarbstofPgemisches.
Wie ist nun eine so beträchtliche Verschiebung der Maxima und
Steigerung der Absorption der Strahlen a— B zu erklären? Das
Präparat vom gefällten Chlorophyll zeichnet sich vor allem durch
seine Trübung aus. Mit Rücksicht darauf, dass die Vermutung schon
mehrmals ü;eäussert wurde, die Trübung des Mediums könnte allein
Ursache der Bandverschiebung sein, habe ich ein Gemisch von
alkoholischer Lösung des Chlorophylls mit BaSO^ - Niederschlag
spektrophotometrisch untersucht. Es ergab sich aber, dass die Bei-
mischung von BaSO^ kein anderes Resultat zur Folge hatte, als
dasjenige der Steigerung der Lichtschwächung im ganzen Spektrum,
wobei die Absorptionsbänder sich natürlich nach beiden Seiten zu
verbreiteten, ihre Lage aber unverändert blieb (Tab. II, 5). Das
versteht sich auch von selbst, da die Baryumsulfatkörner die Licht-
strahlen nur dazu zwingen, eine und dieselbe Flüssigkeitsschicht zu
wiederholten Malen zu durchlaufen, wodurch zwar Steigerung der
Absorption, aber keine Bandverschiebung erzielt werden kann. Nun
wird aber auch die Ursache der Bandverschiebung in dem Präparat
von gefälltem Chlorophyll verständlich. Es besteht zwischen beiden
Präparaten ein Unterschied darin, dass im BaSO^- Gemische die
umgebende Flüssigkeit, im gefällten Chlorophyll umgekehrt die
Körner als lichtabsorbierende Substanz fungieren, während die um-
gebende Flüssigkeit farblos ist. In der mit Baryumsulfat versetzten
alkoholischen Chlorophylilösung beobachten wir also ein Absorptions-
spektrum, im gefällten Chlorophyll dagegen ein Reflexions-
spektrum des Chlorophylls, nur in höherem oder ge-
ringerem Grade mit dem Absorptionsspektrum kombiniert.
Das Reflexionsspektrum des Chlorophylls ist noch wenig unter-
sucht. Es braucht aber nicht notwendig mit dem Absorptions-
spektrum zusammenzufallen, wie das LOMMEL,^) unter Anwendung
einer mangelhaften Methode, gefunden zu haben glaubte.
1) Poggend. Annal 143 (1871).
über die Ursachen der Verschiebung der Absorptionsbänder im Blatt. 4"28
VlEßORDT^) hat genauere spektropliotometrisehe Untersuchungen an-
gestellt und gefunden, dass zwischen den beiden Spektren ein wesent-
licher Unterschied besteht, wie es ans folgender von ihm angegebener
Tabelle zu ersehen ist:
y , , 1 . Lichtstärke in Tausenden von Lichteinheiteu
öpcKwaire^ion Reflexionsspektruin Absorptionsspektrum
A-a 0,7-2 0,98
a— B 3,47 12,16
B-C 20,69 15,89
C— D 951,63 1081,3
D— E •2-219,23 1491,0
E-F 933,83 540,8
P-G 2-29,53 85,9
G-H 26,66 4,4
Bei unoefähr »leicher Intensität der Strahlen C — D sind also
die Strahlen a — B im Reflexionsspektrum drei- bis viermal mehr
abgeschwächt, als im Absorptionsspektrum, während die Strahlen
B-C sogar reichlicher vorhanden sind. Umgekehrt sind die stärker
brechbaren Strahlen E — H im Absorptionsspektrnm in höherem
Grade abgeschwächt als im Reflexionsspektrum, wahrscheinlich in-
folge davon, dass gerade diese Strahlen von dem farblosen Plasma
viel mehr absorbiert w-erden, als die weniger brechbaren.
VlERORDT liess das Sonnenlicht auf ein Ahornblatt unter dem
AVinkel von 45^ fallen und untersuchte das reflektierte Licht mit
dem Spektrophotometer. Er beobachtete also nicht genau das
Reflexionsspektrum des Chlorophylls (was auch nicht eigentlich
seine Aufgabe war), sondern ein Gemisch desselben mit dem von
den Zellwänden zurückgeworfenen weissen und dem durch Chloro-
plasten gegangenen grünen Absorptionslicht. Um genauere Resultate
zu erhalten, musste man künstliche Präparate des Chlorophylls an-
wenden. Spektrophotometrisch konnte ich solche nicht untersuchen,
aus Mangel an entsprechenden Vorrichtungen; bei der spektro-
skopischen Prüfung aber sah ich das rote Ende des Spektrums vom
äussersten Rot und bis etwa / 670 gelöscht; von da au und bis
etwa / G50 war noch ein Halbschatten zu bemerken. Das stimmt
ziemlich gut mit den Resultaten YlERORDT's überein.
Es versteht sich nun von selbst, dass beim Aufeinanderlegen
der Reflexions- und Absorptionsspektren, das I. Absorptionsmaximum
gegen den Bezirk a — B verschoben werden muss. Zugleich muss
auch die Absorption des äussersten Rot eine gesteigerte werden.
Als weitere Bestätigung dieser Schlussfolgerung möchte folgende
Beobachtung dienen. Je grösser die einzelnen Körner des
1) Die Anwendung des Spektralapparates usw. 1S73. S. 79 81.
424 D. IWANOWSKi: Über die Ursachen der Verschiebung der Absorptionsbänder.
Chlorophyllniederschlags sind, desto mehr muss das Licht von ihnen
zurückgeworfen werden, und desto weniger durch dieselben gehen;
mit der Yergrösserung der Körner muss also das Reflexionsspektrum
mehr und mehr in den Tordergrund treten und das I. Absorptions-
maximum o-eg'en den Bezirk a— B verschoben werden. Lässt man
nun das gefällte und mit Gelatine gemischte Chlorophyll in warmem
Wasser einige Zeit stehen, so wird der Xiederschlag grobkörnig,
was leicht au der Veränderung des Farbentones, welcher in einen
mehr gelben übergeht, zu ersehen ist. Bei der spektrophoto-
metrischen Prüfung eines solchen Präparates ergibt sich eine weitere
Verschiebung des I. Absorptionsmaximums um 10 // gegen das
äussere Rot (Tab. II, 6).
Was nun das IL grosse Absorptiousmaximum (Endabsorptiou)
betrift't, so haben wir schon gesehen, dass dessen Verschiebung
wahrscheinlich unabhänoio- von der Verschiebung des I. Maximums
geschieht. Es kann kaum einem Zweifel unterliegen, dass jene
Verschiebung durch die von ReiNKE nachgewiesene stärkere Ab-
sorption blau-violetter Strahlen im Plasma der Zellen hervorgerufen
wird. In der Tat beginnt die Erhebung der Kurve gerade an der
Stelle, wo auch die Kurve der Lichtabsorption im Petalum von
Chrysanthemum (nach ReiNKE) sich zu erheben beginnt.
Wenden wir uns jetzt zu den liibendeu Blättern, so können wir
die Vermutung als sehr naheliegend annehmen, dass alles oben ge-
sagte sich ohne Weiteres auch auf die Blätter anwenden lässt.
Schon längst^) hat K. TiMIRIAZEFF darauf hingewiesen, dass die
Verteilung der lichtabsorbierenden Substanz an isolierte Körner als
Ursache der „Deformation" des Absorptionsspektrums der lebenden
Blätter angesehen werden muss. Diese Ansicht sollte jetzt nur in
dem Sinne geändert werden, dass nicht die Beimischung des weissen
von Zellwänden zurückgeworfenen Lichtes, wie es dem Autor schien,
sondern diejenige des grünen, von Chloroplasten selbst reflektierten
Lichtes die Verschiebung des ersten Absorptionsmaximums in den
Blättern bedingt. Bezüglich der einzelnen Chloroplasten soll das
Sachverhalten dasselbe bleiben. Wenn die Tatsache richtig ist, dass
in ihrem Spektrum eine gleiche Bandverschiebung sich konstatieren
lässt, so muss mau annehmen, dass das Chlorophyll in ihrem Stroma
zu feineren isolierten Körnern, etwa wie das gefällte Chlorophyll in
Gelatine, verteilt ist, was auch mit den neuesten Untersuchungen im
Ultramikroskop übereinstimmt.
1) Eef. Berichte der deutschen ehem. Gesellschaft, 5 (1872), S. 329. Vgl. auch
Eeinke, Botan. Zeit., 1886, S. 2U.
\V. VOSS: Über Merkmale normaler Organe in monströsen Blüten. 425^
62. W. Voss; Über Merkmale normaler Organe in monströsen
Blüten.
3. Chrysauthemumforni „Mons. Ulrich Brunner".
(Eingegangen am 18. September 1907.)
Wie bei der Chrysauthemumforni „Wabau" treten iu den
Köpfehen von „Mons. Ulrich Brunner" Blüten auf, deren Kronröhren
sowohl Merkmale der Strahl- als auch der Scheibenblüten zeigen.
Doch ist bei dieser Form eine etwas grössere Regelmässigkeit in
der Verteilung der verschiedenartigen Gewebe in der Krone als bei
der zuerst genannten Form zu beobachten.
Die grossen, sehr verschieden stark gefüllten Köpfchen dieser
Chrysauthemumforni zeigen lange, an der Innenseite der Krone tief
karmin, häufig mit einem Stich ins A^iolette gefärbte Strahlblüteii
mit verhältnismässig kurzer Röhre und meist einzipfeliger Zunge.
Die Strahlblüten stehen alle sehr steil aufgerichtet auf dem Boden
des Blütenkorbes, wodurch das Köpfchen ein quasten- oder pinsel-
förmiges Aussehen erhält. Im Innern der Köpfchen findet sich eine
nicht selten sehr ausgedehnte Scheibe von Scheibenblüten, die eine
wenio- o;lockenförniio;e Gestalt zeio-en. Ebenso wie an der Grenze
der beiden Blütenformen dieselben gemischt stehen, stehen nicht
selten ffut auso-ebildete Strahlblüten mitten unter den Röhrenblüten
der zentralen Scheibe, und umgekehrt treten normale Scheiben-
blüten in jeder Region des ringförmigen Gebietes der Strahl-
blüten auf.
Wie auch sonst häufig bei Chrysanthemumformen treten in den
Köpfchen häufig Blüten auf, die sectorial sind zwischen Scheiben-
und Strahlblüten; jedoch war ich bei der vorliegenden Form auch
nicht imstande, etwas gesetzmässiges über das Auftreten und die
Lage der makroskopisch die Struktur der Röhrenblütenkrone
zeio-enden Partien iu der Krone der Strahlblüte herauszufinden.
Strahlblflten in jeder Region des Köpfchens können solche zeigen,
ebenso wie Röhrenblüten aller derjenigen Partien des Blutenstandes,
in denen sie noch zur vollen Entwicklung gelangen, Merkmale der
Strahlblüten zeigen können. Wenn auch an Strahlblüten die Merk-
male der Röhrenblütenkrone meistens in einem die ganze Kron-
röhre an der dem Köpfclieniunern zugekehrten Seite durchziehenden
Streifen auftreten, in Röhrenblüten die Merkmale der Strahlblüten.
426 W. Voss:
jedoch meist in dein dem Köpfchenrande zugekehrten Teile der
Krone zu beobachten sind, so ist dies doch nicht stets der Fall.
Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Teil der Krone der Einzel-
blüte, in dem Merkmale der anderen Blütenform auftreten. In den
meisten Fällen, in denen das Gewebe der fremden Blutenform nicht
die ganze Krone der Blüte von oben nach unten durchsetzt, traten
dessen Merkmale in den Zipfeln auf. Doch wurden auch Strahl-
blüten gefunden, in denen die Streifen Röhrenblütengewebe die
Zipfel und den Rand der Kronröhre nicht erreichten. Wenn freilich
in einer überwiegend Röhrenblütencharakter zeigenden Blüte der
Strahlblüteneigenschaften zeigende Teil, wie es meist der Fall w^ar,
•die ganze Krone der Länge nach nicht durchzieht, so waren es
immer die Zipfel und sich an diese anschliessende Partien der
Krone, die solche zeigten. Wenn also bei der vorliegenden
Chrysanthemumform ebenso wie bei der später zu besprechenden
Form „Mary Anderson" eine Beziehung der Ausbildung der Gewebe
zu ihrer Lage sich andeutet, die sich auch schon in der Verteilung
der beiden Blütenformen über den Boden des Köpfchens ausspricht,
so zeigen doch die Ausnahmen von der aus den oben mitgeteilten
Beobachtungen zu ersehenden Regel, dass die Art der Aus-
bildung der Gewebe der Kronröhre auf jeden Fall nicht
allein eine Funktion ihrer Lage im Köpfchen ist.
Einer genauen mikroskopischen Untersuchung wurden bei der
vorliegenden Form wie bei den anderen behandelten Chrysanthemen
die Zellen <ler inneren Epidermis der Krone unterzogen. Wie
immer setzt sich die Epidermis der Strahlblüte zusammen aus mehr
oder minder rechteckigen, wenig gestreckten Zellen, deren Radial-
wände gewellt sind. Die Aussenwand ist stark papillös vorgetrieben
und von einer Cuticula bedeckt, die kräftige, gewellte Falten auf-
weist. Im Cytoplasma liegen zahlreiche farblose Chromatophoren
von annähernd gleicher Grösse. Ich habe den grössten Durchmesser
von 43 Leucoplasten gemessen und folgendes Ergebnis erhalten:
,« 0,6-0,8 0,9-1,1 1,2-1,4 1,5-1,7 1,8-2,0 2,1-2,3 2,4-2.6
•Frequenz 4 ü 11 15 6 1 0
Der Saftraum der Zellen ist mit einem intensiv carmin. gefärbten
.Zellsaft gefüllt.
Die Kronröhre der Röhrenblüte zeigt in ihrem röhrenförmigen
Teil von Innen betrachtet langgestreckte Zellen, deren Radialwände
zum grössten Teil gerade sind. Je höher die Zellen jedoch in der
Krone liegen, desto stärker tritt eine Wellung der Radialwände auf.
Die Aussenwand der Zellen ist nicht ]nipillös vorgetrieben und von
t^ner faltenlosen Cuticula bedeckt. Im Cytoplasma liegen zahl-
reiche Chromoplasten. Der Zellsaft ist stets vollkommen farblos.
über Merkmale normaler Organe in monströsen TJliiten. 427
Die Zellen der Zipfel, die ganz allgemein bei Chrysanthemum am
!Nerv, der von dem Winkel zwischen zwei Zipfeln in der Krone
herunterläuft, tiefer als an anderen Stellen in den glockenförmigen
Teil der Krone eindringen, unterscheiden sich ausser durch ihre
etwas geringere Streckung auch durch die stark gewellten Radial-
wände von den Zellen des ijlockenförmigen Kronteils. Während
jedoch die Grösse der Leucoplasten in den Zellen der Strahlblüten-
krone nur ein geringes Schwanken zeigt, zeigen die gelben Chromo-
plasten recht beträchtliche Grössenunterschiede. Ich gebe zunächst
den grössten Durchmesser von o9 Chromoplasten einer Zelle aus
dem glockenförmigen Teil in /t an und bemerke zugleich, dass
zwischen den einzelnen Zellen auch verschiedener Blüten in dieser
Beziehuno; keine Differenz zu beobachten war:
*'^ "7
^ 2-2,2 2,3-2,0 2,(;-2,8 2,9-3,1 3,2-3,4 3,0-3.7
Frequenz 2 10 19 7 10
41 Chromoplasten einer Zelle aus einem Zipfel zeigten die
folgenden Grössen in /<:
^i 0.(5-0,8 0.9-1,1 1,2-1,4 1,5-1,7 1,8-2,0 2,1—2,3 2,4-2,0
Frequenz 0 5 11 18 0 1 0
Wenn wir die letzte Variationsreihe vergleichen mit der bei den
Leucoplasten aufgestellten, erkennen wir, dass diese in ihrer Grösse
vollständig oder doch fast vollständig den Chromoplasten der Zellen
in den Zipfeln der Röhrenblüten gleichen, während diejenigen der
Zellen des glockenförmigen Kronteils dieser Blütenform annähernd
die doppelte Grösse zeigen. Doch ist diese Trennung nicht durch-
greifend. In ausserordentlich vielen Fällen wurden Zellen gefunden,
in denen beide Grössen mit allen Übergängen gefunden wurden.
Ob wir es in den verschieden grossen Chromoplasten mit zwei ver-
schiedenen Merkmalen oder mit extremen Varianten eines Merkmals
zu tun haben, bleibe dahingestellt; jedenfalls können gelb-
gefärbte Chromatophoren beide extremen Grössen zeigen, während
tlie Grösse der Leucoplasten, wie die oben mitgeteilten Zahlen an-
geben, in viel engeren Grenzen schwanken, um eine Grösse, die in
fast allen Zellen der Kronzipfel der Röhrenblüten auch von den
Chromoplasten gezeigt wird Nur um zu entscheiden, ob in secto-
rialen Blüten dieselbe Abhängigkeit zwischen der Ausbildung des
Farbstoffes und der Grösse der Chromatophoren besteht wie in den
normalen Blüten, wurde in der folgenden mikroskopischen Unter-
suchuno; der Abhänsriokeitsverhältnisse einer Reihe von Merkmalen
in sectorialen Blüten die Grösse der Chromatophoren, wie sie in
Variationsreihe 2 zum Ausdruck kommt, als „gross", als anta-^
gonistisches Merkmal der Grösse der Leucoplasten und der in
428 W.Voss:
Variationsreihe 3 zum Ausdruck kommenden Grösse der Cln'omo-
plasten, das ich mit „klein" bezeiclmet habe, gegenübergestellt.
Als unzweifelhaft antaoonistische Paare wurde diesem Paar an-
gereiht :
Chromatophoren gelb farblos,
Zellsaft gefärbt farblos,
Aussenwand papillös eben,
Cuticula gefaltet glatt.
Die Zellen des gelben Streifens einer sectorialen Zungenblüte
zeigen alle Eigenschaften der Zellen der entsprechenden Region der
Köhrenblfltenkrone, ebenso wie diejenigen des auch äusserlich der
Strahlblüte oleichenden Teils die Merkmale der Zellen der Strahl-
blütenepidermis zeigen. Zwischen diesen beiden Regionen, in denen
ausschliesslich Zellen gleicher Merkmalskombination liegen, treten
jedoch Zellen auf, die die mannigfaltigen Kombinationen der oben
angegebenen Merkmale zeigen. Es sollen an dieser Stelle zunächst
nur solche Zellen berücksichtigt werden, die eine der möglichen
Kombinationen der voll ausgebildeten Glieder der ins Auge ge-
fassten Merkmalspaare zeigen. Mit Ausnahme der Grösse der
Chromatophoren konnten die der Glieder der Merkmalspaare nicht
zahlenmässig umgrenzt werden. Ich war hier auf ein möglichst
o'enaues Abschätzen ans-ewiesen. Noch mehr als dies bürgt aber für
die Zuverlässigkeit der folgenden Angaben, dass alle irgend zweifel-
haften Beobachtuno'en nicht berücksichtiot wurden.
Eine Regel, nach der der Übergang zwischen den Regionen
typischer Röhren- und Strahlblütenzelleu erfolgt, konnte nicht auf-
gestellt werden. In vielen Fällen treten an der Grenze des Anteils
der Röhrenblüte Zellen auf, die sich in der Gestalt, in der Be-
schaffenheit der Aussenwand, der Cuticula und des Zellsaftes nicht
unterschieden von typischen Röhrenblütenzellen, die jedoch die
kleinen, farblosen Chromatophoren der Strahlblütenzelleu zeigen.
Es kommt jedoch auch vor, dass an typische Röhrenblütenzellen
Zellen stossen, die bei farblosem Zellsaft und kleinen, gelben
Chromoplasten eine papillöse Aussenwand mit gefalteter Cuticula
aufweisen. Zellen solcher Merkmalskombination wurden in Gruppen
in vielen Blüten aufgefunden. Von den benachbarten Zellen unter-
scheiden sie sich ausserdem noch durch ihre geringere Länge.
Ausserdem kommen in der Übergangszoue Zellen mit farblosem
Zellsaft, ebener Aussenwand, gefalteter Cuticula und kleinen, farb-
losen Chromatophoren, mit farblosem Zellsaft, papillöser Aussenwand,
gefalteter Cuticula, kleinen, farblosen Chromatophoren oder bei sonst
gleicher Beschaffenheit mit ebener Aussenwand und glatter Cuticula
über Merkmale normaler Organe in monströsen Blüten, 429
vor. Im Zuge von typischen Strahlblütenzellen fand ich in der
Grenzregion Gruppen von Zellen mit ungefärbtem Zellsaft, kleinen,
gelben Chromatophoren, papillöser Aussenwand und glatter Cuticula
iTnd in ähnlicher Lage solche mit ungefärbtem Zellsaft, gelben,
kleineu Chromatophoren, papillöser Aussenwand und gefalteter
Cuticula. In einigen dieser Zellen fanden sich Chromoplasten, die
es zweifelhaft liessen, ob sie die Bezeichnung „gross" verdienten.
In einer Blüte, die in der Form der Zuugenblüte glich, deren Zipfel
aber, wie bei der Köhrenblüte, ein Zottenbüschel trugen, aber selbst
farblos waren, zeigte sich, dass die innere Epidermis sich zum aller
grössten Teil aus Zellen zusammensetzte, die bei ungefärbtem Zell-
saft und kleinen, farblosen Chromatophoren eine mit einer glatten
Cuticula bedeckte ])apillöse Aussenwand aufwiesen. In den roten
riecken in den Zipfeln einer sonst normal erscheinenden Röhreublüte
fanden sich bunt gemischt Zellen mit gefärbtem Zellsaft, grossen,
gelben Chromatophoren, nicht papillöser Aussenwand und glatter
Cuticula und solche mit gefärbtem Zellsaft, kleinen Chromoplasten,
nicht papillöser Aussenwand, glatter Cuticula neben Zellen, die sicli
von den beiden genannten Formen durch eine gefaltete Cuticula,
durch farblosen Zellsaft oder durch beides unterscheiden. Die ver-
schiedenen voll ausgebildeten Merkmale stossen auch hier
oft, ohne durch Übergänge verbunden zu sein, in zwei
benachbarten Zellen unvermittelt aufeinander. Ich habe
nicht selten Blüten mit überwiegeneem Röhrenblütencharakter ge-
funden, bei denen jedoch ein Zipfel der Krone sich durch seine
besondere Länge und durch seine der Zungenblütenkrone gleichende
Farbe auszeichnete. In diesem Zipfel liegen unter normalen Strahl-
blüteuzellen Zellen mit rotem Zellsaft, kleinen, farblosen Chromato-
phoren, ebener Aussenwand und gefalteter oder glatter Cuticula. In
der Übergangsregion zwischen einem solchen Zipfel und dem
glockenförmigen Teil der Krone wurden Zellen gefunden, die bei
rotem Zellsaft, kleinen, gelben Chromatophoren eine papillöse, von
■einer gefalteten Cuticula überzogene Aussenwand aufwiesen.
Aus dem bis hierher mitgeteilten geht hervor, dass,
wenn auch in den beiden Partien sectorialer Blüten Zellen gleicher
Merkmalskombination zusammenliegen, die einzelnen Zellen sich
o-eo-enseitis" nicht direkt in der Ausbildung ihrer Merkmale
beeinflussen. Zellen ganz verschiedener Merkmals-
kombination können engbenachbart und deshalb auch den-
selben äusseren Einflüssen unterworfen sein.
Um eine bessere Übersicht über die beobachteten Zellformen
zu erhalten, stelle ich dieselben in der folgenden Tabelle zu-
sammen:
430
W. Voss:
Nr.
Farbe des
Zellsaftes
Farbe der
Chromato-
phoreii
Grösse der
Chromato-
phoren
Ausbildung
der
Aussenwand
Ausbildung
der
Cuticula
1
rot
farblos
klein
papillös
gefaltet
2
farblos
gelb
gross
eben
glatt
o
rot
farblos
klein
5)
gefaltet
4
V
»
»
„
»
5
r>
n
»
papillös
n
i;
7i
gelb
gross
eben
glatt
7
J!
»
klein
11
gefaltet
8
r>
n
»
papillös
»
9
farblos
farblos
»
»
»
10
r>
»
»
eben
»
11
»
gelb
»
n
glatt
12
«
»
»
papillös
gefaltet
ir,
«
farblos
»
eben
glatt
14
^
?l
??
papillös
»
15
?i
gelb
??
n
«
k;
w
n
gross ?
eben
gefaltet
Das ? in Reihe IG bezieht sich auf die oben beschriebene Zelle^
von der zweifelhaft war, ob die Chromatophoren die Bezeichnung-^
„gross" verdienen. Zellen mit gefalteter Cuticula, die unzweifelhaft
„grosse" Chromatophoren enthielten, konnten nicht gefunden werden.
Da in der oben gegebenen Tabelle Zellen fehlen, in denen die
Merkmale „papillöse Aussenwand" und „grosse Chromatophoren"
fehlen, so wurde die Frage, ob diese beiden Merkmale zusammen in
einer Zelle auftreten können, besonders geprüft, jedoch „grosse
Chromatophoren" nur mit vollständiu- „ebener Aussenwand" kombiniert
gefunden.
'o "'
Aus der Tabelle der beobachteten Zellformen ergeben sich die
in der folgenden Zusammenstellun"' veranschaulichten Kombinatious-
möglichkeiten der ins Auge gefassten Merkmale, in welcher ein oo
andeutet, dass die in dem damit bezeichneten Felde zusammen-
treffenden Merkmale zusammen in einer Zelle auftreten können, ein
-|- andeutet, dass das Merkmal der wagerechten Spalte stets zusammen
mit dem der senkrechten Spalte auftritt, ein — , dass das Merkmal
der waoerechten nie mit dem voll ausoebildeten der senkrechten
Spalte zusammen beobachtet wurde. Ein / bezeichnet den Ort, an
dem in der Tabelle zwei antas-onistische Merkmale zusammentreffen.
über Merkmale normaler Orijanc in monströsen Blüten.
431
es
w
u
:cä
Ca
«
GQ
o
-CS
a
o
o
ü
<a
m
OD
O
rH
fco
a
o
o
&
o
03
g
o
rH
ü
o
'3
3
O
o
:S
g
O
ü
PI
fl
Ol
TS
^
a
o
sS
-a
a
CO
3
S
o
-S3
^
-C
<o
O
:0
-o
• ri
QJ
Ca
bc
Ä
a
CS
m
03
<3
as
a
o
Xi
3
3
cS
'S)
eS
's
u
'-S
3
-4J
fcD
Zellsaft
Chromatoplioren.
Cliromatophoren .
Aussenwand . . .
Cuticula . . . .
1
gefärbt
farblos
klein
I farblos
l gelb
[ papillös
l eben
f glatt
l gefaltet
CXD
CO
CO
CO
CO
CO
CO
CO
oo
oo
CO
CO
CX3
/
CO
oo
CO
CO
OO
CO
/
oo
CO
oo
CO
/
+
—
oo
—
+
/
CO
CO
oo
CO
/
oo
CO
—
CO
CO
CO
/
oo
oo
oo
oo
CO
CO
oo
oo
oo
oo
oo
oo
oo?
oo
oo
oo
CO
CO
oo
CO
oo
I
oo
CO
oo
oo
CO CO
oo CO
oo
OO
ooi /
oo I
oo
oo
CO
oo
oo
CO
oo
OO
Zu dieser Zusanimenstellung sind noch einige Bemerkungen
nötig. Das ? deutet wieder die schon weiter oben gekennzeichneten
unsicheren Beobachtungen an. Trotz der Schwierigkeit, die
Färbungsintensität gelber Chromatophoren abzuschätzen, ghaube ich,
nach sorgfältiger Prüfung doch, wie es in der Übersicht geschehen
ist, angeben zu dürfen, dass „grosse" Chromatophoren stets die
volle Ausbildung des Carotins zeigen. Ebenso konnten keine färb-
losen Chromatophoren gefunden werden, die nicht das Merkmal
„klein" zeigten. In der Grösse zwischen „gross" und „klein"
stehende Chromatophoren zeigten stets zum mindesten einen gelben
Anflug. Dadurch sind die hier auf sich beziehenden Angaben der
Tabelle, die aus der vorhergehenden Liste der beobachteten Zell-
formen noch nicht ohne weiteres hervorgehen, gestützt. Ebenso ist
die Angabe, dass die Kombination „papillöse Aussenwand" —
„grosse Chromatophoren" unmöglich, dagegen die des zum ersten
Merkmal antagonistischen Merkmals „ebene Aussenw^and" mit
„grossen Chromatophoren" nur möglich ist, erst aus der Liste der
Zellformen zu folgern, wenn nachgewiesen ist, dass das Merkmal
„ebene Aussenwand" auch mit in der Grösse zwischen beiden
extremen Formen stehenden Chromatophoren auftritt. Diese Frage
ist geprüft worden; sie wurde in dem in der Übersicht zum Aus-
druck gelangten Sinne entschieden.
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV.
30
432
W. Voss:
Aus der oben wiedergegebenen Tabelle geht hervor, dass einige
der ins Auge gefassten Merkmale niemals zusammen auftreten, sich
also o-esenseitio- ausschliessen. Es sind dies:
ö^o"
Chromatophoren „gross", Chromatophoreu farblos;
„ „ Aussenwand papillös.
Während die beiden an letzter Stelle genannten Merkmale in
einer Zelle nicht zusammen auftreten, muss dies, wie dies eine die
grosse Selbständigkeit der einzelnen Chromatophoren von einander
beweisende Beobachtung bei der Chrysanthemumform „Mary
Anderson" zeigt, beim ersten Paar darauf beschränkt werden, dass
die beiden Merkmale sich an demselben Chromatophor aus-
schliessen. Ein Unterschied besteht freilich ausserdem noch zwischen
den beiden Paaren. Während, wie aus meinen Beobachtungen folgt,
das eine Glied des ersten Paares immer das antagonistische des
jeweilig anderen fordert, ist die Ausbildung des dem ersten Gliede
des zweiten Paares antagonistischen Merkmals nur möglich, wenn
das zweite Glied ausgebildet ist, da dasselbe mit einem nicht voll
ausgebildeten ersten zusammen auftreten kann.
Ähnlichkeit mit dem V'erhältnis der Glieder dieses letzten
Paares zueinander hat dasjenige einer anderen Reihe von Merkmalen,
die ich samt ihren Abhängigkeitsverhältnissen in die folgende Über-
sicht gebracht habe:
Es bedingen
Es bedingen nicht
^farblose Chromatophoren" die
Ausbildung von „kleinen Chro-
matophoren";
„kleine Chromatophoren" dieAus-
bildungvon „farblosen Chromato-
phoren";
„grosse Chromatophoren" die Aus-
bildung von „gelben Chromato-
phoren";
„gelbe Chromatophoren" die Aus-
bildung von „grossen Chromato-
phoren";
„grosse Chromatophoren" die Aus-
bildung von „ebener Aussen-
wand".
„ebene Aussenwand" die Aus-
bildung von „grossen Chromato-
phoren".
Die Glieder aller anderen möglichen Paare der ins Auoe «e-
fassten Merkmale sind vollständig unabhängig von einander. Es
können z B. „kleine Chromatophoren" sowohl mit einer „ebenen
Aussenwend" als auch mit einer „papillösen" auftreten, es kann
„ebene Aussenwand" sowohl mit „kleinen" als auch mit „grossen"
Chromatophoren in der Zelle auftreten.
Ich habe dies Beispiel aus der Masse des Möglichen heraus-
gegriffen, weil es mir die Gelegenheit gibt, die bis jetzt ganz will-
über Merkmale normaler Organe in monströsen Blüten. 433
kürliche Gegeimberstellung vou „grossen imd kleinen" Chromato-
phoren als Glieder eines antagonistischen Merkmalspaares eine Be-
rechtignng zu geben. Ein anderes Abhängigkeitsverhältnis zeigt
-feieh nämlich, wenn in dem Beispiel das Merkmal „klein" mit dem-
jenigen „gross" vertauscht wird (siehe die vorhergehende Übersicht).
Ganz ebenso liegt es bei den Merkmalen „klein" und „gelb", die
sich wie die Glieder des als Beispiel gewählten Paares zu einander
verhalten, wenn „klein" gegen „gross" vertauscht wird. Es scheint
mir in diesen Beobachtungen mindestens eine Milderung der bei der
Aufstellung dieses antagonistischen Paares geübte Willkür zu liegen,
da aus ihnen eine Selbständigkeit der beiden Merkmale hervorzu-
gehen scheint.
Wie „Mons. Ulbrich Brunner'' zeigten viele im Marburger
botanischen Garten gezogene Chrysanthemen sectoriale Blüten, deren
Krone nur in der Regel, — sehr häufige Ausnahmen kommen
vor — , den Streifen Röhrenblütengewebe auf der dem Köpfcheninnern
zugekehrten Seite der Strahlblütenkrone, so dass es nicht möglich
war, bei ihnen die Lage in der Krone als ausschlaggebend
für die Differenzierung des Gewebes anzunehmen. Die
Unabhängigkeit der einzelnen Zellen voneinander und zu-
gleich die unter den gleichen äusseren Bedingungen
mögliche verschiedenartige Differenzierung gleichartiger
und auch oft gleichaltriger Zellen zeigte sich bei ihnen in
genau derselben Weise, wie bei den beiden beschriebenen
Formen. Ich beshhränke mich hier darauf, die gärtnerischen
Namen dieser von mir untersuchten Formen mitzuteilen: Margot,
Avalanche, Alberic Lunder, L'ile de plaisir, Julia Lagrariere, Lady
Salborne, Mad. Carnot, La negresse, Cesare Costa, Ismael, Admiral
Seymonds, Louis Böhmer, Hallow E. Eu., Beauty of Truro.
30*
434 Hans Fitting:
63. Hans Fitting. Sporen im Buntsandstein — die
Mal(rosporen von Pleuromeia?
(Eingegangen am 2. Oktober 1907.)
Im Hinblicke auf die stets grossen und nicht nur für die Paläo-
phytologie bedeutungsvollen Fortschritte, welche in neuerer und
neuester Zeit die Kenntnis der Fortpflanzungsverhältnisse vieler
fossiler Archegoniatengruppen durch eine Reihe glücklicher Funde
gemacht hat, ist es von einigem Interesse, dass nun auch das Dunkel
sich zu lichten scheint, welches die Fruktifikationsverhältnisse der
interessanten Buntsandsteingattung Pleuromeia bisher noch immer
umhüllt. Graf zu SOLMS-LaUBACH, dem wir eine kritische Be-
arbeitung des vorliegenden, recht unvollkommenen Materiales ver-
danken (1899, S. 227 if.), war nicht imstande, aus den ohne struktur-
bietende Reste allein vorliegenden zahlreichen Steinkernen und
Abdrücken den Aufbau des seltsamen Gewächses völlig zu rekon-
struieren und Sicherheit darüber zu gewinnen, ob die Sporangien
ähnlichen Gebilde, die der Unterseite der Sporophylle in Einzahl
median anhängen, Sporangien oder Samenknospen sind. So musste
auch die systematische Stellung dieser Pflanze dunkel bleiben, wenn
auch die sehr eigenartig gestaltete, zweifach dichotomierte, vier-
lappige Stammbasis und die Abdrücke der Blattabgliederungsnarben am
Stamme auf eine Verwandtschaft mit Sigillaria-'A\m\\c\\^\\ Gewächsen
hinzudeuten schien.
Da trifft es sich nun sehr günstig, dass mein Freund, Herr
Privatdozent Dr. E. WÜST in Halle a. S , der über den Buntsandstein
des östlichen Harzvorlandes arbeitet, in Letten und dünnplattigen
Glimmersandsteinen des Mittleren Buntsandsteins der Umgeo-end von
Halle meist zusammen mit unverkennbaren Resten von Pleuromeia
kleine, runde, verkohlte Gebilde gefunden hat, die bei näherer Unter-
suchung als Sporen eines Archegoniaten angesprochen werden konnten.
E. WCST hat sie in einer Abhandlung über die Fossilführung des
Mittleren Buntsandsteins der Mansfelder Mulde (1907) aus später zu
erwähnenden Gründen schon als die Sporen von Pleuromeia Stern-
bergii Münst. spec. bezeichnet. Selbstverständlich war es mir eine
grosse Freude, dem Wunsche meines Freundes folgend das bereits
vorliegende und auf gemeinsamen Exkursionen in der Gegend von
Halle und bei Bernburg noch gefundene Material nach botanischen
Gesichtspunkten zu bearbeiten.
Sporen im Bnntsandstein — die Makrosporen von Pleuromeia? 435
Zunächst dürfte es von Interesse sein, auf die vertikale und
horizontale Verbreitung der Sporen im Bundtsandstein nach
unseren bisherio;en Funden hinzuweisen. Soweit dafür die nähere
Umgebung von Halle a. S. in Betracht kommt, wo die Sporen von
WÜST entdeckt wurden, stütze ich mich auf die Gliederung des
Mittleren Bundsandsteins, die WÜST kürzlich (1907, S. 124) veröffentlicht
hat. Ich gebe sie nach WÜST in Tabellenform wieder. Das Vor-
kommen der Sporen ist darin für die einzelnen Fundpunkte ver-
zeichnet und gleichzeitig vermerkt, ob in der gleichen oder in anderen
Schichten Reste von Pleuromeia vorkommen und welche Art sie sind.
Nebenbei sei erwähnt, dass vor WÜST's Untersuchungen Pleuromeia-
reste aus der Geo-end von Halle nicht bekannt waren.
O
Mittlerer Buntsandstein der Maiisfelder Mulde
(nach E. WÜST 1907).
Herrschende Gesteine: in erster Linie Sandsteine (zusammen-
genommen etwa % — 7i ^61' Gesamtmächtigkeit ausmachend) und
zwar zumeist dickbankige Sandsteine; in zweiter Linie Schieferletten
(zusammengenommen etwaYs — Vi der Gesamtmächtigkeit ausmachend).
Gesamtmächtiffkeit: 27.5 m.
I. Untere Saud- Dickbankio-e Sandsteine vorherrschend,
steine, 15 m: Darin:
Untere Muschelbänke: Meist dünn-
plattige Sandsteine mit untergeordneten
Schieferletten. Fossilien: Aucella Geinitzii
V. Fr., GerciUeia Murchisonii Gein.,
Estherien.
II. Untere Zwischen- Schieferletten mit untergeordneten dünnen
schichten, 25 m: Sandsteinbänken. Diese Schichten bilden
die:
Unteren Estherienbänke: Fossilien:
Pleuromeia Sternhergii Münst. sp. (bisher
nur nicht näher bestimmbare verkohlte
Reste und Sporen in der Ziegeleigrube von
STRÜFER zwischen Halle und Nietleben),
cf. Anoplophora, Estherien.
III. Mittlere Sand- Dickbankige Sandsteine vorherrschend,
steine, 110 m:
IV. Obere Zwischen- Schieferletten mit untergeordneten dünnen
schichten, 45 m: Sandsteinbänken vorherrschend. Darin:
436 Hans Fitting:
Obere Muschelbänke: Dünnplattige
Sandsteine mit untergeordneten Schiefer-
letten vorherrschend. Fossilien: Aucella
Geinitzii v.Fr., Gervilleia MurchisoniiGein.^
unbestimmte Muscheln, Estherien, Fische.
Fischbänke: Schieferletteu mit düuneu,
oft stark kalkhaltigen Sandsteinbänkeu
vorherrschend; lokal Einlagerungen von
Faserkalk. Fossilien: PJeuromeia Stern-
bergii Münst. sp. (am Tonhäuschen von
Schiepzig: nicht näher bestimmbare
verkohlte Reste, Sporophylle und Sporen;
im Beesenstedt - Kloschwitzer Grunde:
nicht näher bestimmbare verkohlte Eeste,
ein Stämmchen, Sporophylle und Sporen),
Muscheln, Schnecken, Estherien, Ganoid-
fische.
Obere Estherienbänke: Meist sandige
Schieferletten mit untergeordneten dünnen
Sandsteinbänken vorherrschend. Fossilien:
Pleuromeia Sternhergii Münst. sp. (bisher
nur nicht näher bestimmbare verkohlte
Reste, Sporophylle und Sporen in der
Tongrube südlich vom Bahnhof Schiettau),
Estherien.
Y. Obere Sandsteine, Dicke Sandsteinbänke vorherrschend;
80 m: wenigstens lokalKieselsäurekonkretionen.
Es lag nun sehr nahe, ausserhalb der näheren Umgebung Halles in
den altbekannten, klassischen Fundstellen von Pleuromeia bei Bern-
burg nach den Sporen zu suchen. Erfreulicherweise gelang es mir
bereits in der Sammlung des Grafen zu SOLMS-LaUBACH auf
einem in Gegenwart des Herrn Besitzers untersuchten Stück Glimmer-
sandstein von Bernburg, in das ein „Fruchtstand" von Pleuromeia
eingeschlossen ist, neben diesem mit kohligen Resten bedeckten
Gebilde Sporen nachzuweisen. Eine Exkursion in die Sandstein-
brüche bei Bernburg, auf welche der um die Kenntnis der Bunt-
sandsteinfossilien Bernburgs hochverdiente Herr Steinbruchbesitzer
O. Meekel freundlichst die Führung übernahm, erbrachte alsdann
den Nachweis, dass hier die Sporen in der Tat ganz ausserordentlich
häufig sind, und zwar gerade in jenen Schichtenkomplexen, welche
reich an Pleuromeia-^Q?,iQn sind. Nach freundliclier Mitteiluns,' des
Herrn MERKEL nämlich kommen die Pleuromeien bei Bernburg
Sporen im Buntsandstein — die Makrosporen von Pleuromeia? 437
hauptsächlich in zwei Zonen von „Nutzbänken" vor, d. h. technisch
verwertbaren dicken Sandsteinbänken, deren untere etwa 100 m und
deren obere etwa 120 m über der Basis des ca. 160 ?n mächtig-en
^Mittleren Buntsandsteins liegt. Diese Nutzbänke lassen in sich eine
Aufeinanderfolge dicker Sandsteinbänke und sehr dünner Letten-
lager erkennen. Die Sandsteinbänke haben hauptsächlich grosse
Pleuromeia-'^iö.mrwe mit sonstigen Resten der Pflanze, die dünnen
Lettenschichten neben Sporophyllen plattgedrückte Stämmchen
und junge Pflänzcheu geliefert. Ich hatte bisher nur Gelegenheit,
das Vorkommen der Sporen in den Lettenlagen der oberen Nutz-
bank und unmittelbar oberhalb der Bank festzustellen.
Die Art des Vorkommens der Sporen ist an allen Fundstellen
sehr einförmig: ^Vährend nach unseren bisherigen Kenntnissen
grössere Stämme von Pleuromeia auf zum Teil ziemlich grobkörnige
Quarzsandsteine (Bernburg!) beschränkt sind und Sporophyllähren,
einzelne Sporophylle und kleinere Stämmchen sowohl in groben und
feinen Sandsteinen als auch in Schieferietton und in milden, glimmer-
reichen Sandsteinen sich nachweisen lassen. Sie liegen hier in ver-
kohltem Zustande einzeln oder in enormer Menge, entweder hier und da
zu kleineren oder grösseren Haufen zusammengedrängt oder mehr
gleichmässig verteilt in der Gesteinsmasse, manchmal neben typischen
Pleuromeia-^^oro\Aiy\\exi. oder „-sporangien" (so bei Schlettau^
Beesenstedt, Schiepzig und Bernburg). Sie sind überall in solcher
Menge vorhanden, dass man selten Gesteinsstücke dieser Art spaltet^
ohne verkohlte Sporen zu finden. Am leichtesten ist ihr Nachweis
in den gleichmässig weissgrauen, vertikal recht verschieden zu-
sammengesetzten Letten von Schiettau bei Halle a. S., wo sie durch
ihre schwarze Farbe sofort auffallen und wo sie auch von WÜST
zuerst aufgefunden wurden, während sie da leicht übersehen werden
können, wo sie wie z. B. bei Beesenstedt und Bernburg in den zum
Teil etwas eisenschüssigen, dunkelgraubraunen, glimmerreichen
Schieferletten oder Sandsteinen vorkommen, die neben hellen auch
dunkle Glimmerplättchen und kleine Kohlenfetzchen enthalten. Dies
ist wohl auch der Grund, warum sie den bisherigen Forschern ent-
gangen sind.
Der Erhaltungszustand der plattgedrückten, verkohlten Sporen
ist überall dort vorzüglich, wo (wie besonders bei Schiettau) das
Einbettungsmaterial tonig oder sehr feinsandig ist, während er in
den weniger feinsandigen Glimmersandsteinen (z. B. Bernburg) oft
schlecht ist, um so schlechter, je grobkörniger das Material. Hier
sind die Sporenmembranen oft in einzelne Fetzen zerrissen. Diese
Tatsache legt die Annahme nahe, dass die Sporen nur deshalb den
an Pte^/'o?nm-Resten reichen Quarzsandsteinen fehlen, weil dieses
Material der Erhaltung der Sporen nicht günstig war.
438 Hans Fitting:
Wenn die Sporen gut erhalten sind, gelingt es leicht, sie aus
der Einbettungsmasse mittelst Nadeln herauszulösen. In den Letten
hinterbleibt alsdann ein sehr charakteristischer Hohldruck. Auch
kann man sie aus den Letten leicht unter Zuhilfenahme eines Pinsels
isolieren, nachdem man die Tonstücke in Wasser aufgequellt hat.
Der Bau der Sporen bietet wenig Eigentümliches: Sie haben
stets kreisrunden ümriss, in welcher Richtung sie auch platt-
gequetscht wurden, einen ungefähren Durchmesser von 0,5 — 07 mm
und lassen mit grosser Deutlichkeit drei im Scheitelpunkt zusammen-
laufende, unter gleichen Winkeln konvergierende und stark hervor-
tretende „Scheitelkanten" erkennen, die an ihren dem Scheitelpunkte
abgewandten Ende durch drei sehr viel schwächer hervortretende
„Randkanten" verbunden sind. Durch diese Kanten oder Leisten
wird die Oberfläche der Spore und die Sporenmembran in eine über-
halbkugelige Basalfläche und in drei schwächer gewölbte Scheitel-
flächen gegliedert. Letztere, die man oft auch allein findet, dürften
sich bei der Keimung von einander getrennt haben. Die Sporen
sind also wie die Makrosporen der Lepidophyten und von Isoetes
nach kugeltetraedrischem Typus gebaut. Die ganze Oberfläche ist
stärker oder schwächer granuliert, ohne sonstige Skulptur erkennen
zu lassen. Die Sporenmembranen waren offenbar sehr dick, da sie
als dicke verkohlte Masse erhalten geblieben sind. Ob sie aus mehreren
Schichten bestanden, lässt sich ti'otz eingehender mikroskopischer
Untersuchung nicht erkennen.
Wie aus meiner Beschreibung ersichtlich sein dürfte, besteht in
Grösse und Gestalt sehr grosse Ähnlichkeit zwischen diesen Sporen
und den Makrosporen von Isoetes (vergl. FiTTING 1900). Doch
zeigen auch die Makrosporen der Lepidophyten ganz ähnliche
Charaktere. Da die Makrosporen von Isoetes, wie ich zeigte, stets
verkieselt sind, so habe ich einige der verkohlten Sporen nach der
Isolierung aus der Einbettungsmasse mit Schwefelsäure befeuchtet
auf einem Platinblech geglüht: Ein Kieselskelett erhielt ich nicht.
Erwähnt sei schliesslich noch, dass man stets neben Sporen der
angegebenen Grösse auch einzelne viel kleinere, etwa nur halb so
grosse findet, die wohl wie bei Loetes verkümmerte Exemplare
sind. —
Der Grösse und der Gestalt nach scheint es mir ganz unzweifel-
haft, dass wir es bei den Sporen mit den Makrosporen eines Arche-
goniaten zu tun haben. Es würde nun vor allem die Frage sein, ob
sie als die Makrosporen von Pleuromeia angesehen werden dürfen.
WÜST gibt in seiner oben erwähnten Arbeit (1907, S. 121) an, er
habe wiederholt bei Schlottau diese Sporen in Anhäufungen gefunden,
„deren ümriss mit demjenigen der zweifellos zu Pleuromeia Sternbergii
Münst. spec. gehörenden Zapfenschuppen so genau übereinstimmt,
Sporen im Buntsandstein — die Makrosporen von Pleuronieia? 439
dass nicht zu bezweifeln ist, dass es sich in diesen Anhäufungen um
noch auf der Zapfenschuppe bezw. dem Sporophylle sitzende Sporen
handelt." Die Stücke, auf die sich WÜST hier bezieht, haben mir
^u eino-ehender Untersuchung voroeleo-en. Auch habe ich selbst
wiederholt bei Schiettau Material gesammelt. Wohl liegen, wie
schon erwähnt, die Sporen häufig in grösseren Massen beisammen.
Wenn letztere manchmal auch rundlichen Umriss haben, so konnte
ich doch niemals eine Umgrenzung dieser Haufen erkennen, die sich
auf die Sporangienwand beziehen liesse. Es ist ja möglich, dass
diese Sporenhaufen auf die P/^wröm^/a-Sporangien bezogen werden
könnten; doch muss ich darauf hinweisen, dass sie oft auch anderen
als rundlichen Umriss haben: Häufig macht es den Eindruck, als
ab sie Ausfüllungen von Wurmröhren bildeten. Auffällig sind in
den Haufen zwischen den Sporen fast stets Abdrücke linealer, dicho-
tomisch verzweigter Gebilde, die bis zu 1 cm Länge besitzen können
und meist von kohligen Kesten überzogen hie und da die Schicht-
flächen der Letten auch allein bedecken. Yielleicht sind diese Ge-
bilde die erhalten gebliebenen, netzartig verbundeneu oder zerrissenen
Adern der Makrosporangienwand von Pleuromeia (vergl Graf zuSOLMt;-
LaüBACH 1899, S. 237) oder Trabekulae des Sporangiums (ent-
sprechend Isoetes). Doch lässt sich diese Annahme zur Zeit niclit
beweisen. Selbstverständlich habe ich von Anfang der Untersuchung
an in den Kohlenkrusten, welche manchmal die gut erhaltenen
Sporangien von Pleuromeia bedecken, nach Sporen, Makrosporeu wie
Mikrosporen gesucht, bisher immer ohne Erfolg. Freilich muss man
daran denken, dass die gut erhaltenen Sporangien sämtlich Mikro-
sporangien oder unreife Makrosporangien waren. Reife Makro-
sporangien dürften sich wegen der Grösse der Sporen nur wenig
für die Konservieruno; creeis-net haben. Auch auf den Schichtflächen
der Letten, ausserhalb der Sporangien, habe ich sehr oftmals nach
Mikrosporen gesucht, ohne jemals welche finden zu können. Wahr-
scheinlich sind diese kleinen, zartwandigen Gebilde zu Grunde
gegangen.
Wenn auch auch souach unsere Funde keinen direkten Beweis
dafür erbringen, dass die Sporen die Makrosporen von Pleuromeia
sind, so macht doch eine Reihe von Umständen diese Annahme
recht wahrscheinlich. Dafür spricht vor allem die Tatsache,
dass die Sporen in allen Aufschlüssen auf eben dieselben
Schichtenkomplexe beschränkt sind, die unverkennbare Reste von
Pleuromeia und nur von dieser Pflanze, geliefert haben: Sporo-
phylle und Sporangien finden sich in den Letten bei Schiettau,
Beesenstedt, Schiepzig und Bernburg zusammen mit Sporen; bei
Bernburg trennen die Sporen führenden tonigen Glimmersandsteine
diejenigen Sandsteinbänke, welche Pleui'omeia-Kes,tQ enthalten, und
440 Hans Fitting:
haben nach SPIEKER 1853, S. 1 ff , Graf zu SOLMS-LaUBACH (1899,
S. 239) und mündlichen Mitteilungen des Herrn 0. MERKEL in
Menge gerade junge Pleuromeia-F üänzchen geliefert.^) Würden die
Sporen zu einer anderen Pflanze gehören, so wäre es zum mindesten
sehr seltsam, wenn diese Pflanze nicht ebenso wie Pleuromeia er-
kennbare Reste in den Letten oder Sandsteinen hinterlassen hätte.
Ob Pleuromeia ganz allein wuchs, wie es den Anschein hat, wissen
wir freilich nicht. Findet man doch meist zusammen mit Pleuromeia
nicht näher bestimmbare verkohlte Reste, die Pleuromeia oder
anderen Pflanzen angehören mögen. Die Ärmlichkeit der Bunt-
saudsteinflora und ihrer uns überkommenen Spuren wird übrigens
verständlich, w^enn man den neueren Anschauungen mancher Geologen
folgend, den Buntsandstein im wesentlichen als eine Wüstenbildung
ansieht und bedenkt, dass dann nur au wenigen Stellen, am Rande
von Tümpeln und Seen, Pflanzenreste sich erhalten konnten.
Spricht man die Sporen wegen ihrer Häufigkeit in den Pleuro-
meia führenden Schichten des Buntsandsteins als die Makrosporen
von Pleuromeia an, wofür spätere Funde vielleicht noch bessere
Beweise liefern, so gewinnt damit diese merkwürdige Gattung eine
festere Stelle im System als bisher, und zwar in der Nähe der
Lycopodiales^ im besonderen der Lepidophyten oder der Isoetaceen,
und fällt die Vermutung in sich zusammen, dass sie irgendwie mit
den Coniferen verwandt sei. So würden die Fortpflanzungsverhält-
nisse aufs schönste den Eindruck bestärken, den der Bau der
Stammbasis und der Bau der Blattabgliederungsnarben am Stamme
schon längst gemacht hat.
Allerdings darf nicht verkannt werden, dass mit der Auffindung
der Sporen noch längst nicht alle Rätsel gelöst sind, welche hin-
sichtlich der Yerwandschaft des Genus bestehen. Während bei allen
Gattungen der Lijcopodiales das Sporangium median auf der Ober-
seite des Sporophylls oder wie bei Selaginella auf der Blütenachse
der „Sporophyll"oberseite sehr genähert befestigt ist, sitzt es nach
den Angaben von Graf zu SOLMS-LaüBACH (1899, S. 237) bei
Pleuromeia auf der Sporopyll-Unterseite. Die Richtigkeit dieser
Angabe glaube ich durch eigene Untersuchung des sehr schönen
Zapfens (in der Sammlung des Mineralogischen Institutes in Halle a. S.)
bestätigen zu können, den Graf zu SOLMS-LaUBACH auf Taf. YHI,
1899, Fig. 8 abgebildet hat. Auch sah ich bei Herrn MERKEL in
1) Auf den Glimmersandsteiustücken vou Bernburg, die aus Spiekee's Besitz
in die Sammlung des naturhistorischen Museums in BerHu gelangt sind und die
auf den Schichtflächen vorzüglich erhaltene Sporophylle mit Sporangien von
Pleuromeia, die Originale zu einigen Abbildungen in der Arbeit des Grafen zu
Solms-LaubACH, erkennen lassen, habe ich übrigens, wie hier erwähnt sein mag,
vergeblich nach den Sporen gesucht.
Sporen im Buntsandstein — die Makrosporen von Pleuromeia? 441
Bernburg einige von diesem Herrn angefertigte Skizzen nach anderen
Stücken, die keine andere Deutung zulassen. Dieses Merkmal weist
meiner Meinung nach unserer Gattung eine Sonderstellung im System
an. Es erscheint mir so wichtig, dass ich vorläufig eine Diskussion
der Frage für müssig halte, ob Pleuromeia zwischen Sigillaria und
Isoctes vermittelt, wie POTONIE (z. B. 1002, S. 753 u. l'J04, S. 11)
ohne allen Grund annimmt und ob dieses Genus Sigillaria oder
Isoetes näher steht. Der Bau der Sporen lässt keine Entscheidung
in diesen Fragen zu, da die Makrosporen der Lepidophyten denen
von Isoetes sehr ähnlich sind.
Zweifellos hat es ja einen grossen Reiz, für das Verständnis der
Entwicklungsgeschichte der so überaus seltsamen vierlappigen Stamm-
basis von Pleuromeia (vergl. PüTONIE 1899, S. 218) und schliesslich
auch der Stiomarien die Verhältnisse des /so^Y^Ä-Stammes zum Ver-
gleiche heranzuziehen. Ich möchte auch glauben, dies sei nicht un-
berechtigt. Nur scheint es mir, wie ich bei dieser Gelegenheit gern
hervorhebe, dass der Vergleich in der Litteratur bisher immer un-
richtig durchgeführt wurde und deshalb unfruchtbar gewesen ist.
V^ill man die Stammlappeu von Pleuromeia und die Hauptäste der
Stigmarien mit Teilen des /sot'YgÄ-Stammes vergleichen, so darf man
sie nämlich ganz offenbar nicht auf die Lappen des Awfes-Stammes
beziehen, sondern muss die Hörner des Gefässbündels im sog.
Stammunterwuchse in Betracht ziehen, welche gerade in den Furchen
des /soe'Y^'Ä-Stammes verlaufen. Denn die Stammlappen von Isoetes^
nur aus Rindenparenchym gebildet, das von einzelnen Wurzel-
bündeln durchzogen wird, und von den Gefässbündelhauptsträngen
der Hörner des Unterwuchses einseitig begrenzt, können nicht den
Stammlappen von Pleuromeia entsprechen, die median einen Ge-
fässbündelhauptstrang (einen „Centralstrang") enthalten! Denkt man
sich im Stamme von Isoetes das meristematische Gewebe, durch
dessen Tätigkeit die dicken pareuchymatischen Stammteile und die
Stammlappen gebildet werden, und die sekundären Rindenprodukte dieses
Meristems als spätere Erwerbung weg, so bleibt ein zylindrisches
Stämmchen übrig, das unten in 2 (bei den zweilappigen Stämmen)
oder in 3 bis 4 (bei 3 bis 41appigen Formen) Hörner ausläuft.
Diese Hörner würden nach von mir angestellten veroleichendeu
Untersuchungen in ihrem Bau sehr grosse Ähnlichkeit mit den horn-
artigen Lappen des Pleuromeia-'^i^mme^ haben. Es wäre wohl möglich,
dass man mittelst der Kenntnis der Entwicklungsgeschichte jener
Höruer bei Isoetes ein Verständnis für die Entstehung der Stamm-
lappen von Pleuromeia gewinnen könnte und dass es gelänge, auf
diese Weise, auch für Stigmaria, die Schwierigkeiten zu umgehen,
welche eine von RENAULT und GßAND'EUßY ausgesprochene und von
Graf zu SOLMS-LaUBACH (1899, S. 240 ff.) auf Pleuromeia über-
442 Erwin Baur:
tragene, ganz anders geartete Hypothese der Eutstehnng der Stamm-
lappen ohne Frage bietet. Sucht man in der von mir angegebenen
Weise den Vergleich, so gewinnt die Kenntnis der Entwicklungs-
geschichte des Stammunterwuchses von Isoetes von neuem grosses
Interesse. Leider ist sie nicht so vollkommen, dass der Vergleich
zur Zeit im einzelnen durchgeführt werden könnte. Eine Studie
über die Stammentwicklung von Isoetes^ die ich vor Jahren begann
und die nahezu abgeschlossen ist, wird hoffentlich diese Lücke bei
Gelegenheit ausfüllen helfen und auch Gelegenheit bieten, auf die
Bauverhältnisse des P/^Mrowem-Stammes einzugehen.
Citierte Litteratur.
1900. FiTTING, H., Bau und Entwicklungsgeschichte der Makrosporen von Isoetes
und Selagiitella usw. Botanische Zeitung 58. 1900 S. 107 ff.
1898. POTONIE, H., Lehrbuch der Pflanzenpaläontologie Berlin 1899,
1902. POTONIE, H., Engler-Prantl, Natürliche Pflanzenfamilien. Bd. I, 4.
Leipzig 1902. S. 717 ff.
1904. — Abbildungen und Beschreibungen fossiler Pflanzen-Reste Berlin. Liefg. II
1904.
1899. Solms-Laubach, H., Graf zu. Über das Genus Pleuromeia. Botanische
Zeitung 57, 1899. S. 227 ff.
1853. Spieker, Th., Zur Sig/Uana Sternbei-gi/ Münst. des bunten Sandsteins bei
Bernburg. Zeitschr. f. d. gesamt. Naturwiss. Halle 1853. Bd. IL S. 1 ff.
1907. WÜST, Ew., die Fossilienführung des Mittleren Bundsandsteines der Mans-
felder Mulde. Zeitschr. f. Natutwnss. Halle 79. 1907, S. 109 ff.
64. Erwin Baur. Untersuchungen über die Erblichl(eits-
verhältnisse einer nur in Bastardform lebensfähigen Sippe
von Antirrhinum majus.
(Eingegangen den 10. Oktober 1907).
Es ist eine den Gärtnern schon sehr lange bekannte Erscheinung,
dass viele Varietäten von Culturpflanzen mit Hilfe der gewöhnlichen
Züchtungsverfahren nicht rein, nicht samenbestäudig gezüchtet werden
können.
Untersuchungen über die Erblichkeitsverhältnisse von Antirrhinum majus. 443
Auch die Tierzüchter kenneu derartige Fälle. Das bekannteste
Beispiel aus dem Tierreich dürften wohl die blauen andalusischen
Hühner sein. Trotz aller Reinzucht bestehen die Nachkommen der
''blaugefiederten Individuen neben etwa 50 pCt. blauer aus etwa 25 pCt.
schwarzen und 25 pCt. weissen schwarzgefleckten Tieren. Die
Untersuchungen von Bateson^) haben den Fall vollkommen klar-
gelegt, blau ist die Farbe der Bastarde zwischen „schwarz" und
„weiss-schwarzgefleckt." Man erhält also durch Kreuzung schwarzer
mit weiss-scliAvarzgefleckten Hühnern blaue Hühner und diese geben
bei Inzucht nach dem einfachen MENDEL'schen Schema 2/4 mit nur
je einelterlichem Merkmal und 2 4 Bastarde.
Über die meisten nicht isolierbaren Sippen sowohl bei Pflanzen
wie bei Tieren, wissen wir aber sehr wenig.
Eine o-rosse Anzahl von Pflanzen mit änhlichen Erblichkeits-
Verhältnissen, wie z. B. Trifolium pratense quinquefolium^ Dipsacus
Silvester torsus, Antirrhinum majus luteum ruhrostriaium u. a. hat DE
VriES^) in Cultur beobachtet und unter dem Namen Zwischenrassen
zusammengefasst. In den „Species and Varieties'' gebraucht DE VEIES^)
den nicht gerade glücklich gewählten Terminus Zwischenrassen nicht
wieder, sondern führt statt dessen den Namen ,^ecer sporting varieties'"'-
ein, mit dem Punnet*) das Wort Zwischenrassen übersetzt hatte.
Zu diesen ever sporting varieties^ bzw. den Zwischenrassen rechnet
DE VRIES auch die mehr oder weniger samenbeständigen, bunt-
blätterigen „panaschierten" Pflanzen.
Versuche über die Erblichkeitsverhältnisse buntblätteriger Sippen,
die ich seit einigen Jahren im Gange habe, ergaben aber, dass das
beständige Umschlagen, wie KlebAHN^) den englischen Terminus
verdeutscht hat, dieser buntblätterigen Sippen völlig anderer Art ist,
als das Umschlagen, wie es etwa Dipsacus Silvester torsus oder die
gefüllten Levkojen zeigen. Während nämlich das Umschlagen in
diesen letztgenannten Beispielen meiner Ansicht nach nur eine be-
sondere Art, nur ein Spezialfall des Eintretens der durch die Ver-
schiedenheit der Aussenbedingungen hervorgerufenen Modi-
fikationen") ist, beruht die Inkonstanz der nicht isolierbaren bunt-
blätterigen Sippen in einigen Fällen auf einem eigentümlichen
Mendeln, in anderen Fällen auf Mutationen.
1,1 Reports to the Evolution Commätee of the Bot/cd Sockt//. Report I. 1901,
S. 131. Report 11. 1904, S. 118.
2) DE VRIES, H., die Mutationstheorie. Leipzig 1901.'
3) DE VriES, H., Species and varieties. Chicago 1905.
4) PUNNET, B. C, Mendehsm. Cambridge 1905.
5) Klebahn - de Vries, Arten und Varietäten. Berlin 190G.
6) Ich gebrauche hier den scharf definierten NAEGELl'schen Terminus Modi
fikation statt des missverständlichen und von verschiedenen Autoren in sehr vei
schiedenem Sinne angewendeten Ausdruckes Variation.
444 EEWIN BAUR:
Um zeigen zu können, wie wenig die Unbeständigkeit der bunt-
blätterigen Sippen mit dem Umschlagen etwa von Trifolium prafense
quinquefolium zu tun hat, sei es mir gestattet, zunächst darzulegen,
weshalb ich diese letztgenannte Art des Umschlagens nur als einen
Spezialfall des Modifiziertwerdens ansehe.
Eine jede äussere Eigenschaft eines Organismus, sagen wir z. B.
das Gewicht einer Bohne, wird bekanntlich boeinflusst durch eine
grosse Anzahl von unter sich unabhängigen Aussenbedingungen, die
sich dementsprechend rein nach den Zufallsge setzen kombinieren.
Wenn nun zwischen der Änderung der betreffenden äusseren
Eigenschaft und der Änderung der wirksamen Aussenfaktoren
ein deutlicher Parallelismus besteht, so erfolgen auch die durch
diese Aussenfaktoren bedingten Modifikationen dieser Eigen-
schaft nach den Zufallsgesetzen, d. h. die „Variationskurve'' stimmt
mehr oder weniger genau mit der Zufallskurve überein. ^) Besteht aber,
was selir oft der Fall ist, dieser Parallelismus nur teilweise, ist z. B. die
Modifizierungsfähigkeit einer Sippe in bezug auf die fragliche äussere
Eigenschaft etwa einseitio- begrenzt, und lieo-t diese Grenze noch
innerhalb der sogenannten normalen Existenzbedino-unoen dieser
Sippe, dann zeigt die „Variation" graphisch dargestellt eine „halbe
Galtonkurve", wie sie z. B. die Variation der Zahl der Blumen-
blätter von Caltha palustris aufweist. Und liegen die Verhältnisse
schliesslich so, dass von einem Parallelgehen der Variation mit der
Änderung der Aussenbedino-uno-en s-ar nicht mehr die Rede sein
kann, sondern erfolgt eine quasi sprungweise Änderung der Eigen-
schaft erst, wenn die Änderung der Aussenbedingungen einen be-
stimmten hohen Grad erreicht hat, dann haben wir ein Beispiel für
eine umschlagende Rasse. Vielleicht darf ich diesen Gedanken an
1) Natürlich sind bei weitem nicht alle statistisch ermittelten, der Zufallskurve
ähnlichen „Variationskurven", Kurven der Modifikationen. Zufallskurven werden
eben immer da auftreten, wo eine Reihe von Zufälligkeiten eine Grösse beherrscht.
Wenn eine Auszählung von Daucusdolden auf die Zahl ihrer Doldenstrahlen draussen
in der freien Natur ein Variieren der Zahl der Doldenstrahlen nach der Zufalls-
kurve ergibt, so kann dies der Ausdruck sein für alle möglichen verschiedenen Zu-
fälligkeiten, es kann z. B. schon dadurch bedingt sein, dass der Zähler gleiche
Chancen hat, Vertreter von Sippen mit vielen und von Sippen mit wenigen Dolden-
strahlen in die Hand zu bekommen und dergleichen mehr. Alle diese statistisch
im Freien, sagen wir einmal in einer Population von Sippen aufgenommenen
Kurven sagen gar nichts aus über die „Variation" innerhalb einer Sippe und nur
diese letztere kommt doch für Erblichkeitsuntersuchungeu in Frage. Durch kritik-
loses Arbeiten mit derartigen Variationsstatistiken ist in der Erblichkeitslehre sehr
viel Unheil angerichtet worden. Man vorgleiche hierüber besonders die kritischen
Ausführungen von JOHANNSEN in seinen trefflichen, leider in Deutschland so
wenig bekannten ,.Arvelighedslaerens Elementer, Köbenhavn 1905, sowie von Klebs,
in „Variationen der Blüten", Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik 42, UtOfi
S. 302 ff.
Untersuchungen über die Erblichkeitsverhältnisse von Antirrhinum majus. 445
der Hand eines schematisclien Beispieles nocli etwas weiter aus-
führen.
Von den unter sich unabhängigen Aussenfaktoren, welche das
Gewicht der Bohnen ein und desselben Bohnenstockes beeinflussen,
wollen wir beliebige herausgreifen, etwa folgende vier, die fördernd
auf die Bohnengrösse einwirken:
A. Geringe Anzahl von Bohnen in der betreffenden Hülse.
B. Geringe Anzahl von Hülsen an dem Tragzweige.
C. Grosse Anzahl von assimilierenden Blättern an dem Tragzweige.
D. Gute Belichtungsverhältnisse an dem Tragzweige.
Die entsprechenden ungünstigen Faktoren wären dann:
a. Grosse Anzahl von Bohnen in der betreffenden Hülse.
b. Grosse Anzahl von Flülsen an dem Tragzweige.
c. Geringe Zahl von assimilierenden Blättern an dem Tragzweige.
d. Schlechte Belichtungsverhältuisse des Tragzweiges.
Diese Faktoren können sich in Ißfacher Weise kombinieren,
alle 16 Kombinationen haben die gleiche Wahrscheinlichkeit. Eine
Bohne, ii^ie unter der Kombination A. B. C. D. aufwächst, wird von
allen Faktoren in günstiger Richtung beeinflusst; eine Bohne, die
unter der Kombination a. b. c. d. aufwächst, wird nur in ungünstiger
Richtung; hin beeinflusst. Nehmen wir nun einmal der Einfachheit
halber an, jeder der günstigen Faktoren verbessere die Gesamt-
bedingungskonstellation um +1, jeder der ungünstigen Faktoren
verschlechtere sie um - 1, so ergeben die möglichen Kombinationen
folgende Werte für die Bedingungskonstellationen:
A B C D +4
ABCd +2
ABcD +2
A B c d 0
Ab CD +2
Ab C d 0
Ab cD 0
A b c d - 2
Wir erhalten also Kombinationen mit den Werten -\- 4 und - 4
je einmal, -|- 2 und - 2 je viermal, 0 sechsmal. Die Zahlen-
reihe 1. 4. 6. 4. 1. entspricht der Wahrscheinlichkeitskurve und
jede beliebige grössere Zahl von Aussenfaktoren würde ebenfalls
Zahlen der Binominalkurve ergeben.
Bei den Bohnen geht nun der Änderung der Aussenbedingungen
die Änderung der Grösse ungefähr parallel, d. h. mit dem Besser-
werden der Bedingungskonstellation nimmt auch die Bohnengrösse
entsprechend zu, mit dem Schlechterwerden nimmt sie ab und des-
wegen ergibt eine statistische Untersuchung der Grösse der Bohnen
a ij K^ L> .
aBCd . . .
aB cD . . .
. . 0
a B c d . . .
. . -2
abCD . . .
. . 0
a b C d . . .
— 2
a b c D . . .
. . -2
a b c d . . .
. . -4
446 Erwin Baue:
einer Bohnenpflanze ein annähernd getreues Bikl der Zufallskurve.
Nehmen wir nun aber einmal an, dass ein Günstigerwerden der
Bedingungskonstellation von - 4 über — 2 und 0 bis -f- 2 bei einer
Bohnensippe ganz ohne Einfluss auf die Bohuengrösse bleibe, dass
also alle unter den Bedingungskonstellationen - 4, - 2, 0 und -\- 2
erwachsenen Bohnen gleich gross und nur die unter der Kon-
stellation -]- 4 erwachsenen grösser seien als die übrigen, dass also
gerade zwischen den Konstellationen + 2 und + 4 ein gewisser Um-
schlagepuukt für die Bohuengrösse läge, dann hätten wir eine Bohnen-
rasse, die folgendes zeigte: Es würde die grosse Mehrzahl der
Bohnen d. h. in unserem Beispiele alle unter den Konstellationen
— 4, —2, und -^2 erwachsenen fünfzehn Teile eine bestimmte
Grösse haben, dagegen wäre der unter der Konstellation -\- 4 er-
wachsene eine Teil unvermittelt grösser. Läge der Umschlagepunkt
etwa zwischen den Konstellationen - 2 und 0, dann hätten wir eine
Bohnensippe, die sechs Teile kleiner Bohnen und 10 Teile grosser
Bohnen hervorbringt.
Derartige Bohnensippen wären dann typische umschlagende
Sippen. Wie gesagt ist dies jedoch ein erfundenes Beispiel,|gBohnen-
sippen, die in bezug auf die Bohuengrösse umschlagen, kennen wir
nicht, aber sonstige Sippen, die ein derartiges Umschlagen an Stelle
der die Zufallskurve wiederspiegelnden gewöhnlichen „Variation"
zeigen, kennen wir in grosser Zahl.
Wir können z. B. in dem Schema statt der Bohnen das ein-
gangs schon erwähnte Trifolium pratense quincpie folium de Vries
einsetzen, das zwischen drei- und mehrzähligen Blättern in der
Weise umschlägt, dass die unter besonders günstigen Bedingungs-
konst'ellationen — etwa im Schema -|- 4 — entstehenden Blätter
statt ozählig 4 — 7 zählig werden. Man vergleiche hierüber die Unter-
sungen von TiNE Tammes'). Hierher gehören ferner die zwischen
chasmogamen und kleistogamen Blüten umschlagenden Pflanzen bei
denen, wie besonders GOEBEL^) gezeigt hat, die Verhältnisse so liegen^
dass die unter bestimmten ungünstigen Bediugungskonstellationen
entstehenden Blüten kleistogam, alle andern chasmogam werden.
Dass es Aussenfaktoren, Ernährungsfaktoren im weitesten Sinne des
Wortes sind, die entscheiden, ob in allen diesen Fällen das be-
treffende Organ in der einen oder der anderen Modifikation aus-
gebildet wird, ob das Kleeblatt drei- oder mehrzählig, die Blüte
chasmogam oder kleistogam wird, scheint mir durch die genannten
Autoren ausser Frage gestellt.
1) Tammes Tine. Ein Beitrag zur Kenntnis von Trifolium pratense qiiinque-
folium de Vries. Botan. Zeitung- 62. 1904 1. S. 211.
2) GOEBEL K. Die kleistogamen Blüten und die Anpassungstheorien. Biol
Zentralblatt 24. li)04. S. G7:J.
Untersuchungen über die Erblichkeitsverhältnisse von Antirrhinum majus. 447
Ebenso, wie Sippen, die zwischen zwei Modifikationen, gibt es
auch Sippen, die zwischen drei und mehr ^fodifikationen umschlagen.
Liegen die ümschlagepunkte dabei auf der Reihe der möglichen
'^edingungskonstellationen gleichmässig verteilt, dann werden
natürlich die statistisch ermittelten Zahlen der verschiedenen Modi-
fikationen der Zufallskurve entsprechen und schliesslich geht so das
„Umschlagen" in das gewöhnliche „fluktuierende" modifiziert werden,
das „fluktuieren" oder wie man es sonst nennen will, über.
Mit dieser Auffassung des Umschlagens der Zwischenrassen oder
der umschlagenden Sippen, wie wohl die korrekteste Bezeichnung
lauten müsste, als eines Spezialfalles der Modifizierbarkeit stehen
auch die Erblichkeitsverhältnisse völlig im Einklang. So wenig,
wie sonstige Modifikationenbisher sich als erblich erwiesenhaben, ebenso-
wenig sind es auch die Modifikationen der umschlagenden Sippen.
Ebenso wie die grössten und die kleinsten Bohnen einer reinen
Linie JOHANNSEN"s^) ganz genau dieselbe, aus wenigen grossen, vielen
mittleren und wenigen kleinen Bohnen zusammengesetzte Nach-
kommenscliaft geben, ebenso geben auch die beiden Modifikationen
einer umschlagenden Sippe die gleiche Xachkommenscliaft. Das
zeigen schon die klassischen Versuche von DE VßlES''') mit Dipsacus
Silvester torsus; gedrehte sowohl wie uugedrehte Individuen dieser
Sippe geben, gleiche Kulturbedingungen natürlich vorausgesetzt, die
gleiche, aus gedrehten und aus ungedrehteu Individuen zusammen-
gesetzte Deszendenz.
Das beste Beispiel für die völlige Wirkungslosigkeit der Yari-
antenauslese bei umschlagenden Sippen bieten die gefüllten Levkoyen,
die überhaupt nur durch die Samen der einfachen Modifikation fort-
gepflanzt werden, w^eil die gefüllten Individuen meist völlig steril
sind. Trotz der dadurch bedingten, seit vielen Jahrzehnten geübten
unfreiwilligen „Yariautenauslese" ist der Typus der Sippen in dieser
Hinsicht nicht verändert worden.^)
1) Johannsex, W. Über Erblichkeit in Populationen und in reinen Linien.
Jena 1903.
2) De Vries, H. Die -Mutationstheorie. Bd. 11. S. 579.
3) Mit der Auffassung des Umschlagens der gefüllten Levkoyen als eines
Spezialfalles der Modifizierbarkeit ist natürlich der Widerspruch behoben, den
Bateson in seinem Sammelreferat (Progressus rei botanicae I. 1907. S. 398)
darin findet, dass gefüllte Blüte bei Levkoyen ein rezesssives Merkmal ist,
und dass Individuen mit diesem rezessiven Merkmal in so hohen Prozent-
sätzen — 60—80 pCt. — von den einfachen Individuen ^abgespalten^ werden.
Die Merkmalspaare sind eben hier, um es kurz auszudrücken, nicht „einfach" und
„gefüllt", sondern „einfach" und „umschlagend zwischen einfach uud gefüllt",
wobei das erstere Merkmal über das letztere dominiert. Das Auftreten der ge-
füllten Individuen in der Nachkommenschaft der in sich gezüchteten einfachen In-
dividuen ist eben kein mendeln, sondern ein variieren, oder besser ein „modifiziert
werden". Ich bin hierauf eingegangen, weil BATESON in seinem Eeferat diesen
Fall einen der unerklärlichen seiner „iniconifonnable cases" nennt.
Ber. der deutsclien bot. Gesellsch. XXV. 3J^
448 Erwin Bauk:
Auch die ausgedehnten und sorgfältigen Untersuchungen von
Klebs') haben ja bisher keinen einwandsfreien Fall einer Ver-
erbung von Modifikationen ergeben. Wenn man unter einer Modi-
fikation eine bestimmte Form versteht, die ein Individuum unter
einer bestimmten Bedingungskonstellation angenommen hat. dann
könnte ein „erblich werden" dieser Modifikation ja nur darauf be-
ruhen, dass ein so modifiziertes Individuum weiterhin anders als
bisher auf die Aussenbedingungen reagiert. Eine solche Entstehung
eines Individuums mit veränderter Reaktionsfähigkeit ist aber doch
ein von dem Modifiziertwerden völlig verschiedener Prozess. Wenn
wir Paraffinum durum durch Erwärmen flüssig machen, ist das etwas
ganz anderes, als wenn wir durch irgend welche Behandlung das
Paraffinum durum in ein Paraffin mit niedrigerem Schmelzpunkt
umwandeln. KlebS fasst unter seinem „Variieren" diese beiden,
nacli meiner AufPassung völlig verschiedenen Dinge zusammen. Ich
kann ihm hierin nicht folgen, sondern werde in dem ersten Falle von
einer Modifikation, im zweiten Falle dagegen von einer Mutation
reden.
Es ist natürlich möglich, dass einmal Fälle gefunden werden,
wo die gleichen Faktoren, die eine Modifikation in einer be-
stimmten Richtung verursachen, auch eine Mutation in der gleichen
Richtung auslösen, aber die Notwendigkeit eines derartigen Zu-
sammenhanges scheint mir vorderhand nicht erwiesen, ja nicht einmal
wahrscheinlich zu sein.
Es werden ja allerdings von botanischer wie von zoologischer Seite
immer und immer wieder zahlreiche Fälle von Vererbung von Modi-
fikationen angeführt, aber von allen diesen Beispielen liält bisher
keines einer strengen, auf dem JOHANNSEN'schen Linienprinzip
fussenden Kritik stand. Auch die Erblichkeitsversuche von DE VrieS^)
mit Antirrhinum tnajus luteum rubrostriatum, das zwischen einfach
roten und gelben rotgestreiften Individuen umschlägt, scheinen zwar
einen Erfolg der Selektion von gestreiften bzw. roten Individuen zu
ergeben, aber es ist sehr zu bezweifeln, ob die DE VßlES'sche Antir-
rhinumsippe in bezug auf die Blütenfarbe wirklich im strengen
Sinne des Wortes rein war, ob nicht auch in seinen Versuchen, wie
auch sonst in so vielen Selektionsversuchen, die unbewusste Auslese
von Linien an Stelle von wirklichen „Varianten" d. h. Modifikationen
in meiner Terminologie eine Rolle gespielt hat. Dass es eine ganze
Anzahl von verschiedenen gestreiften Antirrhinumsippen gibt, die
sich durch die Lage des Umschlagepunktes, und das bedeutet in praxi
1) Klebs, G. Über künstliche Metamorphosen, Abhandl. Naturf. Gesellsch.
Halle. 25. 190G und frühere Arbeiten.
2) De Vries, H. Die Mutationstheorie. Bd. I, S. 424.
Untersuchungen über die Erblichkeitsverhältnisse von Antirrhinum majus. 449
durch das Verhältnis, in dem bei ihnen die roten und die gestreiften
Individuen stehen, unterscheiden, ist mir sehr wahrscheinlich; ich
habe seit zwei Jahren entsprechende Versuche im Gang. Als DE
TRIFS seine Versuche durchführte, waren eben weder die Versuche
JOHANNSEN's, noch die genau auf das gleiche hinauskommenden Er-
gebnisse der SVALÖFER Botaniker bekannt.
Diese hier skizzierte Auffassung des Umschlagens der Zwischen-
rassen weicht ganz wesentlich ab von der ursprünglichen in der
Mutatiostheorie vertretenen Auffassung von DE VRIES, stimmt aber
wohl in der Hauptsache überein mit der Auffassung, die JOHANNSEN^)
vertritt.
Was im Grunde genommen die hier verfochtene Ansicht von
der DE VRIES'schen trennt, ist eine verschiedene Auffassung der
Begriffe „Merkmal" bzw. „Anlage".
Nach DE VRIES sind die Zwischenrassen dadurch charakterisiert,
dass in ihnen gewissermassen zwei Anlagen um die Herrschaft
streiten, bei den gefüllten Levkoyen z. B. die Anlagen „gefüllte
Blüten" und „einfache Blüten". Das eine mal kommt die eine
Anlage zur Entfaltung, das andere mal die andere.
Es ist nicht meine Absicht, hier auf die sc vieldeutigen Be-
griffe Anlage und Merkmal einzugehen, ich stehe in dieser Hinsicht
auf dem im wesentlichen auch von KlebS^) vertretenen Standpunkte,
dass es prinzipiell falsch ist, als Merkmal, durch das eine Sippe
charakterisiert ist, durch das sie sich von andern unterscheidet, irgend
eine mit den Sinnen wahrnehmbare äussere Eigenschaft zu bezeichnen.
Was eine Sippe (im Gegensatz zu Unterschieden zwischen In-
dividuen) unterscheidet und was vererbt wird, ist ja doch immer
nur eine bestimmte charakteristische Art, auf die Aussenbe-
dingungen zu reagieren. Was wir als äussere Eigenschaft einer
Pflanze mit den Sinnen wahrnehmen, ist immer nur das Resultat
der Reaktion auf die bestimmte zufällige Bedingungskonstellation,
unter der das betreffende Individuum sich gerade entwickelt hatte.
Von diesen umschlagenden Sippen gibt es zwei äusserlich ganz
verschiedene Kategorien. Vielleicht darf ich hierauf noch mit einigen
Worten eingehen. Liegt nämlich die kritische Periode für die Aus-
bildung der betreffenden Eigenschaft erst in späten Stadien der
Individualentwickelung, so finden wir auf verschiedenen Teilen eines
Individuums die beiderlei Modifikationen, zwischen denen die
betreffende Sippe umschlägt. Liegt die kritische Periode dagegen
schon in den ersten Stadien der Embryoentwickelung, so besteht die
Sippe aus zweierlei Individuen.
1) JOHANNSEN, W. Afvelighedslaerens Elementer. Köbenhavn, Gi/ldendalske
Boghandel 1905.
2) Klebs. l. c. •
31*
450 Erwin Baur:
Bei Trifolium prafense quinquefolium fällt die kritische Periode
für die Eutsclieidinig, ob ein junges Blatt drei- oder mehrzälilig
wird, ungefähr zusammen mit dem Zeitpunkt der Differenzierung
dieses Blattes am Vegetationspunkt, es können also in den kritischen
Perioden der verschiedenen Blätter eines Individuums verschiedene
Bedingungen herrschen und dementsprechend trägt ein Individuum
drei- und mehrzählige Blätter. Bei den Levkoyen liegt die kritische
Periode, in der bestimmt wird, ob ein Individuum später nur ge-
füllte oder nur einfache Blüten bilden wird, offenbar in den ersten
Stadien der Embryoentwickelung, solange der Same sich noch auf
der Mutterpflanze befindet, und dementsprechend bestehen die ge-
füllten Levkoyensippen aus zweierlei Individuen, solchen die nur
einfache und solchen die nur gefüllte Blüten tragen. Man könnte
wohl auch sagen, hier liege ein Fall von induzierter Modifikation
vor. Die kritische Periode für die Induktion der Modifikation liege
gerade in diesen ersten Embryonalstadien und eine Umstimmung der
Induktion erfolge nur, wenn im Kreislauf der Entwickelung wieder
dieses Stadium erreicht sei. In vieler Hinsicht analoge Fälle von
solchen induzierten Modifikationen gibt es auch sonst. Ich gedenke
bei einer anderen Gelegenheit auf diese Fraoe zurück zu kommen.
Was also die beiden verschiedenen Kateoorien der umschlagenden
Sippen unterscheidet, ist im wesentlichen die Lage der kritischen
Periode für die betreffende umschlao-ende äussere Eigenschaft.
Umschlagen nach dem Trifoliumtypus, d. h. mit später Lage
der kritischen Periode entspricht als Spezialfall der partiellen
Variation im Sinne von DE VrieS^), umschlagen nach dem Levkoyen-
typus einem Teile dessen, was DE VrieS unter individueller
Variation A^ersteht.
Mit diesen umschlagenden Sippen haben manche buntblätterige
Pflanzen eine grosse, aber wie ich zeigen werde, rein äusserliche
Ähnlichkeit.
Genau so, wie Samen von Dipsacus Silvester torsus immer einen
bestimmten, von den Eruährungsverhältnissen abhängigen Prozentsatz
ungedrehter Inviduen ergeben, auch nach fortgesetzter Auslese nur ge-
drehter Elternpflanzen, ebenso ergeben Samen von vielen bunt-
blätterigen Sippen immer einen gewissen Prozentsatz grüner Indivi-
duen, und es ist auch hier den Gärtnern nicht gelungen, diese
buntblätterigen Sippen rein zu züchten, samenbeständig zu machen.
Sehr auffällig zeigen dieses beständige Auftreten von grünen
Pflanzen einige Aurea- Varietäten von Antirrhinum majus.
1) DE Vries, H. Die Miitationstheorie. Leipzig 1901.
Untersuchungen über die Erblichkeitsverhältnisse von Antirrhinum inajiis. 451
Was die Gärtner unter Aurea-Varietäten verstehen, sind zum
grössten Teile -j- — samenbeständig-e Sippen, die sich von den
grünen dadurch unterscheiden,^) dass in ihnen, vor allem in den
jungen Blättern, die Chlorophylle in wesentlich geringerer Menge
vorhanden sind, als in den grünen Sippen, während die gelben Farb-
stoffe, Xanthophylle und Carotine in normaler oder nur wenig ver-
minderter Menge vorkommen.
Ein kleinerer Teil der Aureaformen gehört dagegen nicht zu
eigenen Sippen, sondern wird gebildet durch infektiös-chlorotische
Individuen sonst grüner Sippen. Derartige Aureaformen, von denen
ich bisher erst eine, von Lahurnum vulgare genauer kenne, sind
dementsprechend nicht samenbestäudig.^)
Die genannten Aureavarietäten von Antirrhinum majus^ nämlich
Antirrhinum ivajus pumilum fol. aureis „Eklipse^'' und A. m. pumilum
fol. aureis „Sonnengold" (teils von Haage und Schmidt, teils von
Chr. Lorenz in Erfurt bezogen) gehören zu der erstgenannten Kate-
gorie von Aureaformen.
Bei Aussaatversuchen mit Handelssamen war mir schon vor drei
Jahren aufgefallen, dass stets ziemlich genau 1/3 der Keimpflanzen
grün und 2/3 gelbblätterig waren. In der Annahme, dass ich es
hier mit einer umschlagenden Sippe zu tun hätte, erwartete ich,
dass die Samen von den so erhaltenen grünen Individuen ebenfalls
gelbe und grüne Individuen ergeben würden; das war aber nicht
der Fall, fünf grüne derartige Pflanzen ergaben eine rein grün-
blätterige Descendenz. Daraufhin begann ich eine Stammbaum-
kultur. Ich ging aus von vier gelben und drei grünen Individuen,
die durch Selbstbefruchtung zweier gelben aus Handelssamen er-
zogenen Pflanzen gewonnen waren. Die grünen Individuen haben
die Stammbuchnummern A. 1., A. 2., A. 6., die gelben die Stamm-
buchnummern A. 3 , A. 7., A. 11., A. 12.
Bei Selbstbefruchtung ergaben alle drei grünen Pflanzen eine rein
grüublätterige Nachkommenschaft, alle vier gelben Individuen
spalteten dagegen in nahezu genau 2/3 gelbe und 1/3 grüne Keim-
pflanzen. Ich gebe nachstehend in Form einer Tabelle die genauen
Erbzahlen :
1) Nach Untersuchungen, über die Herr F. KräNZLIN an anderer Stelle be-
richten wird.
2j Baue, E. Weitere Mitteilungen über die infektiöse Chlorose der Mal-
vaclen und über einige analoge Erscheinungen bei Ligustrum und Laburnum. Ber. d.
Deutsch. Botan. GescUsch. 24. 1906. S. -AlG.
— Über infektiöse Chlorosen bei Ligustrum, Laburnum, Fraxinus, Sorbus und
Ptelea. Ebenda 2.5. 1907. S. 410.
452
Erwin Baur:
Tabelle 1.
Stammbuch-
Blattfarbe
der Eltern
Nachk(
)mmen
grün-
gelb-
blätterig
grün-
numraern
der Eltern
gelb-
blätterig
blätterig
blätterig
10
'o
A. 1. xA. 1.
grün
0
111
0
100
A. 2. X A. 2.
grün
0
übLr400i)
0
100
A. 6. X A. 6.
grün
0
62
0
100
A. Ü. xA. 3.
gelb
126
68
64,95
35,05
A. 7. X A. 7.
gelb
98
44
69,01
30,99
A.n. X A.n.
gelb
304
152
66,6(;
33,33
A. 12. X A. 12.
gelb
45
22
67,16
32,84
Alle gelbblättrigei
1 Eltern . . .
573
286
66,71
33,29
Alle grünbliittrige
n Eltern . . .
0
über 573
0
100
Es war jetzt die Frage, worauf kann dieses eigenartige Auf-
spalten der gelben Individuen in gelbe und grüne genau nach dem
Verhältnis 2 : 1 beruhen?
Die am nächsten liegende Annahme schien mir folgende zu
sein: Die o-elben Individuen sind Bastarde zwischen gelben und
grünen. Gelb dominiert dabei über grün und bei der Selbstbefruchtung
dieser Bastarde ergibt die Kombination gelb X gelb, die als eine
der vier möglichen Keimkombinatiouen (grün X grün, grün X gelb,
gelb X grün und gelb X gelb) ein Viertel der Nachkommen bilden
sollte, keine lebensfähige Samen.
Es liegt auf der Hand, dass diese Annahme das Spalten aller
gelben Individuen nach: zwei gelb : ein grün, von denen die gelben
alle wieder spalten, die grünen konstant sind, ohne weiteres ver-
ständlich macht. Ich brauche das wohl nicht weiter auszuführen.
Diese Hypothese war nun leicht durch einen Versuch zu prüfen.
Ist sie richtig, d. h. sind die gelben Individuen wirklich regelrecht
mendelnde Bastarde, also Bastarde, die, um es kurz auszudrücken,
50 pCt. Keimzellen mit der Anlage für gelb und 50 pCt. mit der
Anlage für grün bilden, dann muss jede Kreuzung von gelben
mit grünen Individuen 50 pCt. grüne und 50 pCt. gelbe In-
dividuen ergeben.
Ich habe die entsprechenden Versuche ausgeführt und gebe nach-
stehend, wieder in Form einer Tabelle die gewonnenen Zahlen. Die
darin vorkommenden Pflanzen A. 4. und A 9. sind Individuen rein
grüner Aszendenz aus einer Sippe, die ich schon seit einigen Jahren
1) Eine genaue Zählung wurde unterlassen.
Untersuchungen über die Erblichkeitsverliältnisse von Antirrhinum majus. 453
in Stammbaunikultur habe. Die übrigen Pflanzen sind die gleichen
wie in Tabelle 1.
Tabelle 2
■
Stauimbiich-
niatt färbe
der Eltern
Nachkommen
gelb-
blätterig
/o
grün-
nummern
der Eltern
gelb-
blätterig
grün-
blätterig
blätterig
7o
A. 4. xA. 3>)
grün X gelb
53
36
59,55
40,45
A. 4. xA. 7.
grün X gelb
10
4
71,43
28,57
A. 4.x A.n.
grün X gelb
12
17
41,3W
58,62
A. 7. X A. 9.
gelb V grün
43
59
42,15
57,85
A. 3. X A. 4.
gelb X grün
34
34
50 00
50,00
A.ll.x A. 4.
gelb X grün
49
50
49, '0
50,90
A. 1. x A. 3.
grün X gelb
81
77
5 ',26
48,74
A. 6.x A.n.
grün X gelb
13
13
50,00
50,00
A. 1.x A.n.
grün X gelb
103
109
48,58
51,42
A. 2. xA. 7.
grün X gelb
57
45
53,92
46,08
A. 2.x A.n.
grün X gelb
142
i:'.7
50,89
49,11
In
sgesamt . . .
597
581
50,68
49,32
Eine genauere Cbereinstinimung mit den theoretischen Zahlen, als
sie diese Versuche zeigen, ist kaum zu verlangen.
Die Hypothese von der Bastardnatur der Aurea-lndividuen scheint
mir also allen bisher bekannten Tatsachen zu genügen.
Es wird jetzt die Aufgabe weiterer Versuche sein, festzustellen,
in welchen Entwickluno-sstadien das Absterben der auf der Kombi-
nation gelb X gelb beruhenden Embryonen erfolgt, ob überhaupt
keine diese Kombination verkörjiernde befruchtete Eizelle sich weiter
entwickelt, oder ob vielleicht zwar noch die entsprechenden Samen
gebildet werden, aber nicht keimfähig sind. Ich habe Versuche
hierüber im Gange. Ebenso wird zu prüfen sein, ob nicht vielleicht
ausnahmsweise doch in einigen Individuen die Kombination gelb
X gelb sich als lebensfähig erweist. Diese Frage wird nur durch
Prüfung der durch Selbstbefruchtuno- o-ewonnenen Nachkommenschaft
einer möglichst grossen Zahl gelber Individuen zu entscheiden sein.
Ganz ähnliche Erblichkeitsverhältnisse scheinen bei einer erst
im Laufe des letzten Sommers von mir untersuchten Aurea-Varietät
von Pelargonium zonale: Pelargonium zonale „Verona^'' (von HAAGE
1) $ X cf
454 E. Baue : Untersuchungen der Erblichkeitsverhältnisse von Antirrhinum raajus.
und Schmidt, Erfurt) vorzuliegen. Hier ergaben die bisher allerdings
erst wenig umfangreichen Aussaatversuche, dass ein Aurea-Individuum
bei Selbstbefruchtung eine Nachkommenschaft hatte, die aus etwa
1 4 rein grünen, 2/4 Aureapflanzen wie die Mutter und schliesslich
im Gegensatz zu Antirrhinum aus 1/4 rein w«isslich-gelber,
ganz chlorophyllfreier Pflanzen bestand. Diese letztgenannten
weisslich-gelben Keimpflanzen starben alle wenige Tage nach der
Keimung ab, so dass also auch hier von den überlebenden Keim-
pflanzen wie bei Antirrhinum, Y3 grün und '3 Aurea-Pflanzen waren.
Der Unterschied von Antirrhiniuni wäre also nur der, dass die auf der
Kombination gelb X gelb beruhenden Individuen bei Pelargonium
erst auf späteren Entwickelungsstadien absterben.
Was für die untersuchten Aurea-Yarietäten von Antirrhinum
hiermit festgestellt und für Pelargonium zonale Verona wahrscheinlich
gemacht ist, gilt natürlich durchaus nicht ohne weiteres für alle
andern -4- — samenbeständigen Aurea- Varietäten; es gibt darunter
auch völlig samenbeständige Sippen. Noch weniger sind Rück-
schlüsse auf die weiss- und gelbbunten, die eigentlichen „panaschierten"
Varietäten gestattet, bei denen, soweit ich heute darüber schon
urteilen kann, die Unbeständigkeit nicht auf Bastardspaltungen,
sondern auf ganz andern Vorgängen beruht.
Wichtigste Ergebnisse.
Dass die Aurea- Varietäten von Antirrhinum majus nicht samen-
beständig zu gewinnen sind, sondern stets einen gewissen Bruchteil
von grünblätterigen Pflanzen abspalten, beruht darauf, dass die gelb-
blätterigen Individuen alle Bastarde sind, die auf der Merkmals-
kombiuation grün X gelb bzw. gelb X grün beruhen. Diese Bastarde
bilden zwar 50 pCt. Keimzellen mit der Anlage für Grünblätterigkeit
und 50 pCt. mit der Anlage für Gelbblätterigkeit, aber die Keim-
zellkombination gelb X gelb führt nicht zu lebensfähigen Embryonen,
so dass also von den möglichen Kombinationen gelb X gelb, gelb
X grün, grün X gelb und grün X grün nur die drei letzten übrig
bleiben, d. h. diese Aureaformen geben bei Selbstbefruchtung genau
1/3 grünblätteriger konstanter und 2 3 Aurea-blätteriger spaltender
Nachkommen. Ahnlich scheinen die Verhältnisse auch bei Pelargonivm
zonale „ Verona'^ zu liegen.
Berlin, Botanisches Institut der Universiät.
A. ERNST: Über androgyne Infloreszenzen bei Dumortiera. 4.55
65. A.Ernst: Über androgyne Infloreszenzen bei Dumortiera.
Mit Tafel XIII.
(Eingegangen am 11. Oktober 1907.)
luuerhalb der Familie der Marchantiaceae findet, von ein-
fachsten Formen ausgehend, eine stufenweise Steigerung der Dif-
ferenzierung in der vegetativen und generativen Sphäre der Ge-
schlechtsgeueration statt. Sie erreicht ihren Höhepunkt in der
Gruppe der Marchantioideae-Compositae, bei welchen die Träger
der Geschlechtsorgane, die sogenannten männlichen und weiblichen
Infloreszenzen (Rezeptakeln), von besonders gestalteten fertilen
Zweigsystemen gebildet werden.
Bei den tieferstehenden Gruppen der Marchantiaceae finden
sich sowohl monöcische wie diöcische Vertreter. Mit der Ausbildung-
besonderer archegonien- und antheridientragender Äste und Ast-
systeme ist auch der Übergang von der Monöcie zur Diöcie verbunden
und für die M. Conipositae ist, wenige Ausnahmen abgerechnet,
eine strenge Trennung der sehr verschieden geformten männlichen
und weiblichen Geschlechtsstände auf verschiedene Pflanzen Reo-el.
Gelegentlich meiner Untersuchungen an javanischen Lebermoosen
fand ich nun bei Dumortiera, einer Gattung, welche bekanntlich
auch in der vegetativen Gestaltung interessante Abweichungen vom
Bau der M. Conipositae zeigt, ein auffallendes, in mehrfacher Hin-
sicht abweichendes Verhalten bei der Ausbildung der Geschlechts-
sprosse. Es findet innerhalb dieser Gattung eine Rückkehr von der
Diöcie zur Monöcie und ausser der Bildung von männlichen und
weiblichen Infloreszenzen auch diejenige gemischter (androgyner)
statt.
Die Marchantiaceen sind im Gegensatz zu der Mehrzahl der
Lebermoose dem Landleben aligepasst. Hierauf beruht die Aus-
bildung der zahlreichen und verschieden differenzierten Rhizoiden,
der Luftkammern, deren Boden das chlorophyllreiche Assimilations-
gewebe entsprosst, der ventralen Schuppen usw. Diese charakte-
ristischen Eigentümlichkeiten des Marchantiaceenthallus sind bei
Dumortiera sehr reduziert und au älteren Thallusteilen vielfach
nicht mehr wahrnehmbar. Dass sie dieser Gattuno- aber nicht voll-
ständig fehlen, wie von den älteren Autoren angegeben worden ist.
456 A. ERNST:
wies zuerst LeiTGEB^) nach. An den jüngsten Thallusteilen von
Dumortiera irrigua und hirsuta fand er eine ziemlich gut entwickelte
Luftkammerschicht mit AtemöfFnungen ausgebildet. An älteren
Thallusteilen fehlte dieselbe oder war noch in Form einer mehr oder
wenioer reo-elmässioen Felderung der Oberseite durch Reste der
Kammerwände angedeutet. Die Epidermis und die Atemkanäle
waren verschwunden, das Assimilationsgewebe lag zwischen den
Kammerwänden frei an der Oberfläche des Thallus. Dieses Schwinden
der Luftkammerschicht ist als eine Rückbildung infolge der ver-
änderten Lebensweise von Dumortiera anzusehen. Diese Auffassung
ist zuerst von GÖBEL^) in eingehender Darstellung vertreten und
seither durch andere Forscher'^) bestätigt worden. GüBEL fand
Dumortiera an feuchten, vielfach vom Wasser bespritzten Stand-
orten, im Sprühregen von AVasserfällen, auf Steinen und Böschungen
an Bächen; im Gegensatz zu den meisten anderen Marchantiaceen
ist Dumortiera typisch hygrophil und dieser Lebensweise entspricht
auch ihr vereinfachter Bau, der sich wieder demjenigen der anderen,
ebenfalls hygrophilen Lebermoose nähert. Er konnte auch nach-
weisen, dass die Rückbildung der im Vegetationspunkt angelegten
Luftkammerschicht bei den einzelnen Arten an den älteren Thallus-
teilen verschieden weit geht. Für eine weitere Art, D. trichoeephala,
(Campbell 1. c.) ist seither das vollständige Fehlen der Luftkammern
und Assimilationszellen auch an den jüngsten Partien am Vegetations-
punkt berichtet worden und neuerdings wurde für Diimortiera hirsuta*)
eine je nach den Standortsverhältnissen verschieden weit-
gehende Reduktion der xerophytischen Marchantiaceenstruktur fest-
gestellt.
Während die auffällige Rückbildung in der vegetativen Sphäre
von Dumortiera schon vielfach untersucht und besprochen wurde,
ist, soweit ich die Literatur übersehe, eine ebenso merkwürdige Ab-
weichung von den übrigen höheren Marchantiaceen in der ge-
schlechtlichen Sphäre, bis jetzt fast unbekannt geblieben
(Leitgeb 1. c. S. 129). Es ist der bereits eingangs erwähnte
Übergang von der Diöcie zur Monöcie und die Ausbildung
1) Leitgeb, H., Über die Marchantiaceengattuug Dumortiera. Flora. 63. Jahrg.
1880. S. 307-312.
2) GÖBEL, K., Pflanzenbiologische Schilderungen. 11. Bd. Marburg 1891.
S. 222/4. — Organographie der Pflanzen. Jena 1898. S. 298.
3) RUGE, G., Beiträge zur Kenntnis der Vegetationsorgane der Lebermoose,
Flora. 77. Bd. Jahrg. 1893. S. 293. — Kamerling, Z., Zur Biologie und Physio-
logie der Marchantiaceen. Flora 84. Bd 1897. S. 26. — Campbell, D. H., The
structure and development of Mosses and Ferns. New York 1905. p. 49.
4) COKER, W. C„ Selected notes. II. Liverworts. Botanical Gazette. Vol 36.
1903 (Dumortiera p. 225-229).
über aiidrogyne Infloreszenzen bei Dumortiera. 457
gemisclitgeschlechtiger (androgyner) Infloreszenzen. Es
sei mir gestattet, über diesen zweiten Reduktionsvorgang bei Du-
mortiera hier einige vorläufige Mitteilungen folgen zu lassen. Eine
eingehendere Darstellung der betreffenden Verhältnisse wird im Zu-
sammenhang mit anderen Untersuchungsergebnissen später in den
„Annales du Jardin ßotanique de Buitenzorg" erscheinen; dort wird
auch die ältere Literatur über Dumortiera eingehend berücksichtigt
werden.
Gegenstand der Untersuchung sind die beiden auf Java ver-
breiteten und in SCHIFFNER's^) Lebermoosfiora von Buitenzorg be-
schriebenen Arten Dumortiera trichorepluda (Hook.) N. ab. E. und
D. velutina SchifFn. Die beiden Arten sind, abgesehen von den ver-
schieden gestalteten Infloreszenzen auch im sterilen Zustande schon
mit blossem Auge an ihren vegetativen Merkmalen deutlich zu unter-
scheiden. Der Thallus von Dumortiera velutina ist meistens hellgrün,
oberseits sammetartig matt und auch an älteren Teilen gleichmässig
mit dichtstehenden kugeligen Papillen überdockt. Dumortiera tricho-
cephala dagegen erscheint oberseits dunkel- bis schwarzgrün und
zeigt einen matten Fettglanz. Das papillenartige Assimilations-
gewebe fehlt ganz oder ist nur bei mikroskopischer Untersuchung
an den jüngsten Sprossteilen nachzuweisen. Die Reduktion der
typischen Marchantiaceenstruktur ist also bei diesen Arten, ähnlich
wie bei den beiden von GÖBEL untersuchten, verschieden weit ge-
diehen. Der verschiedene Grad der Rückbildung von Dumortiera
trichocephala und D. velutina steht ebenfalls mit den verschiedenen
Standortsverhältnissen in Beziehung. D. trichocephala ist feuchtigkeits-
liebender als D. velutijia. Sie wird vorwiegend in den \yäldern ge-
funden und zwar an Bachufern, Böschungen von Wegen, an feuchten
Steinen und auf moderndem Holz. Ich sammelte sie ausschliesslich
in Bergwäldern, 800 - 2000 m über dem Meere, indessen soll sie,
wie Schiffner angibt, in den Wäldern auch bedeutend tiefer, bis
200 m ü. M. herabsteigen. Dumortiera velutina dagegen fehlt in der
Wolkenzone der Gebirge und steigt in die heisse Region hinab, wo
sie auch ausserhalb der Wälder an beschatteten Strassenböschungen,
an Quellen und Bächen zu finden ist. Ausser an zahlreichen Stand-
orten in Westjava sammelte ich beide Arten auch in Ostjava, im
Padanger Oberland von Sumatra, auf Lombok und der malayischen
Halbinsel.
Die männlichen und weiblichen Rezeptakeln von Dumortiera
1) SCHEFFNER, V., Die Hepaticae der Flora von Buitenzorg, Leiden 1900.
S. 25/26; siehe ferner: derselbe, Expositio plantarum in itinere indico annis 1893/4
suscepto collectarum. Denkschriften der K. Akademie der Wissenschaften. 67. Bd.
S. 156. "Wien 1899.
458 A- Ernst:
sind, wie vonLElTGEB') und GÖBEL^) beschrieben worden ist, nach
dem Typus derjenigen der March. compositae gebaut. Sie sind zu-
sammengesetzte, kurzästige Sprosssysteme. Entwicklung und Bau der
von mir untersuchten Infloreszenzen von Dumortiera trichoce'phala und
D. velutina stimmt in den Hauptzügen mit den Angaben der ge-
nannten Forscher und denjenigen SCHlFFNER's (1. c.) überein.
Die jungen Antheridienstände von D. trichocephala und
D. velutina liegen dem Thallus in Gestalt hellgrüner, kreisrunder
oder ovaler, nur selten am Rande schwach gebuchteter Scheiben an
(Fig. 4, Tafel XIII). Die Oberseite ist am Rande leicht erhöht, gegen
das Zentrum hin etwas vertieft, und sobald die Entwicklung der
Antheridien w^eiter vorgeschritten ist, durch die leicht papillenartig vor-
gewölbten Mündungen der Antheridienbehälter von rauher Beschaffen-
heit. Auf der Unterseite sind, namentlich bei D. velutina^ zahlreiche
Yentralschuppen ausgebildet, welche über den Rand des Antheridien-
standes vorragen. Bei D. trichocephala werden die Spreuschuppen
grösstenteils durch dicke, kurze Borsten vertreten, die auch auf der
Seitenfläche des Standes (Fig. 1, 2 und 5, Tafel XIII) häufig sind.
Die Entwicklung der Antheridien beginnt in der Mitte des antheridien-
erzeugenden Sprosssystemes und schreitet gegen die an der Peripherie
liegenden wachstumsfähigen Scheitel hin fort, sodass wie bei den
übrigen Marchantiaceen an einem Antheridienstand während
längerer Zeit Spermatozoiden erzeugt werden. Auch die älteren
männlichen Rezeptakeln erscheinen meistens sitzend. Sie sind aber,
wie an Längsschnitten (Fig. 5 und 6, Tafel XIII) zu erkennen ist,
kurz gestielt. Der Stiel bleibt stets kurz und gedrungen (2 — G mm
laug); an demselben sind die zwei mit Rhizoiden, Borsten und
Schuppen besetzten Rinnen deutlich zu erkennen.
Die weiblichen Stände sind schon in den ersten Entwicklungs-
stadien leicht von den männlichen zu unterscheiden. Sie sitzen zwar
ebenfalls dem Thallus dicht auf, sind aber dunkler grün gefärbt und
auf der Oberseite stark, fast halbkugelig gewölbt (Fig. 7, Tafel XIII).
Während der Entwicklung der Archegonien werden die Stände hut-
förmig. Die Oberseite ist bei D. veluti?ia am Rande fast flach, in
der Mitte dagegen kegelförmig erhöht; die jungen Hüte von
1). trichocephala sind stärker gewölbt und in der Mitte ebenfalls
kegelförmig oder buckelig erhöht. Der Hutrand ist an den jungen
Ständen von D. velutina völlig glatt, an älteren leicht gebuchtet.
Auch bei D. trichocephala ist zur Zeit der Archegonienreife und Be-
fruchtung die Buchtung des Hutrandes (Fig. 2, Tafel XIII) noch kaum
1) Leitgeb. H, Untersuchungen über die Lebermoose 1874-18-2. G Bände.
Bd. VI. Die Marchantiaceen. Graz 1881. S. 127.
2) GöBEL, K., Organographie der Pflanzen. Jena 1898. S. 311/12.
über androgyne Infloreszenzen bei Dumortiera. 459
wahrnehmbar. In späteren Stadien der Sporogoniunientwicklung
treten am Rande des Rezeptakulums infolge der starken Entwicklung
der Perichätialhüllen die Ausbuchtungen, 8—16 an Zahl, immer
stärker hervor. Die Perichätialhüllen umschliessen je eine Gruppe
von Archegonien, deren Hälse vor der Befruchtung durch eine schmale,
spaltenförmige Öffnung der Hülle nach aussen gerichtet sind und mit
den ebenfalls von der Unterseite ausgehenden Schuppen und Borsten
an der Basis des sitzenden Köpfchens über dessen Rand hervor-
ragen. Bei beiden Arten ist die Unterseite, namentlich in der Um-
gebung des Stielansatzes reichlich mit Spreuschuppen überdeckt.
Bei D. velutina bleibt die Oberseite des weiblichen Standes jeder-
zeit glatt, bei D. trichocephala stehen an seinem Rande wie auf der
Oberseite eine grosse Zahl stark entwickelter bräunlicher Borsten,
welche sich von denjenigen der männlichen Stände durch bedeutendere
Länge unterscheiden.
Die Streckung des Stieles weiblicher Infloreszenzen findet erst
nach fast vollständigem Abschluss der Sporogoniunientwicklung statt.
Der Stiel erreicht eine Länge von 4 — 8 cm. Schon bevor die
Streckung des Rezeptakulumträgers vollendet ist, ragen die länglichen
Kapseln der Sporogonien auf ziemlich langen Stielen aus den Peri-
chätialtaschen heraus.
Ausser * männlichen und weiblichen Infloreszenzen von der be-
schriebenen Entwicklung und Gestalt finden sich nun, sehr zahlreich
bei Dumortiera trichocephala, mehr ausnahmsweise auch bei D. velutina.,
gemischtgeschlechtige Infloreszenzen, d. h. fertile, zu
Trägern von Geschlechtsorganen gewordene Sprosssysteme,
an welchen nicht alle Äste („Strahlen") Geschlechtsorgane
gleicher Art tragen. Die Anzahl der Aste, welche die männliche
Infloreszenz zusammensetzen, ist bei Dumortiera nicht so leicht
wie bei den Marchantiaarten festzustellen, dagegen ist leicht ersicht-
lich, dass die rein weibliche Infloreszenz aus 8 — 16 Asten, „Strahlen",
besteht. Der gleiche Yerzweigungsgrad wird wohl auch den ge-
mischten Infloreszenzen zukommen. Yon den 8 — 16 Ästen des Spross-
systems einer gemischten Infloreszenz kann nun eine grössere oder
kleinere Anzahl Geschlechtsorgane der einen, der Rest solche der
andern Art tragen, sodass, je nach der Anzahl und der Art der
Aufeinanderfolge der verschiedengeschlechtlichen Aste, der Habitus
der gemischten Infloreszenz ein sehr wechselnder ist. Es kann die-
selbe zur Hälfte männlich, zur Hälfte weiblich, zu ^ ^, Ys ^^^"^^ iiiänn-
lich zu ^ ^, Vs ^^^^ weiblich, oder umgekehrt, sein. Aus der am
häufigsten vorkommenden Art der Anordnung der verschieden-
geschlechtlichen Partien (Fig. 1 und 2, Taf. XIII) ist zu schliessen,
dass während der Anlage des ganzen Sprosssystemes nur einmal,
seltener zweimal mit einer Gabelung auch eine Geschlechtertrennung
460 A. Ernst:
erfolgt. Im ersteren Falle besteht die gemischte Infloreszenz aus
einem männlichen und einem weiblichen Teil, im zweiten aus zwei
männlichen und zwei weiblichen Stücken, die je nach der Anzahl der
noch nachfolgenden Teilungen des Sprossscheitels verschieden grossen
Anteil an der Zusammensetzung des ganzen Standes haben können.
Fio-. 3 stellt z. B. eine in der Entwicklung ziemlich weit vor-
geschrittene Infloreszenz (von oben betrachtet) dar, von welcher ^^
männlich, ^4 weiblich sind. Die männlichen und die weiblichen
Stücke der Infloreszenz liegen sich je kreuzweis gegenüber. An
Fig. 3 ist auch zu ersehen, dass in der androgynen Infloreszenz
die männlichen und weiblichen Anteile den Habitus der ent-
sprechenden reinen Infloreszenzen vollkommen beibehalten können;
über die zahlreichen Zwischenformen wird in der ausführlichen Ab-
handlung zu berichten sein. ])er Rand der beiden weiblichen
Partien ist stark nach unten gewölbt und regelmässig gelappt.
Jeder Ausbuchtung entspricht auf der Unterseite eine sackartige
Hülle mit einem Sporogonium Der Rand und die in der Mitte
kegelförmig erhöhte Oberseite sind wie an rein weiblichen Frucht-
ständen mit langen braunen Borsten bedeckt. Die beiden männ-
lichen Partien sind flacher, mehr scheibenförmig und nur am glatten
Rand mit kurzen Borsten besetzt. Bei der Entstehung dieser In-
floreszenz sind offenbar durch die beiden ersten Gabelungen des
Scheitels zwei männliche und zwei weibliche Scheitel entstanden,
von denen der eine sich noch zweimal vollständig (vier Ausbuchtungen
am Rande!) der andere sich beim zweiten Male unvollständig gabelte
(drei Ausbuchtungen am Rande), während die beiden ersteren je
einen Viertel einer männlichen Infloreszenz lieferten. Häufiger sind
die in den Fig. 1 und 2 dargestellten, sowie ähnliche Kombinationen
männlicher und weiblicher Äste. Der in Fig. 2 abgebildete ^ Träger
von Geschlechtsorganen ist zur Hälfte männlich, zur andern weiblich;
in demjenigen der Fig. 1 sind ^4 männlich, ^/^ weiblich, in andern
Fällen sind Ys männlich, Ys weiblich oder umgekehrt Y45 Vs weib-
lich und der Rest männlich.
Schon auf verhältnismässig jungen Stadien ist die Zusammen-
setzung der Infloreszenzen aus verschiedenartigen Bestandteilen deut-
lich zu erkennen. Die männlichen Partien entwickeln sich rascher
und wachsen scheibenförmig heran, während die Scheitel der weib-
lichen Partien sich abwärts wölben, sodass der Radius der beiderlei
Anteile bald ungleich und damit der ümriss der Infloreszenz unregel-
mässig wird (Fig. 1 und 2). Ein Längsschnitt durch einen solchen
Stand (Fig. 8, Taf. XIII) zeigt dann auf der einen Seite das typische
Bild eines weiblichen Rezeptakulums mit Perichätialhülle und
Archegonien, auf der andern dasjenige der Antheridienscheibe mit
entleerten Antheridienhöhlen und in Entwicklung begriffenen
über androgyne Infloreszenzen bei Dumortiera. 4(51
Aiitlieridien. Auch au der verschiedenen Färbung sind die weibliehen
(dunkelgrünen) von den männlichen (gelblichgrünen) Partien junger,
«■emischter Infloreszenzen zu unterscheiden. Etwas schwerer fällt
manchmal der Nachweis männlicher Strahlen an vorwiegend weib-
lichen, älteren Ständen (Fig. D, Tafel XIII), an welchen nach Beginn
der Sporogoniumentwicldung infolge weiterer Wachstumsvorgänge an
den weiblichen Strahlen eine Verdrängung der männlichen Partien
auf die Unterseite oder eine teilweise Überwucherung derselben durch
die angrenzenden weiblichen Strahlen stattfindet.
Die Ausbildung gemischtgeschlechtiger Infloreszenzen findet nicht
etwa, wie es von GÖBEL, LEITGEB u. a. für Preissia commutata be-
schrieben worden ist, nur ausnahmsweise statt. Ich sammelte
D. trichocephala an vielen Standorten und überall war eine grosse
Anzahl der Infloreszenzen androgyn. Im Urwalde von Tjibodas
(Gedehgebirge auf Java) fand ich D. trichocephala an zahlreichen
zum Teil benachbarten, zum Teil aber eine halbe bis zwei
Weo-stunden von einander entfernten Standorten im Dezember
1905 und im Januar 1906 in grosser Menge und reichlich frukti-
fizierend. Die Untersuchung grösserer Rasen von verschiedenen
Standorten ergab, dass das Zahlenverhältnis der männlichen, weib-
lichen und gemischten Stände zwar bedeutenden Schwankungen
unterliegt, immer aber eine grosse Zahl gemischter Infloreszenzen
vorkommen. Gleichzeitig konnte festgestellt werden, dass auch die
rein männlichen und rein weiblichen Infloreszenzen nicht immer auf
verschiedene Pflanzen verteilt sind. Neben Pflanzen mit nur einerlei
Infloreszenzen finden sich ebensoviele mit männlichen und weiblichen,
männlichen oder weiblichen zusammen mit gemischten oder mit aus-
schliesslich gemischten Infloreszenzen. Hierfür an dieser Stelle nur
einio'e wenige Angaben:
1) 2. I. 06. Dumortiera trichocephala von den Böschungen des
Weges vom Stationsgebäude Tjibodas hinunter an den Tjiwalen.
Yon 172 Infloreszenzen des eingesammelten Materials waren 70 reiu
männlich, 34 rein weiblich und 68 gemischt. Von 74 doppelt ge-
gabelten Sprossen (entsprechend denjenigen von Fig. 1 und 2,
Tafel XIII) mit 2 Infloreszenzen waren mit 2 rein männlichen In-
floreszenzen 15, mit 2 rein weiblichen Infloreszenzen 2, mit einer
männlichen und einer weiblichen Infloreszenz 9, mit einer weiblichen
und einer gemischten Infloreszenz 13, mit einer männlichen und
einer gemischten Infloreszenz 15 und mit 2 gemischten Infloreszenzen
14 Sprosse:
2cf :15; 2 $ : 2; 1 ,/ + 1 $ : 9 ; 1 $ 4" 1 ? : 13; Ic^ + 1 ?: : 15; 2 $ : 14.
2) 2. I. 06. Dumortiera tricliocephala von der W^egböschung bei
Tjiburrum. Von 266 Infloreszenzen waren 51 männlich, 113 weib-
462 A. ERNST:
lieh und 102 gemischt. 68 Sprosse mit je zwei Infloreszenzen zeigten
die nachfolgenden Kombinationen:
2c/: 6; 2? :15; 1 c/ + 1 ? : 13; lc/ + l$ :6; 1$ + $ : 20; 2 $ : U.
3) 7. I. 06. Dumortiera trickocephala vom rechten Ufer des
Tjibogoh. Von 500 Infloreszenzen waren 213 männlich, 50 weiblich,
237 gemischt. 145 Sprosse mit je zwei Infloreszenzen zeigten die
nachfolgenden Kombinationen :
2cf:44; 22:2; 1 c/ + 1 ? : 8; 1 </ + !$: 33; 1$+1$:13;
2 5 : 45.
In ebenso grosser Zahl waren neben einfachen Infloreszenzen
die gemischten an Material von D. trickocephala von den andern
Standorten im Gedehgebirge, vom Megamendong und Salak in
Westjava, vom Dienggebirge in Mitteljava, von Merapi und
Singalang im Padanger Oberland von Sumatra und vom
Gunong Hijau auf der malayischeu Halbinsel nachzu-
weisen. Überall fanden sich neben Pflanzen und Sprossen mit
einerlei Infloreszenzen zahlreiche andere mit männlichen und weib-
lichen, mit solchen und gemischten oder ausschliesslich mit ge-
mischten Infloreszenzen. Dimiortiera. trichocephala ist also nicht
wie die grosse Mehrzahl der MarcJumtioideae Compositae diö eis ch,
sondern monöcisch und zwar derart, dass nicht nur an ver-
schiedenen Zweigen derselben Pflanze verschiedengeformte,
männliche und weibliche Infloreszenzen vorkommen,
sondern auch von den Strahlen desselben Rezeptakulums
die einen männliche, die andern weibliche Geschlechts-
organe erzeugen.
Viel einfacher liegen die Verhältnisse bei Dumortiera velutina,
wie aus den nachfolgenden Anoaben hervorseht.
1) 12. XII. 05. Dumortiera velutina von einer Felswand am
rechten Ufer des Tjiapoes (Salak). Von 403 untersuchten In-
floreszenzen waren 146 männlich, 252 weiblich und 5 gemischt.
5J1 Sprosse mit je zwei Infloreszenzen zeigten die nachfolgenden
Kombinationen:
2c/ :33; 2$ :48; lc/-f- 1$ :9; lc/+ 1^:0; 1$ 4-1^:0; 2^:1.
2) 13. I. 07. Dumortiera velutina vom Ufer eines Baches in der
Umgebung von Buitenzorg. Von 152 untersuchten Infloreszenzen
waren 66 männlich, 86 weiblicl), gemischte fehlten. Unter den
38 Sprossen mit 2 Infloreszenzen waren die nachfolgenden Kom-
binationen:
2d":13; 22:23; 1 c/ + 1 $ : 2; lc/-fl$:0; ]$ + l^:0;
2s^ : 0.
über androgyne Infloreszenzen bei Dumortiera. 463
3) Dumortiera velutina, auf Steinen und an Gräben im Urwakle
von Poesoek (Insel Lombok). Yon 183 untersuchten Infloreszenzen
waren 84 männlich, 97 weiblich und 2 gemischt. Die Verteilung
derselben an Sprossen mit zwei Infloreszenzen war wie folgt:
20^:33; 2$:29; Ic/+15 :1; lc/+ 1$ :0; 1$ + 1$ :1; 2^:0.
Bei Dumortiera velutina treten, wie aus den angegebenen und
anderen Befunden hervorgeht, die gemischten Infloreszenzen
im Vergleich zu den eingeschlechtigen stark zurück. Die
meisten Pflanzen tragen nur Infloreszenzen einer Art, D. velutina
ist im Gegensatz zur nionöcischen D. trichocepliala vorzugsweise
diöcisch.
Die beiden Arten, Dumortiera trichorephala und D. velutina, zeigen
also in Ausbildung und Verteilung der Infloreszenzen wesentliche
Verschiedenheiten. Die Frage nach dem ursprünglichen Verhalten
ist nicht schwer zu beantworten. Alle March. compositae sind durch
das Vorkommen verschieden geformter männlicher und weiblicher
Infloreszenzen charakterisiert und in der Mehrzahl diöcisch. In ver-
schiedener Gestalt, die männliclien als sitzende oder kurz gestielte
Scheiben, die weiblichen in späteren Entwicklungsstadien als lang-
gestielte, strahlig gebaute Hüte oder Schirme, treten die Infloreszenzen
auch bei D. velutina in diöcischer Verteilung auf. Bei D. tricho-
cephala finden sich ähnliche männliche und weibliche Infloreszenzen,
meistens aber nicht in diöcischer sondern wie bei der von SCHIFFNER^)
beschriebenen Wiesnerella javanica in monöcischer Anordnung.
Unterscheidend von allen anderen March. compositae ist das konstante
Vorkommen von zahlreichen g-emischten Infloreszenzen. Obwohl durch
die Kombination männlicher und weiblicher Strahlen innerhalb
einer Infloreszenz kompliziertere Formen geschaffen werden, ist doch
die Ausbildung dieser gemischten Infloreszenzen vergleichend morpho-
logisch als ein erstes Stadium der Rückbildung zu betrachten. Die
eigenartigen Gestaltungsverhältnisse der gemischten Infloreszenzen
geben Anhaltspunkte zur Lösung verschiedener noch offener
Fragen in bezug auf die Differenzierung der archegonien- und
antheridientragenden Strahlen, das verschiedene Verhalten der Stiele
männlicher und weiblicher Infloreszenzen. Auf diese Verhältnisse,
wie auf die biologische Bedeutung der gemischten Infloreszenzen,
die Beziehungen der in der vegetativen und in der generativen
Sphäre von Dumortiera erfolgten Rückbildung, soll indessen erst
in der ausführlichen Abhandluno- eino-etreten werden.
Zürich, Pflanzenphysiologisches Institut der Universität.
1) SCHTFFNER, V., Wiesnerella, eine neue Gattung der Marchantiaceen.
Österreichische botan. Zeitschrift. 46. Jahrgang. Wien 1896. S. 82—88.
Ber. der deutschen Bot. GeseUsch. XXV. 32
464 Ernst Lehmann:
Erklärung- der Abbildungen zu Tafel XIII.
Fig. 1. Doppelt gegabelter Thallusast von D. trichocephala. An der Scheitelbucht
rechts ein Antheridienstand, an dprjenigen links eine gemischte In-
floreszenz (ca. V4 weiblich, ^4 männlich). Vergr. 3,1.
Fig. 2. Thallusstück von D. tricJiocejjhala mit einem Archegonienstand (rechts)
und einer zu V2 männlichen, Va weiblichen Infloreszenz. Vergr. o/l.
Fig. 3. Oberseite einer audrogynen Infloreszenz mit kreuz weis gelagerten männ-
lichen und weiblichen Vierteln. Vergr. 8/1.
Fig. 4. Längsschnitt durch einen jungen, dem Thallus noch aufsitzenden Anthe-
ridienstand. Vergr. 8/1.
Fig. 5 u. 6. Längsschnitte durch ältere, männliche Infloreszenzen von D. tricho-
cephala. Vergr. 8/1.
Fig. 7. Längsschnitt durch einen jungen Archegonienstand (im Alter dem Anthe-
ridienstand von Fig. 4 entsprechend) mit schon stark nach unten gewölbter
Oberseite. Vergr. 8/1.
Fig. 8. Längsschnitt durch eine androgene Infloreszenz von D. trichocephala (vom
Aussehen der $ Stände in Fig. 1 u. 2). Vergr. 8/1.
Fig. 9, Längsschnitt durch eine ältere ^ Infloreszenz (V4 5, 7* $)• Ii^ ^^^ Hüllen
der stark entwickelten weiblichen Strahlen finden sich halbreife Sporo-
gonien, in den männlichen Strahlen sind noch die Autheridialhöhlungen
zu erkennen. Vergr. 8/1.
66. Ernst Lehmann: Vorläufige Mitteilung über Aussaat-
versuche mit Veronicis der Gruppe agrestis.
Eiogegaugen am 12. Oktober 1907.
Wie ich an anderer Stelle*) in Übereinstimmung- mit den meisten
Autoren, welche sich eingehender mit der Veronica-Gruppe agrestis
beschäftigten, hevorgehoben habe, sind die hierher gehörigen vier
Ackerunkräuter: V. agrestis L., poUta Fr., opaca Fr., Tournefortii Gm.
als vier gute Arten im LiNNE'schen Sinne aufzufassen. Nichtsdesto-
weniger ergab sich bei genauerer Untersuchung die Tatsache, dass
dieselben einmal keineswegs einheitliche Sippen darstellen, sondern
aus einer grösseren Anzahl verschiedener Typen zusammengesetzt
sind, dass andererseits eine transgressive Variabilität zwischen den
einzelnen Artmerkmalen vorhanden ist. Die Versuche, die ich zur
näheren Einsicht in diese Verhältnisse anstellte, sind zwar noch in
ihrem Anfange, dennoch schien es mir ratsam, an dieser Stelle einige
1) Bullet, de l'horb. Boiss. 2'"'^ scr. 1907. T. VII. No. 7. p. 546.
Übpr Aussaatversuche mit Veronicis der Gruppe agrostis. 405
vorläufige Bemerkungen über gewisse, im letzten Sommer erhaltene
Resultate zu machen.
Die Veronicae der vorliegenden Gruppe eignen sich ganz be-
sonders zu Aussaatversuchen, da sie einmal mit Ausnahme von
V. Tournefortü fast ausschliesslich autogam sind, andrerseits nur eine
kurze drei- bis viermonatige Vegetationsperiode von der Aussaat bis
zur Reifung der Samen zu durchlaufen haben ; zudem Hessen ihre
weite Verbreitung und ihr Vorkommen als Ackerunkräuter auf einen
grösseren Formenreichtum schliessen. So waren auch schon nach
Untersuchungen WlESBAURS^) verschiedentliche Varietäten der ein-
zelnen Arten bekannt. Einige derselben, wie V. agrestis forma
glahrescens und /. typica, mehrere Farbenvarietäten ( V. polita var.
coerulea, V. agrestis var. rosea) konnte ich durch meine Aussaat-
versuche als konstant feststellen; für andere wieder hat sich ergeben,
dass es sich um blosse, von äusseren Umständen hervorgerufene
Modifikationen handelt, z. B. V. Tournefortü var. örachi/poda. An die
Typen WiESBAUßS und anderer Forscher reihen sich aber noch ver-
schiedene weitere, welche ich teils im Freien, teils in meinen
Kulturen aufgefunden habe.
Auf eine jedenfalls noch erheblich sich vermehrende Zahl von
erblichen Rassen, welche sich auf Zeichnungs- und Formenverhältnisse
der Blumenkrone von V. Touryiefortii, der Laubblattzähnung z. B von
V\ polita usw. gründen, soll hier nur hingewiesen sein. Dagegen
möchte ich einiger erblichen Anomalieen in Form atavistischer
Zwischenrassen etwas eingehender gedenken'"^).
Es handelt sich da zuerst um Vermehrung der Karpelle von
der typischen 2 - Zahl bis zu 3—5. Pflanzen mit vereinzelten drei-,
ganz selten vierkarpelligen Kapseln fand ich bei V. opaca, polita und
Tournefortü hie und da. Bei V. opaca begegneten mir solche z. B. am
6. Juni 1906 am Roitschberg bei Meissen. Ein Teil der von der-
artigen Pflanzen geernteteu Samen wurde gleich im Juli desselben
Jahres noch ausgesät. Die Sämlinge entwickelten sich aber nicht
mehr genügend, um eine eingehende Zählung vornehmen zu lassen.
Ich fand nur an einer Pflanze eine dreikarpellige Kapsel. Die
wenigen, von dieser Aussaat geernteten Samen wurden nun ebenso
wie der Rest von der Ausgangsgeneration im Frühjahre 1907 aus-
gesät. An den erhaltenen 42 Pflanzen konnten folgende Verhältnisse
festgestellt werden:
1) J. B. WiESBAUR. Das Vorkommen des echten Ackerehrenpreises in Ober-
österreich. Jahrb. f. Naturkunde. Linz 1892.
2) Die Anomalieen als solche sind zum grössten Teil schon beschrieben. Vgl.
Penzig. Teratologie. Bd. II. S. 211 und 212.
32*
466
Eenst Lehmann;
Pflanzen mit nur zweikarpelligen (normalen) Kapseln ... 31
„ 1 unvollständig 3 (= S\ .,) karpelligen Kapsel . 3
„ 1 dreikarpelligen Kapsel 6
„2 „ Kapseln 2
Das Verhältnis der mehrkarpelligen Kapseln zu den normalen an
einzelnen Pflanzen stellte sich wie folot:
Anzahl der Karpelle
Ol'
Anzahl der gezählten
Kapseln bei Pflanze
r 1
46
—
1
2
40
1
—
3
55
1
i 4
45
1
Am gleichen Standort fand ich weiterhin am 5. November 1906
ein erheblich stärker abweichendes Exemplar von V. opaca, welches
fast 90 pCt. 3-, 4- und 5karpellige Kapseln trug und zudem reich
fasciiert war. Die Pflanze unterschied sich auch insofern von einem
normalen Individuum, als die Kapseln häufig nicht völlig entwickelt
waren; dennoch erhielt ich eine genügende Menge Samen, welche
im Frühjahr 1907 ausgesät wurden. Hiervon bekam ich acht Pflanzen
mit folgenden Verhältnissen :
1
2
O
4
5
G
7
8
1-S
%
n/
%
%
i ^
%
i %
%
%
Anzahl
der
2
8
20
7
13
IG
26
7
27
13
34
14
20
19
27
10
12
94
21
27,
2
5
1
2
1
2
1
4
9
5
2
3
2
3
3
3
14
3,1
-
3
20
50
85
66
32
52
15 57
18
47
49
69
.") (
52
52
59
258
57.5
Kar-
pelle
4
10
25
9
17
6
10
2
8
4
11
4
5
10
14
IG
18
Gl
13,6
±
5
—
—
1
2
6
10
1
4
1
3
2
3
3
4
7
8
21
4,7
Summe der
abweichen-
den Kapseln
32
80
46 87
45
74
19
73
25
66
57
80
52
73
78
88
354
79
Summe der
gezählten
Kapse
In. .
40
53
Gl
26
38
71
71
■88
448
Diese Tabelle zeigt, dass wir es hier mit einer erblichen Rasse
zu tun haben, bei der die plurikarpellaten Kapseln Q'o — 88 pCt. der
Gesamtzahl ausmachen. Es ist dies also im Gegensatz zu der oben
besprochenen „armen'' eine „reiche" Rasse und die Anomalie ent-
spricht in ihrem Auftreten ungefähr dem Trifolium pratense quinqiie-
folium de Vries. Weitere ausgedehntere Aussaaten werden zu zeigen
haben, ob sie demselben auch in den Einzelheiten gleicht oder
über Aussaatversuclic mit Veronicis der Gruppe agrestis.
467
welcher Art Abweichungen vorliegen. Von F. polita und Tourneforüi
habe ich bislang die reichen Rassen noch nicht auffinden können. —
In phylogenetischer Beziehung werden wir die vorstehende Rasse
wohl als degressiv bezeichnen müssen, indem die Kapseln mehr oder
weniger auf den regelmässig fünfzähligen Bau gewisser Scrophularia-
ceenahnen zurückschlagen.
Ähnlich verhält es sich mit einer zweiten Anomalie, nämlich
den fünfblättrigen Kelchen. Es ist bekannt, dass eine besondere
Sektion der Uattung Yeronica nach den ihr zukommenden fünf-
blättrigen Kelchen den Namen „Pentasepalae'' trägt, enthaltend die
Arten Teiicrium^ austriaca u. a. m. Auch waren hier und da schon
fünfblättrige Kelche bei T. Tourneforüi beschrieben worden. Ich
fand nun ebenfalls wieder am Roitschberg im Juni 1906 eine reiche
pentasepale Rasse. Ich wählte zu den Versuchen vier Pflanzen aus
und teilte dieselben in zwei Gruppen zu je zwei Pflanzen. An den
einen (A) zählte ich 80 pentasepale und 24 normale Kelche, an den
anderen (C), von denen allerdings scheinbar Stücke fehlten, fand ich
nur 40 pentasepale Kelche. Samen von beiden wurde im Früh-
jahr 1907 ausgesät. Das Ergebnis ist zusammen mit den Befunden
von 190 ) in folgender Tabelle registriert.
Zahl
der
Pfianzen
Zahl der Kelcha
normal
Mittel-
bildungen
penta-
sepal
A. 1906
19G7
2
35
24
797
17
80
206
= 76,9 pCt.
= 26,4 pCt.
C. 1906
1907
2
25
277
?
8
40
122
= l00,?)pCt.
= 44 pCt.
Es geht hieraus hervor, dass wir eine reiche erbliche Rasse vor
uns haben, über deren genauere Eigenschaften weitere Stammbaum-
kulturen Auskunft geben müssen.
Wohl noch häufiger als Vermehrung der Kelchblattzahl findet
man bei F. Tourneforüi die verschiedensten Anomalien in der Aus-
bildung der Blumenkrone. Schon zahlreiche Autoren haben auf die-
selben hingewiesen (vgl. PenZIG, 1. c. S. 212). In neuester Zeit
haben sie BatESüN und PeRTZ^) zum grössten Teil abgebildet und
1) W. Bateson and Miss D. F. M. Peetz, Notes on the inheritauce of Variation
in the CoroUa of Veronica Buxbaumii. Proceed. Cambridge Phil. Soc. Vol. X,
Pt. II. S. 78.
468
Ernst Lehmann:
statistische Untersuchuugen mit ihnen vorg-enomraen. Es zeigte sicli
u. a., class die verschiedenen Anomalien in wechselnder Häufigkeit
innerhalb mehrerer Rassen auftreten. Ziemlich sicher handelt es
sich in der Hauptsache um drei.
1. Alle Abkommen der Blüte A der Ausgangspflanze haben
neben normalen Blumenkronen in erster Linie solche mit zwei
hinteren Fetalen (3,1 — 22,4 pCt. oder 11,3 pCt. im Durchschnitt).
Die Blüte E derselben Ausgangspflanze scheint fremdbestäubt worden
zu sein; sie zeigte hauptsächlich eine ^Nachkommenschaft mit durch-
schnittlich 10,1 pCt. Blüten mit zwei vorderen, zugleich aber
8,8 pCt. mit zwei hinteren Fetalen. Die Pflanzen wurden aber
nicht weiter kultiviert, sodass sich sicheres weiter nicht aussagen lässt.
2. Diese Rasse wird charakterisiert durch durchschnittlich
25,4 pCt. Blumenkrouen mit zwei hinteren Fetalen, daneben aber
2,7 pCt. dreiblättrigen Blumenkronen.
3. Hier sind die Blumenkronen mit drei Fetalen überwiegend
(durchschnittlich 5 pCt.), während die übrigen Anomalien zusammen-
genommen nur 0,45 pCt. im Durchschnitt ausmachen.
Betrachtet man aber die Frotokolle der zitierten Arbeit etwas
genauer, so bekommt man den Eindruck, als wären hier und da
noch andere Rassen versteckt. Schon die Abkommen der Blüte E
machten einen derartigen Eindruck und noch andere stark ab-
weichende Zahlen finden sich öfters. Vielleicht würden sich diese
Rassen leicht haben isolieren lassen, wenn die Verfasser nicht, wie
sie es in Verfolgung ihres besonderen Zw^eckes tun mussteu, immer
Samen von Blüten einer bestimmten Anomalie ausgesät hätten,
sondern von solchen Fflanzen, die in der Nachkommenschaft eine
Anomalie in der höchsten Frozentzahl entwickelten. Ich habe nun
im vero-angenen Jahre derartig zu verfahren begonnen. Im Sommer
1906 fand ich an einigen Fflanzen, die aus derselben Samenprobe
hervorgegangen waren, in zwei verschiedenen Aussaaten besonders
häufig dreiblättrige Blumenkronen. Ich säte beide im folgenden
Jahre wieder getrennt aus und fand bei genauerer Zählung folgendes:
Zahl
der gezählten
Blüten
normal
2 hintere
Fetalen
hintere
Fetalen ge-
spalten oder
eingekerbt
3
Fetalen
seltenere
Anomalien
A. 967
83,2 pCt.
2pCt.
7,5 pCt.
5,8 pCt.
1,3 pCt.
B. 647
80,8 pCt.
2,3 pOt.
5,9 pCt.
9,4 pCt.
1.5 pCt.
Es ist offenbar, dass hier, entsprechend der dritten Rasse von
BateSON und PERTZ hauptsächlich Blumen mit drei Fetalen vor-
über Au^saatversuche mit Veronicis der Gruppe agrestis.
469
liegen, denuoch aber deckt sich die unsere nicht mit jener, da
die Prozentzahl der übrigen anomalen Blüten, besonders derjenigen
mit teilweise gespaltenem hinteren Petalum, hier ganz erheblich
grösser ist, als bei der anderen (zusammen: A = 10,8, B = 9,7 gegen
0,45 bei B und P); demnach hat mir schon diese erste Aussaat aber-
mals eine differente Rasse ergeben.
Alle die im vorhergehenden angeführten Rassen bieten nun
zwar keineswegs etwas prinzipiell Neues. Ihre Analoga finden sie,
wie schon oben berührt, z. ß. in Trifolium prate7ise quinquefolium de
Vries und zahlreichen anderen erblichen Anomalien. Dennoch hielt
ich es für interessant genug, in einer besonderen Mitteilung auf sie
zu sprechen zu kommen, als wenigstens die V. opaca f. pluricarpellata
eine spontane Variation neueren Datums zu sein scheint. Ich habe
den Roitschberg, einen kleinen, mit Reben bestandenen Hügel im
Jahre 1905/06 speziell zum Sammeln von Veronicae der vorliegenden
Gruppe viermal besucht, ohne, abgesehen von dem einen Exemplar,
jemals eine entsprechende Form gefunden zu haben. Dann nahm
ich diese Pflanze mit und erliiclt bei Aussaat sofort lauter Nach-
kommen mit dem gleichen Merkmal. Bei einem Besuch desselben
Platzes im Herbst 1907 fand ich wieder nichts von dieser Form,
was jedenfalls darauf zurückzuführen ist, dass ich 1906 die einzige
ganze Pflanze mitnahm und gar kein Samen von ihr am Ursprungs-
ort ausgefallen ist. Denn sonst dürfte die Form, die wenigstens nach
meinen diesjährigen Exemplaren an Samenproduktion kaum der
Normalform nachsteht, wohl sicher auch dort wiedergekommen sein.
Von V. Tournefortii f. pentasepala fand ich 1907 wieder mehrere
Pflanzen mit höherer Prozentzahl fünfblättris-er Kelche.
Neben diesen Formen war es aber vor allen Dingen die trans-
gressive Variabilität zwischen den einzelnen Artmerkmalen, auf
die ich bei meinen Herbarstudien besonders aufmerksam wurde und
zu deren näherer Kenntnis Kulturversuche angestellt wurden. Da
dieselben im allgemeinen noch nicht weit genug gediehen sind,
möchte ich nur auf ein Beispiel hinweisen, um anzudeuten, wie
ausserordentlich verwickelt die Verhältnisse in unserer Gruppe liegen.
Es bezieht sich auf die Sameuzahl von V. polita und agrestis. Ich
führe die vorgenommenen Zählungen folgendermassen an:
Samenzahl
polita . .
agrestis .
polita . .
agrestis .
1
2 3
4
5
6
7
8
9
10111213
1 1 1
14
15
—
2 j 3 2023
60
140
175
159
105 51
2510
8
1
8
7 11
80
61
56
38
4
—
i
-
—
= 782 Kapselfächer
= 215
oder in Prozenten
3,7
0,31 0,4
3,3 5,1
2,6
13,9
2,9
28,4
7,7
26,1
17,9 22,3 20,3 13,4
17,7 1,8| —
6,5
3,2
1,3
1,02 0,1
470 W. und J. üocters VAN LEEUWEN-REIJNVAAN:
Yon V. polita wurden also 782, von V. agrestis 215 Kapselfächer
o-ezählt. Die Anzahl derselben mit bestimmter Samenzahl erajibt
sich aus der ersten, die prozentische Angabe der gleichen Ver-
hältnisse aus der 2. Tabelle. Beide zusammen zeigen, dass die
Samenzahl bei V. polifa in den meisten Fällen 8, bei V. agrestis 5
ist, dass aber 6 und 7-saraige Kapselfächer bei beiden häufig sind,
demnach das Merkmal der Samenzahl für beide Arten ein konstantes,
aber transgressives ist.
Bedenkt man, dass sich auch für die Kelchblattbreite, Blatt-
grösse (Verhältnis von Länge zu Breite) etc. ähnliches ergeben hat
und erwägt man weiterhin, dass ausserordentlich starke Abänderungen
der Individuen durch äussere Einflüsse zu beobachten sind, so kann
man sich ein Bild von der in der Gruppe herrschenden Komplikation
machen und zugleich den chaotischen Zustand verstehen, der in
vielen Floren über sie herrschte nnd zum Teil noch herrscht. Eine
experimentelle Analyse dieser Verhältnisse verspricht aber interessante
Aufschlüsse nach verschiedenen Richtungen.
Bei den vorliegenden Untersuchungen stand mir Herr Professor
CORRENS mit seinem Rate in liebenswürdiger Weise zur Seite,
wofür ich nicht verfehlen möchte, ihm an dieser Stelle meinen besten
Dank auszusprechen.
67. W. und J. Docters van Leeuwen-Reijnvaan: Über das
Färben der jüngsten Zeliwände in Vegetationspunkten.
(Eingegangen am Kl. Oktober 1907.)
In einem Artikel, welcher in Band 23 der Beihefte zum Botan.
Centralblatt erscheinen wnrd, haben wir bei der Besprechung der
Methoden, welche wir zur Erzielung unserer Resultate gebraucht
haben, eine neue Methode für Zellwandfärbung beschrieben. Wir
können jetzt noch ein neues Verfahren angeben, dessen wir uns
vorteilhaft bei unseren Untersuchungen bedienen.
In letzter Zeit hat sich der Gebrauch des Mikrotomes zur Her-
stellung mikroskopischer Präparate auch in der Botanik mehr und
mehr eingebürgert, und speziell für Untersuchungen über den Bau
der Vegetationspunkte ist dieser Apparat fast unentbehrlich. Es
leuchtet ein, dass es vorteilhaft sein rauss, die feinen Schnitte,
welche eine präzise Richtung haben sollen, mittels solch eines
über das Färben der jüngsten Zellwände in Vegetationspunkten. 471
Instrumentes anzufertigen. Die Schnittweise aus freier Hand, welche
aber noch immer gebraucht werden muss, gibt zu wenig Sicherheit,
und wenn man sehr wenig und wertvolles Material zur Verfügung
hat, ist man sehr vom Zufall abhängig. Man kann weiter von einem
eingebetteten Objekt bequem allerhand Schnitte machen, und so
sind Serien von Schnitten von ein und derselben Dicke und in
lückenloser Reihenfolge auch bei etwas schiefgeschnittenen Objekten
noch vorteilhaft zu untersuchen.
Wenn man aus freier Hand Schnitte anfertigt und diese in
Wasser oder Glycerin untersucht, sieht man die Zellwände wohl
deutlich, aber nur die an der Oberfläche. Man hat dann vielfach
„Eau de Javelle" oder eine Lösung von Chloralhydrat in Wasser
verwendet. Wir äusserten gegen diese Methoden unsere Bedenken
in unserem Artikel über die Taxusgallen, welchen wir oben
zitierten.
Es ist schwierig, die jüngsten Zellwände gut zu färben. Ge-
braucht man z. B. Eisenhämatoxyline nach HEIDENHAIN, dann sind
die Zellwände gar nicht gefärbt und mit den meisten Methoden
bekommt man nur schwache Tingierungen, während es absolut not-
wendig ist, gerade die jüngsten Wände deutlich und scharf sehen zu
können. Es ist uns nun gelungen, einige Methoden zu finden,
welche auch die feinsten Zellwände sehr gut färben.
1. Die KeriiscliT> arzMethode.
Beim Studium von Wurzelspitzen war es uns aufgefallen, welch'
schöne Resultate dieses Mittel gab, und auch weiterhin hat es Brauch-
bares geliefert. Wir färbten damals die Schnitte während einer und
einer halben Stunde mit Kern schwarz (von GRÜBLER), und dann
während 24—48 Stunden in einer Safraniulösung (nach PFITZNER:
Safranin 1 g, Alkohol absolutus 100, Wasser 200 ccm). Die
Schnitte wurden darauf in der üblichen Weise mit Alkohol oder
Alkohol -|- etwas HCl differenziert und es zeigte sich, dass das
Chromatin in den Kernen schwarz war, die Nucleolen rot, das
Plasma rosafarbig, während die Zellwände ausserordentlich hellrot
und gut zu sehen waren. Wir haben dieses Mittel verschiedene
Male probiert und können noch hinzufügen, dass die Färbung gut
haltbar ist. Wenigstens ist im ersten Präparat von 1902 die Färbung
immer gleich scharf geblieben.
Wie schön diese Färbung nun auch ausfallen kann, so hat sie
dennoch die Schattenseite, dass sie nicht immer gelingt. Es ist nicht
ganz leicht, den Ausziehungsgrad des Safranins so zu bekommen,
dass alles gleich gut gefärbt ist. Jeder, der mit dem Gebrauch
dieses Farbstoffes bekannt ist, wird dies zugeben müssen.
472 W. und J. Docters VAN Leeuwen-Reijnvaan: über das Färben der Zellwände.
Dann haben wir noch eine Modifikation dieses Verfahrens oe-
sucht, und fanden folgendes: Wenn man die Schnitte erst in Kern-
schwarz während einer halben Stunde, dann in HANSEN'scher Häraato-
xyline 5 Minuten färbt, so sind auch alle Zellwände gut dunkel
gefärbt. Leider ist auch das Cytoplasma dunkel geworden, und
man muss darum mit hellem Lichte arbeiten. Die beiden Methoden
gaben wir in Kürze schon an.
2. Die Lichtgrün-Methode.
Das Lichtgrün, welches von BeNDA^) in die Mikrotechnik
eingeführt worden ist, und speziell von französischen Untersuchern
zum Färben der feineren Bindegewebe-Fibrillen vielfach verwendet
wird, hat sich auch zum Tingieren der Zellwände als sehr gut er-
wiesen. Freilich ist es das Lichtgrün nicht allein; denn färbt man
Schnitte nur mit Lichtgrün, so sind die Wände wohl zu sehen, aber
da das Cytoplasma auch grün geworden ist, gibt es keine scharfen
Differenzen. Wir haben darum nach Doppelfärbungen gesucht, von
denen eine die besten Resultate lieferte.
Unser Streben, mit Lichtgrün nur die Zellwände, und mit einem
anderen Farbstoff das Cytoplasma färben zu lassen, hat keinen
Erfolg gehabt, da das Lichtgrün ein starker Plasmafarbstoff ist und
den anderen wieder verdrängt. Es wird in einer einprozentigen
oder schwächeren alkoholischen Lösung verwendet, färbt dann aber
äusserst schnell, so dass man vielfach das Präparat nur eintauchen
darf.
Wir gebrauchen nun stets folgende Lösung: 0,1 ^ Lichtgrün in
100 Teilen Wasser -|- 4 Teilen Formalin (von 40 pCt).
Safranin-Lichtgrün färbt zuviel gleichzeitig, und man be-
kommt dann, wenn die Zellwände tingiert sind, alles grün, ausser
den Nucleolen, welche leuchtend rot sind.
Die besten Resultate lieferte uns Hämatoxyline-Lichtgrün und
wir verfahren wie folgt: Yon den verschiedenen Hämatoxylinlösungen
fanden wir die von HANSEN (siehe STÖHR^) am besten.
Natürlich bekommt man mit Lösungen von verschiedenem Alter
andere Färbungen; doch muss jeder dies für sich ausprobieren.
Wir färbten dann auch während 3 — 10 Minuten, stellten darauf die
Präparate während 4—6 Minuten in die Lichtgrünlösung, spülten in
TOprozentigem Alkohol (nicht in Wasser) ab und verfuhren weiter
wie gewöhnlich.
1) BENDA, Zeitschr. für wiss. Mikr. 1892.
2) Ph. StöHR, Lehrbuch der Histologie. Jena, Reagens Nr, 35.
J. KovCHOFF: Enzymatischc Eiweisszersetzung in erfrorenen Püanzen. 473
Wenn die Fcärbung- gut gelungen ist, und dies geschieht nach
einiger Übung sehr leicht, dann sind die Zellkerne dunkel, das
Cytoplasma hat einen leichten, grünblauen Ton angenommen und die
Zellwände treten äusserst scharf hervor als dunkelviolette, oder
(wenn das Hämatoxylin nicht lange genug gefärbt hat) dunkelgrüne
Linien. Am deutlichsten erscheinen die Präparate, wenn die Zell-
wände violett gefärbt sind.
Leider kennen wir die Methode noch nicht lange genug, um
über die Haltbarkeit weitere Mitteilungen machen zu können. Ein
Präparat von einer Foniinalis-Knos'pe hat sich am Fenster nun schon
während dreier Monate gut erhalten, und im Dunkeln aufbewahrt,
wird es wohl viel länger dauern.
Wir können diese beiden Methoden am meisten empfehlen;
speziell die letzte ist bequem und gibt schöne Zellwandfärbungen.
68. J. Kovchoff; Enzymatische Eiweisszersetzung in erfrorenen
Pflanzen.
(Eingegangen am 22. Oktober 1907.)
Die von Prof. PalLADIN ausgearbeitete Erfrierungsmethode
lieferte bei dem Studium der Atmungsenzyme höchst wertvolle
Resultate^); es war daher von Interesse zu prüfen, in wie w^eit sich
die genannte Methode zur Erforschung der Tätigkeit proteolytischer
Enzyme eignet. Behufs vorläufiger Orientierung habe ich auf Vor-
schlag und unter Leitung des Herrn Prof. PALLADIN folgende Yer-
suche ausgeführt.
Hinsichtlich der einschlägigen Litteratur möge Folgendes erwähnt
werden; BUTKEWITSCH^) hat dargetan, dass bei der 10 Tage
dauernden Selbstverdauung zerkleinerte!' Samenlappen der 6 tägigen
Keimlinge von Lupinus angustifolius bei 35" — 40^ eine 48 pCt. be-
tragende Abnahme des Eiweissstickstoffs erfolgt (die Samensubstanz
wurde vorerst mit Äther bearbeitet). ZalESKI^) hat beobachtet, dass
in den mit Wasser versetzten Acetonpräparaten der reifenden
1) PALLADIN, diese Berichte, 1905, S. 240. — PALLADIN, Zeitschr. f. physiolog.
Chemie, B. 47, 190G, S. 407. — Keasnosselsky, diese Berichte, 1905, S. 142.
2) BUTKEW^TSCH, Zeitschrift für physiol. Chemie. XXX. 1900.
3) Zaleski, diese Berichte, 1905, S. 138, 1906.
474
J. KOVCHOFF:
Phaseolussamen eine Abspaltung von 39 pCt. Eiweissstickstoff statt-
findet. WeiS^) hat neuerdings erwiesen, dass auch in erfrorenen
Objekten Eiweissabbau erfolgt.
Bei meinen eigenen Versuchen habe ich das Yersuchsmaterial
in einige gleiche Portionen geteilt; eine davon wurde sogleich ge-
trocknet (anfangs bei 100*^, dann bei 70°), die übrigen wurden er-
froren und zu den Versuchszwecken benutzt. Nach Beendigung je
eines Versuches wurden sämtliche Portionen getrocknet, bzw. aus-
gekocht und analysiert. Die Versuche wurden bei Zimmertemperatur
ausgeführt; der Gesamtstickstoff wurde nach KJELDAHL, der Protein-
stickstoff wurde nach STUTZER bestimmt. Die mikroskopische Kon-
trolle ergab, dass in keinem einzigen Versuche Bakterienentwickelung
stattgefunden hat.
Versuch 1.
17 tägige Weizenkeimlinge wurden oberhalb der Erde abge-
schnitten und in 6 Portionen geteilt. 2 Portionen wurden sofort
getrocknet, die übrigen 4 Portionen w^urden erfroren (Dauer der
Erfrierung 24 Stunden). 2 Portionen wurden auf Wasser, die übrigen
auf 40 pCt. Saccharoselösung gelegt (ein jeder Kolben wurde mit
75 cc Wasser bzw. Saccharoselösung und 3 cc Toluol beschickt, alsdann
zugepropft und bei Zimmertemperatur aufbewahrt). Versuchsdauer
5 Wochen; eine jede Portion wurde im Ganzen analysiert.
Portionen
Eiweissstick-
stoff in 12 g
der Frisch-
substanz
Mittel
In pCt. des
Eiweissstick-
stoiJs der Kon-
trollportion
Menge des abge-
spaltenen Eiweiss-
stickstoffs in
pCt. des Eiweiss-
stiekstofFs der
Kontrollportion
Kontroll |
Auf Wasser \
Auf Zuckerlösung . .<
0 05236
0,05104
0,02684
0,02640
0,03432
0,03476
1 0,05170
I 0,02662
1 0,03454
iOO
51,4
668
48,6
- 83,2
Aus diesem Versuche ist ersichtlich, dass in erfrorenen Weizen-
keimlingen eine intensive Eiweisszersetzung stattfindet; das betreffende
Enzym wird also durch Erfrierung nicht getötet und seine Tätigkeit
1) Weis, Comptes rendus des travaux du laboratoire de Carlsberg, v. 5 1903,
pag. 243.
Enzymatische Eiweisszcrsetzung in erfrorenen Pflanzen.
475
durch von GORKE^) die in erfroreneu Pflanzen wahrgenommene Koagu-
lation der Eiweisstoffe nicht gestört. PaLLADIN") hat ebenfalls einen
beträchtlichen Eiweisszerfall in Weizenkeimlingen beobachtet: der-
^selbe erreichte 54,3 pCt. im Verlauf von 7 Tagen in Dunkelheit bei
vollem Ijuftzutritt. Auf Zuckerlösung war der Eiweisszerfall in
meinem obigen Versuche geringer, als auf Wasser; dieses Resultat
stimmt mit demjenigen von Frl. GEOMOW^) überein, die den Einfluss
der Saccharose auf die Selbstverdauung des Zymins studiert hat. In
obigen Versuchen ZALESKl's*j hat Saccharose den Eiweisszerfall nur
in späteren Stadien des Reifeprozesses verzögert, übte dagegen keine
Wirkung auf die Substanz der im Anfangsstadium der Reife be-
griflenen Samen.
Versuch 2.
Erbsensamen wurden im Verlauf von einem Tage in Wasser
eingeweicht, dann abgeschält und je (> Portionen zu je 2,2 g (5 Stück)
geteilt. 2 Portionen wurden sogleich analysiert (Kontrollportionen);
die übrigen wurden erfroren und am folgenden Tage in eine grosse
feuchte Kammer gebracht, durch welche alsdann mit Toluoldampf
gesättigte Luft geleitet wurde; da sich in der Kammer noch eine
mit Toluol gefüllte flache Schale befand, so war die Atmosphäre der
Kammer mit
Toluol
vollständig
gesättigt.
Portionen
Eiweiss-
stickstoff
:Mittel
in pCt. des
Eiweissstick-
stoffs der Kon-
trollporlion
Menge des abge-
spaltenen Eiweiss-
stickstoffs in
pCt. des Eiweiss-
stickstoffs der
Kontrollportion
Kontroll . . . .
,..{
0,07276
0,07476
{
0,0736 1
100
—
Nach j Tagen .
...{
0,064(58
0,06996
{
0,06732
91,4
8,6
Nach 7 Tagen .
•••{
0,065(52
{
0,06262
89,1
10,9
Versuch 3.
Erbsensamen wurden nach 5 Tage dauernder Keimung abge-
schält und in zwei Portionen zu je 25 g geteilt. Eine Portion wurde
sogleich getrocknet, die andere wurde erfroren, dann zerrieben und
mit 100 cc Wasser und 3 cc Toluol in einen Kolben gebracht. Der
1) GORKE. Landwirtschaft!, Versuchsstationen, B. 65, 1906, S. 149.
2) Palladin. Diese Berichte, B. 6, 1888, S. 205.
3) Gromow, Zeitschr. f. physiolog. Chemie, B. 42, 1904, H. 4.
4) Z.AXESKI. 1. c. S. 137.
476
J. KOVCHOFF;
Kolben wurde bei Zimmertemperatur belassen und von Zeit zu Zeit
durcho-eschüttelt. Nach Ablauf von 5 Wochen wurde die Versuchs-
portion ausgekocht. In beiden Portionen wurde Eiweiss nach STUTZER
ausgefällt und abfiltriert, das Filtrat wurde mit dem Wascliwasser
vereinigt und bis auf 1 Liter mit Wasser verdünnt; dann wurden
Portionen zu je 100 cc entnommen und zur StickstofPbestimmung
(nach KjELDAHL) verwendet. Auf diese Weise wurde die Menge des
NichteiweissstickstofFs ermittelt.
In 100 cc
In der ganzen
Portion
In pCt. der
Portionen
Menge des
Nichteiweiss-
stickstoffs
Mittel
Kontroll-
portion
Kontroll
Versuch
0,00816
0,00782
0,00782
0,01156
0,01190
0,01190
0,00793
, 0,01179
0,0793
0,1179
100,0
148,7
Die Menge des NichteiweissstickstofFs hat sich also um 48,7 pCt.
vergrössert.
Versuch 4.
60 9 etiolierter Stengelgipfel von Vicia Faba wurden in zwei
Portionen geteilt. Eine Portion wurde sogleich getrocknet. Die
andere Portion wurde erfroren und in ein U-Rohr gebracht, durch
welches alsdann die mit Toluoldampf gesättigte Luft geleitet wurde.
Der Versuch dauerte 2 Tage.
Eiweiss-
Trocken-
substanz
Stickstoff
In pCt.
der
Trocken-
substanz
Mittel
stickstoff
in pCt.
des
Gesamt-
stickstoffs
Eiweiss-
zer-
setzung
_
Gesamt-
r 0,717
l 0,718
0,0612
8,535
}
o
stickstoff
0,0621
8,649
8,o92
C
Eiweiss-
stickstoff
r 0,761
l 0,421
0,0500
0,0280
6,570
6,650
}
6,610
76,93
(jfesamt-
stickstoff
r 0,560
l 0,647
0,0513
0,0605
;i,160
9,350
}
9,255
>
Eiweiss-
stickstoft
f 0,852
l 0,399
0,0559
0,0263
6,561
6,.591
}
6,.576
71,05
-7,6
Enzymatische Eiweisszersetzung in erfrorenen Pflanzen.
477
Versuch ">.
7b g etiolierter Blätter von Yicia Faba wurden in 2 Portionen
Eine Portion wurde sofort getrocknet. Die andere Portion
wurde erforen und in ein U-Rohr gebracht, durch welches alsdann
der mit Touoldampf gesättigte Wasserstoff geleitet wurde. Der
Versuch dauerte 4 Tage.
geteilt
Eiweiss-
Trocken-
substanz
Stickstoff
In pCt.
der
Trocken-
substanz
Mittel
stickstoff
in pCt.
des
Gesamt-
stickstoffs
Eiweis-
zer-
setzung
Gesamt-
stickstoff
r 0,2420
l (1,2570
0 02403
0,02671
9,929
10,393
10,161
o
Eiweiss-
stickstoff
f 0,3370
1 0,3345
0,02361
0,02342
7,00(;
7,001
1
7,004
68,93
Gesamt-
stickstoff
f 0,2735
l 0,272()
0,02690
0,02(;84
9,835
9,867
1
9,852
>
Eiweiss-
stickstoff
f 0,3445
l 0,3415
0,02177
0,02189
6,319
6,409
1
6,364
64,59
- 6,3
Versuch 6.
Grüne Blätter von Vicia Faba wurden in 16 Portionen zu je A g
geteilt und im Verlauf von fünf Tagen auf 10 pCt. Saccharoselösung
kultiviert. Zwei Portionen wurden getrocknet und die übrigen
Portionen erfroren. Die erfrorenen Portionen wurden auf 50 ccm
der lOprozentigen Saccharoselösung -|- 0,25 g phosphorsaures Natrium
-|- 2 ccm Toluol gelegt.
In Pro-
zenten des
Eiweiss-
Eiweiss-N
Mittel
Eiweiss-N
der Kontroll-
portion
zersetzung
in pCt.
Kontrollportion . .
1
• • ■ 1
0,053 68
0,055 44
1
0,054 56
100,0
—
5 Tage
f
• • (
0.044 44
0,048 40
1
0,046 42
85,1
14,9
10 Tage
• •
0,046 20
0,049 28
}
0,047 74
87,5
12,5
15 Tage
...j
0,046 58
0,046 92
}
0,046 75
85,7
14,3
20 Tage
...j
0,016 24
0,046 24
}
0,046 24
84,8
15,2 '
478 J- KovCHOFF: Enzymatisclie Eiweisszersetzung in erfrorenen Pflanzen.
Man bemerkt also die starke Eiweisszersetzuno- nur während der
ersten fünf Tao-e.
Yersuch 7.
Etiolierte Blätter von Vicia Faba wurden in 6 Portionen zu je
3 g geteilt. 2 Portionen wurden getrocknet und die übrigen Portionen
erfroren. Die erfrorenen Portionen wurden auf 40prozentige
Saccharoselösung mit Toluol gelegt.
In Pro-
zenten der
Eiweiss-
Eiweiss-N
Mittel
Eiweiss-N
der Kontroll-
portion
zersetzung
in pCt.
Kontrollportion
17 Tage [
34 Tage |
0,038 08
0,040 12
0,039 10
0,035 87
,035 70 n nn-r,7n
,035 70 1/ Ö,Oo^'Ö
0,035 36
0,036 38
100,0
91,7
91,3
8,3
8,7
Yersuch 8.
\'l. XI. wurden 56 g etiolierter Blätter von Vicia Faba ab-
gehoben und in 4 Portionen zu je 14 g geteilt.
1. Portion wurde sogleich getrocknet.
2. Portion wurde erfroren.
3. und 4. Portion wurden auf lOprozentige Saccharoselösung
gelegt.
13. XI. 2. Portion wurde in ein U-Eohr gebracht, durch welches
alsdann die mit Toluoldampf gesättigte Luft geleitet wurde.
16. XL 3. und 4. Portion w^urden von der Zuckerlösung abge-
hoben. 3. Portion wurde getrocknet, 4. Portion wurde erfroren.
17. XI. 4. Portion w^urde in ein U-Rohr gebracht, durch welches
alsdann die mit Toluoldampf gesättigte Luft geleitet wurde. Der
Yersuch (2. und 4. Pontion) dauerte vier Tage.
Die Hauptergebnisse der beschriebenen Yersuche lassen sich
folgendermassen zusammenfassen:
1. Das proteolytische Enzym wird durch Erfrierung der Pflanzen
nicht zerstört; die von PaLLADIX erfundene Erfrierungs-
methode lässt sich also bei dem Studium des proteolytischen
Enzyms anwenden.
2. Die Tätigkeit des proteolytischen Enzyms wird in einigen
Fällen durch Saccharose abgeschwächt.
L. WiTTMACK : Funde in alten chilenischen Gräbern.
479
yf
enge der Trocken-
substanz
enge des Stickstoffs
enge des Stickstoffs
in pCt. der Trocken-
substanz
CD
1 pCt. des Gesamt-
stickstofifs
ififerenz des Eiweiss-
N in pCt. des
Eiweiss-N der
Kontrollportion
_S
S
S
S
a
Mit Zucker nicht
ernährt:
^ Gesamt-N . . .
i3 ,
{
0.2680
0,2080
0,02(5 41
0,020 5«;
9,854
9,884
1
f
9,869
^ Eiweiss-N . . .
0,2860
0,2890
0,021 47
0,021 78
7,507
7,536
1
\
7,522
76,22
'S Gesanit-N . . .
0,2300
(»,2805
0.022 27
0,027 15
9,682
9,679
1
9,(581
CO <
'" 1
►^ Eiweiss-N . . .
0,3415
0,2935
0.024 40
0,021 05
7,148
7,172
1
7,160
73,96
-3,0
Mit Zucker er-
nährt:
^ Gesamt-N . . .
.4.^ ,
(
0,4000
0,3665
0,020 92
0,019 22
5,230
5,244
}
5,237
^ Eiweiss-N . . .
1
1
0,4930
0,5395
0,020 98
0,023 00
4.255
4,263
1
4,259
81,32
<% j Gesamt-N . . .
CO <r
■
0.4960
0,5915
0,027 69
0,03300
5,582
5,579
}
5,581
{^ 1 Eiweiss-N . . ,
1
1
0,5800
0,5520
0.026 96
0,02617
4,648
4,741
1
4,695
84,12
+ 3,4
St. Petersburg, Pflanzenphysiologisches Institut der Universität.
69. L Wittmack: Funde in alten chilenischen Gräbern.
Eingegangen am 25. Oktober 1907.
Herr Dr. WALTER LEHMANN, wissenschaftlicher Hilfsarbeiter
im Königl. Museum für Völkerkunde in Berlin, übergab mir vor
einiger Zeit einige Gegenstände zur Bestimmung, welche ein
schwedischer Forscher, Herr ERIK BOMANN, Mitglied der „Mission
scientifique du COMTE DE CREQUI-MONTFORT" in alten Indianer-
gräberu zu Calaraa im nördlichen Chile, '2266 ?n auf der Puna, nahe
Ber, der deutschen Bot. Gesellsch. XXV. og
480 L. WiTTMACK:
der Wüste Atacama, gefunden. Ich gebe hier zunächst eine Über-
sicht aber sämtliche Gegenstände, um dann auf die merkwürdigsten
näher einzugehen.
Meine laufende Nr. 1. Bezeichnet:^) ,,H 1. Samen (essbar?) in
einer halben gravierten Kalebasse, Grab auf dem vorspanischen
Friedhof von Calama". — Sind die Samen einer Prosopis-kxt. Da
aber von vielen Prosopis die Hülsen und Samen nicht beschrieben
sind, lässt sich die Spezies vorläufig nicht genau bestimmen.
Nr. 2. Bezeichnet: „H 2 usw. wie 1". Ist dasselbe wie 1.
Nr. 3. Bezeichnet: „H 3. Mais in einer Schale". — Sind lose
o-rosse dicke Körner mit einer ganz kurzen einwärts o-eboo-enen
Spitze, offenbar dem Griffelansatz. Die Farbe ist hellbräunlich-gelb.
Obwohl keine Kolben vorhanden sind, möchte ich annehmen, dass
sie zu meiner A'arietät Zea Ma^js peruviana aus den Gräbern von
Ancon bei Lima gehören (Zeitschr. für Ethnologie XII, 1880, S. 95;
KüRNICKE und WERNER, Handbuch des Getreidebaues I, S. 377).
Sie gleichen den Körnern dieser Varietät ausserordentlich. Der
moderne sogen. Cwra^wa-Mais aus Chile ist ähnlich, aber die Körner
des letzteren sind viel kleiner. — Dieselben Maiskörner wie Nr. 3
finden sich unter Nr. 6.
Nr. 4. Bezeichnet: „H 4. Fasern von einer geflochtenen
Schüssel". Mit Bleistift ist (wohl in Paris, wo die Sachen zuerst
waren) dabei geschrieben: SHpa. — Es ist möglich, dass es eine
Stipa oder Verwandte ist, doch ist das Material zu brüchig, als dass
ich bis jetzt zu einer sicheren Bestinmiung kommen konnte.
Nr. 5 fehlt.
Nr. 6. Bezeichnet: ,,H 6. Mais in einer Schale". — Sind die-
selben Körner von Zea Mays peruviana wie Nr. 3, aber viel schöner
erhalten, prächtig gelbbraun, fast isabellfarbig, ca. 12 mm lang,
6 — 8 mm breit und vorn ebenso dick (d. h. hoch).
Nr. 7. Bezeichnet: ., Calama s/n" (s/n soll wohl heissen: sans
numero) „Inhalt eines Gefässes". — Dieses ist ein ganz merk-
würdio'er Gegenstand. Er stellt eine hellbräunliche Masse, aus-
sehend fast wie Erdklumpen, dar, in der viele tönnchenförmige
Höhlungen sich finden. Diese dürften von Fliegenmaden her-
rühren, die sich darin verpuppt haben, und zwar nach Herrn
Dr. GrCnBERG, dem tüchtigen Dipterenkenner am Zoologischen
Museum in Berlin, von Fliegen aus der Gruppe der Museiden. Man
findet auch noch Teile der Insekten, z. B. Leibesringe, aber eine
Bestimmung ist nach der Untersuchung des Herrn Dr. GrCx\BERCt
nicht möglich.
1) Die Bezeichnungen sind in französischer Sprache; ich gebe sie hier in
Übersetzung.
Funde in alten chilenischen Gräbern. 481
Ich glaubte anfänglich, als ich die vielen Tönnchen sah,
dass die ganze Masse vielleicht von einem Insektenbau herrühre;
dfls konnte aber, wie Herr Professor Dr. Brauee, Direktor des
Zoologischen Museums, und Herr Dr. GrCnbEEG mir sagten, nicht
der Fall sein.
Schliesslich habe ich nun, namentlich nachdem ich etwas von
der Masse erhitzte und von den darin befindlichen Schalenteilen
Querschnitte machte, gefunden, dass das Ganze eingetrocknete
Maische von Mais ist. Schon auf den Flächenansichten erwiesen
sich die Schalenteile als Mais, obwohl die Zellen infolge des Alters
gelitten hatten; Querschnitte durch dieselben mit Chloralhydrat be-
handelt stellten das aber untrüglich fest; man sieht sehr schön die
Querschnitte der Lumina der Längszellen. — Ganz vereinzelt finden
sich noch Mais-Stärkekörner, meist etwas verkleistert oder sonst
verändert; mit Jod färben sie sich indes noch blau.
Nachdem ich dies gefunden, erklärte sich auch sehr gut die
grosse Menge von Pilzsporen, Oidium-Mycel und Hefezellen; von
letzteren fand ich auch eine Mutterzelle mit noch daran sitzender
Tochterzelle. — So hat also den Toten neben Speise auch das
Nationalgetränk, das Maisbier, die Akha, von den Spaniern Chicha
genannt, nicht gefehlt! Über die Bereitung der Akha siehe
V. TSCHUDI: „Beiträge zur Kenntnis des alten Peru" in Denkschriften
der Akad. der Wiss , Wien, 1891, S. 10. — Möglicherweise ist diese
Masse Akha aus gekautem Mais, wie sie in der Sierra für manche
Feste bereitet wurde; diese war fast so dick wie Brei.
Nr. 8. Bezeichnet: ,,H 8. Samen in einem kleinen Säckchen
zwischen den Kleidern eines Leichnams". — Sind, wie sich nach
laugen Untersuchungen herausstellte, wahrscheinlich Samen von
einer der vielen in Chile vorkommenden Sisi/mbi'ium- Arten, wohl
nicht CapseUa bursa pasforis, wie ich bisher meinte (siehe unten).
Nr. 9. Bezeichnet: ,,B 119. Puerta de Castil (oder heisst es
Tastil?) Geflecht (vanuerie)'. — Sind ganz kleine, häckselartige,
schlecht erhaltene Bruchstücke. Gehören einer Monokotyl edone
an, die sich aber noch nicht näher bestimmen Hess.
Nr. 10. Ohne nähere Bezeichnung. Schon in Paris als Prosopis
siliqiiastrum bestimmt, was ich nur bestätigen kann.
Nr. 11. Ohne nähere Bezeichnung. Sind Hülsen einer anderen
Prosopis- Axt.
Nr. 12. Ohne nähere Bezeichnung. Ist dasselbe wie Nr. 11.
Der merkwürdigste Fund scheint mir Nr. 8, die Sisyinhriuvi
Samen, zu sein. Meine am 12. September in Dresden und am
25. Oktober in Berlin ausgesprochene Meinung, dass es Samen der
Hirtentasche, CapseUa bursa pasforis, seien, möchte ich jetzt doch
nicht mehr aufrecht erhalten. Damit fällt dann freilich der botanische
:33*
482 L. WiTTMACK: Funde in alten chilenischen Gräbern.
Beweis, dass diese Gräber auch nach der spanischen Eroberung noch
benutzt wurden, der sich darauf stützte, dass Capsella bursa pastoris,
wie Gay in seiner Flora chilensis I, 173 vermutet, aus Europa einge-
schleppt ist. Herr Dr. LEHMANN hat dafür aber ethnologische Be-
weise. In der grossen Calchaqui-'^ammluug, die das Museum für
Völkerkunde in Berlin von Herrn Z AVALETA erworben, hat IjEHMANN
nämlich eine ganze Reihe aus spanischer Zeit (16. Jahrhundert)
stammender Sachen, Metallgegenstände, Glassperlen usw. gefunden.
Die fraglichen Samen sind sehr klein, länglich, etwas abgeplattet,
kaum 0,75 7mn lang, 0,4 7nm breit, 0,2 mm dick. Eine Seite ist oft
etwas länger, das ist die Seite, an der das Würzelchen liegt. Viele
sind verschrumpft, ein Inhalt ist meistens nicht vorhanden und wenn
das der Fall, ist er stets undeutlich. Infolge des Alters sind die Samen
schwarzbraun, werden aber mit Chloralhydrat schön bräunlich gelb.
Trocken unter dem Mikroskop betrachtet, zeigen sie eine fein
warzige Oberfläche. In Wasser gelegt, tritt in der Mitte jeder Ober-
hautzelle eine stark lichtbrechende Schleimpapille hervor, die aber
nicht mehr verschleimt. Dies sind eben die Wärzchen. Ich finde
manche Ähnlichkeit in Grösse, Form und Bau mit den Samen von
Sisyvihrium Sophia und officinale, die beide auch in Chile vorkommen.
Wahrscheinlich sind diese in Chile ebenso gut eingeschleppt wie in
Nordamerika, obwohl GAY das nicht sagt. Für Nordamerika ist es
sicher, denn in Asa Graijs Manual of the Botamj of the Northern United
States 6. Aufl. von James Watson und John M. Coulter 1889, S. 72 heisst
es bei S. Sophia, officinale, Thalianum u. Alliaria: Naturalized
from Europe. Ich finde besonders in der Form mehr Ähnlichkeit mit
den Samen von Sistjmbrimn Sophia als mit den Samen der typischen
chilenischen Sisymbrium, indes von letzteren habe ich nur bei
wenigen Arten im Herbar des Königlichen botanischen Museums reife
oder annähernd reife Samen gefunden. — Möglicherweise gehören
die Samen einer anderen chilenischen Crucifere an; das lässt sich
aus Mangel an Vergleichsmaterial einerseits und bei dem Fehlen
eines Embryos in den alten Samen andererseits nicht sicher ent-
scheiden. Schleimpapillen kommen bekanntlich bei manchen
Cruciferen-Samen vor. Mit Sisi/mbrium haben die vorliegenden
Samen aber die grösste Ähnlichkeit. Zu welchem Zwecke die
Samen den Toten beigegeben sind, bleibt einstweilen rätselhaft. Ich
finde nirgends eine Angabe, dass Sisymbrium als Gemüse in Chile
benutzt wurde.
Sitzung vom 29. November 1907. 483
Sitzung vom 29. November 1907.
Vorsitzender: Herr L. KNY.
Der Vorsitzende macht der Gesellschaft Mitteilung von dem
schmerzlichen Verluste, welchen sie durch das am 23. August 1907
erfolgte Ableben des Königl. Gartenbaudirektors, Herrn
W. Perring,
Inspektors des Königl. botanischen Gartens zu Berlin-Dahlem, sowie
durch das am 29. Oktober 1907 erfolgte Ableben des ausgezeichneten
Präparators, Herrn
Johann Diedrich Möller
in Wedel (Holstein) erlitten hat. Beide Herren haben unserer
Gesellschaft seit langer Zeit angehört, Herr PERRING seit 1884, Herr
MÜLLER seit 1882.
Um das Andenken an die Verstorbenen zu ehren, erhoben sich
die Anwesenden von ihren Sitzen.
Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen die Herren:
Bode, Dr., Assistent am Institute für Gärungsgewerbe in Berlin N.,
Seestrasse 61 (durch O. APPEL und P. LiNDNER).
Furlani, Dr. philos. Hans, k. k. Gymnasiallehrer in Nikolsburg (durch
AV. FlGDÜR und K. LiNSBAUER).
Klemt, Dr. F., in Berlin, Spandauer Brücke 13 (durch G. VOLKENS und
Th. Loesener).
Zu ordentlichen Mitgliedern sind proklamiert die Herren:
Fries, Dr. Robert Elias, in Stockholm.
Schellenberg, Gustav, Assistent in München.
Lepeschkin, Dr. Wladimir, in St. Petersburg.
Gutzeit, Professor Dr., in Königsberg i. Pr., z. Z. in Dahlem
b. Berlin.
Laibach, Dr. Friedrich, in Dahlem b. Berlin.
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV. 34.
484 Sitzung vom 29. November 1907.
Herr SCHWENDENER teilte mit, dass von den meisten der anlässlich
unserer Jubiläumsfeier zu Ehren- und korrespondierenden Mitgliedern
ernannten Herren bereits Dankschreiben für die ihnen zuteil ge-
wordene Ehrung eingetroffen sind.
Herr P. LlNDNER demonstrierte eine prachtvoll gefärbte Kultur
von Fusarium 'purpureum^ die in einem mit dünner Würze-
gelatineschicht ausgekleideten Rollzylinder gewachsen war. Die
zentralen Strahlen des Mycels waren mehr oder weniger intensiv
purpurrot gefärbt, die Känder der Kolonie jedoch gingen in einen
o-elblichen und zuletzt weissen Farbenton über.
Weiterhin legte er Mückenlarven von Corethra plumicornis vor,
die in ihrer Leibeshöhle, nicht im Darm, dicke weisse Kolonien (bis
6 und mehr) eines hefeartigen Organismus enthielten. Die einzelnen
Kolonien bestanden aus vielen tausenden von eiförmigen Zellen.
Eine Sprossbildung war bisher nicht aufzufinden gewesen, auch ist
es vorderhand noch nicht gelungen, die Hefe zur Keimung zu
bringen. Der Vortragende erinnerte an die Arbeit von SCHAUDINN
über den Mageninhalt von Cule^ pipiens und die Bedeutung der
darin gefundenen Hefen für die sogenannte Quaddelbildung nach
dem Stich der Mücke. Leider sei der hefenartige Organismus der
Mücke, der das eingesaugte Blut im Vormagen unter Kohlensäure-
entwicklung zur Gärung bringe, von SCHAUPINN nicht näher be-
schrieben worden. Der Vortragende regt an, die Süsswassertiere in
Aquarien auf Hefenorganismen öfter zu untersuchen. MeTSCHNIKOFF
habe ja z. B. in dem Dnphnia-Kr ehs die bemerkenswerte Monospora
cuspidata gefunden, welche im Darm langgestreckte Zellen mit je
einer stricknadelförmigeu Spore bilde, die sich bei den peristaltischen
Darmbewegungen durch die Darmwand durchbohre und in der
Leibeshöhle hefenartig aussprosse. Seitdem ist diese Hefe nicht
wieder beobachtet worden. In der Corethra-Jja.rYe übertreffe die
Hefenmasse sicher das Gewicht der sonstigen Körpermasse. Nicht
jede Larve hatte solche Hefensäcke; auf 1000 Exemplare kamen
ungefähr c — 5 mit dieser Lifektion vor. Die Larven wurden
anscheinend durch dieselbe gar nicht behindert und waren ebenso
lebhaft wie die nicht infizierten. Eine Larve war trotz dreitägigen
Aufenthaltes in ungehopfter Bierwürze lebend geblieben.
Die Hefe scheine sich ebenso schwer züchten zu lassen, wie die
in den Schildläusen auf Myrthe, Oleander, Efeu und Lorbeer beob-
achtete parasitische Apiculatus-Heie, die Vortragender vor 12 Jahren
entdeckt hat. Jede künstliche Nährlösung hat bisher versagt.
Diese Hefe könne ihre Art nur dadurch erhalten, dass sie die
jungen Eier in den Ovarien beimpfe; die Zellen wachsen zeit-
A. USTERI: Studien über Carica Papaya L, 485
11 dem einen Pol zu einer dolchartigen Spitze aus, aus der
nach dem Durchbohren der Eihaut dann die Tochterzelle hervor-
sprosse. Von sämtlichen 2000 und mehr jungen Schildläusen, die
Vortragender untersucht, sei nicht eine einzige gefunden worden,
die nicht schon die Hefenimpfung erhalten hätte. Wahrscheinlich
handelt es sich um dieselbe Hefe, die HaRTIG in kranken Nonnen-
raupen gefunden. HarTIG vermutet, dass dieser Organismus das
schnelle Erlöschen einer Nonnenepidemie bei Nürnberg bewirkt
habe.
Die vorstehenden Mitteilungen regten zu einer lebhaften
Diskussion an. Es wurde erwähnt, dass bei manchen Käfern
{A7iobiu77i-\rten) und bei Ameisen und Termiten im Darm Hefen
gefunden seien. Vortragender wies hin auf das häufige Vorkommen
von Hefen bei Vegetariern, ferner bei Körnerfressern. In Südafrika
sammele man die Exkremente des Klippdachses, um sie als Anstell-
hefe für das Pombebier zu benutzen. Eine den Medizinern sehr
geläufige Erscheinung sei das Vorkommen von Hefen in Stuhlgängen
von Cholera- und Dysenteriekranken. BUSSE hat pathogene Hefen
in der Haut nachgewiesen. Leider sei eine genauere Bestimmung
und Charakteristik dieser Hefen nicht gegeben worden.
^ Etwaige Angaben über neuere Beobachtungen von Hefen in der
Natur oder' gar Einsendungen von entsprechendem Material würde
Vortragender dankbar begrüssen. Adresse: Berlin N. 65, Institut für
Oärungsgewerbe.
Mitteilungen.
70. A. Usteri: Studien über Carica Papaya L.
Mit einer Abbildung im Text,
(l'jingegangen am 28. Oktober 1907).
Vorliegende Arbeit enthält einige Ergebnisse von Untersuchungen,
die ich im Laufe von einigen Jahren an Carica vornahm. Ursprünglich
war meine Absieht, nur die Bestäubungs- und Befruchtungserschei-
nungen zu untersuchen. Inzwischen habe ich aber ausserdem mor-
phologische und anatomische Studien gemacht, die einige Resultate
ergaben. Ich beginne mit der
34*
486 A. USTEEI:
Morphologie der Blüten.
Unmittelbar unter der Insertionsstelle der in 2/5-Stellung an-
geordneten Blätter nähern sich 3 Fibrovasalbündel, um sich in der
Blattinsertionsstelle zu zerteilen und im Blattstiel einen geschlossenen
Zylinder zu bilden. In den obersten Blättern sind die Seitenuerven
dem medianen sehr genähert. Ein Querschnitt an dieser Stelle zeigt
ein Fünfeck, in dessen Ecken je ein Gefässbündel sichtbar ist.
Ein ganz ähnliches Bild bietet ein Querschnitt durch den Frucht-
knoten. Ein Fünfeck mit fünf eckenständigen Gefässbündeln. Diesen
Bündeln opponiert, also an den Stellen, wo die folgende Blattspirale
auftreten müsste, wenn man den Fruchtknoten als einen modifizierten
Spross auffasst, findet man die Buchten der Ovarialhöhle mit den
anatropen und ihre Micropyle etwas nach unten wendenden Ovulis.
Mit den Buchten aber, also auch mit den äusseren Gefässbündeln,
alternieren fünf weitere Gefässbündel. Ich fasse sie auf als die
seitlichen, hier erhalten gebliebenen Bündel der Blattinsertionen.
Das Medianbündel ist mit dem Auftreten der Ovula verloren ge-
gangen. Unter der Ovarialhöhle tritt dieser Medianstrang sehr
deutlich in die Erscheinung.
Der Fruchtknoten von Carica besteht demnach aus 10 und nicht
wie BaiLLON^) (1) und nach ihm viele andere Autoren angeben,
aus 5 Carpellen. Man könnte einw^enden, der äussere Kreis sei
überhaupt nicht zur Bildung von Ovulis befähigt und gehöre nicht
dem Fruchtknoten, sondern dem in der weiblichen Form abor-
tierten Androeceum an. Die äusseren Teile des Fruchtknotens wären
demnach umgewandelte Staubblätter. Dass dem nicht so ist, be-
weist der Umstand, dass man gelegentlich bei der Eryistiiiovm
Blüten antrifft, die neben einem vollkommen ausgebildeten, lOglied-
rigen Androeceum einen normalen Fruchtknoten aufweisen. Ein
solches Ovarium müsste dann nur 5 Gefässbündel zeigen, was nicht
der Fall ist. Man kann auch an diesen Fruchtknoten die 10 Bündel
sehr leicht nachweisen.
Man könnte einwenden, die Fibrovasalstränge des Fruchtknotens
dürften nicht mit solchen von Blättern verglichen werden, weil
dadurch, dass die innersten Gefässbündel im Fruchtknoten unter der
Ovarialhöhle aufhören, die Analogie des Fruchtknotens mit einem
Blattsprosse gestört werde. Dieser Einwand wird dadurch widerlegt,
dass gelegentlich diese innersten Gefässbündel ebenfalls weiter
wachsen und Anlass zur Bildung einer „Frucht in Frucht" geben
(Fritz Müller) (5).
1) BailloN sagt -wörtlich: „Dans l'ovaire se voient cinq placentas parietaux,
plus Oll nioins proeminents . . ."
Studien über Carica Papaya L. 487
H. Graf zu SOLMS-LaUBACH (8) unterscheidet von Carica Papaya
mehrere Formen, die ich im Folgenden einer Betrachtung unter-
ziehen will.
a) Forma Corveae.
Der Baum bildet lange, herabhängende Blütenstände mit männ-
lichen und Zwitterblüten. Die letzteren finden sich stets als End-
blüten der Dichasien und treten gegen Ende der lang andauernden
Blütezeit nicht mehr auf. Der Blütenstand wird von SOLMS als eine
^Rispe mit dichasialen Auszweigungen" angesprochen. Man könnte
ihn auch als ein Dichasium betrachten, an dem bei den Verzwei-
gungen niederer Ordnung ein Ast stärker gefördert wäre als der
andere. In diesem Falle müsste man annehmen, dass der mittlere
Ast nicht vollständig verloren o-egangen, sondern mit dem stärker
geförderten Ast verwachsen sei, so dass die „Abgliederungsschwiele"
nicht an der Yerzweigungsstelle, sondern etwas oberhalb, am
stärkeren Ast, zu suchen wäre. Diese Betrachtungsweise hätte den
Vorteil, dass man den Blütenstand der Correadoxm auf denjenigen
der rein weiblichen Form zurückgeführt hätte.
Die Zwitterblüten der ( 'orreaeiorm zeigen eine lange Kronröhre
und ein lügliedriges, epigynes Androeceum, das aus zwei Kreisen be-
stehen dürfte, doch lassen sich die beiden Kreise nicht mehr er-
kennen. Das Gynoeceum ist trimer, seltener tetramer oder peutamer.
Dem entsprechend finden wir 3, 4 oder 5 Narben, von denen die
eine gewöhnlich stark nach unten gebogen ist, so dass ihre Papillen
direkt mit den Antheren in Berührung kommen.
Die männlichen Blüten zeigen ebenfalls eine lange Kronröhre
und ein 10 gliedriges Androeceum. In der Mitte findet sich das
verkümmerte Gynoeceum in Form eines fadenförmigen Gebildes.
b) Forma Ernstii.
Ihre Blüten stehen den Zwitterblüten der Correaeiorvn am nächsten.
In ihrer typischen Ausbildung unterscheiden sie sich, ausser
durch die 5 teiligen Narben und den auch von SOLMS beobachteten
Umstand, dass stets ein Narbenlappen ins Innere der Ovarialhöhle
hineinreicht, kaum von diesen. Das ist aber nur die typische
Zwitterform. An demselben Baume findet man ausser diesen Blüten
andere, deren Antheren vollständig oder zum Teil in Carpelle um-
gewandelt sind (siehe Abbildung). In den Übergangsformen treten
uns Gebilde entgegen, die in ihrem unteren Teile Antheren mit wohl
ausgebildeten Pollenkörner, in ihrem oberen Teile aber ebenso
typische Narbenpapillen tragen. Mit dieser Umwandlung der Staub-
488
A. USTERI:
blätter in Carpelle geht eine Rückbildung der Carpelle Hand in
Hand. Der neu entstandene Fruchtknoten stellt also gleichsam ein
Ovarium zweiter Art dar, während das Ovarium erster Art abortiert
ist. Einen ähnlichen Fall werden wir bei der Forma ForbesH kennen
lernen.
c) Weibliche Form.
Hier fehlt die Kronröhre. Wir finden nur einen Fruchtknoten,
während die Staubblätter vollkommen fehlen. Der Fruchtknoten
besteht nicht aus umgewandelten Staubblättern, wie das beim Frucht-
knoten mancher Ernstii-^\vii&n der Fall ist (siehe Abb. links).
Wismm!Jiumn9is^i!3Sf:^rsä^wvxxT:-'^^i^.ri'
Car'ica Pupaya f. Ernstii, Fruchtknoten; (natürl. Grösse).
Übergang von Staubblättern in Carpelle.
d ) Fo rhesii -Form.
Sie soll nach SOLMS in Ostindien angetroflFen werden und zeigt
männliche und Zwitterblüten, zuweilen auch rein weibliche. Die
Zwitterblüten sollen nach SOLMS nur 5 Staubblätter aufweisen. Der
innere Kreis hätte sich nach diesem Autor in Karpolle umgewandelt.
Die Fetalen sind ganz oder fast ganz getrennt. Die Zw^itterblüten
dieser Form sind mir aus eigener Anschauung nicht bekannt.
e) Rein männliche Form.
Diese Form ist offenbar sehr selten. Ich habe sie nur einmal
in Rio de Janeiro angetroffen. Die Blütenstände sind kurz, wie die
der weiblichen Form. Die Blüten unterscheiden sich von den
weiblichen der weiblichen Form dadurch, dass in ihnen der Frucht-
knoten nur als Rudiment erhalten ist, während beide Staubblatt-
kreise vollkommen ausgebildet sind. Die Blüten sind grösser als bei
der Forma Correae.
Studien über Carica Papaya L. 489
Ich habe im Obigen die morphologischen Verhältnisse
nur in so weit geschildert, als es mir zum Verständnis der
.fok'enden
'»'■
phylogenetischen Betrachtungen.
nötis,' erscheint. SOLMS hält es für wahrscheinlich, dass die heute
bekannten Formen von Carica Papaya durch Kreuzung aus ver-
schiedenen zentralamerikanischeu Arten hervorgegangen seien. Gegen
diese Auffassung scheint mir der Umstand zu sprechen, dass man die
Formen zu einer fast lückenlosen Reihe zusammenstellen kann, wo-
bei die Sprünge von einer Art zur andern nicht gerade sehr gross
sind. Zweitens ist die Forma Forhesii einmal von SOLMS aus Samen
einer Correae gezüchtet worden. Wenn wir au der Annahme, dass
Carica Papaya durch Kreuzung entstanden sei, festhalten, so genügt
es, eine einmalige Kreuzung anzunehmen, und dann wird es gerecht-
fertigt erscheinen, die von SüLMS aufgeworfene Frage nach der
phylogenetisch ältesten Blutenform einer Prüfung zu unterziehen.
Dieser Autor fasst folgende Möglichkeiten, die ich, übersichtlich zu-
sammengestellt, der Reihe nach prüfen will, ins Auge:
a) Rückschlagshypothesen,
1. Die heutige Papaya stellt Rückschlag zu einer hypothetischen,
monoecischen Form dar.
1. Hypothetische, monoecische Form — >■ 2. heutige weibliche und
rein männliche Form — >- 3. Zwitterblüten der Correae - Form
— >- 4. Forma Ernesti — >- 5. Forma Forbesii — >- 1. hypothetische,
monoecische Form.
Diese Auffassung scheint mir deshalb nicht annehmbar, weil der
Schritt von 1 zu 2 zu gross ist. Es ist nicht einzusehen, warum
man nicht auf der heutigen Form irgendwelche Rudimente der
männlichen Blüten antreffen sollte. Ferner zeigt die Forma Correae
Andeutungen von Anemophilie (Lange ßlütenstiele, Stärke in den
Pollenkörnern). Das deutet darauf hin, dass sie älter ist als die
rein weibliche und männliche Form, während sie, nach dieser
Hypothese, wegen des Auftretens von Zwitterblüten höher gestellt
werden müsste als diese, da die Trennung der Geschlechter auf
zwei verschiedene Bäume einen kleinereu Schritt darstellt als die
Bildung von Zwitterblüten auf einer monoecischen Pflanze.
2. Rückschlag zu einer hypothetischen Zwitterpflanze. 1. Hypo-
thetische Zwitterpflanze — >- 2. heutige weibliche und rein männliche
Form — >- 3. Forma Forbesii — >■ 4. Forma Correae — >- 5. Forma
Ernstii — >- 1. hypothetische Zwitterpflanze.
490 -A.. USTERI:
Es fehlen auch hier die Glieder zwischen 1 und 2. Auch der
Schritt von 2 zu 3 ist gross, denn wir müssten in diesem Falle uns
vorstellen, in den Zwitterblüten der Forbesn-Form. sei der eine Staub-
fadenkreis neu erworben, wenn wir die weibliche Form als Aus-
gangspunkt wählen, oder das Fruchtknotenrudiment sei zu einem
normalen Fruchtknoten umgewandelt worden, wenn wir die männ-
liche Form zu Grunde legen. Auch käme in dieser Reihe die
Correaeiorm nach der Foi'besiiiorm zu stehen, was wegen der langen
Blütenstände unwahrscheinlich ist.
b) Palingenetische Entwicklung.
Fortschreiten aus einer (hypothetischen) Zwitterforni zur heutigen
Form.
1. Hypothetische Zwitterform — ^ 2. Correaeform — >- 3. Ernstnform
— >- 3. ForbesMorm — >- 4. heutige weibliche und männliche Form.
Mir scheint, dass sich die Entwicklung in diesem letzteren Sinne
vollzogen habe. In der Tat steht sicher Correae am tiefsten. Das
seht aus der schon aufgeführten Form des Blütenstandes und dem
Gehalt des Pollens an Stärke, aus der gelegentlichen Trimerie des
Fruchtknotens und aus den Andeutungen von Spiralstellung in den
Kelchblättern hervor. Ferner wissen wir, dass die ontogenetische
Entwicklung eine Wiederholung der phylogenetischen ist. Wenn
also bei Correae die Zwitterblüten zuerst angelegt werden und zuerst
wieder verschwinden, so beweist dies eben, dass sie die ältesten
Blütenformen darstellen. Ernstii zeigt teilweise Blüten, die kaum
von den Zwitterblüten der Correae-Fovm. abweichen, während andere
Blüten derselben Form ihre sämtlichen Staubblätter in Carpelle
umgewandelt haben und wieder andere diese Umwandlung auf den
inneren Staubblattkreis beschränkt haben. Ein Verhalten, das bei
der Forma Forbesii zur Regel wird. Bei der heutigen weiblichen
Form endlich wäre das Androeceum, bei der männlichen das Gynoe-
ceum abortiert.
Bestäubungs Verhältnisse.
Wenn BailLON (1) behauptet, dass in europäischen Gewächs-
häusern die Melonenbäume Früchte ansetzen, obschon gar keine
männlichen Bäume vorhanden seien und wenn er dies auf die ver-
kümmerten Antheren zurückführt, die man gelegentlich in den
weiblichen Blüten antreffe, so deutet er damit an, dass Carica selbst-
bestäubend sei. Offenbar beobachtete BailLON die Ernstii- oder die
Forbesiiiovm.. Bei Ernstii konnte ich die Selbstbestäubung nicht
feststellen, wohl aber bei den Zwitterblüten der Correaeiorm. Noch
Studien über Carica Papaya L. 491
bei geschlossener Blüte findet man zuweilen die eine oder die andere
Anthere direkt auf den Narbenpapillen aufliegend. Die Anthereu
sind geöffnet und der Pollen hat gekeimt. Da später der Frucht-
knoten heranwächst und die Antheren überragt, so muss die Be-
stäubung bei geschlossener Blüte eingetreten sein. SOLMS vermutet
ebenfalls gelegentliche Kleistogamie. Sie ist, wie angedeutet, für
die Correae-Zwittev sicher. Aber eben so sicher steht fest, dass dies
nicht die einzige Art der Bestäubung ist. SOLMS nimmt denn auch
für gewöhnlich Colibri-Bestäubung an. Ich selbst habe Colibris einmal
in Rio de Janeiro und einmal im botanischen Garten von Sao Paulo
gesehen, aber immer nur an männlichen Bäumen. An weiblichen
Bäumen sah ich von Tieren, die für die Bestäubung in Betracht
kommen, nur einmal einen grösseren Schmetterling während der
Dämmerung. Es ist auch gar nicht einzusehen, was diese Tierchen
an den weiblichen Bäumen zu suchen hätten. Nektar gibt es daselbst
nicht und von Maiglöckcheuduft, den die weiblichen Blüten zeigen
und der von verschiedenen Autoren erwähnt wird, leben diese Tiere
nicht. In den männlichen Blüten findet man am Grunde der Kron-
röhre eine süsslich schmeckende Flüssigkeit, die Fehling reduziert.
Wenn also Colibris o-eleo-entlich die männlichen Blüten aufsuchen, so
darf man daraus nicht auf Ornithophilie schliessen.^) Man sieht häufig
weibliche Pflanzen in den Gärten, während die männlichen auf
Meilen im Umkreis nicht zu finden sind. Die Gärtner zerstören oft
geflissentlich sämtliche männlichen Bäume. Dennoch tritt der
Fruchtansatz sehr reo'elmässio; ein.
Es lag unter diesen Umständen nahe, an parthenogenetische
Entwicklung zu denken. In dieser Richtung angestellte Versuche
fielen alle negativ aus. Ich versuchte zuerst die Bestäubung dadurch zu
verhindern, dass ich die Blütenknospen öffnete und die Narben
entfernte. Solche Blüten fielen aber ab, nachdem der Fruchtknoten
sich etwas vergrössert hatte. Dann schloss ich die Knospen in dünne
Leinwandsäckchen ein, nachdem ich festgestellt hatte, dass die Lein-
wand die Pollenkörner nicht durchtreten liess. Auch diese Blüten
fielen nach einiger Zeit ab. Ich vermutete, dass die kleinen Ver-
letzungen, die sich auf diese Weise nie ganz vermeiden Hessen, die
Ursache des frühzeitigen Abfallens waren. Deshalb umgab ich jetzt
die unteren Partien der Blattkrone mit Leinwand und verschloss die
zwischen den Blattstielen befindlichen Lücken mit Watte, so dass
sich sämtliche Blütenknospen in einem abgeschlossenen Räume
befanden. Auch diese Blüten fielen ab, bevor sie Früchte erzeugt
hatten. In einem weiteren Versuche verwendete ich wieder Leinwand-
1) Andere von Knuth (2) aufgeführte Bestäuber, die in Afrika beobachtet
wurden, kommen hier, in Brasilien, nicht in Betracht.
492 ^- USTERI:
säckchen, die ich unten nicht verschloss, so dass also kriechende
Tiere Zutritt hatten. Da aucli jetzt die Fruchtknoten wieder vor-
zeitig abfielen, so war der Beweis geleistet, dass das wirksame Agens
von oben auf die Blüten gelangen musste. Auf reifen Früchten
hatte ich wiederholt die Perithecien eines Ascomyceten gefunden,
den ich als Plowrightia bestimmte. Die Schläuche enthalten 8 hyaline
2-zellige Sporen. Da mir leider nur die älteren Bände von
SaCCAEDO (12) zur Verfügung stehen, so ist es mir nicht möglich,
die Art festzustellen. Die Sporen dieses Pilzes fand ich, nebst einem
reich entwickelten JVIycel vielfach auf Narben von Fruchtknoten, die
Miene machten, sich zu Früchten umzugestalten. Es lag unter
solchen Umständen nahe, in dem Pilze die Ursache des Fruchtansatzes
zu suchen. Ich brachte also Mycel und Sporen dieses Pilzes auf
die i^^arben noch nicht geöffneter Blüten und schloss diese wieder in
Leinwaudsäckchen ein. Die Fruchtknoten fielen aber, nachdem sie
sich bedeutend vergrössert hatten, wie in den früheren Versuchen,
ebenfalls ab. Weitere Versuche sind im Gange.
Ich suchte nun meine Annahme, dass die Samen von Carica
sich ohne Pollen ausbilden, auf histologischem Wege zu stützen.
Ich hatte die schöne Arbeit von J. E. KlRKWOOD (3) in die Hände
bekommen und mich sofort mit dem Autor in Verbindung gesetzt.
Herr KlRKWOOD hatte die Freundlichkeit, mir nicht nur eine grosse
Anzahl von Embryosackpräparaten von Cucurbitaceen zu senden,
sondern mir überdies einige Paraffinblöcke zu schneiden, die ich
ihm gesandt hatte. Ich bin Herrn KlRKWOOD für eine Reihe von
Aufschlüssen in mikrotechnischen Fragen verpflichtet. Auch hat
Herr KlRKWOOD in dem von mir gelieferten Material das 4- und das
8-Zellenstadium des Embryosackes nachgewiesen. Als ich seinen
Brief erhielt, hatte ich zwar die?e Stadien auch schon gefunden.
Ich möchte aber feststellen, dass Herrn KlRKWOOD dieser Nachweis
wahrscheinlich früher als mir gelungen ist, da sein Brief sehr
lange unterwegs war. Die späteren Stadien habe ich dann selbständig
gefunden.
Die Technik, die ich zur Anwendung brachte, war ungefähr die
gleiche, wie die von Herrn KlRKWOOD. Ich fixierte mit Essigsäure-
Alkohol, führte aber dann die Objekte statt durch Xylol durch
absol. Alkohol und Zedernholzöl, weil ich die Erfahrung gemacht
hatte, dass sich die Xylolblöcke schlechter schneiden Hessen. Zum
Färben verwendete ich anfangs, wie KlRKWOOD, Delafields Haemato-
xylin und Bismarckbraun. Später färbte ich die Objekte mit Haem-
alaun durch und färbte nach mit Eosin. Ausser Herrn KlRKWOOD
spreche ich hier auch Herrn Dr. Hettinger für viele wertvolle
Winke in technischen Fragen meinen wärmsten Dank aus.
Studien über Carica Papaya L. 493
Die Litteratiir bietet — soweit sie mir zur Verfü"uno; steht —
über die Entwicklung der Ovula nicht viel. YaN T1EC4HEM (13),
von dessen Arbeit ich vor längerer Zeit einen Auszug gemacht habe,
geht nur auf die Struktur des fertigen Ovulums ein und RÜGER (11)
bespricht wieder nur den fertigen Samen. Die diesbezüglichen
Darstellungen des letzteren sind mir nicht vollkommen verständlich,
was vielleicht daher rührt, dass der Autor mit trockenem Material
arbeitete, das wohl manche Veränderung durchgemacht hatte.
Die anatropeu und dorsalen Ovula nehmen ihren Ursprung vor-
züglich in den 5 Buchten der Ovarialhöhle. Zuerst wird (Jas äussere
Integument angelegt, an dessen Innenseite bald ein zweites
Integument erscheint und sich über den Nucellus legt. Schon bevor
das zweite Integument fertig ist, tritt im Nucellus das Archespor in
die Erscheinung. Es teilt sich in mehrere Zellen — die Zahl konnte
ich nicht genau feststellen — von denen die der Mikropyle zunächst
gelegene zum Embryosack wird. Zur Zeit, da das zweite Integument
sich beinahe vollständig über den Nucellus gelegt hat, teilt sich der
Embryosackkern. Das Ovulum hat seine definitive Gestalt, aber
noch keineswegs seine definitive Grösse erreicht, wenn die zwei
Kerne sich abermals teilen. Von den 4 Kernen liegen die zwei
vorderen neben einander, in der Querrichtung des Ovulums, die zwei
hinteren in einer dazu senkrechten Ebene. Im acht - Zellenstadium
findet man noch — aber selten — die 3 Antipoden in vollkommener
Ausbildung im hinteren Teile des P^mbryosackes. Die zwei Kerne,
die bestimmt sind, den Zentralkern zu liefern, sind ungefähr in die
Mitte und neben einander gewandert, während im vorderen Teile die
Eizelle mit den Synergiden liegt. Von jetzt ab sieht man nichts
mehr von den Antipoden. Sie sind verschwunden. Wohl aber findet
man nocli lange die beiden Synergiden, den Zentralkern und die
Eizelle Von nun an tritt ein vielkerniger Embryosack auf, in
welchem aber ein typisch ausgebildeter Embryo zwar noch nicht
auftritt, in welchem aber doch die ersten Teilungen zu seiner
Bildung stattgefunden haben. Jetzt treten die schon genannten Schwierig-
keiten ein. Ich konnte wohl die Entwicklung der Integumente,
nicht aber diejenige des Embryosackes verfolgen Das äussere
Integument liefert nach aussen ein hyalines, gelatinöses Gewebe, die
Sarcotesta, an die sich nach innen die Sclerotesta, ebenfalls vom
äusseren Integument geliefert, anschliesst. Es sind stark verdickte
Zellen, die nach innen immer kleiner werden. Endlich, als letzte,
dem äusseren Integument angehörende Schicht kommt eine Reihe
grosser an der Innenseite stark verdickter Zellen. Das innere
Integument bleibt viel dünner und zeigt aussen eine Schicht zart-
wandiger, sehr grosser Zellen, an die sich nach innen mehrere Lagen
494 ^- USTERI:
tangential gestreckter, äusserst derber, kleinlumiger Zellen anschliesst,
die zur Ursache der Hemmung weiterer Untersuchungen des Nucellus
geworden sind.
In keinem von allen diesen Stadien habe ich je eine
Andeutuno; eines Pollenschlauches angetroffen. Die Zahl
der Serien, die ich geschnitten habe, ist sehr gross, namentlich die
der fertig ausgebildeten Embryosackstadien. Es scheint mir damit
eine weitere Stütze meiner Vermutung gewonnen zu sein, dass die
Samen von Carica sich parthenogenetisch entwickeln.
Man sieht sehr häufig normal ausgebildete Früchte, die keinen
einzigen Samen enthalten. Um Parthenocarpie, wie sie von
NOLL (6j für Cucurbitaceen nachgewiesen wurde, kann es sich nach
den neo-ativen Resultaten meiner Versuche nicht handeln. Es muss
also wohl doch ein Reiz von aussen auf die Ovarien wirken, um sie
zur Entwicklung zu bringen.
Noch bemerkenswerter scheint mir die Tatsache, dass scheinbar
normale Früchte hunderte von scheinbar ebenfalls an Grösse und
Gestalt normalen Samen, aber ohne Endosperm und ohne Embryo,
zur Entwicklung brins-en. Hier haben sich also beide Integumente
vollkommen normal gebildet, während der Embryosack abortiert ist.
Trotzdem gilt die Regel von MÜLLER-Thurgau, dass nämlich die
sich entwickelnden Embryonen auf die Ausbildung der Carpelle
einen Reiz ausüben, auch für Carica. In Früchten mit normalen,
also mit Embryonen versehenen Samen, ist immer die Seite der
Frucht stärker ausgebildet, die die Samen aufweist. Die Teile,
die sameulos bleiben, bringen nur ein dünnes Carpell zur Aus-
bild uns'.
'o*
Yerwandtschaftliche Beziehungen.
Der Raum gestattet mir nicht, auf die bisher über die Stellung
von Carica im System geäusserten Ansichten einzugehen. Ich begnüge
mich, einio-e Argumente für die Stellung der Caricaceeii an der Seite
der Eupliorbiaceen in's Treffen zu führen. Mein Vergleichsmaterial
ist bei weitem nicht ausreichend, um die Frage endgültig zu ent-
scheiden. Da aber verwandtschaftliche Beziehungen zu den Euplior-
biaceen meines Wissens bis jetzt nicht geltend gemacht worden
sind, so will ich mitteilen, was sich zu Gunsten dieser Stellung auf-
führen lässt. Vor allem sei die Ausbildung eines Obturators hervor-
gehoben. Dann die gelegentliche Trimerie der Zwitterblüten der
Corrmeform, die dithecischen Staubblätter, „deren Loculamente bis-
weilen nicht verschmolzen sind'', wie PaX für die Ewphorbiaceen
angiebt.
Endlich verdienen die Milchröhren erwähnt zu werden, die z. B.
Studien über Carica Papaya L. 495
bei Alchornea ebenso gegliedert sind, wie bei Carica. MOLISCH (4)
behauptet, dass das Auftreten von Stärke in den Milchsäften der
Pflanzen eine seltene und von ihm nur bei Euphorhiaceen und
Apocynaceen beobachtete Erscheinung sei. Es gelang mir aber, mit
Jod mit aller nur wünschenswerten Deutlichkeit in der Milch von
Carica Stärke nachzuweisen. Sie gehört sicher dem Milchsaft au,
denn ich fand sie auch in fixiertem Material, so dass man also nicht
einwenden kann, sie wäre beim Schneiden mit dem Rasiermesser
hineingeschmiert worden. Ich sehe im Auftreten von Stärke
eine weitere Stütze für meine Vermutung. Sollten weitere Unter-
suchungen dieselbe bestätigen, so wären die ('aricaceen unter den
Eupliorbiaceen am nächsten mit den Jatropheen verwandt.
Benutzte Litteratur.
1. Baillon, H. Histoire des plantes, Bd. 4. Paris 1873.
2. Knuth, P. Haudbuch der Blütenbiologie, o. Bd. Die bisher in ausser-
europäischen (rebieten gemachten blütenbiologischen Beobachtungen.
Leipzig l'J04.
3. KlRKWOOD, J. E. The comparative embryology of the Cucurbitaceae.
New York 1904.
4. Molisch, H. Studien über den Milchsaft und Schleiinsaft der Pflanzen.
Jena 1901.
5. MÜLLER, F. Frucht in Frucht von Carica Papaya. (Flora oder allgem. bot.
Zeitung. Marburg 1890, S. 332.)
6. NOLL. Fruchtbildung ohne vorausgegangene Bestäubung (Parthenocarpie) bei
der Gurke. (Sitzungsber. der niederrh. Ges. für Natur- und Heilkunde.
Bonn 1903, S. 149.)
7. SOLMS-LAUBACH H., Graf zu. Die Heimat und der Ursprung des kultivierten
Melonenbaumes, Carica Papaya L. (Botan. Zeitung 1889.)
8. SoLMS-Laubach H., Graf zu. Caricaceae. (Engler und PraNTL nat.
Pflanzenfamilien. Leipzig 1894.)
9. Solms-Laubach H., Graf zu. Caricaceae, in MaRTIUS flora brasilieusis.
10. Fax, f. Eupkorhiaceae. ENGLER und Prantl, nat. Pflanzenfamilien. 3. Teil,
b. Abt. 1896.
11. RÜGER, G. Beiträge zur Kenntnis der Gattung Carica. Dissertation.
Erlangen 1887.
12. Saccardo, P. A. Sylloge fungorum. Berlin 1883.
13. Van Tieghem, Ph. Structure de Tcvule des Caricacees et place de cette
faniille dans la Classification. (Ann. des sciences nat. 1903 Tome 17.
S. 372.)
496 Hans HallieE: Zur Frage nach dem Ursprung der Angiospermen.
71. Hans Hallier; Zur Frage nach dem Ursprung der
Angiospermen.
Vorläufige Mitteilung.
(Eiügegangen am 4. November 1907.)
Eine soeben abgeschlossene, im Laufe des nächsten Jahres er-
scheinende grössere Abhandlung hat mich in Bezug auf den
Ursprung der Angiospermen zu folgenden Ergebnissen geführt:
1. Juliania hat Harzgänge auch in der Rinde und ist eine
Rhoideen-GoXiMWg mit mehrblütiger Cupula.
2. Auch die Juglandaceen sind Änacardiaceen und neben Juliania
und Pistacia durch Reduktion in Blüte und Frucht aus Rhoideen ent-
standen.
3. Überhaupt sind die ßrunelliaceen, Burseraceen, Sabiaceen,
Änacardiaceen^ Julianiaceen^ Juglandaceen und einige jetzt bei den
Simarubaceen stehende Gattungen zu der alten Familie der
Terehinthaceen zu vereinigen.
4. Auch die Leitneraceen, Aceraceen, Amentaceen (I. Quercineen,
'1. Myriceen, 3. Coryleen^ 4. Casuarineen^ 5. Betuleen) und Urticalen,
also auch die meisten Chalazogamen, sind in Blüte und Frucht
verkümmerte Abkömmlinge rhoideen- Q.vi\gQV Terehinthaceen, keine Ab-
kömmlinge der Hamamelidaceen oder der Columniferen (inklusive
Euphorbiaceen).
5. Dagegen sind die im anatomischen Bau stark abweichenden
Balanopidaceen (Balanops und Trilocularia) mit Trochodendrum,
Tetracentrum, Daphniphyllum und Rhodoleia verwandte reduzierte
Baniamelidaceen, die Salicaceen reduzierte Abkömmlinge homalieen-
und idesieen-2Lri\^QV Flacourtiaceen, die Lacistemaceen eine den
Homalieen nahestehende Sippe der Flacourtiaceen, die l'iperalen
(inkl. Lactoris und Myrothamnus) reduzierte Abkömmlinge von
Magnoliaceen.
6. Auch an der Ableitung der den Saxifragaceeii nahestehenden
Hamamelidalen (Platanaceae und Hamamelidaceae) von Magnoliaceen ist
festzuhalten.
7. Die Chalazogamie von Ulmua, vielen Amentaceen und Juglans
lässt auch bei Myrica, Leitnera, Aceraceen, Juliania, Pistacia, Rhus
und anderen Terebmthaceen Chalazogamie und andere entwickelungs-
gescliichtliche Anklänge an die Amentaceen vermuten.
F. BRAND: Über charakteristische Algen-Tinktionen. 497
8. Als Abküinmliiige von Terehinthaeeen, wie auch im Hinblick
auf WielaND's überraschende Entdeckungen an Bennettitaceen kommen
die Amentaceen (inkl. Casuarina) und Urticalen trotz der gegenteiligen
'Ansicht VON WetTSTEIN's nicht mehr als Verbindungsglieder
zwischen Angiospermen und Gymnospermen in Betracht und
können daher der von mir und Anderen vertretenen Ableitung der
Magnoliaceen von cycas- und be7inettitaceen - urtigeu Gymnospermen
nicht mehr hinderlich sein.
!). Auch die zAvar stark dicotylen-artigen, aber zu den
Gymnospermen geliörenden Gnetaceen und die durch Einwärts-
klappung der Ovularfiederchen zwar schon halb angiospermen, aber
auch schon einseitig xerophil ausgebildeten Coniferen kommen wegen
ihrer hochgradigen Reduktion nicht als Verbindungsglieder zw'ischen
Angiospermen und Gymnospermen in Betracht.
U). Denn die Anklänge der Loranthaceen an die gymuospermen
Gnetaceen beruhen nicht auf natürlicher Verwandtschaft, vielmehr
sind die ganzen Santalalen reduzierte Abkömmlinge von Saccifragaceen
(also Sa.vifragenen).
Wegen der ausserordentlichen Wichtigkeit des Problems sei die
Untersuchung der Entwickelungsgeschiclite der oben unter 7 genannten
Gattungen und Familien den Botanikern von Euro])a {Mtjrica, Acer,
Pistacia und Rhus\ Nordamerika {Alyrica, Leünera, Acer, JuUania
usw.), Tokio {Mjjrica, Acer, Rhus), Buitenzorg und Peradeniya
(Terebinthaceen) für die nächste Vegetationsperiode aufs angelegent-
lichste empfohlen.
72. F. Brand; Über charakteristische Algen-Tinktionen, sowie
über eine Gongrosira und eine Coleochaete aus dem Wlirmsee.
(Kingegangen am 4. November 19U7.)
Der feinere Bau der Alo-en wird bekanntlich vielfach mittels
^o
chemischer Fixierung des Zellinhaltes und nachfolgender Färbung
geprüft. Im Interesse physiologischer Fragen ist auch unmittelbare
Tiuktion lebenden Materials häufio- ausgeführt worden und zwar ent-
weder durch „Speicherfärbung" oder durch „Schuellfärbung".
In der deskriptiven Algologie wurde wohl die Existenz von
Schleimhüllen im allgemeinen schon durch Färbung nachgewiesen,
498 ^- BEAND:
aber die besondere Weise, in welcher gewisse Algen auf bestimmte
Farbstoffe reagieren, ist bis jetzt noch wenig berücksichtigt worden.
Die erste diesbezügliche Notiz, welche mir bekannt ist, bezieht sich
auf Stichogloea lacustris, deren Gallerte sich durch schwache Lösungen
von Methylenblau fuchsinrot färbt. ChODAT^) sieht in dieser Reaktion
eine charakteristische Eigentümlichkeit seiner Alge.
Schleime und Gallerten, sowie gallertähnliche Zellhüllen be-
sitzen, je nach ihrer Zugehörigkeit, bald für diesen, bald für jenen
Farbstoff eine grosse Anziehungskraft, während sie andere zurück-
weisen. Deshalb habe ich gelegentlich^) schon die Meinung aus-
gesprochen, dass die künstliche Färbung der kleinen Cyanophyceen
sich als ein hilfreiches und oft unentbehrliches diagnostisches Hilfs-
mittel herausstellen werde. Diese Frage ist jedoch nicht weiter ver-
folgt worden und es ist insbesondere nicht bekannt, ob irgend eine
Gallertfärbung für eine ganze Algengruppe charakteristisch sei.
Daseien lieoen Beobachtungen vor, welche zu der Annahme
berechtigen, dass entweder das Protoplasma, oder die Membran bei
allen Angehörigen einiger Algeugattungen auf gewisse Farbstoffe
übereinstimmend reagieren.
Da sich das Protoplasma lebender Zellen gegen gelöste Farbstoffe
in anderer Weise verhält, wie jenes toter Zellen und da auch in
letzterem Falle gewisse Unterschiede zwischen getrocknetem und
feucht konserviertem Materiale bestehen können, muss ich bemerken,
dass sich die folgenden Angaben, insofern nicht anderes angegeben
ist, auf Exsikkate beziehen, welche in schwach essigsäurehaltigem
Wasser aufgeweicht waren. In solchem Wasser müssen sie etwa
24 Stunden liegen, dann in eine schwache, wässerige Lösung des
Farbstoffes übertragen und mit dieser sorgsam digeriert werden, bis
das ganze Präparat gleichmässig durchdrungen ist. Grobe Über-
färbung ist zu vermeiden.
Schon Vorjahren^) habe ich angegeben, dass der Methyl grün-
essig nahezu ein Reagens auf die Gattung Cladophora darstellt,
indem er schon in stark verdünnter Lösung dem Zellinhalte auf-
geweichter Exsikkate fast momentan eine transparent blaugrüne
Farbe verleiht, während er von anderen Algen weniger oder garnicht
angenommen wird. Dem habe ich nun folgendes beizufügen: Diese
Protoplasma-Tinktion erträgt kurze Auswaschung und ist in Glyzerin
dauernd haltbar. Die Membran aber färbt sich normaler Weise nur
vorübergehend blau und erscheint später farblos. Bei Lebendfärbung
1) Chodat, R , Bull. Boissier. 1897. S. 302 und Taf. X.
2) Beand, f., Der Pormenkreis von Gloeocapsa alpina. Bot. Centrbl. 1900.
S. 321 (8. d. Sep.) Anm.
3) Beand, F., C7«f%;»om-Studien. Bot. Centralbl, 1899. S. 151 (G— 7. d. Sep.).
über charakteristische Algen-Tinktioncu, sowie eine Gongrosira u. Coleochaete. 499
reagiert das Protoplasma vorerst nicht; mit dem Absterben der Zelle
o-elit der Farbstoff aber allmählich in den Inhalt über.
^ In manchen Fällen tingiert sich die Zellhaut aber auch dauernd,
und zwar dann, wenn sie senil oder pathologisch verdickt, oder mit
Einlao-eruno-en behaftet oder überfärbt ist. Dann fehlt freilich eines
der charakteristischen Merkmale unserer Tinktion.
Ähnlich wie Cladophora verhielten sich Formen der mit ersterer
eng verbundenen Gattung R/iizoclonium. Sodann erzielte ich auch
an Ulothric/iaeeen und Mesocarpaceen bisweilen eine trübe grünliche
Tinktion des Protoplasmas. In anderen Fällen war diese Färbung
aber nur eine scheinbare. An mancherlei Algen färbt sich nämlich
die Membran durch Methylgrün blau. Ist dabei in den Zellen die
natürliche Chlorophyllfarbe noch nicht ganz verblichen, so kann eine
lediglich optische blaugrüne Mischfarbe entstehen. Deshalb müssen
zur richtigen Taxierung der Methylgrünwirkung in allen Fällen un-
gefärbte Präparate verglichen werden. Zu diesen Schwierigkeiten
gesellt sich noch der weitere Umstand, dass die Tinktionsfähigkeit
der Algen oft erheblich leidet, wenn sie vor der Eintrocknung in
flüssigen Konservierungsmitteln gelegen hatten, oder wenn sie schon
teilweise zersetzt waren.
Unter diesen Umständen kann die Methylgrün-Tinktion nur dann
als allgemein verwendbares diagnostisches Hilfsmittel dienen, wenn
verschiedene aus demselben Exsikkate stammende Algen im gleichen
Präparate verglichen werden. Dagegen setzt die Beurteilung isolierter
Tinktionen eine durch zahlreiche Versuche erworbene Kenntnis der
verschiedenen Farbentöne voraus, welche unter wechselnden Ver-
hältnissen entstehen können. Unter dieser Voraussetzung kann das
Verfahren aber auch an weniger günstigem Material bisweilen einen
Fingerzeig geben.
Als Beispiel mag eine an Cladophora Warhurgi (Schmdl.) ge-
machte Erfahrung dienen. Schon Beschreibung und Abbildung*)
dieser neuen Art waren etwas befremdend. Obgleich dann an dem
Originalmateriale, welches ich vor mehreren Jahren durch die Ge-
fälligkeit des Herrn Professor SCHMIDLE erhalten hatte, der Nach-
weis schiefer Scheidewände nicht sofort gelang, musste ich doch die
Diagnose wegen der Tinktionsverhältnisse dieser Pflanze beanstanden.
Fortgesetzte Untersuchung brachte schliesslich nicht nur einzelne
schief septierte Rhizoide, sondern auch den organischen Zusammen-
hang mit vegetativem Moosthallns zur Ansicht, sodass 67. Warbnrgi
aus der Liste der Algen zu streichen ist.
Eine weitere und zwar entschieden charakteristische Protoplasma-
1) SCHMIDLE, W., Österr. Bot. Zeitschr. 1899. S. '2. und Fig. 3, 4, 6.
Ber. der deutschen Bot. Gesellsch. XXV. 35
500 F. Brand:
tinktion konnte ich in der Folge ^) an der Gattung Trentepohlia
konstatieren. Schon durch eine schwache Lösung von Methyl-
violett (in' destilliertem Wasser) „färbt sich an lebenden Zellen zu-
nächst die Membran; an Exsikkaten aber, sowie überhaupt an toten
Zellen nimmt der gesamte protoplasmatische Inhalt sofort eine schön
ultramarinblaue Färbung an , . . Die Membran bleibt dabei voll-
ständig transparent und färbt sich nur bei allzugrosser Konzentration
der Lösung etwas rotviolett." Eine so leuchtend blaue Farbe habe
ich auch nachträglich durch Methylviolett an keiner andern Krypto-
game erzielen können. Dadurch machen sich schon bei schwacher
Vergrösserung die kleinsten Spuren von Trentepoldia in Algen-
gemischen bemerklich und zwar noch an ganz alten (bis 35 Jahre!),
vollständig ausgebleichten Exsikkaten, deren Jod-Keaktion (1. c ) schon
längst erloschen war. Auch diese Färbung ist in Glyzerin haltbar.
Eine dritte ziemlich charakteristische Tinktion, welche aber
nicht das Protoplasma, sondern die Zellhaut betrifft, habe ich erst
neuerdings erprobt. Im Würmsee überziehen sich alle festen Gegen-
stände schliesslich mit einer aus kohlensaurem Kalk und etwas
organischem Detritus bestehenden Kruste. In und auf dieser findet
man nebst entwickelten Algen oft einen Filz, welcher Rudimente der
verschiedensten kleinen Kryptogamen einschliessen kann. Nach Zer-
teilung und Ausbreitung solcher Massen tritt, in amorphen Detritus
eingebettet, ein geradezu hoffnungsloses Pflanzenchaos zu Tage.
Durch Anwendung von Säuren zur Entfernung des Kalkes leidet —
ähnlich wie durch Austrocknen — vielfach Form und Farbe des
Zellinhaltes, sodass ich oft im Zweifel war, ob gewisse Fragmente
Sohlenstücke von Chaetophora oder Stigeocioniuvi seien, oder ob sie
zw. Coleochaete irr egularis, oder vielleicht zu einer neuen Alge gehörten,
für deren Existenz manches zu sprechen schien.
Unter diesen Verhältnissen erinnerte ich mich der künstlichen
Färbung und fand nach verschiedenen erfolglosen Versuchen endlich
im Brillantcresylblau von GRÜBLER eine Farbe, welche vorzüg-
liche Ergebnisse lieferte. Digeriert man eine Probe des beschriebenen
Gemenges mit einer reichlichen Quantität mittelstarker Lösung dieses
Stoffes, so färben sich sofort gewisse Bestandteile blau, andere
violett, einige weinrot, viele aber garnicht. Nun gelingt es leicht,
unter der Lupe diese tinktionell scharf abgegrenzten Objekte zu
sondern, und im Mikroskope treten dann iu überraschender Weise
auch morphologische Differenzen zu Tage, welche in dem früheren
Durcheinander der Beobachtung ento-anüen waren. Dabei stellt sich
1) Brand, F., Zur näheren Kenntnis der Algengatlung Trentepohlia. Beih.
d. Bot. Ceutrbl. 19()2. Helt "J, S. 221. Geprüft wurden Tr. aurea, Jolühus, Neger/
und umhrina.
über charakteristische Algen-Tinktionen, sowie eine (Jongrosira u. Coleochaete. 501
ferner heraus, dass nebst manchen anderen Dingen der Zellinhalt
vieler Algen blau, violett, bis schwärzlich gefärbt wird, während die
^Rotfärbung nur Membranen betrifft, und zwar im vorliegenden Ge-
menge nur jene von CJadophora und besonders von Gongrosira. Von
letzterer Gattung finden wir dann nebst G. De Baryana noch eine
kleinere und zwar neue Art, welche im nächsten Abschnitte be-
schrieben werden soll.
Vorläufig will ich nur bemerken, dass die neue Spezies ziemlich
brüchig ist, und dass es nur an besonders lebhaft wachsenden
Exemplaren gelingt, grössere Abschnitte zur Ansicht zu bringen.
Um Missverständnissen vorzubeugen, möchte ich ferner konstatieren,
dass die Zusammengehörigkeit der Fragmente nicht lediglich auf
Grund der übereinstimmenden Tinktion angenommen, sondern da-
durch festgestellt wurde, dass auch an kleineren Stücken öfters der
organische Zusammenhang der verschiedenen Faden- und Zellformen
zu erkennen war. Die Tinktion diente demnach nur als Wegweiser,
welcher die Auffindung der zu vergleichenden Objekte ermöglichte.
Nachdem die Alge in gefärbtem Zustande studiert war, gelang es
auch, sie aus frischem Materiale herauszufinden und in lebendem
Zustande zu untersuchen.
Weitere Versuche haben dann ergeben, dass die rote Brillant-
blau - Keaktion in Glyzerin ziemlich haltbar ist, dass sie in
gleicherweise an aufgeweichtem Trockenmateriale eintritt und somit
die Vergleichung von Exsikkaten^) zulässt. In vollkommen gleicher
Weise, wie die genannten Algen, reagierten verschiedene Formen
von Chlorotiiliuin incrustans Reinsch aus eigener Sammlung, ferner
dieselbe Art N. 290 in RiCHTER's Phykotheka; Gongrosira Schnidlei
Richter N^. 630 ebenda ; Gongrosira incrusta7is (Reinsch) Schmidle
K 1602 derAlgae exsicc. von WlTTROCK und NOBDSTEDT sowie auch
— sehr nahe übereinstimmend — Chlorotyliuvi cataractarum Kütz.
N. 1306 der Alg. europ. von RaBENHOEST. Letzteres Exemplar hat
übrigens keine Ähnlichkeit mit der KÜTZlNG'schen Figur, sondern
erinnert eher an G. Schmidlei. Xebstdem färbten sich noch andere
Dinge ähnlich, wenn auch mehr violett, so insbesondere verschiedene
Schleime und Gallerten, sodann die Membranen von ülothrij;- Arten
und von Vaucheria. Ganz unempfindlich waren aber jene solcher
Pflanzeji, deren Fragmente gelegentlich mit Gongrosira verwechselt
werden könnten, nämlich die Membranen von Chaeiophoi'a^ Stigeo-
clo7iium und Coleochaete sowie von Moosvorkeimen. Letztere nahmen
höchstens einen schwach bläulichen Ton an.
Schon aus vorstehendem dürfte hervorgehen, dass die künstliche
1) Die Kenntnis der Museumsexemplare verdanke ich der Gefälligkeit des
Herrn Kustos Dr. RENNER, welchem ich hiermit meinen besten Dank ausspreche.
35*
502 F- BRAND:
Färbung getrockneter Algen nicht nur ein bequemes technisches
Hilfsmittel ist, sondern dass sie gelegentlich auch direkt zu wissen-
schaftlichen Resultaten führen kann. Nach dieser Richtung gewinnt
sie noch grössere Bedeutung durch den Umstand, dass von sämtlichen
bisher geprüften Süsswasseralgen sowohl vegetative als rhi-
zoidale Abschnitte, sowie auch Zoosporen und Keim-
pflanzen derselben Art, sich in dem gleichen Präparate immer
tinktionell übereinstimmend verhalten haben. Dadurch ist
uns ein Schutzmittel gegen mancherlei polymorphistische Irrungen in
die Hand gegeben. Finden wir zum Beispiel in Gesellschaft von
Cladophora kleinere, etwa der Gongrosira injgmaea Kütz. ähnliche
Organismen, deren Protoplasma auf Methylgrün garnicht, oder in
anderer Weise reagiert, so können wir überzeugt sein, dass es sich
nicht um eine der problematischen „Jugendformen" handelt, welche
ersterer Gattung schon zugeschrieben worden sind. Rötet sich ihre
Membran dann auch nicht durch Brillantblau, so ist auch Gongrosira
ausgeschlossen. In einem anderen Falle zeigen sich vielleicht iu;
einem ausgebleichten Trente'pohlia-^e'&iixwde einzelne Zellen oder Zell-
gruppen von ähnlicher Form, welche mit Rhizoideu versehen sind,
aber auf Methylviolett nicht typisch reagieren. Diese gehören dann
sicher nicht zu Trentepohlia, werden sich aber oft als Fragmente
eines Moosprotonema's erweisen. Ein weiteres Beispiel wird bei
Coleochaete zur Sprache kommen.
In der Systematik kann unser Verfahren freilich nur eine An-
fängerrolle spielen. Ich glaube aber die Hoffnung aussprechen zu
dürfen, dass diese Rolle mit der Zeit eine gewisse Bedeutung er-
langen kann, wenn nur dieAlgologen sich häufiger dazu herbeilassen,
bei Untersuchung von Trockenmaterial auch dessen Verhalten gegen
verschiedene Farbstoffe zu prüfen.
Gongrosira lacustris n. sp.
G.phycomatibus niinimis,prope planis,demum confluentibus,obscuro
viridibus, saepe incrustatis; trichomatibus et intra et supra fundum
lepentibus cca. 11 ^ (6 - 14 /i) crassis; ramis brevibus, erectis; fere
aequicrassis et ipsis parum ramificatis; cellulis membrana crassescente
donatis, ex parte brevibus, forma admodum variantibus et proto-
plasmate farctis, ex alia parte longioribus cylindraceis et inanibus
vel semiinanibus. Propagatio cellulis perdurantibus (acinetis) nee
non, ut videtur, zoogonidiis.
Hab. ad ligna vetusta el lapides incrustatos in lacu „Würmsee"~
i't in fönte impuro."
über charakteristische Algen-Tinktionen, sowie eine Gongrosira u. Coleochactc. 503
Diese Alge besitzt keine eigentlichen Haftorgane, sondern ent-
springt aus einer kriechenden Sohle in Form von kurzen, aufstrebenden
^und ihrerseits wenig verzweigten Fäden. Ein Teil der Sohlenfäden
lebt nicht auf, sondern im Substrate und in grösserer Tiefe kann
«ich dann ihr ])urchmesser bis etwa 6 /< verringern. In manchen
Fällen besteht die Alge grossenteils nur aus Sohle und ihre ober-
flächlichen Abschnitte erinnern dann an eine auf die halbe Grösse
reduzierte G. De Barijana. Lebhaft wachsende Frühlingsexemplare
können einer mangelhaft entwickelten G. Schmidlel ähnlich sein.
Die längeren Zellen enthalten, sofern sie nicht abgestorben und
ganz leer sind, ein mantelförmiges Chlorophor, welches nur einen
Teil der Zellwand bedeckt und 1—2 Pyrenoide enthält. Diese sind
«ber nur an einzelnen Zellen zu erkennen. Nach Chromsäure-
fixierung färbt sich durch Boraxkarmiu je ein Zellkern. Yom dichten
Inhalte der kurzen Zellen ist nur soviel zu sagen, dass er viel Stärke
enthält. Nicht selten sind vergrösserte runde Endzellen vorhanden,
welche ich für Sporangien hielt, ohne jedoch die Existenz oder den
Austritt von Zoosi)oren beobachten zu können. Dagegen finden sich
<las ganze Jahr über ausgebildete Dauerzellen, welche sich aus den
kurzen Gliedern durch weitere Yerdichtung des Inhalts und Yer-
ilickung der Membran herausbilden. Besonders im Frühjahr werden
diese „Akineten" durch Yerschleimung der äusseren Membranschicht
frei und keimen sofort, indem sie zuerst in die Länge wachsen und
dann Querteilung eingehen. Dabei habe ich schon an den zwei
ersten Tochterzellen eine Differenz im Chlorophyllgehalte beobachtet,
indem ihnen verschieden grosse Abschnitte des Mutter-Chromatophors
zugefallen waren.
Die erwähnte Yerschiedenheit der Zellen und die gewöhnliche
Yerschleimung der abgelebten jMembranen erinnern an t'hlorotijlium
Kütz. Die Scheidewand zwischen dieser Gattung und der Gattung
Gongrosira ist aber durch die Kreirung von Gongrosira incrustans
(Reinsch) Schmidle schon gefallen und ich finde zunächst keinen
Grund, sie wieder aufzurichten.
Unsere Alge sitzt mit Yorliebe auf oberflächlich angefaultem
Holze und die Steine, auf welchen sie sich fand, waren mit einer
bräunlichen Kruste bedeckt. In solche Unterlagen dringen einzelne
Aste senkrecht ein, um dann parallel zur Oberfläche weiter zu
kriechen. Au Brillantblaupräparaten sieht man die roten Fäden
unter den hellblauen Holzfasern und längs derselben verlaufen.
Durch dieses Yerhalten klingt die Art an die „perforierenden" Algen
an und macht eine Ausnahme von den übrigen Gongrosiren, welche
nur auf der Oberfläche von Steinen, Holz, Wasserpflanzen oder auch
Schneckengehäusen {G. De Baryana) vegetieren').
1) So scheint sich im wesentlichen auch G. codiolifera Chodat (Bull. Boissier
•504 F. Beand:
Coleocliaete scutata, f. lobata n. f.
Forma saepius lobato-lamellosa, setis perpaucis praedita, semper
sterilis.
Hab. ad ligiia vetiista in lacu „Würmsee" haud procul a
latrinae cujusdam ostio.
Nächst einer Abwasserleitaug, welche bei Starnberg in den See
einmündet, habe ich in den letzten Jahren öfters eine der C. scutata
ähnliche Alge gefunden, deren Verhältnisse jedoch nach verschiedenen
Richtungen von den für letztere Art geläufigen Angaben abwichen.
Schon ihr Substrat war aussergewöhnlich, da sie nicht auf A¥asser-
pflanzen, sondern auf altem Holzwerke lebte. Sodann konnte ich
mich anfänglich nicht von der Existenz wirklicher Haare überzeugen.
Bei schwacher Vergrösserung schien sie allerdings stellenweise reich-
lich mit solchen versehen zu sein; unter stärkeren Objektiven er-
wiesen sich diese aber als ganz heterogene Dinge: zumeist waren es
kurze Le/?fo^/^r^^-Fädeu, welche auf der Oberfläche der Zellen an-
sassen. Bisweilen ragten auch die Spitzen einer kleinen Vaginariee
unter und zwischen den Lappen der Pflanze hervor; in anderen
Fällen waren es Ca^o^/<n>-Fäden, welche, dem radiären Verlauf der
C'o/^oc/ta<?fe-Struktur folgend, ihre Terminalhaare in gleicher Richtung
ausspreizten; schliesslich waren hier und da Spitzenfragmente von
Chaetophora oder Bulbochaete in das Präparat geraten. Nun hat
allerdings MÖBIUS schon darauf aufmerksam gemacht, dass man bei
Coleochaete bisweilen mehr Haare zu sehen glaube , als wirklich
vorhanden sind. Nachdem ich aber in einer Reihe von Fällen immer
wieder enttäuscht worden war, während ich doch die Haare der
kleinsten und am sparsamsten behaarten Arten: C. irregularh und
orbicularis, welche gleichfalls im Würmseo vorkommen, schnell auf-
gefunden hatte, liess ich mich zu der Annahme verleiten, dass
unsere Alge ebenso unbehaart sei, wie ChaetopeUis Berthold^)-, und
dass somit J^hyllactidiiim pulchellum wieder aufgefunden und diese
Gattung im Sinne KÜTZING's rehabilitiert sei.
Als ich jedoch die Alge Herrn Professor M. MÖBIUS vorlegte,
konnte dieser vielseitig erprobte Botaniker, welcher u. a. auch die
1898) zu verhalteu, welche von ihrem Autor wegen der relativ kurzer Haftfortsätze
(Fig. 7C u. 8H I.e.) zu den perforierenden Algen gerechnet wird. Eine generelle
Angabe von Oltmann's (Morphologie I. S. 237) nach welcher Gongrosira und
ChlorotyliKm „in Muschelschalen usw." leben sollen und „auf Grund dessen offenbar
mancherlei Umbildungen erfahren haben", beruht wohl auf einer Verwechslung und
ist jedenfalls zu berichtigen.
1) Diese Gattung verdankt ihren Namen bekanutlich einer durch Epiphj^ten
hervorgerufenen Täuschung; vgl. MüBIUS, M., Beitrag zur Kenntnis der Algen-
gattung Chaetopeltis. Ber. D. Bot, Ges 1888. S. 246.
über charakteristische Algen-Tinktionen, sowie eine Gongrosira u. Coleochaeto. 505
Algenliaare schon in den Kreis seiner Untersuchungen^) gezogen
hatte, in den Präparaten einige Haare nebst einer Anzahl von
^Stümpfen solcher bezeichnen. Hierfür spreche ich dem genannten
Herrn hiermit meinen verbindlichsten Dank aus.
Hierzu habe ich nur noch zu bemerken, dass die Haare unserer
Form nicht nur selten, sondern auch schwerer zu erkennen sind als
man in Rücksicht auf die relative Grösse der Pflanze vermuten
möchte. Die Haare von C. H-iitata sitzen bekanntlich w^eniger am
Rande, als in der Mitte des Thallus, wo sie sich dann gerade wegen
der derberen Beschaffenheit der Zellen weniger deutlich vom Unter-
grunde abheben, während die beigesellten Epiphyten usw. in erster
Linie die Aufmerksamkeit auf sich lenlcen.
Meinen Irrtum glaubte ich nicht verschweigen zu sollen, weil er
künftigen, und insbesondere jüngeren Beobachtern von Nutzen sein
könnte, und nebstdem wohl dazu beitragen wird, die von angesehenen
Algologen schon durchgeführte Streichung der alten Phyllactidium-
Arten und die anderweitige Verwendung dieses Namens (BOENET
und MÖBIUS) in zustimmende Erinnerung zu bringen. Organe, welche
mit den Mikroskopen der Jetztzeit oft nur schwer zu finden sind,
konnten zu KÜTZING's Zeiten um so leichter übersehen werden.
Unsere Form weicht ferner noch in einigen anderen Punkten
von der typischen C. seutata ab. Sterile Bestände sind schon mehr-
fach auch an anderen Orten gefunden worden; aussergewöhnlich er-
scheint aber hier, dass eine durch mehrere Jahre fortgesetzte
Beobachtung niemals ein fertiies Exemplar ergeben liat. Ferner ist
die Alge nicht immer nach Vorschrift einschichtig, sondern stellen-
weise geschichtet, und schliesslich schien sie sogar Rhizoide zu be-
sitzen, was dem Gattungscharakter direkt widersprochen hätte.
Die früher bei Coleochaete noch niemals beobachtete Schichtung
muss unser besonderes Interesse erwecken. Dass die Scheiben dieser
Pflanzen durch lokale Hemmung des Wachstums unregelmässige
Formen annehmen können, konstatiert schon PßlNGSHEIM^). Hier
liegt aber partielle Hypertrophie zugrunde, infolge deren sich ein-
zelne Randpartieen zu Lappen ausbilden und über die benachbarten
Zellen ausbreiten. Ein entfernt ähnlicher Voro-ang ist von FRINGS-
HEIM (1. c. S. 21) nur bei Entwicklung der Oogonien von C. seutata
konstatiert worden, scheint aber in mehr übereinstimmender Weise
auch bei Phyllactidium tropicum Möbius^) vorzukommen. Bei unserer
1) MÖBIUS, M., Mor2)hologie der liaarartigei) Organe bei den Algen. Biolog.
Zcntralbl. 1892.
2) Pkingsheim, N., Beiträge zur Morphologie und Systematik der Algen.
III. Jahrb. für wissensch. Bot. 18G0. S. 4.
3) MÖBIUS, M., Ül)er einige in Portorico gesammelte Süsswasser- und Luft-
algen. Hedwigia 1888. S. 229 und Tafel VIII, Fig. 5.
506 F. Brand : Über charakteristische Algen-Tinktionen.
Alge kann sich diese Überlagerung nicht nur auf beträchtliche Ab-
schnitte erstrecken, sondern sie kann sich sogar an den aufs-elao-erten
Lappen wiederholen, sodass stellenweise mehrfache Schichtung ent-
steht. Bisweilen ist die Ausbildung des Thallus auch nur einseitig
und zwar in der von MüBIUS (1. c.) an seiner Alge beschriebenen
Weise: „Wenn an einem sehr jugendlichen Stadium die eine Seite
des Thallus sich nicht weiter entwickelt, so breitet sich die andere
fächerförmig aus und umgibt mit ihren unteren Lappen die Stelle,
wo die Fäden sich verlängert haben." Beiderlei Entwicklungsarten
können sich auch kombinieren und es entstehen dann Gebilde,
welche zu der bekannten C. scutata in gar keiner Beziehung zu
stehen scheinen.
Grössere Schwierigkeiten bereitete anfänglich die Beurteilun«-
jener rhizoidähnlichen Gebilde, welche bisweilen von der Unterseite
der Alge zu entspringen schienen, weil auch hier die derbe Struktur
der Coleochaete- Zellen keine klaren Bilder zustande kommen Hess.
Die Scheinrhizoide folgen den Reihen dieser Zellen, schmiegen sich
fest an sie an und scheinen mit ihnen in organischem Zusammenhange
zu stehen. Schliesslich brachte aber gleichzeitig betriebene tinktionelle
Prüfung der begleitenden Algen die Aufklärung, dass Fäden von
Gongrosira lacustris vorlagen, welche von Coleochaete überlagert
waren und wohl wegen Mangel an Licht und Nahrung sich ebenso
dünn und inhaltsarm gestaltet hatten, wie die in tieferen Schichten
des Substrates lebenden Sohlenfäden. Durch Zusatz von Brillantblau
werden sie sofort rot gefärbt und heben sich jetzt so scharf von der
sich nicht tingierenden Coleochaete ab, dass man klar sieht, wie sie
frei endigen. Ähnliche Fäden haben sich dann auch unter einer
transparenten Gloeocystis ähnlichen Gallertmasse gefunden, und hier
war ihr Zusammenhang mit unveränderter Gongrosira lacustris auf
den ersten Blick zu erkennen.
Unsere Alge habe ich nur als „forma" aufgefasst, weil sie sich
im See nicht fortpflanzt und auch im ganzen Zuflussgebiete nicht
aufzufinden war. In diesem Jahre ist sie überhaupt nicht erschienen.
Ich vermute deshalb, dass keine stabile Art, sondern nur eine durch
reichliche Zufuhr von organischen Zersetzungsprodukten und kon-
sekutive einseitig gesteigerte vegetative Tätigkeit entstandene —
allerdings höchst merkwn'irdige — biologische Form der typischen
Coleochaete scutata Breb. vorlieirt. Diese Art findet sich nämlich auf
Wasserpflanzen hier und da im Würmsee sowohl, als in seinem
Gebiete.
A. MURIXOFF: Einfliiss des Lichtes und der Feuclitigkoit auf die Pflanzen. 507
73. A. Murin off: Einfiuss des Lichtes und der Feuchtigkeit
auf die Zusammensetzung der Pflanzen.
Vorläufige Mitteiluug.
(Eingegangen am 5. November 19U7.)
Um den Einfluss des Lichtes und der Feuchtigkeit auf die Zu-
sammensetzung von Pflanzen näher kennen zu lernen, machte icli
auf Vorschlag und unter der Leitung von Herrn Professor G. KLEBS
eine Reihe von Untersuchungen, deren Ergebnisse in folgenden
Tabellen zusanimeno-efasst sind.
Versuchsobjekt: Vida Fuba.
vember IDOd:
Es ergab sich bei
Grün
Die durchschnittliche Länge
der Internodien . . . 4,81 cm
Trockensubstanz . . . 7,40 pCt.
Asche 14,80 „
1. Versucb.
Wachstumszeit: 10. bis 29. No-
Gesamtstickstoff
Trockensubstanz
Asche . . .
Stickstott" . .
Azidität . . .
8,03
Etiolicrt
9,90 cm
6,02 pCt. der Frischsubstanz
10,48 „ der Trockensubstanz
9,90 „ do.
Grün
0,512^
15,03 pCt.
11,90 „
0,0119^ Na
Extrakt.
Etioliert
0,778 g
1 1 ,30 pCt. der Trockensubstanz
12,08 „ do.
0,0138^ Na
2. Versuch.
Objekt: Vicia Faha. Wachstumszeit: 16. November bis 4. De-
zember 1906.
Es ergab sich für die etiolierten Pflanzen bei einer Feuchtig-
keit von:
90 pCt. 40 pCt.
Die durchschnittl. Länge
der Internodien zu . 13,30 c;» 11,90 cm
Trockensubstanz . . . 4,90 pCt. 5,50 pCt. der Frischsubstanz
Asche 9,08 „ 8,00 „ der Trockensubstanz
Stickstoff 9,28 „ 8,32 „ do.
508
A. MUEINOFF:
Extrakt.
Feuchtigkeit
Trockensubstanz
Asche . . .
Gesamtstickstoff
Eiweissstickstoff
Azidität . . .
90 pCt.
0,2784 g
11,90 pCt.
12,06 „
6,03 „
0,0115^ Na
40 pCt.
0,3112^
11,24 pCt. der Trockensubstanz
11,69 „ do.
6,29 „ do.
0,0161 g JN'a
Die Pflanzen, welche bei geringer Feuchtigkeit wuchsen, haben
zwar mehr Trockensubstanz als die anderen, sind aber an Asche und
Stickstoff ärmer als jene.
3. Yersuch.
(Wiederholung von Versuch 1.)
A^ersuchszeit: 12. bis 27. Dezember 1906.
Es ergab sich bei:
Grün
Die Länge der Internodien 6,3 cm
Trockensubstanz .... 5,6 pCt.
Asche 0,7 „
Stickstoff 9,2 „
Etioliert
9,^0 cm
6,70 pCt. der Frischsubstanz
9,54 „ der Trockensubstanz
8,10 „ do.
Trockensubstanz
Asche ....
Gesamtstickstoff
Eiweissstickstoff
Azidität . . .
Ex
trakt.
Grüu
Etioliert
0,67^
0,438 g
15,4 pCt.
14,2 pCt.
der Trockensubstanz
11,8 „
n,i „
do.
1,2 „
4,1 „
do.
0,023 g Na 0,0138 g Na
Wie zu erwarten war, enthalten die grünen Pflanzen an allen
Bestandteilen eine grössere Menge als die etiolierten.
4. Yersuch.
Versuchszeit: 4. bis 19. Dezember 1906.
Die etiolierten Pflanzen ergaben bei einer Feuchtigkeit von:
Die Länge der Inter-
nodien ....
Trockensubstanz . .
Asche
Stickstoff . . . .
80 pCt. 40 pCt.
13,2 cm 9,03 cm
91,5 pCt. 91,10 pCt. der lufttrockenen Substanz
8,2 ., 7,90 ,, der Trockensubstanz
8,1 „ 7,85 ,, do.
Einfluss des Lichtes und der Feuchtigkeit auf die Zusammensetzung der Pflanzen. 509^
/Frockensubstanz
Asche ....
Gesamtstickstoff'
Eiweisssti ckstoff
Amid ....
Azidität
Ex
irakt.
80 pCt.
40 pCt.
0,463 CJ
0,741 g
12,1 pCt.
11,16 pCt. der
Trc
)ckeusiibstaiiz^
11,2 .,
11,00 „
do.
2,4 .,
1,32 .,
do.
3,3 „
2,80 „
do.
0,0174^
Na
0,023 g Na
Die Pflanzen, die in wasserdampfreicher Atmosphäre wuchsen,^
zeigen einen höheren Gehalt der Bestandteile Der frühere Befund
(Versuch 2), dass die Trockensubstanz der in trocknerer Luft
kultivierten grösser war, bestätigt sich hiernach nicht.
5. Versuch.
Versuchsobjekt: Weizen. Versuchszeit 7. bis 25. Januar 1906.
Es ergab sich bei einer Feuchtigkeit von 80 pCt :
Grün Etiolicrt
Lufttrockene Substanz 11,9 pCt. 10,00 pCt. des Frischgewichts
Trockensubstanz . . 93,7 „ 92,90 „ der lufttrockenen Substanz^
Asche 19,9 „ 12.40 „ der Trockensubstanz
Gesamtstickstoff . . 5,5 „ 4,95 ,, ,,
Eiweissstickstoff . . 4,6 „ 3,50 ,, „
Die grünen Pflanzen sind in den untersuchten Bestandteilen
reicher als die etiolierten.
0. Versuch.
Versuchsdauer: 7. bis 23. Januar 1907. Objekt: Weizen.
Es ergab sich bei den etiolierten Pflanzen bei einer Feuchtig-
keit von:
80 pCt.
9,1 cm
9,1 pCt
94,8 „
DieLänge derinternodien
Lufttrockene Substanz .
Trockensubstanz . . .
Asche 16,0
Stickstoff 4,8
28 pCt.
5,07 cm
8,10 pCt. der Frischsubstanz
95,80 „ der Trockensubstanz
16,40 „ do.
4,70 „ do.
3. November 1907. Ausgeführt im chemischen Laboratorium des-
Botanischen Institutes der Universität Halle.
.510 ■ H. MiEHE:
74. H. Miehe: ThermoTdium sulfureum n. g. n. sp.,
ein neuer Wärmepilz.
(Mit 6 Textfiguren.)
(Eingegangen den 19. November 1907).
Wenn man als wärmeliebende Pilze solche bezeichnet, welche
bei den für die meisten Pilze ausreichenden Temperaturen gar nicht
oder nur sehr kümmerlich wachsen, so ist der erste thermophile Pilz
von LlNDT^) entdeckt und beschrieben worden. Es war eine
Mucorinee, Mucor pusiUus Lindt. Der Pilz tauchte spontan auf, als
Brot im Thermostaten bei Bluttemperatur ausgelegt wurde. Etwas
später teilte GlobIG^) mit, dass er bei seiner Suche nach thermo-
phileu Bakterien auch kalkweisse Kolonien auf den mit Erde ge-
impften und bei höherer Temperatur im Brutschrank gehaltenen
Kartoffeln beobachtet habe. Er untersuchte und beschrieb diesen
Pilz nicht genauer, hatte aber zweifellos den später von KedZIOR,^)
Gilbert*) u. a. wiedergefundenen Actinomyces thermophilus Berestnew
in Händen. Auf ähnliche Weise wie oben fand dann TSIKLINSKY^)
den Fadenpilz Thermomyces lanuginosus Tsiklinsky, und schliesslich
reihte ich*^) kürzlich noch einen neuen Pilz an, der zu den
Askomyzeten gehört, den Thermoascus aurantiacus Miehe. Es gelang
mir aucli, nicht nur diesen letzten Pilz, sondern auch alle die
übrigen oben genannten an ihrem natürlichen Standorte nachzu-
weisen, wodurch dieser ganzen interessanten Gruppe, zu der auch
die thermophilen Bakterien gerechnet werden müssen, ein fester
Platz in der Katur anoewiesen werden konnte. Denn vorher
schwebten eigentlich diese merkwürdigen Wesen ganz in der Luft;
man begnügte sich meist anzunehmen, dass sie in den sonnen-
1) Lindt, Mitteilungen über einige neue pathogene Schimmelpilze. Arch. f.
experimentelle Pathol. u. Pharmakol., Bd. 21, S. 272, 1886.
■ 2) Globig, Über Bakterienwachstum bei 50—70°. Zeitschr. f. Hygiene, Bd. 3,
S. 294, 1887.
3) Kedzioe, Über eine thermophile Cladothrix. Arch. f. Hygiene, Bd. 27,
S. 328, 1883.
4) Gilbert, Über Actinomyces thennophilus usw. Zeitschr. f. Hygiene, Bd. 47,
S. 383, 1904.
5) TSIKLINSKI, Sur los mucedinees thermophiles. Annales de l'inst. Pasteur.
Bd. 13, S. 500, 1899.
6) Miehe, Die Selbsterhitzung des Heues. Eine biologische Studie. Jena
1907, S. 70.
Thermo'idium sulfureum ii. g. n. sp., ein neuer Wärmepilz. 511
erwärmten oberen Bodenschichten wüchsen, wenn man sich über-
haupt die Frage ihres Vorkommens in der Natur vorlegte. Ich habe
demgegenüber auseinandergesetzt/) dass als hauptsächlicher Standort
dieser Thermomikroflora allein die in Selbsterhitzung begriffenen
Heu-, Laub-, Kompost-, Mist- und Düngerhaufen in Betracht kommen.
An solchen Örtlichkeiten habe ich dementsprechend sämtliche oben
genannten Pilze aufgefunden.
Inzwischen hat sich noch ein neuer Pilz dazugesellt. Herrn
Paul Schneider, der sich im hiesigen Institut mit einigen Fragen
der Physiologie thermophiler Lebewesen beschäftigte, gelang es,
einen Pilz zu kultivieren und rein zu züchten, der mir schon früher
an heissen PfianzenstofFen aufgefallen war und gelegentlich in
meinen Experimenten massenhaft als Verunreinigung auftrat. Er
ist neben dem Actinomijces thermophilns der auch dem blossen Auge
am meisten auffallende Bewohner heisser PfFanzenstofFe.
Die Reinkulturen gaben die Gelegenheit, den Pilz genau zu
studieren. Ich machte natürlich den Versuch, ihn zu bestimmen,
sah jedoch bald, dass dieser Versuch ziemlich aussichtslos war.
Denn gerade unter den Hyphomyzeten, die an sich wenig auffällige
Merkmale bieten, gibt es viele sehr allgemein gehaltene Diagnosen,
und da der Mykologe gewöhnlich seine Pilze nicht kultiviert, also
die oft höchst wertvollen physiologischen und kulturellen Merkmale
nicht angibt und ferner das habitat bei Mikroorganismen nur mit
vorsichtiger Kritik zu benutzen ist, entschloss ich mich, den Pilz
selber zu benennen. Sein Name sei Thennoidium sulfureum.
Er bewohnt heisse Pflanzeuhaufen, und zwar die Zonen, die
etwa 30 — 45° warm sind. Er bildet an den Pflanzenteilen schwefel-
gelbe, flockige, nicht staubige Flecke, die oft in ungeheurer Menge
auftreten und den Pflanzenmassen ein gelbgesprenkeltes Aussehen
verleihen.
Kultiviert man ihn bei etwa 40° im Brutschrank auf schräg er-
starrtem Agar,^) so entsteht zunächst ein weisslich oder rötlich
gefärbter kurzer Überzug, der sich weiterhin schwefelgelb färbt und
ein mehliges Aussehen annimmt. Alte Kulturen verfärben sich
braun. Sehr charakteristisch ist ein schön karminroter Farbstoff",
der in den Agar etwas hineindifFundiert und die ohnehin lebhaft
gefärbte Kultur noch farbenfreudiger erscheinen lässt. Auch diese
Farbe geht später in eine braunrötliche, schmutzige über.
Um den Pilz mikroskopisch zu studieren, verteilte ich eine
1) ]. c. S. 89ff.
2) Zusammensetzung: 0,1 pCt. Dikaliumphosphat, 0,02 pCt. Magnesiumsulfat,
0,01 pCt. Chlorkalzium, 0,5 pCt. Asparagin, 2 pCt. Traubenzucker, 1,75 pCt. Agar-
512
H. MiEHE:
kleine Menge Sporen in verflüssigtem Agar und brachte kleine
Tropfen davon auf sterile Objektträger, die ich dann in einer
leuchten Kammer bei 43° hielt. In Fig. 1, sind keimende
Sporen dargestellt. Die Keimschläuche
brechen entweder an den Enden oder an den
Seiten hervor, gewöhnlicher in Ein-, seltener
in Zweizahl. Es entwickelt sich dann ein
Mycel (Fig. 2), das wenig bemerkenswertes
bietet. Es sind verzweigte Hyphen mit
wenigen Querwänden. Wenn nach einiger
Zeit (etwa nach 2 Tagen) die Oberfläche der
Agartröpfchen flaumig wird, wenn also die
Hyphen in die Luft dringen, lassen sich die Anfänge der Sporen-
bildung beobachten. Wie die Fig. 3 zeigt, sind die sporen-
bildenden Hyphen eng septiert und sehr regelmässig rechtwinklig
Fig. 1. Keimende Sporen
Vergr. 400.
Fig. 2. Junges, bei 4C° in 24 Stunden herangewachsenes Mjcel. Vergr. 400.
verzweigt. Die kurzen, zylindrischen Zellen bilden sich dann da-
durch zu Sporen um, dass ihr Inhalt dichter wird, und zwar tun das
nicht alle Zellen, sondern es wechseln meist sehr regelmässig sporen-
bildende dichtere mit sterilen blassen ab. Die Sporenzellen um-
^•eben sich dann mit derber Membran, wobei sie entweder ihre
Thermoidiiim sulfureum n. g. n. sp., ein neuer Wärmepilz.
513
So findet man neben kugligen und eiförmigen auch
eckige Zylinderform beibehalten, oder aber sich auch zu kugligen
oder eiförmigen Gebilden umwandeln. Die Fig. 4, zeigt eine
kleine Partie des sporenbildenden Mycels in situ. Die sterilen
Teile sind meist schon ganz verschwunden, die reihenweise An-
ordnung lässt aber noch gut die Entstehung erkennen. Charakte-
ristisch ist ferner, dass die sporogenen Hyphenäste oft gekrümmt
sind, wenn sie reif sind. Die Form der Sporen ist unregelmässig,
entsprechend der Form der Zellen, durch deren Umwandlung sie
entstanden.
eckige, kurzzylindrische, lang-
zylindrische, schwach gebogene
oder etwas keulige, sowie kleine
T- förmige, letztere in dem Falle,
wenn die sporogene Zelle einen
Seitenast trug. Einige dieser
Formen zeigt noch die Fio-. 5.
Welche Bedeutung die Hypheu
haben, von denen ich in Fig. fi
ein Beispiel abgebildet habe,
weiss ich nicht. Die einzelnen
Zellen sind an den Enden,
welche der Spitze des Fadens
zugewandt sind, blasig ange-
schwollen, so dass die Hyphen
ein knotiges Aussehen bekommen.
Ich habe übrigens solche Formen
auch bei anderen Pilzen beob-
achtet, so z. B. bei dem Thermo-
ascus aurantiacus, so dass sie
kaum als charakteristisch anzu-
sehen sind. Irgendwelche an-
deren Fortpfianzungszellen, vor
allem Fruchtkörper habe ich nie beobachten können.
Der nicht bei der Sporenbildung verbrauchte Teil des Mycels
ist mit gelblichen, krümligen Massen erfüllt und stirbt ab. Bei
älteren Kulturen besteht der mehlige Überzug vollständig aus
Sporen.
Am interessantesten sind die Temperaturausprüche unseres
Pilzes. Wie Herr SCHNEIDER feststellte, bilden sich bei 24^ erst
nach etwa drei Wochen schwach untergetauchte, abnorme Flocken
in Nährlösung; auch bei 26° und 27,5° dauert die Keimung lange
und ist das Wachstum sehr kümmerlich. Besser ist es bei 29 und
30°, wo aber das Auskeimen auch noch 3 — 4 Tage in Anspruch
nimmt und die Weiterentwicklung dementsprechend ebenfalls langsam
Fig. 3. Einige sporogene Hyphen, eng
septiert, rechtwinklig verzweigt. Die dunkel
gezeichneten Zellen wandeln sich zu Sporen
um, die hellen bleiben steril. 2 Tage bei
43°. Vergr. 400.
514 H. MiEHE: Thermoulium sulfureum n. g. n. sp., ein neuer Wärmepilz.
vonstatten geht. Rasche Keimung und üppige Entwicklung tritt erst
von 35° an ein. Die obere Grenze ist etwa 53°. Bei 50° findet
noch sehr gutes Wachstum aber keine Sporenbildung mehr statt.
Thermd'tdium sulfureum ist also ein ausgesprochener Wärmepilz, der
normal erst bei einer Temperatur von 30° gedeiht und bei etwa 40°
sein Optimum findet. Seinen Wärmeansprüchen nach schliesst er
sich eng an Thermoascus aurantiacus an, der sich rasch auch erst bei
85° entwickelt und unter 30° überhaupt nicht wächst. Die untere
5 4 6
Fig. 4. Reil'e Sporen, mit Resten der sporosenen Hyphcn, deren Enden zum Teil
gekrümmt sind. 3 Tage bei 43°. Vergr. 400.
„ 5. Verschiedene Sporenformen aus einer alten Kultur. Vergr. 600.
„ 6. Knotige Hyphen. Vergr. 400.
Grenze für Tliermomyces lanuginosus und Actinomijces thermophilus ist
ebenfalls 30°, die für Mucor pusiUus 22°. Alle diese Pilze sind wohl
zu unterscheiden von den wärmeliebenden Aspergillen^') und anderen
Mucorineen {Mucor corymbifer)^ die sämtlich auch bei gewöhnlichen
Temperaturen gut und normal wachsen, trotzdem sie augenscheinlich
die Blutwärme bevorzugen. Die erste Gruppe umfasst die wirklich
thermophilen Pilze, die zweite die psychrotoleranten (kälte-
duldenden) ^).
1) Aspergillus fuiiiigatus, niyer, flaviis usw.
2) MiEHE, 1. c. S. 95.
A. SCHULZ: Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen phanerogamen Flora. 515
Zum Schluss sei noch kurz die Diagnose unseres Pilzes gegeben.
Thermo'idium n. g., vielzelliges Mycel ohne auffällige Merkmale. Das
flaumige Luftmycel ist regelmässig rechtwinklig verzweigt, die Enden
t)ft spiralig oder hornartig gebogen. Es bildet die Sporen, indem
sich die Hyphen in viele kurzzylindrische Zellen teileu, die direkt
unter Verdickung ihrer Membran sich zu den Sporen umwandeln.
Diese behalten entweder die kurzzylindrische Form ihrer Mutter-
zelle, oder sie sind kuglig oder ellipsoidisch. Selten sind lange
knochenförmige oder t- förmige Sporen. Andere Fruchtformen fehlen.
Thermo'idium sulfureum n. sp. Schwefelgelbe, flockige, kurze
Raschen, die sich mit dem Alter braun verfärben. Einzelne Sporen
farblos, '2,5—10 ^a lang, 2,5 — 3 fx breit. Auf traubenzuckerhaltigem
Agar wird ein wasserlöslicher, carminroter Farbstoff produziert.
Untere Grenze für normales Wachstum 29 — 30°, Optimum 35 — 45°,
Maximum 53°. Wächst in aufgehäuften Pflanzenmassen, die sich im
Zustande der Selbsterhitzung befinden.
Leipzig, Botanisches Institut.
75. A. Schulz: Über die Entwicklungsgeschichte der gegen-
wärtigen phanerogamen Flora und Pflanzendecke des nord-
deutschen Tieflandes. I.
(Eingegangen am 22. November 1907.)
In einem 1905 auf dem internationalen botanischen Kongresse
zu W^ien gehaltenen und in den „Resultats scientifiques du Congres
international de Botanique de Yienne 1905" ^) veröffentlichten Tor-
trage über „Die Geschichte der Pflanzenwelt des norddeutschen
Tieflandes seit der Tertiärzeit" hat C. A. WEBER auch seine Ansichten
über die Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen phanerogamen
Flora und Pflanzendecke des norddeutschen Tieflandes — d. h. die
Vorgänge, die zur Entstehung der gegenwärtigen phanerogamen Flora
und Pflanzendecke dieses Gebietes geführt haben — und die Methode
ihrer Erforschung dargelegt.
1) S. 98—116.
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV. gß
516 A. Schulz:
Nach WebER's Meinimg gibt es^) für die Feststellung der Ent-
wicklungsgeschichte der gegenwärtigen Flora und Pflanzendecke^)
eines Landes, soweit sie sich nicht auf menschliche Zeugnisse zu
stützen vermag, zwei Methoden, die er kurz als die pflauzengeo-
graphische und die paläontologische ^) bezeichnet. „Die geographische
Methode sucht aus der heutigen Yerbreitung der Pflanzen einen
Rückschluss auf die geschichtliche Entwicklung der Flora zu machen.
Sie ist die bequemere von beiden und lässt sich, wenn eine hin-
reichend grosse Zahl von kritischen Standortsbeobachtungen vorliegt,
im Studierzimmer erledigen. Sie stellt ein System der Entwicklungs-
geschichte auf, das eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat.
Seine Übereinstimmung mit der Wirklichkeit muss aber erst durch
paläontologische Funde bewiesen werden, und dies ist um so mehr
geboten, je enger begrenzt das Gebiet ist, auf das sich die Forschung
erstreckt. Die paläontologische Methode ist mühevoller und daher
noch wenig gepflegt. Sie setzt nicht bloss eingehende und umfassende
botanische, sondern auch ebensolche geologische Kenntnisse voraus.
Sie vermag ferner nur über den Teil der Flora Aufschluss zu geben,
der einer solchen fossilen Aufbewahrung fähig ist, dass man die
Reste mit Sicherheit zu identifizieren vermag. Diese Beschränkung
kann und darf natürlich kein Grund sein, die paläontologische
Methode als minderwertio- zu betrachten oder gar sie unberücksichtigt
zu lassen. Wir werden nur daraus schliessen, dass man bei einem
mehr oder minder grossen Teil der Pflanzenwelt hinsichtlich seiner
geologischen Geschichte niemals mehr als etwas Wahrscheinliches
mit Hilfe der pflanzengeographischen Methode wird ermitteln können.
Die Hauptfehler der paläontologischen Methode kommen durch un-
richtige Identifizierungen der fossilen Reste und durch falsche
Altersbestimmungen der Fundstätten zustande" *). WEBER hat sich nach
seiner Angabe bei seinen „phytohistorischen Studien im norddeutschen
Tieflande in erster Linie der paläontologischen Methode bedient, die
Ergebnisse derselben aber stets an der Hand der pflanzengeo-
graphischeu zu prüfen und vorsichtig zu erweitern gesucht. Da aber
die Ergebnisse der zweiten Methode keineswegs immer eindeutig,
oft mehrdeutig sind, so sind trotzdem Fehler keineswegs ausge-
1) Er sagt (a. a. 0. S. 98) zwar uur: „Für die Feststellung . . . sind zwei
Methoden in Anwendung" (von mir gesperrt, SCHULZ), unterscheidet aber im
folgenden auch selbst diese beiden Methoden.
2) Weber spricht zwar nur von der „Flora", meint aber die „Flora" und die
„Pflanzendecke". Vgl. hierzu SCHULZ, Über die Eutwicklungsgescliichte d. gegen-
wärtigen ph. Flora u. Pflanzendecke der Skandinavischen Halbinsel (Stuttgart 1900)
S. 148.
3) Vgl. S. 518, Anm. 1.
4) Weber, a. a. 0. S. 98.
Eutwic'^lungsg-eschiclite der phanerogamen Flora des norddeutschen Tieflandes. 517
schlössen" 0- E^' ^^^ daher auch nicht sicher, dass selbst die äusseren
Umrisse seiner Darstellung der Entwicklungsgeschichte „in allen
Einzelheiten der Wahrheit entsprechen und nicht früher oder später
eine Berichtigung erfahren werden"^).
Ich vermag Weber's im vorstehenden dargelegten methodo-
logischen Anschauungen nicht beizustimmen. Es ist ganz unmöglich,
die Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen phanerogamen^) Flora
und Pflanzendecke eines — beliebigen — grösseren Gebietes des
nördlicheren Europas^) festzustellen, d. h. zu beweisen, dass die ge-
gebene Darstellung der Vorgänge, die zur Entstehung dieser Flora
und Pflanzendecke geführt haben, wahr ist, d. h. mit der Wirklich-
keit übereinstimmt. Eine „Feststellung" wäre nur in dem Falle
möglich, dass sich die Vorgänge, die zur Entstehung der gegen-
wärtigen ])hanerogamen Flora und Pflanzendecke des betreffenden
Gebietes geführt haben, vor den Augen der Florenhistoriker ab-
gespielt hätten oder sich von den Florenhistorikern willkürlich auf
experimentellem Wege wiederholen Hessen, oder dass über diese
Vorgänge von gleichzeitig mit ihnen lebenden Personen nachweislich
durchaus der Wirklichkeit entsprechende schriftliche Aufzeichnungen
vorlägen. Dies ist aber nicht der Fall. Denn nur die allerjüngsten
von diesen Vorgängen fallen in eine Zeit, wo das nördlichere Europa
von Menschen, die derartiges zu beobachten und aufzuzeichnen imstande
waren, bewohnt war*). Die übrigen — die weitaus meisten — sind
vor dieser Zeit geschehen. Sie können nur nach den Spuren be-
urteilt werden, die sie teils in den mit ihnen gleichzeitig ent-
standenen geognostischen Bildungen des betreffenden Gebietes und
seiner Umgebung, teils in der gegenwärtigen phanerogamen Flora
und Pflanzendecke dieser Gebiete, die ja vorzüglich ihnen ihre Ent-
stehung verdanken, hinterlassen haben. Aus diesen Spuren lässt sich
mit Hilfe der Physiologie, Biologie und Systematik (einschliessich der
Paläontologie im eigentlichen Sinne) der Pflanzen und Tiere, der
Petrographie und Petrogenie, der Klimatologie, der Urographie und
Hydrographie usw. auf die Vorgänge schliessen, denen sie ihre Ent-
stehung verdanken. Leider lässt sich in sehr vielen dieser Schlüsse
die Wahrheit einer der Prämissen oder sogar beider nicht beweisen,
sondern nur als wahrscheinlich hinstellen; und es wird sich dies auch
niemals ändern. Man kann deshalb auf Grund dieser Schlüsse nicht
feststellen, welchen Verlauf die Entwicklung der gegenwärtigen
1) A. a. 0. S. 99.
2) Nur diese soll im folgenden behandelt werden.
3) Weber's Aussagen beziehen sich wohl hauptsächlich auf diesen Teil
Europas.
4) Diese haben aber leider nur wenige dieser Vorgänge beobachtet und
beschrieben.
36*
518 A. Schulz:
phanerogamen Flora und Pflanzendecke des betreffenden Gebietes
gehabt hat, sondern nur aussagen, welchenV erlauf sie gehabt
haben kann oder wahrscheinlich gehabt hat. Es ist nicht aus-
geschlossen, dass schon heute die Aussagen eines kenntnis-
reichen und kritischen Forschers über den Verlauf dieser Ent-
wicklung dem wirklichen Verlaufe derselben im wesentlichen ent-
sprechen, und es ist recht wahrscheinlich, dass sich, wenn sämtliche
wichtigeren Spuren, die jene Vorgänge hinterlassen haben, erforscht,
und die Disziplinen, mit deren Hilfe sie beurteilt werden müssen,
im wesentlichen ausgebaut sind, eine fast völlig wahre Darstellung
des Verlaufes der Entwicklung der gegenwärtigen phanerogamen
Flora und Pflanzendecke des betreffenden Gebietes geben lassen
wird. Doch wird sich auch dann nicht beweisen lassen, dass diese
Darstellung wirklich wahr ist. Man wird annehmen dürfen,
der Wahrheit nahe gekommen zu sein, sobald sich die Schlüsse, die
man aus den von jenen Vorgängen hinterlassenen Spuren ziehen
kann, sämtlich ungezwungen zu einem Gesamtbilde der Entwicklungs-
geschichte der gegenwärtigen phanerogamen Flora und Pflanzendecke
des betreffenden Gebietes vereinigen lassen. Dies zu erreichen ist
also die Aufgabe der Forschung. Es ist klar, dass man zu diesem,
Ziele nicht gelangen kann, wenn man sich nur einer der beiden von
Weber unterschiedenen Methoden^) bedient, d. h. eine der beiden
vorhin unterschiedenen Klassen von Spuren allein berücksichtigt^).
Es gibt also nicht zwei verschiedene Methoden der Erforschung der
Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen phanerogamen Flora und
Pflanzendecke eines — beliebigen — Gebietes des nördlicheren
Europas^), sondern nur eine einzige, nämlich die vorstehend dar-
gestellte. Der einzelne Forscher wird bei der Erforschung der Ent-
wicklungsgeschichte der gegenwärtigen phanerogamen Flora und
Pflanzendecke eines Gebietes des nördlicheren Europas allerdings in
1) Die Bezeichnungen dieser Methoden sind m. E. nicht glücklich gewählt.
Vgl. Schulz, a. a. 0. S. 12.
2) „Aus der heutigen Verbreitung der Pflanzen" eines Landes allein (vgl. oben
S. 516) lässt sich überhaupt kein „Rückschluss auf die geschichtliche Entwicklung
der Flora" des betreffenden Landes machen. WEBER bezeichnet seine pflanzen-
geographische Methode als die bequemere" von beiden Methoden. Die Wissenschaft
unterscheidet aber nicht zwischen bequemen und unbequemen, sondern nur zwischen
richtigen und falschen Forschungsmethoden.
3) Dies gibt ja auch Weber eigentlich zu, wenn er (a. a. 0. S. 98) sagt, dass
seine paläontologische Methode nur „über den Teil der Flora Aufschluss zu geben
vermag, der einer solchen fossilen Aufbewahrung fähig ist, dass man die Reste
mit Sicherheit zu identifizieren vermag." Wenn er aber hinzufügt, dass dies natür-
lich kein Grund sein dürfe, die paläontologische Methode als minderwertig zu
betrachten, so irrt er. Denn für sich allein ist die paläontologische Methode der
pflanzengeographischen Methode — falls man unter dieser das Schliessen auf die
Entwicklungsgeschichte der phanerogamen Flora des norddeutschen Tieflandes. 519
den meisten Fällen von einer der beiden Spurenklassen ausgehen,
und zwar von der, mit der er sich am meisten beschäftigt hat und
die ihm deshalb am besten bekannt ist. Er wird sich auf Grund
dieser Spuren in der vorhin angedeuteten Weise ein Bild der Ent-
wicklungsgeschichte der gegenw^ärtigen phanerogamen Flora und
Pflanzendecke des betreffenden Gebietes zu machen suchen. Darauf
wird er untersuchen, ob die Schlüsse aus den übrigen Spuren, welch
letztere er nicht nur literarisch, sondern wenigstens soweit, dass er
die Berechtigung der sich auf sie gründenden Schlüsse beurteilen
kann, aus eigener Anschauung kennen muss, zu einer Änderung
dieses Bildes Anlass geben, und er wird dann, wenn dies der Fall
ist, das Bild in entsprechender Weise ändern, bis sich alle Schlüsse
harmonisch zu einem Ganzen vereinigen. Aber auch, wenn ihm dies
gelungen ist, kann er, wie schon gesagt, nicht beweisen, dass sein
Gesamtbild der Wirklichkeit entspricht. Es lässt sich dies leicht
dartun'). Aus der gegenwärtigen phanerogamen Flora und Pflanzen-
decke eines — beliebigen — Gebietes des nördlicheren Europas lässt
sich in der vorhin angedeuteten Weise nicht nur recht bestimmt
schliessen, dass während deren Entwicklung das Klima des nördlicheren
Europas sehr bedeutende Wandlungen — die bedeutende Wandlungen
der phanerogamen Flora und Pflanzendecke des nördlicheren Europas
zur Folge hatten — durchgemacht hat, sondern es lässt sich daraus
auch, wenn auch weniger bestimmt, auf die Art und die Reihenfolge
dieser Wandlungen schliessen. Es lässt sich jedoch auf diesem Wege
nicht beweisen, dass die Ansichten über die Art und Reihenfolge der
Wandlungen, zu denen man durch diese Schlüsse gelangt, der Wirk-
lichkeit entsprechen. Es lässt sich vor allem, auch bei Berück-
sichtigung der phanerogamen Flora und Pflanzendecke des gesamten
nördlicheren Europas oder Europas überhaupt oder der ganzen nörd-
lichen Erdhälfte, nicht beweisen, dass die angenommenen Klima-
wandlungen die einzio'en während des Verlaufes der Entwicklung der
gegenwärtigen phanerogamen Flora und Pflanzendecke des betreffenden
Gebietes waren, und dass dessen Klima nicht noch weitere, vielleicht
Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen phanerogamen Flora und Pflanzendecke
eines Gebietes nicht nur aus der heutigen Verbreitung der phanerogamen Arten
dieser Flora (vgl. die vorige Anm.), sondern aus sämtlichen in dem betreffenden Gebiete
vorhandenen Spuren der zweiten der von mir unterschiedenen Spurenklassen ver-
steht — gegenüber minderwertig, da sich mit Hilfe von jener nur über ein kleines
Bruchstück der Flora des betreffenden Gebietes, mit Hilfe von dieser aber über
dessen gesamte Flora — und zwar über die feste Ansiedlung und die späteren
Schicksale der Glieder derselben in ihm — etwas aussagen lässt undjenen Aussagen
keineswegs mehr Wahrscheinlichkeit zukommt als diesen.
1) Vgl. zum folgenden z. B. SCHULZ, Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen
phan. Flora u. Pflanzendecke der oberrheinischen Tiefebene und ihrer Umgebung
j;- i r t 1906).
520 A. Schulz:
sehr bedeutende AVandluiigen, die bedeutende Wandlungen seiner
Flora und Pflanzendecke zur Folge hatten, durchgemacht hat, deren
Spuren — in der Flora und Pflanzendecke nicht nur des betreffenden
Landes, sondern der ganzen nördlichen Erdhälfte — aber durch auf
sie folgende klimatische Wandlungen vollständig verwischt worden
sind, sodass sie sich garnicht mehr erkennen lassen. So kann man
z. B. auf Grund der Beschaffenheit der gegenwärtigen phanerogamen
Flora und Pflanzendecke der grösseren Gebiete des nördlicheren
Europas mit ziemlicher Bestimmtheit behaupten, dass in den A'erlauf
der Entwicklung der gegenwärtigen phanerogamen Flora und Pflanzen-
decke dieser Gebiete ein Zeitabschnitt, den ich als den trockensten
Abschnitt der ersten heissen Periode bezeichnet habe, fällt, wo das
Klima im nördlicheren Europa ausgeprägt kontinental — in der süd-
östlichen Partie des nördlich der Alpen und Karpaten gelegenen
Teiles Mitteleuropas (bis zum Thüringer Walde und Harze nach
NW hin) wahrscheinlich dem heute in den Steppengegenden des
südwestlichen Russlands herrschenden ähnlich — war, dass, allerdings
nicht unmittelbar, auf diesen Zeitabschnitt ein Zeitabschnitt — den
ich erste kühle Periode genannt habe — folgte, wo das Sommerklima
des nördlicheren Europas bedeutend kühler und feuchter war als in
der Gegenwart, und dass das Klima des nördlicheren Europas
darauf nie wieder so trocken und so feucht wurde wie in diesen
beiden Zeitabschnitten. Es wäre aber möglich , dass sich diese be-
deutenden Wandlungen des Klimas des nördlicheren Europas noch
einmal oder sos-ar mehrmals in o-anz oder fast ganz derselben W^eise
wiederholt hätten. Würden auf einen Zeitabschnitt mit einem solchen
Klima wie wir es nach meiner Überzeugung dem trockensten Ab-
schnitte der ersten heissen Periode zuschreiben müssen, ein
Zeitabschnitt mit einem solchen Klima, wie wir es nach
meiner Überzeugung der ersten kühlen Peride zuschreiben
müssen, und auf diesen ein dem ersten trockenen Zeitabschnitte
klimatisch und in übriger Hinsicht gleicher oder sehr ähnlicher
und darauf ein dem ersten kühlen Zeitabschnitte klimatisch
und in übriger Hinsicht gleicher oder sehr ähnlicher Zeitabschnitt
gefolgt sein, so würde der zweite trockene Zeitabschnitt die Spuren
des ersten kühlen Zeitabschnittes in der Flora und Pflanzendecke
des nördlicheren Europas vollständig verwischt haben, sodass sich
dessen Vorhandensein aus der gegenwärtigen phanerogamen Flora
und Pflanzendecke dieses Gebietes nicht erkennen Hesse ^), und es
würden die beiden trockenen Zeitabschnitte als ein einziger Zeit-
1) Es vTÜrden sich während des zweiten trockenen Zeitabschnittes die Ein-
wandrer des ersten trockenen Zeitabschnittes, die den ersten kühlen Zeitabschnitt
in diesem Gebiete überdauert hätten, und zwar in derselben Weise und in ähnlichem
Entwicklungsgeschichte der plianerogamen Flora des norddeutschen Tieflandes. 521
abschnitt, dessen Flora und Pflanzendecke durch einen einzigen ihm
folgenden Zeitabschnitt mit sehr kühlem und feuchtem Sommerklima
weitgehende Änderungen erfahren hätten, erscheinen. Dasselbe
'würde der Fall sein, wenn sich diese klimatischen Wandlnugen noch
häufio-er wiederholt hätten. Man wird nun versuchen, die Frage
nach der Anzahl dieser klimatischen Wandlungen auf Grund der aus
der Zeit der Entwicklung der gegenwärtigen phanerogamen Flora
und Pflanzendecke des nördlicheren Europas herstammenden geo-
gnostischen Bildungen dieses Gebietes zu beantworten. Es lässt sich
nicht bezweifeln, dass während der Herrschaft eines Klimas, wie
man es nach meiner Überzeugung der ersten kühlen Periode zu-
schreiben muss, die Gletscher der Alpen wesentlich grösser sein
müssen, als gegenwärtig, und im nördlicheren Europa ausgiebige
Torf- vorzüglich Sphagnetumtorf-Bildung stattfinden muss, also be-
deutende Moore, vorzüglich Sphagnetumtorfmoore, entstehen müssen.
Dagegen muss während der Herrschaft eines Klimas, wie man es
nach meiner Überzeugung dem trockensten Abschnitte der ersten
heissen Periode zuschreiben muss, die Alpenvergletscherung viel
kleiner sein als gegenwärtig, und es muss nicht nur ein Abbruch der Ent-
wicklung der meisten Moore des nördlicheren Europas, sondern sogar
eine Zerstörung eines sehr grossen Teiles derselben, vorzüglich der
Sphagnetumtorfmoore, stattfinden. Es gibt meines Erachtens geo-
gnostische Bildungen, aus denen man schliessen kann, dass in die
seit dem Ausgange der Periode des Bühlvorstosses — in der die
Entwicklung der gegenwärtigen phanerogamen Flora und Pflanzen-
decke des nördlicheren Europas beginnt — verflossene Zeit zwei
Abschnitte fallen, wo das Sommerklima des nördlicheren Europas
wesentlich kühler und feuchter war als gegenwärtig, die aber auch
ganz anders gedeutet werden können und gedeutet worden sind^) :
Es sind dies die Moränen des Gschnitz- und des Daunstadiums der
Alpengletscher ^). Es ist zwar aus der Grösse der Gletscher, von
denen diese Moränen abgelagert sind, kein sicherer Schluss auf das
Umfange wie im ersten trockenen Zeitabschnitte, von neuem in dem Gebiete aus-
gebreitet haben, und es würden damals wie während des ersten trockenen Zeit-
abschnittes zahlreiche Elemente von auswärts in das Gebiet eingewandert sein, doch
fast nur dieselben wie während dieses, oder wenigstens ausschliesslich solche mit
derselben klimatischen Anpassung wie die Einwanderer dieses Zeitabschnittes.
1) Vergl. hierzu z. B. SCHüLZ, Das Schicksal der Alpen-Vergletscherung nach
dem Höhepunkte der letzten Eiszeit, Centralblatt f. Mineralogie usw. 1904,
S. 266 u. f. Dieses Beispiel lässt sehr deutlich erkennen, wie richtig meine Be-
hauptung ist, dass man auf Grund der geognostischen Tatsachen — d. h. mit Hilfe
von Weber's paläontologischer Methode — allein niemals zu einem Verständnis
der Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen phanerogamen Flora und Pflanzen-
decke eines Gebietes des nördlicheren Europas gelangen kann.
2) Vergl. Schulz, a. a. 0.
522 A. SCBXTLZ:
damalige Klima des nördlicheren Europas möglich, es scheint mir
aber nichts der Annahme zu widersprechen, dass die Moränen des
Gschnitzstadiums während des Höhepunktes der ersten kühlen
Periode, die des Daunstadiums i"n einer späteren, wesentlich unbe-
deutenderen kühlen Periode — meiner zweiten kühlen Periode — ent-
standen sind. Auf das Vorhandensein einer Periode mit kühlem und
feuchtem Sommerklima — und mildem Winterklima — in dem
Zeiträume seit der Periode des Bühlvorstosses lässt sich auch, doch
nicht sehr bestimmt, aus den aus diesem Zeiträume stammenden geo-
gnostischen Bildungen des Ostseegebietes schliessen^), die erkennen
lassen, dass damals während längerer Zeit die Ostseeküsten und die
Meeresstrassen zwischen der Ostsee und der Nordsee sehr
gesunken waren, sodass warmes salzreiches Wasser in grosser Menge
in die Ostsee eindringen und in ihr bis weit nach Norden vordringen
konnte, und dass gleichzeitig im Ostseegebiete ein mildes Winter-
klima lierrschte. Das Maximum dieser Senkung des Ostseegebietes
— der Litorinasenkung der skandinavischen Geologen — fällt offen-
bar mit dem Höhepunkt meiner ersten kühlen Periode zusammen.
Die Untersuchung der Moore des nördlicheren Europas hat nichts
ergeben, was direkt für das Vorhandensein einer Periode mit aus-
geprägt kühlem und feuchtem Sommerklima spräche, aber auch nichts,
was sich gegen die Annahme einer solchen Periode anführen Hesse.
Dagegen weist der Bau dieser Moore, wenigstens der Norddeutsch-
lands, bestimmt auf das Vorhandensein eines Zeitabschnittes mit
ausgeprägt trockenem Klima in der seit der Periode des Bühl-
vorstosses verflossenen Zeit hin; es kann jedoch dieser nicht mit
dem trockensten Abschnitte der ersten heissen Periode, sondern nur
mit dem entsprechenden Abschnitte der in die Zeit nach der ersten
kühlen Periode fallenden zweiten heissen Periode identisch sein^).
Dass in dem Zeiträume seit der Periode des Bühlvorstosses
das Klima des nördlicheren Europas längere Zeit bedeutend
trockener war als gegenwärtig , darauf lässt sich auch aus
den Lössablagerungen dieses Zeitraumes schliessen, die an mehreren
Stellen des Alpengebietes beobachtet worden sind. Wahrscheinlich
stammen diese teils aus dem trockensten Abschnitte des ersten,
teils aus dem der zweiten iieissen Periode. Es lassen sich somit
keine sicheren geognostischen Tatsachen anführen, die für das A^or-
1) Vergl. betreffs dieser Schulz, Entwicklungsgeschichte d. gegeuw. phan.
Flora und Pflanzendecke Skandinaviens (Stuttgart 1900).
2) Auch im Alpengebiete sind geognostische Tatsachen vorhanden, die für das
Vorhandensein dieses Zeitabschnittes sprechen; vergl. SCHULZ, Über einige Probleme
d. Entwicklungsgeschichte d. gegenw. phan. Flora u. Pflanzendecke Süddeutschlands,
Beihefte z. Bot. Centralbl., 20. Bd., 2. Abt. (190G), S. 197 u. f. (214).
Eutwickhingsgeschichte der phanerogamen Flora des norddeutschen Tieflandes. 523
haudeusein des trockensten Abschnittes der ersten heissen Periode
sprechen.*) Aber wenn auch solche vorhanden wären, dürfte man
daraus doch wohl nicht den Schluss ziehen, dass nur ein Zeit-
abschnitt dieser Art vorhanden wäre, ebenso wie aus den vor-
hin angeführten Tatsachen wohl nicht geschlossen werden darf,
dass es nur eine Periode von der Art der ersten kühlen Periode ae-
geben hätte. Denn es wäre wohl denkbar, dass auf eine Periode
dieser Art ein dem ihr vorausgehenden trockenen Zeitabschnitte
gleicher oder sehr ähnlicher Zeitabschnitt gefolgt wäre, wo die Torf-
ablagerungen und die sonstigen weicheren Bildungen der voraus-
gehenden kühlen Periode zerstört und abgetragen und die Löss-
ablagerungen des ersten trockenen Zeitabschnittes — soweit sie
noch vorhanden waren — umgelagert worden wären, und dass auf
diesen Zeitabschnitt eine zweite kühle Periode gefolgt wäre, deren
Ablagerungen die der ersten — soweit sie noch vorhanden waren —
überlagert hätten und sich von diesen nicht oder doch nicht sicher
trennen liessen, so dass also sowohl die beiden trockenen, als auch
die beiden kühlen Perioden als eine Einheit erscheinen würden.
Uu<l es wäre möglich, dass sich dieselbe Klimawandlung noch
mehrere Male wiederholt hätte, ohne dass es sich mit Sicherheit auf
geognostischem Wege nachweisen Hesse. Dasselbe, was im Vor-
stehenden von dem trockensten Abschnitte der ersten heissen Periode
und der ersten kühlen Periode gesagt wurde, gilt auch von den
entsprechenden — in ihrem Klima aber lange nicht so bedeutend
von der Jetztzeit abweichenden — Abschnitten der seit der ersten
kühlen Periode verflossenen Zeit.
Auch das lässt sich meines Erachtens nicht bezweifeln, dass in
die Zwischenzeit zwischen die Periode des Bühlvorstosses und die
erste kühle Periode nicht nur der trockenste Abschnitt der ersten
heissen Periode fällt, sondern dass damals längere Zeit hindurch die
Länder des nördlicheren Europas ein wärmeres Sommer- und Winter-
klima als heute — die wärmeren Striche des nördlich der Alpen
und Karpaten gelegenen Teiles Mitteleuropas ein vollständig
mediterranes Klima — gehabt haben. Und sehr vieles spricht
dafür, dass das warme Klima nicht nur während eines
einzigen, einheitlichen Zeitabschnittes geherrscht hat, sondern
dass es zwei warme — von mir als warme Abschnitte
der ersten heissen Periode bezeichnete — Zeitabschnitte gibt,
von denen der erste unmittelbar vor den trockensten Abschnitt der
1) Die alleinige Anwendung der „paläontologischen" Methode kann also gar
nicht zu richtigen Ansichten über die Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen
phanerogamen Flora und Pflanzendecke der Gebiete des nördlicheren Europas
führen.
524 A. Schulz
ersten heissen Periode fällt, der zweite dem trockensten Abschnitte
unmittelbar folgte. Wahrscheinlich war der erstere von beiden der
bedeutendere, w^ärmere und längere; in ihm hat wohl die feste
Ansiedlung der Mehrzahl der an warmes Sommer- und Winterklima
angepassten Elemente der Flora des mittleren Europas in diesem
Gebiete stattgefunden. Ganz bestimmt lässt sich dies jedoch aus der
gegenwärtigen phanerogamen Flora und Pflanzendecke des nördlicheren
Europas — und aus der der nördlichen Erdhälfte überhaupt — nicht er-
kennen. Leider gibt auch die Untersuchung der aus dem Zeiträume
zwischen der Periode des Bühlvorstosses und der ersten kühlen Periode
stammenden geognostischen Bildungen dieses Gebietes über die
Stellung des warmen Zeitabschnittes bezw. der warmen Zeitabschnitte
zu dem trockensten Abschnitte der ersten heissen Periode keinen
Aufschluss. Durch geognostische Untersuchungen lässt sich überhaupt
nicht nachweisen, dass in jenem Zeiträume im nördlicheren Europa
längere Zeit ein Klima von der angegebenen Beschaffenheit
geherrscht hat. In Folge davon lässt sich auch nichts darüber sagen,
ob sich — was aus der gegenwärtigen phanerogamen Flora und
Pflanzendecke des nördlicheren Europas nicht zu erkenen ist - die
Zeiten mit warmem Klima vor der - letzten der Perioden von der
Art der — ersten kühlen Periode mehrfach wiederholt haben. Das
gleiche wie von dem warmen Zeitabschnitte oder den warmen Zeit-
abschnitten vor der ersten kühlen Periode gilt von den entsprechen-
den, doch viel unbedeutenderen Zeitabschnitten nach dieser Periode,
deren Vorhandensein sich aus der gegenwärtigen phanerogamen
Flora und Pflanzendecke des nördlicheren Europas nur undeutlich er-
kennen lässt. Bei ausschliesslicher Anwendung der „paläontologischen"
Methode — d. h. ausschliesslicher Berücksichtigung der Spuren der
ersten der von mir unterschiedenen Spurenklassen — kann man also
weder über die feste Ansiedlung der Ansiedler der warmen Abschnitte
oder des warmen Abschnittes der ersten heissen Periode, die einen
nicht unbedeutenden Teil der Glieder der mitteleuropäischen Flora
ausmachen, in Mitteleuropa, noch über deren weitere Geschicke in
diesem Gebiete etwas aussagen. In Folge davon wird diese Gruppe
von denjenigen Forschern, die die Entwicklungsgeschichte der gegen-
wärtigen Flora und Pflanzendecke Mitteleuropas ausschliesslich oder
vorzüglich nach dieser Methode zu erforschen suchen, garnicht von
den Ansiedlern des trockensten Abschnittes der ersten heissen Periode
geschieden.
Bei ausschliesslicher Anwendung dieser Methode lässt sich aber
auch über die Ansiedlung und die weiteren Geschicke der übrigen
Gruppen der gegenwärtigen mitteleuropäischen Phanerogamenflora
in Mitteleuropa sehr wenig aussagen. Dies würde auch nicht anders
Entwicklungsgeschichte der phanerogarocn Flora des norddeutschen Tieflandes. 525
sein, wenn die meisten Glieder dieser Gruppen^) in den aus der Zeit
der Entwicklung der gegenwärtigen phanerogamen Flora und Pflanzen-
decke Mitteleuropas stammenden Ablagerungen des nördlicheren
"Europas in einem solchen Zustande fossil vorkämen, dass sie sich
absolut sicher bestimmen liessen"^).
Eine Frage kann man jedoch ausschliesslich mit Hilfe der
j,paläontologischen" Methode zu beantworten suchen, die nämlich
nach dem Zeitpunkte des Beginnes der Entwicklung der gegen-
wärtigen phanerogamen Flora und Pflanzendecke der einzelnen Länder
des nördlicheren Europas. Auf Grund der gegenwärtigen phanerogamen
Flora und Pflanzendecke dieses Gebietes lässt sich nur das mit
ziemlicher Sicherheit behaupten, dass die Elemente der ersten der
vier von mir unterschiedenen Elemente-Gruppen der mitteleuropäischen
phanerogamen Flora^) sich in Mitteleuropa vor den übrigen Elementen
angesiedelt haben, und das als recht wahrscheinlich hinstellen, dass
ihre feste Ansiedlung in einen Zeitabschnitt fiel, wo im nördlicheren
Europa so kühles Sommerklima herrschte, dass weite Striche auch
der eisfrei bleibenden Partien desselben fast ganz ihren Waldbestand
verloren und im nördlich der Alpen und der Karpaten gelegenen
Teile Mitteleuropas nur Elemente der ersten Gruppe leben konnten.
Es ist nun durch geognostische Untersuchungen nachgewiesen
worden, dass im nördlicheren Europa das perennierende Eis im
1) Es lässt sich mit Hilfe dieser Methode z. B. nichts darüber aussagen, wann
sich die einzelnen Arten dieser Gruppen in dem nördlich der Alpen und Karpaten
gelegenen Teile Mitteleuropas fest augesiedelt haben, ob sie nach ihrer festen An-
siedlung — noch einmal oder mehrmals — von Neuem eingewandert sind und ob
die neuen Einwanderer ebenfalls zur festen Ansiedlung gelangt sind, woher sie ein-
gewandert sind, welche Anpassung an Klima und Boden sie bei ihrer festeu An-
siedlung hatten, ob sie diese Anpassung bewahrt haben, oder ob und in welcher
Weise sich ihre Anpassung im Laufe der Zeit geändert hat usw. Selbstver-
ständlich würde es, wie ich schon dargelegt habe, ebenso verfehlt sein, wenn man
versuchen würde, diese Fragen einzig mit Hilfe der „pflanz engeographischen"
Methode zu beantworten.
2) Auf Grund der Übereinstimmung eines fossilen Pflanzenteils oder weniger
— zu derselben Art gehörender — fossiler Pflanzenteile mit dem entsprechenden
Teile oder den entsprechenden Teilen einer bestimmten rezenten Art lässt sich
nicht behaupten, sondern nur als mehr oder weniger wahrscheinlich hinstellen, dass
die betreffende fossile Art mit dieser rezenten identisch ist. Selbst von denjenigen
— wenigen — der in den aus der Zeit der Entwicklung der gegenwärtigen phanero-
gamen Flora und Pflanzendecke des nördlicheren Europas stammenden Ablagerungen
dieses Gebietes vorkommenden fossilen Phanerogamenarten, von denen in diesen die
Mehrzahl der wichtigeren Teile aufgefunden worden ist, lässt sich kaum die
Identität mit denjenigen rezenten Arten, deren entsprechenden Teilen diese Teile
gleichen, als sicher hinstellen.
3) Vergl. hierzu z. B. SCHULZ, Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen
phanerogamen Flora und Pflanzendecke der Schweiz, Beihefte zum Botanischen
Centralblatt 17. Bd. (1904) S. 157 u. f.
526 A. SCHULZ: Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen phaneroganien Flora.
jüngsten der grösseren Abschnitte der Erdgeschichte, in der Pleisto-
zänzeit, mindestens fünf mal längere Zeit bedeutend grösser war als
gegenwärtig. Auch während des Höhepunktes der letzten, der un-
bedeutendsten von diesen fünf Vergletscherungsperioden — der Periode
des Bühlvorstosses — , muss das Klima dieses Gebietes so ungünstig
gewesen sein, dass aus dem nördlich der Alpen und Karpaten
gelegenen Teile Mitteleuropas alle Glieder der zweiten, der dritten
und wohl auch der vierten Gruppe verschwanden. Es ist recht
wahrscheinlich, dass damals durch dieses letztere Gebiet — soweit wie
es eisfrei war — hindurch weite zusammenhängende Striche ganz oder
fast ganz waldfrei waren, so dass sich die jetzt in ihm lebenden —
und ausserdem manche aus ihm verschwundene — Elemente der
ersten Untergruppe der ersten Gruppe, obwohl ihnen das damalige
Klima zweifellos nicht sehr günstig war, in ihm mehr oder weniger
weit auszubreiten vermochten. Es lässt sich also annehmen, dass
die feste Ansiedlung der Elemente der ersten Gruppe in diese
Periode fällt, dass mit dieser Periode somit die Entwicklungs-
geschichte der gegenwärtigen phaneroganien Flora und Pflanzendecke
dieses Teiles Mitteleuropas beginnt. Nun sind aber, wie gesagt,
dieser Periode noch mindestens vier andere Perioden mit sehr ähn-
lichem klimatischem Charakter, aber wohl noch wesentlich niedrigeren
Sommertemperaturen vorausgegangen, in denen diese Elemente
ebenfalls in das bezeichnete Gebiet einwandern konnten. Man muss
also untersuchen, ob die feste Ansiedlung dieser Elemente in diesem
Gebiete nicht, wenigstens teilweise, schon in eine jener früheren
grossen Vergletscherungsperioden fällt. Aus der gegenwärtigen
phaneroganien Flora und Pflanzendecke des nördlicheren Europas lässt
sich — in der vorhin augedeuteten Weise — nur wenig erschliessen,
was zur Entscheidung dieser Frage beiträgt. Auch durch geo-
gnostische Untersuchungen kann die Frage nicht beantwortet werden,
doch lassen diese wenigstens erkennen, dass, wenn sich in dem
bezeichneten Gebiete seit der vorletzten*) der grossen Vergletscherungs-
perioden Elemente der ersten Gruppe erhalten haben, deren Anzahl
nur unbedeutend sein kann.
1) Es ist wohl sicher, dass von keinem der Einwanderer einer der früheren
grossen Vergletscherungsperioden noch gegenwärtig in dem bezeichneten Gebiete
Nachkommen leben.
Z. WOYCICKI: Pathologische Wachstumserscheimmgen bei Spirogyra usw. 527
76. Z. Woycicki: Über pathologische Wachstumserschei-
nungen bei Spirogyra und Mougeotia-Arten in Laboratoriums-
l<ulturen.
Vorläufige Mitteilung.
(Eingegangen am 25. November 1907.)
Durch die Arbeiten von KNY, BÖHM, SPÄTH und METER,
Lackner, Krauch, WeHMER u. a.') ist die höchst schädliche Ein-
wirkung des Leuchtgases auf die Pflanzen eine längst bekannte
Tatsache geworden. Diese Einwirkung zeigt sich, wie MOLISCH
nachgewiesen hat, bei den höheren Vertretern des Pflanzenreiches
sogar schon bei sehr minimalen Dosen, denn bei einer Quantität von
0,005 pCt. wurde „eine Verkürzung bei Wurzeln von Zea Maijs-
Keimlingen in Länge und Förderung im Dickenwachstmn" kon-
statiert.^)
Im Jahre 1901 wurden wir durch die Versuche von NELJUBOW,^)
und 1903 durch die Arbeiten von MAXIMILIAN SINGER*) und OSWALD
Richter^) darauf aufmerksam gemacht, dass diese Einwirkung bei
der Bewertung der im Laboratorium angestellten Versuche unbedingt
in Betracht gezogen werden muss; denn — wie der letztgenannte
Autor sagt — „wir arbeiten im Laboratorium meist mit kranken
Pflanzeo, weshalb heute zu den notwendigsten Forderungen eines
pflanzenphysiologischen Instituts ein lüftbares Gewächshaus gehört."®)
* *
*
Es ist gleichfalls längst bekannt, dass „unter gewissen äusseren
Bedingungen"^) Spirogyra nnd Mougeotta^) fähig sind, höchst sonder-
1) cf. Oswald Richter, Pflanzenwachstum und Laboratoriumsluft. Ber. d.
deutsch, bot. Ges., Bd. 21, 1903. Es wird auf die oben angefühi-te Literatur und
deren Quellen hingewiesen.
2) ibid. p. 184.
3) D. NeljüBOW, Über die horizontale Nutation der Stengel von Pisum
sativum und einigen anderen Pflanzen. Beih. z. Bot. Centralbl., Bd. X, Heft 3, 1901.
4) Maximilian Singer, Über den Einfluss der Laboratoriumsluft auf das
Wachstum der Kartoffelsprosse. Ber. d. deutsch, bot. Ges., Bd. 21, 1903.
5) 1. c.
6) 1. c. p. 194.
7) Borge, Über die Rhizoidenbildung bei einigen fadenförmigen Chloro-
phyceen. Inauguraldissert., Upsala 1894.
8) cf. Literaturangaben bei BORGE und die letzte Arbeit über diesen Gegen-
stand von A. A. Pascher, Über auffallende Rhizoid- und Zweigbildungen bei einer
Mougeotia-Axt. Flora 1907.
528 Z. WOYCICKI:
bare Auswüchse oder Rhizoide — wie die allgemein angenommene
Bezeichnung dafür lautet — hervorzubringen. Ich konnte aber
nirgends bei den Versuchen, welche zwecks Erklärung der Ur-
sachen der Erscheinung derartiger Gebilde angestellt
wurden, einer Berücksichtigung des Einflusses des Leuchtgases auf
diesen höchst delikaten und daher ausserordentlich empfindlich
reagierenden Organismus begegnen.^)
Indessen aber äussert sich in dieser Richtung der Einfluss des
Gases, der Quantität entsprechend, welche in unseren Laboratorien
enthalten ist, sehr stark auf die Spirogyra-T^eWen, wovon mich die
Beobachtuno-en überzeuo-ten, welche durch die vorbereitenden Ver-
suche zur weiteren Aufklärung dieser Frage bestätigt wurden, die
den Gegenstand dieser vorläufigen Mitteilung bildet.
In einem grossen Glasgefässe von 45 cm Höhe und 25 cm
Durchmesser befand sich seit dem Herbst des Jahres 1906 in
vollster Ruhe und Ungestörtheit auf dem südlichen Fensterbrett
unseres Laboratoriums eine gemischte Kultur von Wasseralgen, die
hauptsächlich aus Cladophora, mit Oedogoniuin, Spirogyra und
Mougeotia vermischt, bestand. Sie überwinterten alle ziemlich gut
und fingen im Frühjahre dieses Jahres an, sicli intensiv weiter zu
entwickeln und die Wasserschicht von unten bis oben auszufüllen,
deren Yerdunstungsquantität fortgesetzt auf die frühere Wasserhöhe
durch Zugiessen von reinem Leitungswasser ergänzt wurde. Als ich
nun in den ersten Tagen des Maimonats das Kulturmaterial aufmerk-
samer betrachtete, bemerkte ich an Spirogyra und Mougeotia Aus-
wüchse, welche durch ihre Eigentümlichkeit, ihre Mannigfaltigkeit
1) Eine kurze Bemerkung über den Einfluss der Laboratoriumsluft finden wir
in der Arbeit von Professor Israel in Berlin: „Biologische Studien mit Eücksicht
auf die Pathologie." Er sagt: „Am ausdauerndsten erwies sich Spirogyra laxa,
die sich in den kleinen Gläsern gut hielt, während die anderen im Laufe von zwei
Monaten meistens wohl den schädlichen Einflüssen der Laboratoriumsluft erlagen,
obwohl alle zwei Wochen das Wasser gewechselt wurde. Häufig fanden sich
physiologische Veränderungen in den Kulturen, die darin zum Ausdruck kamen,
dass sich in einzelnen Zellen, bisweilen auch in längeren Reihen derselben, die
Chlorophyllbänder mehr oder weniger weit von einem Ende der Zelle, oder auch
von beiden, zurückzogen, ohne dass die Zellen sonst irgend eine Ab-
weichung zeigten, oder eine Schädigung aufwiesen. Öfter auch lagen die
Chromatophoren ganz gestreckt in der Zelle, der Längskontur in der Projektion
mehr oder weniger parallel, als wenn die übrigen Teile ein stärkeres Längen-
wachstum erfahren hätten, indess die in ihrer Zunahme zurückgebliebenen grünen
Bänder mechanisch gestreckt wurden. Auch hier war keine weitere Schädi-
gung der Zellen zu erkennen." — S. 299.
Archiv für pathol. Anatomie u. Physiologie und für klinische Medizin.
Bd. 147, 41, 1897.
Pathologische Wachstumserscheinungen bei Spirogyra und Mougeotia-Arten. 529
und Grösse meine Verwunderung hervorriefen. Da ich vermutete,
dass diese Erscheinung dem Einflüsse des zwar in minimalen Dosen,
jedoch im Verlaufe eines längeren Zeitraumes durch das Wasser des
Gefässes diffundierenden Leuchtgases zuzusehreiben sei, stellte ich
im Herbste dieses Jahres Versuche mit frischem Materiale an. Die
Versuche bestanden darin, dass ich Leuchtgas durch das Leitungs-
wasser führte, in welch letzterem ich hauptsächlich Spirogyra setiformis
(Roth) kultivierte.
Mit dem ersten Versuche begann ich am 5. September. Es
wurde ein nicht sehr grosses Gefäss genommen und w^ährend
15 Minuten Leuchtgas hindurchgeleitet. Nach je zwei Tagen wurde
dieselbe Manipulation dreimal wiederholt, und zwar in der Weise,
dass das Wasser von der Kultur abgegossen, und dann erst das
Leuchtgas durchgeleitet wurde. Da ich aber bemerkte, dass ein
15 Minuten langes Hindurchleiten von Leuchtgas allzu stark auf
Spirogyra einwirkte, so liess ich am 7. Monatsdatum nur 10 Minuten
lang, und am 9. und 11. nur 5 Minuten lang Gas hindurchgehen.
Am 12. d. Mts. zeigte sich die Einwirkung des Gases darin, dass
die Mehrzahl der Fäden gänzlich verschwanden und nur in einigen
derselben entweder einzelne Zellchen, oder drei bis vier Zellgruppen
lebend erhalten geblieben waren.
Das Gefäss mit dieser Kultur wurde dann in ein kleines
Gewächshaus bei off'enem Fenster gebracht, und nach Verlauf von
einem Monat (zum ersten Male am 10. Oktober) bemerkte ich eine
grosse Anzahl Zellen und kurzer Fäden, welche anfingen Auswüchse
von dem gleichen Typus zu bilden, wie das Material der Laboratoriums-
kultur.
Im zweiten Versuche wurde das Gas nur dreimal und aus-
schliesslich nur auf 5 Minuten durchgeleitet. Auch in diesem Falle
zeigte sich nach Verlauf eines Monats eine grosse Anzahl kurzer
zwei- oder dreizelliger Fäden mit Auswüchsen von verschiedener
Grösse und Form. Das Vergleichsmaterial zeigte keinerlei ähnliche
Erscheinungen. Die Zellen der Fäden waren völlig normal, sehr
schön lebhaft grün mit grossen Pyrenoiden. Der einzige Unterschied
im Vergleich zu dem soeben frisch dem Bassin entnommenen
Material bestand darin, dass einige Fäden schlangenförmig gewunden
waren und sich nicht mit den anderen zusammen in parallelen An-
häufungen lagerten.
Indem ich mir eine detailliertere Beschreibung aller von mir
beobachteten Erscheinungen bis zum Momente der Beendigung der
von mir noch angestellten Versuche und Beobachtungen vorbehalte,
halte ich diese Erscheinungen jedoch jetzt schon für einen Beweis
mehr zugunsten der oben angeführten Ansicht RlCHTER's.
530 ^^- STAHL:
77. E. Stahl: Über das Vergilben des Laubes.
(Vorläufige Mitteilung).
(Eingegangen am 18. November 1907.)
Bei der herbstlichen Verfärbung der Blätter tritt auf natürlichem
Wege eine Trennung der beiden Bestandteile des Chlorophylls ein,
ähnlich derjenigen, welche auf künstlichem Wege ausführbar ist durch
Ausschütteln der alkoholischen Rohchlorophyllösung mit Benzin
oder Petroläther. Während der in Alkohol zurückbleibende gelbe
Anteil in der grossen Mehrzahl der Fälle keine bemerkenswerte
Abnahme zeigt, verschwindet der blaugrüne, in Benzin oder Petrol-
äther übergehende Anteil gänzlich aus dem völlig ausgereiften, dem
Absterben entgegengehenden Blatte.
Da eine Zunahme des grünen Farbstoffs in den ausdauernden
Teilen des Sprosses nicht wahrzunehmen ist, so muss er in der sich
verfärbenden Spreite eine Zersetzung erleiden, wobei seine Zer-
setzungsprodukte entweder in dem, aus dem Verbände sich loslösen-
den Blatte zurückbleiben, oder aber in die ausdauernden Teile,
behufs weiterer Verwendung, auswandern.
Für die letztere Annahme sprechen die Ergebnisse von Versuchen,
die an eben vergilbenden Spreiten zur Ausführung gelangten.
Wurde nämlich die Ableitung durch Durchschneiden der Blatt-
rippen oder Einknicken der Spreiten senkrecht zur Mittelrippe
gehemmt, oder in einzelnen, vermittelst eines Korkbohrers, aus der
Spreite herausgestanzten Stücken völlig verhindert, so zeigte sich
das Vergilben in hohem Grade erschwert, in manchen Fällen völlig
unterdrückt. Die aus dem Verband gelösten Spreiteufragmente
blieben, insbesondere bei Dikotylen, viel länger grün und starben
manchmal, auch wenn sie sonst unter gleichen Bedingungen wie die
noch am Spross verbliebenen Blätter aufbewahrt, und vor dem
Vertrocknen geschützt waren, unter Bräunung ab, ohne, vorher ihre
grüne Färbung zu verlieren. Es liegt hier die Annahme nahe, dass
in Folge partieller oder totaler Unterbrechung des Zusammenhangs
von Spreiteuteilen mit dem Ganzen eine Anhäufung der abzu-
leitenden Stoffe eintritt, welche die weitere Zersetzung des
grünen Farbstoffs zu verlangsamen oder gar völlig zu verhindern
vermag.
Man muss sich nun fragen, wie es kommt, dass die Pflanzen
bei weitem haushälterischer mit dem grünen Anteil des Chlorophylls
über das Vergilben des Laubes. 531
verfahren als mit dein gelben, welcher ja meist vollständig preis-
gegeben wird oder doch nur in besonderen Fällen eine beträchtliche
Abnahme erleidet. Fasst man die verschiedene Zusammensetzuno'
der beiden Anteile des Rollchlorophylls ins Auge, so wird das ver-
schiedene Verhalten verständlich.
Xach den Untersuchungen von WiLLSTÄTTEß und MiEG') „über
die gelben Begleiter des Chlorophylls" gilt für das Carotin die
Formel C^^ H56' f"'' ^''^^ Xantophyll, welches wahrscheinlich ein Oxyd
des Carotins darstellt, die Formel C^^ H.g 0. Es beteiligen sich
also an dem Aufbau der gelben Begleiter des Chlorophylls, die im
verfärbten Blatte zurückbleiben, oder doch nur unvollständia- aus
ihm fortgeführt werden, nur Kohlenstoff", Wasserstoff, Sauerstoff,
alles Elemente, die der Pflanze reichlich zur Verfügung stehen und
mit welchen sie in der Kegel keineswegs sparsam umzugehen
braucht.
Ganz anders verhält es sich mit dem grünen Anteil des Roh-
chloropliylls, von dem uns hier nur die elementare Zusammensetzung-
interessiert. Zu den Elementen, die sich am Aufbau von Carotin
und Xanthophyll beteiligen, kommen nach WlLLSTÄTTER^) Stick-
stoff und Magnesium hinzii. Von Eisen konnte dieser Forscher,
in Übereinstimmung mit älteren Angaben, keine Spur nach-
weisen Die von STOCKLASA^) mit besonderer Bestimmtheit
vertretene Ansicht, wonach Phosphor an dem Aufbau des
Chlorophylls beteiligt sein soll — wird ja das Chlorophyll geradezu
als Chlorolecithin bezeichnet — hält WiLLSTÄTTER für unbegründet.
Nach ihm enthält das aus Gras oder aus Brennnesseln isolierte
Chlorophyll keinen Phosphor oder doch nnv ganz geringe Mengen,
die von Verunreinigungen herrühren. Dabei hält er es allerdings
nicht für ausgeschlossen, dass irgend eine Pflanze ein phosphor-
haltiges Blattgrün enthält oder dass Additionsprodukte von Chlorophyll
und phosphorhaltigen Verbindungen auftreten können. Sehen wir
von dem Phosphor, dessen Vorkommen einstweilen noch zweifelhaft
ist, ab, so beteiligen sich an dem Autbau des Chlorophyllgrün ausser
den im Clilorophyllgelb nachgewiesenen Kohlenstoff, Wasserstoff und
Sauerstoff noch Stickstoff und Magnesium, welch letzterem
WiLLSTÄTTER geneigt ist, eine hervorragende, hier nicht weiter zu
erörternde Bedeutung bei den Stoffwechselprozessen zuzuschreiben,
eine Ansicht, die durch die Erfahrungen der Pflanzenphysiologen
1) Liebigs Ännalen der Chemie. Bd. 355. 1907.
2) R. WiLLSTÄTTER. Zur Kemitnis der Zusammensetzung des Chlorophylls.
LiEBIG'S Annalen Bd. 350. — WiLLSTÄTTER und HOCHEDER. Über die
Einwirkungen von Säuren und Alkalien auf Chlorophj-ll. ibid. Bd. 344
3) StoCKLASA. Über die Verbreitung und physiologische Bedeutung des
Lecithins iu der Ptlanze. Sitzungsberichte der Wiener Akademie. 1896.
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV p.T
532 E. STAHL:
erhärtet wird. Man denke an das Vorkommen des Magnesiums in
den Samen und an seine von SCHIMPER^) festgestellte Verbreitung
in den embryonalen Geweben, den Blattmesophyllzelleii, den Sieb-
röliren, Polleukörnern usw. Von den am Aufbau des Chloro-
phylls sich beteiligenden Elementen ist jedenfalls die
Erhaltung von Stickstoff und Magnesium von w^eit grösserer
Wichtigkeit als diejenige von Kohlenstoff, Wasserstoff,
Sauerstoff, welche ihr aus Substrat und Atmosphäre in
unbeschränktem Masse zuf Hessen. Es ist daher das gegen-
sätzliche Verhalten der beiden Anteile des Rohchlorophylls
in den, dem Absterben und Abfallen entgea-engehenden
Blättern und anderen grünen Pflanzenteilen, als ein
Zeichen der im Pflanzenkörper waltenden Ökonomie zu
betrachten.
Dasselbe Prinzip der Sparsamkeit, wie in den vergilbenden
Blättern, kommt auch in den reifenden Früchten zum Ausdrck, deren
erst grüne Farbe sich in gelb oder rotgelb wandelt. Der blaugrüne
Anteil des Chlorophylls verschwindet, der hauptsächlich aus Carotin
bestehende roto-elbe bleibt daoeoen zurück. Mit dem Nutzen, den
die Farbenänderuno' stiftet, indem sie die reifen Früchte den Tieren
von weitem erkennbar macht, ist zugleich der Vorteil der Ersparnis
der für die Pflanzen wertvolleren Bestandteile verbunden.
Der bei der Betrachtung der herbstlichen Verfärbung des
alternden Laubes gewonnene Gesichtspunkt ist geeignet, auch eine
andere, an jungen Pflanzenteilen sich einstellende Erscheinung dem
Verständnis näher zu führen. Gemeint ist hier das Ausbleiben des
Ergrünens, das bei allen angiospermen Gewächsen und manchen
anderen, die bei Lichtabschluss eintretenden, als Etiolement
bezeichneten abnormen Wachstumserscheinungen begleitet, Ab-
weichungen, die durch Überverlängeruug gewisser Teile und Ver-
kümmerung anderer gekennzeichnet sind.
Während die Physiologen sich früher damit begnügten, das
Etiolement als krankhaften Zustand zu betrachten, hat zuerst
GODLEWSKI') in lichtvoller Weise dargetan, dass die Eigentümlich-
keiten der etiolierten Gewächse den Nutzen haben, eine möglichst
grosse Ersparung an Eeservestoffen zu erzielen und der Pflanze
möglichst schnell die Bedinguno-en einer selbständioen Ernähruno- zu
schaffen. Die bei Lichtabschluss sich vollziehende Überverlängeruno-
1) A. F. W. SCHIMPER. Zur Frage der Assimilation der Mineralsalze durch
die grüne Pflanze. Flora 18i>0
2) Emil Godlewski, Über die biologische Bedeutung der Etiolierungs-
erscheinungen. Biologisches Centralbl., Bd. IX, 188i).
über (las Vergilben des Laubes. 533
bestimmter Teile hat den Sinu. den Organen, welche znr Ausübung
ihrer Funktion ans Licht gelangen müssen, dies zu ermöglichen. Da
die im Dunkeln stark sich verlängernden Teile zugleich negativ
geotropisch sind, so werden sie aus dem Schoss der Erde durch die
kombinierte Wirkung von Etiolement und negativem Geotropismus
dem Lichte zugeführt.
Sowohl GODLEWSKI als aucli die anderen Forscher, welche nach
ihm der Etiolieruniisfraoe näher oetreten sind, haben sich darauf
beschränkt, die Gestaltungs- und Wachstumsverhältnisse etiolierter
Pflanzenteile biologisch zu deuten. Die andere Seite des Problems,
das Ausbleiben des Ergrünens bei Lichtabschluss, hat bisher noch
keine biologische Deutung gefunden.
Die im Dunkeln gewachsenen Triebe sind nicht völlig farblos,
die Blattspreiten, insbesondere die Kotyledonen etiolierter Keim-
pfläuzchen, zeigen eine bald heller, bald dunkler gelbe Färbung, die
bedingt ist durch Farbstoffe, deren Zahl und Xatur zum Teil noch
strittig ist. Sicher ist nach CZAPEK*) nur, dass die etiolierten
ChlorophjUkörner Carotin führen, das nach KOHL wahrscheinlich
allein der Gelhfärbuno' zu Grunde liegt. Der grüne Anteil des
Chlorophylls fehlt nach der Mehrzahl der Forscher vollständig Nur
TlMlRIAZEFF und MONTEVERDE geben an, dass die etiolierten
Blätter nicht nur einen gelben, sondern noch einen grünen Farbstoff'
in kleiner Menge enthalten, der bei Belichtung- in Chlorophyll
übergehen soll.
Die Richtigkeit dieser Angaben vorausgesetzt, ändert dies
nur wenig an der Tatsache, dass die ergrünungsfähigen Teile der
Angiospermen zurückhaltender verfahren bei der Ausbildung des
Chlorophyllgrün als des Chlorophyllgelb. Der aus weniger kostbarem
Material sich aufbauende gelbe Anteil entsteht, wenn auch vielleicht
in geringeren Mengen, auch bei Lichtabschluss, ohne dass wir bisher
im Staude wären, ihm hier eine bestimmte Funktion zuzuschreiben.
Die Bildung des zum Teil aus wertvolleren Elementen aufgebauten
grünen Anteils ist dagegen, bei den Angiospermen durchweg, bei
anderen Gewächsen in nicht wenigen Fällen, direkt an die Gegen-
wart des Lichtes gebunden. Es lassen sich also die Zurückhaltung
in der Bildung des Chlorophyllgrün bei im Dunkeln entwickelten
Organen, die Entfernung desselben aus den dem Absterben entgegen-
gehenden Teilen unter dem gemeinsamen Gesichtspunkt der Spar-
samkeit begreifen. In dem einen Fall hält die Pflanze zurück mit
der Bildung des bei Lichtabwesenheit nicht funktionsfähigen
Chlorophyllgrüii, an dessen Aufbau sich schwerer zu beschaffende
1) Fr. Czapek, Biochemie der Pflanzen. Bd. I, p. 46(i.
534 E. Stahl: Über das Vergilben des Laubes.
Stoffe beteiligen, welclie in der etiolierendeu Pflanze, die zunächst
zum Lichtgenuss sich emporarbeiten muss, eine geeignetere Ver-
wendung finden dürften. In dem anderen Fall ei'leidet das
Chlorophyllgrün, nachdem die an es gebundene Ernährungsfunktion
erloschen ist, eine Zersetzung, deren Produkte aus den ab-
sterbenden Teilen entfernt und den ausdauernden zugeführt
werden.
Sitzung vom 27. Dezember 1907. 535
Sitzuns: vom 27. Dezember 1907.
o
Yorsitzender: Herr L. KNY.
Mit Schluss dieses Jahres legt Herr Professor Dr. OTTO MÜLLER
aus Gesundheitsrücksichten das Amt als Schatzmeister nieder, das er
während der ersten 25 Jahre des Bestehens der Deutschen Botanischen
Gesellschaft ununterbrochen mit seltener Umsicht und Pflichttreue
verwaltet hat. Der Vorsitzende spricht dem scheidenden Mitgliede
des Vorstandes in warmen Worten den Dank der Gesellschaft aus.
Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen die Herren:
Andrews, Dr. Frank Marion, Associate Professor of Botany in the Uni-
versity of Indiana (ü. S. A.) (durch W. PFEFFER und H. MiEHE).
Geib, Karl, Lehrer in Kreuznach (durch L. Geisenheyner und
R. Wirtgen).
Zu ordentlichen Mitgliedern sind proklamiert die Herren:
Neumann, Dr. M. P., in Berlin,
Hoestermann, Dr. G., in Dahlem b. Berlin,
Lorch, Dr. W.. in Schöneberg -Berlin,
Murinoff, Alexander, Assistent in St. Petersburg,
Schiller, Dr. Joseph, Assistent in Triest,
Bally, Dr. Walter, in Bern,
Schuster. Cand. phil. Walther, in Berlin und
Frau Warwara von Polowzow in St. Petersburg.
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV. 38
r)3() A Schulz:
Mitteiliiiiueii.
78. A. Schulz: Über die Entwicklungsgeschichte der gegen-
wärtigen phanerogamen Flora und Pflanzendecke des nord-
deutschen Tieflandes. II.
(Eh) gegangen am "2(3. November 1907.)
3Iit Hilfe der in der ersten Abhandlung*) dargelegten Methode
bin ich zu folgenden x\nsichten über die Entwicklungsgeschichte der
gegenwärtigen phanerogamen Flora und Pflanzendecke Deutschlands")
gelangt.^) In der Pleistozänzeit hatte das perennierende Eis im
nördlicheren Europa mindestens fünfmal einen viel bedeutenderen
Umfang als gegenwärtig. In jeder dieser fünf Vergletscherungs-
perioden drang das nordische Inlandeis bis nach Deutschland vor.
Während desHöiiepunktes der vorletzten dieser Perioden reichte es nach
Westen wahrscheinlich bis zum Emsgebiete und nach Süden ungefähr bis
zur Gegend von Halle; während der letzten dieser Perioden, in die der
von PENCK Bühlvorstoss genannte Verstoss der Alpengletscher fällt,
drang es dao-egen wohl nicht weit über die sog. baltische Endmoräne,
die es später während einer Pause seines Abschmelzens abgelagert
hat, hinaus nach Westen und Süden vor. Ijeider sind die ans der
Zwischenzeit zwischen dem kältesten Abschnitte der vorletzten und
dem entsprechenden Abschnitte der letzten dieser fünf Perioden
stammenden geognostischen Bildungen des nördlicheren Europas bis
jetzt erst sehr wenig untersucht worden; infolge davon lässt sich
über die Wandlungen des Klimas dieses Gebietes während jener
Zwischenzeit erst wenig Sicheres aussagen. Es ist aber sehr wahr-
scheinlich, dass in jene Zwischenzeit ebenso wie in die Zwischen-
zeiten zwischen den vorausgehenden o-rosseu Yertiletscherunüs-
Perioden oder wenigstens in die zwischen den drei letzten von diesen,
sowie in die Zwischenzeit zwischen der Periode des Bühlvorstosses
und der folgenden ersten kühlen Periode und in die zwischen der
ersten und der zweiten kühlen Periode ein Zeitabschnitt fällt, wo
1) Diese Berichte 25. Bd. (19U7) S. 515 u. f.
2) Ich habe in dieser Abhandlung nur die indigene Flora berücksichtigt.
3) Vgl. zum Folgenden z. B. Schulz, Entwickluugsg. der gegenw. phan.
Flora imd Pflanzendecke der Oberrheinischen Tiefebene und ihrer Umgebung
(Stuttgart lUOG).
Entwicklungsgeschichte der phanerogamen Flora des norddeutschen Tieflandes. 587
Uas Klima Deutschlands bedeutend kontinentaler war als in der
Gegenwart. Wenn, wie es scheint, die zwischen die grossen Ver-
"letscherungsperioden bezw. die kühlen Perioden fallenden Zeit-
abschnitte, in denen in Deutschland ein ausgeprägt kontinentales Klima
herrschte, ein um so kontinentaleres Klima hatten, je niedriger die
Sommertemperatur der ihnen vorausgehenden Vergletscherungs- bezw.
kühlen Periode war, so muss in Deutschland in der Zwischenzeit
zwischen dem kältesten Abschnitte der vorletzten und dem ent-
sprechenden Abschnitte der letzten der fünf grossen Vergletscherungs-
perioden eine Zeitlang ein annähernd so extrem kontinentales Klima
o-eherrscht haben wie in dem kontinentalen Zeitabschnitte der
Zwischenzeit zwischen der drittletzten und der vorletzten jener fünf
Perioden, in dem sich in Mitteleuropa die Hauptmasse des sog.
iünü-eren Lösses abo'elaoert hat. Es muss somit das deutsche Klima
in der Zwischenzeit zwischen der vorletzten und der letzten der
grossen Vergletscherungsperioden eine Zeitlang für diejenigen Phane-
rogamen. die in der vorausgehenden grossen Vergletscherungsperiode,
in deren kältestem Abschnitte das Klima der niederen Gegenden
Mitteldeutschlands wahrscheinlich dem heute in den Küstengegenden
des südwestlichen Grönlands herrschenden ähnlich war, iu Deutsch-
land eingewandert waren, sehr ungünstig gewesen sein. Es ver-
schwand damals wahrscheinlich die Mehrzahl von diesen Ein-
wanderern ganz aus Deutschland, während sich die weitaus meisten
der übrigen hier so an das damalige Klima anpassten, dass sie, da
sie hierdurch sehr empfindlich gegen nasskaltes Sommerklima ge-
worden waren, im Verlaufe der Periode des Bühlvorstosses, in deren
kältestem Abschnitte in Deutschland ohne Zweifel ein etwas milderes
Klima herrschte als in dem entsprechenden Abschnitte der vorletzten
grossen Vergletscherungs])eriode, zugrunde gingen. Es haben sich
somit offenbar nur von sehr wenigen jener Einwanderer in Deutsch-
land Nachkommen bis zum Ausgange der Periode des Bühlvorstosses,
und von hier ab bis zur Geoenwart erhalten. Während der Zwischen-
zeit zwischen den beiden letzten grossen Vergletscherungsperioden
sind sicher sehr zahlreiche Phanerogamen in Deutschland einge-
wandert, doch sind diese Einwanderer ohne Zweifel während der
Periode des Bühlvorstosses sämtlich wieder aus Deutschland ver-
schwunden. Nach dem kältesten Abschnitte dieser Periode erwärmte
sich das Klima des nördlicheren Kuropas wahrscheinlich ziemlich
schnell. Wahrscheinlich waren schon nach verhältnismässig kurzer
Zeit das Sommer- und das Winterklima dieses Gebietes wärmer als
gegenwärtig, und endlich hatte das Klima der wärmsten (Jegenden
Deutschlands vollständig einen mediterranen Charakter, den es
offenbar sehr lange behielt. Im Verlaufe dieses letzten, sehr langen
Zeitabschnittes wurde das Klima des nördlicheren Europas allmählich
38*
538 A, Schulz:
kontinentaler; während das Klima der wärmsten Gegenden Deutsch-
lands anfänglich einen westmediterranen Charakter hatte, hatte es
später einen ostmediterranen Charakter. Dann wurde das Klima
aber noch kontinentaler, bis es zuletzt in den niederen Gegenden
des östlichen Abschnittes der südlichen Partie des nördlich der
Alpen und Karpaten gelegenen Teiles Mitteleuropas dem gegenwärtig
in den Steppengegenden des südwestlichen europäischen Russlands
herrschenden Klima glich, in den des westlichen Abschnittes dieser
Partie Mitteleuropas aber etwas milder war. ^) Diese westlichen
Gegenden glichen damals in ihrem Vegetationscharakter wahrschein-
lich ungefähr den gegenwärtigen Pussten Ungarns, während die
niederen Gegenden des östlichen Abschnittes der südlichen Partie in
dieser Hinsicht wohl den gegenwärtigen Steppen Südwestrusslands
sehr ähnlich waren. Im nördlichen Deutschland hatten damals wohl
nur einzelne Striche einen Steppen- — im Osten — oder Pussten-
Charakter — imWesten — . Nachdem das Klima des nördlicheren Europas
lange extrem kontinental gewesen war, wurde es wieder, und zwar
wahrscheinlich schnell, milder, bis es einen Charakter hatte wie in
dem dem kontinentalen Zeitabschnitte vorausgehenden warmen Zeit-
abschnitte; es verharrte aber wohl nur recht kurze Zeit in diesem
Zustande und wurde dann noch kühler und feuchter, bis endlich die
Sommer bedeutend kühler und feuchter und die Winter milder und
feuchter waren als gegenwärtig. Hierauf folgte eine ähnliche
Wandlung des Klimas des nördlicheren Europas wie nach dem
Höhepunkte der Periode des Bühlvorstosses. Das Sommer- und das
Winterklima wurden allmählich wieder wärmer als gegenwärtig;
doch erhielt wahrscheinlich das Klima keiner Gegend Deutschlands
wieder einen mediterranen Charakter. Dann wurde das Klima
kontinentaler als gegenwärtig, doch lange nicht in dem Masse wie
während des vorigen kontinentalen Zeitabschnittes. Und darauf
wurde es von neuem milder, bis es wahrscheinlich nach recht kurzer
Zeit einen solchen Charakter hatte wie in der vorioen kühlen
Periode, nur dass die Sommer nicht so kühl und feucht waren wie
1) Dieser Zeitabschnitt, der ihm vorausgehende und der ihm folgende Zeit-
abschnitt mit warmem Sommer- und Winterklima, sowie die Übergangszeiten,
durch die diese beiden Zeitabschnitte mit der Periode des Bühlvorstosses und der
ersten kühlen Periode verknüpft sind, bilden die erste heisse Periode. Ich habe
die beiden warmen Zeitabschnitte als den ersten und den zweiten warmen Abschnitt
dieser Periode, den von ihnen eingeschlossenen trockenen Zeitabschnitt als den
trockensten Abschnitt dieser Periode bezeichnet. In derselben Weise können die
Zeitabschnitte zwischen der ersten und der zweiten kühlen Periode als zweite
heisse Periode, die zwischen der zweiten und der dritten kühlen Periode als dritte
heisse Periode zusammengefasst werden. Sie lassen sich ebenso bezeichnen wie die
der ersten heissen Periode.
Entwicklungsgeschichte der phanerogamen Flora des norddeutschen Tieflandes. 539
iu dieser.^) Dann machte das Klima des nördlicheren Europas
wahrscheinlich noch einmal eine ähnliche Wandlung durch wie seit
der ersten kühlen Periode, doch war das Sommerklima während des
trockensten Abschnittes wohl nicht viel trockener und während des
folgenden kühlsten Abschnittes wohl nicht viel feuchter und kühler
als gegenwärtig. Nach dieser dritten kühlen Periode wurde das
Sommerklima im nördlicheren Europa wieder trockener und wärmer
und das Winterklima trockener und kälter, bis das Klima dieses
Gebietes seine heutige Beschaffenheit erhielt.
Mit der Periode des Bühlvorstosses beginnt also die eigentliche
Entwicklung der gegenwärtigen phanerogamen Flora und Pflanzen-
decke Deutschlands, da sich, wie ich dargelegt habe, in Deutschland
offenbar nur bei sehr wenigen Arten Nachkommen von Individuen,
die hier vor dieser Periode lebten, bis zur Gegenwart erhalten
haben. Diese wenigen Elemente gehören zu der ersten der vier
Gruppen, in die man die indigenen Elemente der gegenwärtigen
Phanerogamenflora Deutschlands zusammenfassen kann. Die feste
Ansiedlung der überwiegenden Mehrzahl der Elemente dieser Gruppe
in Deutschland fällt in die Periode des Bühlvorstosses. Die meisten
der phanerogamen Arten, die in dieser Periode in Deutschland ein-
wanderten, verschwanden bis zum Höhepunkte des trockensten
Abschnittes der ersten heissen Periode wieder aus Deutschland.^)
Bei einem Teile von denjenigen der in der Periode des Bühlvor-
stosses eingewanderten Arten, die sich während des Höhepunktes
des trockensten Abschnittes der ersten heissen Periode in Deutschland
— meist nur in sehr unbedeutender Verbreitung — erhielten, passte sich
in dieser Zeit ein Teil oder die Gesamtmasse der deutschen Individuen-
gruppeu derartig an das herrschende Klima an, dass sich diese
Arten noch während des trockensten Abschnittes von neuem in
Deutschland ausbreiten konnten und sich hier später ähnlich wie
die Einwanderer dieses Zeitabschnittes verhielten. In diesen Zeit-
abschnitt fällt die feste Ansiedlung der Mehrzahl der Glieder der
zweiten Gruppe der Elemente der deutschen Phanerogamenflora in
Deutschland. Diese Gewächse hatten hier in der ersten kühlen
Periode sehr zu leiden und verloren damals den grössten Teil ihres
deutschen Areales, während zahlreiche andere mit ihnen gleichzeitig
eingewanderte Phanerogamen ganz aus Deutschland verschwanden.
Die Elemente der zweiten Gruppe breiteten sich während des
1) Betreffs des Klimas Deutschlands während der kühlen Perioden vgl,
Schulz, a. a. 0.
2) Ich habe hier nur die spontanen — d. h. ohne Beihilfe des Menschen
erfolgten — Änderungen der Areale berücksichtigt. Auf die Beeinflussung der
phanerogamen Flora und Pflanzendecke Deutschlands durch den Ackerbau und
Viehzucht treibenden Menschen will ich nicht eingehen.
540 A. Schulz:
trockensten Abschnittes der zweiten heissen Periode, wo sich ohne
Zweifel einioe bis dahin Deutschland fehlende Arten mit derselben
klimatischen Anpassung hier fest angesiedelt haben, von neuem in
Deutschland aus, doch lange nicht soweit wie während des trockensten
Abschnittes der ersten heissen Periode, büssten dann während der
zweiten kühlen Periode wieder einen Teil ihres deutschen Areales
ein, worauf in der dritten heissen Periode eine nochmalige, noch
unbedeutendere Erweiterung ihres deutschen Areales erfolgte, an die
sich in der dritten kühlen Periode eine entsprechend unbedeutende
Verkleinerung desselben anschloss, auf die nur eine ganz unbe-
deutende spontane Yergrösserung des deutschen Areales der einzelnen
dieser Elemente, die noch gegenwärtig anhält, folgte. Die Haupt-
masse der Elemente der dritten Gruppe hat sich in Deutschland
während des ersten warmen Abschnittes der ersten heissen Periode
fest angesiedelt. Während des auf den ersten warmen Abschnitt
folo'enden trockensten Abschnittes dieser Periode sind die meisten
Einwanderer jenes warmen Abschnittes wieder aus Deutschland ver-
schwunden und erfuhren die überlebenden eine sehr bedeutende
Verkleineruno; ihres deutscheu Areales. Diese breiteten sich darauf
während des zweiten warmen Abschnittes dieser Periode von neuem,
doch nicht sehr weit, in Deutschland aus, erfuhren während der
ersten kühlen Periode, wo wahrscheinlich eine Anzahl von ihnen
ganz aus Deutschland verschwunden ist, wieder eine Arealverkleinerung,
breiteten sich während des ersten warmen Abschnittes der zweiten
heissen Periode noch einmal in Deutschland aus und erfuhren dann
während des trockensten Abschnittes dieser Periode nochmals eine
Arealverkleinerung, an die sich in der Eolgezeit nur eine unbe-
deutende Änderung ihrer Areale anschloss. Die feste Ansiedlung
eines Teiles der Elemente der vierten Gruppe in Deutsehland fällt
sicher in die erste kühle Periode; doch büssten diese Ansiedler
zweifellos während des trockensten Abschnittes der zweiten heissen
Periode fast ihr gesamtes deutsches Areal ein. Darauf breiteten sie
sich während der zweiten kühlen Periode nochmals aus, erfuhren
dann während des trockensten Abschnittes der dritten heissen Periode
eine nochmalige Arealverkleinerung, worauf sie sich während der
dritten kühlen Periode wieder etwas ausbreiteten. Heute scheinen
die Verhältnisse für einzelne von ihnen im östlichen Deutschland
bereits ungünstig geworden zu sein.
Eine wesentlich andere Ansicht hat sich WEBER über die Ent-
wicklungsgeschichte der gegenwärtigen phanerogamen Flora und
Pflanzendecke Deutschlands, im besonderen Norddeutschlands, ge-
bildet. ')
1) Vgl. Weber, Die Geschiebte der Pflanzenwelt des norddeutschen Tief-
Eutwickluugsgeschiclite der phanerogamen Flora des norddeutschen Tieflandes. 541
WEBEß scheint der Meinung zu sein/) dass in der Pleistozänzeit
das perennierende Eis des nördlicheren Europas dreimal eine seine
^heutige weit übertreffende Ausdehnung liatte, und dass in jeder
dieser drei langen Vergletscherungsperioden das Inlandeis von Norden
her in ])eutschland eindrang und sich über einen grossen Teil des
nördlichen Deutschlands — in der letzten wahrscheinlich vorüber-
gehend nach Westen bis über die Weser liinaus^) — , ausbreitete.
Während dieser Vergletscherungsperioden — oder nur während der
letzten'^ — hatten „die nichtvereisten Teile West- und Mitteleuropas
ein trockenes Klima mit überwiegend heiterem Himmel. Seine
Winter müssen selir kalt gewesen sein". Das Frühjahr war ver-
hältnismässig niedorschlagsreich^). „Nachtfröste kamen vermutlich
bis weit in den Sommer hinein vor. Mit der steigenden Temperatur
verminderte sich die relative Luftfeuchtigkeit, zugleich wuchsen die
barometrisclien Gradienten in der Kichtung nach dem Landeise, und
heftige Staubstürme, die Ursache der mitteleuropäischen Lössablage-
rungen, waren die Folge. Alles das sind die Kennzeichen des
Steppenklimas. Und dieser Abschnitt der Diluvialzeit ist es, wo wir
in Mittel- und Westeuro])a die von NeHKING so überzeugend nach-
gewiesenen Steppen zu suchen haben: auf dem Höhepunkte der
Eiszeit glaziale (arktische) oder 'J'undren mit Lemmingen und Eis-
füchsen; beim Rückzug des Eises die jenen nachfolgende sub-
arktische Steppe mit Pferdespringern, Zieseln, Bobak, Pfeifhasen,
Saiga usw."^) Auf Grund der Ergebnisse der Untersuchung der aus
dieser Zeit stammenden Ablao-erungen kann man mit Sicherheit be-
haupten, dass «lamals in Deutschland selbst in einem Abstände von
vielen Kilometern vom Rande des Landeises keine ausgedehnten
Wälder anemophiler Bäume vorkamen °). Seit dem Rückzuge des
letzten Landeises aus <lem norddeutschen Tieflande haben sich in
dessen Flora die Yoroänge im allgemeinen in ähnlicher Weise w^ie
in Schweden und in Dänemark abgewickelt, so dass wir auch hier
die einzelnen Zeitabschnitte wie dort nach den charakteristischsten,
nacheinander eingewanderten Pflanzenarten als die Dryas-, die
Birken-, die Föhren-, die Eichen- und die Buchenzeit benennen
können®). Die Eiche, die Fichte und die Buche waren während
der letzten Vergletscherungsperiode nach dem nördlichen Mediterran-
landes seit der Tertiärzeit, Resultats scientiiiques du (longres international de Bo-
tanique de Vienne 1905 (190G) S. 98 u. f.
1) Weber, a. a. 0. S. 101, vgl. jedoch S. 107.
2) A. a. 0. S. 10-2—103.
3) A. a. 0. S. 105.
4) A. a. 0. S. 105.
5) A. a. 0. S. 106.
6) A. a. 0. S. 107.
542 A. SCHULZ:
gebiete zurückgedrängt. Bei ihrer späteren Rückwanderung nach
Norden mussten die rascher wandernden oder vielleicht minder weit
zurückgedrängten, wie die Eiche, vor den anderen, zumal der Buche,
einen um so grösseren Vorsprung gewinnen, je weiter ihr Weg sie
nach Norden führte. Während der Dryaszeit, die NehrING's
Tundrenzeit entspricht, entsprachen die klimatischen Verhältnisse
Norddeutschlands nicht durchaus denen, die heute im hohen Norden
herrschen, und es stimmt deshalb die norddeutsche Flora jener Zeit
keineswegs mit der heutigen des hohen Nordens, z. B. Spitzbergens,
überein. Die reine Birkenzeit scheint im norddeutschen Tieflande
nicht so ausgeprägt gewesen zu sein wie in Dänemark und auf der
Skandinavischen Halbinsel. A^ielmehr scheint sich die Kiefer sehr
frühzeitig eingestellt zu haben. Beide Bäume haben sich vielleicht
während des Höhepunktes der letzten Vergletscherungsperiode in
Mitteldeutschland hier und da reichlich erhalten. Ebenso scheint
in Norddeutschland die reine Kiefernzeit nicht eine so lange Dauer
wie in Skandinavien gehabt zu haben, und die Eiche entsprechend
früher eingewandert zu sein.^) Die durch die Herrschaft der Stiel-
eiche (Quercus pedunculatd) gekennzeichnete Periode umfasst dagegen
den grössten Teil des postdiluvialen Zeitalters in Norddeutschland.
Während dieser Zeit ging das grosse süsse Gewässer, das die Ostsee
während des grössten Teils derselben darstellte — der Ancylussee
— wieder in ein salziges Gewässer, das Litorinameer, über, wobei
sich das ganze südliche Ostseebecken senkte. Während des Höhe-
punktes dieser Periode wanderte die Fichte in den südlichen Teil
der Lüneburger Heide ein. Das Klima des norddeutschen Tief-
landes war während des grössten Teiles der Eichenzeit milde und
feucht. Es bildeten sich damals ausgedehnte Sphagneta aus und
verursachten die Entstehung grosser Hochmoore. Damals ist ein
Teil der Vertreter der atlantischen Association Norddeutschlands in
das norddeutsche Tiefland eingewandert. Am Ende der Eichenzeit
wurde das Klima trockener, die Sphagneta verkümmerten infolge-
dessen oder o;inoen zu Grunde, und die Hochmoore bedeckten sich
statt ihrer mit Wollgräsern und Strauchheiden, stellenweise mit
kümmerlichen Nadel- und Birkenwäldern oder mit Waldgebüsch. ^)
Es liegt nahe, die Einwanderung der Steppenpflanzen, d. h. der Ver-
treter der pontischen Association, in Norddeutschland in diese trockene
Periode, die zwar nicht so ausgeprägt gewesen sein kann, um einen
Steppencharakter des norddeutschen Tieflandes^) zu bedingen, aber
immerhin wahrscheinlich eine grössere Zahl trockener Standorte
1) A. a. 0. S. 108.
2) A. a. 0. S. 109.
3) A. a. 0. S. 111.
Entwicklungsgeschichte der phanerogamen Flora des norddeutschen Tieflandes. 543
erzeugt hat, zu vorlegen. Wenn diese Gewächse wirklich in dieser
Periode eingewandert sind, so „darf man sie natürlich nicht als
.Steppenrelikte bezeichnen, wie gewöhnlich geschieht". „Nun steht
es zwar fest, dass wenigstens der südliche Teil des norddeutschen
Tieflandes in einem älteren Abschnitte der Quartärzeit einen ent-
schiedenen Steppencharakter getragen hat, und man hat nicht ver-
fehlt, die betreffenden Pflanzen als Relikte gerade jener Zeit zu
betrachten. Aber seitdem wir wissen, dass sich zwischen diese Zeit,
die nach meiner Überzeugung in den Schlussabschnitt der letzten
Eiszeit fällt, und die Gegenwart zwei niederschlagsreiche Perioden
einschieben, die höchst wahrscheinlich eine stärkere Ausbreitung des
Waldwuchses begünstigten, hat jene Ansicht stark an Wahrschein-
lichkeit eingebüsst. Träfe sie zu, so müsste überdies die heutige
Verbreitung der pontischen Pflanzen bei uns auf eine Einwanderung
aus Süden deuten, während bereits LOEW bemerkt hat, dass diese
vielmehr der Hauptsache nach auf eine Einwanderung aus Osten
hinweist.'") „Erst nach dem Schlüsse dieses trockenen Zeitalters ist
die Buche eingewandert, kurz vor der Zeit, als das Litorinameer
seinen höchsten Stand und grössten Salzgehalt erreicht hatte, der
grösser war als der gegenwärtige Salzgehalt der Ostsee. Das Klima
wurde wieder niedersclilagsreich. Von neuem entstanden weitaus-
gedehnte Sphagneta und lagerten mächtige Hochmoore ab." Vielleicht
sind erst in dieser Zeit die meisten Vertreter der atlantischen
Association Norddeutsclilands eingewandert. In Schweden war
während dieses Zeitalters die Jahrestemperatur eine Zeitlang höher
als gegenwärtig; ob dies auch in Norddeutschland der Fall war,
darüber sind wir nicht unterrichtet.^) Während des ersten Ab-
schnittes der Buchenzeit wohnten Weizen und Gerste bauende Spaet-
neolithiker an den Küsten des östlichen Holsteins und hinterliessen
als Reste ihrer Mahlzeiten Abfallhaufen mit Schalen der Auster, die
jetzt nicht mehr in diesem Teile der Ostsee wegen seines zu ge-
ringen Salzgehaltes zu leben vermag.^) In der Folge ergreift eine
Hebung das südliche Skandinavien und die dänisclien Inseln, scheidet
die Ostsee wieder stärker vom Ozean und veranlasst eine Ver-
minderung ihres Salzgehaltes. Die während der Litorinasenkuug ver-
sunkenen Strecken der deutschen Ost- und Nordseeküste dagegen heben
sich nicht oder nur unbedeutend wieder über die Fluten der Ostsee
empor. Die Kiefer zieht sich währenddes in einem gewissen Ab-
1) A. a. 0. S. 111.
2) Weber bemerkt hierzu (S. 109 Anm. 3): „Ebensowenig ist es bekannt, ob
diese Wärmeperiode in der Buchenzeit zu suchen ist, wie liier angenommen wird,
oder ob sie nicht vielmehr mit der Trockenperiode gegen Ende der Eichenzeit
zusammenfällt"
3) A. a. 0. S. 109.
544 -^- Schulz:
Stande von den Küsten der Nordsee zurück, eine Erscheinung, die
noch nicht genügend aufgeklärt ist. Im weiteren Yerlaufe der
Buchenzeit wird durch den Menschen der Wald mehr und mehr
gelichtet; zahlreiche neue Florenelemente werden eingeführt, und
andere erlangen gegen früher eine gewaltige Ausdehnung. 80
Calluna vulgaris^ die sich in Nordwestdentschland, wahrscheinlich
zugleich mit Gliedern der pontischen Association, weithin ausbreitet.
Auf den Xiedermooren werden nach der Beseitigung der natürlichen
moorbildenden Pflanzenvereine und der Entwässerung Niederseggen-
und Graswiesen erzeugt und zuletzt wird auch dem Wachstum der
Sphagneten auf den Hochmooren <lurch den Menschen ein Ende
bereitet und selbst die Heiden und Seggenwiesen müssen der Kultur
weichen.') Sämtliche Niedermoore Norddeutschlands waren unzweifel-
haft ursprünglich mit Erlenbruchwald, mit dichten Röhrichten oder
ebensolchen Hochseggenbeständen besetzt, in denen diejenigen Ver-
treter der boreal-al])inen Association Norddeutschlands, die gegen-
wärtig auf Niedermooren wachsen, nicht zu gedeihen vermögen. Sie
können sich auf diesen Mooren erst angesiedelt haben, nachdem die
Kultur zumeist durch Beseitigung der ursprünglichen Vegetation und
z. T. durch Entwässerung des Geländes die Bedingungen gescliaifen
hatte, unter denen sie leben können.^) Auch diejenigen Arten der
boreal-alpinen Association, die in den Sphagneten der norddeutschen
Hochmoore wachsen, leben nicht seit der Eiszeit beständig an den
Orten, an denen wir sie heute finden. Denn die überwiegende
Mehrzahl der norddeutschen Hochmoore hat sich über Bruchwaldtorf
oder Schilftorf oder limnischen Torfarten gebildet, auf welchen
Torfarten diese Gewächse nicht zu wachsen vermögen. Wir können
nicht einmal mit Sicherheit behaupten, dass die heute im nord-
deutschen Tieflande lebenden Individuen dieser Arten Nachkommen
der Individuen sind, die sich in der späteren Glazialzeit hier an-
gesiedelt haben. Wir können diese Arten also nicht einmal als
Relikte im weiteren Sinne auffassen.^) Dies gilt z. B. von Betula nanu^
die neuerdings an zwei Stellen des norddeutschen Tieflandes, bei
Neulinum in Westpreussen und bei Bodenteich in der Lüneburger
Heide, aufgefunden worden ist. Bei Bodenteich wächst sie auf einem
Niedermoore, auf dem sie wahrscheinlich erst etwa 30 Jahre lebt.
Wahrscheinlich ist sie dorthin vom Brocken, auf dem — und zwar
nahe bei Torfhaus — ihre nächste Wohnstätte liegt, durch Vögel
verschleppt Avorden. Aber auch bei Torfhaus fehlen ihre Reste in
den etwas tieferen I^agen des Spagnumtorfes, so dass auch dieser
1) A. a. 0. S. 110.
2) A. a. 0. S. 112.
3j A. a. 0. S. 113.
Entw'ickluTigsgeschichte der phaneroganien Flora des norddeutschen Tieflandes. 545
Standort ein verhältnismässig junges Alter zu haben scheint/) Bei
Neulinuni -wächst Betula nana auf einem kleinen Hochmoore. Es
^ist vollkommen unwahrscheinlich, dass sie sich an dieser Stelle seit
der Eiszeit erhalten haben sollte. Nach alledem kann man Beiula
nana im norddeutschen Tieflande nicht als Relikt dieser Zeit
ansehen.
Wie lässt es sich nun erklären, dass WEBER und ich in
unseren Ansichten über die Entwicklungsgeschichte der gegen-
wärtisen phaneroganien Flora und Pflanzendecke Deutschlands so
weit von einander abweichen? Die Erklärung ist sehr einfach; die
Abweichungen sind eine Folge davon, dass WEBER die gegenwärtige
Phanerogamenflora Deutschlands, die physiologisch-biologischen Eigen-
schaften und die Verbreitung ihrer Glieder sowie die heutigen kli-
matischen, topographischen und Boden- Verhältnisse Deutschlands und
seiner Nachbarländer fast ganz unberücksichtigt gelassen hat und auch
die Ero-ebnisse der Untersuchung- der aus der iüngeren Pleistozän-
zeit stammenden geognostischen Bildungen des nördlicheren Europas
zum Teil ignoriert hat. Wie ich dargelegt habe, lässt sich die Art
und Weise der gegenwärtigen Verbreitung der Elemente meiner
zweiten CJruppe in Deutschland und in seiner Umgebung nur in dem
Falle verstehen, dass man annimmt, dass während der seit dem Be-
ginne der Entwicklung der gegenwärtigen phanerogamen Flora und
Pflanzendecke Deutschlands verflossenen Zeit zweimal längere Zeit
das Klima Deutschlands bedeutend trockener — und sein Sommerklima
auch heisser — war als oegenwärti«-, und dass zwischen diese beiden
trockenen Zeitabschnitte — die trockensten Abschnitte meiner ersten
und zweiten heissen Periode — ein ebenfalls langer Zeitabschnitt —
meine erste kühle Periode — fällt, wo Deutschland feuchtere und
kühlere Sommer und feuchtere und mildere Winter hatte als in der
Gegenwart. Das Klima des zweiten der beiden trockenen Zeitab-
schnitte — des trockensten Abschnittes der zweiten heissen Periode —
war zwar -wesentlich gemässigter als das des ersten — des trockensten
Abschnittes der ersten heissen Periode — , der Zeit der Ansiedlung
der Mehrzahl der Elemente der zweiten Gruppe in Deutschland, aber
es muss meines Erachteus in Norddeutschland doch so uno-ünstig
für die Sphagneu gewesen sein, dass die Sphagneteu der nord-
deutschen Moore, welche letzteren sich mit Wollgräsern oder sogar
mit Sträuchern und Bäumen bedeckten, weithin abstarben oder ver-
kümmerten. Dieser Zeitabschnitt muss also in den Mooren deutliche
Spuren hinterlassen haben, und mau muss somit in den rezenten,
d. h. nach dem Höhepunkte der Periode des Bühlvorstosses ent-
standenen Mooren Norddeutsclilands die Spuren zweier sehr trockener,
1) A. a. 0. S. n^.
546 A. Schulz:
durch eine sehr niederschlagsreiche Periode getrennter Zeitabschnitte
zu finden erwarten. Nun finden sich aber auch in den schichten-
reichsten und mächtigsten von diesen Mooren nach WebEEs An-
gaben^) nur die Spuren eines einzigen troclvenen Zeitabschnittes.
In diesem Zeitabschnitte, dessen Klima trockener als das der ihm
vorausgehenden Periode und das der ihm folgenden bis zur Gegen-
wart reichenden Zeit war, verkümmerten die Sphagneten der nord-
deutschen Hochmoore oder gingen zu Grunde, und bedeckten sich
die Moore mit Wollgräsern und Strauchheiden und stellenweise mit
kümmerlichen Wäldern oder Waldgebüsch, aus deren Resten sich
Webers Grenztorf^) gebildet hat. WEBER schliesst hieraus, dass
in die seit dem Ausgange der letzten grossen Yergletscherungsperiode
verflossene Zeit nur ein trockener Zeitabschnitt fällt, und nimmt
an, dass während dieses sich die Glieder seiner pontischen
Association^) in Norddeutschland augesiedelt haben, die also,
da das Land damals keinen Steppencharakter gehabt haben könne,
nicht als Steppenrelikte bezeichnet werden könnten. Muss man mit
Weber aus den norddeutschen Mooren wirklich den meiner An-
nahme zweier ausgeprägt trockener Zeitabschnitte während der seit
der Periode des Bühlvorstosses verflossenen Zeit widersprechenden
Schluss ziehen, dass in diesen Zeitraum nur ein trockener Abschnitt
— die Zeit des Grenzhorizontes — fällt, oder dass, falls das Klima
während desselben mehrfach trocken war, doch nur während einer
dieser trockenen Zeiten die Trockenheit so bedeutend war, dass sich
in den Mooren deutliche Spuren von ihr erhalten haben, und muss
man in diese Zeit die feste Ansiedlung der Elemente meiner zweiten
Gruppe in Deutschland verlegen? Durchaus nicht! Es lässt sich
vielmehr nicht bezweifeln, dass in den bezeichneten Zeitraum zwei
ausgeprägt trockene Zeitabschnitte fallen, von denen auch der zweite,
der unbedeutendere, in den norddeutschen Mooren deutliche Spuren
hinterlassen haben muss, in dem sich also, da nach WEBER s Ver-
sicheruno- in den Mooren oberhalb des Grenzhorizontes keine Spuren
eines ausgeprägt trockenen Zeitabschnittes vorkommen, der Grenz-
horizont gebildet haben muss. Da nun die feste Ansiedlung der
1) Vgl. hierzu vorzügl. Webek, Über die. Moore mit besonderer Berück-
sichtigung der zwischen ünterweser uud Unterclbe liegenden, Jahresbericht der
Männer v. Morgenstern, Heimatbund an Elb- und Wesennündung, Heft 3 (1900)
S. 3 u. f. (16 u. f.), und Derselbe, Aufbau und "Vegetation der Moore Nord-
deutschlands, Englers Bot. Jahrbücher, 40. Bd. Beibl. No. 90 (1907), S. 19-34,
mit 2 Tafeln.
2) Die aus diesem gebildete Schicht zwischen dem unteren — älteren —
und dem oberen — jüngeren — Sphagnetumtorfe bezeichnet "Weber als Grenz-
horizont.
3) Die meisten dieser Glieder gehören zu meiner zweiten Gruppe.
Entwicklungsgeschichte der phanerogamen Flora des norddeutschen Tieflandes. 547
weitaus meisten Elemente der zweiten Gruppe — also der meisten
Glieder von WEBER s poutischer Association — in den ersten der
ausgeprägt trockenen Zeitabschnitte fällt, so kann die Ansiedlungs-
zeit dieser Gewächse nicht mit der Zeit von WEBER s Grenzhorizont
identisch sein. Dies kann sie aber auch deshalb nicht, weil sie viel
ungünstiger für die Moore gewesen sein muss, diese also w^eit stärker
beeinfiusst haben muss als die letztere, und weil sie von der Gegen-
wart durch einen Zeitraum getrennt sein muss, der eine viel längere
Dauer hatte als die Bildungszeit von WEBER s jüngerem Sphagnetum-
torfe*), die die Gegenwart von der Zeit des Grenzhorizontes trennt.
Da sich nun aber, wie gesagt, in den von WEBER untersuchten nord-
deutschen Mooren, wenigstens in den Sphagnetumtorfmooren, unter-
halb des Grenzhorizontes keine Spuren eines ausgeprägt trockenen
Zeitabschnittes finden, so muss mau annehmen, dass diese Moore,
wenigstens die Sphagnetumtorfmoore, sämtlich erst nach dem Höhe-
punkte des ersten der ausgeprägt trockenen Zeitabschnitte —
des trockensten Abschnittes der ersten heissen Periode, der Zeit der
Ansiedlung der weitaus meisten Elemente der zweiten Gruppe in
Deutschland — entstanden sind'^. Da sich nun aber in Nord-
deutschland in der Zeit zwischen dem Höhepunkte der Periode des
Bühlvorstosses und dem Beginne des trockensten Abschnittes der
ersten heissen Periode sicher zahlreiche Moore, darunter ohne Zweifel
viele und bedeutende Sphagnetumtorfmoore, gebildet haben, so muss
man weiter annehmen, dass im Laufe des trockensten Abschnittes
der ersten heissen Periode die meisten dieser Moore, vorzüglich fast
alle Sphagnetumtorfmoore wieder zerstört und abgetragen w^orden
sind.') Nicht bei allen Mooren Norddeutschlauds stammt die obere
1) Weber ist (über die Moore, a. a. 0. S. 19) der Meinung, dass ,,man mit
dreitausend Jahren seine Bildungszeit wahrscheinlich eher zu niedrig als zu hoch
schätzen wird".
2) Es ist möglich, dass iu einem Teile der von Weber untersuchten Moore
mit unterem Sphagnetumtorf die unter diesem liegenden Torfschichten, und in einem
Teile der von ihm untersuchten Niedermoore die unteren Torfschichten aus früherer
Zeit stammen. In anderen norddeutschen Mooren ist dies sicher der Fall. Die
Unterbrechung in der Niedermoorbildung und die Zerstörung der oberen Partien
dieser Moore während des trockensten Abschnittes der ersten heissen Periode
lassen sich in vielen Fällen wahrscheinlich garnicht erkennen. In manchen tiefen
Gewässern uud manchen nassen Niederungen wurde ohne Zweifel auch während
des Höhepunktes des trockensten Abschnittes der ersten heissen Periode die Leber-,
Mudde-, Phragmitetum- und Bruchwaldtorfbildung nicht unterbrochen.
0) Es stammt also wohl in fast allen Mooren mit unter dem Grenzhorizonte
liegendem — älterem — Sphagnetumtorfe dieser aus der Zeit zwischen dem Höhe-
punkte des trockensten Abschnittes der ersten und dem entsprechenden Zeitpunkte
der zweiten heissen Periode. Ebenso stammen wohl in den meisten Mooren mit
unter dem unteren Sphagnetumtorfe liegenden Torfschichten diese Schichten aus
jener Zwischenzeit. Der obere — jüngere — Spliagnetumtorf dagegen stammt
548 A. Schulz:
Schicht des unter den Mooren liegenden Mineralbodens ans derselben
Zeit. In dem in der Periode des Bühlvorstosses mit Inlandeis be-
deckten Teile Norddeutschlands und in dessen Umgebung, soweit
ans der Zeit nach dem Höhepunkte des trockensten Abschnittes der zweiten heissen
Periode. Während des kühlsten Abschnittes jener Zwischenzeit, aus dem wahr-
scheinlich die Hauptmasse des älteren Sphagnetumtorfes stammt, sind die grossen
Lücken der deutschen Areale der Elemente der zweiten Gruppe entstanden; darauf
haben sich diese Gewächse in der Zeit zwischen der Bildung des älteren und der
des jüngeren Sphagnetumtorfes in Deutschland von neuem ausgebreitet und dann
haben sie in der ungefähr mit der Bildungszeit der unteren Partie des jüngeren
Sphagnetumtorfes zusammenfallenden zweiten kühlen Periode von neuem eine
nicht unwesentliche Arealverkleinerung erfahren. WEBER, der die feste Ansiedlung
dieser Gewächse in Deutschland in die Zeit seines Grenzhorizontes verlegt und aus
der Beschaffenheit des jüngeren Sphagnetumtorfes schliesst, dass in Deutschland
seit dem Ausgange dieser — trockenen — Zeit ununterbroclien bis zur Gegenwart
das gleiche — feuchte — Klima geherrscht habe, nniss annehmen, dass in derselben
feuchten Periode die in dem vorausgehenden trockenen Zeitabschnitte in Deutsch-
land spontan eingewanderten Gewächse — ohne Zutun des jMenschen — den
grössten Teil ihres deutschen Areales eingebüsst hätten, sich darauf von neuem
in Deutschland recht bedeutend ausgebreitet hätten und dann eine neue
Arealverkleinerung erfahren hätten, an die sich noch eine mehrmalige un-
bedeutende — spontane — Grössenänderung ihrer Areale angeschlossen hätte
Es ist ganz unmöglich, dass diese Wandlungen der Arealgrösse jener Ge-
wächse bei gleichbleibendem Klima erfolgt sind. WEBER hält es freilich für
möglich, dass in Schweden Avährend der Bildungszeit des oberen Sphagnetumtorfes
die Jahrestemperatur eine Zeitlang höher gewesen sei als gegenwärtig, lässt es
aber zweifelhaft, ob das auch in Deutschland der Fall sei. Es ist das, wie dar-
gelegt, meines Erachtens in der Tat der Fall Es liegt jedoch der warme Zeit-
abschnitt, den Weber wohl meint, kurz vor der Zeit des Grenzliorizontes — fällt
aber nicht, wie WEBER es auch für möglich hält, mit diesem zusammen — , denn
Weber meint offenbar den — unmittelbar vor den trockensten Abschnitt fallenden —
ersten warmen Abschnitt der zweiten heissen Periode. Während dieses Zeitabschnittes
hob sich das Ostseegebiet, wenigstens sein nördlicher Teil, wieder: während der fol-
genden Zeit des Grenzhorizontes war der Umfang der Ostsee geringer als gegen-
wärtig. Die — eigentliche — Litorinasenknng, die nach \Veber"s Meinung vor der
Zeit des Grenzhorizontes begann, erreichte somit durchaus nicht, wie WEBER glaubt,
erst nach dieser Zeit ihr Maximum; dieses fällt vielmehr mit dem Höhepunkte der
ersten kühlen Periode zusammen, also iu die Bildungszeit des unteren Sphagnetum-
torfes. Da Weber offenbar in die Zeit des Grenzhorizontes niclit nur die feste
Ansiedlung der Elemente der zweiten Gruppe in Deutschland, sondern auch die
feste Ansiedlung dieser Elemente in Skandinavien verlegt, so muss er annehmen,
dass während der Ansiedlung sich das Ostseegebiet fortgesetzt gesenkt habe, also
offenbar das Sommerklima Skandinaviens fortgesetzt feuchter und kühler geworden
sei, während damals doch das skandinavische Klima trockener und die Ostsee
kleiner gewesen sein müssen als gegenwärtig. Allerdings senkte sich das Ostsee-
gebiet nach der Zeit des Grenzhorizontes noch einmal, doch lauge nicht so be-
deutend wie das vorige Mal, sodass die Ostsee zur Zeit des Maximums dieser
zweiten Senkung nur wenig grösser war als gegenwärtig. In dieser Zeit wohnten
schon ackerbauende Neolithiker an der Ostküste Holsteins, während zur Zeit der
vorigen Senkung des Ostseegebietes, der eigentlichen Litorinasenkung, dort nur
Spaetpalaeolithiker — sogenannte Frühneolithiker — wohnten. Nach der zweiten
ö
Entwicklungsgeschichte der plianorogaiiieii Flora des norddeutschen Tieflandes. 545)
^vie sie mit den damaligen Sclimelzwasserabsätzen bedeckt wm'de,
stammt diese Schicht, falls sie eine glaziale Bildung ist, wohl meist
aus dieser Periode. Westlich von der Elbe bis zur Ems hin stammt
Senkung verkleinerte sich die Ostsee wieder. In dieser Zeit fand, wie dargelegt.
in Deutschland eine erneute Ausbreitung der Elemente der zweiten Gruppe statt,
doch war sie nur unbedeutend. Der Mensch hat an ihr durchaus nicht soviel An-
teil wie Weber meint. Ganz irrig ist aber meines Erachtens die Annahme
Webers, dass sich diejenigen Glieder der „boreal-alpinen" Association, also
meiner ersten Gruppe, die in Norddeutschland nur auf Niedermooreu wachsen,
in Norddeutschland erst augesiedelt hätten, nachdem die Niedernioore unter
dem Einflüsse der Kultur für sie bewohnbar geworden wären. Denn es hat in
Norddeutschland offenbar seit der Periode des Bühlvorstosses ununterbrochen
Niedermoore und nasse, meist anmoorige (»rtlichkeiten gegeben, auf denen Glieder
dieser Gruppe wachsen konnten. Ebenso leben wohl die heute in NorJdeutschland
nur in Sphagneten wachsenden Glieder dieser Gruppe sämtlich seit der Periode des
Bühlvorstosses ununterbrochen in Norddeutschland. Allerdings haben in Nord-
deutschland die Glieder der ersten Gruppe seit dieser Zeit wohl meist mehrfach
ihre Wohnstätten gewechselt, vielleicht hat keins dieser Gewächse ununterbrochen
bis zur Gegenwart an einer der Stellen gelebt, an denen es sich damals angesiedelt
hat. (Von einem Teile derjenigen Arten, die in der Periode des Bühlvorstosses in
Deutschland eijigewandert sind, sind später — vorzüglich in den kühlen Perioden —
andere Individuengruppenrcihen mit anderer klimatischer Anpassung in Deutschland
eingewandert und zur festen Ansiedlung gelangt. Diese gehören selbstverständlich
nicht zur ersten Gruppe, und können nicht als Glieder der boreal-alpinen Asso-
ciation betrachtet werden'. Ich l)in deshalb überzeugt, dass Betula nana zwar
nicht seit der Periode des Bühlvorstosses an ihren heutigen norddeutschen Wohn-
stätten lebt, aber doch aus der Nähe, nicht aus weiter Ferne an diese gelangt ist.
W^enn nach der Periode des Bühlvorstosses so bedeutende Wanderungen dieser Ge-
wächse, wie Weber annimmt, stattgefunden hätten, so würden diese Gewächse
in den höheren deutschen Gebirgen, z. B. in den Sudeten uud im Scbwarzwalde
(vgl. hierzu SCHULZ, Entwicklungsg d. ph. Pflanzendecke Mitteleuropas nördlich
der Alpen (Stuttgart 1899) S. 21 u. f., sowie Ders., Entwicklungsg. d. ph. Flora u.
Pflanzendecke der Oberrheinischen Tiefebene S. 25 u. f.), eine von der wirklichen
wesentlich abweichende Verbreitung haben. Wie in Deutschland, so wachsen wohl
auch in den übrigen niedrigeren Gegenden Mitteleuropas diejenigen Einwanderer
der Periode des Bühlvorstosses, die sich seit dieser Zeit hier erhalten haben, teils
nur noch an wenigen, teils an gar keiner ihrer heutigen Wohnstätten ununterbrochen
seit dieser Zeit. Sie haben nach derselben, nachdem sie den grössten Teil ihres
Areales eingebüsst hatten, eine mehr oder weniger weitgehende Änderung ihrer
klimatischen und zum Teil auch ihrer Boden -Anpassung erfahren, sich darauf von
neuem mehr oder weniger weit ausgebreitet und dann wieder eine Arealverkleinerung
erlitten. Nicht nur diese, sondern auch die übrigen in Deutschland spontan zur
festen Ansiedlung gelangten phauerogameu Elemente leben sicher an einem grossen
Teile ihrer heutigen deutschen Wohnstätten, teilweise sogar an sämtlichen, nicht
ununterbrochen seit der Zeit ihrer Ansiedlung in Deutschland: und bei keinem von
ihnen lässt sich von einer von denjenigen seiner heutigen Wohnstätten, an denen
es seit der Ansiedlungszeit zu leben vermag, nachweisen, dass es wirklich seitdem
an ihr lebt. Will man mit Warming solche Arten, die in einem bestimmten Ge-
biete seit ihrer festen Ansiedlung in diesem „noch an ihren ursprünglichen, alten
Standorten hier und da leben" (Webek, a. a. 0., S. 115), als Relikte bezeichnen,
so gibt es zwar zweifellos auch in Deutschland eine Anzahl von solchen, sie lassen
550 A. Schulz:
tlagegen die glaziale minerogeiie Schicht unmittelbar unter den —
rezenten — Mooren wohl meist aus der der Periode des Bühlvorstosses
vorausgehenden grossen Yergletscherungsperiode. Es stammen
somit die in der oberen glazialen minerogenen Schicht unter den
norddeutschen Mooren vorkommenden Reste von ^Glazialpflanzen",
zum Teil aus recht verschiedenen Zeiten.
Weber leugnet auf Grund seiner Mooruntersuchungen zwar, dass
in die Zwischenzeit zwischen dem Ende der letzten der o:rossen Ver-
gletscherungsperioden und dem Beginne der Zeit des Grenzhorizontes
ein trockener Zeitabschnitt fällt, nimmt aber, wie dargelegt wurde,
an, dass während der ganzen letzten Vergletscherungsperiode^) in
Deutschland ein sehr trockenes Klima geherrscht habe, sowie dass
im letzten Teile dieser Periode, wälirend des Abschmelzens des
Eises, sich der mitteleuropäische Löss abgelagert habe und, wie dies
NehRING nachgewiesen habe, in Mittel- und Westeuropa weite
Striche — darunter auch der südliche Teil des norddeutschen Tief-
landes — in ihrem Klima, ihrer Flora und Fauna sowie ihrem Vege-
tationscharakter den heutigen subarktischen Steppen der alten Welt
geglichen hätten. Er glaubt jedoch nicht, dass die Glieder der
pontischen Association, deren feste Ansiedlung in Deutschland —
nach seiner Angabe — manche in diese trockene Zeit verleo-en, seit
derselben ununterbrochen in Deutschland wachsen, da zwischen diese
trockene Zeit und die Gegenwart zwei niederschlagsreiche Perioden,
die er mit den Bildungszeiten des älteren und des jüngeren
Sphagnetumtorfes identifiziert, fielen, die eine stärkere Ausbreitung
des Waldes begünstigt hätten, also für jene Gewächse sehr ungünstig
gewesen wären. Dieser Umstand würde nicht dagegen sprechen,
dass jene Gewächse — also die Elemente meiner zweiten Gruppe —
seit dem Ausgange der letzten grossen Vergletscherungsperiode un-
sich jedoch nicht namhaft machen. (Wenn man freilich mit Warming — vgl.
Weber, a a. 0 , S. IIG — von einer Art, um sie als Relikt bezeichnen zu können,
ausserdem verlangt, dass sie in dem betrefienden Gebiete ehedem gewöhnlicher
war als gegenwärtig, wo sie in iiim ungünstige Daseinbedingungen hat, dass sie
in ihm beständig zurückgeht, und dass sich ihr Areal seit jener Zeit bis zur Gegen-
wart kontinuierlich verringert hat, so gibt es wohl überhaupt keine Relikte in
Deutschland.) Will man dagegen mit SCHRÖTER solche Arten als Relikte bezeichnen,
„die unter der Herrschaft anderer Besiedluugsbedingungen ihre Ausbreitung er-
reicht haben", so muss man fast alle indigenen Phanerogameuarten Deutschlands
als Relikte bezeichnen. Es ist deshalb, wie ich schon mehrfach betont habe, das
beste, wenn man den Begriff „Relikt" ganz aufgibt.
1) Als solche sieht er die vierte dieser Perioden an. Dass Penck nach-
gewiesen hat, dass auf die vierte der grossen Vergletscherungsperioden noch
eine Periode recht bedeutender — wenn auch nicht so bedeutender wie in der
vierten — Vergletscherung des nördlicheren Europas folgt, hat Weber ganz un-
beachtet gelassen.
Entwicklungsgeschichte der phanerogamen Flora des norddeutschen Tiefland.s. 551
unterbrochen in Deutschland leben, da sie sich ja tatsächlich schon
vor der ersten jener beiden niederschlagsreichen Perioden, meiner
ersten kühlen Periode, in Deutschland fest angesiedelt und seitdem
erhalten haben. ^) (regen die Annahme ihrer Ansiedlung in der
letzten der grossen Vergletscherungsperioden spricht vielmehr der
Umstand, dass damals in Deutschland kein Klima herrschte, das
ihnen gestattete, sich hier fest anzusiedeln. Denn diese Periode
wich ebenso wie die vorausgehenden vier grossen Vergletscherungs-
perioden sicher nur quantitativ von den auf die Ansiedlungszeit der
Elemente der zweiten Gruppe folgenden kühlen Perioden ab, hatte
somit ein sehr kühles und nasses Sommerklima, aber ein verh.ältnis-
mässig warmes Winterklima. Die Ursache der bedeutenden Ver-
grösserung des perennierenden Eises in Europa in den grossen Ver-
gletscherungsperioden war eine Zunahme der Niederschläge. Diese
hatte natürlich eine Abnahme der Temperatur, hauptsäcidich der des
Sommers, zur Folge. Von dieser Abnahme wurden ohne Zweifel
vorzüglich die damals eisbedeckten Gebiete und deren Umgebung-
betroffen; von den eisfreien Gebieten Europas hatte damals somit
der zwischen dem Südrande des nordischen Inlandeises und dem
Nordrande der Alpenvergletscherung gelegene Teil Mitteleuropas das
ungünstigste Klima. In diesem Gebiete herrschte auch während des
Höhepunktes der Periode des Bühlvorstosses ein so nasskaltes
Sommerklima, dass sich nur in seinen geschütztesten Strichen AA'älder,
und zwar nur solche aus den anpassungsfähigsten Bäumen, der
Kiefer und der nordischen Birke, entwickeln konnten, während die
Fichte,^) die Tanne und die Buche fast ganz, und die empfindlicheren
Laubbäume ganz aus ihm verschwunden waren. Je weiter von dem
nordischen Inlandeise und der Alpenvergletscherung entfernt, desto
unbedeutender war in den grossen Vergletscherungsperioden die
Wärmeabnahme; im Mittelmeergebiete und vor allem in den Tropen
war sie in der Periode des Bühlvorstosses wohl nur ganz unbedeutend.
Wenn die grossen Vergletscherungen des nördlicheren Europas die
Folge einer Temperaturabnahme gewesen wären, so müsste während
des Höhepunktes der einzelnen Vergletscherungsperioden die Temperatur
in ganz Europa wesentlich niedriger gewesen sein als gegenwärtig,
und es müsste damals auch das Mittelmeergebiet sehr kalte Winter
gehabt haben, die dessen phanerogame Pflanzenwelt sehr geschädigt
und bedeutende Veränderungen in derselben hervorgebracht hätten.
Dasselbe müsste eingetreten sein, wenn, wie es WEBER zu glauben
1) Ihre Verbreitung iu Norddeutschlaud weist übrigens durchaus uicht, wie
Weber behauptet, der Hauptsache nach auf eine Einwanderung aus dem
Osten hin.
2) Weun damals in Deutschland ein solches Klima geherrscht hätte, Mie
Weber es annimmt, so würde die Fichte hier wohl recht verbreitet gewesen sein.
Her. der deutschen bot. Gesellsch. XXV. 39
552 A. SCHULZ:
scheint, die Vergletscheruiigen zwar eine Folge der Zunahme der
Niederschläge gewesen wären, wenn durch sie aber das europäische
Klima in der Weise beeinflusst worden wäre, wie es WEBER an-
nimmt. Es spricht aber nichts dafür, dass in so später Zeit wie in
der Periode des Bühlvorstosses die Pflanzenwelt dieses Gebietes so
bedeutende Änderungen erfahren habe^). Das Klima der Periode
des Bühlvorstosses war selbstverständlich für die in den oberen
Kegionen der europäischen Hochgebirge entstandenen Phanerogamen-
arten durchaus nicht günstig; diese vermochten sich ohne Zweifel
nur deshalb in Deutschland auszubreiten, weil die Wälder hier nur
eine sehr geringe Ausdehnung hatten — wirkliche Tundren waren
übrigens hier nicht vorhanden — und die Zahl der kräftigen
strauchigen und krautigen Konkurrenten nicht bedeutend war.
Dennoch haben sich wohl nur recht wenige dieser Arten damals
eine weitere Yerbreitung erw^orben. Die Mehrzahl der damals in
Deutschland weiter verbreiteten Phanerogameu stammt wohl aus dem
arktischen Gebiete oder aus den asiatischen oder nordamerikanischen
Hochgebirgen. Sie w^anderten damals teils aus dem nordwestlichen
Europa, wo sie sich schon vor der Periode des Bühlvorstosses an-
gesiedelt und an das herrschende Klima angopasst hatten, teils aus
den Gebirgen südlich von Deutscliland, in die sie bereits in einer
der früheren grossen Vergletscherungsperioden gelangt w^aren, ein.
1) Nichts spricht dafür, dass sich die mitteleuropäischen Lössablageruugen in
den grossen Vergletscherungsperioden — oder, wie WEBER anzunehmen scheint,
in deren letzter — gebildet haben. Wenn sie sich in diesen gebildet hätten — in
diesem Falle müsste übrigens der Höhepunkt jeder der Vergletscherungsperioden
auch der Höhepunkt der in sie fallenden Lössablagerungs- und Steppenzeit ge-
wesen sein — , so würde ihr Lagerungsverhältnis zu den glazialen Ablagerungen
ganz anders sein als es wirklicli ist. Ausserdem würde in diesem Falle das Löss-
material auch auf das Eis geweht sein und es würden sich bei des.sen Abschmelzen
aus diesem Materiale und dem glazialen Materiale umfangreiche Ablagerungen von
einer Beschaffenheit gebildet haben, wie sie heute nicht vorhanden sind. Aber
wenn auch im mittleren Europa in den grossen Vergletscherungsperioden ein extrem
trockenkaltes Klima geherrscht hätte und sich Lössablagerungen gebildet hätten,
würden damals doch die Elemente der zweiten Gruppe in dieses Gebiet nicht ein-
wandern und sich in ihm nicht fest ansiedeln haben können.
Die Zeiten der Bildung bedeutender Lössablagerungen in Mitteleuropa hatten
ein wesentlich von dem der grossen Vergletscherungsperioden abweichendes Klima.
Wie diese letzteren sich von den kühlen Perioden nur quantitativ unterscheiden,
so unterscheiden sich die grossen Lössablagerungsperioden nur quantitativ von den
trockensten Abschnitten der heissen Perioden, in denen in ^Mitteleuropa auch, doch
nur in geringem Masse, Lössablagerung stattfand. Wie die trockensten Abschnitte der
— postglacialen — heissen Perioden mit den — postglacialen — kühlen Perioden
abwechselten, so scheinen die Perioden bedeutender Lössablagerung mit den grossen
Vergletscherungsperioden abgewechselt zu haben, und sie wie die trockensten Ab-
schnitte der heissen Perioden scheinen in ihrer Bedeutung immer den folgenden
grossen Vergletscherungsperioden bzw. kühlen Perioden zu entsprechen.
Entwicklungsgeschichte der phanerogamen Flora des norddeutschen Tieflandes. 553
Da während des trockensten Abschnittes der ersten heissen
Periode die aus dem Zeiträume zwischen dem Höhepunkte der
Periode des Bühlvorstosses und dem Beginne jenes Zeitabschnittes,
vorzüglich die aus seinen sj)äteren Abschnitten herstammenden Torf-
abhiüeruno'en Norddeutschlands meist wieder zerstört worden sind, so
lässt sich nicht mit Sicherheit beurteilen, welche Baumarten in dieser
Zwischenzeit hier wuchsen. Ich bin jedoch überzeugt, dass die Fichte
und die ]^uehe schon in ihr in Xorddeutschland eingewandert sind;
bis zum Harze sind beide — eben so wie die Tanne — sicher schon
damals voro-edrungen. Während des trockensten Abschnittes der
ersten heissen Periode verloren sie ohne Zweifel den grössten Teil
ihres norddeutschen Areales; sie passten sich damals mehr oder
wenio'er an die herrschenden klimatischen Verhältnisse an und
breiteten sich darauf von neuem aus. Die Neuausbreitung der Fichte
wurde im westlichen Teile Norddeutschlands offenbar durch den
kühlsten Abschnitt der ersten kühlen Periode unterbrochen; wohl
erst nach diesem, vorzüglich in der zweiten heissen Periode, fand
hier eine energische Ausbreitung statt. Die ältesten der bisher aus
Nordwestdeutschland bekannten Fichtenreste stammen wohl sämtlich
erst aus der Zeit nach dem Höhejiunkte der ersten kühlen Periode.
Die Neuausbreitung der Buche begann später als die der Fichte,
wurde aber während der ersten kühlen Periode wohl nicht oder nur
unbedeutend unterbrochen. Die ältesten der bekannten nordwest-
deutschen Buchenreste scheinen aus dem Höhepunkte der ersten
kühlen Periode oder aus der Zeit kurz vor diesem zu stammen. ')
1) Nach Weber soll die Einwanderung der Buche in Noiddeutschland erst
nach der Zeit des Grenzhorizoutes, aber kurz vor der Zeit, als die Litorinasenkung
ihr ^Maximum erreichte, erfolgt sein. Es fällt jedoch, wie dargelegt wurde, die —
eigentliche — Litorinasenkung vor die Zeit des Grenzhorizontes.
39*
554 A. Nestlee :
79. A. Nestler: Das Sekret der Drüsenhaare der Gattung
Cypripedium mit besonderer Berücksichtigung seiner haut-
reizenden Wirkung.
(Mit Tafel XIV.)
(Eingegaugen den 6, Dezember 1907).
Als ich meine Untersuchungen über das Primelhautgift^) abge-
schlossen hatte, Würde ich erst darauf aufmerksam, dass dieselbe oder
eine ähnliche hautreizende Wirkung, wie sie Primula obconica und
P. sinensis äussern-^), auch drei Orchideen der Gattung Cypripedium
zugeschrieben wird: C. spectabile Salisb., C. pubescens R. Br. und
C. parviflorum Salisb.^) Nach KOBERT^) „unterliegt es keinem Zweifel,
dass wir hier ähnliche Verhältnisse wie bei den Giftprimeln vor
uns haben".
Diese und andere Angaben stützen sich auf zwei kleine Ab-
handlungen D. T. Mac DoUGAL's*), in denen er seine Unter-
suchungen bezüglich der hautreizenden Wirkung jener Cypripedien
mitteilt; auch alle älteren Beobachtungen für und wider werden hier
erwähnt, die insofern von Interesse sind, als analoge Ansichten seiner-
zeit auch bezüglich der giftigen Primeln ausgesprochen wurden. So
bestreiten KUNZE und J. NeRVINS HYDE"^) die hautreizende Wirkung
jener Orchideen; dagegen ist JESUP^) durcli Beobachtung an anderen
und durch ein an sich selbst vorgenommenes Experiment von der
giftigen Eigenschaft des Cypripedium spectabile vollkommen überzeugt.
„Mit den Blättern eines kräftigen Esemplares (Freilandpflanze), das
bereits seine Samenkapsel gebildet hatte, wurde leicht über den
linken Oberarm gestreift. Ein leichter Kitzel wurde sofort gespürt
und 40 Stunden später war der Arm stark geschwollen von der
Schulter bis zu den Fingerspitzen. Der Teil, der von der Pflanze
1) A. Nestler. Hautreizende Primeln. Berlin 19(J4.
2) Die Heimat dieser Cypripedien ist Nordamerika und zwar der östliche
Teil ungefähr zwischen dem 40. und 50. Parallelkreise; Cypripedium pubescens,
Moccasinblunie genannt, wurde als Staatsblume von Minnesota erwählt.
3) R. KOBERT. Lehrbuch der Intoxikationen, 2. Aufl. 1906. II. Bd. S. 523.
4) 1). T. Mac Dougal. I. On thc poisonous influence of Cypripedium
spectabile and C. pubescens. — Minnesota Botanical Studies 1894 S. 82. II. Poisonous
influence of various species of Cypripedium. Ebenda. 1895 S. 450,
5) Mac Dougal, I. 1, c.
6) Mac Dougal, I. 1, c.
Das Sekret der Drüsenhaare der Gattung Cypripedium. 555
berührt worden war (ungef. 50 cm^), war heftig entzündet und mit
Flecken bedeckt. In 10 Tagen erhielt der Arm seine frühere Form
wieder, aber die "Wirkung war noch einen Monat bemerkbar." —
M. DOUGAL ist zunächst (1894) über die eigentliche Ursache dieser
hautreizenden Wirkung, also über den Sitz des Hautgiftes voll-
kommen im Zweifel. Da machte er (1895) direkte Versuche mit
im Treibhaus gezogenen Exemplaren von C. spectahile. — „Proben
der spitzigen und der Drüsenhaare, die auf der ganzen Pflanze vor-
kommen, wurden ihr entnommen uud damit die Haut von 9 Personen
berührt, von denen 6 mehr oder weniger infiziert wurden." Er
schloss daraus, dass die reizende "Wirkung allein dem Sekrete der
Drüsenhaare zuzuschreiben sei. „C. pubesce7is gab ungefähr dieselben
Resultate; auch die Versuche m\t C. parviflorum zeigten einen Einfluss
auf die Haut."
Nähere Angaben, wie wir uns das Entnehmen der Drüsenhaare
zu denken haben und wie die Wirkung des Giftes sich äusserte,
fehlen vollständig. Über die Natur des Sekretes sagt M. DOUGAL
nur; dass „seine chemische Natur wegen der ausserordentlich kleinen
Mengen der Ausscheidung nicht geprüft werden konnte; es sei im
Alkohol löslich und reagiere wie eine ölige Substanz." Dies sei
insofern von Interesse, weil die giftige Wirkung des Rhus einem
Cardol zugeschrieben werde.
Nach meinen Untersuchungen über dasPrimelhautgift interessierte
es mich, festzustellen, ob bei jenen Cypripedien tatsächlich das
Sekret der Drüsenhaare hautreizende Wirkung besitze, ferner ob
die mikrochemisch nachweisbaren Eigenschaften dieses Sekretes eine
gewisse Übereinstimmung mit jenem der hautreizenden Primeln
zeigen oder nicht. — Es ist selbstverständlich, dass auch andere
Cypripedien, namentlich auch unser einheimisches C. Cakeolus L.
untersucht werden mussten, um zu sehen, ob das Sekret jener drei
angeblich giftigen Arten durch einen besonderen Bestandteil sich
auszeichne, dem dann natürlich die giftige Wirkung zuzuschreiben wäre.
Die Untersuchung erstreckte sich auf folgende Arten^): C. pubescens
E,. Br., C. spectahile Salisb., C. parviflorum Salisb., C. acaule Art.,
C. macrantkum Sw., C. montanum, C. Calceolus L.
Cypripedium puhes'cens R. Br.
Alle oberirdischen Organe stark behaart; die Laubblätter auf
beiden Seiten und dem Rande nur mit Drüsenhaaren versehen, die
aus fünf und mehr Zellen (in der Regel aus drei Stielzellen, einer
1) Bezogen im März 1907 von HAAGE und SCHMIDT und kultiviert im
Versuchsgarten des pflanzenphysiologischen Instituts der deutschen Universität Prag.
556 A. Nestler :
Köpfchen- und einer Fusszelle — Fig. 1) bestehen. Am Stengel
stehen neben Köpfchenhaaren auch konische, mehrzellige Trichonie.
Der Fruchtknoten ist dicht mit Drüsenhaaren bedeckt, deren Sekret
schon mit unbewaffnetem Auge, deutlicher mit einer Lupe sichtbar
ist. Die Perigonblätter haben auf der morphologischen Unterseite
gleichfalls zahlreiche Drüsenhaare; auf der muldenförmigen Basis
der beiden seitlichen Perigonblätter und auf der Innenseite der
Honiglippe stehen zahlreiche, ^ - 3 nivi lange, mehrzellige, konisch
endigende Trichonie, die ebenso wie die konischen Haare des
Stengels wegen ihrer weichen Beschaffenheit bezüglich einer haut-
reizenden Wirkung von vornherein als bedeutunoslos ano-esehen
werden können.
Bau eines Drüsenhaares (Fig. 1):
Die Drüsenzelle (^) ist, in Luft oder Wasser betrachtet, stets
birnförmig — nur unter dem Einflüsse bestimmter Reagentieu
becherförmig, entweder ganz oder teilweise von einer Sekretmasse
(s) bedeckt, die mitunter auch über die erste Stielzelle und weiter
hinunter sich ausbreitet. Der vom Sekret bedeckte Teil der
Köpfcheuzelle erscheint etwas dickwandiger als die übrige Membran.
Im Innern der Zelle liegt der sehr grosse Zellkern in einer un-
deutlichen schaumigen Masse. Von den bedeutend kleineren Zell-
kernen der Stielzellen gehen dicke Plasmafäden aus, die eine leb-
hafte Zirkulation zeigen. (Um diese kleinereu Zellkerne befinden
sich nicht selten stabförmige Leukoplasten.) Die Sekretmasse, in
Luft untersucht, erscheint in der Regel vollkommen struktur- und
farblos, seltener hell- bis dunkelbraun; nach Zusatz von kaltem
Wasser entstehen am Rande der Masse kleinere (Fig. 1, s) oder grössere
Bläschen (Fig. 3), auch kurze, fadenförmige Gebilde (Fig. 4),
Quellungserscheinungen, die ich unter Berücksichtigung der folgenden
mikrochemischen Eigenschaften für myelinartige Bildungen ansehe.
— Um grössere Mengen von Sekretmassen zu erhalten, braucht man
nur einen reinen Objektträger mit einem Blatte, dem Stengel oder
Fruchtknoten sanft in Berührung zu bringen. Mau gewinnt dadurch
zahlreiche, in der Regel farblose, fettartige Massen in unregel-
mässigen Formen, die selbst nach langer Zeit keine Veränderungen,
namentlich keine Kristallbildungen zeigen, wie sie im Sekrete der
Haare von Priimda ohconica so rasch und schön sich bilden. Mit
derartigem Materiale kann man leicht alle mikrochemischen Re-
aktionen vornehmen.
Das Sekret ist nicht hygroskopisch. Nach Zusatz von kaltem
Wasser zeigen sich sofort in der Masse kleine, das Licht stark
brechende Pünktchen, wahrscheinlich sehr kleine, unter dem Einflüsse
des Wassers entstandene Myelinformen. —
Das Sekret der Drüsenhaare der Gattung Cypripedium. 557
Erhitzt m<an nach Zusatz von Wasser das Sekret, so ballt es
sich zu rundlichen Massen mit unregelniässiger Struktur zusammen
(Fig. 5). -
Das Sekret ist sehr leicht löslich in: Alkohol, Äther. Petroläther,
Schwefelkohlenstoff, Benzol; nach Verdunstung dieser Flüssigkeiten
kedne Kristallbildungen; — Osmiumsäure (0,4prozentig): sofort bräun-
lich, später dunkelbraun bis schwärzlich; — Eisenchlorid in Wasser
(1 : 10): zunächst keine Reaktion, später gelb, dann gelbbraun bis
rotbraun; — Chlorzinkjod: zunächst gelb, später rotbraun; — Jod-
wasser: gelb bis gelbbraun; — Anilinblau, sehr schwache wässerige
Lösung: das Sekret speichert sofort den Farbstoff, so dass jedes
kleinste Teilchen desselben gefärbt erscheint; die Mitte jeder
grösseren Sekretmasse stark blau, scheinbar körnig, der Rand da-
sesen schwach blau, strukturlos. — Dieselbe rasche Färbuuo- bei
Anwendung von Safran in in Wasser. —
Ammoniak (käuflich): schöne, sehr zarte Myelinformen, die
sofort verschwinden; Ammoniak -\- Wasser (1 : 1): die Sekretmasse
erscheint körnig; am Rande derselben sehr schöne homogene Myelin-
formen; fügt man zu diesem verdünnten Ammoniak wässerige Safra-
niulösung hinzu, so scheidet sich sofort ein körniger Bestandteil ab,
der stark rot gefärbt erscheint, ausserdem am Rande schön rot
gefärbte, homogene Myelinformen. —
Kalilauge: a) konzentrierte: das Sekret verschwindet allmählich;
b) 0,5 prozentig und 1 prozentig: das Sekret verschwindet rasch;
c) 0,5 prozentig: es bilden sich sofort sehr kleine Myelinformen,
Kugeln, Ringe, elliptische Gebilde, rosenkranzartige Formen usw. ; —
d) 0,2prozentig: sehr schöne Myelinformen; verwendet man ein mit
starker Sekretmasse bedecktes Trichom, so erhält die Drüsenzelle
durch diese Myelinformen ein sehr seltsames Aussehen (Fig 6); —
konzentrierte Kalilauge -(- konzentriertes Ammoniak: es verschwindet
sofort; — Chloralhydrat: das Sekret verschwindet; bei Anwendung
eines Drüsenhaares bildet sich an der Köpfchenzelle sehr rasch
eine becherförmige Vertiefung; etwa nach fünf Minuten stülpt
sich die eingedrückte Membran wieder nach aussen und das Köpfchen
erhält seine ursprüngliche Form wieder; derselbe Vorgang bei Au-
w^endung von Ammoniak -\~ Kalilauge u. a.; der Köpfcheninhalt
behält die Form der Einstülpung.*)
Um zu prüfen, ob das Sekret sauer oder alkalisch reagiert,
wurde blaues und rotes Lokmuspapier mit den Drüsenhaaren in Be-
rühruno- o-ebracht: keine Reaktion bemerkbar. Reibt man das blaue
1) Dass, wie M. DOUGAL (II) angibt, die Drüsenzelle bei normaler Funktion
(also ohne Anwendung von Eeagentien) die Gestalt einer Doppelschale annimmt,
konnte ich niemals beobachten.
558 A. Nestler:
Papier ein wenig an dem Blatte, so zeigt sich eine schwach saure
Reaktion, die einfacli darauf zurückzuführen ist, dass bei diesem
Vorgange zahlreiche Trichome abgebrochen werden und der saure
Zellsaft derselben sich bemerkbar macht. — Ein Streifen blauen
Lakmuspapieres wird mit einer kleinen Menge kalten Wassers ex-
trahiert und ein Tropfen dieser sehr schwach blauen Lösung zu
farblosen Sekretmassen auf dem Objektträger hinzugefügt: alle
Sekretmassen erscheinen deutlich blau. Da die Menoe des anee-
wendeten Farbstoffes eine minimale ist, so lässt sich wohl mit
grosser Wahrscheinlichkeit aus diesem Versuche schliessen, dass das
Sekret nicht sauer reagiert. In gleicher Weise wurde auch eine
ganz schwache rote Lakmuslösung verwendet, wodurch sämtliche
Sekretmassen sofort rot wurden. Das Sekret reagiert somit neutral
und speichert, wie schon gesagt, Farbstoffe sehr leicht.
Bezüglich einer hautreizeuden Wirkung dieses Sekretes sei zu-
nächst bemerkt, dass ich trotz vielfacher Berührung beim Arbeiten
mit den oberirdischen Organen blühender Exemplare niemals irgend
eine Infektion bemerken konnte. Auch die direkten Versuche mit
dem Sekrete der Drüsenhaare wurden zu einer Zeit vorgenommen,
als die Pflanzen in voller Blüte standen:
1. Grosse Sekretmassen wurden zunächst auf einen reinen
Objektträger übertragen, mikroskopisch geprüft und dann
auf empfindliche Hautstellen gebracht.
2. Zarte Hautstellen (Innenseite des Unterarmes, des Oberarmes
u. a.) wurden mit der Unterseite stark behaarter Laubblätter
mehrfach in Berührung gebracht oder mit diesen Blättern
eingerieben.
3. Ein grösseres Blattstück wurde mit der stark behaarten
morphologischen Unterseite auf die Innenseite des linken
Unterarmes gelegt und hier mittelst eines Gummibandes
durch fünf Stunden festgehalten. Die Reinigung dieser Arm-
stelle wurde durch acht Tage unterlassen.
4. Derselbe Versuch an einer anderen Armstelle mit dem stark
behaarten Fruchtknoten.
5. Ubergiesst man ein Blatt flüchtig mit Äther, wodurch das
Sekret sofort gelöst wird, so erhält man nach dem Ver-
dunsten der Flüssigkeit eine farblose, körnige Masse. Über-
tragen derselben auf die Haut.
Alle diese mehrfach angestellten Versuche hatten nicht den ge-
ringsten Erfolg.
Da Blatt nnd Stengel ziemlich reichliche Raphiden besitzen,
welche in dem durch Drücken an einer Schnittfläche austretenden
Safte sichtbar werden, wurden auch entsprechende Versuche durch
Das Sekret der Drüsenhaare der Gattung: Cypripedium. 559
energisches Einreiben mit dem Safte vorgenommen: ohne jeden
Erfolg. -
Cypri'pediwm specfahile Salisb.
Sehr gut entwickelte Exemplare, die aber leider nicht zur
Blütenbildung gelangten.
Stengel: sehr stark behaart, überwiegend Drüsenhaare, 0,3 bis
1,5 mm lang, aus drei bis sieben Zellen bestehend; mitunter fast
ausschliesslich Drüsenhaare, in geringer Menge konische, bis 2 mm
lange Haare. — Morphologische Oberseite der Laubbl.ätter: über-
wiegend Drüsenhaare-, Unterseite: überwiegend konische Trichome,
namentlich auf den Nervenbahnen.
Blattrand: konische und Köpfchen-Haare ung-efähr in gleicher
Menge, mitunter überwingend konisch.
Form der Trichome wie bei C. puhescens; Zellkern der Köpfchen-
zelle zwei- bis vier mal so gross als die der Stielzellen; sonst kein
auffallender Inhalt in der Drüsenzelle. Sie erscheint, in Luft oder
Wasser untersucht, niemals becherförmig eingestülpt.^)
Das Sekret der Drüsenzelle: schon mit unbewaffnetem Auge
sichtbar, farblos, seltener hell bis dunkelbraun; mitunter auch an den
Stielzellen grössere Sekretmassen (Fig. 9); es kommt vor, dass das
ganze Drüsenhaar von der Sekretmasse eingehüllt ist.
Durch ein sanftes Andrücken eines Objektträgers an den Stengel
oder die Oberseite eines Laubblattes erhält man überaus zahreiclie
farblose, seltener schwach gelblich oder braun gefärbte Sekretniassen,
die dieselben mikrochemischen Eigenschaften einschliesslich der
Bildung von Myelinformen zeigen, wie die bei C. puhescens. — Eine
auffallende^ Reaktion muss hervorgehoben werden: fügt man zu
einem mit farblosen Sekretmassen versehenen Köpfchen käufliches
Ammoniak hinzu, das mit der gleichen Menge Wasser verdünnt ist,
so wird die Drtisenzelle sofort gelb, später werden die anhaftenden
Sekretmassen, die zu Tropfen sich geformt haben, karminrot, dann
violettrot. Solche roten Massen sieht man dann auch auf den be-
treffenden Epidermiszellen, wohin sie offenbar durch Herabfiiessen
von dem Haare gelangt sind. — Dieselbe Reaktion zeigen auch jene
Sekretmassen, die durch sanftes Andrücken eines Objektträgers an
einen oberirdischen Pfianzenteil gewonnen werden.^)
1) Ein abnorm gebautes Haar sei hier kurz erwähnt; Aus der Köpfchenzelle
eines Drüsenhaares hatte sich seitlich ein zweizeiliges, konisches Haar entwickelt,
eine Monstrosität, wie ich sie bisher niemals beobachtet hatte.
2) Wahrscheinlich ist es dieselbe Eeaktion, wie sie H. MOLISCH (Studien
über den Milchsaft und Schleimsaft der Pflanzen. 1901. S. G9) bei gerbstoä-
haltigen, mitunter auch bei gerbstofffreien Milchsäften beobachtet hat. „Diese
560 A. Nestlek:
Ob dadurch eine spezifische Eigenschaft des Sekretes von
C. spectahüe erwiesen ist, »hirch die es von dem aller anderen unter-
suchten Cypripedien sich unterscheidet, möchte ich Torläufig noch
nicht bestimmt behaupten, da es mir nicht möglich war, alle früher
geprüften Cypnpedien darauf hin noch einmal zu untersuchen.
C. spectabiJe wuchs bedeutend langsamer als die übrigen Formen.
Hautreizende Wirkung des Sekretes.
Da besonders von dieser Art durch Erfahrung und Experiment
die hautreizende Wirkung bewiesen zu sein scheint, wurden die ent-
sprechenden A^ersuche mit besonderer Sorgfalt durchgeführt und
zwar zii verschiedenen Zeiten mit Pflanzen, die im Glashause und
im freien Gartenbeete standen. Diese Orchidee entwickelt, wie man
schon mit einer I^upe, noch besser durch an Blatt und Stengel sanft
angedrückte Objektträger erkennen kann, augenscheinlich die
meisten Sekretmassen unter allen untersuchten Cypripedien.
Versuche im April 1907.
Einreiben der Haut an der Innenseite des Mittelfingers der
linken Hand mit dem stark behaarten Stengel: — Festhalten eines
grösseren Blattstückes auf der Innenseite des rechten Unterarmes
durch 5 h. — Diese Versuche hatten keinen Erfolg.
Versuche im Mai 1907 mit Pflanzen aus dem freien Gartenbeete.
8. Mai. 8 h 30 Vorm. Öfteres Berühren der Innenseite des Mittel-
fingers der linken Hand mit einem gut behaarten Blatte.
5 h Xachm. Ein deutliches Jucken fühlbar, sonst nichts be-
merkbar.
9. Mai. Vorm. Eine schwache Rötung an der infizierten Stelle; ab
und zu deutliches Jucken. Dieser Zustand bleibt bis zum
12. Mai.
färben sich mit nicht sehr verdüunter Kalilauge (etwa '20 prozentig) zusammen-
gebracht und unter dem Deckglase gelinde erwärmt rot bis blauviolett. Diese
Farbe ist in hohem Grade abhängig vom Luftzutritt. Unter dem Deckglase, d. h.
bei teilweisem Luftabschluss, äussert sich die Farbenreaktion am schönsten, ohne
Deckglas kommt es oft zu violetten Farbentönen gar nicht und wenn sie auf-
treten, so verschwinden sie alsbald und machen bräunlichen Farben Platz. Welcher
Art der oder die Körper sind, welche diese auffallende Farbenreaktioc hervorrufen,
lässt sich vorläufig nicht sagen. Dor umstand, dass sie mit Gerbstoffen sowohl in
den Milchröhren als auch ausserhalb derselben und zwar auch bei nicht milchenden
Pflanzen, mit Gerbstoifen so häufig vermengt vorkommen, legt den Gedanken nahe,
dass sie zu den Gerbstofi'en in irgend einer Beziehung stehen können und ihr
eigentümliches Verhalten zur Kalilauge erinnert einigermassen an Chinone."
Das Sekret der Drüscnhaare der Gattun«:: Cypripedium. 5G1
12. Mai. IG kleine Bläschen von dem Aussehen der durch Primel-
gift verursachten Infektion; jedes Bläschen im Zentrum etwas
dunkler, wässerig aussehend.
Die Bläschen verschwinden in den folojenden Tao-en all-
mählich.
20. Mai. Der letzte Versuch an einem anderen Finger wiederholt:
kein Erfolg.
30. Mai. Versnch mit einem sehr gut entwickelten Exemplar des
Kalthauses. Sekretmassen der. Blätter und des Stengels
werden zuerst durch sanfte Berührung auf einige Objekt-
träger übertragen, mikroskopisch untersucht und dann auf
jene Innenseite des Mittelfingers der linken Hand gebracht,
die bereits früher mit Erfolg infiziert worden war. Es wurden
auf diese Weise bestimmt grosse Sekretmassen auf eine
kleine Hautstelle übertragen.
1. Juni. 8h Vorm. Einige kleine Bläschen; die infizierte Stelle
schwach gerötet; kein Jucken.
2h Nachm. Zwei grössere und einige kleine Bläschen;
deutliches Jucken.
2. Juni. 8 h Vorm. In der verflossenen Nacht stärkeres Jucken an
der infizierten Stelle; diese ist auf einer Fläche von un-
gefähr 1,5 qcm deutlich gerötet; ausser den beiden grösseren
Bläschen viele kleine, alle von demselben Aussehen wie bei
dem ersten erfolgreichen Versuch.
2 h Nachm. Heftiges Jucken; die Bläschen treten durch-
wegs deutlicher hervor.
3. Juni. Dieselben Erscheinungen. Keine weitere Ausbreitung der
geröteten Stelle.
An den folg-enden Tao-en allmähliches A^erschwinden der
Rötung und der Bläschen.
Es sei noch erwähnt, dass durch tagelanges Arbeiten mit
den oberirdischen Organen dieser Orchidee niemals die ge-
ringste Infektion bemerkt w^erden konnte; ferner dass, wie
direkte Versuche mit aus Blättern und Stengeln ausgepresstem
Zellsaft zeigten, eine mechanische Wirkung der Raphiden
oder vielleicht ein Übertraoen eines Giftstoffes durch diese
Nadeln vollkommen ansgesciüosseu erscheint.
Jene zwei erfolgreichen Versuche lassen jedoch keinen Zweifel
zu, dass das Sekret der Drüsenhaare von C. spectabile tat-
sächlich hautreizeud wirkt. Wenn die Wirkung desselben bei
562 A. Nestler :
mir im Vergleiche zu andern Erfahrungen gering war, so kann das
verschiedene Ursachen haben.
Erstens ist der Umstand zu berücksichtigen, dass dieses Hautgift
nach M. DOUGAL erst während der Biklung der Samenkapseln das
Maximum seiner Wirkung erreichen soll. Da meine Pflanzen, wie
gesagt, überhaupt nicht zur Blüte gelangten, konnte ich auch jene
Behauptung nicht überprüfen. Dann ist es möglich, dass ich für
dieses Hautgift überhaupt wenig empfänglich bin; andere Personen
konnten aber nicht für dieses Experiment verwendet werden, da die
Wirkung dieses Giftes nach den früheren Angaben sehr bedeutend
sein soll Dass manche Personen gegenüber diesem Hautgift immun
sind, geht aus den Bemerkungen von KUNZE und J. NeRVINS HYDE
hervor, welche die giftige Wirkung der Cypripedien überhaupt be-
zweifeln. Mac DouCtAL selbst vermutet, dass diese Orchideen von
der Mehrzahl der Menschen ohne Schaden berührt werden können.
Soviel steht fest, dass dieses Hautgift wie bei den haut-
reizenden Primeln von Drüsenhaaren produziert wird, aber
von ganz anderer, chemischer Beschaffenheit ist wie das
Primelhautsrift.
Cypripedium 'parvifloruvi Salisb.
Laubblätter: Unterseite stark behaart, Köpfchen- und konische
Haare, letztere in der Mehrzahl; Oberseite: Behaarung geringer,
Köpfchenhaare überwiegend. Stengel: am unteren Teile überwiegend
konische Haare, am oberen Teile überwiegend Köpfchenhaare.
Fruchtknoten stark behaart, nur Drüsenhaare. —
Sekret bedeutend geringer als bei den früheren Arten, farblos
oder bräunlich; mikrochemische Eigenschaften dieselben wie bei den
Sekreten von C. pubescens und C. spectabile^ jedoch die Fähigkeit zur
Myelinformenbildung geringer.
Sämtliche Versuche bezüglich einer hautreizenden Wirkung des
Sekretes negativ; auch das Einreiben mit dem mit Raphiden durch-
setzten Zellsaft erfolglos.
Cypripedium acaule Ait.
Stengel nur mit zwei grundständigen Laubblättern; diese auf der
Oberseite viel stärker behaart als auf der Unterseite. — Drüsenhaare
und konische Haare.
Stengel: Drüsenhaare, nur vereinzelt ein konisches Haar. Frucht-
knoten mit Drüsenhaaren besetzt. —
Das Sekret der Drüsenhaare der Gattung Cypripedium. 563
Die Kopfzelle der Drüseiihaare mit ziegelrotem, seltener braunem
Sekret bedeckt. Namentlich zeio-en alle Trichome am Stenoel oreg-en
die Blüte zu eine starke Sekretbildung. Die roten Sekretmassen sind
auch oft in grossen Mengen auf den Stielzellen der Drüsenhaare und
denEpidermiszellen zu bemerken.
Berührung des Schaftes mit einem Objektträger: zahlreiche
ziegelrote oder braunrote, mitunter auch hellkarmiurote und farblose
Sekretmassen. Auch nach vielen Stunden bilden sich keine Kristalle.
Zusatz von käuflichem Ammoniak -^ Wasser (1 : 3) zu einem mit
ziegelrotem Sekret bedeckten Köpfchen eines Drüsenhaares: das
Sekret wird violett, ebenso die sich bildenden Myelinformen, durch
den Kontrast zu der gelb gewordenen Köpfchenzelle ein schönes
Bild. (Fig. 7.)
Bräunlich-rote Sekretmassen verändern nach Zusatz von ver-
dünnter Salzsäure ihre Farbe nicht, dagegen nach Zusatz von Eis-
essig; sie werden sofort orangerot oder orangegelb; fügt man nun
Kalilange hinzu, so werden sie sofort violett, bisweilen dunkel-
blau. —
Die Lösungsverhältnisse sind dieselben wie bei den früher
gen annten Ci/pripedieii.
Hautreizende ^Yirkung■: keine.
Cypripedium macranthuvi Sw.
Laubblätter und Stengel nur mit konischen Haaren besetzt; der
Fruchtknoten zeigt überhaupt keine Haarbildung.
Cyp r ip ediu m montanu m.
Das Exemplar war nur l,.j dem hoch und zeigte eine ver-
kümmerte Blüte.
Laubblätter; Ober- und Unterseite schwach behaart, Rand
etw^as stärker, Stengel gut behaart; — überall nur Drüsenhaare von
der bekannten Form, durchschnittlich 120 /^ lang, aus vier und mehr
Zellen bestehend. —
Drüsenzelle mit einem wasserhellen Sekret bedeckt oder mit
einem scheinbar festen, farblosen oder bräunlichen Anhano-.
Mikrochemische Eigenschaften wie bei C. pubescens, jedoch bei
Zusatz von verdünnter Kalilauge nur spärliche, kurze Myslinfäden.
Nach Zusatz von Ammoniak (1:1) keine Farbenäuderuug. — Keine
hautreizende Wirkung.
564
A. Nestler :
Cjjpripedium Calceolus L.
Blüliende Freilandpflaiizen aus Luuz^) (Nieder- Oesterr.)
Laubblätter verhältnismässig- spärlich behaart, teils Drüsen-, teils
konische Haare; Fruchtknoten stark behaart, hier beide Haarformen
ungefähr in gleicher Anzahl, mitunter Köpfchenhaare und konische
Haare gruppenweise angeordnet; manche Fruchtknoten zeigten fast
ausschliesslich Drüsenhaare. — Sekret auf der Drüsenzelle entweder
nur in Form eines dünnen, sichelförmigen Überzuges oder eine
grössere, unregelmässige Masse bildend, struktur- und farblos, mit-
unter als schwach bräunliche Kappe ausgebildet.
Berühren eines Objektträgecs mit dem oberen Teile des
Stengels: ziemlich viele, farblose Sekretmasseu, die im allgemeinen
dieselben mikrochemischen Verhältnisse zeigen, wie die von C.jmbescens;
nur scheint die zu Myeliuformen geeignete Substanz in weit geringerer
Menge vorhanden zu sein, als bei spectabile und j^ubescens. Bei Zusatz
von 0,5 pCt. Kalilauge entstehen spärliche Myelinformen, die jedoch
weisen ihrer Zartheit erst bei Abschattiing des Gesichtsfeldes deutlich
sichtbar werden. (Es ist notwendig, die Kalilauge sehr langsam zu-
fliessen zu lassen). — 5 pCt. Kalilauge zu einem mit zahlreichen
Drüsenhaaren besetzten Epidermisstück: keine Myelinformen, Haare
gleichmässig gelb; — 1 pCt. Kalilauge: nur an einer einzigen Drüseu-
zelle einige wenige Myelinformen; — 0,"2 pCt. Kalilauge durch
Safranin schwach rot gefärbt: das Köpfchen samt den anhaftenden
Sekretmassen sofort intensiv rot, der übrige Teil des Trichoms farb-
los, keine Myelinformen; käufliches Ammoniak und verdünnt (1 : 1):
keine Myelinformen; — Methylgrün -Essigsäure (Methylgrün 0/25,
Wasser 100, Essigsäure 1): Sekretmassen dunkelblau, Köpfchenzell-
wand blau, Zellkern grün; — alle Sekretmassen werden durch Zusatz
von Methylgrün-Essigsäure blau bis blauviolett; — Safranin und
Anilinblau (in sehr schwachen wässerigen Lösungen) werden vom
Sekret leicht gespeichert; — Jodwasser: Sekret sofort gelb, körnig
erscheinend; — MiLLON'sches Reagenz; Sekret an dem Köpfchen
gelb, später samt dem Köpfchen braun.
Es sei noch hervorgehoben, dass in Blatt und Stengel ebenso
reichlich Raphiden vorhanden sind, wie bei den früheren Arten. Alle
Versuche bezüglich einer hautreizenden Wirkung durch dieses
Sekret und diese Raphiden, die ich in diesem Falle dank des reichen
mir zu Gebote stehenden Materials sehr oft und, was das Sekret an-
belangt, mit verhältnismässig bedeutenden Massen ausführen konnte,
hatten keinen Erfolg.
1) Herr Dr. FR. RUTTNER, Assistent an der biologischen Anstalt zu Lunz
hatte die Freundlichkeit, mir zahlreiche in der Gegend von Lunz gesammelte
blühende Exemplare zu senden, wofür ich ihm zu bestem Danke verpflichtet bin
Das Sekret der Drüsenhaare der Gattung (.'ypripedium. 565
Z u s a ni m e n f a s s u n o-.
Die an mir selbst (lurchgefiilirteii Versuche beweisen, dass die
oberirdischen Organe von (Jypripedmm spectabile Salisb. ein haut-
reizendes Gift besitzen und dass die hautreizende Wirkung- in ana-
loger AVeise, wie bei den hautreizenden Primeln dem Sekrete der
Drüsenhaare dieser Orchidee zugeschrieben werden muss. —
Die Versuche mit C. piibescens und C. parviflorum, denen nach
Mac DuUCtAL gleichfalls eine hautreizende Wirkung zukommen soll,
hatten bei mir keinen Erfolg. Da jedoch C pubesceiis und C. paroi-
fioruin ebenso wie C. spectabile unter allen untersuchten Cijpripedien
die stärkste Behaarung und die grösste Anzahl von Drüsenhaaren
zeigen, halte ich es unter gleichzeitiger Berücksichtigung einer ge-
wissen mikrochemischen Beaktion des Sekretes für nicht ausge-
schlossen, dass zum mindesten auch C pubescens hautreizend wirken
kann. Denn es ist wahrscheinlich, dass nur wenige Menschen und
diese nicht in gleicher Stärke für dieses Ilautgift empfänglich sind;
auch ist neben anderen schon früher angeführten Umständen
zu berücksichtigen, dass möglicherweise unter meinen Kultur-
bedingungen das Sekret sich nicht in der Weise entwickelte, wie es
zur llervorbringung einer hautreizenden Wirkung notwendig ist.
Alle untersuchten Cijpripedien — ausgenommen 6'. macranthinn —
haben auf ihren oberirdischen Organen zweierlei Haare in ver-
schiedener Verteilung: mehrzellige Drüsenhaare (Fig. 1) und mehr-
zellige konische Haare. 6'. viacranthum entwickelte wenigstens unter
meinen Kulturbedingnngen nur konische Trichome. Da alle
konischen Haare von weicher Beschaffenheit sind, so erscheint es
von vornherein ausgeschlossen, dass durch dieselben eine mechanische
Verletzuno' der Haut stattfinden kann.
Das Sekret der Drüsenhaare ist eine homogene, in der Hegel
vollständig farblose, seltener — namentlich bei älteren l'richomen
wahrscheinlich durch den Sauerstoff der Luft bewirkte — bräunliche
oder {C. acaule) ziegelrote Substanz, die entweder nur als dünne
Kappe erscheint oder das ganze Köpfchen, mitunter auch die nächste
Stielzelle bedeckt oder auch in einzelnen Partien auf den Stiel-
zellen und den nächsten Epidermiszellen des betreffenden Organs
(Stengel, Laubblatt, Fruchtknoten) sichtbar ist. Es liegen also hier
analoge Verhältnisse, wie bei den hautreizenden Primeln vor; doch
zeigt das Cypripedium-Sekret einige andere mikrochemische Eigen-
schaften als das Primelhautgift. — Während letzteres sehr leicht
auskristallisiert, ist das Sekret der Cypripedien eine fettartige,
niemals Kristalle bildende Substanz, die unter anderem bei Zusatz
von verdünnter Kalilauge oder verdünntem Ammoniak mehr oder
weniger schöne Myelinformen bildet (Fig. 6, 7) und Farbstoffe (Anilin-
566 A. Nestler :
blau, Safrauin, Methylgrün, Lackmus) sehr leicht speichert. Aus seiner
Eignung zu Myelinformenbiklung lässt sich schliessen, dass hier
neben anderen Bestandteilen eine Fettsäure (Ölsäure?) vorhanden ist.^)
Es ist nun sehr auffallend, dass das Sekret von C. spectabiie und
C. puhesceiis jene Substanz, die zur Bildung von Myelinformen er-
forderlich ist, in grosser Menge besitzt, was aus der grossen Anzahl
schöner Myelinformen bei Zusatz der geeigneten Substanz leicht er-
sichtlich ist, in geringerem Masse dagegen das Sekret von C. parvi-
florum und sehr gering, oft nur schwer nachweisbar das der übrigen
Ciipripedien. — Da dies der einzige Unterschied ist, den ich
im Sekrete der verschiedenen Cypripedien mikrochemisch nach-
weisen konnte, wäre es nicht undenkbar, dass die hautreizende
Substanz an eine Fettsäure gebunden ist, die in hervorragender
Menge bei C. spectabiie und C. pubescens zur Entwickelung gelangt. — Das
im Handel vorkommende Cardolum vesicans (nicht das Cardolum
pruriens) gibt nach Zusatz von Ammoniak (1 : 1) oder Kalilauge
(0,5 pCt.) ebenfalls Myelinformen. Es ist aber selbstverständlich,
dass bei der grossen Verbreitung der zu Myelinformen geeigneten
Substanz und der unreinen Beschaffenheit des käuflichen Cardolum
vesicans nicht daraus geschlossen werden kann, dass das Ci/pripedimn-
Hautgift vielleicht ein Cardol sei. — Ebenso ist die Begründung
M. DOUGAL's, dass dieses Gift vielleicht ein Cardol sei, weil „es in
Alkohol leicht löslich ist und wie eine ölige Substanz reagiert", ohne
Bedeutung.
Ob die auffallende, an Chinone (Nucin, Chrysophansäure etc )
und an gewisse Milchsäfte (MOLISCH 1. c.) erinnernde Reaktion —
karminrote nnd violette Färbung bei Zusatz von Ammoniak (1 : 1)
für Cypripedium spectabiie charakteristisch ist oder auch dem Sekret
anderer Cypripedien zukommt, muss ich vorläufig unentschieden
lassen.
M. Dougal bemerkt am Schlüsse seiner 11. kleinen Ab-
handlung, dass die hautreizenden Ciipripedieji unangenehm für das
weidende Yieli seien und daher in ihrer giftigen Eigenschaft ein
Schutzmittel besitzen. — Dieser Annahme kann ich nicht beipflichten,
da dieses Gift, auf die Haut des Menschen übertragen, nicht sofort
in bemerkenswerter Weise wirkt, sondern erst nach einiger Zeit.
Wenn dieses Sekret den weidenden Tieren augenblicklich beim
Fressen unangenehm werden würde, dann wäre wohl diese Ursache
für ihre Abneiguno- verständlich. Das ist aber durch nichts er-
1) A. Nestler. Myeliu und Eiweisskristalle in der Frucht von Capsicuin an-
mium L. Sitzungsb. d. Kais. Akad. d. Wiss. in Wien. Bd. CXV. 1906.
Em. Senf, über Myelinformen bildende Substanz in Gingko-Samen. Pharn).
Post. 1907.
Das Sekret der Drüsenhaare der Gattung Cypripedium. 567
wiesen. — Wir wissen niclit, wie dieses Hautgift auf den Gaumen
des Menschen wirkt und können wohl auch diesbezüglicli einen
direkten Versuch nicht machen, da er sehr schwere Folgen haben
könnte. Ich erinnere nur an den einen Fall, wo eine Frau zufällig
ein Blattstück der Primula obconica kaute.
M. DOUGAL ist ferner der Ansicht, dass die in den oberirdischen
Organen der Cypripedien vorkommenden Raphiden gleichfalls als
ein Schutzmittel gegen Tierfrass anzusehen seien. Auch dieser
Meinung kann ich nicht zustimmen, da die Menge und die Grösse
der Raphiden denn doch verhältnismässig gering erscheint, um als
wirksamer Schutz gegenüber grösseren Tieren angesehen werden zu
können.
Wenn jene Orchideen tatsächlich von dem weidenden Vieh un-
berührt gelassen werden, so wird wohl die Annahme näher liegen,
dass ihm diese Pflanzen einfacli nicht schmecken, ohne dass für diese
Abneigung Sekret und Raphiden massgebend sein müssen.
Pflanzenphysiologisches Institut der k. k. deutschen
Universität in Prag.
Erklärung- der Abbildiiugeu zu Tafel XIV.
Cypripedium pubescens. 1 — 6
1. Drüsenhaar: k - Köpfchenzelle: s = Sekret; so weit das Sekret reicht, ist die
Membran dicker, als an den andern Stelleu. Vergr. 3Gü.
2. Ein Drüsenhaar in Luft; das Sekret (s) färb- und strukturlos. Vergr. 255.
3. u. 4. Drüsenzellen nach Zusatz von Wasser: das Sekret zeigt blasenartige (H)
oder kurz fadenförmige Gebilde (4). Vergr. 360.
5. Eine Sekretmasse in heissem Wasser. Vergr. 255.
6. Aus dem Sekret einer Köpfchenzelle sind nach Zusatz von 0,2 pCt. Kalilauge
Myelinformen entstanden. Vergr. 360.
7. Eine Kö])fchenzelle von O/pripedium acaule nach Zusatz von Ammoniak
(1 : 3). Vergr. 360.
8. Ein Drüsenhaar von Gypripediuin Calceolvs in Wassei'. Vergr. 360.
9. Ein Drüsenhaar von Cypripedium spectabile in Wasser. Vergr. 3G0.
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV. 40
568 Hans Winkler :
80. Hans Winkier: Über Pfropf bastarde und pflanzliche
Chimären.
(Mit drei Textfiguren.)
(Eiogegangen am 7. Dezember 1907.)
Im Folgenden möchte ich die kurze Beschreibung einer Pflanze
geben, die ich auf der diesjährigen Generalversammlung der Deutschen
Botanischen Gesellschaft in Dresden demonstrierte. Wenn ich dies
schon jetzt tue, entgegen meiner ursprünglichen Absicht, erst nach
Abschluss der eingehenden Untersuchung einen Bericht über diese
in ausführlicherer F'orm zu veröffentlichen, so geschieht es vornehm-
lich deshalb, weil mir in letzter Zeit eine ganze Reihe von Anfragen
über die Pflanze zugegangen sind, aus denen ich ersehe, dass es
doch ratsam ist, schon jetzt einige authentische, wenn auch kurze
Angaben über sie zu publizieren.
Gegenstand der Versuche, die zu der Entdeckung der in Dresden
demonstrierten Pflanze führten, war die alte vielerörterte Präge nach
der Existenz von Pfropfhybriden. Mit Reclit bemerkt STRASBURGER
in seiner letzten Publikation über dies Problem,^) dass, so wie die
Dinge jetzt liegen, das tatsächliche Bestehen von Pfropfhybriden
immer noch nicht als eVwiesen gelten kann, und dass Zweifel an
ihrer Existenz so lange berechtigt bleiben, als „für das Zustande-
kommen von Pfropfhybriden nur nachträglich gemachte Wahr-
nehmungen angeführt werden können, so lange es in einem Worte
nicht gelang, Pfropfhybride willkürlich hervorzubringen und in ihrer
Entstehuno; zu verfoloen". Die Frage lässt sich also definitiv nur
experimentell entscheiden, und bei der grossen theoretischen Be-
deutung, die sie besitzt, sind möglichst zahlreiche Versuche zu ihrer
Lösuno' erwünscht.
Solche Versuche sind ja nun auch bekanntlich schon in sehr
grosser Anzahl ausgeführt worden, bisher aber stets ohne positive
Ergebnisse, so dass durch sie im Wesentlichen nur die Zweifel an
der Pfropfbastardnatur des Cytisiis Adami und des Crataegomespilus
von Bronvaux neue Nahrung erhielten. Davon aber überzeugt, dass
dennoch Pfropf bastarde möglich, wenn nicht gar in den erwähnten
1) E. SRASBURGtER, Über die Individualität der Chromosomen und die
Pfropfliybriden-Frage (Jahrb. für wissensch. Botanik, Bd. 44, 19ü7, S. 482—555).
über Pfropfbastardc und pflanzliche Chimären. 569
Pflanzen schon vorhanden sind, glaubte ich, das Misslingen aller
bisherigen Versuche, sie experimentell zu erzeugen, auf die Wahl
ungünstiger Objekte und ungenügende Methodik zurückführen zu
können. Es ist begreiflich, dass man vorzugsweise Cyiisus purpureus
und laburnum als Versuchsobjekte wählte; doch sind gerade diese
Eltern des Cytisus Adami aus verschiedenen gleich zu erwähnenden
Gründen keine sehr günstigen Objekte. Es galt daher, wollte man
die oft unternommenen Versuche mit einiger Aussicht auf Erfolg
wiederholen, andere, günstigere Objekte ausfindig zu machen, und
sie mit verbesserten Methoden zu behandeln.
Von vornherein war es klar, dass alle Versuche, Pfropfbastarde
zu erzeugen auf dem Wege der direkten Beeinflussung des Reises
durch die Unterlage oder umgekejirt, derart, dass dabei der eine
Komponent den anderen seine spezifischen Eigenschaften merkbar
und dauernd mit zur Schau zu tragen zwingt, aussichtslos erscheinen
mussten. Denn es ist ein vor allem durch die seither vielfach be-
stätiuten Versuche von VOECHTING feststehender Satz, dass die
durch Pfropfung zu einem einheitlich wachsenden Individuum ver-
bundenen Symbionten sich gegenseitig in ihren spezifischen Eigen-
schaften nicht zu beeinflussen vormögen. Daran ändern auch die
zahlreichen, aber meist sehr unkritischen Versuche von DANIEL
nichts, die angeblich das CTegenteil beweisen sollen, zumal noch
neuerdings VOSS^) bei einem derjenigen Gewächse, von dem die
spezifischen Änderungen der Eigenschaften des aufg'esetzten Reises
durch die Unterlage immer und immer wieder behauptet worden ist,
nämlich bei der Rebe, durch sorgfältige Untersuchungen nach-
gewiesen hat, dass Reis und Unterlage sich in ihren morphologischen,
anatomischen und physiologischen Eigenschaften trotz der Pfropf-
symbiose genau so verhalten, als ob jedes selbständig gediehe
Die gegebene Methode, die bei Versuchen, Pfropfbastarde zu
erzeugen, inne zu halten ist, ist denigemäss einzig und allein die,
dass man die Pflanze veranlasst, aus dem Verwachsungsgewebe
Adventivsprosse zu bilden. Als solche, der Pfropfstelle entsprungene
Adventivsprosse sieht man ja auch allgemein den Cytisus Adami und
den CrataegomespiJus an, soweit man in ihnen keine sexuell erzeugten
echten Bastarde erblickt.
Nun sind freilich Pflanzen, die leicht und willig aus Stengel-
gewebe solche Sprosse treiben, im allgemeinen nicht häufig. Als
yeleo-entlicher Ausnahmefall kommt es allerdings fast bei allen Ge-
wachsen einmal vor, dass infolge einer Verwundung oder durch
1) W. Voss, Über die durch Pfropfen herbeigeführte Symbiose einiger Vitis-
arten, ein Versuch zur Lösung der Frage nach dem Dasein der Pfropfhybriden
(Landwirtsch. Jahrbücher, Bd. 33, 1904, S. 961— 960;.
40*
570 Hans Winkler:
sonst irgend einen Umstand veranlasst Aventivknospen aus dem
Stengel entstehen; so auch bei den Arten der Gattungen Cytisus^
Mespilus und Crataegus. Aber es ist klar, dass solche Gewächse, bei
denen Adventivbildungen zu den Ausnahmen gehören, keine günstigen
Objekte für Pfropfbastardversuche sind, da diese dann in ausser-
ordentlich grosser Anzahl anzustellen sind. Ideale Objekte für
solche Versuche sind vielmehr Pflauzen, bei denen es der
Experimentator in der Hand hat, nach seinem Belieben aus jedem
Punkte des Steugels Adventivsprosse hervorzulocken, bei denen er
also auch die Sprossbildung nach Belieben auf die Verwachsangs-
stelle lokalisieren kann. Auf Grund meiner ausgedehnten Regene-
rationsstudien kann ich behaupten, dass solche Pflanzen verhältnis-
mässig sehr selten sind; ich fand sie eigentlich nur unter den
Solanaceen und den krautigen Capparidaceen. Mit Vertretern beider
Familien habe ich nun seit 1904 zahlreiche Versuche gemacht, die
aber erst in diesem Jahre zu Resultaten führten, die ihre Fort-
führung in grossem Massstabe rechtfertigen. Dass es sich bei
meinen Versuchsobjekten um krautige, nicht perennierende Pflanzen
handelt, ist wol insofern ein Nachteil, als sich die eventuell ent-
stehenden Pfropfbastarde nicht so leicht vermehren und dauernd am
Leben erhalten lassen wie etwa der Cytisus Adavn. Dem stellt aber
der grosse Vorteil gegenüber, dass krautige Pflanzen sehr viel
rascher regenerieren nnd sich entwickeln, früher zur Blüte kommen
und in verschiedener Hinsicht ein bequemeres Material zum Experi-
mentieren abgeben als Holzgewächse. Überdies gelingt es ja be-
kanntlich durch gewisse Stecklingsmethoden, auch krautige annuelle
Pflanzen zu überwintern und zu vermehren. Vor allem aber musste
ich eben schon aus dem Grunde zu Annuellen als Versuchsmaterial
greifen, weil mir unter den perennierenden Holzgewächsen keins
bekannt ist — ausser vielleicht Popidus — , bei dem die Adventiv-
sprossbildung so leicht vor sich geht und so sicher auf den ge-
wünschten Punkt lokalisiert werden kann wie bei den krautigen
Solanaceen und Capparidaceeii. Die Versuche, über die ich in dieser
Mitteilung berichte, beziehen sich ausschliesslich auf Vertreter der
Gattung Solanum', die Versuche mit anderen Pflanzen sollen vorerst
unberücksichtigt bleiben.
Aus leicht ersichtlichen Gründen benutzte ich junge kräftige
Keimlinge für den Versuch. Wird ein solcher Keimling etwa von
Solanum lycopersicuvi, das vermöge seiner ungewöhnlich grossen Re-
generationskraft eins meiner Hauptversuchsobjekte bildete, decapitiert,
so sorgen, wie üblich, zunächst die austreibenden Achselknospen der
Stengelblätter für den Ersatz des verlorenen Haupttriebes. Entfernt
man aber zugleich mit dem Eadtrieb auch die Achselknospen und
sorgt dafür, dass in den ßlattachseln keine Adventivsprosse auf-
über Propfbastarde und pflanzliche Chimären.
571
kommen können, was durch täglicli wiederholtes Ausbrechen der
eben sichtbar werdenden Knospen unschwer erreichbar ist, so
kommen nunmehr aus der apicalen Schnittfläche des Stengels
Adventivsprosse in grosser Zahl heraus. Die näheren Einzelheiten
ihrer Entstehungsweise interessieren uns hier zunächst nicht. Es
genüge, festzustellen, dass sie dem Callus entspringen, der bald
nach der Decapitierung die Schnittfläche als homogene Kappe über-
zieht, und der entwicklungsgeschichtlich keineswegs etwa allein auf
das Cambium zurückzuführen ist. Irgend ein Punkt des Stengel-
callus erscheint dabei nicht hinsichtlich der Sprossproduktion bevor-
zugt; ziemlich gleichmässig ringsum treten die Knospen auf, und
Zufälligkeiten entscheiden, welcher Trieb oder wieviel Triebe
schliesslich zur Weiterentwicklunar s-elansren.
Fitr. 1. Schematische Darstellung der regenerierenden Schnittflächen A) bei An-
wendung des Kopulierens, /i) der Keilpfropfung, C) der Sattelpfropfung. Das
Gewebe des Reises ist schraffiert.
Diese Fähigkeit der Solanum -Keimlinge, aus der Querschnitts-
fiäche des Stengels zahlreiche Regenerativsprosse zu bilden, benutzte
ich nun für die Pfropfhybridenversuche derart, dass ich den Trieb
der einen Art auf den decapitierten Keimling der anderen durch
Kopulation, Sattel- oder Keilpfropfung aufsetzte und das System
dann mehrere Wochen lang sich selbst unter o-ünstio-en Veo-etations-
bedinguugen überliess, bis eine möglichst innige Verwachsung der
beiden Komponenten eingetreten war. Dann wurde es decapitiert,
und zwar so, dass die apicale Schnittfläche zum Teil aus Gewebe
der Unterlage, zum Teil aus solchem des Reises bestand. (Vgl. die
schematischen Skizzen in Fig. 1; die dem Reis zugehörigen Gewebe-
teile sind schraffiert.)
In der eben beschriebenen Weise wurde dann die Schnittfläche
zur regenerativen Sprossbildung veranlasst, und es galt nun nur
noch, diese auf die Punkte a und b der Fig. 1 A, oder die Punkte
«, b, c, d der Fig. 1 B und C zu lokalisieren. Durch gewisse Kunst-
griff'e, die ebenso wie die Einzelheiten der ganzen Methodik in der
ausführlichen VeröflFentlichung einoehend beschrieben werden sollen,
war das leicht zu erreichen, so dass also die Adventivsprosse unserer
572 Hans Winkler :
Versuchspfianzen tatsächlich genau aus denjenigen Stellen heraus-
kommen mussten, wo die Gewebe von Unterlage und Reis unmittel-
bar aneinanderstiessen.
Ich will nun über die zahlreichen Versuche, die nach dieser
Methode mit den verschiedensten Solanum- Axien und vielen Tomaten-
sorten gemacht wurden, an dieser Stelle nichts berichten, sondern
mich darauf beschränken, die Entstehungsgeschichte der in Dresden
vorgeführten Pflanze sowie diese selbst zu schildern.
Sie entstand als Adventivspross an einem Keimling von Solanum
lycopersicum, „Gloire de Charpennes"^, der mit einem Spross von
Solanum nigrum nach der Keilpfropfmethode am 25. Juni 1907 ver-
bunden worden war. Am 10. Juni wurde das aufgesetzte Nacht-
schattenreis wieder durch einen Querschnitt abgeschnitten derart,
dass eine Schnittfläche wie in Fig. 1 B entstand, wobei das schraffierte
Gewebe das von Solanum nigrum bedeutet. Schon nach wenigen
Tagen waren die ersten Spuren der regenerativen Sprossbildung be-
merkbar, und es wurden im Verlaufe der nächsten Wochen etwa an
den Punkten e, / und g Adventivsprosse abgehoben, die reine Tomate
„Gloire de Charpennes" w^aren, von den Punkten h und i solche, die
reiner Nachtschatten waren. Auch später noch entstanden aus den
reinen Gewebeteilen der Mutterpflanze noch mehrere Sprosse, die
jeweils, wenn sie die erforderliche Grösse erreicht hatten, ab-
genommen und zu weiterer Beobachtung isoliert weiterkultiviert
wurden.
Ausser diesen ausnahmslos völlig artrein gebliebenen Sprossen
bildete sich nun Mitte August an dem Punkte a eine Knospe, die
einen von Anfang an durch seine Gestaltung auffallenden Trieb
lieferte. Er trug zunächst an der dem Nigrum-lLeW zugekehrten
Seite ein kleines aber durchaus typisches Nachtschattenblatt, darauf
aber auf der anderen, dem Tomatengewebe der Mutterpflanze .zu-
gewendeten Seite ein zerteiltes Blatt von der etwas unregelmässigen
Form, wie sie den Primärblättern von Adventivsprossen der Tomaten-
sorte „Gloire de Charpennes" eignet. Ebenso entsprach Blatt Nr. 3
in Form, Färbung und Behaarung durchaus der Tomate, während
Blatt 4 und 5 wieder reine Solanum nigrum - Blätter waren. Blatt 6
war dann wieder ein Tomatenblatt, Blatt 7 ein Nachtschattenblatt.
Als die Pflanze in diesem Stadium war, am 1. September, liess ich
sie von Herrn Universitätszeichner GeNTER zeichnen; Fig. 2 gibt
die Zeichnung wieder, derart, dass unten der Gipfel der Mutterpflanze
mit dem eingesetzten Keil des Reises noch zu sehen ist. Alles, was
rein Nachtschatten ist, ist in der Figur punktiert, alles reine
Tomatengewebe weiss gelassen.
In diesem Stadium stellte also die Pflanze einen Spross dar, der
— worauf besonders Gewicht zu legen ist — von Anfang au völlig
über Propfbastarde und pflanzliche Chimären.
573
einheitlich wuchs, und der links von einer ihn ziemlich oenau
halbierenden Mittellinie reine Tomate „Gloire de Charpennes",
rechts von ihr reiner Nachtschatten war. Demgemäss trugen die
Knks stehenden Blätter reinen Tomatencharakter, die rechts
stehenden reinen Nachtschattencharakter. Blatt 8 und 9, und dann
wieder Blatt II (Blatt 10 war ein reines Nachtschattenblatt) aber
entsprangen nun dem Spross so, dass die Trennungslinie zwischen
den Geweben der beiden Komponenten gerade durch das Blatt-
primordium hindurchging. Die Folge war, dass Blätter entstanden,
die zum Teil aus Nigrum-, zum Teil aus Lycopersicum - Gewebe zu-
Fig. 2. Die Chimäre am 1. Sep-
tember 1907. Unten der Tomaten-
nmtterspross mit dem eingesetzten
Nachtschattenkeil. Das Nacht-
schattengewebe ist punktiert.
sammengesetzt waren, und zwar so, dass die beiden Gewebearten
sich nebeneinanderliegend, nicht etwa durcheinander gewürfelt, an
dem Aufbau der Blattspreite beteiligten. Wo, wie bei Blatt 11, die
Trennungslinie zwischen den beiden artfremden Geweben gerade
mit dem Mittelnerv zusammenfiel, entstand ein Blatt, das genau
links von der Mittelrippe typische, gauzrandige, ungeteilte, dunkel-
grüne, wenig behaarte, zarte Nachtschatten-Blattspreite, rechts von
ihr typische, gekerbtrandige, gefiederte, hellgrüne, ziemlich stark be-
haarte, kräftige Tomateu-BIattspreite darstellte. In Fig. 3 ist dies-
Blatt Nr. 11 neben je einem typischen Blatt der beiden Eiterpflanzen
abgebildet; die Zeichnung wurde durch Durchpausen eines photo-
graphischen Negativs gewonnen, gibt also die Konturen genau
wieder.
574
Hans Winkler :
In diesem Stadium, so dass also Blatt 11 schon einige Zenti-
meter lang war, befand sich die Pflanze, als ich sie am 13. September
in Dresden demonstrierte; um ihre Entstehungsweise mit demon-
strieren zu können, hatte ich den Mischtrieb nicht von der Mutter-
pflanze losgetrennt und isoliert kultiviert, so dass er nicht so kräftig
entwickelt war, als das sonst wohl der Fall hätte sein können.
Über das weitere Verhalten des Sprosses möchte ich an dieser Stelle
noch nichts mitteilen, da es mir hier im Wesentlichen nur darauf
ankam, ihn so zu beschreiben, wie er zur Zeit der Vorführung
war. —
Es ist klar, dass dieser eigenartige, aus dem Yerwachsungs-
gewebe eines auf Solanum hjcopersicuvi gepropften SoIa?ium nigrum
entstandene Spross kein direktes Analogen zu den vermeintlichen
B
C
Fig. 3. Kontur des Mischblattes Nr. 11 der Chimäre (ß) neben je einem Blatt
der Eltern Solanum nigrum (A) und Solanum lycopersicum (C).
Pfropfbastarden Cytisus AdaDii und Mespilus Dardari und Asnieresii
darstellt. Denn bei diesen finden sich ja — von totalen und secto-
riellen Spaltungen abgesehen — die Charaktere der beiden Stamm-
arten gemischt, kombiniert, gewissermassen übereinander vor,
während sie bei unserer Pflanze völlig unvermischt, nebeneinander
vorkommen. Soviel mir bekannt, findet sich überhaupt in der Natur
kein Analogon zu unserer Pflanze, kein Organismus also, der zur
Hälfte aus der einen, zur Hälfte aus einer anderen Art besteht —
von gelegentlichen sectoriellen Spaltungen echter Bastarde vielleicht
abgesehen — , so dass als einzige Analoga Fabelwesen übrig bleiben
wie die Centauren, die halb Mensch, halb Pferd waren, oder die
Chimäre, die tiqoo&e Xecov, djiio&ev de ÖQaxojv, fieooi] de yijuaiga war.
Ich habe mir daher erlaubt, um für die mit unserer Pflanze auf-
getretene Kategorie völlig neuartiger Organismen eine kurze un~
missverständliche Bezeichnung zu haben, in Dresden vorzuschlagen,
sie kurzweg pflanzliche Chimären zu nennen, und so werde ich
über Propfbastarde und pflanzliche Chimären. 575
künftig' auch unsere Pflanze als Chimäre Solanum nigro-lycopersicuvi
bezeichnen.
Über ihre Entstehungsweise kann wohl kaum ein Zweifel be-
stehen. Es müssen aus dem Callus, der die aus L)jcopersicum- und
aus Aic/nnii-Ge'wehe bestehende Schnittfläche überzog, und der ein
so einheitliches Gebilde darstellt, dass auch unter dem Mikroskop
die Grenzen zwischen den beiden artfremden Gewebearten schlechter-
dings nicht zu erkennen waren, mindestens zwei nebeneinander-
liegende Zellen, eine Nachtschattenzelle und eine Tomatenzelle, zu-
sammen einen Adventivspross-Yegetationspunkt konstituiert haben.
Da mir bei Gelegenheit der Diskussion, die der Vorführung der
Chimäre in Dresden folgte, bemerkt wurde, es handle sich dabei
um nichts anderes als eine Art siamesischen Zwillings, so möchte
ich auch hier nochmals betonen, dass zum Begriff des Zwillings das
deutlich erkennbare Yorhandensein zweier (wenn auch noch so weit
miteinander verwachsener) Individuen gehört, während unsere Chimäre
von Anfang an als völlig einheitlicher Spross wuchs, dem, falls er
nur einheitlich gestaltete Blätter getragen hätte, niemand auch nur
im Entferntesten Zwillingsnatiir zuueschrieben hätte. Die Ent-
stehung aber aus mindestens zwei Zellen kann natürlich auch dann
nicht als Indicium für die Zwillingsnatiir angesehen werden, wenn
die beiden Zellen verschiedenen Arten angehören; man müsste dann
ebenso einen reinen Tomatenadventivspross als Zwilling ansehen,
da auch er doch höchstwahrscheinlich aus mehr als einer Zelle
entsteht.
Ebenso ist deshalb, weil der Chitnärentrieb von Anfano- an
völlig einheitlich wuchs und in keinem Stadium auch nur die
leiseste Andeutung einer Doppelbildung aufwies, die Ansicht nicht
haltbar, dass es sich um die sehr frühzeitig erfolgte Verschmelzung
zweier getrennt angelegter Vegetationspuiikte handle. Überdies
wäre dann auch die Entstehung so einheitlicher Mischblätter wie
des in Fig. 3 abgebildeten Blattes Nr. 1 1 kaum vorstellbar.
So bleibt nur die Annahme übrig, dass von vornherein artfremde
Zellen zur Konstituierung eines einheitlichen adventiven Vegetations-
punktes zusammentraten. Es müssen das mindestens zwei, können
aber auch mehr gewiesen sein; nur wird man sich vorstellen müssen,
dass die Zahl von Tomatenzellen, die zur Bildung des Vegetations-
punktes herangezogen wurde, genau oder fast genau gleich der zum
gleichen Zwecke verwendeten Nachtschattenzellen war.
Damit aber ist zum ersten Male in einwandfreier Weise die
theoretisch bedeutsame Tatsache sichergestellt, dass auf anderem
als sexuellem Wege die Zellen zweier wesentlich ver-
schiedener Arten zusammentreten können, um als gemein-
samer Ausgangspunkt für einen Organismus zu dienen, der
576 HansWinkleR: Über Pfropfbastarde und pflanzliche Chimären.
bei völlig einheitlichem Gesamtwachstum die Eigen-
schaften beider Stammarten gleichzeitig zur Schau trägt.
Es mag fraglich erscheinen, ob auf solche Organismen wie sie die
pflanzlichen Chimären darstellen, der Begriff' des Bastardes anwend-
bar erscheint; will man ihn anwenden, so wäre er unter allen Um-
ständen bei der völligen Neuartigkeit der Chimären entsprechend zu
erweitern. Doch möchte ich diese nicht leicht zu beantwortende
Frage an dieser Stelle nicht anschneiden, sondern ihre eingehende
Erörterung der ausführlichen Arbeit vorbehalten. Ebensowenig soll
schon hier untersucht werden, inwieweit denn nun die Chimäre im-
stande ist, uns das Verständnis für das eigentliche Wesen des Cytisus
Ädami und der Bronvauxschen Bastarde zu erschliessen. Immerhin
glaube ich schon jetzt sagen zu können, dass uns die Entdeckung
der Chimäre und die genaue Kenntnis ihrer Entstehungsgeschichte
den Weg für ein gutes Stück ebnet, der zum Verständnis auch der
erwähnten rätselhaften Pflanzen führt.
Im Übrigen ist weitere Aufklärung von dem Fortgange der
Versuche zu erhoffen. Selbstverständlich behalte ich mir deren
Fortführung, zunächst mit Solanaceen und Capparidaceen, vor. Dank
dem ausserordentlich freundlichen Entgegenkommen der Direktion
des Tübinger botanischen Gartens werde ich in der Lage sein, vom
nächsten zeitigen Frühjahre an in grossem Massstabe experimentieren
zu können, und das ist nötig, da begreiflicherweise der Prozentsatz
von negativ verlaufenden Versuchen ganz ungeheuer viel grösser ist
als der der positiv verlaufenden. Mit Bestimmtheit lässt es sich
denn auch nicht voraussagen, ob es jemals wieder gelingen wird,
eine Chimäre zwischen Solanum nigrum und Lycopersicum oder
zwischen anderen Arten zu erzielen. Doch glaube ich, nach meinen
bisherigen Erfahrungen, dass es bei steter Verbesserung der
Methoden und dann, wenn es möglich ist, die Versuche in sehr
grosser Zahl anzustellen, doch noch öfter gelingen muss.
Tübingen, Botanisches Institut. Dezember 1907.
F. C. VON FABER: Über Verlaubung von Cacaoblüten. 577
81. F. C. von Faber: Über Verlaubung von Cacaoblüten.
(Mit einer Tcxtiigur )
(Eingegangen am 9. Dezember 19U7.)
Während meiues Aufenthaltes auf der Bibundipflauzung in
Kamerun lernte ich eine eigentümliche Verlaubung der Cacaoblüten
kennen, die meines Wissens bis jetzt noch nicht bekannt geworden
ist. Auf der genannten Pflanzung befindeu sich einige Cacaobäume,
die niemals Früchte getragen haben, und mir von den Pflanzern dort
als „männliche Cacaobäume" bezeichnet wurden.
Die betrefi'enden Bäume tragen zahlreiche Blüten, die schon von
weitem dadurch auffallen, dass sie lang gestielt sind und statt der
bekannten Färbungen der normalen Blüten ein gleichmässiges Dunkel-
braun aufweisen.
Das Material, das ich erst in Boi'lin genauer untersuchen konnte,
bewies mir, dass hier eine andere Erscheinung vorliegt, als bei den-
jenigen sogenannten „männlichen Cacaobäumen", von denen
Winkler ^) berichtet hat. Er sagt hierüber: „Eine eigentümliche
Erscheinung ist das Vorkommen von Individuen, die ich von
Pflanzern als „männliche Cacaobäume" bezeichnen gehört habe. Sie
bringen die stammbürtigen Blüten so massenhaft hervor, dass der
Stamm fast weiss bedeckt ist. Fruchtansatz erfolgt niemals". — „Auf
welchen Ursachen beim Cacao das Fehlschlagen der Früchte beruht,
konnte ich leider nicht untersuchen. In den auffallend grossen Blüten
waren Pollen und Samenanlagen anscheinend normal entwickelt."
Hieraus geht hervor, dass die Blüten, welche WiNKLEß vor sich
hatte, einen normalen Geschlechtsapparat besassen. Die Unter-
suchung meines Materials zeigte jedoch, dass hier weder Blütenkrone
noch Antheren und meist auch der Fruchtknoten nicht ausgebildet
waren.
Den Pflanzern scheint der Unterschied zwischen den bei-
den vorliegenden Abnormitäten nicht aufgefallen zu sein; da in
beiden Fällen die Bäume keine Früchte tragen, hat man wohl an-
genommen, dass beide Erscheinungen identisch sind. Der Unter-
schied zwischen normalen Cacaoblüten und den verlaubten Organen
ist folgender: Die normalen Blüten besitzen einen fünf lappigen Kelch;
1) H. Winkler : Beiträge zur Morphologie und Biologie tropischer Blüten
und Früchte. — Habilitationsschrift. Leipzig, W. ENGELMANN, 1906.
578
F. C. VON FABER:
die am Grunde kappenförmig ausgebildeten fünf Blumenblätter be-
sitzen eine kleine, ovale, meist spitz endende gestielte Spreite. Die
Staubblattröhre besteht aus fünf pfriemförmigen Staminodien und fünf
gestielten Staubblättern. Der fünffächerige Fruchtknoten weist einen
einfachen mit einer fünfspaltigen Narbe versehenen Griffel auf.
Die verlaubten Blüten besitzen den Charakter kleiner vegetativer
Zweio-e mit verläno-erter Achse und gestreckten Internodien. Eine
Differenzieruno- der Kelch- und Blumeublättter, Staubblätter und
Fruchtknoten ist nicht vorhanden. Die verlängerte Achse dagegen
trägt eine grosse Anzahl in Spiralstellung angeordneter, etwa 5 mvi
langer und ^/o — 1 mm breiter, meist eigentümlich gekrümmter
Blättchen. In ganz seltenen Fällen finden sich an der Basis der
Achse kleine Seitenzweige mit rudimentären Knospen, die teilweise
Normale Blüte 3:1.
Deformierte Blüten 2:1.
noch einen Fruchtknoten aufwiesen. Die Blätter der verlaubten
Blüten sind dicht besetzt mit kurzen, dickwandigen, an ihrer Spitze
gekrümmten Haaren, während auf den normalen Blütenblättern solche
nur vereinzelt vorkommen; in den meisten Fällen sind diese dann
als Drüsenhaare ausgebildet.
Bei näherer Untersuchung fand ich auf den Blättchen das Mycel
eines Pilzes, der seinen Sporen nach zu der Gattung Cercospora
o-ehört. Da dieser Pilz auf den deformierten Blüten nicht immer
konstatiert werden konnte und er auch ab und zu auf normalen
Blüten auftritt, glaube ich annehmen zu dürfen, dass es sich in diesem
Falle um einen Gelegenheitsparasiten handelt, der mit der fraglichen
Deformation nicht in Zusammenhang steht. Dagegen Hessen sich
zwischen den schmalen dunkelbraunen Blättchen der deformierten
Blüten regelmässig zahlreiche Larven einer Psyllide (Blattflöhe)
nachweisen. Sowohl an verschiedenen Stellen der Blütenachse, als auch
an den einzelnen verkrüppelten Blättchen konnte ich die Folgen der
über Verlaubung von Cacaobliiten. 579
Tätig'keit dieser Insekten beobachten und zwar handelte es sich vor-
nehmlich um Saugstellen. An vielen Stellen war der durch den
Rüssel des Tieres in das Gewebe gebohrte Gang noch deutlich zu
erkennen. An anderen Stellen der Achse war unter der Epidermis
ein Hohlraum entstanden, der vom übrigen lebendigen Gewebe durch
eine Korkschicht getrennt ist und mit der Aussenwelt durch einen
Kanal in Verbindung steht. Die Entstehung dieses Hohlraumes ist
dadurch erklärlich, dass das Insekt seinen ßüssel in die weichen
und saftigen Gewebe einführt. Die so verletzte Pflanze sucht nun
durch eine Korkschicht die übrigen gesuuden Gewebe abzu-
schliessen.
Das ausserhalb der Korkschicht befindliche, von der Ernähruno;
abgeschlossene Grewebe stirbt ab und wird resorbiert. In einem
Falle fand ich in dem Hohlraum Körperchen, die wahrscheinlich die
Larven des Insektes darstellen; sie hatten durch die Konservierung
stark gelitten.
Durch den Stich der Psijllide und die damit verbundene Reiz-
wirkung sind die Enden der Blättchen nicht selten dermassen nach
innen gekrümmt, dass sie einen nach zwei Seiten offenen Hohlraum
bilden, in dem das Insekt wohnt. Jedenfalls müssen es giftige Stoffe
sein, die bei der Saugtätigkeit des Insektes in das Gewebe o-e-
langen und die zurückgehende Metamorphose der Blütenachse be-
wirken.
Dass ausgebildete Tiere in meinem Material nicht vorhanden
waren, lässt sich dadurch leicht erklären, dass diese geflügelt sind
und bei herannahender Gefahr entweichen.
Dass Blattflöhe Wucherungen an Pflanzenteilen hervorrufen
können, ist bekannt. So fand VOSSELER^), dass Fkytobjma lata Scott
die Ursache der Vergällung der verschiedensten vegetativen Teile
von Chlorophora excelsa (Welw.) Benth. et Hook, in Ost- Afrika ist,
auch BUSSE") erwähnt dieselben Vergällungen aus Togo; in Dehra
Dun (Indien) ruft Psijlla cistelkita Bückt. Gallen auf Mangifera in-
dica L. hervor'^); P. HERBST fand in Chile auf Schirms {Duvaua)
dependens D. C. einkammerige Zweiggallen und Blattblasengallen,
welche durch Psylliden verursacht waren.
Durch Psylliden hervorgerufene Blattgallen haben auch KONINGS-
1) J. VOSSELEE, Eine Psyllide als Erzeugerin von Gallen am Mwulebaum. —
Zeitschr. f. Wissenschaftl. Insektenbiologie, Bd. 11, 1906, S. 276-285; 305-316.
2) Bericht über die Pflanzenpatliologische Exped. nach Kamerun und Togo.
„Tropenpüanzer" 1904/05. — Beihefte z. „Tropenpllanzer", Jahrg. 1906, No. 4/5,
S. 220.
3) Miscelaneous Notes in: Indian Museum Notes V. III. Calcutta 1896, S. 13
und No. 3, S. 91.
580 F. C. VON Faber : Über Verlaubung von Cacaoblüten.
BERGER ^) und BUSSE") beschrieben. Ersterer an einer Palaquiumnvt
aus dem Riouw-Archipel und letzterer solche an h'ickxia elastica
Preuss aus Kamerun.
Endlich erwähnte RÜBSAAMEN^) eine merkwürdige Psi/Uidenart,
die kugelige Blattgallen auf Populus euphrafica in Persien erzeugt.
Hieraus geht hervor, dass Psylliden als Gallenerzeuger weit ver-
breitet sind; dass sie auch Deformationen von Bliitenorganen, wie
die hier besprochene Verlaubung, bewirken können, ist mir bisher
nicht bekannt geworden. Ich bemerke übrigens, dass diese Er-
scheinung meines Wissens nur an vereinzelten Bäumen auftritt und
sie daher eine einschneidende Kalamität nicht darstellt. Dass in der
Pflanzung nur einzelne Bäume die Abnormität der Blüten zeigen,
lässt sich dadurch erklären, dass der Blattfloh nur ungern wandert
und sich so lange als möglich auf einer einmal angegriffenen Pflanze
aufhält und vermehrt. So teilt auch YOSSELER*) mit, dass ganz in
der Nähe total vergällter Exemplare von Chlorojjhora excelsa vom Übel
vollkommen verschonte stehen können.
Auch scheint die Kakaopflanze diesen — jedenfalls aus dem be-
nachbarten Urwald stammenden Tieren keine zusagende Wirtspflanze
zu sein, sonst hätten sie sich schon in den Pflanzungen entschieden
stärker vermehrt und würden S})uren ihrer Tätigkeit wie die oben
beschriebene Abnormität, sich nicht so selten antreffen lassen. Viel-
leicht handelt es sich bei den sporadischen Fällen nur um zufällige
Verschleppungen. Es blieben jetzt noch zwei Fragen zu beantworten
übrig: erstens, in welchem Stadium der Blüten entwicklung wird die
Verlaubung verursacht? und zweitens: warum gehen die Psylliden
mit Vorliebe an die Blütenanlagen? Erstere Frage kann ich nicht
beantworten, weil mir die nötigen eingehenderen Beobachtungen dazu
fehlen. Doch glaube ich annehmen zu dürfen, dass die zur De-
formation führende Peizwirkung schon in eine Zeit fällt, zu welcher
die Blütenanlagen sich noch in meristematischem Zustande befanden.
Bei Beantwortung der zweiten Frage ist zu berücksichtigen, dass
sämtliche auf Pflanzen lebende saugende Insekten — seien es Blatt-
läuse, Zwergcikaden, Capsiden oder auch Blattflöhe — immer die-
jenigen Organe des Pflanzenkörpers bevorzugen, die ihnen die zu-
sagende Nahrung in reichlichster Menge gewährt. Im vorliegenden
Falle scheinen es die Psylliden besonders auf die nährstoffreichen
1) MededecUngen uit s Lands liantentuim LXIV. 1903, S. 80.
2) 1. c. S. 188.
i>) Über Pflanzengallen. — ^Der i^raktische Ratgeber im Obst- und Garten-
bau", Jahrg. 18, 1903; Referat in Zeitschr. f. Wissenschaft!. Insektenbiologie, Bd. T,
H. 1L>, S. 517.
4) 1. c. S. 314.
Z. WOYCICKI: Einige erklärende Worte usw. 581
Gewebe der Bildungslierde abgesehen zu haben. Zugleich mit der
Streckuno; der Blütenanlageu beginnt hier aucli ein intensiver Zu-
ström gelöster Baustoffe, namentlich von Kohlenhydraten, der den
Tieren nur erwünscht sein kann.
II. Botanisches Laboratorium der Kaiserlichen Biologischen Anstalt.
82. Zygmunt Woycicki: Einige erklärende Worte zur
Kritik meiner Abliandlung: „Neue Beiträge zur Entwicklungs-
geschichte von Basidiobolus Ranarum Eid,'' in den „Vorlesungen
über botanische Stammesgeschichte'' von Prof. Lotsy.
(Eingegaujren am 12. Dezember 1907.)
Indem ich es für notwendig halte, die gegen mich in dem
ausserordentlich wertvollen und, wie ich glaube, schnell eine weite
Verbreitung erlangenden Werke erhobenen Einwände nicht un-
beantwortet zu lassen, muss ich erklärender Weise bemerken, dass
die Präparate, nach welchen die Abbildungen angefertigt wurden,
Schnitte enthielten, in welchen alle vier Kerne innerhalb der Zygote,
oder wenigstens drei derselben, deutlich in einem und demselben
Schnitte hervortraten.') Gerade dieser Umstand bestätigte definitv
die Beobachtungen, welche ich an Serien machte, die zusammen-
gestellt und kombiniert werden mussten. Ich halte daher den Satz:
„. . . . ob freilich die Reihenfolge, in welche WOYCICKI die Schnitte
gestellt hat, richtig ist, muss dahingestellt bleiben" — für gänzlich
unbegründet.
Was die zweite Annahme, dass „vielleicht hat er Teilungen, welche
nach der Kopulation stattfanden, als präkonjugale aufgefasst" — eine
Möglichkeit, an die ich anfänglich selbst gedacht habe — anbelangt,
so konnte sie sich in keiner Weise bestätigen lassen, weil ich in
den Zygoten 2, 4, 2 und schliesslich 1 Kern beobachtete, während
es mir niemals gelungen \yar, die Reihenfolge 1, 2, 4, 2, 1 zu
konstatieren. —
Die von mir gemachten Beobachtungen sind völlig verständlich
1) Die entsprechenden photographischeu Aufnahmen meiner Päparate habe ich
au Professor LOTSY gesandt.
582 Wilhelm Figdor:
und deutlich im Vergleiche mit den von ROB. E. FEIES bei Basüho
bolus myxophilus beschriebenen Tatsachen. Da beide Arbeiten bereits
ihre gebührende Beachtung gefunden haben in „Les bases actuelles
de la systematique en mycologie" von PaUL VuILLEMIN, erschienen
im letzten Hefte des „Progressus rei botanicae" für das Jahr 1907,
so erlaube ich mir hier den wortgetreuen Text der betreffenden
Stelle wiederzugeben: „WOYCICKI decrit une nouvelle division du
noyau de la cellule principale; mais cette seconde division serait
amitotique; Tun de ses produits degenere sur place, tandis que
lautre devient le noyau sexuel. Chez une autre espece le Basidio-
bolus myxophilus, etudie par ROB. E. FRIES, la seconde division parait
etre plus complete, car eile fournit une seconde paire de rostres
opposee ä la premiere, a laquelle eile est identique (1. c. p. 53).
Auf diese Weise findet bei Basidiobolus myxophilus die end-
gültige Sexualisation der Kerne v o r der „fusion des gametes" statt,
während dieselbe bei Basidiobolus ranarum Eid. nach diesem Akte
eintritt.
Die Einwände Professor LOTSY's haben mich nur in einer Be-
ziehung überzeugt, nämlich davon, dass es durchaus notwendig ist,
schematische Abbildungen zu vermeiden und solche, wenn es nur
irgend möglich ist, durch photographische Aufnahmen zu ersetzen.
Warschau, Botanisches Kabinet der K. Universität,
den 3. Dezember 1907.
83. Wilhelm Figdor: Über den Einfluss des Lichtes auf
die Keimung der Samen einiger Gesneriaceen.
(Eingegangen am 20 Dezember 1907.)
Die Samenkeimung der verschiedenen höheren Pflanzen ist nach
Ablauf einer Ruheperiode — sofern eine solche vorhanden — an
gewisse Bedingungen geknüpft Erstens müssen die Samen sich
unter dem Einflüsse einer bestimmten Temperatur befinden und
zweitens ist es notwendig, dass ihnen gewisse Feuchtigkeits- und
SauerstofPmengen zur Verfügung stehen.
Das Licht, welches eine so grosse Rolle im Leben der Pflanze
spielt, ist für die Keimung der Samen bloss von untergeordneter
Bedeutung. Nur einige wenige Fälle sind bekannt geworden.
über den Einfluss des Lichtes auf die Keimung der Samen einiger Gesneriaceen. 5^3
in welchen das Licht sich als notwendig für die Keimung-
der Samen [Viscu7n, Loranthus^), Pitcairnia vididifolia und Drosera
capensis^y\ oder dieselbe befördernd [Poa nemoralis^ P. pratensis,
Agrostis stolonifera und einige andere Gräser^), Nicotiana 77iacrophijlla*),
Veronica peregrina^), Nicotiana Tabacum^)] erwiesen hat.
Es soll deshalb in den folgenden Zeilen die x\ufnierksamkeit auf
eine Reihe von Gewächsen gelenkt werden, deren Samen behufs
Keimung des Lichtes unbedingt bedürfen. Diese Tatsache erscheint
mir auch deshalb besonders interessant, weil sämtliche (acht) bis
jetzt darauf hin geprüfte Arten vier verschiedenen Gattungen, und
zwar ein- und derselben Familie, der der Gesneriaceen, angehören.
Die erste Beobachtung betreffs der in Rede stehenden Er-
scheinung wurde an Streptocarpus Wendlancli Hort. Damman gemacht,
als es sich gelegentlich einer anderen Untersuchung darum handelte
Dunkelpfianzen zu erziehen. Samen dieser Art (von HaAGE und
Schmidt in Erfurt bezogen, wie auch von eigenen Pflanzen geerntet)
keimten, zu den verschiedensten Jahreszeiten angebaut, unter gar
keinen Umständen im Dunkeln, sodass in mir der Gedanke erwachte,
es sei zur Keimung der Samen vielleicht Licht notwendig. Meine
Mutmassung erwies sich als richtig, und zwar nicht nur für Strepto-
carpus Wendlancli, sondern wie spätere Beobachtungen lehrten, auch
für die Samen einiger anderer Streptocarpus- Arten (St. Kirkii Hook.,
1) Vgl. Wiesner, Pflauzenphysiolog. Mitteilungen aus Buitenzorg. IV. Ver-
gleichende physiologische Studien über die Keimung europäischer und tropischer Arten
von Viscum und Loranthus. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss. in Wien. Mathem.-
naturw. Gl. Bd 103 (1894), S. 401. Später hat derselbe Forscher die Beobachtung
gemacht, dass bei Einhaltung der günstigsten Keimuugsbedingungen der Samen
von Loranthus europaeus lacht zur Keimung dieses Schmarotzers nicht erforderlich
ist (Über die Ruheperiode und über einige Keimungsbedingungen der Samen von
Viscum ulbum. Diese Ber. Bd. XII (ls97) S. 503).
2) Vgl. HEINRICHER: Notwendigkeit des Lichtes und befördernde Wirkung
desselben bei der Samenkeimung Beihefte zum botanischen Zentralblatt Bd. XIII
(1903) S. 1G4.
3) Vgl. Stebler: über den Einfluss des Lichtes auf die Keimung. Bot.
Zentralblatt Bd. VII (1881) S. 157.
4) CieslaR: Untersuchung über den Einfluss des Lichtes auf die Keimung
der Samen. Forschungen auf dem Gebiete der Agrikultur-Physik, herausgegeben
von WOLLNY Bd. VI (1883) S. 270.
5) Vgl. Heinricher: Ein Fall beschleunigender Wirkung des Lichtes auf
die Samenkeimung. Diese Ber. Bd. XVII (1899) S. 308. In der früher erwähnten
Abhandlung desselben Autors sind auch einige hierher gehörige Fälle angeführt.
G) RaciborskI: über die Keimung der Tabaksaraen. Extrait du Bulletin de
l'Institut botanique de Buitenzorg 1900 (Nr. 6). Vgl. ferner W. Kinzel: Üher
den Einfluss des Lichtes auf die Keimung. Lichtharte Samen. Diese Ber. Bd. XXV
(1907) S. 269 ff.
Ber. der deutschen Bot. Gesellsch. XXV. ^^
584 Wilhelm PigdoR:
St. poli/anthus Hook., St. ReMi Lindl., *S^. achimemflo)-us^), ferner für
die von Naegelia aviahilis Decne., Saintpaiilia ionantha Wendl, und
Sinningia Regina ^).
Die Versuche, um den Einfluss des Lichtes auf die Keimung
der Samen kennen zu lernen, wurden in der Weise durchgeführt,
dass ich je zwei gleich grosse Kulturgefässe mit einem Gemisch von
Kompost-, Moorerde und etwas Sand beschicken Hess. Der durchwegs
zarte Samen der eben erwähnten Arten wurde einfach auf den Nähr-
boden ausgestreut und ganz oberflächlich mit fein gesiebter Erde
bedeckt. Die eine Hälfte der Kulturgefässe wurde auf dem Parapete
des sehr hellen Warmhauses^) stehend bei einer Temperatur von
18° C. (durchschnittlich) normal gehalten, während die andere sich
neben der ersteren unter einem lichtdichten Zinkblechsturz befand.
Für eine genügende Luftfeuchtigkeit im Glashause (auch unterhalb
des Dunkelrezipienten) war stets vorgesorgt worden.
Der Übersichtlichkeit halber möchte ich die Aufzeichnungen
aus meinem Versuchsprotokolle tabellarisch mitteilen (siehe S. 585).
Aus den am Kopfe der Zusammenstelluag gemachten Angaben ist
alles W^issenswerte zu ersehen; die in einer horizontalen Linie
befindlichen Zahlen beziehen sich auf je eine Versuchsreihe.
Wenn wir die Anzahl der Tage, welche zur Keimung der Samen
am Lichte notwendig ist, mit der nach stattgefundener Verdunkelung
vergleichen, so sehen wir, dass entweder gar kein Keimverzug (nach
einem Versuche mit Sinningia Regina) oder ein solcher in verschieden
starkem Ausmasse eingetreten ist. Ausnahmsweise (in einem einzigen
Falle bei Naegelia amabilis) war eine Beschleunigung der Keimung
zu verzeichnen. Naturgemäss müssen noch zahlreiche Versuche nach
gleicher Richtung hin durchgeführt werden, um diese Verhältnisse
genau festzustellen.
Auch die Lösung einiger anderer naheliegender Fragen, z. B. ob
die Samen der übrigen Gesnenaceen-A.riQn sich bezüglich der Keimung
dem Lichte gegenüber ebenso verhalten wie die obenerwähnten, ob
der Einfluss des Lichtes durch den anderer Faktoren (Temperatur,
chemische Agentien usw.) wettgemacht werden kann, bleibt weiteren
Untersuchungen vorbehalten.
1) Bezüglich dieser Gartenvarietät vgl. FlGDOR: tlber Restitutionserscheinungeii
an Blättern einiger Gesneriaceen. Pringsheim's Jahrb. f. wiss. Botanik Bd. 44
(1907) S. 45 Anm. 1.
2) Sämtliche Samen wurden von Haage & SCHMIDT in Erfurt bezogen; zu
den Versuchen mit St. Rexii und St. achimeniflorus diente auch Samen eigener
Ernte 1906. Der Stammsamen letzterer Arten sowie von St. Wendlandi rührte auch
von oben genannter Firma her.
3) Dasselbe besitzt ein sog. Satteldach: die Vergla.sung ist einfach.
über den Eiufluss des Lichtes auf die Keimung der Sameu einiger Gesneriaceen. 585
<o
CO
a
CO
Ji
'f^
O)
•ii
o
-M
^
4.3
O
^
3
.§
<D
's
-j^
o
'S
JA
tri g
■-3
i-
H 3
I-)
ön
a
^
^ s
<o
QJ
«J'r;
:ss
^ "^
«I.J.
•^
.i->
'ö."»
«s s
'ö..^
ö
'S
^W
2 S
a'S
-W
s
'Sc
'^
C.2
'S OD
-äs
s
a
•f-t
O
00
<
S(reptocarpus Wend- (
18. II.
3. III.
i;'.
19. VI.
5. VII.
16
landi j
15. VII.
25. VII.
10
13. IX.
2. X.
19»)
SL Kirkii {
26. III.
14. IV.
19
19. VI.
12. VII.
23
27. VII.
11. VIII.
15
18 IX.
20. X.
37
St. polyanthus . . .
2(; III.
27. VII.
10. IV.
8. VIII.
15
12
19. VI.
13. IX.
9. VII.
30. IX.
20
17
St. Rexii '
8. III.
19. III.
11
19. VI.
9. VII.
20
15. VII.
25. VII.
10
13. IX.
30. IX.
17
St. achimeiüflorus . |
8. III.
15. VII.
19. III.
25. VII.
11
10
19. VI.
13. IX.
5. VII.
3. X.
17
20
Naegelia amahilis .
2G. III.
27. VII.
18. IV.
0. VIII.
2:]
13
19. VI.
13. IX.
4. VII.
10. X.
15
27
SaintpauUa ionantha
2G. III.
10. IV.
15
19. VI.
( nicht
\ gekeimt
—
27. VII
14. VIII.
18
13. IX.
10. X.
27
Sinningia Regina. .
26. III.
27. VII.
10. IV.
9. VIII.
15
13
19. VI.
13 IX.
4. VII.
4. X.
15
21
Wien, Biologische Versuchsanstalt.
1) Bei einem weiteren Versuclie blieb Samen derselben Species vom 19. I.
bis zum 10. VII. verdunkelt; ans Licht gebracht keimte derselbe am 27. VII. In
zwei anderen Fällen wurden Samen vom 26. I. bis 24. III. bzw. vom 1. III. bis
18. VI. dunkel gehalten; die Keimung trat am Lichte den 7. IV. bzw. 5. VII. ein.
41*
586 P- Gl AUSSEN:
84. P. Claussen: Zur Kenntnis der Kernverhältnisse von
Pyronema confluens.
Vorläufige Mitteilung.
(Mit einer Abbildung im Text.)
(Eingegangen am 23. Dezember 19U7.)
Durch die vortrefflichen üntersucliungen von R. A. HARPER über
Pyronema confluens (1900) war festgestellt, dass die aus mehrkernigen
Zellen bestehenden eigenartigen Gebilde, welche TULASNE, DE Bary
und KiHLMANN bereits als Sexualorgane angesprochen hatten —
ohne indessen einen den vergrösserten Ansprüchen der Neuzeit ge-
nügenden Beweis dafür erbracht zu haben — , als solche funktionieren.
Nach HARPER (1900) treten die Protoplasten der dem weiblichen
Sexualorgan (Ascogon) aufsitzenden Trichogyne und des männlichen
Sexualorgans (des Antheridiums) nach Degeneration der Tricliogyn-
kerne miteinander in Verbindung, die Antheridiumkerne wandern in
die Trichogyne ein und nach Auflösung der Membran zwischen
Trichogyne und Ascogon zum Ascogon weiter, um mit den dort
liegenden Kernen paarweise zu Zygotenkernen zu verschmelzen.
Die Verschmelzung soll nach HARPER's Meinung eine vollständige
sein.
Kurz nach der Verschmelzung bildet das Ascogon eine beträcht-
liche Zahl von ascogenen Hyphen, in die die Zygotenkerne ein-
wandern. Die Hyphen verzweigen sich wiederholt und können durch
Querwände zerlegt werden. Am Ende der Äste entstehen die
palissadenartig in einer Ebene angeordneten Asci. Die Ascusanlage
geht nach den übereinstimmenden Angaben der Autoren in der
Weise vor sich, dass die ascogene Hyphe sich am Ende hakenförmig
krümmt, während sich zwei im krummen Teile liegende Kerne
simultan teilen. Je einer der Abkömmlinge der Mutterkerne wird
durch zwei Wände in die Krümmung des Hakens eingeschlossen,
von den beiden anderen wird einer dem Hakenstiel, der andere der
Hakenspitze zugeteilt. Durch Kopulation der Kerne in der Zelle au
der Hakenkrümmung entsteht der primäre Ascuskern, welcher durch
wiederholte Teilung die Ascosporenkerne liefert.
Im Entwickelungsgange der Ascomyceten gäbe es also hiernach
zwei Kernverschmelzungen. Es entstand die Frage: Welche von
beiden ist als Sexualakt zu deuten? Die Vergleichung der Asco-
Zur Kenntnis der Kemverhältnisse von Pyronemaconfluens. 587
iiiyceten miteinaiuler und mit deu übrigen Pilzen und den Algen
liess keine andere Antwort zu als die: die erste. Die Bedeutung
der zweiten Kernverschmelzung blieb unklar. DaNGEARD (1896),
der das Vorhandensein von Sexualorganen bei den Ascomyceten und
damit auch der ersten Kernverschmelzung leugnet, kam naturgemäss
zu der Ansicht, die zweite Verschmelzung sei der Sexualakt. Auf
Grund neuer Untersuchungen glaube ich die Frage endgültig ent-
scheiden und zugleich die Schwierigkeiten hinwegräumen zu können,
die beiden Auffassungen anhaften.
Bereits im Winter 1904/05 hatte ich Pijronema aufs neue zu be-
arbeiten begonnen und einen kurzen Bericht über meine Ergebnisse
in mein im Jahre 1906 der Deutschen Botanischen Gesellschaft in
Marburg erstattetes Sammelreferat aufgenommen. Ich konnte die
Resultate HARPER's, die schon oben kurz erwähnt sind, bestätigen
und ein wenig erweitern. Die Angabe, dass die Sexualkerne, nach-
dem sie sich aneinandergelegt haben, im Ascogon völlig verschmelzen,
hat sich nachträglich bei einer eingehenden Untersuchung als falsch
erwiesen. Zu meiner Überraschung sah ich in jungen ascogeneu
Hyphen stets zwei Kerne nahe beisammen liegen. Das führte
mich dazu, der Ursache dieser Erscheinung nachzugehen und es gelang
mir, sie in der ausbleibenden Verschmelzung der Sexualkerne zu
erkennen. Die Kerne legen sich wohl fest aneinander (Figur), so
dass in der sich stark färbenden Protoplasmamasse des Ascogons ein
Erkennen der Grenze schwer wird, aber sie verschmelzen nicht.
Dasselbe wird bei der Mehrzahl der übrigen Ascomyceten der Fall
sein. Nicht bloss HARPER und die übrigen Beobachter haben sich
bei den von ihnen untersuchten Species, sondern auch ich selbst
habe mich bei Boudiera getäuscht, wie ich glauben möchte. Eine
Nachuntersuchung bei Boudiera habe ich bisher leider nicht vor-
nehmen können.
In einiger Entfernung vom Ascogon sind die conjugierten Kerne
der ascogenen Hyphen meist deutlich voneinander getrennt (Figur)
und stark vergrössert, aber sie liegen in der Mehrzahl der Fälle
doch so nahe aneinander, dass über die Zusammengehörigkeit der
Paare nicht allzu oft Zweifel entstehen. Gewöhnlich liegt der eine
Kern eines Paares ein wenig hinter dem anderen, oft so, dass die
optischen Schnitte sich überschneiden. Der Durchmesser der Kerne
kann die Hälfte der Breite der ascogenen Hyphe bisweilen um ein
geringes übertreffen. Es war mir daher anfangs nicht klar, wie
die aus einem Kernpaare entstandeneu vier Tochterkerne es er-
reichen, wieder zu Paaren zusammen zu kommen. Die Beobachtung
zeigte, dass durch eine starke Verlängerung der Centralspindel in
den Telophaseu der Kernteilung, die stets, wie bei den Uredineen^
588
P. ClAUSSEN:
conjugiert ist, für die richtige Anordnung der Tochterkerne gesorgt
wird.
Manchmal scheint es, als seien die Kerne der ascogenen Hyphen
nicht alle paarweise angeordnet. Z. B. findet man etwa zur Zeit
des Beginns der Ascusanlage öfter in gewissen ascogenen Hyphen
an der Spitze einen Kern, dem sein Partner fehlt, während im
übrigen die Kerne regelmässig conjugiert sind. Es handelt sich in
diesem Falle, wie ich nachweisen konnte, um gekrümmte ascogene
(X ®o p
Tangentialer Schnitt durch ein junges Apothecium von Pyronema confluens.
Aus dem Ascogon {ascg.) sind drei ascogene Hyphen {asc(j. h.) hervorgesprosst,
die in ihren unteren Teilen angeschnitten waren. Der Kern e ist ein Eiuzelkern.
Der zugehörige war durch den Schnitt entfernt. Die Paraphysen p waren teils
längs-, teils quergeschuitten.
Vergr. 1200 : 1.
Hyphen, deren Krümmuugsebene senkrecht oder nahezu senkrecht
zur Schnittebene steht. Der in der Hakenspitze liegende Kern ist
durch den Schnitt entfernt und kann im vorhergehenden oder
folgenden Schnitt aufgefunden werden oder wenigstens man kann
an den nicht ganz glatten Umrissen am Oberende der ascogenen
Hyphen erkennen, dass sie angeschnitten sind. Bei der Bildung von
Seitenästen an ascogenen Hyphen pflegt sich der eine Kern eines
Paares in den sich entwickelnden Ast vorzuschieben. Steht die
durch ascogene Hyphe und diesen Seitenast gelegte Ebene senkrecht
oder nahezu senkrecht zur Schnittebene, so wird wieder oft durch
den Schnitt einer der Kerne entfernt. Die meisten Unregelmässig-
Zur Kenntnis der Kernverhältnisse von Pyronenia confluens. 589
keiten zeigen sich an der Basis cälterer ascogener Hyphen. Diese
sind stellenweise angeschwollen und haben einen unregelmässigen
Verlauf, so dass ein Schnitt einen mehr oder minder grossen
Teil einer Hyphe und damit unter Umstcänden den einen oder
anderen Kern entfernen kann. Durch Kombination von zwei oder
mehr Schnitten gelingt es aber fast immer, zu jedem Einzelkern
seinen Partner zu finden.
Hat eine ascogene Hyphe während mehrmaliger conjugierter
Teilung einzelner ihrer K'ernpaare ihre endgültige Länge erreicht,
so krümmt sie sich hakenförmig. Einer der beiden conjugierten
Kerne in der Nähe ihrer Spitze bleibt im Stiel des Hakens liegen,
während der andere in die Hakenspitze hineinrückt. Durch die
conjugierle Teilung wird je ein Abkömmling jedes Kernes, d. h.
ein männlicher und ein weiblicher Kern, in die Hakenkrümmuno-
befördert, in der die Verschmelzung der Sexualkerne zum primären
Ascuskern stattfindet. Eine zweimalige Kernverschmelzung existiert
also bei Pijronema confluens und wohl auch bei den übrigen sexuellen
Ascomyceten nicht.
Die eben geschilderten Beobachtungen stellen im Einklang mit
denen, die z. B. GUILLIERMOND (1905) von Acetabula leucoinelas und
MaiRE (1905) von Galactinia succosa beschrieben haben. Beide Ver-
fasser fanden bei den genannten Pflanzen in den Enden der ascogenen
Hyphen conjugierte Kerne. Keinem von beiden gelang es indessen,
ihren Ursprung klarzulegen.
Wenigstens teilweise harmoniert meine Darstellung mit den An-
gaben Harper's (1900), der häufig Doppelkerne in seinen Pyronemu-
zeichnungen abbildet. Offenbar der Umstand, dass er auf die
Untersuchung der Kernverhältnisse der ascogenen Hyphen keinen
grossen AVert legte, da sie durch seine Fragestellung nicht gefordert
wurde, vielleicht auch die oben besprochenen Unregelmässigkeiten
haben ihn an der Auffindung der conjugierten Kerne gehindert.'
Die sämtlichen Typen der Ascusanlage (bisher sind drei sicher
bekannt [CLAUSSEN, 1906, S. '2Q ff.]) finden in dem mitgeteilten ihre
Erklärung. Mag der Ascus aus einer zweikernigen Endzelle einer
ascogenen Hyphe (^Acetabula leueomelas, Phißlactinia corylea) oder aus
der zweikernigen vorletzten geraden (Peziza Catinus) oder ge-
krümmten Zelle {Pijronema confluens) hervorgehen, stets vollziehen
sich die Teilungen der conjugierten Kerne so, dass bei der Ver-
schmelzung sich ein männlicher und ein weiblicher Kern paaren.
Die Verzögerung der Kernverschmelzung kommt auch bei
anderen Pflanzen und bei Tieren vor. Ich erinnere hier nur an die
Oosporen von Saprolegnia und von Peronospora- und Cystoims - Axtew,
deren Kerne oft tage-, ja wochen- und monatelang unverschmolzen
bleiben, au die Uredineen, bei denen die Verschmelzung erst in der
590 P- ClaUSSEN: Zur Kenntnis der Kernverhältnisse von Pyronema confluens.
Teleutospore eintritt, ferner — um auch ein Beispiel aus dem Tier-
reich anzuführen — an die von HACKER (1902) festgestellten Yer-
hältnisse bei Cydops.
Die besonderen Schwierigkeiten, welche die angenommene
doppelte Kernverschmelzung für die Lösung der Frage nach der
Reduktionsteilung bei den Ascomijceten mit sich brachten und die
HarPER (1905) durch die Hilfshypothese von der Yierwertigkeit der
Chromosomen des primären Ascuskernes glaubte heben zu können,
bestehen nicht mehr. Der primäre Ascuskern und nur dieser
ist diploidisch. Er enthält, wie sich nachweisen Hess, in
der Diakinese Doppelchromosomen.
Die Meinungsverschiedenheiten in betreff der Homologien
scheinen mir damit endgültig beseitigt zu sein. Dass der junge
Ascus, in dem die Verschmelzung der beiden Sexualkerne zum
primären Ascuskern stattfindet, nicht als Sexualorgan aufzufassen ist,
wie Dangeard (1896 ff.) will, ist nun nicht mehr zu bezweifeln.
Auf die Folgerungen für die Pilzsystematik, vor allen Dingen
für die Systematik der Ascomyceten^ wird in der ausführlichen Arbeit
zurückzukommen sein.
Benutzte Literatur.
1906. Claussen, P., Über neuere Arbeiten zur Entwicklungsgeschichte der
Ascomyceten. Ber. der Deutsch. Bot. Ges , 24, (11)- (38). Hier die übrige
Literatur.
1896. Dangeard, P. A., Le Botaniste, 5. ser. u. ff.
1905. GuiLLlERMOND, A., Remarques sur la Karyokinese des Ascomycetes. Anuales
Mycologici, 3, 343—361. 3 Taf.
1902. HACKER, V., Über das Schicksal der elterlichen und grosselterlichen Kern-
anteile. Jenaische Zeitschrift für Naturwissenschaft, 37, N. F. 30, 297
bis 400.
1900. Harper, R. A., Sexual reproduction in Pyronema confluens and the morpho-
logy of the ascocarp. Ann. of Bot. 14, 321-400. 3 Taf.
1905. Harper, R. A., Sexual reproduction and the Organisation of the uucleus in
certain Mildews. Washington DC.
1905. Maire, R., Recherches cytologiques sur quelques Ascomycetes. Annales
Mycologici 3, 123-154. 3 Taf.
Reclinungsablago für das Jahr 190G.
H)
Rechnungsablage des Jahres 1906.
Ber. der deutschen bot. Gesellscb. XXV, Gen.-V.-H.
Soll
Haben
Jt , Pf.
t4t
Pf.
I, Beiträge -Konto.
Im Jahre 1905 vorauf gezahlte Beiträge im
Vortrage 272 50 JC
•
7 568
390
44
50
7 958
Im Jahre 1906 eingezahlte Beiträge 7fi8(?.44 „
94
Für Rechnung 1906 gezahlte Beiträge:
78 Berliner k20JC 1560,00 J^
385 Auswärtige a. IbJi . . . . 5775,» H) „
19 Ausserordentliche ä 10 Jl . 190,(«» „
Mehrzahlungen 43,44 „
482 Mitglieder zahlten
Für Rechnung 19(»7 vorauf gezahlte Beiträge
im Übertrage
7 958
94
7 958
94
II. Interessen -Konto.
Zinsen aus dem Depot und dem Kouto-Korrent
der Darlehnskasse
600
43
III. Gewinn -Konto.
Gebrüder Borntr^GER zahlten als Gewinn-
Anteil an Band XXIII .... .328,10 JC
Fraglicher Beitrag aus Wien . . . 15,00 „
343
10
Band XXIII, Jahrgang 1905; nachträglich . .
Band XXIV, Jahrgang 1906:
608 + (100) + 2 = 710 Seiten Text: 24 Tafeln,
1052,75 gern + 694,52 gern Holzschnitte und
Zinkätzungen. Entnommen 490 Exemplare
(482 für Mitglieder, 7 füi- Ehrenmitglieder,
1 für den Schriftführer)
•
26
5 309
2165
25
23
00 '
Generalregister über Band I— XX: 6 + 306
Seiten
j
•
7 500
48
(1)
(2)
Rechnungsablage des Jahres 1906.
Soll
Hab(
jn
•
Jl
Pf.
M
Pf.
V. Kosten -Konto.
Jahrgang 1905, nachträglich
.
.
18
75
Jahrgang 1906 betreffend:
Porto für Korrespondenz usw. . 122,89 JC
Porto für Vei'sendung der Hefte 534,20 ,.
Spesen und Provisionen .... 68,52 „
Formulare . 97,85 „
•
1550
195
Honorare usw 717.40 „
Institutsdiener 10,00 ..
86
Geueralregister:
Porto für Versendung
35
•
1764
96
VI. Kapital -Konto.
Am 1. Januar 1906 Vermögen im Vortrage:
Fester Bestand 5000,00 JL
Lebenslängliche Mitglieder . . 600,00 „
Flüssiges Vermögen 6914,27 „
•
12 514
7 568
27
I. Beiträge-Konto
44
11. Interessen-Konto
•
600
343
43
III. Gewinn-Konto
10
IV. Kassa-Konto:
Lebenslängl. Mitglied (RÜBEL-Zürich) . .
300
00
V. Berichte-Konto
7 500
1764
12 060
48
96
80
VI. Kosten-Konto
Am 31. Dezember 1906 Vermögen im übertrage:
Fester Bestand 5000,00'' J^
Lebenslängliche Mitglieder . . 900,00 „
Flüssiges Vermögen 6160,80 „
21 326
24
21 326
24
Voranschlag für 1907.
(Durchschnitt der letzten drei Jahre).
Vortrag des Vermögens am 1. Januar 1906 . .
Beiträge
Zinsen
•
•
12 060
7 281
553"
318
80
(X)
00
Gewinn
00
Berichte
5 062
00
Kosten
1604
00
Festschrift
6 000
00
Vermögen am 31. Dezember 1907
7 546
80
20212
80
20 212
80
Reclmungsablage des Jahres 1906.
(3)
*
Soll
Haben
M
Pf.
M
Pf.
Hans^irg-Eonto.
1. März 1906: Professor Hansgirg zahlte . .
1000 M Lanclschaftl. 3V2Pi"ozentige Zentral-
Pfandbr. 99,10 M
991
5
2
30
990
00
90
40
62
15
1000
29
991
00
Zinsen davon (61 Tage) SVj pCt
Spesen: Courtage, Stempel, Depotgeld ....
Zinsen- 299 Taee 3Vo pCt
07
Anteil an 3 Beilagen (Hefte 3, 4, 8)
31. Dezember: 1000 M Landschaftl. SVaproz.
Pfandbr 99,10 Ji
00
31. Dezember: Saldo-Übertrag
2020
07
2020
07
Die Eiiniahiiien aus den Beiträgen betragen 7568,44 Jt\ die
laufenden Ausgaben betragen 6905,09 Jt. Folglich sind 663,35 Jt
mehr eingenommen als ausgegeben. Bei 482 zahlenden Mitgliedern
kommt auf jedes Mitglied \dJO iM Beitrag und 14,32 ti^ Ausgabe.
Das Generalregister verursachte eine Extraausgabe von 2360,35 t/Ä;
für jedes Mitglied noch 4,90 Jt. Auf jedes Mitglied kommen daher
19,22 Jt Ausgabe.
Berlin, Mai 1907.
OTTO MÜLLER.
(1*)
(f4)i Generalübersichten, die Jahre 1883—1906 betreffend.
General-Übersichten, die Jahre 1883-1906 betreffend.
Erläuterungen.
Tabelle I.
Diese Tabelle zeis-t das Fortschreiten der Mitoliederzahl seit
der Gründung der Gesellschaft in fünfjährigen Zwischenräumen bis
1906 nach Ländern. Die links stehenden Ziffern bezeichnen die
ausserordentlichen, die rechts stehenden die ordentlichen Mit-
glieder. Die Ziffern unter den Summen der sechs Gruppen sind
die Zunahme-Koeffizienten der ordentlichen Mitglieder, wenn die
Mitgliederzahl des Jahres 1883 gleich 1 gesetzt wird.
Aus der Gesamtsumme der sechs Gruppen am Ende der Tabelle
geht hervor, dass die Zahl der ordentlichen Mitglieder von 227
auf 463, oder von 1 auf 2,04 gestiegen, die Zahl der ausser-
ordentlichen Mitglieder von 75 auf 19, oder von 1 auf 0,25 ge-
sunken ist.
Vergleicht man diese Zahlen mit den Koeffizienten der
einzelnen Gruppen, so ergiebt sich für die ordentlichen Mitglieder
folgendes:
Im Deutschen Reich ist die Zahl der ordentlichen Mitglieder
gegen den Durchschnitt zurückgeblieben; sie stieg nur von 1 auf
1,53, in Berlin von 1 auf 1,63.
In Österreich-Ungarn bleibt die Zunahme ebenfalls hinter
dem Durchschnitt (2,04) zurück, sie beträgt 1 auf 1,80.
Die anderweitigen europäischen Länder übertreffen den
Durchschnitt erheblich; ihre Mitgliederzahl ist von 1 auf 6,93 an-
gewachsen.
Noch grösser ist die Zunahme in Amerika, 1 auf 8,67.
In den übrigen Erdteilen beträgt die Zunahme 1 auf 3,33.
Diese Zahlen zeigen, dass im Deutschen Reiche und in Öster-
reich-Ungarn die Mehrzahl der Botaniker sich von vorn herein der
neu gegründeten Gesellschaft angeschlossen hat, während in den
übrigen Ländern das Interesse für die Gesellschaft in einer stetigen
starken Zunahme begriffen ist; ganz besonders ist dies der Fall in
Generalübersichten, die Jahre 1S83 — 190G betreffend. (5)
England mit dem Koeffizienten 9,5; in Italien mit 8, in Schweden
mit 5, in Russland mit 5,5 und in den Vereinigten Staaten mit 19.
Die ausserordentlichen Mitglieder haben naturgemäss stetig
abgenommen, nachdem seit 1887 ausserordentliche Mitglieder nicht
mehr aufsenommen wurden.
'o^
Tabelle II.
Diese Tabelle gestattet eine Übersicht der gesamten Ein-
nahmen und Ausgaben von 1883 bis 1906.
Die Summe aller Einnahmen mit 160 370,98 Jfi^
abzüglich der Summe aller Ausgaben mit .... 148310,18 Ji^
ergiebt den für 1907 vorzutragenden Vermögens-
bestand von 12 060,80 Jft
Derselbe stimmt mit dem Saldo des Kapital-Konto vom 31. De-
zember 1906 der vorstehenden Rechnungsablage des Jahres 1906
überein und verbürgt damit die Richtigkeit aller Zahlenangaben der
Einzeljahre.
Die Beiträge sind scharf für das laufende Rechnungsjahr
begrenzt; alle für folgende Jahre vorauf gezahlten Beiträge wurden
ausgeschieden und gelangten erst in denjenigen Jahren zur Ver-
rechnung, für welche sie bestimmt waren. — Dasselbe gilt für die
Kosten der Berichte und die Verwaltungskosten; dieselben beziehen
sich lediglich auf den laufenden Jahrgang,
Tabelle III.
Die spezielle Verwendung der einzelnen Einnahmequellen be-
treffend, ging der unterzeichnete Schatzmeister von dem Gesichts-
punkte aus, dass die laufenden Jahresbeiträge die Kosten der
Berichte, die Verwaltungskosten und die anderweitigen Ausgaben
decken müssen. Überschritten diese Kosten die Einnahmen aus den
Beiträgen, dann musste eine Verringerung des Umfanges der Be-
richte erfolgen, um das Gleichgewicht zwischen Einnahme und Aus-
gabe herzustellen. Hiernach ist stets verfahren worden und es
gelang eine annähernd genaue Bilanzierung.
Die Gesamtsumme der Beiträge ergiebt 148 413,34 Jt\ die
Ausgaben für die Berichte und die Verwaltungskosten betragen
146 943,84 Jt\ Überschuss mithin 1469,50 Jt\ im Durchschnitt der
24 Jahre war der Beitrag des einzelnen Mitgliedes 15,14 Jt\ der
Durchschnitt der Ausgaben für Berichte und Verwaltungskosten
bezifferte sich auf 15,01 Jt.
(•ß") Generalübersichten, die Jahre 1883 — 1906 betreffend.
Aus dem Überschuss von 1469,50 Jt blieben dann noch die
aus Tabelle II ersichtlichen anderweitigen Ausgaben in Höhe von
1366,34 Jli zu decken; aus den Beiträgen verbleibt daher nur ein
Rest von 103,16 Jt.
Die Einnahme aus Zinsen betrug It. Tabelle II 8150,68 t^, aus
Gewinnen 3806,96 t/^, zusammen 11957,64 c/€. Die Zinsen stammen
aus dem Depot' der Kur- und Neumärkischen Darlehnskasse; die
Gewinne aus dem vertragsmässigen Anteil an dem buchhändlerischen
.Vertrieb der Berichte und den lebenslänglichen Beiträgen.
Der Ertrag dieser Einnahmequellen wurde bestimmt
1. zur Bildung eines Reservefonds in Höhe von 5000 Jt-.,
2. zu einem Kapital in Höhe von 900 Jt., aus dessen Zinsen
die Beiträge der lebenslänglichen Mitglieder bestritten
werden ;
3. zur Herstellung einer Festschrift oder zur Herausgabe
umfangreicherer Arbeiten nach Massgabe der Statuten § 4.
Für die Zwecke zu 3 stehen mit Zuziehung des Restes von
103,16 Jt, lt. der vorstehenden Rechnungsablage, am 31. Dezember
1906 6160,80 Jt zur Verfügung.
Tabelle IV.
Die Tabelle bezweckt eine Übersicht derjenigen Leistungen der
Gesellschaft, die in den Berichten niedergelegt sind und die Er-
mittelung der in der letzten Rubrik verzeichneten Kosten pro
Einheit und Mitglied. Letztere erst ergeben den absoluten
Massstab zur Vergleichung der in den verschiedenen Jahren auf-
gewendeten Kosten für die Einheit, die innerhalb der Grenzen von
0,147—0,173 Jt schwankten, im allgemeinen aber sich zwischen
0,15—0,16 Jt bewegten und im Gesamtdurchschnitt 0,158 Ji be-
trugen.
Als Einheit gilt
1. je 1 Bogen Text:
2. je 1 lithographische Tafel in Schwarzdruck;
3. bei Textabbildungen der Flächeninhalt einer Tafel von
210 qcm. Der Einheit dieser Abbildungen wurde aber nicht der
Flächeninhalt an sich zu Grunde gelegt; dieser vielmehr je nach der
Herstellung der Abbildung als Holzschnitt oder Zinkographie in
verschiedenen Zeitabschnitten verschieden berechnet. Gegenwärtig
wird der Flächeninhalt der Holzschnitte mit 4/3 multipliziert, der
Flächeninhalt der Zinkographien durch 4 dividiert. Die so gefundene
üeneralübersichten, die Jahre 1883-1906 betreffend. (7)
Zift'or wird alsdaun durch Division mit der Masszahl 210 auf die zu
berechuende Einheit reduziert.
"" Die Tabelle ergiebt als Inhalt der Berichte in den 24 Jahren
1052,15 Druckbogen Text, 582 Tafeln, 100,93 Einheiten Text-
abbildungen, zusammen also 1735,08 Einheiten. Hierzu treten noch
16 von Autoren gelieferte Tafeln. Die 100,93 Einheiten Text-
abbildungen entsprachen aber tatsächlich nur dem Kauminhalte von
68,29 Tafeln. Die Gesamtziffer der belieferten Einheiten beträot
daher netto 1718,44, welche einen Kostenaufwand von 113 651,99 Jli
erforderten.
Im Gesamtdurchschnitt enthielten die Berichte die beträchtliche
Anzahl von 43,84 Bogen Text, 24,92 Tafeln, 2,84 Einheiten Text-
abbildungen = 71,60 Einheiten netto pro Jahr.
Berlin, im Juni 1906. OTTO MÜLLER.
(8)
Generalübersichten, die Jahre 1883 — 1906 betreffend.
Tabelle I. Links stehende Ziffern = Ausserordentliche Mitglieder.
Rechts stehende Ziffern = Ordentliche Mitglieder.
Mitglieder
1883
1888
1893
1898
1903
190G
Deutsches Eeich:
Prcussen ex kl. Berlin .
Berlin
Bayern
Sachsen
Württemberg
Baden
Hessen .
Mecklenburg
Sächsische Herzogtümer
Braunschweig
Anhalt
Oldenburg
Reuss
.Freie Städte ......
Reichslande
Österreich-Ungarn :
Nieder-, Ober-, Salzburg.-
Tirol, Steierm. usw. . .
Böhmen, Mähren, Schlesien
Galizien
Dalmatien
Bukowina
Ungarn
Kroatien
Anderweitige
Europäische Länder:
Grossbritaunien u. Irland
Frankreich
33
70
29
18
•48
18
3
11
3
2
13
2
1
5
2
1
6
2
1
2
2
3
10
2
67
179
1
89
52
23
20
8
10
1
6
9
1
1
1
11
9
20 97
14' 56
22
23
12
10
1
2
10
1
1
1
1
8
3
10
7
2
2
2
2
1
1
92
58
22
17
10
10
2
2
1
1
1
11
5
98
65
21
21
11
13
2
1
7
1
5
4
1
1
14
2
61 241
1,35
45 i 248
1 1,39
27
240
1,34
17
256
1,43
14
22
20
6
1
1
4
31
1
9i 32
1,03
23
5
1
1
5
1
36
1,16
Transport .
21
5
1
1
4
9
18
1
34
1,10
1 16
-I 1
48
l,5ö
91
78
23
19
10
15
5
2
9
2
1
1
15
3
274
1,53
29
19
3
3. 56
1,80
20
19
o
1 17 - 22 — 21
Generalübersichten, die Jahre 1883—1906 betreffend. (9)
Tabelle I (Fortsetzung).
'' Mitglieder
i
1883
1888
1893
1898
1903
1906
Transport . . .
_
3
1
1
6
i
1
1
17
i
22
.1
1
21
Italien
—
2
1
6
—
12
—
12
—
13
—
16
Belgien . . .
—
—
—
1
—
2
—
2
—
2
—
1
Niederlande .
—
—
—
—
—
2
—
2
—
6
—
1 7
Dänemark . .
-
—
—
—
—
1 1
—
2
—
4
—
5
Schweden. . .
—
2
—
2
—
o
O
—
4
—
8
—
10
Norwegen . .
—
1 —
—
—
—
2
—
1
—
1
—
2
Griechenland
—
1
—
1
—
1
—
1
—
1
—
1
Schweiz . . .
—
J
—
9
1
14
1
16
1
19
1
21
Luxemburg . .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
1
Russland . . .
1
2
l
8
1
10
—
13
—
12
—
11
Rumänien . . .
—
—
—
—
—
—
—
1
—
—
—
—
Serbien
—
—
—
—
—
—
—
—
—
1
—
1
1
14
1
5
30
2,14
3
53
3,79
2
71
5 07
1
89
6,3n
1
97
6,93
Amerika:
•
Vereinigte Staaten . . .
—
—
—
1
—
4
—
7
—
10
—
19
Mittel-Amerika
—
—
—
1
—
1
• —
1
—
2
—
1
Süd-Amerika
1
8
2
6
1
9
1 8
—
8
—
6
1
3
2
8
1|
14
1
16
- 20
- 26
1
2,67
4,67
5,33
6,67
8,67
Andere Erdteile:
Afrika
—
—
—
2
1
1
1
2
1
4
1
3
Ceylon
. . .
—
—
—
—
—
—
—
—
j
1
—
—
Japan
—
—
—
—
—
—
—
1
2
—
5
Java
:
:
—
1
—
2
3
—
3
—
2
Australien . . .
. . .
—
—
1 3
1 "
1
1
ö
1
1
6
2
1
10
3,33
1
10
3,33
Insgesamt:
75
227
70,
321
57
354
37
367
22
423
19
463
1
1
1
0,93,
1,414
0,76;
1,56
0,49
1,62
0,29
1,86
0,25
2,04
nO) Generalübersichteu, die Jahre 1883—1906 betreffend.
Tabelle II.
Si
o
Kosten
Ver-
Ander-
.2
Beiträge
Zinsen
Gewinne
waltungs-
weitige
•1— 1
u
der Berichte
kosten
Kosten
Jt
Pf.
M Pf.
JC
Pf.
Jt {Pf-
M |Pf.
iM
Pf.
Gründung
_
_
_
_
424
34
1883
302
4 396
76
39
25
—
—
3 046
50
1171
14
Flora Conto
1884
343
5 043
53
87
20
—
2 982
44
1092
67
100
—
1885
355
5 229
10
127
35
—
3 767
05
1143
71
300
—
1886
373
5 454
20
107
65
—
—
4 441
75
1244
57
—
—
1887
383
5 594
97
118
75
—
—
4 063
75
1228
04
—
—
1888
391
5 765
61
130
20
—
—
3 763
65
1198
62
300
—
1889
403
5 992
03
169
25
—
—
3 295
45
1130
99
Effekten
1890
405
6 053
57
294
70
—
—
3 881
70
1350
78
242
—
1891
416
6 245
60
306
40
—
—
4 325
25
1283
19
—
—
1892
414
6 258
07
344
70
60
31
6 641
30
1341
25
—
—
1893
411
6180
32
347
10
—
—
5 212
45
1366
52
—
—
1894
412
6 218
95
296 30
—
—
4 390
65
1274
47
—
—
1895
410
6 223
08
325, 20
270
00
5 378
25
1366
24
—
—
1896
410
6 241
65
325
00
203
15
4 001
55
1 298
28
—
—
1897
406
6 200
27
372
50
259
75
4 674
78
1248
26
—
—
1898
404
6198
07
437
30
269
95
4126
10
1415
11
—
-
1899
422
6 494
65
510
10
2 0
6(5
5 441
30
1522
93
—
—
1900
420
6 487
62
567
20
283
04
5 006
05
1610
87
-
—
1901
433
6 694
15
518
50
241
80
6 364 '39
1
1692
54
—
—
1902
430
6 692
66
533 40
237
00
6 312
35
1660
21
—
—
1) (330
00
1903
445
6 906
88
539
80
/ 1
1138
60
5183
35
1644
32
—
—
1904
454
7 089
62
525
80
288
60
5 319 80
1631
54
—
—
1905
459
7 183
54
531
60
321
00
4 531 65|
26 25J
1610
64i
75/
—
—
1) (300
00
18
_
1906
482
7 568
44
600 43
/ 1
(343
10
5 309 23
1550
86
—
—
General-
General-
register
unkosten
2 165 00
195 85
—
—
148 413
34
8150
68
3 806
96
113 651
99
33 291
85
1366
34
8150
68
33 291
85
3.806
96
1366
34
Einnahme
160 370
98
148 310
18
Ausgabe .
L.1.07
148 310
18
Vermögenl
12 060
80
1) Lebenslängliche Beiträge.
Generalübersichten, die Jahre 1883-1906 betreffend. (U)
Tabelle III.
^
Mit-
glie-
Beiträ,
?e
Beitrag pro
Mitglied
Berichte und
Kosten
Berichte und
Kosten
pro Mitglied
der
Jü
Pf.
Jl
Pf.
M
Pf.
Jit
Pf.
1883
302
4 396
7(;
14
56
4 217
Ii4
13
97
1884
343
5 043
53
14
70
4 075
11
11
88
1885
355
5 229
10
14
73
4 910
76
13
83
1886
373
5 454
20
14
62
5 686
32
15
25
1887
5 594
97
14
61
5 291
79
13
82
1888
391
5 765
61
14
75
4 962
27
12
70
1889
403
5 992
03
14
87
4 426
44
10
98
1890
405
(5 053
57
14
95
5 232 .
48
12
92
1891
416
6 245
6()
15
Ol
5 608
44
13
48
189-2
414
G 258
07
15
12
7 982
55
19
28
1893
411
6180
32
15
04
6 578
97
16
Ol
1894
412
6 218
95
15
09
5 665
12
13
75
1895
410
6 223
08
15
18
6 744
49
16
45
1896
410
6 241
65
15
22
5 299
83
12
93
1897
4U6
(i 200
27
15
27
5 923
04
14
59
1898
404
6 198
07
15
34
5 541
21
13
72
1899
422
6 494
65
15
39
6 964
23
16
50
1900
420
(;487
62
15
44
6 616
92
15
75
1901
433
6 694
15
15
46
8 056
93
18
60
1902
430
6 692
m
15
56
7 972
56
18
54
1903
445
6 906
88
15
52
6 827
67
15
34
1904
454
7 089
62
15
62
6 951
34
15
31
1905
459
7 183
54
15
65
6142
29
15
38
1906
482
7 568
44
15
70
9-265')
44
19
22
Einnahme .
148 413
34
D. 15
14
146 943
84
D. 15
Ol
Ausgabe . .
. . .
146 943
84
Überschuss ,
• ■ ■
1469
50
Anderweitige
Kosten
. . .
1 366
34
_
Rest . . . .
. . .
103
16
1) Inklusive Generalregister.
(12)
Generalübersichten, die Jahre 1883—190(3 betreffend.
Tabelle IV.
Einheiten
o
der
t pro
ed
Kosten
Pf.
a'^'r^
Text
Tafeln
Text- Ab-
bildungen
Zu-
sammen
J( [Pf.
Pf.
1883
38,25
19
6,07
C)2,32
3 046
50
48,1
302
0,159
1884
37,50
IG
5,50
59,00
2 982
44
50,5
343
0,147
1885
40,75
21
5,20
66,95
3 767
05
56,0
:555
0,158
188(5
48,12
24
3,61
75,73
4 441
75
58,6
373
0,158
1887
44,25
24
1,37
69,62
4 063
75
58,7
383
0,152
1888
41,25
19
3,78
64,03
3 7(53
65
58,8
391
0,150
1889
36,88
15
2 53
54,41
3 295
45
60,6
403
0,150
1890
40,75
21
2,03
63,78
3 881
70
60,8
405
0,150
1891
37,00
24
2,20
63,20
4 325
25
68,4
416
0,164
1892
55,50
1)31
5,96
92,46
6 641
30
71,8
414
0,173
1893
44,25
30
5,35
79,60
5 212
45
65,1
411
(»,158
1894
35,00
24
>s,74
67,74
4 390
(55
61,8
412
0,157
1895
41,00
2)38
3,10
82,10
5 378
25
65,5
410
0,160
189G
34,25
•') 22
5,80
62,05
4 001
55
64,4
410
0,157
1897
42,75
27
2,90
72,65
4 674
78
64,3
406
0,159
1898
32,50
^)25
6,40
63,90
4126
10
64,5
404
0,160
1899
47,25
^)30
1,92
79,17
5 441
30
68,7
422
0,163
1900
49,13
19
3,28
71,41
5 (106
05
70,1
420
0,167
1901
52,00
34
6,35
92,35
6 364
39
68,9
4315
0,159
1902
59,38
«)27
3,17
89,55
6 312
35
70,5
430
0,164
1903
4G,13
')22
3,58
71,71
5183
35
72,3
445
0,163
1904
45,88
25
4,41
75,29
5 319
80
70,6
^54
0,156
1905
38,50
21
4,50
64,00
4 531
65
70,8
459
0,155
190G
44,38
24
3,18
71,56
5 335
48
74,6
482
0,154
Geueral-
register
General-
register
Gcneral-
reg ister
General-
register
19,50
19,50
2 165 1 00
111,00
0,230
1052,15
1052,15
43,84
582
+ 16
100,93
= 68,29
netto
2,84
1735,08
1718,44
71,60
113 (551
99
3,797
24
Durch-
schnitt
598
24,92
= 0,158
General-
register
= 0,230
*) Von 1891 an wurde der für die Einheit zu zahlende Preis erhöht.
1) Plus 2 vom Autor bezahlte Tafeln, also 33 Tafeln 2) Plus 2 Tafeln vom
Autor, 40 Tafeln. 3) Plus 2 Tafeln vom Autor, 24 Tafeln. 4) Plus 2 Tafeln vom
Autor, 27 Tafeln. 5) Plus 1 Tafel vom Autor, 31 Tafeln. 6) Plus 2 Tafeln vom
Autor, 29 Tafeln. 7) Plus 5 Tafeln vom Autor, 27 Tafeln.
Bericht
über die
am 12. und 13. September 1907 in Dresden abgehaltene
vierundzwanzigste Generalversammlung
und die
Feier des fünfundzwanzigjährigen Bestehens
der
Deutschen Botanischen Gesellschaft.
Der im 6. Heft des vorliegenden XXY. Bandes dieser Berichte
veröffentlichten Einladung zur Cleneralversammlung und zur Feier
-des 25jährigen Bestehens unserer Gesellschaft hatten eine grosse
Anzahl Fachgenossen Folge geleistet. Die Präsenzlisten ergaben die
Anwesenheit folgender Herren:
AMBRONN-Jena,
BAUR-Berlin,
BECKMANN-Berlin,
BRICK-Hamburg.
BÜSGEN-Münden,
CLAUSSEN-Berlin,
€ORRENS-Leipzig,
DiELS-Berlin,
Ding LER- Aschaffenburg,
DRUDE-Dresden,
ENGLER-Berlin,
A. FiSCHER-Basel,
H. FiSCHER-Berlin,
FÜNFSTÜCK-Stuttgart,
Ber. der deutschen Bot. Gesellsch. XXV.
GEISENHEYNER-Kreuznach,
GiLG-Berlin,
HAUPT-Bautzen,
HINNEBERG-Altona,
JOHNSON-Dublin,
KNIEP-Freiburg,
KNY-Berlin,
KUMM-Danzig,
LEHMANN-Bonn,
LiNDEMUTH-Berlin,
LiNDAU-Berlin,
LiNDNER-Berlin,
W. MAGNUS-Berlin,
MEZ-Halle,
(1^)
Bericht über die vierunclzwanzigste Generalversammlung.
MiEHE-Leipzig,
NEMEC-Prag,
ORTH-Berlin,
PAZSCHKE-Dresden,
PiLGEß-Berlin,
PRINGSHEIM-Breslau,
KEINHARDT-Berlin,
ROSS-Mflnchen,
SCHERFFEL-Iglö,
SCHWENDENER-Berliii,
SiMON-Leipzig,
SOLEREDER-Erlangen,
ÖONDER-Oldesloe,
THOMS-Berliu,
THOST-B erlin,
ÜLE-Berliu
1
VOIGT-Hamburg,
VOLKENS-Berlin,
WÄCHTER-Berlin,
WARBURG-Berlin,
V. Wettstein- Wien,
WiELER-Aachen,
Hans WiNKLER-Tübingen,
Hubert WiNKLER-Breslau»
•WITTMACK-Berlin,
ZACHARIAS-Hamburg,
ZÖRNIG-München.
Als Gäste wohnten den Sitzungen bei die Herren:
PH. Fischer,
Fritzsche,
Heinze,
Jacobi,
Kalkowski,
Ledien,
Schmidt,
G. Simon,
Thiele,
Wollenweber.
Am 12. September fand zunächst die Generalversammlung in
einem Saale des Ausstellungsgebäudes am Stübelplatz statt. Um
9 Uhr 15 Minuten eröffnete der Präsident, Herr SCHWENDENER, die
Sitzung und begrüsste die im Yergleich zu früheren Versammlungen,
ausserordentlich zahlreich erschienenen Mitglieder und Gäste. — Da
in diesem Jahre der Rechnungsabschluss und der Voranschlag für
das folgende Jahr den Teilnehmern an der Sitzung als „erstes
Generalversammlungsheft" gedruckt vorlag, konnte nach einer kurzen
Mitteiluno; über die Mit^liederzahl und den Vermögensstand der
Gesellschaft seitens des Präsidenten die Verlesung des Rechnungs-
abschlusses auf einige ganz kurze Mitteilungen beschränkt werden.
In Vertretung des durch Krankheit am Erscheinen verhinderten.
Schatzmeisters, Herrn OTTO MÜLLER, verlas der stellvertretende
Sekretär, Herr WÄCHTER, diesen kurzen Bericht, worauf dem Schatz-^
meister unter Anerkennung seiner Verdienste um die Kassen-
verwaltung Entlastung erteilt wurde.
Als dritter Punkt der Tagesordnung (vgl. § 15 des Reglements)
erfolgten die nach § 20 der Statuten vorzunehmenden Neuwahlen.
Herr L. WlTTMACK schlug vor, unseren bisherigen Präsidenten
wiederzuwählen; der Vorschlag wurde angenommen und Herr
SCHWENDENER einstimmig wiedergewählt. Zum stellvertretenden
Präsidenten wurde auf Vorschlag des Herrn Kny Herr DRUDE gleich-
Bericht über die viorundzwanzigste Generalversammlung. (1^)
falls einstimmig durch Zuruf gewcählt. Beide Herren erklärten sich
bereit, die Wahl anzunehmen. — Die Ausschussmitglieder für das
Jahr 1908 wurden in üblicher Weise durch Stimmzettel gewählt.
Das Ergebnis der Wahlen war folgendes:
Präsident: Herr S. SCHWENDENER,
Stellvertreter des Präsidenten: „ 0. DRUDE.
Mitglieder des Ausschusses: „ CORRENS-Leipzig,
„ FÜNFSTÜCK-Stuttgart,
„ HABERLANDT-Graz,
„ HEINRICHER-Innsbruck,
„ KLEBS-Halle (jetzt Heidelberg)
„ MOLISOH-Prag,
„ NOLL-Bonn (jetzt Halle),
„ OLTMANNS-Freiburg i. B.,
„ SCHRÜTER-Zürich,
„ Graf zu SOLMS-LAUBACH-Strass-
burg i. E.,
„ STAHL-Jena,
„ V. TUBEUF-München,
„ V. YOCHTING-Tübingen,
„ V. Wettstein -Wien,
„ ZACHARIAS-Hamburg.
Es folgten die Wahlen der anlässlich der Jubiläumsfeier neu
aufzunehmenden Ehren- und korrespondierenden Mitglieder, ebenfalls
durch Zettelabstimmnng. Die Vorschläge für diese Wahlen waren
ordnungsgemäss in drei genügend unterstützten Anträgen der General-
versammlung vorgelgt worden. Am Zählen der Stimmzettel be-
teiligten sich ausser dem Sekretär die Herren BAUR, SIMON und
Lehmann, während Herr CLAUSSEN während dieser Zeit die Protokoll-
führung in der Sitzung übernahm.
Herr SCHWENDENER gedachte sodann der seit der letzten
Generalversammlung verstorbenen Mitglieder; die Anwesenden ehrten
das Andenken an die Verstorbenen durch Erheben von ihren Plätzen.
— Im Manuskript lagen nur zwei Nachrufe vor, auf F. HEGELMAIER
von K. GOEBEL und auf CARL MÜLLER von L. KNY [vgl. S. (32)
und S. (40)].
Des weiteren teilte Herr SCHWENDENER mit, dass Herr OTTO
ÄIÜLLER sein Amt als Schatzmeister unserer Gesellschaft mit Ablauf
dieses Jahres aus Gesundheitsrücksichten niederlegen werde; im
Namen der Gesellschaft dankte der Präsident dem Schatzmeister für
seine langjährige Mühewaltung im Interesse der Deutschen Botanischen
Gesellschaft und wies auf die im vorliegenden ersten General-
versammlungsheft niedergelegten Übersichten hin. — Auf wenigen
(2*)
flG') Bericht über die vierundzwanzigste Generalversammlung.
inhaltsreichen Seiten hat Herr OTTO MÜLLER hier in Tabellenform
über die Entwickelung unserer Gesellschaft in den 25 Jahren ihres
Bestehens berichtet. — Als Nachfolger des Herrn OTTO MÜLLER ist
inzwischen Herr OTTO APPEL in der Sitzung vom 25. Oktober
gewählt worden, und zwar unter Zubilligung einer jährlichen Ee-
muneration von 300 Älk. für einen Hilfsarbeiter. Das Amt des
geschäftsführenden Sekretärs übernimmt als Nachfolger unseres so
plötzlich aus dem Leben geschiedenen langjährigen Sekretärs CARL
MÜLLER Herr ^\. WÄCHTER.
Herr SCHWENDENER verliest dann einen kurzen von Herrn
GURKE eingesandten
Bericht der Kommission für die Flora von Deutschland.
^ „Tiie Zusammenstellung der Beobachtungen über die
Phanerogamen aus den Jahren 1902 — 1903 ist von Herrn
von DaLLA ToRRE fertiggestellt worden und soll in diesem
bzw. im nächsten Jahrgang der Berichte erscheinen. Für
die Kryptogamen ist die Zusammenstellung für denselben
Zeitraum noch in Arbeit. Es ist zu hoffen, dass diese im
nächsten Jahrgang Abdruck gebracht w^erden kann.
Für die Jahre 1904—1905 hat Herr von Dalla ToRRE
inzwischen die Arbeiten über die Phanerogamen so weit
gefördert, dass sich vermutlich der Druck unmittelbar an
den der Kryptogamen anschliessen kann."
Seitens des neu zu gründenden allgemeinen „Unterrichtsaus-
schusses", der an Stelle der bisherigen Unterrichtskommission der
Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte ins Leben gerufen
werden soll, ist ana^efrao-t worden, ob sich unsere Gesellsciiaft an
den Bestrebungen des Ausschusses (in erster Linie Förderung des
biologischen Unterrichtes in den Oberklassen der höheren Schulen)
beteiligen wolle. Eine definitive Antwort wurde nicht erteilt, sondern
auf Vorschlag des Präsidenten soll die Frage dem Vorstaude in Berlin
zur näheren Besprechung und Beantwortung übertragen werden.
(Inzwischen ist eine Beteiligung in der Vorstandssitzung vom 27. De-
zember beschlossen worden.)
Als nächster Punkt der Tagesordnung folgt die Wahl des Ortes
und der Zeit für die nächste Generalversammlung. Es wird be-
schlossen, gemeinsam mit der „Vereinigung für angewandte Botanik"
und der „Freien Vereinigung der systematischen Botaniker und
Pflanzengeographen" anfangs August 1908 in Strassburg i. E. zu
tagen. Durch die gemeinsame Tagung mit den beiden anderen
botanischen Vereinigungen scheint endlich ein Weg gefunden
zu sein, die früher oft so unangenehm empfundene Beschluss-
Bericht über die vierundzwanzigste Generalversammlung. (17)
Unfähigkeit der Generalversammlung- aus der Welt zu schaffen. Die
starke Beteiligung an der diesjährigen Dresdener Versammlung ver-
danken wir ohne Frage grösstenteils dem Umstände, dass die beiden
genannten Gesellschaften bereits in Dresden versammelt waren, als
unsere Generalversammlung ihren Anfang nahm.
Den Schluss der geschäftlichen Angelegenheiten bildete ein
Antrag LINDAU auf Statutenänderung. Herr LINDAU begründete
seinen Antrag, indem er ausführte, dass seiner Meinung nach manche
Bestimmungen der Statuten nicht mehr zeitgemäss seien; verschiedene
Paragraphen müssten dem Bürgerlichen Gesetzbuch angepasst werden;
die auswärtigen Mitglieder sollten einen grösseren Einfluss auf die
Geschäftsführung erhalten; die statutengemäss zu den Aufgaben der
Gesellschaft gehörende Unterstützuno- besonderer wissenschaftlicher
Arbeiten sei wegen der schlechten Finanzlage bisher nicht genügend
beachtet worden, und die Mitgliedsbeiträge müssten unbedingt erhöht
werden. Es entspinnt sich eine lebhafte Debatte, an der die Herren
SCHWENDENER, KNY, WITTMACK, VOLKENS, DRUDE, REINHARDT,
Dingler, Zacharias, Gilg, Warburg, FCnfstCck und Brick
teilnalnuen. Im allgemeinen ist wenig Stimmung für den Antrag des
Herrn LINDAU vorhanden, aber schliesslich kommt man dahin überein,
eine Kommission zu wählen, die vor der nächsten Generalversammlung
den Mitgliedern das Resultat ilirer Beratungen — ob und in welcher
Weise eine Statutenänderunii- wünschenswert erscheint — bekannt
geben soll. In dieseKommission werden gewählt die Herren DRUDE,
Kny, Lindau, Yolkens und Zacharias.
Nach einer dreiviertelstündigen Pause fand unter dem Yorsitz
des Herrn SCHWENDENER um 12 Uhr die erste wissenschaftliche
Sitzung statt. Herr WiNKLEß-Tübingen hielt seinen angekündigten
Vortrag über „Parthenogenesis im Pflanzenreich".
„Dai) der Vortrag in erweiterter Form als Monographie der
pflanzlichen Parthenogenesis und Apogamie demnächst im Progressus
rei botanicae erscheinen wird, sei hier nur eine ganz kurze Inhalts-
übersicht gegeben.
Es wurde zunächst, da unter den Forschern, die sich mit dem
Parthenogesis-Problem beschäftigt haben, eine Übereinstimmung
über die anzuwendende Nomenclatur und Begriffsumgrenzung noch
nicht erzielt worden ist, eine Definition der wichtigsten Begriffe ge-
geben, und zwar unterschieden: 1. Amphimixis, d. i. die normale
geschlechtliche Fortpflanzung, 2. Pseudomixis, d. i. der Ersatz der
echten geschlechtlichen Fortpflanzung durch einen pseudosexuellen
Kopulationsprozess zweier nicht als spezifische ßefruchtungszellen
differenzierter Zellen (Beispiel: Lastrca pseudojnas polydactijla und
1) Vom Vortragenden für diesen Bericht eingesandt.
ng) Bericht über die vierundzwanzigste Generalversammlung.
vielleicht die üredinee.n\ und 3. Apomixis, d. i. der Ersatz dor
verlorenen geschlechtlichen Fortpflanzung durch einen anderen, un-
geschlechtlichen Yerniehrungsvorgang. Als Unterabteilungen der
Apomixis wurden dann unterschieden: a) vegetative Propagation, d. i.
der Ersatz der durch Befruchtung entstandenen Keime durch Aus-
läufer, Adventivsprosse, Adventivembryonen usw., b) Apogamie,
d. i. die apomiktlscho Entstehung eines Sporophyten aus vegetativen
Zellen des Gametophyten, und c) Parthenogenesis, d. i. die apomik-
tische Entstehung eines Sporophyten aus einem Ei. In den beiden
letzten Fällen, also sowohl bei der Apogamie wie bei der Partheno-
genesis, wurde dann noch unterschieden zwischen somatischer und
generativer Apogamie resp. Parthenogenesis, je nachdem in den
Zellen, die als Ausgangspunkt der apomiktischen Keimentstehung
dienen, die haploide oder die diploide Chromosomeuzahl vorkommt.
Wenn also die Mutterzellen des Sporophyten bei Apogamie nur die
haploide Chromosomenzahl führen, so liegt generative Apogamie vor,
besitzen sie von vornherein die diploide Chromosomenzahl, so ist es
somatische Apogamie. Und entsprechend bei der Parthenogenesis.
Nach diesen Gesichtspunkten wurden nun im ersten Teile des
Vortrages die bisher mit einiger Sicherheit bekannten Fälle kurz
durchgesprochen, und zwar zunächst die somatische Apogamie
(Beispiel: Athijrium fiiix-femina var. clavissima Jones), dann die
generative Apogamie (Beispiel: Nephrodium molle), liierauf die
somatische Parthenogenesis (Beispiel: Ante?maria alpinci) und endlich
die generative Parthenogenesis (Beispiel: Spirogi/ra).
Im zweiten Teile des A^ortrages kamen dann die theoretischen
Fragen, die das Parthenogenesis-Problem bietet, zur kurzen Be-
sprechung, so die Frage nach dem Wesen, der Ursache und der
Auslösung von Parthenogenesis und Apogamie, die Beziehungen
beider Apomixis-Arten zur geschlechtlichen und ungeschlechtlichen
Fortpflanzung, ihre biologische Bedeutung und ihr Verhältnis zur
Vererbung, Variabilität, Mutation und Artbildung."
Im Anschluss an den WiNKLER'scheu Vortrag bericlitete Herr
WiTTMACK über „Funde in alten chilenischen Gräbern"; der Aufsatz
ist bereits im 8. Heft dieses Jahrganges, S. 479 fl^., zum Abdruck ge-
langt. Schliesslich demonstrierte Herr Kny eine Anzahl seiner
neuen, bisher noch niclit publizierten Wandtafeln.
Am Nachmittage folgte eine grosse Zahl der Teilnehmer der
freundlichen Einladuntr des Herrn DRUDE zur Besichtigung des
botanischen Gartens und abends 6 Uhr versammelte sich die 3[ehr-
zahl der Mitglieder unserer Gesellschaft und der Gäste zu dem an-
Bericht über die vieruudzwuDzigste GcnoralversammluD"'.
(19)
lässlich des Jubiläiinis stattfindenden Festessen auf dem Könialicheii
Belvedere. Herr SCHWENDENER hiess die Mitglieder und Gäste
willkommen und wies auf die Bedeutung des Tages hin, Herr
KaLKOWSKT überbrachte unserer Gesellschaft die Glückwünsche des
Dresdener naturwissenschaftlichen Vereins „Isis", Herr ENGLER be-
o'lückwünschte die Gesellschaft im Namen der „Freien Vereinigung
der systematischen Botaniker und Pflanzengeographen", Herr
ZaCHARIAS sprach im Namen der „Vereinigung für angewandte
Botanik" und Herr V. WETTSTEIN toastete auf unseren Präsideuten.
Herr SCHWENDENER Hess seinen Dank ausklingen in einem Hoch
auf „die schöne Stadt Dresden".
Am Freitag, den 13. September, morgens 9 Uhr 50 Min. eröffnete
der Präsident, Herr SCHWENDENER, die Festsitzung mit einer Rede,
die im vorliegenden zweiten Generalversammlungsheite, S. (21ff.), ab-
gedruckt ist. — Im Anschluss an die Festrede verkündete Herr
SCHWENDENER das Ergebnis der am Donnerstag stattgefundenen
Wahlen der Ehren- und korrespondierenden Mitglieder.
Zu Ehrenmitgliedern waren gewählt worden die Herren
BOWER-Glasgow,
PRAIN-Kew,
YAN TIEGHEM- Paris,
THAXTER- Cambridge Mass.,
und zu korrespondierenden Mitgliedern die Herren:
Th. Fries -Uppsala,
NATHORST-Stockholm,
NAWASCHIN-Kiew,
WINOGRADSKY- St. Petersburg.
DE WILDEMAN- Brüssel,
Massart- Brüssel,
JOHANNSEN - Kopenhagen,
FLAHAULT - Montpellier.
Stapf -Kew,
HEMSLEY-Kew,
BROTHERUS-Helsiugfors,
ELFVING-Helsingfors,
BEIJERINCK-Delft,
CaVARA- Neapel,
PeNZIG- Genua,
Ml YOSHI- Tokyo,
IKENO - Tokyo,
MATSUMURA- Tokyo,
Wille -Kristiania,
ROBINSON- Cambridge, Mass.,
TRELEASE-St. Louis (U. S. A.),
HARPER-Madison (ü. S. A.),
V. LaGERHEDI- Stockholm,
BRIQUET-Genf,
C. DE CANDOLLE-Genf,
CHODAT-Genf,
PALLADIN-St. Petersburg,
ROTHERT- Odessa,
Willis -Peradeniya (Ceylon),
RlDLEY-Singapore.
„Das sind die Auszeichnungen," so schloss Herr SCHWENDENER,
„welche die Generalversammlung aus Anlass des 25jährigen Jubiläums
beschlossen hat. Ich bemerke hierzu, dass nach unseren Satzungen
nur auswärtige Fachgenossen, d. h. solche, welche in nicht-deutschen
Ländern tätig sind, für die genannten Auszeichnungen in Frage
kommen. Deutsche, die im Inlande wohnen, sind ausgeschlossen.
(20) Bericht über die vierundzwanzigste Generalversammlun;^.
Indem wir ausländische Kolles-en in den Verband unserer
Gesellschaft aufnehmen, sei es als Ehren- oder als korrespondierende
Mitglieder, beseelt uns dabei der aufrichtige Wunsch, ihnen damit
ein Zeichen der Anerkennung für ihre wissenschaftlichen Leistungen
darzubieten. Es ist eine Ehrung, die wir den genannten Kollegen
zugedacht haben und als solche wird die Wahl auch von ihnen —
so hoffen wir — aufgefasst werden.
Ich sende den neugewählten Mitgliedern im Namen unserer
Gesellschaft kollegialen Gruss in die Ferne und drücke ihnen im
Geiste die Hand."
Glückwunschtelegramme waren eingetroffen von Herrn EMIL
Chr. Hansen aus Kopenhagen und Herrn OTTO MÜLLER, unserem
Schatzmeister. Herr YOLKENS beglückwünschte die Gesellschaft im
Namen des botanischen Vereins der Provinz Braudenburg und Herr
Drude drückte seine Freude darüber aus, dass unsere Gesellschaft
Dresden als Ort ihrer Jubiläumsfeier gewählt habe: er gab eine
kurze historische Übersicht über die Dresdener botanischen Verhält-
nisse seit Anfang des neunzehnten Jahrhunderts und wies darauf
hin, dass in Dresden schon seit vielen Jahrzehnten unsere Wissen-
schaft eine Heimstätte gefunden habe. — Herr SCHWENDENER
dankte dem Herrn Vorredner für seine Ansprache und schloss die
Festsitzung.
Es fokte unter dem Vorsitz des Herrn DRUDE noch eine kurze
wissenschaftliche Sitzung, in der Herr WiNKLER- Tübingen einen
Pfropfbastard demonstrierte. Herrn WiNKLER's Ausführungen, die
unter dem Titel „Über Pfropf bastarde und pflanzliche Chimären" im
Dezemberheft, S. 508, bereits abgedruckt wurden, riefen eine leb-
hafte Diskussion hervor, an der sich die Herren BauR, CORRENS,
Drude, Engler, Kny, v. Wettstein und Zacharias beteiligten.
Damit war der offizielle Teil der Generalversammlung und der
Jubiläumsfeier beendigt und Herr DRUDE forderte die anwesenden
Herren zur Teilnahme an einer längeren Exkursion in die Sächsische
Schweiz auf.
ßass wir mit Befriedigung auf die Dresdener Versammlung
zurückblicken, verdanken wir — abgesehen von der grossen Teil-
nehmerzahl und der günstigen Lage Dresdens als Kongressstadt —
in erster Linie der Umsicht und dem Entgegenkommen des Herrn
Drude, der die Aufgabe mit Glück gelöst hatte, den Mitgliedern
dreier Botanikervereinigungen, dazu noch kurz vor der Versammlung-
Deutscher Naturforscher und Arzte, Dresden zu einem angenehmen
Aufenthaltsort zu gestalten.
S. SCHWENDENER W. WÄCHTER
z. Z. Präsident. als Schriftführer.
Rede,
gehalten in der Festsitzung der Deutschen Botanischen Gesellschaft zur Feier
ihres 25jährigcn Bestehens am 13. September 1907
von S. Schweudeucr.
Meine Herren! AVir haben uns heute hier versammelt, um das
'25 jährige Bestehen unserer Gesellschaft in bescheidener Weise zu
feiern und ihrer bisherigen Wirksamkeit ein freudiges, wenn auch
von Enttäuschungen nicht ganz freies Gedenken zu widmen. Zu
diesem Behufe sei es mir gestattet, zunächst einen flüchtigen Blick
auf die Gründungsgeschichte der Gesellschaft zu werfen und dann
etwas eingehender bei ihren bisherigen Leistungen, bei dem, was-
erreicht und was nicht erreicht ist, zu verweilen.
Die Anregung zur Gründung einer „Deutschen Botanischen Ge-
sellschaft" ging bekanntlich von Frings heim aus, der die neue
Gesellschaft durch Erweiterung des botanischen Vereins der Provinz,
Brandenburg, dem er als Mitglied angehörte, ins Leben zu rufen ge-
dachte und demgemäss einen darauf abzielenden Antrag einbrachte.
Dieser Gedanke wurde denn auch, als er zum ersten Mal ausge-
sprochen und begründet wurde, im Schosse des Vereins vorwiegend
beifällig aufgenommen, stioss aber doch bei einzelnen Mitgliedern
auf lebhabten Widerstand, und diese Gegner der Umwandlung stellten
Gegenanträge. Sie gedachten dabei mit warmen Worten der mannig-
fachen Anregungen, die der Verein in seiner bisherigen Wirksamkeit
geboten habe, und gaben zugleich der Befürchtung Ausdruck, dass
die geplante Änderung zahlreichen Mitgliedern, zumal den Floristen,
nur Enttäuschungen bringen werde. Es fiel auch wohl gelegentlich,
ein hartes Wort über die anspruchsvolle neuere Richtung in der
Botanik, die sich einbilde, alles besser zu machen und höher zu
fliegen.
Solche Reden und Warnungen blieben nicht ohne Wirkung;.
(22) S. SCHWENDENER:
manche Mitglieder wurden unschlüssig oder geradezu umgestimmt.
Und als dann die Angelegenheit in der Oktoberversammlung zur Ab-
stimmung gebracht wurde, ergab sich eine Majorität zu Gunsten der
Erhaltung des Vereins. Die Erweiteruno- desselben war also ab-
gelehnt; doch sollte jede Kollision mit der neuen Gesellschaft ver-
mieden werden. Inzwischen hatten auch bereits zahlreiche Mito-lieder
des Vereins ihren Beitritt zur Deutschen Botanischen ( Jesellschaft zu-
^■esagt, und eine aus 16 Mitgliedern bestehende Kommission war
beauftragt worden, alle Vorbereitungen zu treffen, um unter allen
Umständen die Gründung dieser Gesellschaft unverzüglich in die
Weffe zu leiten.
In den Sitzungen dieser Kommission - und mehr noch in ver-
traulichen Privatbesprechungen — kamen gelegentlich recht weit-
gehende Pläne zur Sprache, welche zwar vorläufig wenig Beifall
fanden, aber später — auf der 1. Generalversammlung zu Frei-
burg i. Br. — doch zu dem formellen Antras; Buchenau-Uechtritz
führten, dahin gehend: „die Gesellschaft wolle ein Zentralherbarium
der deutschen Flora und eine dazu gehörige Bibliothek anlegen",
natürlich mit entsprechenden Arbeitsräumen. Zu diesem Zwecke
sollte nach einem weiteren Antrao; von ANDREE die deutsche Reichs-
regierung um eine angemessene Subvention ersucht werden.
Es gehörte nicht viel Phantasie dazu, um solche Anregungen in
Gedanken weiter zu verfoloen und schliesslich zu einem nur bota-
nischen Zwecken dienenden Monumentalgebäude auszugestalten. Und
wne schön wäre es gewesen, welche Genugtuung für uns in Berlin,
wenn wir unsere auswärtigen Kollegen, welche zum ersten Mal die
Reiehshauptstadt besuchen, in diesen Neubau hätten einführen können
mit dem Bemerken: Seht, das ist das Haus der Deutschen Bota-
nischen Gesellschaft:
Auf Säulen ruht sein Dach,
Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach.
Allein so ist es nicht gekommen, das war in der Tat eitel
Phantasie. Alle diese weitausschauenden Pläne wurden schon in
<ler Diskussion vielfach beanstandet und dann bei der Abstimmung
so put wie enduültio- beo-raben, nach dem Wortlaut des Protokolls
allerdings nur vorläufig, wie es im Amendement ÜECHTRITZ-
ASCHEßSON-NüLDEKE formuliert war; aber in den abgelaufenen 25
Jahren hat Niemand daran gedacht, diese Anregungen wieder wach
zu rufen. Der konstituierenden Versammlung in Eisenach (im
September 1882) sind nur solche Ziele zur Prüfung und Beschluss-
fassung vorgelegt worden, welche damals auch ohne Reichsmittel
erreichbar schienen, und auch diese sind in Wirklichkeit nur teil-
weise erreicht worden. Ich will hier bloss daran erinnern, dass die
Festrede. ('23)
Herausgabe von Abhandlungen neben den „Berichten" (?; 4), ebenso
die Unterstützung monographischer Bearbeitungen einzelner Genera
(Autrag ENGLER^) unterbleiben mussten, weil die vorhandenen Mittel
nicht ausreichten.
Man kann über den Ausfall der Abstimmungen und über die
hierdurch oezoiienen Schranken unserer Tätigkeit verschiedener
Ansicht sein. Was mich betrifft, so habe ich es stets als eine glück-
liche Wendung betrachtet, dass wir von all' den Sorgen und Mühen,
welche die Verwaltung eines Herbars und einer Bibliothek verursacht
haben würde, frei geblieben sind. Wir waren nun in der relativ
o-ünstioen Las-e, unsere Einnahmen in erster Linie für die Heraus-
gäbe der „Berichte" zu verwenden und dieselben nach Inhalt und
Umfang, sowie namentlich auch durch rasche Veröffentlichung der
Einsenduno-en so zu gestalten, dass sie in botanischen Kreisen an
werbender Kraft mehr und mehr gewannen und dadurch auch eine
allmähliche Erstarkung der Gesellschaft bewirkten.
Das sind die zwei Errungenschaften, auf die wir heute mit Be-
friediouno' hinweisen können: einmal die Leistungen der „Berichte"
und dann der erfreuliche Stand der Mitgliederzahl. Diese betrug
am Schlüsse des Gründungsjahres 279, im zweiten Jahre 302 und
stieg dann langsam auf 400 und etwas darüber; das war in den 90er
Jahren die Xormalziffer. Im neuen Jahrhundert erfolgte sodann ein
weiteres Steigen bis zur Höhe von 459, zuletzt bis 482.
Unser Schatzmeister, Herr Dr. OTTO MÜLLER, hat über diese
Zahlenverhältnisse, die ich im Vorhergehenden nur kurz berührt
habe, eine eingehende Statistik ausgearbeitet, in welcher auch die
verschiedenen Kateoorien der Mitolieder, ordentliche und ausser-
ordentliche, deutsche und niclitdeutsche usw. berücksichtigt sind.
Sie enthält manche Einzelheiten, die Beachtung verdienen. Da sie
jedoch bereits gedruckt vorliegt, so hebe ich daraus nur die eine
Tatsache hervor, dass die Zahl der ordentlichen Mitglieder von
1882 bis 1906 von 227 auf 4G3 gestiegen ist, also im Verhältnis von
1 : 2,04. Betrachten wir jedoch die verschiedenen Länder getrennt,
jedes für sich allein, so bleibt das Deutsche Reich mit 1,53, Österreich-
Ungarn mit 1,8 hinter der Durchschnittsziffer zurück, während England
und Italien und ebenso Amerika auf ihren Gebieten mit viel
höheren Ziffern, z. B. 7 bis 9 an der durchschnittlichen Zunahme be-
teiligt sind. Daraus ergibt sich übrigens nur, dass die Leistungen
unserer Gesellschaft im Auslande eine mit den Jahren steigende
Beachtung und Anerkennung gefunden haben.
Diese Verhältuiszahlen kommen sehr augenfällig zum Ausdruck,
wenn wir die Änderuno-en im Bestände der Gesellschaft durch drei
1) In Freiburg i. Br. mit grosser Majorität augciiomnicn.
(24) S. SCHWENDENER:
Kurven veraiischauliclieii, deren Ordinaten den angegebenen Mit-
gliederzahlen in den aufeinander folgenden Jahren entsprechen, so
zwar, dass Kurve I sich nur auf das Deutsche Reich, Kurve II auf
das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn, Kurve III auf die Ge-
samtzahl der Mitglieder bezieht.
Eine ähnliche Zusammenstellung unseres Schatzmeisters betrifft
die Herstellungskosten der „Berichte" im Verhältnis zum Umfang
derselben. Das Ergebnis bestätigt das günstige Urteil, das ich vorhin
auf (jrund eigener Eindrücke — ich hoffe in Übereinstimmung mit
der Ansicht der Mitglieder — ausgesprochen habe. Es muss auch
bei genauester Prüfung anerkannt werden: Wir dürfen auf die-
Entwicklung der Gesellschaft und auf die Leistungen, welche
in den „Berichten" niedergelegt sind, mit Befriedigung
zurückblicken.
Weniger günstig — ja ich darf wohl sagen unbefriedigend —
sind im Durchschnitt die Erfahrungen betreffend die Beteiligung an
den Jahresversammlunoen. Sehen wir ab von den grossen Städten
wie Berlin, Wien, Hamburg, München usw., welche auch sonst eine-
aussergewöhnliche Anziehungskraft besitzen, so war der Besuch in
den meisten Fällen ein recht spärlicher. Nicht weniger als sieben
Mal waren wir beschlussunfähig. Die Teilnehmerzahl sank in
Düsseldorf auf 10, in Kassel und Meran auf 13 herunter. Die Ein-
führung der Sammelreferate, von denen man sich eine Belebung der
Versammlungen versprach, hat zwar im Allgemeinen Anklang ge-
funden, jedoch eine fühlbare Steigerung der Besucherzahl nicht
herbeigeführt. Es ist leider wahr: Unseren Jahresversammlungen
fehlt die rechte Lebensfähigkeit. Das Ziel, das uns bei der Gründung
der Gesellschaft vorschwebte: „Durch die persönliche Annäherung
und die kollegialen Beziehungen der Fachgenossen" ein gedeihliches
Zusammenwirken zu fördern und somit den „Schwerpunkt der Ge-
sellschaft" in die alloemeinen Versammlungen deutscher Botaniker
zu verlegen — das ist tatsächlich nicht erreicht.
Mit diesem Misserfok' müssen wir uns abfinden, da eine wesent-
liehe Besserung einstweilen kaum zu erwarten, auch durch kein
Heilmittel zu erwirken ist. Im schlimmsten Falle trösten wir uns
mit der Hoffnung, dass unsere Gesellschaft auch ohne Generalver-
Sammlungen gedeihen kann.
Es hätte keinen Zweck, diesen kurzen Hinweis auf eine schwache
Seite unserer Betätigung bei diesem Anlass durch Reformvorschläge
zu ergänzen. Das mag dem freien Ermessen der Mitglieder und der
Logik der Tatsachen vorbehalten bleiben Dagegen möchte ich nicht
unterlassen, Ihr Augenmerk noch einmal, aber mit neuen Zielpunkten,
unseren „Berichten" zuzuwenden, welche ja nicht bloss eine er-
freuliche Wirksamkeit der Gesellschaft im allgemeinen bekunden,.
Festrede.
(25)
solidem auch einen nicht uninteressanten Einblick in die wissen-
schaftlichen Strömungen gewähren, welche in den letzten Jahr-
zehnten auf botanischem Gebiet hervorgetreten sind.
Zwar dürfen wir nicht erwarten, dass unsere Veröffentlichuno-en,
die ja nur einen kleinen Bruchteil der fachwissenschaftlichen Ge-
samtliteratur bilden, alT die Wandlungen und neuen Bestrebungen,
welche die Forschung seit der Gründung unserer Gesellschaft herbei-
geführt und gefördert hat, in getreuem Bilde wiederspiegle. Dazu ist
die Spiegelfläche viel zu klein, aber es lässt sich doch nicht ver-
kennen, dass die meisten der neu aufgetauchten Fragen, welche in
letzter Zeit wiederholt Gegenstand der Untersuchung gewesen, auch
in unsern „Berichten" zur Sprache gekommen sind.
Einige Beispiele mögen hierfür als Belege dienen. Ich erinnere
zunächst an die Arbeiten, welche das Verhalten des Zellkerns während
der Entwickluno- der Zellen und insbesondere seine Bedeutunof für
die Wachstums- und Yererbungsvorgänge beleuchten. Hierüber
liegen Originalmitteilungen von HaBERLANDT (Bd. 5), BeLAJEFF
(Bd. 7), HüMPHREY (Bd. l'i), ZaCHARIAS (Bd. 5, 7, 20) und HARPER
(Bd. 13) vor, ausserdem ein ausführliches Sammelreferat von
KOERNICKE (Bd. 21), in welchem ganz allgemein der gegenwärtige
Stand der pflanzlichen Zellforschung, soweit sie sich auf Kern und
Plasma in morphologischer Hinsicht bezieht, unter Berücksichtigung
der einschlägigen Literatur dargelegt wird.
Die W^ichtigkeit dieser Forschungen liegt auf der Hand, und
wenn auch die Ansichten der Autoren in manchen Punkten noch sehr
divergieren, auch wohl bei demselben Autor öfter gewechselt haben,
so ist doch soviel als festgestellt zu erachten:
1. dass die Chromosomen des Zellkerns die hauptsächlichsten
und vielleicht die alleinioen Trä^-er der erblichen Merkmale sind,
und 2. dass dieselben infolge entsprechender Teilungen und eigen-»
artiger Bewegungen zu gleichen Hälften in die Tochterkerne über-
gehen. Auch das Vorkommen einer Reduktionsteilung, durch welche
die Anzahl der Chromosomen nach Verschmelzung der Kerne
konstant erhalten wird, darf in vielen Fällen als erwiesen gelten,
und hierin liegt zugleich ein aufklärendes Moment für die merk-
würdige Tatsache, dass die Chromosomenzahl in den Zellen der
Gametophyten eine andere ist als bei den Sporophyten. Das sind
zweifellos Errungenschaften, welche eine wesentliche Vertiefung
unserer Kenntnisse bedeuten.
Eine zweite Gruppe von Mitteilungen, die aber in unseren
„Berichten" erst seit 1900 vertreten ist, handelt von Kreuzungs-
oder Bastardierungserscheinungen, worüber bekanntlich schon etwa
40 Jahre früher GREGOR MENDEL wichtige Befunde veröffentlicht
hatte, die aber wenig Beachtung fanden und dann ganz in Ver-
(26) S. SCHWENDENER:
gesseuheit gerieten. Erst vor wenigen Jahren sind sie wieder ans
Licht gezogen und durcli selbständige Forschungen bestätigt worden.
Es sind nur w^enige Autoren deutscher Abstammung, eigentlich nur
CORRENS und TSCHERMAK, welche auf diesem Gebiete erfokn-eich"
tätig gewesen sind und hierauf bezügliche Untersuchungen auch in
den „Berichten" mitgeteilt haben. Eine erheblich stärkere Be-
teiligung ist dagegen, wie aus den Zeitschriften zu entnehmen, für
England und Amerika zu konstatieren, wo in betreff der vor-
kommenden Spaltungen in den hybriden Generationen — ich meine
das sogenannte Mendeln — manches Neue festgestellt werden konnte.
In den Darlegungen, welche hierüber berichten, begegnen wir oft
Formeln, welche uns wie komplizierte Übungsbeispiele zur Lehre
von den Permutationen und Kombinationen anmuten.
Alle diese Forschungen versprechen lohnende Erfolge für die
Zukunft. Yoraussichtlich wird die Lehre von den Bastarden in ab-
sehbarer Zeit ein ganz neues und im Vergleich zur bisherigen viel
reicheres Gepräge erhalten. Gegenwärtig ist jedoch eine kurze
Zusamenfassung der wichtigeren Resultate, etwa für Vorlesungs- oder
Lehrbuchzwecke noch nicht möglich.
Eine dritte Gruppe von Mitteilungen, welche sich über ältere
und neuere Jahrgänge erstreckt, liefert Beiträge zur näheren
Kenntnis der Kryptogamen, insbesondere der Algen, Pilze und
Bakterien. Auf diesem Gebiete, dem so manche Spezialisten ihre
Kräfte widmen, werden von Zeit zu Zeit neue Fundgruben er-
schlossen, ohne dass die alten aufgehört hätten, bebauungsfähig zu
sein. Ich erinnere beispielsweise an die Arbeiten über Cyanopliyceen^
über die Apothecienentwicklung bei Flechten, w^o die sexuelle Be-
fruchtung der Carpogone nun schon in einer ganzen Reihe von
Fällen wahrscheinlich gemacht ist, dann an ähnliche Vorkommnisse
bei den Pilzen, worüber ein gutes Sammelreferat von CLAUSSEN
vorliegt, ferner an die Studien über Uredineen von KLEBAHN,
P. Magnus und E. Fischer, über M\j.wmyceien von Jahn, über
Bacterien von COHN, HANSEN, ARTHUR MEYER u. a., über Diatomeen
von Otto Müller, Schutt und Karsten. Es pulsiert ein überaus
reges Leben auf diesem ganzen Gebiet, und wenn auch manche der
neu aufgedeckten Einzelheiten nur für den speziellen Fachmann ein
lebhafteres Interesse gewähren, begegnen wir doch auch Arbeiten,
die von wesentlich neuen Gesichtspunkten ausgehen und neue Per-
spektiven eröffnen.
Noch wäre der zahlreichen Einsendungen zu gedenken, welche
sich auf deskriptive und physiologische Anatomie beziehen. In dem
vor Kurzem erschienenen „Registerband" unserer Berichte sind nicht
w^eniger als etwa 100 Autoren verzeichnet, welche auf diesem Ge-
Festrede. (27)
biete durch kleinere oder grössere Mitteilungen vertreten sind. Nach
dem Gegenstand der Untersuchung geordnet, würde sich eine ganze
Reihe von Gruppen ergeben, die zum Teil auch in ausführlichen
Abhandlungen und selbst.ändigen Werken der nämlichen Autoren
eine erwünschte Ergänzung gefunden haben. Ich muss leider darauf
verzichten, alle diese Arbeiten in bezug auf ihre Tragweite hier
näher zu beleuchten, darf aber doch nicht unterlassen, in aller Kürze
auf die Untersuchungen über Siebröhren von A. FISCHER, über das
Assimilationssystem von HaBERLANDT, über Bau- und Funktion der
Hydathoden von demselben, über den Ort der Harzbildung von
A. TSCHIRCH, über neue Mykorhizaformen von B. FRANK, über
Lenticellen von H. KLEBAHN usw. hinzuweisen. Einige dieser
Untersuchungen haben bestimmend auf die heutigen Anschauungen
in der Gewebelehre eingewirkt: andere sind bestritten: die Ansichten
divergieren oder stehen sich sogar diametral gegenüber. Es fehlt
auch an polemischen Erwiderungen nicht, was bei der grossen Zahl
der Beteiligten Niemanden überraschen wird; doch sind im All-
gemeinen, wie rühmend anzuerkennen, die Grenzen einer ruhigen,
rein sachlichen Kritik nicht überschritten worden.
Neben der Anatomie beansprucht die Physiologie einen wohl
noch grösseren Teil des Raumes. Sie erscheint im Registerband mit
über 200 Autornamen und etwa 480 Artikeln. Von diesen beziehen
sich einige wenige auf Theorien, welche erst seit Kurzem aufgestellt
sind, so z. B. auf die Statolithentheorie des Geotropismus, auf die
Lichtsinnesorgane, die Cohäsionsmechanismen der Antheren und
Sporangieu. Die übrigen behandeln meist altbekannte Fragen, wie
z. B. die Assimilation, die Transpiration, das Saftsteigen, die Reiz-
erscheinungen u. dgl., denen sie irgend eine neue Seite abzuge-
winnen oder durch neue Experimente beizukommen suchen. Kein
Zweifel, es ist auch hier viel redliche Arbeit geleistet, zum Teil auch
viel Geschick in der Erfindung und Anwendung neuer Methoden
und Apparate bewiesen worden. Es sind auch schöne Erfolge erzielt,
manche Fragen entschieden oder wenigstens gefördert worden.
Aber unter den vielen Einsendungen finden sich hin und wieder
auch solche, die mehr verwirrend als klärend gewirkt haben Das
ist in Zeitschriften, deren Spalten für die wissenschaftliche Dis-
kussion, für Rede wie Gegenrede offen sein sollen, nicht zu ver-
meiden. Und gerade im Punkte des Entgegenkommens den Ein-
Sendern giigenüber war die Redaktion stets bestrebt, dem Vorwurf
übertriebener Strenge oder einseitiger Vorein o-euommenheit keinerlei
Handhabe zu bieten.
Die verwirrenden Einflüsse, die von derartigen Veröffentlichungen
ausgehen, finden allerdings auf unserem Gebiet einen viel günstigeren
^28) S. SCHWENDENEE:
Nährboden, als z. B. auf dem der Mathematik oder Astronomie.
Man ist überhaupt in den exakten Wissenschaften für unhaltbare,
phantastische Vorstellungen weniger empfänglich als in der Biologie.
Welchen Irrungen die physiologische Forschung ausgesetzt ist,
Avenn die Phantasie nicht gezügelt wird, mag an einem instruktiven
Beispiel, der Lehre vom Saftsteigen, dargelegt werden. Zu Anfang
der 80er Jahre, als unsere Gesellschaft gegründet wurde — und
auch noch später — erfreute sich die bekannte Imbibitionstheorie
von Sachs noch mancher Anhäno-er und Yerteidisrer. Und doch
war die Annahme, dass sich die Wasserströmung nur in den Mem-
branen der Leitgewebe beweo;e, von vornlierein weni"- einleuchtend
und empirisch nicht bewiesen. Heute ist diese Theorie als wider-
legt zu erachten; es war ein Fhantasiegebilde.
Bald darauf suchte BÖHM seine Saugwellentheorie zu begründen.
Das Phantastische an dieser Lehre war nicht die Voraussetzung von
Saugwellen an und für sich, sondern nur die Annahme, dass ihre
Tragweite von den Zweigen hoher Baume bis zu den äussersten
Wurzelspitzen reiche. Die Entfernung spielte dabei keine Rolle.
Als ob das Maass der wirksamen Kräfte und die Grösse der zu
überwindenden Widerstände bei diesem Problem gar nicht in Frage
kämen.
Derselbe Autor stellte dann — es war auf der Versammlung in
Heidelberg — eine neue Theorie auf, die er Capillartheorie nannte,
obschon die dabei hervorgehobenen experimentellen Befunde nicht
auf Capillarität, sondern auf Luftdruck beruhen und mit den
normalen Vorgängen beim Saftsteigen wenig zu tun haben.
Ein ähnlicher Gedankenflug, der gleichfalls jeder empirischen
Grundlage entbehrt, beansprucht heute noch ernst genommen zu
werden. Es ist die Vorstellung, dass in der JAMlN'schen Kette
zwischen Luftblasen und Röhrenwand eine dünne Flüssigkeitsschicht
vorhanden sei, in der eine Bewegung von einer Wassersäule zur
nächstfolo-enden stattfinde. Diese Vorstelluno- findet sich schon im
Lehrbuch von SACHS, der sie jedoch später fallen liess. Sie kehrt
sodann wieder bei J. VeSQUE und STRASBUEGER, zuletzt (1907) bei
EWART, natürlich immer ohne beweiskräftige Belege. Im frischen
Holz unserer Bäume ist nämlich von einer solchen Flüssigkeitsschicht
auch bei starker Vergrösserung absolut nichts zu sehen, und was
diejenigen Wasserteilchen betrifft, welche an der Innenfläche der
Wand durch Molecularkräfte festgehalten werden, so sind sie unter
den gegebenen Verhältnissen offenbar unbeweglich. Ein Überfliessen
von Tropfen zu Tropfen ist somit ausgeschlossen.
Ich erwähne diese Blüten der Phantasie nicht etwa in der Ab-
sicht, über die genannten Autoren, deren Verdienste ja anerkannt
Festrede. (29)
sind, zu Gericht zu sitzen, sondern um auf Gegensätze hinzuweisen,
die in unserer Literatur, unabhängig von bestimmteu Entwicklungs-
perioden, immer wieder hervortreten. OSTWALD, der bekannte
Chemiker, kommt in einer seiner neueren Veröffentlichungen auf
analoge Gegensätze in den exakten Wissenschaften zu sprechen und
teilt hiernach die Autoren in Klassiker und Romantiker, ohne jedoch
zwischen den beiden Gruppen eine scharfe Grenze ziehen zu wollen.
Das freiere Walten der Phantasie soll die Romantiker, die strengere
Prüfung der Gedanken und Folgerungen die Klassiker kennzeichnen.
Nach ihm sind GAUSS und HeLMHOLTZ typische Klassiker, LlEBIG
ein echter Romantiker. Wollen wir diese Gruppierung auch auf die
Botaniker übertragen, so befinden wir uns, wie Sie sehen, immer in
guter Gesellschaft, gleichviel, ob wir zur einen oder zur anderen
Gruppe gezählt werden.
Es würde zu weit führen, wenn ich im Anschluss an die
Arbeiten physikalisch-physiologischen Inhalts nun auch über die zur
chemischen Physiologie gehörigen, die einen ziemlich breiten Raum
einnehmen, in ähnlicher Weise Umschau halten wollte. Überdies
liegt mir das Gebiet der Chemie ferner als das physikalische, und
dieser Umstand fordert eine angemessene Zurückhaltung. Immerhin
glaube ich hervorheben zu sollen, dass nicht bloss Botaniker mit
mehr oder weniger weitgehenden chemischen Kenntnissen, sondern
auch Chemiker vom Fache, wie z. B. HELLRIEGEL, EDUARD
Buchner u. a., daneben Autoren mit guter pharmazeutischer
Schulung an den hier vorliegenden Arbeiten sich beteiligt haben.
Trotzdem wäre in manchen Fragen, wie ich glaube, mehr und
Bedeutenderes zu erwarten, wenn auch in der Botanik Lehrstühle
und Institute für chemische Physiologie beständen, wo entsprechend
Vorgebildete ein erwünschtes Arbeitsfeld finden könnten. So weit
sind wir aber zur Zeit noch nicht gekommen.
Die übrigen Forschungsrichtungen, die in unseren „Berichten"
noch vertreten sind, geben zu näherem Eingehen auf einzelne Mit-
teilungen keine Veranlassung. Was z. B. im „Registerband" unter
„Allgemeine Pflanzengeographie" eingeordnet ist, hätte zum Teil
auch anderwärts untei'gebracht werden können und enthält nur
wenige Angaben von allgemein-geographischer Bedeutung. Und was
speziell die bekannten Florenberichte anbelangt, so bilden sie einen
gänzlich heterogenen Teil unserer Veröffentlichungen, eine indigesta
moles, die für die Mehrzahl der Mitglieder wenig Interesse gewährt
und deshalb schon oft abfälli»- beurteilt wurde.
Andere Mitteilungen, welche sich auf Gallen, Krankheiten,
Phytopaläontologie und Systematik der Phanerogamen beziehen,
mögen im Vorbeigehen noch kurz erwähnt werden, weil sie die
Ber. der deutschen bot. GeseUsch. XXV. (3)
(30)
S. SCHWENDENER:
Mannigfaltigkeit der Einsendungen illustrieren, die bei uns Aufnahme
gefunden haben. Zu vergleichend historischen Betrachtungen geben
sie indess keinen Anlass. Bezüglich der Phanerogaraen-Systematik
ist überdies zu berücksichtigen, dass grössere Abhandlungen mit
Diagnosen und Einteilungen schon ihres Umfanges wo^en für die
„Berichte" nicht geeignet und daher auf andere Fachzeitschriften
angewiesen sind.
Mit diesen kurzen Hinweisen auf den reichen und vielseitigen
Inhalt unserer Veröffentlichungen ist indessen die Bedeutung der-
selben für unsere Mitglieder und Fachgenossen noch nicht erschöpft.
Die Erfahrung hat gelehrt, dass unter den Einsendern viele sind,
welche auf das rasche Erscheinen ihrer Mitteilungen grossen Wert
legen, sei es zur Sicherung der Priorität oder aus anderen Gründen.
Und gerade in diesem Punkte hat die Redaktion von jeher das
Mögliche zu leisten gesucht, ^yie oft sind Manuskripte, die erst am
Sitzungstage oder am Vorabend desselben eingegangen, sofort vor-
gelegt worden und im folgenden Heft gedruckt erschienen. Für den
Vorsitzenden wie für die Referenten war die dadurch verursachte
Eile häufig recht unbequem, für die Verfasser aber immer erwünscht
und oft dringend erbeten. Und darauf haben wir nach Möglichkeit
Rücksicht genommen.
So ist unsere Zeitschrift durch das Entgegenkommen der
Geschäftsleitung zu einem gerne benutzten Organ geworden, welches
neben der wissenschaftlichen Forschung als solcher von jeher auch
die persönlichen Interessen der Einsender zu fördern bestrebt war.
Damit hängt denn auch der gesteigerte Absatz zusammen, den
unsere „Berichte" im Buchhandel erfahren haben. Und da der hier-
durch erzielte Gewinn nicht allein dem Verleger, sondern mit be-
stimmten Prozenten auch unserer Kasse zugute kommt, so bilden die
bezüglichen Einnahmen im Gewinnkonto schon seit einer Reihe von
Jahren einen nicht unerheblichen Posten.
Nach diesen Erfolgen dürfen wir uns, w^ie ich glaube, mit aller
Zuversicht der Hoff'nung hingeben, dass unsere Gesellschaft sich
auch fernerhin einer gedeihlichen Entwickluno' erfreuen werde. Der
langjährige Bestand und die immer noch zunehmende Mitgliederzahl
sind zwei Momente, welche einen weiteren Aufschwung erwarten
lassen und jedenfalls für die nächste Zukunft die Fortdauer einer
erspriesslichen Wirksamkeit sichern.
Ich schliesse mit dem Wunsche, dass es der Redaktion der
„Berichte" stets gelingen möge, neben den wissenschaftlichen An-
sprüchen auch eine tunlichst weitgehende Berücksichtigung persön-
licher Interessen, die sich bis dahin wolil bewährt hat, zur Geltung
zu bringen. Dann dürfen wir unsere Blicke, die wir im Vorher-
Festrede. (31)
gehenden mit Genugtuung rückwärts gerichtet haben, bei diesem
festlichen Aulass auch vertrauensvoll der Zukunft zuwenden.
Auch unsere schwachen Seiten können stärker, die vorhandenen
Kräfte durch neue Impulse gesteigert werden. Die Wege zum Fort-
schritt sind mannigfacher Art. Aber wie auch die Entwicklung im
Einzelnen sich gestalten mag, wir halten fest an dem Vertrauen,
dass sie nicht ausbleiben wird.
Mögen freundliche Sterne auch in Zukunft über unserer Gesell-
schaft walten.
(3-)
Nachrufe.
Chr. Friedrich Hegelmaier.
Von
K. GOEBEL.
Am 26. Mai 1906 starb in Tübingen, der langjährigen Stätte
seiner akademischen Tätigkeit, CHRISTOF FRIEDRICH HEGELMAIER.
Wie viele hervorragende Schwaben entstammte er einem
Pfarrhause, und war ursprünglich auch für den theologischen Beruf
bestimmt.
Geboren am 4. September 1833, bezog er im Herbst 1846 eines
der vier niederen protestantisch-theologischen Seminare, welche Herzog
Christof von Württemberg aus früheren Klöstern nach der Re-
formation errichtet hatte. In diesen Anstalten wird die theologische
Jugend durch eine vortreffliche, freilich einseitig humanistische
Bildung auf die Universität vorbereitet.
Hegelmaier hatte das Glück, nach dem schönst gelegenen
dieser „Klöster", (wie sie im Volksmunde immer noch heissen) nach
Urach zu kommen, dessen wunderbare Umgebung durch einen
anderen Uracher „Seminaristen" EDUARD MÜRIKE dichterische Ver-
klärung gefunden hat. Für HEGELMAIER war der Aufenthalt in
Urach von entscheidender Bedeutung. Die herrliche Pflanzenwelt der
schwäbischen Alp, an deren Fuss Urach liegt, steigerte sein bo-
tanisches Interesse um so mehr, als er in dem damaligen ihm ver-
wandten Oberamtsarzt T)r. FiNCKH einen vortrefflichen kenntnis-
reichen Floristen antraf, der ihm in der reichen Flora des Gebietes
ein kundiger Führer war.
Seine botanischen Neigungen liaben ihn wohl auch bestimmt, in
Tübingen statt der Theologie Medizin als Studium zu wählen. Er
wurde auf Grund einer physiologischen, auf ViERORDT's Veranlassung
Chr. Friedrich Hegelmaier. (;38)
entstandenen Arbeit („Die Atenibewegungen beim Hirndruck") 1857
zum Dr. med. promoviert. Die praktisch medizinische Tätigkeit hat
ihn aber offenbar wenig befriedigt. Denn nach kurzer Wirksamkeit
als Militärarzt in Ulm entschloss er sich, sich ganz der Botanik zu
widmen.
Da ihn die Morphologie vor allem anzog, wandte er sich nach
Berlin, wo ALEXANDER BRAUN damals eine umfassende Tätigkeit
entfaltete. Dort widmete sich HEGELMAIER im Jahre 1862 und
1863 speziell botanisch-morphologischen und systematischen Studien.
Der durch A. BRAUN vertretenen vergleichend morphologischen
Richtung ist er auch zeitlebens treu geblieben, was ihn, wie aus der
später folgenden Schilderung seiner Arbeiten hervorgehen wird, aber
nicht abg-ehalten hat, eine lange Reihe vortrefflicher entwicldungs-
geschichtlicher Untersuchungen auszuführen.
Bleiben wir indes zunächst bei seinen äusseren Lebensschick-
salen, so lassen sich diese in kurzen Worten darstellen.
Er habilitierte sich im Frühjahr 1864 in Tübingen und wurde
nach einigen Jahren ausserordentlicher Professor. Die Verdienste,
die er sich in seiner Lehrtätigkeit erworben hatte, wurden von der
Regierung und der Universität später durch seine Ernennung- zum
ordentlichen Honorarprofessor anerkannt.
Wenn die Lehrtätigkeit, die er neben MOHL, HOFMEISTER,
SCHWENDENER, PFEFFER und VÖCHTING ausübte, auch naturgemäss
nur einem kleineren Kreise vor Studierenden zugute kommen konnte,
so war sie doch eine sehr mannigfaltige, und umfasste sowohl die
reine als die angewandte Botanik, später speziell Forstbotanik. Er
war als Lehrer sehr gewissenhaft und gab eine sorgfältig ausge-
arbeitete Übersicht des von ihm behandelten Stoffes. Namentlich zu
der Zeit, als HOFMEISTER in Tübingen wirkte, waren speziell die
Anfänger für das von HEGELMAIER in klarer fasslicher Form Ge-
botene um so dankbarer, als ihnen die (an sich vortrefflichen) HOF-
MEISTER'schen Vorlesungen schwer verständlich waren. Ich erinnere
mich speziell mit Vergnügen einer Vorlesung über Kryptogamenkunde,
welche HEGELMAIER im Winter 1873/4 vor einem verhältnismässig
grossen Kreise von Zuhörern hielt. Er brachte dazu auch reichlich
Demonstrationsmaterial mit, was damals noch keineswegs allgemein
üblich war. Dass er seinen Zuhörern für die von ihm behandelten
Dinge Literesse einzuflössen wusste, dürfte auch daraus hervorgehen,
dass er im Sommer eine Vorlesung von (5 — 7 Uhr Morgens ab-
halten konnte, ein Versuch, der wohl nicht jedem und nicht überall
glücken würde!
Dass er, der gründliche Kenner der Flora Mitteleuropas, keine
botanischen Exkursionen abhielt, war wohl in seiner Scheu vor
allem in die Öffentlichkeittreten begründet. Es ist dies sehr zu
(34) K- GOEBEL:
bedauern, denn gewiss wären ihm viele dafür dankbar gewesen. Die
Studierenden, welche ihn aufsuchten, suchte er aber auf alle Weise
durch Rat und Tat zu fördern. Botanische Arbeiten durch Schüler
ausführen zu lassen, aber war ihm schon deshalb nicht möglich, weil
er keine Institutsräume zur Verfügung hatte; er führte alle seine
Arbeiten zu Hause aus, wo er auch seine umfangreichen Sammlungen
aufbewahrte, die er durch zahlreiche Reisen, namentlich in die
Alpen und nach Südeuropa (Spanien, die Balearen, usw.) be-
reicherte. Die anwachsenden Sammlungen waren wohl auch mit ein
Grund dafür, dass er sich an einem schön gelegenen Platze (am
Osterberg) ein eigenes Heim errichtete, über dessen Türe ein für
seine ganze Lebensauffassung charakteristischer Spruch „Bene vixit^
qui bene latuit" angebracht ist. Hier gingen verschönt durch ein
sonniges glückliches Familienleben und unermüdliche Arbeit die
Jahre vorüber.
Es sei versucht, seine Forschertätigkeit hier in ihren wesentlichen
Zügen kurz zu schildern.
Als Frucht des Berliner Aufenthalts ist zunächst die „Mono-
graphie der Gattung Callitriclie'-^ zu bezeichnen. Sie hat die Kenntnis
dieser interessanten Gattung zweifellos sehr gefördert und enthält
eine Menge anatomischer, entwicklungsgeschichtlicher und syste-
matischer Beobachtungen, z. B. den Nachweis der terminalen Ent-
stehung des einzigen Staubblattes der männlichen Blüten, die Auf-
klärung über die angeblichen Zwitterblüten, Betrachtungen über
Land- und AYasserformen u. A. Ton theoretischen Erörterungen
hält sich diese Abliandlung ferne.
Mehr treten diese hervor in der grossen Monographie der
Lemnaceen, einer Gruppe, mit welcher sich HEGELMAIER auch später
noch wiederholt beschäftigt hat.
Die Veranlassung dazu gab die durch A. BRAUN gewünschte
Bearbeitung der von WelWITSGH im westlichen Südafrika ge-
sammelten Lemnaceen.
Wie sehr die HEGELMAIER"sche Monographie als grundlegend zu be-
trachten ist, zeigt die Tatsache, dass z B. ElCHLER in seinen Blütendia-
grammen sich ganz auf sie stützte. Auch inspäterenBearbeitungenkehren
HEGELMAIER's vortreffliche Abbildungen stets wieder und man kann
wohl sagen, dass in den fast 40 Jahren, die seit dem Erscheinen
dieser Monographie vergangen sind, etwas tatsächlich Neues von
grösserer Bedeutung kaum dem von HEGELMAIER Beobachteten hin-
zugefügt worden ist — ein Beweis dafür, wie sorgfältig und ein-
gehend seine Untersuchungen gewesen sind.
Die theoretischen Auffassungen über den Aufbau der Lem?iacee?iy
zu denen HEGELMAIER gelangte, haben nicht allgemein Anklang ge-
funden, auch der Verfasser dieser Zeilen konnte sich ihnen nicht
Chr. Friedrich Hegelm.ajer. (35)
anscliliessen. HeGELMAIER ging von der Aiinalinio aus, dass die
vegetativen Teile von Wolffia und Lemna blattlose sich von dem
gewöhnlichen radiären Typus ableitende Axen seien, während bei
Spirodela an jeder Axe wahre Blätter auftreten. Diese Annahme zu
(Trunde legend suchte er hypothetisch den Aufbau des Yegetations-
körpers auf das gewöhnliche Schema der Angiospermen zurückzuführen,
ganz im Geiste der BßAUN'schen Morphologie. Wenn auch seine Dar-
leguno-en nicht als überzeugend betrachtet werden können, so sind sie
doch gewiss ein berechtigter und eingehend durchgearbeiteter Yersuch
einer theoretischen Zurechtlegung der beobachteten Tatsachen. Ein
so hervorragender Morphologe wie ElCHLER hat später, gleichfalls auf
dem Boden der idealistischen Morphologie stehend, eine andere
Deutung versucht, sagt aber selbst: „Indes gestehe ich, dass mir die
oanze Deutung immer noch zu künstlich und verwickelt erscheint
und dass ich «erne eine einfachere annehmen möchte, nur weiss ich
zurzeit keine solche zu finden".')
Es ist hier nicht der Ort, die späteren A^ersuche einer solchen
einfachen Deutung zu besprechen, zu denen namentlich die Er-
kenntnis geführt hat, dass die Organbildung auch der Samenpflanzen
weniger starren Rezepten folgt, als die idealistische Morphologie sie
angenommen hatte. Jedenfalls aber war, wie nochmals betont sei,
der Yersuch, auch die Gestaltung der Lemnnaceen theoretisch auf
diese Regeln zurückzuführen, ein durchaus berechtigter und von
HEGELMAIER scharfsinnig durchgeführter. Er war sich des hypo-
thetischen Charakters seiner Deutung übrigens wohl bewusst, und
hat später nicht gezögert, die Änderung seiner Anschauungen, nicht
ohne eine »ewisse Resignation hervorzuheben.
1895^) sagt er: „Hiermit ist denn auch gewissermassen schon
ausgesprochen, dass die Aufgabe, die gesamte Art und Weise, wie
die Sprossung bei den verschiedenen Gattungen der Lemnaceen ge-
regelt ist, verständlich zu machen, wesentlich auf dem Gebiete der
Phylogenie liegen würde, und eben aus diesem Grunde der feste
Boden für ihre befriedigende Lösung fehlt. Diese Entwicklungs-
prozesse auf bei beblätterten und ])lurilatoral gebauten Mono-
kotyledonen verbreitete Regeln zurückzuführen, kann ja mittelst
gezwungener Hypothesen versucht werden, und es ist ein solcher
A'ersuch von mir früher auf der Grundlage damaliger Anschauungen
gemacht worden, ohne dass jetzt noch für diese Bestrebungen eine
reelle Bedeutung in Anspruch genommen werden könnte, aber auch
ohne dass, so weit mir bekannt, erfolgreichere Yersuche in gleicher
1) Eichler, Blütcndiagiammc I. S. 78.
■2) Sjstcmat. Übersicht der Lemnaceen in Enjjlcrs Jahrb. XXI Bd. S. 274 1895.
S. 294,
(36)
K. GOEBEL:
Richtung zu Tage getreten wären, sei es auf der Basis älterer
morphologischer Methoden, sei es auf anderem Wege." In diesen
vor einer aufrichtigen Selbstkritik nicht zurückscheuenden Worten
spiegelt sich die Erkenntnis der Veränderungen, welche in den mor-
phologischen Anschauungen sich vollzogen haben. Wenn HEGEL-
MÄIER sich nicht entschliessen konnte, die mit anderen Tatsachen
harmonierende Auffassung der Lenmaceen-^Yiederung, welche z. B. an
dem unten^) angeführten Orte dargelegt wurde, zu acceptieren, so ist
dies wohl in einer Nachwirkung der früheren Auffassung begründet,
welche er zwar als künstlich erkannt hatte, aber doch nicht gerne
durch eine radikale Änderung ersetzen wollte.
Im Anschluss an die genannten Untersuchungen mögen hier zwei
andere entwicklungsgeschichtliche Arbeiten erwähnt werden, die
gleichfalls theoretisch sehr verschieden aufgefasste Gestaltungsver-
hältuisse betrafen: die über die Blütenentwicldung von Fota-
mogeton und die bei den Salicineen. Sie ergaben eine Anzahl interessanter
Tatsachen: so die Beziehungen zwischen Perigon- und Staubblättern
von Potamogeton^ die terminale Entstehung der obersten Braktee der
Kätzchen von >S. viminalis^ blattbürtige Bildung der Blüten, dorsiven-
trale Ausbildung derselben bei S. pentandra u. A. Für die syste-
matische Gruppierung der Salicineen Hessen sich dabei zwar keine
sicheren Anhaltspunkte gewinnen, aber HegELMAIER's Ansicht, dass
ihre Verwandtschaft mit den Cupuliferen^ Betulineen usw. eine nur
sehr entfernte sei, ist auch durch spätere Untersuchungen nahe ge-
legt worden.
Eine Reihe von Untersuchungen HeGELMAIER's, welche in der
botanischen Zeitung veröffentlicht sind, beschäftigt sich mit der
Entwicklungsgeschichte der Lijcopodien. Es waren diese damals
verhältnismässig noch wenig untersucht; fast gleichzeitig mit
HegelMAIER's erster Arbeit erschienen dann die wertvollen Unter-
suchungen StRASBURGER's in dessen grossem Coniferenwerke.
HegelMAIER's Untersuchungen erstreckten sich auf die Ana-
tomie und Morphologie europäischer Lycopodien. Von Interesse
war u. a. der Nachweis, dass der Zentralcylinder der niederliegenden
Sprosse von L. clavatum, anotinum u. a. eine dorsiventrale Struktur
aufweist, auch dann, wenn diese äusserlich nicht zur Geltung kommt.
Es wurde sodann das damals noch weitverbreitete Scheitelzellaxiom
bekämpft, Blattentwicklung und Verzweigung eingehend untersucht.
HeGELMAIER gelangte dabei zu dem Resultate, dass keine axilläre
Verzweigung vorliege, aber auch nicht immer eine strenge Dichotomie
eintrete, ein prinzipieller Gegensatz zwischen monopodialer und
1) Goebel, pflanzenbiülog. Schilderungen II, 2 (1893) S. 274 ff.
Chr. Friedrich Hegelmaier.
(37)
gabeliger Verzweigung (wie er damals vielfach angenommen wurde)
sei überhaupt nicht vorhanden. Auch bei Isoetes wurden in einer
späteren Arbeit die Fragen nach der Zellenanordnung im Scheitel, der
anatomischen Gliederung usw. geprüft, und namentlich auch die
Entstehung der Sporangien untersucht, wobei HEGELMAIER für
Selaginclla spinulosa einen blattbürtigeii Ursprung der Sporangien
nachzuweisen suchte.
In demselben Jahrgange (1874) der botanischen Zeitung findet
sich eine andere ausführliche Abhandlung HeGELMAIER's, die zu
einem w^eiteren Hauptgebiete seiner Tätigkeit überleitet, dem der
Embryo- und Samenentwicklung.
HansTEIN's Arbeiten über Embryoentwicklung hatten eine
spezielle Analyse des Zellenaufbaues, der Herkunft der Wurzel, des
Verhältnisses der Kotyledonar- und Stammknospenbildung gebracht,
und namentlich auch die Theorie vom Vorhandenensein dreier
gesonderter Meristeme im Vegetationspunkt durch Untersuchung
der Embryobildung zu stützen versucht. HEGELMAIER unterzog
sich der Aufgabe, alle diese Fragen auf einer breiteren Basis zu
prüfen. Es schwebte ihm dabei die Möglichkeit vor, dass diese
Untersuchungen auch der Systematik zu Gute kommen und namentlich
für die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Monokotylen und
Dikotylen bedeutsam werden könnten. Er untersuchte deshalb
zunächst die Entwicklung einer grösseren Anzahl von Monokotylen,
später auch von Dikotylen; die Resultate der letztgenannten Unter-
suchung legte er in einem besonderen Werke nieder. Diese Unter-
suchungen waren bei dem damaligen Stande der mikroskopischen
Technik — lange vor der Einführuno; des Mikrotoms und der neueren
Färbemethoden — ausserordentlich mühsam und zeitraubend. Sie
konnten nur von jemand ausgeführt werden, der wie HEGELMAIER
der Hauptsache nach Herr seiner Zeit und nicht mit der Abhaltung
von Prüfungen, praktischen Übungen und dergleichen belastet war.
Als wichtigere Resultate seien hier folgende angeführt. Die
Tatsache, dass bei verschiedenen Monokotylen (Sparganium^ Triticum,
Pistia u. a.) auch die dem Kotyledo folgenden Blätter „relativ terminal"
sind, d. h. ohne dass ein gesonderter Sprossvegatationspnnkt vor-
handen neue angelegt werden, ist mehrfach (z. B. von CelAKOWSKY)
für die Erörterung des Verhaltens von Blattbildung und Sprossachse
benutzt worden. Xamentlich aber ergab sich, dass das HANSTEIN'sche
Schema der Embryoentwicklung keineswegs eine allgemeine Giltigkeit
besitzt. Ms wird bezüglich des Zellenaufbaues des Embryos innerhalb
eines Verw^andtschaftskreises keine strenge Regelmässigkeit eingehalten,
die Verfolgung des Zellenaufbaus des Embryos lässt sich also nicht zu
systematischen Schlüssen verwenden. Auch die Dikotylen mit einem
(38)
K. GOEBEL:
Kotyledo ((Jarum Bulbocastanum u. a.) sind nach HegeLMAIER
nur pseudomonokotyl, ihr Verhalten ist auf Verkümmerung des einen
Kotyledone zurückzuführen.
An diese allo-emeinen Ero-ebnisse schlössen sich zahlreiche andere
Einzelforschungen an, so die Abhandlungen über Endospermbildung,
partielle Abschnürimg und Obliteratiou des Embryosackes, über
konvolutive Kotyledonen, Polyembryonie von Allium odonim und
Euphorbia dulcis u. a Alle diese Abhandlungen haben auf diesem
schwierigen Gebiete eine wesentliche Bereicherung unserer Kennt-
nisse gebracht; mit Recht konnte ENGLER HEGELMAIER's „ver-
gleichende Untersuchungen dikotyledoner Keime" neben den Arbeiten
Strasburgers über Befruchtung und Zellteilung als die wesentlichste
Bereicherung, welche der Embryologie der Phanerogamen damals zu
Teil wurde, bezeichnen. Als allgemeines Resultat ergab sich auch
eine Bestätigung der Anschauung, dass die spezielle Gestaltung des
Zellengerüstes eine Folge, nicht eine Ursache des Wachstums sei.
Schon oben wurde erwähnt, dass HEGELMAIER auch floristische
Studien eifrig betrieb.
Für die Kenntnis der Moosflora grundlegend waren seine Unter-
suchungen über die Moosvegetation des schwäbischen Jura, die er sowohl
w^as Laub- als auch Lebermoose anbelangt, gründlichst untersucht
hatte.
Noch seine letzte Arbeit über die Alchimillen des schwäbischen
Jura (1900) zeigt, wie er, vom Alter ungebeugt, als Forscher wie
als Sammler den Fortschritten der Wissenschaft folgte und sie
weiter zu fördern suchte.
Die hier aeoebene kurze Übersicht über die wissenschaftliche
Tätigkeit HEGELMAIER's kann nur im allgemeinen die Gebiete be-
zeichnen, auf denen er sich mit unermüdlichem Eifer und rastlosem
Fleisse bewegte. Suchen wir zum Schluss noch das Charakteristische
seiner Persönlichkeit hervorzuheben.
Im Äussern zeigte er echt germanischen Typus. Er war ein
unermüdlicher Wanderer und vortrefflicher Bergsteiger. In seinem
Wesen hatte er das gegen aussen Zurückhaltende, fast Herbe, das
dem schwäbischen Stamme nicht selten eigen ist. Allem Sichvor-
dräno-en und Sich2:eltendmachen war er abhold. Wer ihn näher
kennen lernte, musste von der Aufrichtigkeit, Idealität und Liebens-
würdigkeit seines Wesens sich aufs Stärkste angezogen fühlen.
Diese trat namentlich in seinem häuslichen Kreise hervor, in dem
er auch als vortrefflicher Erzähler seine Reiseerlebnisse zu schildern
wusste.
Ein schwerer Schlag war für ihn der Verlust seiner durch Geist
Avie Gemüt gleich ausgezeichneten Frau, mit der er fast 40 Jahre in
glücklichster Ehe verbunden war. Eine treu um ihn besorgte
CHE, Friedrich Hegelmaier. (39)
Tochter hat ihm die letzten Jahre seines Lebens zur Seite gestanden,
wie er auch seinerseits seinen Kindern ein ungemein liebevoller
Vater war.
Äussere Anerkennung hat er nie gesucht, sie ist ihm auch nur
spärlich zuteil geworden. Eine besondere Freude aber war ihm die
Feier seines 70. Geburtstages, welche die deutsche botanische Ge-
sellschaft veranstaltete. Sie zeigte ihm, wie viele seiner Fach-
o-enossen seine Lebensarbeit im Dienste der Wissenschaft hoch-
schätzten.
Ein stilles und anspruchsloses aber doch ein glückliches und
fruchtbares Leben ist ihm vergönnt gewesen.
Yerzeichnis der Verötfeutlichuugen.
1. Monographie der Gattung CaUitriche mit 4 Tafeln, Stuttgart ISlU.
2. Die Lemiiacceii, eine monographische Untersuclmng mit 16 Tafeln. Leipzig 1S65.
3. Über androgyne Blütenstände von Salix ;\Yüi-ttPmbcrgische naturwissenschaft-
liche Jahreshefte. 22. Jahrg.) 1866.
4. Über die Entwickelung der Blütenteile von Potamoyeton (Bot. Zeit. 1870).
5. Über einige Samenknospen. Ebendaselbst.
6. Über verschiedene Entwickelungs-Erscheinungen an jugendlichen Teilen einiger
Wassergewächse. Bot. Zeit. 1871.
7. Über die Fructifikationsteile von Spirodeln. Ebendaselbst.
8. Zur Morphologie der Gattung Li/copodiitm. Bot. Zeit. 1872.
9. Zur Kenntnis einiger Li/copodinen. Bot. Zeit. 1874.
10. Über Bau und Entwickelung einiger Cuticulargebilde (Jahrb. für wissensch.
Botanik. Bd. IX).
11. Zur Entwickelungsgeschichte monokotyledoner Keime nebst Bemerkungen über
die Bildung der Samendeckel. Bot. Zeit 1874.
12. Über die Moosvegetalion des schwäbischen Jura (Württembergische Jahreshefte
1873).
13. Vergleichende Untersuchungen über Entwickelung dikotyledoner Keime. Mit
9 Tafeln, Stuttgart 1878.
14. Streifzüge in den Alicantiner Bergen. Österr. botan. Zeitschrift 1879.
15. Lemnaceae in Flora brasiliensis.
16. Zur Embryologie und Endospermentwickelung von Liipinus. Bot. Zeit. 1880.
17. Über aus mehrkernigen Zellen aufgebaute Dikotyledonen-Keimträger. Ebendas.
18. Über Blütenentwicklung bei den Salicineen mit 2 Tafeln (Vv''ürttemb. naturw.
Jahreshefte 1880).
19. Über den jetzigen Stand der Kenntnis der Moosvegetation des Vereinsgebietes.
Ebendaselbst 1884.
20. Untersuchungen über die Morphologie des Dikotyledonen-Endosperms mit
5 Tafeln (Nova acta der Ks. Leop.-Carol. deutschen Akademie der Natur-
forscher 1885).
21. Ifolffia niio-oscop/ca. Bot. Zeit. 1885.
22. Zur Eutwickeluugsgeschichte endospermatischer Gewebekörper. Bot. Zeit. 1886.
(40) L. KNY:
23. Abnormitäten einiger einheimischen diklinen Pflanzen mit 2 Tafeln. Württemb.
Jahreshefte des Vereins für vaterländ. Naturkunde 1887).
24. Über einige neuere Errungenschaften der Phytotomie. Ebendas. 1887.
25 Über den Keimsack einiger Compositcn und dessen Umhüllung. Bot. Zeit 1891.
26. Über partielle Abschnürung und Obliteration des Keimsacks (Ber. der d. botau.
Gesellschaft 1891.
27. Systematische Übersicht der Lemnaeeen (Englers Jahrbuch. 1895).
28. Über Orientierung des Keimes im Angiospermensamen. Bot. Zeit 1895.
29. Zur Kenntnis der Polycrabryonie von Allium odorum. Bot. Zeit 1897,
30. Über convolutive Kotyledonen (Ber. der deutschen batan. Gesellschaft 1899).
31. Über einen neuen Fall von habitueller Polyembryonie, Ebendas. 1901,
32. Zur Kenntnis der Polyembryonie von Euphorbia diilcis. Ebendas 1903,
33. Alchimillen des schwäbischen Juras (Württemb. Jahrcshefto des Vereins für
vaterl. Naturkunde 1906).
Carl Müller.
Von
L. KNY.
Am 13. Juni dieses Jahres wurde Professor Dr. CARL MÜLLEE,
Lehrer der Botanik an der Kgl. Gärtnerlehranstalt, Dozent an der
Kgl. Technischen Hochschule und Sekretär der Deutschen Botanischen
Oesellschaft nach kurzer Krankheit seiner Familie, seinen zahlreichen
Freunden und seinem ausgedehnten Wirkungskreise entrissen.
Der Entschlafene gehörte nicht zu jenen Bevorzugten, denen der
Lebensweg von der Wiege an geebnet ist. Was er erreicht hat,
musste er mit zähem Fleisse erkämpfen.
Am 20, November 1855 in Rudolstadt geboren, siedelte er als
einjähriges Kind mit seiner Familie nach Berlin über. Sein Vater,
welcher als Gürtlermeister dem ehrsamen Handwerk angehörte, er-
möglichte es, den begabten Knaben studieren zu lassen, obschon die
zahlreiche Familie von drei Knaben und vier Mädchen grosse An-
sprüche an ihn stellte. CARL MÜLLER besuchte die Friedrich-
Werdersche Gewerbeschule (jetzt Oberrealschule), wo er in allen
Klassen den ersten Platz einnahm. Seine ausgesprochene Neigung
zur Naturbeobachtung wurde durch seinen ihn überlebenden, von
ihm hochverehrten Lehrer, Professor LIEBE, wirksam gefördert.
Auf der Universität Berlin konnte er sich kaum ein Jahr der
Anregung ALEXANDER BrAUN's erfreuen, welchen der Tod schon
im Frühjahr 1877 dahinraffte. Neben dem Besuche der Yorlesungen
Carl Müller. (41)
musste Carl Müller einen grossen Teil seiner Zeit Privatstunclen
widmen, welche ihm die Mittel zum Lebensunterhalte verschafften.
Vom April 1878 bis ebendahin 1879 genügte er im Kaiser-Franz-
Grenadier - Regiment seiner Militärpflicht. Diese Abhaltungen
hinderten ihn nicht, die von der Berliner Philosophischen Fakultät
gestellte Preisaufgabe „Über die Pflanzengallen im weitesten Sinne
rles Wortes" zu lösen. Seine Bearbeitung wurde mit dem König-
lichen Preise gekrönt. Den Abschluss der Universitätsstudien
bildete die im Februar 1882 bestandene Prüfung pro facultate
docendi.
Carl Müller hatte die Absicht, sich dem Berufe als Lehrer
an einer Realschule zu widmen. Zu diesem Zwecke trat er als.
Probekandidat in die Louisenstädtische Realschule ein. Bald darauf
erwarb er an der Universität Berlin mit der Dissertation „IS^eue
Helminthocecidien und deren Erreger" den philosophischen Doktor-
grad. Später ist diese Abhandlung in erweiterter Form im Jahr-
o-ano-e 1884 der Landwirtschaftlichen Jahrbücher zum Abdrucke
gelangt
Zur Zeit, wo CARL MÜLLER seine Prüfung bestanden hatte^
waren die Aussichten für die Kandidaten des höheren Lehramtes
oanz besonders unoünstio-e. Vier Jahre hat er sich redlich bemüht,
in Berlin oder dessen Vororten eine feste Stellung zu gewinnen, die
es ihm ermöglicht hätte, die wissenschaftlichen Anregungen der
Reichshauptstadt weiter auf sich einwirken zu lassen. Nachdem sich
alle Versuche als vergeblich erwiesen hatten, entschloss er sich^
seinen Neigungen entsprechend, sich ganz der wissenschaftlichen
Tätigkeit zu widmen. Schon früher hatte er Herrn Professor
(42) I^- KNY:
PRINGSIIEIM als dessen Privatassistent hilfreichen Beistand bei seinen
Arbeiten geleistet und mich selbst bei der Herstellung einiger
Wandtafeln unterstützt. Im Oktober 1886 trat er in die Stellun«'
als Assistent am Pflauzenjjhysiologischen Institute der Universität
und am Botanischen Institute der Landwirtschaftlichen Hochschule
ein, welche er neun Jahre hindurch ohne Unterbrechung bekleidet
hat. Ich hatte während dieser langen Zeit Gelegenheit, die guten
Eigenschaften des Verstorbenen kennen und schätzen zu lernen.
Mein Verhältnis zu ihm war mehr das eines Freundes als das eines
A^orgesetzten. Er hat nicht nur seine Pflichten in gewissenhafter
Weise erfüllt, sondern war darüber hinaus jederzeit bereit, den
Praktikanten bei ihren Untersuchungen behilflich zu sein. So
mancher von ihnen wird ihm über das Grab hinaus dankbare
Erinnerung bewahren.
In die Zeit der Assistentenschaft fällt die Habilitation als Privat-
dozent an der Landwirtschaftliehen Hochschule: — eine Stellung,
welche CARL MÜLLER erst am 1. April 1906 niederlegte. Seine
Lelirtätigkeit beschränkte sich fast ganz auf die Bakteriologie, für
welche ein etatsmässiger Lehrstuhl damals noch nicht bestand. Mit
Vorträgen über dieses Gebiet beteiligte er sich auch an den Vor-
lesungen für praktische Landwirte, welche auch jetzt noch alljährlich
in der Landwirtschaftlichen Hochschule gehalten werden. Seine
erfolgreiche Lehrtätigkeit fand im Jahre 1896 durch Verleihung des
Professortitels die offizielle Anerkennung.
Professor MÜLLER hatte schon während seiner Assistenteuzeit
durch Verheiratung mit Fräulein MARIE BOEBE einen eigenen Haus-
stand gegründet, der am 30. Juli 1890 durch die Geburt des einzigen
Kindes, seines Sohnes ALFRED gesegnet wurde. Unter den ver-
änderten Verhältnissen waren die geringe Remuneration als Assistent
und die Erträge litterarischer Arbeiten nicht mehr ausreichend, den
erhöhten Bedürfnissen zu genügen. Er nahm deshalb im Jahre
1894 die Stellung als Vorstand der biologischen Abteilung der
Gesellschaft Urania an, welche er bis 1905, also 11 Jahre hindurch,
bekleidete. Seine Aufgabe bestand darin, die biologischen Säle zu
überwachen und im Winter wöchentlich einen Vortrag aus dem
Gebiete der Botanik oder Zoologie zu halten. Allen, welche ihn
dort hörten, wird sein freier, fesselnder Vortrag in angenehmster
Erinnerung sein. Unzweifelhaft hat er in hervorragender Weise
dazu beigetragen, das Interesse für die belebte Natur in weiten
Kreisen zu fördern.
Im Jahre 1895 wurde Professor MÜLLER als remunerierter
Dozent für Botanik an die Technische Hochschule in Charlottenburg
berufen. Es war ihm die Aufgabe gestellt, im Wintersemester eine
zweistündige Vorlesung über allgemeine Botanik, im Sommersemester
Carl Müller. C4H)
eine solche über spezielle Botanik zu halten und seine Zuhörer im
Gebrauche des Mikroskopes zu unterrichten. Der mikroskopische
Sommerkursus war der Untersuchung der Nahrungs- und Genuss-
mittel gewidmet. Für die praktischen Übungen stand kein wohl-
eiuo-erichtetes Institut, sondern nur ein langer Korridor zur A^er-
fügung, in welchem Tische und Mikroskope jeweils aufgestellt und
wieder fortgeräumt werden mussten. Erst im letzten Semester
\s'urden ihm zwei Zimmer überwiesen. Sein Zuhörerkreis bestand
vorwiegend aus solchen Studierenden, welche die Prüfung als
Nahrungsmittelchemiker ablegen wollten; er konnte also nach Lage
der Sache kein sehr grosser sein.
Am 1. Oktober 1903, nachdem Professor MÜLLER das 48. Lebens-
jahr überschritten hatte, ging endlich sein seimlicher Wunsch in
Erfüllung, in eine feste, etatsmässige Stellung einrücken zu können.
Die Königl. Gärtner-Lehranstalt, welcher er, so lange sie sich in
Wildpark bei Potsdam befand, schon seit sieben Jahren als
Hilfslehrer für Botanik und Mathematik angehört hatte, wurde
in ihr schönes, neues Gebäude zu Dahlem verlegt. ^lit dieser
räumlichen Änderung w^nr eine Neuorganisation auf breiterer
Grundlage verbunden. Professor MÜLLER wurde fortan von dem
Unterrichte in der Mathematik entlastet, und es w^urde ihm
die Stellung als Vorsteher der pflanzenphysiologischen Abteilung-
übertragen. Er hatte sich von jetzt an schöner, zweckmässig ein-
gerichteter und gut ausgestatteter Räume und der Mitwirkung eines
Assistenten zu erfreuen. Die Erwartung, dass diesen günstigen Yor-
bediniiungen für eine rege Forschertätigkeit sich baldige Erfolge
anschliessen würden, sollte sich nicht erfüllen, da die begonnenen
Untersuchuno'en durch den Tod unterbrochen wurden. Wie ich
höre, sind die vorgefundenen Aufzeichnungen nicht derart, dass sie
für eine Veröffentlichung reif sind. Als Lehrer aber hat Professor
MÜLLER nach dem Zeugnis des Herrn Direktor ECHTERMEYER in
hohem Maasse anregend gewirkt und seine Zuhörer über das Maass
dessen, w^as das offizielle Programm vorschreibt, für die wissen-
schaftlichen Fragen der Botanik erwärmt.
Um das Bild unseres heimgegangenen Freundes zu vervoll-
ständigen, müssen wir seiner Tätigkeit noch nach drei llichtungen
folgen: als Sekretär der Deutscheu Botanischen Gesellschaft, als
Mitglied der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft und als Vor-
stand der Berliner Turnerschaft
Das Sekretariat der Deutschen Botanischen Gesellschaft, das er
während voller 17 Jahre ohne Unterbrechung verwaltet hat, übernahm
er im Jahre 1890 als Nachfolger des nach Bern berufenen Professors
TSCHIRCH. Das Amt ist ein sehr arbeitsreiches und erfordert einen
hohen Grad von Sachkenntnis und Sorgfalt. Es gilt nicht nur, die
(44)
L. Kny:
Korrespondeuzeu mit deu Mitgliedern zu erledigen, sondern vor
allem die von der Gesellschaft herausgegebenen Berichte zu
redigieren, welche nach dem Reglement vor der jeweilig nächsten
Sitzung im Druck erscheinen sollen. Was dies bedeutet, wird jeder
ermessen können, welcher bei Herausgabe eines Sammelwerkes
genötigt ist, sich auf die Zuverlässigkeit zahlreicher Mitarbeiter zu
verlassen. Man wird dem Verstorbenen das Lob nicht versagen
können, dass er seine Aufgabe in musterhafter Weise gelöst hat.
Wenn die Generalversammlungshefte weniger pünktlich erschienen,
als die monatlichen Sitzungsberichte, so liegt, wie ich vermute, die
Schuld weniger an ihm als an der Saumseligkeit mancher Autoren,
Der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft hat Professor
MÜLLER seit dem Jahre 1891 ununterbrochen als Ausschussmitglied
angehört und hat, besonders in den ersten Jahren, zahlreiche Vor-
träge in ihren Sitzungen gehalten. Wie sehr seine Beziehungen zur
Pharmazie ihm am Herzen lagen, zeigte die Ausarbeitung seines
Hauptwerkes, der „Medizinalflora", welche im Jahre 1890 bei
Julius Springer in Berlin erschien. Sie gibt Zeugnis von seinem
grossen Fleisse und der allseitigen Beherrschung des reichen Stoffes.
In wie hohem Maasse Professor MÜLLER als Vorsitzender der
Berliner Turnerschaft sich die Liebe und Anerkennung seiner
A^ereinsgenossen erworben hat, ist in mehreren ihm gewidmeten
Nachrufen zum Ausdrucke gelangt. Schon als Knabe war er in die
Jugendabteilung der Berliner Turnerschaft eingetreten und hatte es
bald zum Vorturner und zum Leiter der 13. Jugendabteiluug ge-
bracht. Als reifer Mann fand er auf dem Turnboden Erholung von
ano-estreno-ter seistioer Tätio-keit. A^or sechs Jahren wurde er zum
Vorsitzenden der Berliner Turnerschaft erwählt — ein Ehrenamt,
das er bis zu seinem Tode verwaltete. Wie hoch seine Wirksam-
keit eingeschätzt und wie schmerzlich sein Verlust empfunden wurde,
zeigte sich in der wahrhaft grossartigen Teilnahme bei seiner
Beerdio;ung. Die Turnerschaft hat es sich nicht nehmen lassen, ihre
Kosten zu be'streiten.
Von äusseren Anerkennungen, welche CARL MÜLLER zuteil
wurden, ist die wichtigste die im Jahre 1892 erfolgte Ernennung
zum Mitgliede der Kaiserlich Leopoldinisch - Carolinisch - Deutschen
Akademie der Naturforscher. Schon vorher (1883) war er zum
Ehrenmitgliede der Gesellschaft naturforschender Freunde in Berlin
ernannt worden. Im Jahre 1891 erfolgte seine Wahl zum Ehren-
mitgliede des Gartenbauvereins in Potsdam.
Das Maass von Zeit und Arbeit, das CARL MÜLLER der Berliner
Turnerschaft widmete, erklärt vielleicht zum Teil die Tatsache, dass
er auf seinem nächsten Arbeitsgebiete als Forscher in deu letzten
Jahren nicht mehr so produktiv war, wie man nach seiner glücklichen
Carl Müller. (45)
Veranlagung und nach seinen reichen Kenntnissen hätte erwarten
sollen. Eine gerechte Beurteilung wird aber die schwierigen Ver-
hcältnisse nicht unberücksichtigt lassen, unter denen der frische,
arbeitslustige Jüngling sich zum reifen Manne entwickelt hatte.
Erst wenige Jahre vor seinem Tode war es ihm beschieden, eine
o-esicherte Lebensstellung zu erreichen. Manch' Anderem würden
die Kräfte versagt haben, bis dahin auszuharren. Er aber hat, bis
die tückische Krankheit ihn niederwarf, seine Freude an der Arbeit
voll bewahrt, hat, mit hervorragender Lehrbegabung ausgestattet,
die Liebe zu seiner Fachwissenschaft nicht nur bei den Studierenden
dreier Hochschulen mächtig gefördert, sondern auch durch seine an-
ziehenden populären Vorträge in weitesten Kreisen verbreitet und
vertieft und war stets bereit, wo seine Mitwirkung erbeten wurde,
helfend und fördernd einzutreten. Wenn der Wert eines Menschen
nicht nach blendenden äusseren Erfolgen, sondern nach dem be-
messen wird, was er seinen Mitmenschen war, wird der Name
unseres CARL MÜLLER stets mit Hochachtung genannt werden.
Verzeichnis der Arbeiten von Carl Müller.
(Zusammengestellt von W. WÄCHTER.)
1876. Über einige Formen von Osmunda regalis L. (B. V. Brdb. 1876. S. 123-125).
1877. Monströse Blütenbildung von Aqrostemma Githayo L. (Ber. d. bot. Ver.
der Provinz Brandenburg, S. 101 )
Über die Pflauzengalb'n im weitesten Sinne des Wortes. — Preisarbeit.
Fasciationserscheinung und Doppelblüte an einer Gymnadenia conopea (L).
(B. Ber. B V. Brdb. 1877. S. 103—105)
Über eine Phytoptiis-Galle auf Lysimac/iia vulgaris L. und das sie hervor-
rufende Tier. (Ber. d. bot. Ver. d. Prov. Brandenburg. S. 105 113.)
1880. Einige Bemerkungen über die von Anguillulen auf Achillaea erzeugten
Gallen. (Bot. Centralbl. 188'», S. 187.)
Phytoptus auf Sedum reflexum. (Bot. Centralbl. 1880, S. 349.)
1881. Zwei ungarische Pflanzengallen. (Rot. Centralbl. 1881, S 212.)
Deutsche Übersetzung der Botanischen Mikrochemie von V. A. POULSEN
(aus dem Dänischen).
1883. Meine Stellung zur Frage von den Spermamöben der Saprolegnien. (Botan.
Centralbl 1883, S. 125 ff.)
Neue Helminthocecidien und deren Erzeuger. Doktordissertation.
Mitteilungen über die unseren Kulturpflanzen schädlichen, das Geschlecht
Heterodera bildenden Würmer. (liandw. Jahrb. 1883 S. 1).
1884. Bemerkungen zu meiner Dissertation und deren Abdruck in Thiel's Landw.
Jahrb. (Ber. der deutsch, bot. Ges. 1884 S. 221.)
Über Dimorphismus der Blüten von Sambucus australis Cham, et Schldl.
(Ber. der deutsch bot. Ges. 1884 S. 452.)
Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXV. /4^
(46): L- Kny: Carl Müller,
1884. Übersicht der morphologischen Verhältnisse im Aufbau des in einem grossen
Teil von Südamerika vorkommenden Sainbucus australis. (Ber. der Ges.
naturf. Freunde in Berlin 1884 S. 189.)
Über den Bau der Ausläufer von Saijittaria sagittlfoUa L. (Ber. der Ges.
naturf. Freunde in Berlin 1884 S. 165).
Caprifoliaceae, Valerianaceae, Calycerae in Flora hrasiliensis, S. 332 — 359.
1887. Nachruf für AUG. WiLH. ElCHLER. (Bot. Centralbl., Bd. 81 u. 32.)
1888. Über phloemständige Sekretkanäle der Umbelliferen und Araliaceen. (Ber.
der deutsch, bot. Ges. 1888 S. 20).
Über den Bau der Kommissuren der Equisetenscheiden. (Pringsheevi's
Jahrb. für wiss. Bot., Bd. XIX (mit 5 Tafeln) S. 497.)
1889. Der Begriff „Pflanzengalle" in der modernen Wissenschaft. (Naturwiss.
Wochenschrift, Bd. IV, 1889 S. 52 >.
Euphorbiaceen in POTONIE's illustrierter Flora von Nord- und Mittel-
deutschland 1889, Berlin, JUL. SPRINGER.
1890. Medizinalflora. Eine Einführung in die allgemeine und angewandte Morpho-
logie uud Systematik der Pflanzen. Berlin, JuL. SPRINGER.
Ein Beitrag zur Kenntnis der Formen des Collenchyms. (Ber. der deutsch.
bot. Ges. 1890 S. 150.)
Über die Balken in den Holzelementen der Coniferen. (Ber. der deutsch.
bot. Ges. 1890 S. 17.)
Über ein fettes Öl aus Lindensamen. (Ber. der deutsch, bot. Ges. 1890 S. 372.)
Das Vorkommen freier Gefässbündel in den Blattstielen kräftiger Umbelli-
feren sowie Compositen. (Ber. der Gesellsch. naturf. Freunde zu
Berlin 1S90 S. 131.)
Das Diagramm der Blüte von Aesculus Hippocasianum L, (Bot. V, Brdb.
1890 S. IX.)
Über die von der Lage zum Horizonte beeinflusste Stellung zygomorpher
Blüten. (B. V. Brdb. Ib90 S. IX.)
1891. Albinismus bei Lathraea squamaria. (Deutsche bot. Monatsschrift 1891.)
Über die Einführung der Begriffe „Molekularwertigkeit" und „Molekular-
koeffizient" und ihre Bedeutung für die molekulare Energie. (Ber. der
Pharm Ges., Berlin 1891 S. 1.)
Zur Praxis der Herstellung kleiner Mengen von Lösungen bestimmten
spezifi.schen Gewichtes. (Ber. der Pharm. Ges. 1891 S. 247.)
Über Dammar und Dammar liefernde Pflanzen. (Ber. der Pharm. Ges. 1891S. 1.)
1892. Diskussion über Pharmakopöefragen, a) Oortex und Radix, b) Seeale cornutum
(Ber der deutsch. Pharm. Ges. 1892 S. 348).
1893. Zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Polypodiaceensporangiums.
(Ber. der deutsch, bot. Ges. 1893 S. 54.)
C. MÜLLER und H. POTONIE, Botanik. Berlin,
Kritische Untersuchungen über den Nachweis maskierten Eisens in der
Pflanze und den angeblichen Eisengehalt des Kaliumhydroxyds. (Ber,
der deutsch, bot, Ges. 1893 S. 252.)
, Über das Wachstum der Pollenschläuche in den Narbenpapillen der
Silenaceen. (Ber. der deutsch. Pharm. Ges. 1893 S 266.)
1894. Zur Geschichte der Physiologie und der Kupferfrage. (Zeitschr. für Pflanzen-
krankheiten 1894 S. 142.)
Über die Unterscheidung der für die Nahrungsmittelbotanik in erster Linie
wichtigen Stärkearten. (Ber, der Vers, deutscher Naturforscher und
Ärzte 1894.)
Die wichtigsten Verzweigungssysteme, (Ber. der deutsch. Pharm, Ges. 1894
S, 171.)
J. BEHRENS: RUDOLF AdERHOLD. (47)
Über einige neue botanische Modelle als Hilfsmittel für den Unterricht.
(Ber. d. deutsch. Pharm. Ges. 1894 S. 117.)
Historisches zur Frage nach dem Eisen in seiner Beziehung zur Pflanze.
(Hedwigia, Bd. XXXIII, 1894.)
Wirken und Schaffen der Pflanzenwelt. (Sammlung populärer Schriften der
Urania 1894.)
Über die Methode der Untersuchung von Getreidefrüchten. (Ber. der Pharm.
Ges. 1894 S. 1 u. 2.)
Erläuterung BRENDEL'scher Modelle: Die Reproduktionsorgane von Mar-
chantia polymorpha L. Berlin. R. BRENDEL, Verlagsanstalt für Lehr-
mittel.
1895. Die Laubmoose. ENGLER- Prantl, Natürl. Pflanzenfamilien S. 142.
189G. Blitzschläge in Beziehung zu Boden und Baumbestand, („Himmel und Erde",
illustr. naturw. Monatsschrift, herausgegeben von der Ges. Urania,
S. 171.)
Die Entwicklung des Hühnchens im Ei. (.,Himmel und Erde" S. 403 ff. (mit
10 Abbildungen.)
1897. Die Entwicklung der ßrutkörper von Aulacomnium androgynum (L.) Schwägr.
(Ber. der deutsch, bot. Ges. 1897 S. 279.)
Über die Einlagerung von Cellulose in die Cellulosewand lebender PÜanzen-
zellen. (Ber. der Pharm. Ges., Berlin 1897 S. 11.)
1901. Die elektrotechnische Industrie. („Himmel und Erde" 1901 S. 511—521.)
190G. Mitteilung über HjmpnophjUum aus Luxemburg. (Verhandig. des botan.
Vereins der Prov. Brandenburg, 190G S. XXVII.)
Referate in JuST's botan. Jahresbericht über die Morphologie der Gewebe, 1883
bis 1886; über die Schädigung der Pflanzenwelt durch Tiere, 1883—1885;
über die Morphologie und Physiologie der Zelle, 1887 — 1889,
Rudolf Aderhold.
Von
J. BEHRENS.
Am Morgen des 17. März 1907 schied unerwartet in den besten
Jahren RUDOLF AdeRHOLD, Mitglied der Gesellschaft seit dem Jahre
1893, aus dem Leben.
Geboren am 12. Februar 1865 zu Frankenhausen in Thüringen,
besuchte RUDOLF FERDINAND THEODOR ADERHOLD zunächst das Real-
gymnasium seiner Vaterstadt. Ostern 1882 trat er in die Prima des
Realgymnasiums zu Nordhausen ein und erlangte an diesem zu
Ostern 1884 unter Befreiung von der mündlichen Prüfung das Reife-
zeugnis. An der Universität Jena widmete er sich dann dem Studium
(4*)
(J:8)
J. Behrens :
der Naturwissenschaften, insbesondere der Botanik. Seine Lehrer in
diesem Fache waren BÜSGEN, DeTMER und insbesondere STAHL.
Das Wintersemester 1885/86 brachte ADERHOLD an der Universität
Berlin zu, wo ElCHLER und SCHWENDENER seine botanischen Lehrer
waren, und wo er auch in SCHWENDENERs Institut arbeitete. Zu
Beginn des Sommersemesters 1886 kehrte er bereits wieder nach
Jena, dem er zeitlebens treue Anhänglichkeit bewahrte, zurück, um eine
von Stahl ihm angebotene Assistentenstelle am botanischen Institut
zu übernehmen. Diese bekleidete er bis zum Ende des Winter-
semesters 1887/88. Neben der Erfüllung seiner dienstlichen Obliegen-
heiten fand er noch Zeit zu einer eigenen wissenschaftlichen Arbeit,
die unter dem Titel: Beitrag zur Kenntnis richtender Kräfte bei der
Bewegung niederer Organismen, in der Jenaischen Zeitschrift für Natur-
wissenschaften erschien, und auf Grund derer er am 9. April 1888
magna cum laude zum Doktor der Philosophie promoviert wurde. Nach
Niederlegung der Assistentenstelle bereitete sich ADERHOLD in Jena
auf die Prüfung für das höhere Lehramt vor, die er am 23. Fe-
bruar 1889 bestand. Vom 1. April 1889 bis 31. März 1890 genügte
er seiner Militärpflicht als Einjährig-Freiwilliger im 7. Königl. Säch-
sischen Infanterie-Regiment Prinz Georg No. 106 in Möckern bei
Leipzig und trat dann in den Preussischen höheren Schuldienst ein.
Ton der vorgeschriebenen Yorbereitungszeit w^urde das Seminarjahr
am Realgymnasium Iserlohn von Ostern 1890 bis Ostern 1891 zurück-
gelegt und das Probejahr zu Ostern 1891 am Realgymnasium Dort-
mund begonnen. Da trat die Einladung WORTMANN s an ihn heran,
eine Assistentenstelle an der pflanzenphysiologischen Versuchsanstalt
der Königl. Lehranstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau zu Geisen-
lieim a. Rh. zu übernehmen. Seiner alten Vorliebe für die Botanik
folgend, trat er am 12, August 1891 diese Stellung an, vollendete
jedoch den Vorbereitungsdienst für das höhere Lehrfach als Probe-
kandidat am Realgymnasium zu Geisenheim während des Sommers
1892. Bis Ende September 1893 blieb er in Geisenheim als Assistent
WORTMANNs und bewährte schon damals in vielseitiger Tätigkeit
seine staunenswerte Arbeitskraft. Neben seiner eigentlichen viel-
seitigen und arbeitsreichen Tätigkeit als Assistent leitete er auch,
zum grössten Teile selbständig, das mikroskopisch-anatomische und
phytopathologische Praktikum für die Eleven der Lehranstalt und
fand noch Zeit zu selbständigen ausserdienstlichen Arbeiten auf den
Gebieten der Gärungsphysiologie und Phytopathologie. Es war da-
her nicht zu verwundern, als ihm bereits nach zweijähriger Tätig-
keit in Geisenheim die durch SORAÜERs Ausscheiden frei gewordene
Stelle des Lehrers der Botanik und Leiters der botanischen Ab-
teilung der Versuchsstation am Königl. pomologischen Institute zu
Proskau zum 1. Oktober 1893 übertragen wurde. Die zunächst nur
EUDOLF Adeehold. (49)
kommissarisch verwaltete Stelle wurde bereits am 1. April 1894 eine
etatsmässige. Im Mai des Jahres 1895 verheiratete sich ADERHOLD
dann mit einer Jugendfreundin CLEMENTINE HaCCIUS. Die Über-
siedelung nach Proskau leitete eine längere Periode ruhiger und
fruchtbarer Arbeit ein. Neben der umfangreichen Lehr- und Aus-
kunftstätigkeit, zu der sich auch eine äusserst rege Mitarbeit an der
monatlich erscheinenden Proskauer Obstbauzeitung, längere Zeit hin-
durch sogar die Redaktion derselben gesellte, fand ADERHOLD noch
Zeit und Arbeitskraft zu intensivster wissenschaftlicher Forschung.
Als Frucht der Proskauer Zeit entstand eine Reihe von verdienst-
vollen Arbeiten, die sich grösstenteils auf phytopathologischem
Gebiete bewegten. Abgesehen von seiner Tätigkeit au einem pomo-
logischen Institut, wurde diese Richtung der Forschung ADERHOLD, wie
er dem Schreiber dieses bei wiederholten Gelegenheiten erzählte,
durch die besonderen Verhältnisse der Gegend nahegelegt, die gerade-
zu ein Eldorado für Pilzkrankheiten der Obstbäume bilde. Dank-
bar gedachte Aderhold auchstetsderAnregungundUnterstützung durch
Litteratur, deren er sich bei gelegentlichen Besuchen im pflanzen-
physiologischen Institut in Breslau durch BREFELD stets erfreuen
durfte. Acht glückliche Jahre eines erfolgreichen Schaffens waren
verflossen, als fast gleichzeitig zwei verschiedene Berufungen an
Aderhold herantraten, eine als Leiter* der Königl. Bayerischen Wein-
bauschule zu Veitshöchheim bei Würzburg, die andere, an die vor
wenigen Jahren gegründete biologische Abteilung des Kaiserlichen
Gesundheitsamtes in Berlin. Diesem Rufe folgend, trat ADERHOLD am
1. Oktober 1901 zunächst als kommissarischer Hilfsarbeiter in die
biologische Abteilung für Land- und Forstwirtschaft am Kaiserlichen
Gesundheitsamt ein. Am 1. Januar 1902 zum Mitgliede und Re-
gierungsrat ernannt, übernahm er als Nachfolger TUBEUFs, der zum
Direktor der Abteilung ernannt war, die Leitung des botanischen
Laboratoriums. Nachdem TUBEUF einem Rufe als Nachfolger
HaRTIGs nach München gefolgt war, wurde AderHOLD am 1. De-
zember 1902 sein Nachfolger als Direktor der Abteilung unter Er-
nennung zum Geheimen Regierungsrat, und als am 1. April 1905
die biologische Abteilung vom Gesundheitsamte abgetrennt und als
biologische Anstalt für Land- und Forstwirtschaft mit dem Sitze
Dahlem selbständig gemacht wurde, wurde ADERHOLD, der am 18. Ja-
nuar 1905 durch Verleihung des roten Adlerordens IV. Klasse aus-
gezeichnet war, ihr erster Direktor. Welche Verdienste er sich um
den Ausbau und die Organisation der Anstalt erworben hat, darauf
einzugehen, ist hier nicht der Ort. Bewunderungswürdig ist
die Energie, die Arbeitsfreudigkeit und die Arbeitskraft, mit der
Aderhold neben den nicht leichten, zeitraubenden und umfangreichen
Geschäften, welche die Verwaltung einer in der Entwicklung be-
(50)
J. Behrens ;
griffenen und keineswegs kleinen Anstalt unabweislich mit sich
bringt, auch noch Zeit fand für die Fortsetzung seiner wissenschaft-
lichen Tätigkeit. Als reife Früchte nicht nur der ersten Zeit seines
Berliner Aufenthaltes, sondern auch gerade noch der letzten Jahre
liegt eine ganze Reihe von wertvollen Arbeiten vor, und manches
Angefangene und Unvollendete in seinem Nachlass legt von seiner
umfassenden Tätigkeit, seiner seltenen Arbeitsfähigkeit und nicht
erlahmendem wissenschaftlichen Interesse Zeugnis ab.
ADERHOLD's Arbeiten fanden natürlich auch im Auslande reiche
Anerkennung. So ernannte ihn die Königl. Schwedische Akademie
der Landwirtschaft am 20. März 1905 zu ihrem auswärtigen Mitgliede.
Was die wissenschaftliche Tätigkeit ADERHOLD's angeht, so be-
wegt sich dieselbe, abgesehen von der unter STAHL 's Leitung und
Anregung entstandenen Dissertation, ausschliesslich teils auf dem
gärungsphysiologischen, teils auf dem pflanzenpathologischen Gebiete.
Auf das erstere war er durch seine Tätigkeit in Geisenheim hin-
gelenkt, wo WOETMANN damals gerade die Übertragung der von
E. Chr. Hansen bereits mit so grossem Erfolg in das Brauerei-
gewerbe eingeführten Verwendung rein gezüchteter Heferassen auf
die Weinbereitung in Angriff genommen hatte. An diesen Arbeiten
war Aderhold als Assistent WORTMANN's lebhaft beteiligt. Hatte
Wortmann die für die Praxis besonders wichtigen physiologischen
Beobachtungen der zahlreichen, im Institut rein gezüchteten Wein-
hefen eingehend bearbeitet, so ist es ADERHOLD's Verdienst, gezeigt zu
haben, dass den physiologischen Unterschieden auch morphologische
und biologische Unterschiede der verschiedenen Rassen parallel
gehen. Zwei kleinere Abhandlungen halfen durch den Nachweis,
dass die gärungskräftigen Hefen gegen Kohlensäure und Sauerstoff-
mangel sehr viel widerstandsfähiger sind als gewisse gärschwachen
Hefen oder Schädlinge der alkoholischen Gärung, die Grundlage für
die Methodik der Anwendung der Reinhefe bei der Weinbereitung
schaffen. In Proskau, fern von den Produktionsstätteu des Trauben-
weins, erregten die im Haushalt angewendeten Säuerungen der
Gurken und anderer Gemüsearten das Interesse ADERHOLD's.
Leider sind der wertvollen Arbeit über die Säuerung der Gurken,
einer Milchsäuregärung, bei der Bakterien von verschiedener Gär-
kraft aus der Verwandschaft des Bacterium lactis acidi Leichm. ge-
funden wurden, die beabsichtigten Fortsetzungen, die über andere
Säuerungen handeln sollten, nicht gefolgt. Eine zusammenfassende
Darstellung unseres Wissens über Gemüse- und Futtereinsäuerung, in-
die auch die Ergebnisse der eigenen nicht ausführlich veröffentlichten
Untersuchungen verarbeitet sind, hat ADERHOLD indessen noch für
LAPAR's Handbuch der technischen Mykologie bearbeitet. Auch das
Rudolf Aderhold.
(51)
Verderben der Konserven machte er s-eleo-entlich zum Gegenstände
einer kleinen Untersuchung.
Weit zahlreicher nicht nur, sondern auch bedeutsamer sind
AderHOLD's Arbeiten auf dem Gebiete der Phytopathologie. Zum
ersten Male betätigte er sich auf demselben während seines Geisen-
heimer Aufenthalts, indem er eine in einer Gemarkung Rheinhessens
auftretende Blattranddürre der Aprikosen studierte. Nach seinen
Untersuchungen handelte es sich nicht um eine parasitische Krank-
heit, sondern wahrscheiulich um die Folge einer Ernährungsstörung,
eines Stickstoffmangels im Boden, was allerdings neuerdings durch
Zurückführung der Krankheit auf Windwirkungen bestritten wird.
In Proskau wendete sich AderHOLD dann, durch die lokalen Ver-
hältnisse veranlasst, ganz besonders energisch und intensiv phyto-
pathologischen Fragen zu. Insbesondere die FtisicladieTikYSinklieiten
der Apfel- und Birnbäume wurden eingehend und mustergültig be-
arbeitet. Nebenbei reiften als Frucht dieser Studien seine wert-
vollen Beiträge zur Systematik der Fusicladium- und Venturiadirieiü..
Weiter seien genannt die Studien über -die Blattpilze und den
Gummifluss des Steinobstes, über den Vermehrungspilz, ^) die An-
wendung und Wirkungsweise der Kupferkalkbrühe. Auch nach
seiner Übersiedelung nach Berlin war seine Tätigkeit zunächst noch
wesentlich den Krankheiten der Obstbäume gewidmet. Besonders
hervorzuheben sind aus dieser Zeit seine Untersuchungen über die
Mouilien der Obstbäume, deren Zugehörigkeit zu drei verschiedenen
Sclerotiniaaxien er in Gemeinschaft mit RUHLAND nachwies, ferner die
Studien über ein durch Valsa oxyüoma verursachtes Kirschbaum-
sterben sowie über eine Rindenbakteriose der Kirschbäume (mit
RUHLAND). Ein anderes Arbeitsfeld betrat ADERHOLD mit den Ver-
suchen über Überwinterung und Regeneration der C7aw^ps-Sclerotien.
Untersuchungen über die Getreideroste, über das Lagern des Ge-
treides usw. wurden in Angriff genommen, sind leider aber nicht zu
einem gewissen Abschluss gediehen. Dasselbe Schicksal haben leider
auch die breit angelegten Versuche und Untersuchungen über die
Wirkung des Carbolineums als Pflanzenschutzmittel gehabt. Die
Untersuchungen über den Gummifluss der Amygdaleen wurden ge-
meinsam mit Ruhland weitergeführt, und die Veröffentlichung
ihrer Ergebnisse ist nach der notwendigen Durchführung und Er-
gänzung der Untersuchungen zu erwarten.
AdeRHOLD's phytopathologische Arbeiten waren von jeher grössten-
teils dadurch vor der Mehrzahl derartiger Arbeiten ausgezeichnet,
dass sie sich nicht auf eine Beschreibung des Krankheitsbildes und
1) Von Ruhland eben als Moniliopsis Aderholdi näher beschrieben.
(52) J- Beheens :
des Krankheitserregers beschränkten, sondern dass sie auf die phy-
siologische Seite, auf das Studium der kranken Pflanze und auf die
allgemeine Biologie des Paiasiten eingehen und besonderes Gewicht
legen. Dem Studium der Infektionsbedingungen bei den Fusicladien-
Krankheiten ist ADERHOLD besonders eingehend und sorgfältig nach-
gegangen. Er versuchte später, nachdem für sie der Einfluss des
Wetters und des damit im Zusammenhang stehenden Entwicklungs-
zustandes der Pflanzen auf das Zustandekommen der Infektion er-
kannt war, leider mit wenig Glück, den Einfluss einzelner Faktoren
der Witterung (Kegen) auf das Zustandekommen verschiedener Pilz-
krankheiten zu studieren. Der Wechselwirkung von Parasit und
Wirt ging er bei den Blattflecken erzeugenden und dem in gummi-
flüssigen Wunden gefundenen pilzlichen Feinden der Ämygdaleen
nach. Dasselbe Ziel, das er experimentell, nicht mit dem erwarteten
Erfolg, in der Regenzelle bearbeitet hatte, den Zusammenhang des
Auftretens von Epidemien mit dem Wetter, hatte er schon vorher
wiederholt mit mehr Glück, allerdings auch natürlich mit weniger
Beweiskraft, auf dem statistischen Wege verfolgt, indem er den
Grad des Auftretens von Fusicladium mit dem Gang der Frühjahrs-
witterung zur kritischen Zeit verglich, und er erhoffte von der Ver-
wirklichung seines Lieblingsgedankens, der Organisation eines phyto-
pathologischen Beobachtungsdienstes in grösseren Gebieten, eine
weitere Aufhellung der angedeuteten Wechselbeziehungen sowie
anderer Möglichkeiten einer allgemein verbreiteten „Disposition zu
Erkrankungen" auch für andere Pflanzenkrankheiten, wenn er sich
auch nicht verhehlen konnte, dass dieses Ziel an die Exaktheit der
Lokalbeobachtungen und damit an die Qualität der zahlreichen, im
Land zerstreuten Einzelbeobachter ausserordentlich hohe An-
forderungen stellt, deren Verwirklichung keineswegs überall wahr-
scheinlich ist. Von dem Studium der Angriffswaffen der parasitischen
Pilze einerseits, der Verteidigungswaffen der Wirtspflanzen anderer-
seits versprach sich ADERHOLD reichen Gewinn für die wissenschaft-
liche Pathologie nicht nur, sondern auch für die Bekämpfung der
Krankheiten in der Praxis. Durch wissenschaftliche Bearbeitung der
Wechselwirkung zwischen Wirt und Parasit hoffte er allmählich zu
den Fundamenten einer exakten Therapie der Pflanzen zu gelangen.
Dabei schwebten ihm die Erfolo^e der Medizinischen Wissenschaft
auf dem Gebiete der Immunitätslehre und Serumtherapie vor, wo-
bei er indes keineswegs übersah, dass bei den Pflanzen infolge des
Mangels einer Blutbahn die Verhältnisse weit schwieriger liegen,
dem Experiment weit weniger leicht zugänglich und weit weniger
durchsichtig sind als beim tierischen Organismus.
Neben seiner Verwaltungs- und wissenschaftlichen Tätigkeit be-
tätigte sich Aderhold von jeher auch rege durch Veröffentlichung all-
Rudolf Aderhold. (53)
gemein verständlicher, belehrender Aufsätze in landwirtschaftlichen
und gärtnerischen Zeitschriften. Die Proskauer Obstbauzeitung hat
er eine Zeit lans; o-rösstenteils mit Artikeln aus der eigenen Feder
gefüllt und ihre Redaktion geführt. Eine sehr praktische umfang-
reiche Bestimmungstabelle der Obstbaumkrankheiten mit kurzer Be-
schreibung und Angabe der geeigneten Gegenmittel, die in der
Proskauer Obstbauzeitung zuerst veröffentlicht wurde, ist später
separat im Selbstverlage erschienen und in das Schriftenverzeichnis
aufgenommen, während die weit zahlreicheren anderen populären Auf-
sätze ebenso wie die von ihm bearbeiteten Flugblätter aus der
Biologischen Anstalt, diese mit einer Ausnahme, dort nicht besonders
erwähnt sind.
Zu dieser Art von belehrender Tätigkeit gesellen sich zahl-
reiche belehrende Vorträs;e in den verschiedensten Vereinen.
ADERHOLDhatte ein ausgezeichnetes Lehrtalent und eine ausgesprochene
Neigung, dieses Talent zu entfalten. In seiner Proskauer Zeit, wo
der Unterricht ihm zugleich Pflicht war, hatte er dazu natürlich die
meiste Gelegenheit und übte sie mit dem Erfolge, dass ihm die An-
hänglichkeit und Liebe seiner Proskauer Schüler nach Berlin folgte
und treu blieb. Ausser in gelegentlichen Vorträgen, die sich durch
Klarheit und präzise Fassung auszeichnen, betätigte sich seine
Neisuno; zur lehrenden Tätigkeit bis zuletzt auch darin, dass er ver-
schiedene jüngere Botaniker zu wissenschaftlichen Arbeiten in seinem
Laboratoratorium anregte und anleitete. So entstanden Untersuchungen
über den Kleekrebs, die Obstfäule u. a. Das Erscheinen eines von
Aderhold ano-ereo-ten Werkes über die Grundlagen und Methoden der
Phytopathologie, in dem ein Abschnitt aus seiner eigenen Feder her-
rührt, ist noch zu erwarten.
Als Mensch war ADERHOLD ein gerader, schlichter und offener
Charakter; Treue und Güte leuchteten aus seinen Augen. Kein
Falsch war an ihm. Den Pflichten seines Amtes widmete sich
Aderhold mit vorbildlicher Pflichttreue und Hingebung.
Viel zu früh endete in der Frühe des 17. März 1907 ein Schlag-
fluss jäh und unerwartet das reiche und hoffnungsvolle Leben und
das unermüdliche Schaffen des im rüstigsten Mannesalter ste-
henden Forschers. Auf dem traulichen Dahlemer Friedhof ward ihm
die letzte Ruhestätte bereitet. Mit der liebenden Gattin und dem
einzigen Sohne aber betrauern den so früh von uns Geschiedenen alle,
die dem Verstorbenen zu Lebzeiten näher zu treten Gelegenheit
hatten, was gleichbedeutend damit war, sein Freund zu werden.
(54) J- Behrens :
Terzeichnis der wissenschaftlichen Arbeiten Aderhold's.i)
1. Beitrag zur Kenntnis richtender Kräfte bei der Bewegung niederer Osganismen.
Jenaische Zeitschr. f. Naturwiss. 1888. No. 22 N. F. 15 (auch sep. als
Dissertation).
2. Über das Wesen, den Wert und die Verwendung der Biologie im botanischen
Unterrichte. Pädagogische Warte. 1891, No. 11.
3. Über den Einfluss der Kohlensäure auf das Wachstum der Weinhefe (Saccha-
roinyces ellipsoideus). Mitteilungen über Weinbau und Kellerwirtschaft.
V 1892, Bd. 4, S. 118.
4. Über den Einfluss der Kohlensäure auf die normale Gärung störende Organismen
mit Bemerkungen über die Konservierung des Weines. Ebenda. S. 132.
5. Studien über eine gegenwärtig in Mombach bei Mainz herrschende Krankheit
der Aprikosenbäume und über die Erscheinungen der Blattranddürre.
Landw. Jahrb. 1893, Bd. 22, S. 435.
6. Untersuchungen über reine Hefen. III. Die Morphologie der deutschen Sac-
charonn/ces e//«^;so?f?eMs-Rassen. Landw. Jahrb. 1894, Bd. 23, S. 587.
7. Die Perithecienform von Fiisiciadiian dendriticum Wal. (Venturia chlorospora
f. mali). Ber. d. Deutschen bot, Ges. 1894, Bd. 12, S. 338.
8. Generalregister der ersten 50 Jahrgänge der Botanischen Zeitung. Leipzig 1895-
9. Notizen über einige im vorigen Sommer beobachtete Pflanzenkrankheiten, Zeit-
schrift f. Pflanzenkrankheiten 1895, Bd. 5, S. 8, 86.
10. Literarische Berichtigung zu dem Aufsatze über die Perithecienform von Fusi-
cladiuni dendnticuni Wallr. Ber. d. Deutsch, bot. Ges. 1895, Bd. 13, S. 54.
11. Fusicladium betulae spec. nov. auf den Blättern der Birke. Centralbl. f. Bakt.
und Parasitenkunde. II. Abt. 1896, Bd. 2, S. 57.
12. Cladosporiiim und Sporidesmhim auf Gurke und Kürbis. Zeitschr. f. Pflanzen-
krankheiten 1896, Bd. 6, S. 72.
13. Die Fusicladien uuserer Obstbäume. I. Teil, Landw. Jahrb. 1897, Bd. 25, S. 875.
14. Revision der Species Venturia chlorospora, inaequalis und düricha autorum. Hed-
wigia 1897, Bd. 36, S. 67.
15. Über den Vermehrungspilz, sein Leben und seine Bekämpfung. Gartenflora
1897, S. 114.
16. Zur Moniliaepidemie der Kirschbäume. Ebenda S. 429.
17. Über die in den letzten Jahren in Schlesien besonders hervorgetretenen Schäden
und Krankheiten unserer Obstbäume und ihre Beziehungen zum Wetter.
Schles. Gesellsch. f. vaterländ. Kultur. Sektion f. Obst- und Gartenbau.
Dezember 1897.
18. Über die Bakterien in ihrer Beziehung zur Gärtnerei. Ebenda. 1896. Garten-
bauverein f. Hamburg, Altena und Umgegend 1898,99.
19. Über einen FEHLiNG'sche Lösung reducierenden Körper in Fruchtsäften. (Mit
Heinze). Chem. Ztg. 1898, Bd. 22, S. 632.
20. Notiz über die Verderber von Gemüsekonserven. Centralbl. f. Bakteriologie,
II. Abt. 1899, Bd. 5, S. 17.
1) Vgl. auch das Verzeichnis bei Appel, RUDOLF ADERHOLD. Ein Nachruf.
Arbeiten aus der Kais. Biol. Anstalt f. Land- und Forstwirtschaft 1907, Bd. 5. Die
überaus zahlreichen populären Aufsätze, die in den verschiedensten landwirtschaft-
lichen und gärtnerischen Organen erschienen, sind hier nicht aufgezählt, soweit sie
nicht einen gewissen wissenschaftlichen Wert besitzen.
Rudolf Aderhold. (55)
21. Über die Wii-kungsweise der sog. Bordeauxbrühe. Ebenda. 1898. Bd. 5, S. 217
22. Arbeiten der botanischen Abteilung der Versuchsstation des Königl. Poniologisch.
Instituts zu Proskau. I. Bericht. Ebenda 1808, ßd. ö, S. 511.
23. Untersuchungen üher das Einsäuern von Früchten und Gemüsen. I. Das Ein-
säuern der Gurken. Landw. Jahrb. 1899, Bd. 27, S. 69.
24. Auf welche Weise können wir dem immer weiteren Umsichgreifen des Fusi-
cladiums in unseren Apfelkulturen begegnen, und welche Sorten haben
sich bisher dem Pilze gegenüber am widerstandsfähigsten gezeigt? Pomo-
logische Monatshefte 1899. Heft 11/12.
25. Unserer Obstbäume Hausarzt. Eine Anleitung für den Obstzüchter zum Er-
kennen und zur Behandlung der Krankheiten unserer Obstbäume. Proskau
(Selbstverlag) 19U0.
26. Mycosphaerella cerasella nov. spec, die Perithecienform von Cercospora cera-
sella Sacc. und ihre Entwicklung. Berichte d. Deutsch, bot. Ges. 1900,
Bd. 18, S. 24G.
27. Arbeiten der botanischen Abteilung der Versuchsstation des Königl. Pomo-
logischen Instituts zu Proskau. II. Bericht. Centralbl. f. Bakteriolog. u.
Parasiteukunde. II. Abt. 1900, Bd. 6, S 593.
28. Die Fusicladien unserer Obstbäume. II. Teil. Landw. Jahrb. 1900, Bd. 29,
Seite 541.
29. Ein der Moniliakrankheit ähnlicher Krankheitsfall an einem Sauerkirschbaum.
Zeischr. f. Pflanzenkrankheit 1901, Bd. 11, S. 65.
30. Arbeiten der botanischen Abteilung der Versuclisstation am Königl. Pomo-
logischen Institut zu Proskau. III. Bericht. Centralbl. f. Bakteriol. u.
Parasitenkunde. II. Abt. 1901, Bd. 7, S. 654.
31. Über die Sprüh- und Dürrfleckenkrankbeiten (sog. Schrotschusslöcher -Krank-
heiten) des Steinobstes. Landw. Jahrb. 1901, Bd. 30, S. 771.
32. Über Clasferosporium carjyophüum (Lev.) Aderh. und Beziehungen desselben
zum Gummifluss des Steinobstes. Arbeiten a. d. Biol. Abt. f. Land- u.
Forstwirtschaft am Kaiserl. Ges.-Amte. 1902, Bd. 2, S. 515.
33. Ein Beitrag zur Frage der Empfänglichkeit der Apfelsorten für Fusicladiuvi
dendriticum (Wallr.) Fuck. und deren Beziehungen zum Wetter. Ebenda.
S. 560.
34. Über Venturia crataegi n. spec. Bericht d. Deutsch, bot. Ges. 1902, Bd. 20,
S. 195.
35. Beitrag zur Pilztlora Proskau's. 11.^) Schles, Ges. f. Vaterländische Kultur.
Sitzungsber. d. zooL-bot. Sektion, 1902, S. 9.
36. Über das Kirschbaumsterben am Rhein, seine Ursachen und seine Behandlung.
Arb. a. d. Biol. Abt. f. Land- und Forstwirtschaft am Kais. Ges.-Amte,
1903, Bd. 3, S. 309.
37. Weitere Einrichtungen auf dem Versuchsfelde d. Biol. Abt. Ebenda. S. 433.
38. Kann das Fusicladium von Crataegus- und von Sorbus&riQ-a. auf den Apfel-
baum übergehen? Ebenda. S. 436.
39. Über eine bisher nicht beobachtete Krankheit der Schwarzwurzeln. Ebenda.
S. 439.
40. Impfversuche mit Nectria ditissima Tul. Vorl. Mitteilung. Centralbl. f. Bakt.
und Parasitenkunde. II. Abt. 1903, Bd. 10, S 7G3.
41. Der heutige Stand unserer Kenntnisse über die Wirkung und Verwertung der
Bordeauxbrühe als Pflanzenschutzmittel. Jahresber. der Vereinigung der
Vertreter d. angewandten Bot. I. 1903, Berlin 1904, S. 12.
1) I 1900, von JACKY herrührend.
^56) J- BEHRENS: Rudolf Aderhold.
42. Über Clasterosporium carpophilum (Lev.) Aderh. und Beziehungen desselben
zum Gummifluss des Steinobstes. Naturwissenschaft!. Zeitschr. f. Land-
u. Forstwirtsch. 1903, Bd. 1, S. 120.
43. Über eine vermutlich zu Monilla fnictigena Pers. gehörige Sclerotinia. Vorl.
Mitteilung. Ber. d. Deutsch, bot. Ges. 1904, Bd. 22, S. 262.
44. Erwiderung. Centralblatt für Bakteriol. und Parasitenkunde. 11. Abt. 1904,
Bd. 12, S. 639.
45. Zur Kenntnis der Ohsthawai-Sclerotinien (mit RUHLAND). Arb. a. d. biol. Abt.
f. Land- u. Forstwirtsch. am K. Ges. Amte 1905, Bd. 4, S. 427.
46. Einige neue Pilze. Ebenda. S. 461.
47. Impfversuche mit Thillavia basicola Zopf. Ebenda. S. 463.
48. Zur Biologie und zur Bekämpfung des Mutterkorns. Ebenda. 1905, Bd. 5,
Seite 31.
49. Zur Frage der Vernichtung der Pilze durch Eingraben. Ebenda. S. 35.
50. Über den durch teilweise Zerstörung des Blattwerks der Pflanze zugefügten
Schaden. Prakt. Blätter f. Pflanzenbau und Pflanzenschutz 1905, Bd. 3,
Seite 13.
51. Der amerikanische Meltau des Stachelbeerstrauches, eine für Deutschland neue
Pflanzenkrankheit. Flugblatt No. 35 der Kais. Biol. Anst. für Land- und
Forstwirtschaft.
52. Die Kaiserliche Biologische Anstalt für Land- und Forstwirtschaft. Deutsche
landw. Presse 1905, No. 80.
53. Über ein durch Bakterien hervorgerufenes Kirschensterben. Vorl. Mitteilung.
(Mit Ruhland) Ceutralbl. f. Bakteriol. und Parasitenkunde. II. Abt.
1905, Bd. 15, S. 376.
54. Zur Frage der Wirkung des Kupfers auf die Pflanze. Ber. d. Deutschen bot.
Ges. 1906, Bd. 24, S. 112.
55. Die Beobachtung der Pflanzenkrankheiten. Fühling's landw. Zeitung, 1906,
Bd. 55, S. 758.
56. Die Kaiserliche Biologische Anstalt für Land- und Forstwirtschaft in Dahlem.
Mitteilungen a. d. Kais. Biol. Anstalt. Heft 1. Berlin (Parey) 1906.
57. Bericht über die Tätigkeit der Kais. Biolog. Anstalt für Land- und Forstwirt-
schaft im Jahre 1905. I. Jahresbericht. Ebenda. Heft 2, 1906.
58. Karbolineum als Baumschutzmittel. Deutsche Obstbau-Zeitung 1906, Heft 22.
59. Der Bakterienbrand der Kirschbäume. (Mit RUHLAND.) Arb. a. d. Kais. Biol.
Anst f. Land- u. Forstwirtsch. 1907, Bd 5, S. 293
60. Versuche über den Einfluss häufigen Regens auf die Neigung zur Erkrankung
von Kulturpflanzen. Ebenda. S. 354.
61. Bericht über die Tätigkeit der Kais. Biol. Anstalt f. Land- und Forstwirtschaft
im Jahre 1906. 2. Jahresbericht. Mitteilungen aus der Kais. Biol. Anst.
Heft 4. Berlin 1907.
62. Die Haltbarmachung von Gemüse und Tierfutter durch Eiusäuern. LAFAR,
Handbuch der techn. Mykologie, Bd. 2, S. 310 ff
63. Die Fnsicladien (Venturien) unserer Obstbäume. Pflanzenpathologische Wand-
tafeln. Herausgegeben von Dr. C. Freiherr VON TUBEUF. No. 2 (eben
erschienen).
Otto Müller: Johann Diedrich Möller. (57)
Johann Diedrich Möller.
Von
Otto Müller.
Nach Mitteilungen eines Sohnes.
MÖLLER wurde als zweiter Sohn eines Leinwebers am 16. März
1844 in Wedel, Holstein, geboren; er besuchte die Volksschule in
Wedel bis zur Konfirmation. Seinem Vater war er schon während
der Schulzeit bei der Herstellung von Malerarbeiten, die der A^ater
neben der Weberei betrieb, behilflich. Siebzehnjährig kam MÖLLER
nach Hamburg zu einem Malermeister in die Lehre; die gute Be-
gabung des Lehrlings veranlasste den Meister, ihn in die Zeicheu-
schule der „Patriotischen Gesellschaft" zu schicken.
Schon frühzeitig zeigte MÖLLER, angeregt durch ein zufällig er-
haltenes Buch, besonderes Interesse für optische Einrichtungen; er
versuchte auf einem ausgehöhlten Schleifstein eine Linse herzustellen,
zunächst mit wenig Erfolg. In der Bibliothek der „Patriotischen
Gesellschaft" fand er ein Buch von PreCHTL über optische Instru-
mente; die aus diesem Buche gesammelten Kenntnisse befähigten ihn,
eine Schleifmascliine zu bauen, mit der er einige Linsen schliff und
mit Hilfe von Papierröhren ein Mikroskop herstellte. Die Linsen
aus gewöhnlichem Glas befriedigten ihn nicht; er ging daher zu dem
bekannten Optiker Dr. HüGO SCHRÖDER in Hamburg, um ein Stück
optisches Glas zu erbitten. SCHRÖDER war über den Wunsch des
Malerlehrliugs sehr erstaunt; die an MÖLLER gerichteten Fragen
beantwortete er indessen so sachgemäss, dass SCHROEDER ihm nicht
nur eins seiner vorzüglichen Mikroskope zeigte, sondern ihm auch
den ungehinderten Zutritt in seine Werkstatt gestattete. Mcht lange
darauf hatte MÖLLER selbst ein brauchbares Mikroskop hergestellt.
Nach dem Tode seines Lehrherru und beendeter Lehrzeit, ver-
anlasste Dr. H. Schröder den jungen MÖLLER einstweilen einige
Linsenarbeiten zu übernehmen; diese Beschäftigung führte ihn zu
dem Entschluss, die Malerei aufzugeben und sich selbständig zu
machen.
MÖLLER errichtete 1864 in seiner Vaterstadt Wedel eine optische
Werkstatt und lieferte in den ersten Jahren Linsen, Kalkspath-
arbeiten und Bilder für die Laterna magica. Ihm gelang es, Kalk-
spath mittels einer Kupferscheibe und Schmirgel zu sägen; ein Ver-
(58)
Otto Müller:
fahren, das in anderen Werkstätten erst viele Jahre später eingeführt
wurde. Neben diesen Arbeiten fertigte er einige mikroskopische
Präparate an; sie fanden Beifall und er brachte bald derartige
Präparate von Insekten, Schnecken, Seeigeln usw. in den Handel;
das Material lieferte grossenteils das Museum „Godefroy" in
Hamburg.
Einen entscheidenden Einfluss auf MÖLLER's Entwicklung übte
das Buch von Dr. L. RABENHORST „Süsswasser-Diatomaceen" aus;
er fertigte Diatomaceen-Präparate an, die bald in grösseren Mengen
Absatz fanden. MÖLLER suchte nun nach Methoden, die winzigen
Organismen einzeln auf ein Deckglas zu übertragen und dort zu
befestigen; nach vielfachen Versuchen gelang es ihm, zierliche
Sternchen zu legen, die das Auge des Liebhabers erfreuten. Ein
besonders gelungenes derartiges Präparat zeigte er 1867 dem be-
freundeten Arzte Dr. SCHLÜTER in Pinneberg. Der Herr lobte die
Kunstfertigkeit MÖLLER's, wies ihn aber auf die Wertlosigkeit solcher
Spielereien hin; ein ungleich grösseres Verdienst würde er sich er-
werben, wenn er die einzelnen Individuen in Reihen anordnete und
die Art durch einen Fachmann bestimmen Hesse, damit würde ein
unmittelbarer A'^ergleich zur Bestimmung der Arten ermöglicht.
MÖLLER war enttäuscht über die kühle Aufnahme seines Kunst-
werkes und wendete ein, es sei nur möglich, grössere Formen zu
legen und in Reihen zu ordnen, die kleineren müssten fortfallen,
dadurch würde eine solche Platte entwertet. Dr. SCHLÜTER's Urteil
aber liess ihm keine Ruhe; immer wieder versuchte er eine Platte
nach dessen Angaben herzustellen, bis endlich der Versuch gelang.
Zur Bestimmung der A^-ten sandte er dieselbe an RABENHORST;
dieser war ganz erstaunt, beauftragte sogleich eine ähnliche, möglichst
vollständige Platte für sich und stellte dazu sein reichhaltiges
Material zur Verfügung. Inzwischen hatte auch A. GRÜNüW in
Wien von MÖLLER's Arbeiten erfahren und bestellte für die K. K.
Zoologisch-Botanische Gesellschaft in Wien eine möglichst voll-
ständige Platte, sein bestes Material beifügend. Diese Platte enthielt
in vier Abteilungen 24 Reihen mit 400 Diatomaceen, die GRUNOW
als Typen bezeichnet hatte. Das Aufsehen, welches diese Leistung
machte, war ausserordentlich gross, aus allen Weltteilen liefen Be-
stellungen ein, die MÖLLER nur in längeren Fristen bewältigen
konnte. Die Schönheit dieser Platten wurde im Laufe der Zeit
immer vollkommener, aber die Typen und deren Anordnung nach
A. GrUNOW blieben bis auf den heutigen Tag dieselben. Von diesen
sogenannten grossen Typenplatten mit 400 Arten setzte MÖLLER
597 Exemplare ab. Daneben wurde eine kleinere Typenplatte mit
100 Arten hergestellt, von der 1009 Exemplare verbreitet sind. Zur
Johann Diedrich Möller. (59)
Prüfung der Mikroskop-Objektive fertigte MÖLLER eine Probeplatte
mit 20 dazu geeigneten Arten, von der 2162 Exemplare verkauft
wurden und eine grössere mit 60 Arten. Noch zwei andere Typen-
platten mit photographischen Namen, eine kleinere mit 80 Arten
und eine grössere mit 335 Arten brachte er in den Handel, Für
das Army Medical Museum in Washington stellte er eine Platte mit
720, für das Columbia College in New York eine solche mit 860 und
im Jahre 1880 eine noch umfangreichere mit 1715 Arten, die für
den Kaiser von Brasilien bestimmt war, her.
Diese grosse Arbeitslast konnte MÜLLER nicht allein bewältigen,
er lernte einen Bruder zu seiner Unterstützung an, dem er später
das Legen der Typenplatten allein überlassen konnte; er selbst aber
behielt sich eine letzte und bedeutsamste Arbeit vor, mit der er
seine Tätigkeit auf dem Gebiete der Diatomaceen abzuschliessen
gedachte. Zu diesem Zweck ordnete, reinigte und durchsuchte er
sein gesamtes wertvolles Material behufs Herstellung eines Meister-
werkes, das in Hinsicht auf Vollständigkeit und Schönheit unerreicht
dasteht. An dieser Aufgabe arbeitete er fünf Jahre; nach Über-
windung grosser Schwierigkeiten und Mühen, die ihm zeitweise den
Erfolg unmöglich erscheinen Hessen, gelang ihm endlich 1890 die
Herstellung einer sprossen und einer Anzahl kleinerer Platten. Die
grosse bezeichnete er als „Universum Diatomacearum Moellerianum".
Dieselbe enthält auf einem Räume 6 : 6,7 mm in neun Abteilungen
133 Reihen mit 4026 einzelnen Formen. Weitere 24 Platten ent-
halten in Reihen angeordnet die Diatomeen verschiedener Erdteile
und Meere, sowie der bekannteren Erden. 29 Platten von denselben
Erden sind nicht in Reihen angeordnet. Von diesen 54 Platten
wurden vergrösserte photographische Aufnahmen gemacht und als
„Lichtdrucktafeln MÖLLER'scher Diatomaceen-Präparate" mit einem
Katalog in den Handel gebracht.
Nach Vollendung dieser grossen Arbeit wandte MÖLLER sich
anderen Geschäftszweigen zu; zunächst der Herstellung mikro-
photographischer Skalen, Ocular-, Objektiv -Mikrometer (2 mm in
200 Teile) Fadenkreuze usw. — Ende der neunziger Jahre arbeitete
MÖLLER ein neues Versilberungsverfahren aus, welches jetzt für
optische Gläser in ausgedehntem Masse angewendet wird. Die Ver-
silberung steht in Bezug auf Helligkeit (96 pCt. Reflexion) und
Haltbarkeit sehr hoch.
Die ausserordentliche Geschicklichkeit und der unermüdliche
Erfindungsdrang dieses schaffensfreudigen Mannes, fand auf allen seit
1869 von ihm beschickten Ausstellungen Anerkennung durch erste
Preise; aus Anlass der Weltausstellung in St. Louis 1904, wurde
ihm der „Grand Prix" zuerkannt. — Grosse Verdienste erwarb er
/ßO) Otto Müller: Johann Dledrich Möller.
sich um die Diatomeen-Forschung durch die Herstellung der Typen-
platten und der ausgezeichneten Sammelpräparate aus allen Ländern
und Meeren. Die Präparate der jetzt ausserordentlich seltenen
Kollektionen von P. T. CLEVE und VAN HeURCK, mit den wichtigen
Bestimmungen von A. GEUNOW, sind sein Werk. — MÖLLER starb
am 29. Oktober 1907 an Lungenentzündung.
Verzeichnis der Pflanzennamen.
Ahies Nordinanniana 198.
— yectinata 106.
Ährothalliis Smithii 2o3.
Abutilon 411, 412.
• ■ Thompsoni 410.
Acacia 309.
Acer 497.
Aceraceen 496.
Acetahula leucumelas 589.
Acliilka (45).
Actinoiiiyces t/iermophilus 510, 511, 514.
Actinotrichia riijida 102.
Adonis vernalis 289, 292.
Aesculus IJippocastunuin (46).
Agardhia adhaerens 101.
Agaricus campestris 179, 183, 184. 185,
186. 187, 188, 189, 190, 348.
J(^at;e 203.
Agropyrum repens 348.
Agrosiemina Githago (33).
Agrostis stolonifera 583.
— vulgaris 348.
Alchiinilla (38).
Alchornea 495.
^/ye/i 74, 497, 498, 500, 506.
Alisina Flantago 109, 156.
^///um 273, 364, 365, 366.
— ascalonicum 273, 275, 361.
— Ce/)« 39, 273, 359 - 362, 364, 365-367.
— Moly 275.
— niyrum 275.
— orfor«/« (38), (50).
— Porrum 273.
— Schoenoprasum 275.
— suaoeolens 275.
— ursinum 143, 275.
— Victoriaiis 275.
Aiitansia glomerata 104.
Ainarantaceae 346.
Ainarantus albus 346.
Amaurochaete 24.
Ber. der deutschen Bot. Gesell seh. XXV.
Ambrosia artemisiaefolia 345.
Anientaceen 496, 497.
Ampincarpaea 165, 166, 173, 175.
— Edgewortltii 173.
— monoica 173.
Ampliiroa fragilissima 107.
Amphora ovalis 241.
Amygdaleen 302, (51), (52).
Anacardiaceae :>43, 496.
Anemone caroliniana 342.
Angiospermen 496, 497.
Anoplophora 435.
Antennaria nlpina (18).
Anthemis arvensis 207.
Anthericum Liliago 275.
Antirrhinum 454.
— w/a/(/s 442, 450, 451.
— — „.4urea- Varietäten" 4.J4.
— — luteum rubrostriaium 443, 448.
— — pumilum fol. aureis „Eklipse^^ 451.
— — — — — „Sonnengold-'' 451.
Aphanizomenon flos aquae 240.
Apiculatus-Hefe 484.
Apium 275.
Apocynaceen 495.
Aquitegia 275.
Araliaceen (46).
Arcyria 26.
Arrltenatheruin elatius 245.
Arundo phragmites 156.
Asclepiadaceae 345.
Asclepias Cornuti 345.
— verticillnta 345.
Ascomyceten 492, 590.
Ascop/iyllum 98.
— nodosum 98.
— — forma scorpioides 98.
Askomycsten 510.
Asparagus 207.
Asparagopsis Sandfordiana 103.
Aspergillus 181, 514.
(5)
(6-2)
Verzeichnis der Pflanzennamen.
Aspergillus flavus 514.
— fumigatus 514.
— niger 44-46, 48, 50, 178, 180, 182,
210, 212, 263, 265, 266, 514.
Asphodelus albus 275, 294.
— luteus 205, 208.
— ramosus 273, 274.
Aspidistra 395.
— elatior 144.
Asplenium dimorptmm 85, 86.
Astragalus 309, 340, 343
— caryocarpus 343.
— Cooperi 343
— exscapus 292, 340.
— glycyphyllos 340.
— missouriensis 343
— monspessulanus 294.
— pattensis 343.
— villosus 343.
Athyriuin filix-femina var. clarissima (18).
Aucella Geinitzü 336, 435.
Aulacomnium androgynuni (47).
Aurainvillea No. 5 101.
— coinosa 101.
— papuana lOl.
.4yena saliva 245.
Azotobacter 2, 3 — 7.
— chroococcum 4, 6.
Bacillariaceen 217.
Bacillaria paradoxa 240.
Bacillus prvdigiosus 109.
Bacterien, Bakterien 1, 109, 129, 241.
Bacterium lactis actdi (50).
Badhaiitia 24.
Balanops 496.
Balaiiopidaceen 496.
Balsamia 375.
Äananß 383.
Baptisia leucophaea 343.
Basidiobolus niyxophilus 582.
— ra7iar«/n 261, 265, 581, 582.
Beggiatoa 238-241.
— arachnoidea 238.
Beggiatoaceae 242.
Begonia 68, 70, 401.
Begonia metallica 67.
— Schinidtiana 401.
— seinperflorens 399 — 402.
Bennettitaceen 497.
Betula nana 544, 545, 549.
Betuleen 496.
Betulineen (36).
Bidens bipinnata 345.
Boodlea coacta 102.
Boraginaceae 345.
Botryococcus 248.
Botrytis 368-371.
— cinerea 368, 371.
Boudiera 587.
Bouteloua oligostachya 348.
Brasenia purpurea 156.
Brassica arvensis 342.
Bromus Kalmii 318.
Brunelliaceen 496.
Bryopsis Uarveyana 100.
Buchloe dactyloides 348.
Bulbochaete 231, 504.
Burseraceen 496.
Butomus umbellatus 156.
Cactaceae ,344.
Cacteen 207.
Calamagrostis canadensis 348.
Callisia 69.
— repens 68, 69.
CalUtriche (34), (39'.
Calluna vulgaris 544.
Calothrix 504.
Caltha palustris 342, 444.
Calycerae (46).
Camelina sativa 342.
Cannabis sativa 347.
Capparidaceen 570, 576.
Capparideen 205.
Caprifoiiaceae (46).
Capsella bursa pastoris 481, 482.
Capsicuni annuuin 566.
Car-jca 485, 486, 490, 492, 494, 495.
— Papoi/a 272, 485, 487, 489, 495.
— — forma Correae 487 — 491, 494.
forma Ernsiii 486—490.
— — forma Forbesii 488 - 490.
Caricaceen 494, 495.
Carlina acaulis 56.
— longifolia 5(5, 58.
— vulgaris 56, 58.
Carpopeltis rigida 104.
Car^erm 231, 232.
— f/aA/a 230-232.
Carum Bulbocastanum (,38).
Casuarina 207, 497.
Casuarineen 496.
Caulerpa clauifera 100.
Verzeiclinis der Pflanzennamen.
(63)
Caulerpa crassifolia forma Harveyana 100.
— cupressoideK 1(>0.
— Freycinetii 1(KJ.
— peltaia 101.
— Webbiana 101.
€ellis occülentalis 347.
Cenc/irus (ribuloidts ol.S.
Centradenia rubra (j9.
Centrosema 173.
Cephalotaxus 11)8.
Ceratiowyxa 24—26.
deratophylluiii demersum 15().
Cercospora 578.
— cerasella 55}.
{Jliaetopeltis 504.
Cliaetophora 5(X), 501. 501.
Chalazogaiiieii 49(5.
Chaniaesiphon 232.
— /^!/rt/(V/(/s 231, 232.
■Champignon 242, 245.
Characeen 238, 241.
C/ieilüsporum cultratum 107.
Chenopodiaceae 34G.
Ckenopodiuin albuin 34()
{Jhimonnnthus fragrana 70.
Clilaiiiijdomonadineen 230, 231.
€hlainydomonns 229, 232, 317.
— s<f//«te 232.
Chlorodesmis coinusa 101.
— papuanum 101.
€ldoropltora exce'sa 579, 580.
{Jhloropliyceae 100, 527.
■Cldorolylluin 503, 504.
— cataractarum 501.
— incrustans 501 .
•Clioironiyces 373.
Chrysanthemum 424, 426, 427.
■Chrysantheinumforni „ Wnban''^ 276, 425.
Chrysanthemum indiciun 299 — 301.
— ,,Admira! Seymonds^^ 433.
— ^,Alberic Lunder'-'- 433,
— „Avalanche"'' 433.
— „Beauty of Truro"- 433.
— „Cesare Costa'' 433.
— ,,/iöZ/oM; ß. Em." 438.
— „hmael'' 433.
— „Julia Lagrariere'"' 433.
— „Lady Salborne'' 433.
— „La negresse" 433.
— Leucanthemum 300, 345.
— „L'tVe f/e plaisir'' 433.
— „ LoMJS Böhmer ' 433.
Chrysanthemum „Mad. Carnoi'^ 433.
— „Margot'' 433.
— „Mary Anderson" 426.
~ „.liofls. C///-/CÄ lirunner" 425, 433.
— „^Fafia«" 276, 425.
Chrysopogon nutans 348.
Chythridium vorax 319.
Cladophora 320, 498, 499, 501, 502, 528.
— aegagropila 100.
— coacta 102.
— herpestica 100.
— membranacea 100.
— iVarburgii 499.
Cladosporium (54\
C/adotkrix 510.
Clafterosporium carpophilum (55;, (56).
Cldthraceen 375, 376.
Clathrognster 375, 376.
Ciavaria 25
Claviceps (51,.
C7/<oWa 165-168, 172, 173, 175.
— cajanifulia 167, 170, 171, 176.
— densiflura 172.
— glycinoides 165-167, 169, 173, 175.
— — var. ecostata 167.
— guianensis 171—173, 176.
— laurifolia 170.
— mariana 167, 173.
— rubiginosa 167.
Clostridium Pai-teurianum 3, 5.
Cnicus lanceolatus 345.
Cocos nucifera 245.
Codiaeum variegatum 413.
Codium adhaerens 101.
— tomentosum 101.
Coleochaete 26, 497, 501, 502, 504—506.
— irregularis 500, 504.
— orbicularis 504.
— scutata 504—506.
— — forma lobata 504.
Cologania 168, 173-175.
— affinis 174.
— biflora 174
— Lemmonii 174.
— longifolia 174.
— Martia 174.
— ovalifolia 174.
— pu Ichella 174.
— racemosa 174.
Columniferen 496.
Comatricha nigra 23.
Commelinaceae 348.
(5*)
(64)
Verzeichnis der Pflanzennamen.
Compositae 345.
Conferva herpestica 100.
Coniferen 198, 440, 497..
Convolvulaceae 345.
Corallina adhaerens 107.
— fragilissiina 107.
Coryleen -190.
Coryneum 302.
Crataegomespilus 568, 519.
Crataegus 570, (55).
— coccinea var. macracant/ia 344.
Cruciferae 342.
Cryptica 374.
(Jryptomonas 231.
— c/«i/a 230.
Cryptomonadineen 231.
Cryptonemia rigida 104.
Cucurbitaceen 492, 494, 495.
Cupuli ferae 347, (36j.
Caragua-Mais 480.
Cyanophyceen 74, 240, 298, (26).
Cyclotella bodanica 241.
Cypripedium 554, 555, 560, 562, 563, 565,
567.
— acaule 555, 562, 565, 567.
— Calceolus 555, 564, 567.
— macrantltuin 555, 563, 565.
— montanum 555, 563.
— parviflorum 554, 555, 562, 565, 566.
— puhescens 554, 555, 559, 562 - 567.
— spectabile 554, 555, 559 - 562, 564 bis
567.
Cystopus 589.
Cytisus 570
— Adami 568 - 570, 574, 576.
— /lirsutus 411.
— lahurnum 569.
— purpurtus 412, 569.
i)flÄ/ta 362.
— -Knollen 364, 366, 367.
— variabilis 364, 367.
Daplinipbylluin 496.
L>a;;«ra 131, 134, 136.
— arborea 137.
— we/e/ 137.
-^ quercifvlia 137.
— Slrainonium 131 — 133. 137.
De/esseriaceen 103.
Delpliiniuin 21ö.
— azureuin 342.
Dematiuin pullulans 303.
Desinanthus hrachylobus 343.
Desmia pulvinata 104.
Diatomeen 238, 240, 241, 247, 248, (,26).
Dictyosphaeria favulosa 101.
Dictyota dichotoma 102.
— spinulosa 102.
Dictyotaceae 102.
Didinium nasutuin 25, 26.
Didymium 24.
Didymosphaeria pulposi 233.
Dipsacus Silvester torsus 443, 447, 450.
Drosera capensis 583.
Dulichium spat/iaceum 156.
Dumortiera 455 - 457, 459, 463.
— liirsuta 456.
— irrig ua 456.
— trichucep/tala 456—459, 461—464.
— velutina 457-459, 462, 463.
Duvaua dependens 579.
Echeveria 203.
Echinosperinum floribundum 345.
— lappula 345.
— Redowskii 345.
Ectocarpus 248,
Aye« 484.
Elaeagnaceae 346.
Eleutherospora 106.
Elodea 395.
Elymus arenarius 245.
— canadensis 348.
Englisches Ray gras 245.
Enteromorpha Fascia 100.
Epithemia turgida 232.
E(juisetaceae 348.
Equisetuni arvense 348.
^risf 243 245.
Erigeron annuus 345.
Eriubotrya japonica 200.
Erioptuirum angustij'olium 156.
Ervuni Lens 251.
Esparto 245.
Euchlaena mexicana 245.
Euphorbia 205.
— cyparissias 251,
— rfw/c-ts (38\ (40).
— splendens 205.
Euphurbiaceen 494—496.
Euryale 154, 155, 157.
— europaea 150, 155-157.
— /erox 150, 152—155, 157
Eutuberineen 375.
Verzeichnis der Pllanzennamen.
(65)
„euer sporting varietles^^ 443.
Evonyinus Japonicus lOS, 200.
Fqgus silvatica lö6
Farne 85, 383.
Favuspilze 246
Festuca ovina 348.
Ficus repens 145, 147, 226.
Pittonia 68, 69, 405, 406.
— argijroneura 67, 68.
— (jüjantea 67, (i^.
— leuconeura 67.
— Verschaffdtii 68, 402.
Flacourtinceen 496.
Fontinnlis 473.
Forsythia europaea 155.
Framdsisckes Rai/yras 245.
Fraxinus 410, 412, 451.
— americana 345.
— excebior 412.
— pubescens 412.
— — aucuhifolin 412, 413.
/'«CHS SS, 90, 94-97.
— ceramioidts 9().
— clavifer 100.
— corneus 103.
— cupressoides 1(X).
— fraxinifoUus 101.
— inuscaeformis 103.
— serralus 87, 90, 91.
— tomentosus 101.
— vesiculosus 86 - 88, 90 - 92, 94 - 97.
— — var. angustifolia 91.
— — forma baltica 91.
— — forma 7jana 91.
Fun^rj 348.
Fusarium purpureum 484.
Fusicladium (51), (52), (55).
— hetulae (54).
— dendriticum (54), ;55).
Futterwicke 245.
Galactia 166, 173.
Galactinia succosa 589.
Galaxaura 103.
— frutescens 103.
— rigida 102.
— robusta KZ.
Qammarus 329.
Gaura coccinea 344.
Gelidium corneum 103.
— variabile 103.
Gelidiopsis varinbilis 103.
Genabea 373.
öewea 373.
— verrucosa 372.
Gentiana nivalis 275.
Geopora 375.
Geraninceae 543.
öers^e 245.
Gervilleia Murchisonii 435, 436.
Gesneriaceen 582—584.
Gloeocapsa alpina 498.
Gloeocystis 506.
Glyceria aquatica 105,
Glycine 165, 173.
Gnetaceen 497.
Gongrosira 497, 501-504.
— De Baryana 501, 503.
— incrustans 501, 503.
— lacustris 502, 506.
— Pygmaea 502.
— Schmidtei 501, 503.
Grainineae 348.
Grossulariaceae 344.
Gymnadenia conopea (45).
Gymnogramme piriniftra 86.
Gymnospermen 497.
Haematococcus 316, 319, 320.
— Bütschlii 316, 319-321.
— droebakensis 320, 321.
— pluvinlis 316 — 321.
//fl/er 245.
Halimeda Reiischii 101.
Haliseris sp. 102.
— undulata 102.
— zonarioides 102.
Halymenia Durvillaei 104.
Hamainelidaceen 496.
Hamamelidalen 496.
Hedeoma hispida 346.
£/e/e 242, 245.
Helianthemum salicifolium 294.
Uelianthus annuus 35, 345.
— grosse serratus 345.
— Maximiliani 345.
— orgyalis 345.
— subcanescens 345.
Hieracien 383
Hippuris vulgaris 109.
Holcus lanatus 245.
Homalieen 496.
Homoeocladia 247—249.
(66)
Verzeichnis der Pflanzennameu.
Homoeocladia filiforinis 248.
— Martiana 247.
Hordeuni sativum 245.
Hottonia 276.
Humulus lupulus 347, 401.
Hyacinthus candicans 275.
Hydnobolites 374.
Hydnocystis 375.
— arenaria 375
Hydnotrya 375.
Hydrocoleum 240.
IJynienop/iyllum (47).
Hyoscydmus 131.
— «(ger 137.
Hypliomycettn 511.
Hypnea muscaeformis 103.
Hypogaeen 372, 376.
Hysteramjiuvi 375.
— clathroides 375.
— Ourdneri 376.
— siculum 375.
iflnm adhaerens 107.
latropheen 495
liiipatiens 405, 406.
— Mariannae 402.
— parviflora 200.
linplicaria reticulata 103.
Ipomoea leptophylla 315.
— purpurea 345.
Iridaceae 347.
y^/s Maackii 156.
hanthus caeruleus 346.
Jsoetacecn 440.
isoeto 438, 439, 441, 442, (37).
Juglans 496.
Juglandaceen 496.
Juliania 496, 497.
■Julianiaceen 496.
Juncaceae 348.
Juncus effusus 348.
Juniperus virginiana 347.
Kartoffelknollen 362.
Kickxia elastica 580.
Kolbenhirse 245.
Krigia virginica 345.
Labiatae 346.
Laburnum 411, 451.
— alpinum 411.
Laburnum-,, Varietät" 411.
— vulgare 410, 451.
— — chrysop/iylluin 410, 411.
— — /b/t's aureis 411.
Lactoris 496.
Lacistemaceen 496.
Lnstrea pseudomas polydactyla (18j.
Latkraea spuamaria (36\
Lathyrus pratensis 252.
Laurentia concinna 104.
Leguminosae 165, 166, 343.
Leitner a 496, 497.
Leitneraceen 496.
Lenina (35).
Lemna minor 155.
— polyrrhiza 156.
— trisulca 155.
Le/nnr/cecH (34, (35,\ (36), (89), (39).
Lens csculenta 251, 252, 254.
Lepidium intermedium 342.
Lepidophyten 438, 440, 441.
Leptothrix 504.
Leptouroniyces 252.
Levkoyen 443, 447.
Liagora Clieyneana 102.
— /■rö',9t7j,- 102,
— Orientalis 102.
— viscida 102.
Ligustrum 410, 412, 451.
— vulgare 410.
— — /b/. ««reo variegatis 410.
Liliaceae 347.
Linaceae 343.
Linrfe 200.
Linum sulcatum 343.
Lithospermum angustifolium 345.
— hirtum 345.
Loasaceae 344.
Lobelia inflata 345.
Lobeliaceae 345.
Lolium perenne 245
Lonicera etrusca 294.
Loranthaceen 497.
Loranthus 583.
— europaeus 583.
Lorbeer 484.
Lwp<«Ms 245, 349, 350, 356, (39).
— a/6«s 32, 214.
— angustifolius 213, 473.
— /uteMS 213 - 215, 245.
Lycoperdon giganteum 348.
Lycopodiales 440.
Verzeichnis der Pflanzennameu.
(67)
Lycopodium (36), (39).
— annotiiiuin (3G\
— clavatum 36).
Lijgeuin Spartum 245.
Lysimachia vulgaris (45)
Magnoliaceen 496, 497.
Mais 245, 480, 481.
Malvaceae 343.
Maloaslrum coccineum 343.
Manviiillaria missnuriensis 344
— vivipara 344.
Mangifera indica 579.
Marcliantia polymorpha (47).
Marchantiaceae 455, 456, 458.
Marchantioideae-Compositae 455, 458,
462.
Martia 16.5, 1(56.
— mexicana 168, 174.
— physalodes 165, 166.
Martins! a 166.
Martiusia 16(j.
Mastopitora inacrocarpa 105, 107.
Mathiola glabra 220,
— incana 22ll.
Matricaria Chamomilla 2(>7.
Medicngo saliva 2öö.
Mentha canadensis 346
Mentzelia nada 344.
— ornata 344.
Meseinbryanthemum 203.
Mesocarpnceen 499.
Mespilus 570.
— Asnieresii 574.
— Dardari 574.
Mierocoleus 240.
Microuromyces 252.
Mirabilis 376.
Mirabilisbastarde 220.
Mirabilis Jalapa 377.
— Jalapa X longiflora 377.
— Jalapa X tubiflora 376.
— longiflora 377.
Monarda punctata 346.
Monilia 368.
— fructigena (56).
Moniliopsis Aderholdi (51).
Monospora cuspidata 484
Mougeotia 527, 528.
ÜMcoT- 255, 256.
— corymhifer 514.
— pusillus 510, 514.
i^i«cor racemosus 245, 255, 256, 258, 260,
263 - 266.
— spinosus 258 — 266.
Mucoraceen 255.
Mucorineen 510, 514.
Mycosphaerella cerasella (.j5).
%r(ca 496, 497.
Myriceen 496.
Myrmecocystis 373.
Myrothainnus 496.
iUi/r^e 484.
Myxomyceten (26).
Naegelia amahilis 584, 585.
Najas major 156.
Nectria dilissima (55).
Neger hirse 245.
Negundo aceroides 343.
Nelunibo speciosuin 155.
Neocracca 175.
Nepeta cataria 346.
Nephrodiuin molle (18).
Neurocarpum 166, 169.
— cajanifolium 170.
— ellipticum 165.
Neuryinenia fraxinifolia 104.
Nicotiana 275.
— affinis 133, 137.
— macrophylla 583.
— rustica 137.
— Tabacum 133, 137, 275, 583.
A'/^e//a 270, 272, 273.
— damaacena 272, 275.
— sativa 270, 272.
Nitzschia 248, 249.
— dissipata var. medica 248.
— siymoidea 241.
Nothoscordum striatum 347.
Notochlaena 85.
— Eckloniana 85.
— flavens 86.
— n/uea 85.
Nuphar luteum 109.
— pumilum 156.
Nymphaea 1.54
— a//!<a 109.
— tetragona 156.
Nymphaeaceen 154.
Oedogoniacee 229.
Oedogonium 528.
Oenothera 191.
(68)
Verzeichnis der Pflanzeunaineu.
OmotKera alliuauhs 344.
— biennis 344.
— coronopifoUa 3J4.
— Lamarckiana 191, 192, 195.
hyhriba 191, 192, 195.
— lata 191, 192, 195.
— longiflora 191.
-^ parviflora 344.
— pinnatifida 344.
Oidium Chrysanthemi 301.
Oleaceae 345, 412.
Oleander 484.
Onagraceae 344.
Oiionis 175.
Opuntia Rafinesguii 344
Orobus atropurpureus 343
Oryza sativa 245.
Oscillarien 240, 241.
Oscillatoria 240.
— chlorina 241.
Osmunda regalis (45).
Osir-j/a 402.
— carpinifolia 401.
— vulgaris 401.
Oxalis corniculata 343.
Pachyphloeus 374.
Falaquium 580.
Pandorina 228, 229.
— 7«orMm 228, 231.
Panicum iialicuni var. germanicuin 245.
Papilionaceen 250 —252, 340.
Papilionatae 165, 167, 175.
Parochetus 175.
Pediastrum 248.
Pelargonium 454.
— zonale 453.
„ PVoM«'" 453, 454.
Pellaea nivea 85.
— tenera 85.
Pelomyxa 25, 26.
— palustris 26.
Penicilliuin glaucum 178, 179, 181 —
183, 210.
Pennisetum spicatuni 245.
Peronospera 589.
Peucedanuin foeniculaceum 345.
— villosuni 345.
Peyssonnelia 105.
— caulifera 104, 107.
Peziza Catinus 589.
Pezizaceen 375.
Phneop,hyceae 102, 229.
Phalaris arundinacea 254.
Pliallogaster 375, 376.
Phaseoleae 165, 167.
Phaseoleae-Glycininae 173
P/iaseolus vulgaris 384, 388.
Phyllactidium 505
— pulcliellum 504.
— tropicum 505.
Phyllactinia corylea 589.
Phyllosticta Persicae 303.
Physarum 23, 24.
— leucophaeum 23.
Phytolynta lata 579.
P/cea oniorika 155.
— oinorikoides 155.
Piersonia 373.
Pinaceae 347.
Pinnularia viridis 241.
Pinus Banksiana 347.
— pewce 155.
— ponderosa 347.
Piperalen 496.
Pistacia 496, 497.
Pistia (37).
P/^sMw sativum 35, 245, 252—254, 527.
Pitcairnia tnaidifolia 583.
Plantayinaceae 346.
Plantago major 346.
Plantanaceae 496.
Plectascineen 374.
Pleuromeia 434 — 442.
— Sternbergii 434-436, 438.
Pleurosigma attenuatum 241.
Plocainiuin botryoides 10;').
Plowrightia 492.
Po« 270, 272, 273, 275.
— nemoralis 583.
— pratensis 272, 583.
— tcnuifolia 348.
Podocarpus 206.
— elongata 206.
— /a</^//a 206, 208.
Polygonaceae 346.
Polygonatum giganteuin 348.
Polygonum amphibium 109, 156, 204.
Polysiphonia 248.
Polytaenia Nuttallii 345.
Poniaceen 161
Populus 570.
— euphratica 580.
— heterophylla ;>47.
Verzeichnis der Pllanzcnnainen.
(69)
Fopulus monilifera 317.
Portulaceae 342.
Porlulaca pilosa 342.
— tetusn 342.
Putamogeton (36), (^39).
— crispus 15G.
— lucens lOD.
— natans lU!), 15G, 206, 208.
— pectinatus 109.
Potentilla 378.
— ruhens 378, 379.
— Tahernaeinontani 378, 379.
— — X rubens 37G. 378.
Preissia commiilata 461.
Primula ohconica 554, 556, 567.
— sinensis 554.
Prionitis elata 104.
Prusopis 480, 481.
— siliquastruiii 481.
Protococcus pluüiahs 320.
Protabera 375
P/-unws 309, 310, 343.
— avium 309, 314.
— Cerösus 30;5, 305, 308, 314, 315.
— chicasa 313.
— domcstica 314.
— Malialeb 314
— PcT-s/ca 313, 314.
— rosehudii 343.
— vir(jiniana 344.
Psalliota campestris 179, 188.
Pseudobahamia 374.
— Setchelli 374.
Pneudohydnolria 375.
— Uarknessi 375.
Pseudoyenea 373.
— californica 372, 373.
— Valliiuinhrosae 372.
Psoraka argopliyka 313.
— esculenta 343.
— ienuiflora 343.
P<e/ea 410, 412, 413, 451
— txifuliata aurea 413.
— — /ü/. variegatis 413.
Puccinia 56
— Carlinae 56, 57.
— Chrysanthemi 301.
— divergens 57, 58.
— sessilis 254.
Pyronema 587, 589.
— confluens 586, 588—590,
Quercineen 496.
Quercus inacrocarpa 347.
— — var. depressa 347.
— ohtusilvba 347.
— peduntulata 542.
Rawalina 233, 235.
— cuspidata 236, 237.
— — var. crasKa 236, 237.
— kullensis 233, 235, 236, 237.
— scopulorum 236, 237.
— — var. incrasata 236. 237.
Rauunculaceae 342.
Rauuncvtus graiuineus 294.
Äe/s 245.
Reticularia 24.
Rltizocloniuum 499.
Rhizopus nigricans 265.
Rkodoleia A\)(\.
Rhodopliyccae 102.
Rhodymenia palmetta f. fdiforinis 103.
Rhoiie''.n 496.
ie/;us 496, 497, 555.
— canadcnsis var. irilobata 34?.
— copa/iina 343.
— glahra ?>\'.\.
— toxitodtndron 348
— trilobata 343
Ät/^es aureum 143, 344.
— floridain 344.
— oxygacantlioides 344.
Roggen 245.
ßosa arkansana 344.
— hinnilis 314.
— rubigino<a 344.
— viridiflora 219, 221, 223
— PFoorfsü' 344.
Rosnceae 343.
Rudicularia penicillata 101.
Rumex acctusella 3-l(j.
— altissiintis 346.
— crispus 346
— venosus 346.
— verticillatus 346
Sabiaceen 496.
Saccharomyces cerevisiae 75, 84.
— ellipsoideus (53).
Sagittaria 118, 119.
— plaUjphylla 109, 111, 120.
— sagittifolia 108, 110, 112, 113, 118,
120, 121, 156, (46).
(70)
Verzeichnis der Pflanzennamen.
Saintpaulia ionantha 584, 585.
Salicaceae 347, 496.
Salicineen (Sii;.
Salix amygdaloides 347.
— longifoUa 347.
— peiitandra (36;.
— rostrala 347.
— viminalis (36).
Saloia lanceolata 346.
Salvinia natans 155.
Sambucus 9, l'J— 16, 297.
— australis (45), (46).
— w^ra 8, 14 - 16, 297, 299.
Santalaleii 497.
Sapindaceae 343.
Saproleynia 589.
Sauromatum spec. 245.
Saxifragaceen 496, 497.
Scenedesinus 248.
Schinus dependens 579.
Schizomyceten 232.
Schizoneina 247 - 2.50.
— Grevillei 248, 250.
Schizop/iycetn 232.
Schrankia uncinata 343.
Schwefelbakterien 238, 240.
Scirpus lacustris 109.
— maritimus 109, 156.
— paluster 155.
— Tabernaemontani 155.
Sclerotinia 369, 371, (51), (56).
— ^eü«/ae 368, 370, 371.
— Cor^/j 372.
— Fuckeliana 370.
(Seca/e cerenle 245, 338.
-SerfM/ft 204
— acre 203.
— Maxiinowiczi 204, 208.
— reflexum (45).
Selaginella 440, 412.
— spinulosa (37 .
Sempervivuin 203.
Septoria 299.
— chrysantemdla 299, 301.
— Clirysanthemi 2dd- 301.
jrtrfict 299, 300.
— Rostrupii 300.
Setaria ylauca 348
Shepherdia 346.
— argentea 346.
— canadensis 346.
Sibiraea croatica 155.
Sicyos angulatus 344.
Sigillaria 434, 441.
— Sternbergii 442.
Siinarubaceen 496.
Sinningia Regina 584, 585.
Siphonocladia 100.
Sisymbrium 481, 482.
— AlUaria 482.
— officinale 482.
— ÄopA/a 482.
— Tlialianum 482.
Sisyrinchium anceps 347.
— angustifolium 347.
Smilacina stellata 348.
Solanaceae 346, 570, 576.
Solanain 570 - 572.
— lycopersicuin 570, 573 — 576.
— — „Gloire de Citarpennes'"'' bl2.
— nigro-lycopersicum 575.
— nigruni 572 — 576.
— rostralum 346.
— tuberosum 132, 134.
Solidago nemoralis var. incana 345.
Sonneratia 87.
6'or6Ms 410, 412, 451, 55.
— aucuparia 412, 413.
— — Dirkenii aurea 412.
— — /b/. luteovariegatis 412, 413.
Sparganiuin (37).
Sparganiuin raiuosuin 109.
— Simplex 109.
Sphaerella lacustris 316, 320.
Spliaerococcus denticulatus 103.
Spiridia filamentosa 101.
Spirobacillus 241.
— Buetschlii 241.
— ^«(/as 241.
Spirochaete 26, 241.
Spirodela (35, (39).
Spirogyra 322, 325-327, 329, 331—335,
527-529, a8).
— arcto 324.
— /aa:« 528.
— setiformis 529.
Spirulina subsalsa 248.
Sporidesmium (54;.
Sporotithon 105.
Stemonitis 24.
— flaccida 26.
Stichogloea lacustris 498.
Stictyosiphon 248.
Sligeoclonium 500, 501.
Verzeichnis der Pflanzennamen.
(71)
Stigmaria 441.
Stipa 480.
— viridula 348.
Stratiotes aloides 15().
Slreptocarpus 583.
— aclumeniflorus 584, 585.
— Kirkü 583, 585.
— polyanthus 584, 585.
— Rexü 584, 585.
— WendlancU 583-585.
Surirella biseriata 241.
— calcarata 241.
üjjinplocos jaj onicus 147.
kiyringa chinensis 37(j, 379.
— persica 380.
— vulgaris 380, 412.
— vulgaris x persica 37G.
Taxus 141.
— baccata 138.
Tectonu grandis l.j.
Teosinte 245.
Tephrosia oio.
— viryiniana 343
Terebintliaceen, 496, 497.
Tetracentrum 49G.
Teucriuin occidentale 34G
Thermoascus aurantiacus 510, 513, 514.
Tliermoidium 515.
— sulfureum 510, 511, 514, 515.
Theriiioinyces lanuginosus 510, 514.
Thillavia basicola (56).
Thioploca 239-242.
~ Schmidlei 238, 239, 242.
Tradescantia 68.
— virginica 348.
Tradescantia zehrina 67.
Trapa nalans 156.
Trentepotdia b^)^), 502.
— aure« 500.
— lolithus 500.
— Negeri 500.
— umbrina 500.
rrjcÄm 24, 26.
— /a//oa; 23.
Trichophytenpilze 246.
Trichomanes Kraussii 85.
Trifolium arvense 255.
— pratense quinquefolium 443, 444, 446,
450, 466, 469.
Trigonella 167.
— monspeliaca 294.
Triloeularia 496.
Triticum (38).
Triticum sativum 245.
Trochodendrum 496.
Tropaeolum 399-401.
— /«o>s 402, 403, 405.
— minus 403.
r/-«//e/ 242.
Trypanosoma 25, 26.
Tuber 374
Tuberineen 374.
Turbinaria ornata 102.
Typha latifoUa 156, 348.
Typtiaceae 348.
C/"/»««« 496.
— americana 347.
— /"«/üa 347.
Ulotrichaceeii 499.
Ulothrix 501.
C/'/ca dichotoma 102.
— Lnctuca 100.
U mbelliferae 345, (46).
Uredineen 251, 340, 589 (18;, (26).
üromyces 250—254, 840.
— Astragali 340.
— Euphorbiae Astragali 340.
— — corniculatae 251.
— Fabae 254.
— Pisc/ieri Eduardi 340.
— Heimerlianus 253—255.
— Jordianus 252 - 255, 340.
— P/st 252-254, 340.
— str intus 251, 255.
— F/c/ae Craccae 251, 252, 254.
Urtlcaceae 347.
Urticalen 496, 497.
üstilago Jensenii 245.
Vaccinium priscum 155.
Vaginariee 501.
V alerianaceae (46).
Valonia confervoides 101. •
— favulosa 101.
— utricularis forma aegagropila 101.
Fa/sa oxystoma (39).
Vaucheria 501.
Fen^wria (51).
— chlorospora (54).
— — /". ma/t (54).
— crataegi (55).
— ditricha (54).
(72)
Verzeichnis der Pflanzennamen.
Venturia inaequalis (42).
Veratrum 275.
Verbena bracteosa 346.
— hastata 34G.
Verbenaceae 346.
Veronica 464, 467, 469.
— austriaca 467.
— ayrestis 464, 469, 470.
— — forma ylabreacens 465.
— — var. rosea 465.
— — forma typica 465,
bastarde 220.
— Buxbaumü 467.
— opaca 464, 465.
— — forma pluricarpellata 469.
— pereyrina 583.
— po//te 464, 465, 467, 469, 470.
var. caerulea 465.
— Teuer i um 4(i7.
— Tournefurtii 464, 465, 467.
— — var. hrachypoda 465.
— — forma penlasepala 469.
Vicia 175, 254.
— Cracca 251 - 255, 340.
— Faba 51—54, 188, 247, 350, 352-356,
358, 477, 478, 507.
mndsor 350, 358.
— Idrsuta 252—255.
~ sativa 245
— tenuifolia 250—252, 254.
Vicieen 250.
Victoria cruziana 154.
— reyia-löi.
Viola cucullata 342.
— delpldnifolia 342.
— rotundifolia 342,
— sayittala 342.
Violaceae 312.
Viscum 583
— album 583.
Vitaceae 343.
T7/«.s 569.
— aestivalis 343.
— -bastarde 220.
FoZüoa; 229.
„H'aian" 286.
Wasseralyen 528.
W'ei2m 243 - 245, 509.
Witsnerella javanica 463.
fFo//yAa ^35).
— microscopica (39 j.
Wurdemannia setacea 103.
Xaiithium strumarium 345.
3'«cca anyustifolia 347.
Zaniedeschia aethiopica 245.
Zea Ji«(s 220, 245, 527.
— ..lia^s peruviana 480.
Zuckerrohr 383
Mitgliederliste.
(Abgeschlossen am 20. Februar 1908.
Ehrenmitglieder.
Bornet, Dr. E., Mitglied des Institut de France in Paris, Quai de la
Tournelle 27. Erwählt am 17. September 1884.
Bower, F. 0., Professor der Botanik an der Universität in Glasgow,
1. llillhead, St. Johns Terrace. Erwählt am 12. September 1907.
Famintzin, A., emer. Professor der Botanik, Mitglied der kaiserlichen
Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg. Erwählt am
1. Dezember 1903.
Fries, Dr. Th. M., emer. Professor der Botanik an der Universität in
Uppsala. Erwählt am 12. September 1907.
Hansen, Dr. Emil Christian, Professor und Direktor der physiologischen
Abteilung des Carlsberg Laboratoriums in Kopenhagen. Erwählt
am 24. September 1901.
Hooker, Sir Jos., in The Camp, Sunningdale, Berkshire. Erwählt am
17. September 1883.
Nathorst, Dr. Alfred G., Professor und Direktor des phytopaläonto-
logischen Museums, Mitglied der kgl. schwed. Akademie der
Wissenschaften, in Stockholm. Erwählt am 12. September 1907.
Nawashin, Dr. S., Professor der Botanik in Kiew. Erwählt am 12. Sep-
tember 1907.
Prain, Dr. David, Direktor der botanischen Gärten in Kew bei London.
Erwwählt am 12. September 1907.
Thaxter, Dr. Roland, Professor der Botanik an der Harvard-Universität
in Cambridge, Mass. (Vereinigte Staaten), 7 Scott Str. Erwählt
am 12. September 1907.
Van Tieghem, Ph., Professor der Botanik, Mitglied des Institut de
France in Paris, 16 rue Vauquelin. Erwählt am 12. September 1907.
Treub, Dr. Melchior, Direktor des botanischen Gartens in Buitenzorg
(Java). Erwählt am 24. September 1891.
de Vries, Dr. Hugo, Professor der Botanik an der Universität in
Amsterdam, Parklaan 9. Erwählt am 24. September 1891.
('J^') Mitgliederliste.
Warming, Dr. Eugen, Professor der Botanik und Direktor des bo-
tanischen Museums, Mitglied der könig]. Akademie der Wissen-
schaften in Kopenhagen. Erwählt am 24. September 1891.
Winogradsky, Dr. Sergius, Kaiserl. Institut für experimentelle Medizin
in St. Petersburg. Erwählt am 12. September 1907.
Korrespondierende Mitglieder.
Balfour, J. Bailey, Professor der Botanik an der Universität in Edinburg.
Beccarl, Odoardo, vordem Direktor des botanischen Gartens und botan.
Museums in Florenz, z. Z. in Baudino bei Florenz, Yilla Beccari.
Beijerinck, Dr. M. W., Professor am Polytechnikum in Delfl (Holland).
Bonnier, Dr. Gaston, Mitglied des Institut de France, Professor der
Botanik an der Universität in Paris.
Briquet, Dr. John, Direktor des botanischen Gartens in Genf.
Brotherus, Dr. Viktor Ferdinand, Professor in Helsingfors.
de Candolle, Casimir, in Genf.
Cavara, Dr. Fr., Professor der Botanik und Direktor des botanischen
Gartens in Neapel.
Chodat, Dr. Robert, Professor der Botanik an der Universität in Genf.
Christ, Dr. Hermann, Oberlandesgerichtsrat in Basel, St. Jacobstr. 9.
Darwin, Francis, M. B., F. E. S., F. L. S., in Cambridge (England),
13 Madingley Read.
EIfvIng, Dr. Fredrik, Professor an der Universität und Direktor des
Botanischen Gartens in Helsingfors.
Farlow, Dr. W. G., Professor der Botanik an der Universität Cambridge,
Mass. (Vereinigte Staaten).
Flahault, Dr. Charles, Professor an der Universität, Direktor des
Botanischen Instituts in Montpellier.
Guignard, Dr. Leon, Professor der Botanik an der Ecole superieure de
pharmacie, Mitglied des Institut de France, in Paris, 1 rue des
Feuillantines.
Harper, R. A., Professor an der Universität in IVIadison Wis. (IJ. S. A ).
Hemsley, W. B., F. P S., F. L. S. in Kew bei London.
Henriques, Dr. J. A., Professor der Botanik und Direktor des bo-
tanischen Gartens in Coimbra (Portugal).
Ikeno, Dr. S , Professor an der Universität in Tokio.
Johannssen, Dr. W., Professor der Pflanzephysiologie an der Universität
in Kopenhagen.
King, Sir George, vordem Direktor des botanischen Gartens in Calcutta,
in London.
Mitgliederliste. (75)
V. Lagerheim, Dr. G., Professor an der Universität, Direktor des
Botanischen Instituts in Stockholm.
Massart, Dr. J„ Professor an der Universität in Brüssel.
Matsumura, Dr. J., Professor an der Universität, Direktor des Bota-
nischen Gartens in Tokio.
IVliyoshi, Dr. Manabu, Professor an der Universität in Tokio.
Oliver. Daniel. Professor der Botanik, Mitglied der Royal Society, in
Kew bei London.
Palladin, Dr. Wl. J., Professor an der Universität in St, Petersburg.
Penzig, Dr. Otto, Professor der Botanik und Direktor des Botanischen
Gartens in Genua.
Ridley, H. N., M. A., Direktor des Botanischen Gartens in Singapore.
Robinson, Dr. B. L., Professor au der Universität und Kurator des
Gray-Herbariums in Cambridge Mass.
Rothert, Dr. Wl., Professor an der Universität in Odessa,
Saccardo, Dr. P. A.. Professor der Botanik und Direktor des botanischen
Gartens in Padua.
Stapf, Dr. Otto, Principal Assistant am Herbarium in Kew bei London.
Trelease, William, Professor an der Universität, Direktor des Missouri
Botanischen Gartens in St. Louis.
de Wildeman, Dr. Em.. Professor in Brüssel.
Wille, Dr. J. N. F., Professor an der Universität, Direktor des Bota-
nischen Gartens in Kristiania.
Willis, John Chr., M. A. Direktor des Botanischen Garten in Paradeniya
(Ceylon).
Wittrock, Dr. V. B.. Professor der Botanik und Direktor des botanischen
Museums, Mits^lied der köniol. Akademie der Wissenschaften in
Stockholm.
Mitglieder').
Abromeit, Dr. Johannes, Privatdozent der Botanik an der Universität,
Assistent am botan. Garten in Königsberg i. Pr., Tragheimer Kirchen-
strasse 30.
Allen. Dr. Charles E., Assistant Professor of Botany in the University of
Wisconsin in Madison Wis., (U. S. A.), 810 St. Johns street.
Ambronn, Dr. H., Professor an der Universität und wissenschaftlicher
Mitarbeiter an der optischen Werkstätte von CARL ZeiSS in Jena,
Engelstr. 18.
1) Die ausserordentlichen Mitglieder sind mit einem * bezeichnet.
(76)
Mitgliederliste.
Anderson, Dr. Alexander P., Railway Exchange Building, American
Cereal Co., in Chicago, IlL, (U. S. A.).
Andree. Ad., Apotliekenbesitzer in Hannover, Scliiffgraben 36.
Anisits, Daniel, Professor an der Nationaluniversität in Asuncion (Para-
guay), z. Z. in Budapest, Narosmajorutiena 40.
Appel, Dr. Otto, Regierungsrat Biologische Anstalt für Land- und
Forstwirtschaft in Dahlem-Steglitz bei Berlin, Königin Luise-Str.
Arcangeli. Dr. 6iov., Professor der Botanik und Direktor des botanischen
Gartens in Pisa.
Areschoug, Dr. F. W. C, ehemaliger Professor der Botanik an der
Universität Lund, Mitglied der Akademie der Wissenschaften
in Stockholm, in Lund (Schweden).
Arnim-Schlagenthin, Graf von, auf Nassenheide in Pommern, Station der
Kleinbahn Stoeven-Stolzenburg.
Arnoldi, Dr. Wladimir, Professor der Botanik an der Universität in
Charkow, Botanischer Uuiversitätsgarten, Klotschkowskaja 52.
Ascherson, Dr. Paul, Geheimer Regierungsrat, Professor der Botanik an.
der Universität in Berlin W., Bülowstr. 50, pt.
Baccarini, Dr. Pasquale, Professor und Direktor des Botanischen Gartens
in Florenz, Reale Orto botanico, Yia Lamarmora Nr. 6'''^
Bachmann, Dr. E., Professor, Konrektor am Realgymnasium in Plauen
im Yoigtlande, Leissnerstr. ] .
Bachmann, Dr. Hans, Professor in Luzern.
Ball, Dr. 0. Melville, Professor in charge, Botanist to the Department
of Botauy and Mycology, in College Station, Texas (U. S. A.).
Bally, Dr. Walter in München, botanisches Institut der Universisät.
Baesecke, P., Apotheker in Marburg a. d. Lahn, Am Rudolfsplatz 3.
Barnewitz, A., Professor am A'ON SALDERN'schen Realgymnasium in
Brandenburg a. H., Havelstr. 14, II.
Bartke, R., Prof., Oberlehrer an der städtischen Realschule in Cottbus^.
Turnstrasse 7, pt.
Baur, Dr. Erwin, Privatdozent für Botanik, Assistent am botanischen
Institut der Universität in Berlin NW., Dorotheeustr. 5.
Beck, Dr. Günther, Ritter von Mannagetta, Professor der Botanik und
Direktor des botanischen Gartens der deutschen Universität, in
Prag II, Weinberggasse 1965.
Becker, H., Dr. med. in Grahamstown (Südafrika), Die Duveneck.
Beckmann, Dr. Paul, Assistent am ])finnzenphysiologischen Institut der
Kgl. Gärtner-Lehranstalt in Dahlem-Steglitz bei Berlin, Miquel-
strasse 6, III.
Behrens, Dr. Joh., Professor, Direktor der Kaiserl. biologischen Anstalt
für Land- und Forstwirtschaft in Dahlem-Steglitz bei Berlin.
Mitsrliederliste.
"■o
(77)
Belajeff, Dr. W., Kurator der Volksaufklärung in Warschau, Krakauer
Vorstadt 28 (Russland).
ßenecke, Dr. W., Professor der Botanik an der Univertät in Kiel,
Bartelsallee 7.
Berthold, Dr. G,, Professor der Botanik und Direktor des pflanzen-
physiologischen Institutes in Göttingen.
Bessey, Dr. Ernst A., B. Sc, M. A., Pathologist in charge, in Miami
(Florida), Subtropical Laboratorj.
* Beyer, R., Professor, Oberlehrer in Berlin 0., Eaupachstr. 13, I.
Bitter, Dr. Georg, Direktor des botanischen Gartens in Bremen.
Blasius, Dr. Wilhelm, Geh. Hofrat, Professor und Direktor des bota-
nischen Gartens und des naturhistorischen Museums in Braunschweig,
Gaussstr. 17.
Blumentritt, Fritz, Gymnasialprofessor in Budweis.
Bode, Dr., Assistent am Institut für Gäruugsgewerbe in Berlin N.,
Seestr. 61.
Boergesen, Fr., Dr. pliil., Bibliothekar am botanischen Museum in
Kopenhagen, östbanegade 7.
Bohlin, Dr. Knut, Lektor, Privatdozent der Botanik an der Universität,
in Stockholm, Asögatan 81.
Boresch, Karl, Denionstrator am pflanzenphysiologischen Institut der
Deutschen Universität in Prag III, Brückengasse 55.
Borzl, A., Professor der Botanik und Direktor des botanischen Gartens
und des pflanzenphysiologischen Instituts der Universität in
Palermo.
Brand, Dr. Friedrich, in München, Liebigstr. 3.
Brandes, W., Apotheker in Hannover, Prinzensti-. 12 a.
Braungart, Dr. R., Professor in München, Fürstenstr. 18, I.
Brendel, R., Fabrikant botanischer Modelle in Grunewald bei Berlin,
Bismarck-Allee 37.
Brick, Dr. C, Assistent am Botanischen Museum, Leiter der Station
für Pflanzenschutz in Hamburg V, St. Georgskirchhof 6, I.
Briosi, Dr. Giovanni, Professor der Botanik an der Universität und
Direktor des Laboratorio crittogamico in Pavia. (Italien.)
Brück, Dr. Werner, Privatdozent in Giessen, Roonstr. 201.
Brunn, Julius, Dr. phil, in Sonderburg, Kirchenallee 9.
Brunnthaler, Josef, in Wien IV. 2, Johann-Straussgasse IL
Bruns, Dr. E., Apothekenbesitzer in Barmen-Wichlinghausen.
Bubäk, Dr. Franz, Professor der Botanik und der Pflanzenkrankheiten
an der landwirtschaftlichen Akademie in Täbor (Böhmen).
Bücher, Dr. Hermann, Versuchsanstalt für Landeskultur in Victoria
(Kamerun).
Bucherer, Dr. Emil, in Basel, Jurastr. 54.
Ber. der deutschen bot. GeseUsch. XXV. (Q\
/"jrg> Mitgliederliste.
Buchwald. Dr. Johannes, Abteilimgsvoisteher an der Versuchsanstalt
für Getreideverarbeitung in Berlin W., Würzburger Strasse 14.
Buder, Dr. Johannes, in Charlottenburg, Giesebrechtstr, 17.
Burchard, Dr. 0., Vorstand der agrikulturbotanischen Versuchsstation
und Samenprüfungsanstalt in Hamburg, 24., Immenberg 15 B.
Burgerstein, Dr. Alfred, ausserordentliclier Professor der Botanik an
der Universität in Wien II, Taborstr. 75.
Buscalioni, Dr. Luigi, Professor der Botanik und Direktor des Bo-
tanischen Gartens in Catania (Sicilien).
BUsgen, Dr. M., Professor der Botanik an der Forstakademie in Hann.
Münden, Bismarckstr. 606a.
Busse, Dr. Walter, Regierungsrat, Privatdozeut der Botanik an der
Universität Berlin, in Friedenau bei Berlin, Kaiser-Allee 65.
Campbell, Dr. Douglas H., Professor der Botanik an der Leland Stan-
ford Junior University in Palo Alto, Kalifornien (U. S. A.).
Cavara, Dr. Fridiano, Professor der Botanik und Direktor des botanischen
Gartens in Neapel, Reale Orto botanico.
Cavet, Dr. Louis, Königlicher Garteninspektor in Wiesbaden, Parkstr. 42.
Celakovsky, Dr. Ladislav, honor. Dozent der Botanik an der böhmischen
technischen Hochschule in Prag, Kgl. Weinberge, Puchmajuva
ulice 1319.
Chamberlain, Dr. Charles, Associate in Botany, in Chicago, HL, (ü. S. A.),
University.
Chodat, Dr., Professor der Botanik an der Universität in Genf.
Christensen, Carl, mag. scient. in Kopenhagen.
Claussen, Dr. Peter, Privatdozent in Berlin NW. 7, Dorotheeustr. 5, I.
Colling, Dr. J. F., in Bonn, Weberstr. 26, I.
Conwentz, Dr. H., Professor, Direktor des Westpreussischen Provinzial-
Museums, Staats-Unterkommissar für Naturdenkmalpflege in Danzig.
Correns, Dr. Carl E., Professor der Botanik in Leipzig, Talstr. 6, III.
Cuboni, Dr., Professor, Direktor der Stazione di Patologia vegetele in
Rom, V. S. Susanna.
Czapek, Dr. Friedrich, Professor der Botanik an der Universität in
Czernowitz (Österreich), Botanisches Institut der Universität.
*Dalla Torre, Dr. von, Professor an der Universität in Innsbruck,
Claudiastr. 6, IL
Dalmer, Dr. Moritz, Gymnasialoberlehrer in Tannenfeld bei Möbdenitz
(Sachsen-Altenburg).
Damm, Dr. Otto, ordentlicher Lehrer an der höheren Mädchenschule
in Charlottenburg 5, Windscheidstr. 34.
Mitgliederliste. (79)
Darbishire, Dr. 0. V., in Manchester (England), Owens College.
Davis, Dr. Bradley Moore, in Cambridge, Mass. (U. S. A.) 17 Feiton
Hall.
Dennert, Dr. E., in Godesberg a. Rhein,
Detmer, Dr. W., Professor der Botanik an der Universität in Jena,
Gartenstr. '2.
Derschau, Dr. Max von, in Auerbach an der Bergstrasse (Hessen).
Diels, Dr. L, Professor, Privatdozent der Botanik; z. Zt. in Marburg
i. Hessen.
*Dietel, Dr. P., Oberlehrer in Zwickau, Carolastr. 19.
Dingler, Dr. Hermann, Professor der Botanik an der forstlichen Hoch-
schule in Aschaffenburg (Bayern).
Dohrn, Dr. A., Geheimer Regierungsrat, Professor und Direktor der
zoologischen Station in Neapel.
Drude, Dr. Oskar, Geh. Hofrat, Professor der Botanik au der Techni-
schen Hochschule und Direktor des botanischen Gartens in
Dresden, Botanischer Garten.
Duggar, Dr. M. Benjamin, Professor der Pflanzeuphysiologie an der
Cornell-Universität in Ithaca, Xew York (U. S. A.).
Düsen, Dr. P., in Berg bei Yreta Kloster, Östergotland in Schweden.
Eberdt, Dr. Oskar, Kustos und Bibliotheksvorstand an der Geologischen
Landesanstalt zu Berlin, Grunewald bei Berlin, Lynarstr. 10.
* Ebermayer, Dr. E., Geh. Hofrat, Professor in München.
Engler, Dr. A., Geheimer Oberregierungsrat, Professor der Botanik und
Direktor des botanischen Gartens und Museums, Mitglied der
Akademie der Wissenschaften, in Dahlem-Steglitz bei Berlin, Neuer
botanischer Garten, Altensteinstr. 4.
Engler, Victor, cand. rer. nat. in Breslau, Botan. Garten.
Ernst, Dr. Alfred, Professor der Botanik und Direktor des botanisch-
physiologischen Laboratoriums der Universität in Zürich, IV,
Huttenstrasse 9.
Escombe, Fergusson, in Shawford, Winchester, England.
Esser, P. HJ. (S. V. D.), Lehrer der Anatomie und Physiologie der
Pflanzen in St. Gabriel bei Mödling-Wien.
Esser, Dr. P., Direktor des Botanischen Gartens in Cöln.
Ewert, Dr., Lehrer der Botanik und Leiter der botanischen Abteilung
der Versuchsstation des pomologischen Instituts in Proskau (Ober-
schlesien).
Faber, Dr. F. C. von, Hilfsarbeiter an der Biologischen Anstalt für
Land- und Forstwirtschaft in Dahlem-Steglitz, Wilmersdorf bei
Berlin, Kaiserallee 171.
Falkenberg, Dr. Paul, Professor der Botanik und Direktor des botan.
Gartens in Rostock.
(6*)
(g(y) Mitgliederliste.
Farlow, Dr. W. G., Professor der Botanik an der Universität
Cambrigde Mass. (U. S. A.)
Farmer, J. B., M. A., Professor der Botanik in London W., Claremont
House, Wimbledon Common.
Fedde, Dr. Friedrich, Oberlehrer in Wilmersdorf bei Berlin, Weimarsche
Strasse 3.
Fedtschenko, Boris von, Oberbotaniker am botanischen Garten in
St. Petersburg.
Figdor, Dr. W., Privatdozent an der Universität in Wien HI, Beatrix-
D-asse 27.
Fischer, Dr. Alfred, Professor der Botanik in Basel, Botanischer
Garten.
Fischer, Dr. Ed., Professor der Botanik in Bern, Rabbenthalstr. 79.
Fischer, Dr. Hugo, Privatdozent der Botanik, Vorsteher der bakterio-
logischen Abteilung an der agrikultur-chemischen Versuchsstation
in Berlin, in Charlottenburg, Marchstr. 15.
Fischer von Waldheim, Dr. Alexander, kais. russischer Geheimer Rat,
Exzellenz, emerit. ordentl. Professor der Botanik, Direktor des
kaiserlichen botanischen Gartens in St. Petersburg.
Fitting, Dr. Hans, Privatdozent und Assistent am botanischen Institut
in Tübingen, Lisztstrasse 14, IE.
Flahault, Dr. Charles, Professeur de l'Universite, Directeur de l'Institut
de Botanique in Montpellier.
Pocke, Dr. W. 0., Medizinalrat in Bremen, Beim Steinernen Kreuz 5.
Forti, Dr Achille, in Verona, Via S. Eufeniia.
Foslie, M., Direktor der botanischen Abteiljing des Museums in
Trondhjem in Norwegen.
Fries, Dr. Rob. E., Privatdozont an der Universiät in Uppsala.
Fritsch, Dr. Karl, Professor der Botanik und Vorstand des botanischen
Laboratoriums an der Universität in Graz (Steiermark), Alberstr. 19.
Fritsch, Dr. E. F., Assistant Professor der Botanik an der Universität
London (University College) in London NW., Prout Grove, Neasden.
Fuchs, Dr. Coelestin Anton, Professor, Pater am Gymnasium in Komotau
(Böhmen).
Fünfstück, Dr. Moritz, Professor der Botanik an der Technischen Hoch-
schule in Stuttgart, Ameisenbergstr. 7.
Furlani, Dr. Hans, Gymnasiallehrer in Nikolsburg.
Fürnrohr, Dr. Heinrich, Hofrat, Vorstand der botanischen Gesellschaft
in Regensburg.
Fujii, Dr K., Professor der Botanik in Tokio, Botanisches Institut der
Universität. Botanischer Garten.
Fynn, Dr. Enrique, Professor der Chemie an der Universität und
Direktor der landwirtschaftlichen Abteilung des argentinischen
Ministeriums in Buenos Aires, Grauja Bianca, Cangaelo 3270/80 y
Laprida.
Mitgliederliste. (81)
Gaidukov, N., z. Z. in Jena, Jahnstr. 14, 1.
Gardiner, Walter, M. A., Cliaue College in Cambridge (England),
St. Andrews, Hill Road.
Gassner, Dr. Gustav. Professor der Botanik an der Facultad de Agronomia,
Montevideo-Sayago, Uruguay.
Gatin, Dr. C. L, Preparateur de botanique ä la Sorbonne in Fontenay
aux Roses (Seine), rue La Boissiere 15.
*Geheeb, A., in Freiburg i. Br., Dreikönigstr. 20.
Geisenheyner, L, Gymnasialoberlehrer in Kreuznach.
Gibson, Dr. R. J. Harvey, Professor der Botanik in Liverpool, Botanisches
Institut, üuiversitv College.
Giesenhagen, Dr. Karl, Professor d. Botanik, in München, Yeterinärstr. 6.
Giessler, Dr. Rudolf, Kustos am botan. Institut in Leipzig, Sidonienstr. 19.
Gilg, Dr. Ernst, Professor der Botanik an der Universität, Kustos am
botan. Museum, in Steglitz bei Berlin, Arndtstr. 34.
Gjurasin, Dr. Stjepan, Prof. a. Mädchenlyceum i. Agram (Croatien). Zagreh.
Glück, Dr. Hugo, Professor der Botanik in Heidelberg, Brückenstr. 18, 1.
Gobi, Dr. Chr., Exzellenz, Professor der Botanik an der Universität in
St. Petersburg, Wassilii Ostrow, 9. Linie, 46, Qu. 34.
Goebel, Dr. K., Geh. Hof rat, Professor der Botanik und Direktor des
botanischen Gartens, sowie des pflanzenphysiologischen Institutes
in München, Luisenstr. 27, IL
Goethart, Dr. J. W. Chr., Konservator am Reichsherbarium in Leiden
(Niederlande), Rijn-Schickade 78.
Goodale, Dr. George Lincoln, Professor der Botanik au der Harvard-
Universität in Cambridge, Mass. (U. S. A.).
Graebner, Dr. P., Kustos am botanischen Garten in Dahlem, in Gross-
Lichterfelde-West bei Berlin, Yictoriastr. 8.
Gräfe, Dr. Victor, Dozeut der Botanik an der Universität iu Wien, VIII,
Hamerlingplatz 9.
Gran, Dr. H., Professor der Botanik an der Universität in Christiania,
Botanisches Institut.
Grosser, Dr. Wilhelm, Direktor der agrikulturbotanischen Versuchs-
station in Breslau X, Matthiasplatz 1.
Grüss, Dr. J,, Professor, Oberlehrer, in Friedrichshagen bei Berlin,
Königstr. 5.
Gurke, Dr. M., Professor, Kustos am botan. Museum, Herausgeber der
Monatsschrift für Kakteenkunde, in Steglitz bei Berlin, Rothen-
bm-gstr. 30, H.
Gürtler, Dr. Friedrich, in Fraustadt, Provinz Posen.
Guttenberg, Dr. Hermann Ritter von, Privatdozent an der K. K. Hoch-
schule für Bodenkultur in Wien II, K. K. Samenkontrollstation
(Landw. bot. Vers. -Anstalt), Lagerhausgasse.
Gutzeit, Dr. E., Professor in Königsberg i. Pr.
(^2") Mitgliederliste.
Haacke, Dr. Otto, Kealgymnasialoberlehrer in Plauen i. V., Streits Berg.
Haberlandt, Dr. G., Professor der Botanik und Direktor des botanischen
Gartens in Graz, Elisabethstr. 18.
Hallier, Dr. Hans, wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an den Botanischen
Staatsinstituten, Hamburg, 36.
Hämmerle, Dr. J,, Oberlehrer an der höheren Staatsschule in Döse
bei Cuxhaven, Strichweg 29b.
Hanausek, Dr. T. F., Professor, Gymnasialdirektor in Krems an der Donau.
Hannig, Dr. E., Prof. der Botanik, Assistent am botanischen Institut der
Universität in Strassburg i. Eis., Botanisches Institut.
Hanser\> Dr. Adolf, Geh. Hofrat, Professor der Botanik, Direktor des
botanischen Gartens in Giessen.
Harms, Dr. H., Professor, wissenschaftlicher Beamter der königlichen
Akademie der Wissenschaften, in Friedenau bei Berlin, Ring-
strasse 44.
Harper, R. A., Professor an der Universität in Madison, Wis. (U. S. A.),
423 N. Carroll Street.
Hartwich, Dr. C, Professor der Pharmakognosie am Polytechnikum
in Zürich.
Haupt, Dr. Hugo, in Bautzen, Georgstr. 13.
Hausrath, Dr. Hans, Professor an der Technischen Hochschule in
Karlsruhe, Kaiserstr. 12.
Hecke, Dr. Ludwig, Professor an der Hochschule für Bodenkultur
in Wien XIX, Hochschulstr. 17.
Heering, Dr. W., in Altona, Waterloostr. 14, I.
Hegi, Dr. Gustav, Privatdozent der Botanik an der Universität, Kustos
am Botanischen Garten in München.
Heiden, Dr. H., in Rostock, Prinz Friedrich Karlstr. 2.
Heimann, Emmy, in Braunschweig, Wolfenbüttelerstr. 9.
Heinricher, Dr. E., Professor der Botanik und Direktor des botanischen
Gartens der Universität in Innsbruck.
Heinsius, Dr. H. W., in Amsterdam, Yondelkerkstraat 10.
Hering, Dr. Georg, Lehrer an der Oberrealschule in Chemnitz.
Herpell, Gustav, in St. Goar.
Herrmann, E., König!. Regierungs- und Forstrat in Langfuhr bei Danzig,
Kastanienweg 8.
Hesse, Dr. Rud., Direktor der landwirtschaftlichen Winterschule in
Marburg i. H., Barfüsserthor 26.
Hesselmann, Dr. H., Dozent an der Universität in Stockholm, Högskola.
Heukels, H., Lehrer an der Realschule in Amsterdam, Weesperzijde 81.
Heydrich, F., Rentner in Wiesbaden, Lortzingstr. 4.
Hieronymus, Dr. Georg, Professor, Kustos am botanischen Museum zu
Dahlem, in Steglitz, Grunewaldstr. 27.
Mitgliederliste. (83)
Hildebrand, Dr. F., Geh. Hofrat, Professor der Botanik und Direktor
des botanischen Gartens in Freiburg in Baden.
Hiilmann, Dr. P., Vorstand der Saatzuehtabteilung der Deutschen
Landwirtschafts-Gesellschaft in Berlin SW. 11, Dessauer Strasse 14.
Miltner, Dr., Regierungsrat, Direktor der agrikulturbotanischeu Yer-
suchsanstalt München -Schwabing, Osterwaidstrasse. 9.
Hinneberg, Dr. P., in Altona-Ottensen, Flottbeker Chaussee 29.
Hinze, Dr. G., in Zerbst, Markt 15.
Hobein, Dr. M., Chemiker in München, Gabelsbergerstr. 76 a.
Hock, Dr. Fernando, Professor am Realgymnasium in Perleberg, Pritz-
walker Strasse 22.
* Hoffmann, Dr. Ferd., Prof., Oberlehrer in Charlottenburg, Spandauer Str. 6.
Hoffmeister, Dr. Camill, Leiter der Versuchsstation für Flachsindustrie
in Trautenau.
Höhnel, Dr. Fr., Ritter von, Professor an der technischen Hochschule
in Wien, IV, Karlsplatz 13.
Höstermann, Dr. G., Yorst. d. pflanzenphysiologischen Abteilung und
Lehrer an der K. Gärtner Lehranstalt in Dahlem-Steglitz bei Berlin.
Holtermann, Dr. Carl, Professor, Privatdozent der Botanik in Berlin NW.,
Dorotheenstr. 5.
*Horn, Paul, Apotheker in Waren (Mecklenburg).
Hunger, Dr. F. W. T., Direktor der Algemeen Proefstation, Jalatiga (Java).
Iltis, Dr. Hugo, in Brunn, Franz Josephstr. 30.
Jaap, 0., Lehrer in Hamburg, 25, Burgstr. 52.
Jahn, Dr. Eduard, Oberlehrer in Charlottenburg 5, Witzlebenstr. 40.
Japp, R. H., Professor am University College of Wales in Aberystwyth
(England).
Jensen, Hjalmar, in Buitenzorg auf Java, 's Lands Planteutuin.
Johannsen, Dr. W., Professor der Pflanzenphysiologie au der Universität
in Kopenhagen, Botanischer Garten.
ohnson, Dr. T., F. L. S., Professor der Botanik am Royal College
of Science und Kustos der botanischen Sammlungen des l!sational-
museums in Dublin.
Jongmans, Dr. Wilhelm, in Leiden (Holland), Breetstraat 137. BotaniscTies
Institut.
Jönsson, Dr. Bengt, Professor der Botanik und Direktor des morpho-
logisch-biologischen Museums in Lund (Schweden).
Jost, Dr. Ludwig, Professor der Botanik in Bonn, HohenzoUerustr. 33
Issatschenko, Boris, Privatdozent der Botanik an der Universität, Vorsteher
der Samenprüfungsstation in St. Petersburg, Kaiserl. Botanischer
Garten.
(S4) Mitgliederliste.
*lstvänffi, Dr. Gyula von (Schaarschmid, J.), Direktor der ungarischen
ampelologischen Centralanstalt, in Budapest II, Törökvesz, Debröi
lit 13.
Junk, W., in Charlottenburg, Kurfürstendamm 201.
Iwanowski, Dr. Dimitri, Professor der Pflanzenphysiologie an der Uni-
versität in Warschau.
Kabät, Jos. Em., emeritierter Zuckerfabrikdirektor in Turnau 544
(Böhmen).
Kamerling, Dr. Z., in Weltevreden bei Batavia (Java).
Kambersky, Dr. 0., Vorstand der landwirtschaftlichen Versuchs- und
Samenkontrollstation in Troppau.
Karsten, Dr. George, Professor der Botanik an der Universität in Bonn,
Arndtstr. 20.
Katitsh, Dr. Danilo, Professor, Gymnasialoberlehrer in Belgrad (Serbien).
Kegel, Dr. Werner, in Bremen, Mendestr. 22.
Keller, Dr. Robert, Kektor in WInterthur, Trollstr. 32.
Kienitz-Gerloff, Dr. F., Professor in Weilburg, Keg.-Bez. Wiesbaden.
Kirchner, Dr. 0., Professor der Botanik an der landwirtschaftlichen
Hochschule in Hohenheim bei Stutto-art.
Klebahn. Dr. H., Professor, in Hamburg 30, Hoheluftchaussee 124.
Klebs, Dr. Georg, Geh. Hofrat, Professor der Botanik und Direktor
des botanischen Gartens in Heidelberg.
) i n, Dr. Edmund, Professor in Luxemburg, Äusserer Ring 20.
Klein, Dr. Jul., Professor am Josephs-Polytechnikum in Budapest.
Klein, Dr. Ludwig, Geh. Hofrat, Professor der Botanik und Direktor
des botanischen Gartens an der Technischen Hochschule in
Karlsruhe in Baden, Kaiserstr. 2 (Botanisches Institut).
Klemm, Dr. P., in Gautzsch bei Leipzig, Bauverein.
Klemt, Dr. F., in Berlin, Spandauerbrücke.
Kneucker, A., Redakteur der Allgemeinen botanischen Zeitschrift in
Karlsruhe i. B., Werderplatz 48.
Kniep, Dr. Hans, Privatdozent in Freiburg i. B., Bot. Institut d. Universität.
Knischewsky, Dr. Olga, in Charlottenburg-Westend, Spandauerstr. 17.
Knuth, Dr. Reinhard, Oberlehrer in Wilmersdorf bei Berlin, Wilhelms-
aue 12, IV.
Kny, Dr. L., Geheimer Regierungsrat, Professor der Botanik, Direktor
des pflanzenphysiologischen Institutes der Universität und des
botanischen Institutes der Landwirtschaftlichen Hochschule zu
Berlin, Wilmersdorf-Berlin, Kaiser-Allee 186/187.
Koch, Dr. Alfred, Professor, Direktor des landwirtschaftlich -bakterio-
logischen Institutes an der Universität Göttingen, Herausgeber
des Jahresberichtes über die Fortschritte in der Lehre von den
Gärungsorganismen, in Göltingen, Schildweg 13.
Mitgliederliste. (8^)
Koch, Dr. L, Professor der Botanik an der Universität in Heidelberg,
Sophienstr. 25.
Koehne, Dr. E., Professor, in Friedenau bei Berlin, Kirchstr. 5.
Kohl, Dr. F. G., Professor in Marburg a. L, Eenthofstr. 12.
Kolkwitz, Dr. Richard, Professor, Privatdozent der Botanik an der
Universität und an der Landwirtschaftlichen Hochschule zu
Berlin, wissenschaftliches Mitglied der Versuchs- und Prüfungs-
anstalt für Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung, in
Steglitz bei Berlin, Hohenzollernstr. 2.
Koernicke, Dr. Max, Privatdozent der Botanik und Assistent am botan.
Institut der Universität in Bonn, Bonner Talweg 45.
Koorders, Dr. S. H., in Leiden (Holland).
Korschelt, Dr. P., Oberlehrer am königl. Kealgymnasium in Zittau i. S.,
Königsstr. 21.
Kränzlin, Dr. Fr., Professor in Berlin C , Klosterst. 73.
Krasser, Dr. Fridolin, Professor, Privatdozent der Botanik in Kloster-
neuburg bei Wien, Wiener Str. 54.
Kraus, Dr. C, Professor an der Technischen Hochschule in München,
Luisenstr. 45, I.
Kraus, Dr. Gregor, Professor der Botanik und Direktor des botanischen
Gartens in Würzburg, Klinikstr. 12.
Krause, Dr. Kurt, Assistent am Königl. Botanischen Museum in Dahlem-
Steglitz bei Berlin.
Kroemer, Dr. Karl, Dirigent der pflanzenphysiologischen Versuchs-
station der Lehranstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau in Geisen-
heim a. Rh.
Krüger, Dr. Friedrich, Professor, Hilfsarbeiter an der Biologischen
Anstalt zu Dahlem, in Gross -Lichterfelde -Ost bei Berlin, Hobrecht-
strasse 10.
Krull, Rudolph, Apotheker in Breslau, Kosenthalerstr. 45.
Kuckuck, Dr. Paul, Professor, Kustos für Botanik an der Biologischen
Anstalt auf Helgoland.
Kuegler, Dr., Marine-Oberstabsarzt L Kl. a. D. in Charlottenburg, Knese-
beckstrasse 85.
Kühn, Dr. Jul., Exzellenz, Wirklicher Geheimer Rat, Professor der
Landwirtschaft und Direktor des landwirtschaftlichen Institutes
der Universität in Halle a. S.
Kumm, Dr., Professor an der Technischen Hochschule und Kustos am
Westpreussischen Provinzial-Museum in Danzig-Langfuhr, Haupt-
strasse 89.
* Kündig, Dr. J., Dozent an der Universität, in Mikasa, Zollikon bei
Zürich.
Kurtz, Dr. Fritz, Professor der Botanik, Direktor des botanischen
(S6) Mitgliederliste.
Museums an der Universität und Mitglied der Academia nacional
de ciencias in Cördoba (Argentinische Republik).
Küster, Dr. Ernst, Privatdozent der Botanik an der Universität in
Halle a. S., Botan. Institut im Botanischen Garten, Bismarck-
strasse 2.
Lagerheim, Dr. 6. von, Professor der Botanik an der Universität und
Direktor des botanischen Institutes in Stockholm N., Stockholms
Högskola.
Laibach, Dr. Fr., in Limburg a. L.
Lakon, Dr. G., in Athen, Botanisches Institut.
Lakowitz, Dr. C, Professor, Oberlehrer in Danzig, Frauengasse 26.
Lande. Max, cand. phil. in Berlin NW. 23, Händelstr. 3, z. Zt. in Zürich.
Laubert, Dr. R., Botaniker an der Biologischen Anstalt für Land- und
Forstwirtschaft zu Dahlem, in Steglitz bei Berlin, Düppelstr. 39, IIL
Lauterbach, Dr. C, Rittergutsbesitzer auf Stabelwitz bei Deutsch- Lissa.
Laux, Dr. Walther, Apothekenbesitzer in Berlin C, Prenzlauer Str. 45 a.
Lehmann, Dr. Ernst, in Bonn-Poppelsdorf, Bot. Institut d. landw. Akademie.
Leisering, Dr. Bruno, in Berlin 0. 26, Kottbuserstr. 8.
Lemcke, Dr. Alfred, Yorsteher der Pflanzenschutzstelle der Landwirt-
schaftskammmer für die Provinz Ostpreussen in Königsberg i. Pr.,
Köttelstr. 11.
Lemmermann, E., Seminarlehrer, wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am
Städtischen Museum in Bremen, Celler Str. 41.
Lepeschkin, Dr. Wlad., Privatdozent in St. Petersburg, Botan. Institut
der Universität.
Leschnitzer, Dr. 0., Apothekenbesitzer in Posen, Wilhelmplatz 13.
Liebenberg, Dr. Ad. Ritter von, Hofrat, Professor an der Hochschule
für Bodenkultur in Wien XIX, Hochschulstr. 24.
Lindau, Dr. Gustav, Professor, Privatdozent der Botanik, Kustos am
botanischen Museum zu Dahlem. Privatadresse: Gross-Lichter-
felde W., Roonstr. 5, I.
Lindemuth, H., kgl. Gartenbaudirektor und Dozent an der Landwirtschaft-
lichen Hochschule in Berlin NW. 7, Dorotheenstr., Universitätsgarten.
Lindner, Dr. Paul, Professor in Berlin N. 65, See- und Torfstrassen-Ecke,
Institut für Gärungsgewerbe.
Linhard, Dr. Georg, Professor an der ungarischen landwirtschaftlichen
Akademie in Ungarisch-Altenburg (Magyar Ovar).
Linsbauer, Dr. Karl, Assistent am pflanzenphysiologischen Institute der
Universität in Wien XIX, Hartäckerstr. 26.
Lloyd, L G., The Lloyd Library, CIncinnati, 0., (U. S. A.), 224 West
Court Street.
Loesener, Dr. Th., Kustos am botanischen Museum zu Dahlem, in
Steglitz bei Berlin, Humboldtstr. 28.
Mitgliederliste. (^87)
Loew, Dr. E., Professor in Berlin SW., Grossbeerenstr. 67, III.
Lorch, Dr. W., Oberlehrer in Schöneberg bei Berlin, Hähnelstr. 4.
Lopriore, Dr. Giuseppe, Privatdozent der Botanik an der Universität
und Professor an der Scuola di Enologia in Catania (Sicilien),
Piazza Cavour 8.
Ludwig, Dr. Alfred, Oberlehrer in Forbach (Lothr.).
Luerssen, Dr. Chr., Professor der Botanik und Direktor des botanischen
Gartens in Königsberg i. Pr.
Luxburg, Dr. Hermann, Graf zu, in Würzburg, Sanderglacisstr. 25.
Mac Kenney, Dr. Randolph E. B., Professor, Pflanzenphysiologe am
Department of Agriculture und Assistant-Professor an der Colum-
bian University in Washington DC, Adresse: Philadelphia, Pa.
(U. S. A.), 3320 N., löth Street.
Mac-Leod, Professor der Botanik und Direktor des botan. Gartens in
Gent (Belgien).
Magnus, Dr. P., Professor der Botanik an der Universität in Berlin W.,
Blumes Hof 15.
Magnus, Dr. Werner, Privatdozent der Botanik an der Universität und
an der Landwirtschaftlichen Hochschule, Assistent am pflanzen-
physiologischen Institut der Universität und am botanischen
Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin W., Am
Karlsbad 3.
Maire, R., Preparateur de la Faculte des sciences de l'Universite de Nancy.
Marloth, Dr. Rudolf, in Kapstadt (Süd-Afrika), P. 0. box 359.
Marsson, Dr. Maximilian, Professor, in Berlin W. 30, Landshuter Str. 28.
Mattirolo, Dr. 0., Professor der Botanik und Direktor des botanischen
Gartens in Turin, Valentine.
Mäule, Dr. C, Professor am Gymnasium in Cannstatt-Stuttgart, Ludwig-
strasse 17.
Maurizio, Dr. A., Professor am Polytechnikum in Lemberg.
Meyer, Dr. Arthur, Professor der Botanik und Direktor des botanischen
Gartens in Marburg a. L, Biegenstr. 38.
Mez, Dr. C, Professor der Botanik in Halle a. S., Botanisches Institut.
Miehe, Dr. Hugo, Privatdozent der Botanik, Assistent am botan. Institute
in Leipzig-Reudnitz, Oststr. 8, I.
*Mlgula, Dr. W., Professor der Botanik an der Forstlehranstalt in
Eisenach, Sophienstr. 7.
Mikosch, Dr. C, Professor an der Technischen Hochschule in Brunn.
Mildbraed, Dr. K., Assistent am botanischen Museum in Dahlem bei
Berlin, Charlottenburg, Berliner Str. 106.
Mlliarakis, Dr. S., Professor an der Universität in Athen, Rue Didot 12A.
Minks, Dr. Arthur, Arzt in Stettin, Deutsche Strasse 58, IL
Miyake, Dr. Kiichl, in Kioto (Japan), Doshisha College.
(^S) Mitgliederliste.
Miyoshi, Dr. Manabu, Professor der Botanik an der Universität zu
Tokio, Botanisches Institut der Universität.
Möbius, Dr. M., Professor, Direktor des botanischen Gartens in Frank-
furt a. M., Königsteiner Str. 52.
Möllerj Dr. Alfred, Professor, Oberforstmeister, Direktor der Forst-
akademie in Eberswalde, Douopstr. 16.
Moeller, Dr. Herrn,, Professor der Botanik in Greifswald, Brink-
strasse 75.
Moewes, Dr. Franz, in Berlin S., Schleiermacherstr. 24.
Molisch, Dr. Hans, Professor der Anatomie und Physiologie der Pflanzen
und Vorstand des pflanzenphysiologischen Institutes an der deut-
schen Universität in Prag, II, Weinberggasse 3 a.
IVIrazek, August, stud. phil. in Prag, III, Wendische Gasse Nr. 346.
Mücke, Dr. Manfred, in Berlin W. 30, Sollend orfstr. 21a, IL
Müller, Dr. Julius, in Ziegenhals, O.-S., Promeuadenstr. 24, IL
Müller, Dr. Otto, Professor in Tempelhof bei Berlin, Blumenthalstr. 1.
Müller-Thurgau, Dr. Herrn., Professor und Direktor der deutsch-schweize-
rischen Versuchsstation für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädens-
weil bei Zürich.
Müller, Dr. Rudolf, Professor für Pharmakognosie an der Universität
in Graz (Steiermark), Universitätsplatz 4.
Murinoff, A., Assistent am agronomischen Laboratorium der Universität
in St. Petersburg, Fontauka 162.
Muth, Dr. F., in Oppenheim a. Rh.
Nabokich, Dr. A. J., Professor an der Universität in Odessa (Russland),
Agronomisches Laboratorium.
Neger, Dr. F. W., Professor der Botanik an der Forstakademie Tharand
in Sachsen.
Nemec, Dr. Bohumil, Professor der Botanik an der böhmischen Uni-
versität in Prag, Slupy 433.
Nestler, Dr. A., Professor der Botanik, Oberinspektor der Unter-
suchungsanstalt für Lebensmittel an der deutschen Universität
in Prag, Kgl. Weinberge.
Neumann, M. P., Vorstand der chemischen Abteilung der Versuchs-
station für Getreideverwertung in Berlin N. 65, Seestr. 4 a.
Nevinny, Dr. Joseph, Professor in Innsbruck.
Niedenzu, Dr. F., Professor am Lyceum Hosianum in Braunsberg (Ost-
preussen).
Niemann, G.. Lehrer in Magdeburg.
Nienburg, Dr. Wilhelm, in Friedenau bei Berlin, Kaiserallee 140.
Nilsson, Professor in Svalöf (Schweden).
Nobbe, Dr. F., Geheimer Hofrat, emerit. Professor der Botanik und
Direktor des forstakademischen Gartens in Tharand.
Mitgliederliste. (89)
Noil, Dr. F., Professor der Botanik an der Universität in Halle a. S.,
Botanisches Institut.
Nordhausen, Dr. Max, Professor, Privatdozent der Botanik in Kiel,
Botanisches Institut, Feldstr. 4.
Oliver, Francis Wall, Professor der Botanik an dem University College
in London, 2 the Vale, Chelsea, S. W.
Oltmanns, Dr. Friedrich, Professor der Botanik, Redakteur der Botan.
Zeitung II, in Freiburg i. B., Belfortstr. 26.
Orth, Dr. A., Geheimer Regierungsrat, Professor und Direktor des
agronomisch-pedologischen Institutes der Landwirtschaftlichen
Hochschule in Berlin W., Ziethenstr. 6 b.
Ostenfeld, Dr. C, Inspektor des Botanischen Museums in Kopenhagen, 0.
Sortedams Dossering 63 A.
*Osterwald, Carl, Professor am Lessinggymnasium in Berlin NW. 52,
Spenerstr. 35.
Oven, Dr. E. von, in Berlin, W. 57, Yorkstr. 48, L
Overton, Dr. J. B., Professor am Botanical Department der Universität
von Wisconsin in Madison, Wisc, (U. S. A.), Science Building.
Paeckelmann, Wolfgang, wissenschaftlicher Hilfslehrer in Elberfeld,
Brünino-str. 16.
Palla, Dr. Eduard, Professor an der Universität in Graz, Schubertstr. 21.
Botanisches Institut.
Pammel, L. H., M. S., B. Agr., Professor der Botanik an dem Iowa
College of Agriculture in Arnes, Iowa (U. S. A.).
Pantanelli, Dr. Enrico, Privatdozent der Pflanzenphysiologie an der
Universität und Assistent an der Stazione di Patologia vegetale
in Rom, Via St. Susanna l.
Paul, Dr. Hermann, Assistent an der bayerischen Moorkulturanstalt in
München, Kellerstr. 22a.
Pax, Dr. Ferdinand, Professor der Botanik an der Universität und Direk-
tor des botanischen Gartens in Breslau.
Pazschke, Dr. 0., in Dresden-N., Forststr. 29, 1.
Peirce, Dr. George James, Assistant Professor of Botany and Plant
Physiology an der Leland Stanford Junior University in Palo Alto
bei San Francisco in Kalifornien (U. S. A.).
Perkins, Frl. Dr. Janet, in Dahlem-Steglitz bei Berlin, Königin Luise-
Strasse 6/8. Botanisches Museum.
Peter, Dr. A., Professor der Botanik an der Universität und Direktor
des botanischen Gartens in Göttingen, Untere Karspüle 2.
Peters, Dr., Leo, Botaniker an der Biologischen Anstalt für Land-
und Forstwirtschaft zu Dahlem, in Steglitz, Schlossstr. 41.
Pfeffer, Dr. W., Geh. Rat, Professor der Botanik an der Universität und
Direktor des botanischen Institutes und Botan. Gartens in Leipzig.
(20) Mitgliederliste.
Philippi, Federico, Professor der Botanik, Director del Museo Nacional
in Santiago (Chile).
Philipps, W. Reginald, M. A., D. Sc, Professor am University College
in Bangor (Wales), England.
Pilger, Dr. R., Prof., Assistent am botan. Garten u. Dozent f. Botanik
an der Techn. Hochschule in Charlottenburg, Hardenbergstr. 37.
Pirotta, Dr. R., Professor der Botanik an der Universität und Direktor
des botanischen Institutes in Rom, Tia Panisperna 89 B.
Polowzow, Fr. Warwara von, in St. Petersburg.
Pomorski, J., Professor der Agrikulturchemie, Direktor der landwirt-
schaftlichen Versuchsstation in Dublany bei Lemberg.
Porsild, Morton, mag. sc, Direktor d. dän. Arkt. Station in Grönland.
Portheim, Leopold Ritter von, Leiter der Biologischen Versuchsanstalt in
Wien VII, Burggasse 100a.
Potonie, Dr. H., Professor, Landesgeologe, Kedakteur der „Naturwissen-
schaftlichen Wochenschrift" in Gross-Lichterfelde-West bei Berlin,
Potsdamer Strasse 35.
Potter, M. C, M. A., Professor der Botanik am Durham College of Science
in Newcastle upon Tyne, 14 Highbury, West Jesmond.
Poulsen, Dr. Viggo A., Professor für pharmazeutische Botanik an der
Universitcät in Kopenhagen, V.,'Rosenv£engets hovedvej 29.
Preuss, Hans, Lehrer in Danzig, Gartengasse 1.
Pringsheim, Dr. Ernst, in Breslau, IX, Göppertstr. 6/8.
Puriewitsch, Dr. Konstantin, Professor der Botanik an der Universität
Kiew, Botanisches Institut.
Raatz, Dr. Wilhelm, an der Zuckerfabrik Klein-Wanzleben bei Magdeburg.
Raciborski , Dr. M. von, Professor der Botanik an der landwirtschaft-
lichen Akademie und Direktor des botanischen Gartens in
Dublany bei Lemberg (Osterreich).
Radlkofer, Dr. L., Professor der Botanik an der Universität, Vorstand
des botanischen Museums (Herbariums), Mitglied der Akademie
der Wissenschaften in München, Sonnenstr. 7, I.
Rehder, Alfred, in Jamaica Piain, Mass. U. S. A.
Rehsteiner, Dr. Hugo, Apotheker in St. Gallen.
Reiche, Dr. Carlos, Chef der botanischen Section des Museo Nacional
in Santiago (Chile), cas. 2105.
Reinhardt, Dr. M. Otto, Professor, Privatdozent der Botanik in Berlin N.,
Elsasser Strasse 31, Portal II.
*Reinitzer, Friedrich, Professor an der Technischen Hochschule in Graz
(Steiermark).
Reinke, Dr. Joh., Geheimer Regierungsrat, Professor der Botanik und
Direktor des botanischen Gartens in Kiel, Düsternbrook 17.
Mitgliederliste. (91)
Reinsch, Dr. P. F., Professor in Erlangen.
Remer, Dr. Wilhelm, in München, Prinzenstr. 13.
Renner, Dr. Otto, Kustos am k. pflanzenphysiologischen Institut in München.
* Richter, Dr. P., Oberlehrer in Lübben in der Lausitz.
Richter, Paul, Oberlehrer in Leipzig, Talstr. 12 b.
Richter, Dr. Oswald, Privatdozent der Botanik und Assistent am pflanzen-
physiologischen Institut der Deutschen Universität in Prag, II,
Weinberggasse 3a.
Riehm, Dr. Eduard, wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der Biologischen
Anstalt für Land- und Forstwirtschaft zu Dahlem, in Steglitz bei
Berlin, Albrechtstr. 13.
Riemerschmid, Anton, Guts- und Fabrikbesitzer in Pasing bei München.
Rikli, Dr. Martin, Privatdozent und Konservator der botanischen Samm-
lungen am eidgenössischen Polytechnikum in Zürich, II, Piano-
gasse 12.
Rimbach, Dr. A., per Adr. Rickert y Ca,, in Guayaquil (Ecuador).
Rodewald, Dr. Herrn., Professor und Direktor des landwirtschaftlichen
Institutes in Kiel, Bartels-Allee 20.
Rompel, Dr. Josef, S. J., Professor der Naturgeschichte am Jesuiten-
gymnasium zu Feldkirch (Vorarlberg).
Rosen, Dr. Felix, Professor der Botanik an der Universität in Breslau,
Marienstr. 4.
Rosenberg, Dr. 0., Privatdozent der Botanik an der Universität in
Stockholm, Tegnerlunden 4.
Ross, Dr. H., Kustos am botanischen Museum in München, Richard-
Wagner-Strasse 18, IV,
Rössler, Dr. Wilhelm, Prof., Oberlehrer in Charlottenburg, Cauerstr. 30.
*Roth, Dr. Ernst, Oberbibliothekar der Universitätsbibliothek in Halle a.S,,
Lafontainestr. 32.
Rothert, Dr. Wladislaw, Professor der Botanik an der Universität in Odessa.
Rubel, Dr. E., in Zürich, Zürichbergstr. 45.
Ruhland, Dr. W., Privatdozent der Botanik an der Universität und
wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der Biologischen Anstalt in
Dahlem, in Berlin W. 30, Gossowstr. 9.
Rumm, Dr. C, in Stuttgart, Moserstr. 8.
Ruttner, Dr., Franz, Assistent an der Biologischen Station in Lunz
(Nieder-Österreich).
Saccardo, Dr. P. A., Professor der Botanik an der Universität in Padua.
Saida, Dr. Kotaro, Professor der Botanik in Tokio (Japan), Koisnikawa
Doshinmashi Nr. 1.
Saupe, Dr. A., in Dresden, Kyffhäuserstr. 17.
Schander, R., Vorstand des botanischen Laboratoriums der Landwirt-
schaftlichen Versuchs- und Forschungsanstalt in Bromberg.
/92") Mitgliederliste.
Schellenberg, Gustav, Assistent am botan. Laboratorium der Universität
in München, Karlstr. 42.
Schellenberg, Dr H. C, in Zürich, Hofstr. 40.
Schenck, Dr. Heinrich, Professor der Botanik an der Technischen Hoch-
schule und Direktor des botan. Gartens in Darmsiadt, Nikolaiweg 6.
Scherffel, Aladär, in Iglö, Zips, Ober-Ungarn.
Schikorra, Dr. Georg, Assistent am städtischen Untersuchungsamt für
hygienische und gewerbliche Zwecke in Berlin 0., Weidenweg 81.
Schiller, Dr. Jos., Assistent an der zoologischen Station in Triest.
Schilling, Dr. Aug. Jg., Privatdozent an der Technischen Hochschule in
Darmstadt, wolmhaft in Grossgerau.
Schinz, Dr. Hans, Professor der Botanik an der Universität und Direktor
des botanischen Gartens und des botanischen Museums der Uni-
versität in Zürich V, Seefeldstr. 12.
Schlechter, Dr. Rudolf, in Berlin S., Gräfestr. 33.
Schmidle. W., Professor, Direktor des Lehrerseminars in Karls-
ruhe i. B.
Schober, Dr. Alfred, Professor und Schulinspektor in Hamburg -Eilbeck,
Papenstr. 50.
*Schönland, Dr. S., Curator of the Albany Museum in Grahamstown,
Südafrika (Kapkolonie).
Schorler, Dr. Bernhard, Institutslehrer und Kustos am Herbarium der
Technischen Hochschule in Dresden-Striesen, Krenkelstr. 34.
Schottländer, Dr. Paul, Kittergutsbesitzer, in Breslau, Yictoriastr. 109.
Schrenk, Hermann von, B. S., A. M., Ph. D., Botanical Garden in St. Louis,
Mo. (U. S. A.)
Schröder, Dr. Bruno, Lehrer in Breslau, Sadowastr. 88, H.
Schröder, Dr. Henry, Privatdozent an der Universität in Bonn a. Rh.,
Meckenheimer Str. 150.
Schrodt, Dr. Jul., Professor, Direktor der YIL Realschule in Berlin SO. 26,
Mariannenstr. 47, IL
Schröter, Dr. C, Professor der Botanik am Polytechnikum in Zürich,
Hottingen-Zürich, Merkurstr. 70.
Schübe, Dr. Theodor, Professor, Oberlehrer in Breslau, Forckenbeck-
strasse 10.
Schultz, Richard, Oberlehrer in Sommerfeld, Reg.-Bez. Frankfurt a. 0.,
Pförtnerstr. 13.
Schulz, Dr. A., Privatdozent der Botanik in Halle a. S., Albrecht-
strasse 10.
Schulze, Dr. Hilmar, in Bad Oeynhausen.
Schulze, Max, in Jena, Marienstr. 3.
Schuster, Dr Walther, in Frankfurt a. M.
Schutt, Dr. Franz, Professor der Botanik an der Universität und Direk-
tor des botanischen Gartens und Museums in Greifswald.
Mitgliederliste. (93)
Schwarz, Dr. Frank, Professor der Botanik an der Forstakademie in
Eberswalde.
Schweinfurth, Dr. Georg, Professor in Berlin W.. Potsdamer Strasse 75a.
Schwendener, Dr. S., Geheimer Regierungsrat, Professor der Botanik
und Direktor des botanischen Institutes der Universität, Mitsdied der
Akademie der Wissenschaften, in Berlin W. 10, Matthäikirchstr. 28.
Scott, Dr. D. H., F. R. S., ehedem Honorary Keeper of the Jodrell La-
boratory, Royal Gardens, Kew, one of the Editors of the Annais
of Botany, East Oakley House, Oakley, Hants (England).
Seckt, Dr. Hans, in Buenos Aires (Argentinien). Belgrano. Mendoza 2977.
Seemen, 0. von, Rittmeister a. D., in Berlin NW. 40, Scharnhorststr. 42.
Semadeni, Dr. 0., in Poschiavo (Graubünden).
Senn, Dr. Gustav, Privatdozent der Botanik an der Universität in Basel.
Sernander, Dr. Rutger, Privatdozent der Botanik in Uppsala.
Shibata, Dr. K., in Tokio (Japan), Botanisches Institut der Universität.
Shull, Dr. 6eo. H., Leiter der botanischen Arbeiten an der Station
für experimentelle Entwickelungslehre, Carnegie Institution of
Washington. Gold Spring Harbour, Long Island, N. Y. (U. St. A.).
Simon. Dr. Friedrich, in Frankfurt a. M., Schwarzburgstr. 86.
Simon, Dr. Siegfried, Assistent am Botanischen Institut in Leipzig,
Grassistr. 23.
Singer, Dr. Max, Professor am Deutschen Gymnasium in Prag, König-
liche Weinberoe.
Solereder, Dr. Hans, Professor der Botanik an der Universität und Direk-
tor des botanischen Institutes in Erlangen, Botanischer Garten.
Solms-Laubach, Dr. H. Graf zu, Professor der Botanik an der Universität
und Direktor des botanischen Gartens, Redakteur der „Botan.
Zeitung" in Strassburg 1. Eis., Botanischer Garten.
Sonder, Dr. Chr., in Oldesloe (Holstein).
Sonntag, Dr. P., Oberlehrer an der Oberrealschule St. Petri und Pauli,
in Saspe-Neufahrwasser bei Danzig, Yilla Mövenblick.
Sorauer, Dr. Paul, Professor, Privatdozent der Botanik an der
Universität, Redakteur der „Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten",
in Berlin-Schöneberg, Martin Luther-Strasse 50.
Spieckermann, Dr. A., Vorsteher der bakteriologischen Abteilung der
Versuchsstation in Münster i. W., Plöniesstr. 5, I.
Sperlich, Dr. Adolf, Professor, suppl. Lehrer an der Lehrerbildungs-
anstalt in Innsbruck, Maximilianstr. 17.
Spiessen, Freiherr von, königl. Forstmeister in Winkel im Rheingau.
Stahl, Dr. med. A., iu Bayamon (Portorico).
Stahl, Dr. Ernst, Professor der Botanik an der Universität und Direktor
des botanischen Gartens in Jena.
Stameroff, Kyriak, Dozent der Botanik an der Universität zu Odessa, Pusch-
kinskaja Strasse 8, Wohnung 15.
Ber. der deutschen bot. Gesellscli. XXV. (7^
(■94) Mitgliederliste.
Steinbrinck, Dr. C, Professor am Realgymnasium in Lippstadt.
Steiner, Rudolf, Lehramtskandidat in Prag, Königliche AVeinberge,
Puchmajorgasse 1299.
Steyer, Dr. Karl, Oberlehrer an der Ernestinenschule in Lübeck,
Huextertor-AUee 23.
Stoklasa, Dr. Julius, Professor und Direktor der chemisch-physiologischen
Versuchsstation der böhmischen technischen Hochschule in Prag,
Karlsplatz 3.
Stoppel, Frl. Rose, in Freiburg i. B., Rotlaubstr. 13.
Strasburger, Dr. Ed., Geh. Regierungsrat, Professor der Botaniic an
der Universität und Direktor des botanischen Gartens in Bonn.
*Strauss, H. C, Obergärtner am botanischen Garten in Dahlem-Steglitz
bei Berlin.
Suringar, Dr. J. Valckenier, in Wageningen (Holland).
Svedelius, Dr. Nils Eberhard, Privatdozent der Botanik an der Universität
in Upsala.
Tansley, A. G., Assistant in the Botanical Department at the University
College, in Translay Grantchester Cambridge.
Ternetz, Frl. Dr. Charlotte, in Basel, Feldbergstr. 118.
Thomas, Dr. Fr., Professor, emerit. Oberlehrer am Gymnasium
Gleichense in Ohrdruf, Hohenlohestr. 14.
Thoms, Dr. Hermann. Professor der pharmazeutischen Chemie an der
Universität in Berlin, Steglitz bei Berlin, Hohenzollernstr. 3.
Thost, Dr. R., in Gross-Lichterfelde-Ost bei Berlin, Wilhelmstr. 27.
Timpe, Dr. H., Oberlehrer in Hamburg -Eimsbüttel, Am Weiher 29.
Tischler, Dr. Georg, Privatdozent der Botanik und Assistent am bo-
tanischen Institut, in Heidelberg -Neuenheim, Laclenburger Str. 6.
Tobler, Dr. Friedrich, Privatdozeut der Botanik und Assistent am
botanischen Institut der Universität in Münster i. W., Schulstr. ] 7.
Toni, Dr. G. B. de, Professor der Botanik und Direktor des botanischen
Gartens, Laureat de l'Institut de France, Herausgeber der „Nuova
Notarisia", in Modena.
Trail, Dr. James W. H., F. R. S., Professor der Botanik an der Uni-
versität Aberdeen in Old Aberdeen, High Street 71 (Schottland).
Trow, Dr. A. H., Lecturer in Botany am University College of South-
Wales and Monmouthshire in Cardiff (England), Penarth 50.
Tschermak, Dr. Erich, Edler v. Seysenegg, Professor an der Hochschule
für Bodenkultur, in Wien XVIII, Anastasius Grün-Gasse 52.
Tschirch, Dr. Alexander, Professor der Pharmakognosie, pharmazeutischen
und gerichtlichen Chemie, Direktor des pharmazeutischen Insti-
tutes der Universität in Bern.
Tswett, Dr. Michael, Privatdozent der Botanik an der Universität in
Warschau. Krakowskie Predmiescie 26.
Mitgliederliste. (95)
Tubeuf, Dr. Carl, Freiherr von, Regierungsrat, Professor der Botanik,
in München, Habsburger Str. 1.
Uhlworm, Dr. Oskar, Professor, Oberbibliothekar, Redakteur des „Zen-
tralblattes für Bakteriologie und Parasiteukunde" in Berlin W.,
Schaperstr. 2/3, I.
Ulbrich, Dr. E., Hilfsassistent am Kgl. Botanischen Musem zu Dahlem-
Steglitz, Botaniseher Garteu, Potsdamer Chaussee.
Ule, Ernst, Botanischer Forschungsreisender. Adresse: Manäos, Consulado
allemäo, Brasilien, zurzeit Dahlem -Steglitz bei Berlin, Königin
Luisestr. 6 8.
Urban, Dr. Ign., Geh. Regierungsrat, Professor, Unterdirektor des botan.
Gartens und botan. Museums zu Berlin, in Dahlem-Steglitz bei
Berlin, Altensteinstr. 4.
Ursprung, Dr. Alfred, Professor der Botanik an der Universität in
Freiburg (Schweiz), Botanisches Institut.
Vöchting, Dr. H. von, Professor der Botanik an der Universität und
Direktor des botanischen Gartens in Tübingen.
VogI, Dr. August E., Ritter von Fernheim, Hofrat und Universitäts-
professor in Wien YH, Josefstätter Str. 35.
Voigt, Dr. Alfred, Professor, Assistent am botanischen Museum in Ham-
burg YH, Wandsbeckerstieg 13.
Volkart, Dr. A., Assistent an der eidgenössischen Samenkontrollstation
in Zürich V, Hochstr. 99.
Volkens, Dr. Georg, Professor, Privatdozent der Botanik an der Universität
und Kustos am botanischen Museum in Dahlem-Steglitz bei Berlin,
Königin Luise-Str. 6/S.
Voss, Dr. W.. Oberlehrer in Itzehoe (Holstein).
Votsch, Dr. Wilhelm, Oberlehrer in Delitzsch, Eilenburger Str. 58.
Wächter, Dr. Wilhelm, Sekretär der Deutschen botan. Gesellschaft,
Assistent am pflanzenphysiologischen Institut der Universität
und am botan. Institut der Landw. Hochschule Berlin, in Steglitz,
Florastr. 2 B.
Wager, Harold, Inspector of Science Schools for the Science and Art
Department in London, in Leeds, England, Horsforth Lane, Far
Headingley.
Wagner, Dr. Adolf, Privatdozent der Botanik an der Universität und
Assistent am botan. Institut in Innsbruck, Mühlau, Yilla KLOTZ.
Warburg, Dr. 0., Professor, Privatdozent der Botanik an der Universität,
Lehrer am orientalischen Seminar in Berlin W., Uhlaudstr. 175.
*Weber, Dr. C. A., in Bremen, Friedrich- Wilhelmstrasse 24.
Weberbauer, Dr. A., Professor, Leiter der Yersuchsanstalt für Landes-
kultur in Victoria (Kamerun).
(7*)
/■gß) Mitgliederliste.
Wehmer, Dr. C, Professor, Dozent an der Technischen Hochschule
in Hannover, Callinstr. 12.
Wehrhahn, W., Lehrer in Hannover, Asternstr. 29.
Weis, Fr., Professor der Botanik an der Landwirtschaft!. Hochschule
in Kopenhagen.
Weiss, Dr. Fr. E., Professor der Botanik und Direktor des Botanical
Laboratory of the Owens College in Manchester.
Weisse, Dr. Arth., Professor, Gyninasialoberlehrer in Zehlendorf (Wannsee-
bahn) bei Berlin, Annastrasse 11.
Went, Dr. F. A. H. C, Professor der Botanik und Direktor des botan.
Gartens in Utrecht (Holland).
Wettstein, Dr. Richard, Eitter von Westerheim, Professor und Direktor des
botan. Gartens und Museums der LTniversität Wien, Mitglied der
Akademie der Wissenschaften, Herausgeber der Osterreichischen
botan. Zeitschrift, in Wien HI, Kennweg 14.
Wredersheim, Dr. Walter, in Schachen bei Lindau (Bodensee).
Wieler, Dr. A., Professor, Dozent für Botanik an der Technischen
Hochschule in Aachen, Nizza- Allee 71.
Wiesner, Dr. Jul., Hofrat, Professor der Botanik und Direktor des
pflanzenphysiologischen Institutes der Universität, Mitglied der
Akademie der Wissenschaften, in Wien IX, Liechtensteinstr. 12.
Wilhelm, Dr. K., Professor der Botanik an der Hochschule für Boden-
kultur in Wien XYHI, Hochschulstr. 17 (Türkenschanze).
Willis, John C, Direktor d. Botan. Gartens in Paradeniya (Ceylon).
Wilson, William Powell, Direktor of the Philadelphia Commercial Museum
in Philadelphia (ü. S. A.)
Winkelmann, Dr. J., Professor, in Stettin, Politzer Str. 85, III.
Winkler, Dr. Hans, Professor der Botanik an der Universität in Tübingen,
Waldhäuserstr. 13.
Winkler, Dr. Hubert, Privatdozent der Botanik an der Universität,
Assistent am botanischen Garten in Breslau.
Wirtgen, Ferd., Rentner in Bonn, Niebuhrstr. 55.
Wittmack, Dr. L., Geheimer Regierungsrat, Professor an der Land-
wirtschaftlichen Hochschule und an der Universität, Berlin N.,
Platz am Neuen Tor 1.
Wollenweber, W. in Berlin NW., Scharnhorststr. 8.
Wortmann, Dr. J., Geh. Reg. -Rat, Professor, Direktor der Versuchs-
und Lehranstalt für Obst- und Weinbau zu Geisenheim a. Rh.
Zacharias, Dr. E., Professor der Botanik, Direktor des botanischen
Gartens in Hamburg, Sophienterrasse 15 a.
Zahlbruckner, Dr. A., Leiter der botanischen Abteilung des uatur-
histor. Hofmuseums in Wien 1, Burgring 7.
Zander, A., Oberlehrer am Bismarck-Gymnasium in Haiensee bei Berlin,
Westfälische Strasse 59, III.
Mitgliederliste. (97)
Zenetti. Dr. Paul, Professor am Lyceimi in Dillingen a. D.
Zimmermann, Dr. Albrecht, Professor, Botaniker an der Biologischen
Station Amani, Poststation Tanga (Deutsch-Ostafrika).
Zopf, Dr. W., Geh. Regierungsrat, Professor der Botanik an der
Universität und Direktor des botanischen Gartens in Münster i. W.,
Gerichtstr. 8.
Zornig, Dr., Assistent am pflanzenphysiologischen Institut in München,
Josefplatz 9.
Verstorben.
Moeller, J. D., Präparator für Mikroskopie in Wedel (Holstein). Verstarb
am 29. Oktober 1907.
Müller, Dr. Carl, Professor, Dozent für Botanik an der Technischen
Hochschule und Vorstand der pflanzenphysiologischen Abteilung
der Gärtnerlehranstalt zu Dahlem, Sekretär der Deutscheu
Botanischen Gesellschaft in Steglitz bei Berlin. Verstarb am
13. Juni 1907.
Perring, W., Inspektor des botanischen Gartens in Dahlem-Steglitz bei
Berlin. Verstarb am 23. August 1907.
Schwabach, Frau Elise, in Berlin. Verstarb am 3. Oktober 1907.
Register zu Band XXV.
1. Geschäftliche Mitteilungen.
Seite
Sitzung vom 25. Januar 190G 1
Sitzung vom 22. Februar 1906 4S
Sitzung vom 28. IMärz 1906 99
Sitzung vom 26. April 1906 177
Sitzung vom 31. Mai 1906 217
Sitzung vom 28. Juni 1906 267
Sitzung vom 26. Juli 1906 341
Sitzung vom 25. Oktober 1906 415
Sitzung vom 29. November 1906 483
Sitzung vom 27. Dezember 1906 535
Eechnungsablage des Jahres 1906 (Generalversammlungsheft 1) (1)
Generalübersichten, die Jahre 1883 — 1906 betreuend (Geueralversammlungsheft I) (41
Bericht über die am 12. und 13. September 1907 in Dresden abgehaltene
vierundzwanzigstc Generalversammlung und die Feier des 25jährigen
Bestehens der Deutschen Botanischen Gesellschaft (13)
Verzeichnis der Pflanzenuamen (61)
Mitgliederliste (73)
2. Festrede
Gehalten zur Feier des 25jährigen Bestehens der Deutschen Botanischen
Gesellschaft am 13. September 1907 von S. SCHWENDENER .... (21)
3. Nachrufe.
Chr. Friedrich Hegelmaier von K. Goebel (32)
Carl Müller von L. Kny (40)
Rudolf Aderhold von J. Beheens (47)
J. D. Möller von 0. MÜLLER (57)
Register. (1)9)
4. Wissenschaftliche Mitteilungen,
a) In der Reihenfolge der Yeröffentlichung geordnet.
■^ Seite
1. W. Beuecke, Über stickstoffbindende Bakterien aus dem Golf von Neapel 1
2. H, C. Schelleuberg', Über das primäre Dickenwachstum des Markes von
Sainbucus nigra L 8
3. Peter Tliomsen, Über das Vorkommen von Nitrobakterien im Meere.
Vorläufige Mitteilung aus dem botanischen Institut der Universität Kiel . 16
4. Alfred Fischer, Erklärung 22
5. E. Jahn, Myxomycetenstudien 23
(j. (irustav Gassuer, Zur Frage der Elektrokultur. (Mit zwei Figuren im
Text.) 26
7. Julius Stoklasa, Adolf Eruest und Karl Chocensky, Über die anaerobe
Atmung der Samenpflanzen und über die Isolierung der Atmungsenzyme 38
8. S. Kostytschew, Über die Alkoholgärung von Aspergillus niyer 44
y. W. Palladin und S. Kostytschew, Über anaerobe Atmung der Samen-
pflanzen ohne Alkoholbildung 51
10. Fr. liuhilk, Über Puccinia Carlinae E. Jackj in bisheriger Begrenzung . 56
11. Vi. Zilleski, Über den Umsatz der Phosphorverbind&ngeu in reitenden
Samen 58
12. M. Möbius, Die Erkältung der Pflanzen. (12 Mitteilung aus dem
Botanischen Garton zu Frankfurt a. M.) 67
li). M. Tswett, Zur Geschichte der Chlorophyllforschung. Antwort an Herrn
MARCHLEW.SKI 71
14. F. (J. Kolli, über das Glykogen und einige Erscheinungen bei der Sporu-
lation der Hefe. (Mit Tafel I und 2 Textfiguren.) 74
15. Helene Wesselowska, Apogamie und Aposporic bei einigen Farnen.
(Vorläufige Mitteilung.) 85
16. Haus Kuiep, Über das spezifische Gewicht von Fucus vesiculosus. (Mit
drei Textfiguren.l 86
17. F. Heydrich, Einige Algen von den Loochoo- oder Riu-Kiu-Inseln (Japan).
(Mit Tafel IL) 100
18. Alfred Fischer, Wasserstoö'- und Hydroxylionen als Keimungsreize . . . 108
l'J. Julius Stoklasi), Adolf Ernest und Karl Chocensky, Über die anaerobe
Atmung der Samenpflanzen und über die Isolierung der Atmungsenzyme 122
20. Arthur Meyer und Erust Schmidt, Die Wanderung der Alkaloide aus
dem Pfropfreise in die Unterlage 131
21. M. Tswett, Spektralanalytische Untersuchungen über die Chlorophylline
und deren nächste Säurederivate (Chlorophyllane). (Mit Tafel III.) . . . 137
22. C. A. Weber. Euryale europaea nov. sp. (Mit Tafel IV.) 150
23. P. Sorauer, Blitzspuren und Fro&tspuren. (Mit 2 Figuren im Tfxt.) . . 157
24. H. Harms, Über Kleistogamie bei der Gattung Clitoria. (Mit Tafel V.) 165
25. S. Kostytschew, Zur Frage der Wasscrstofl'bildung bei der Atmung der
Pilze 178
26. S. Kostytschew, Über anaerobe Atmung ohne Alkoholbildung 188
27. J. M. Geerts, Über die Zahl der Chromosomen von Oenotliera Lamarckiana.
(Mit Tafel VI.) 191
28. S. Rywosch, Über Pallisadcnzellen. (Mit Tafel VII.) 1%
29. N. Junitzky, Über Zymase aus Aspergillus niger 210
30. E. Schulze, Zur Frage der Bildungsweise des Asparagins und des
Glutamins in den Keimpflanzen 213
(100)
Register.
Seite
31. W. Voss, über Merkmale normaler Organe in monströsen Blüten .... 219
32. L. Marchlewski, Ülier Herrn TsWETT's historische Chlorophyll-
forschungen und seine Chlorophylline 225
33. A. Scherfifel, Algologlsche Notizen. (Mit einer Abbildung im Text) . , 228
34. W. Zopf, Biologische und morphologische Beobachtungen an Flechten.
35. Robert Lauterboru, Eine neue (lattung der Schwefelbakterien {Thioploca
Schmidlei nov. gen. nov. spec.) (Mit einer Abbildung.) 238
3G Werner Magnus und Haus Friedeutlial, Über die Speciticität der Ver-
wandtschaftsreaktion der Pllauzen 242
37. M. Möbiiis, Notiz über schlauchbildende Diatomeen mit zwei verschiedenen
Arten. (Mit einer Abbildung.) 247
38. P. Magnus, Beitrag zur morphologischen Unterscheidung einiger Uromyces-
Arten der Fapilionaceen. (Mit Tafel IX.) 250
39. G. Ritter, Über Kugelhefe und Riesenzellen bei einigen Mucoraceen.
(Mit Tafel X und einer Textfignr) 255
40. Wilhelm Kiuzcl, Über den Einfluss des Lichtes auf die Keimung. „Licht-
harte"' Samen 269
41. W. Voss, Über Merkmale normaler Organe in monströsen Blüten .... 276
42. A. Schulz, Über Briquets xerothermische Periode II 286
43. A. Ursprung, Weitere Beobachtungen über das Dickenwachstuni des
Markes von Sambucus nigra L 297
44. P, Magnus, Über die Benennung der Stptoria auf Chrysanthemum indicum
und deren Auftreten im mittleren Europa 299
45. W. Rulilaud, Zur Physiologie der Gummibilduug bei den Amygdaleen
(mit drei Abbildungen im Text) 302
46. Wilhelm Wollenueber, Uus Stigma von Haeniatococcus. (Mit Tafel XI) 316
47. W. Benecke, Über die Giftwirkung verschiedener Salze auf iSpirogyra
und ihre Entgiftung durch Calciumsalze 322
4S. Werner Maguus und Hans Friedenthal, Über die Artspecificität der
Pflanzenzelle 337
49. P. Magnus, Nachschrift zu meinem Beitrag zur morphologischen Unter-
scheidung einiger Üroniyces-Aitcn der Popilionaceen, S. 250—255 d Jahrg.
d. Berichte 340
50. Albert ß. Reagan, Beobachtungen aus der Flora der Kosebud-Indian-
Reservation in South- Dakota 342
51. W. Zaieski, Über den Umsatz der Nucleinsäure in keimenden Samen . . 349
52. W. Zeleski, Über die autolytische Ammoniakbildung in den Pflanzen.
(Vorläufige Mitteilung.) 357
53 W. Zaieski, Über den Aufbau der Eiweissstoffe in den Pflanzen .... 360
54. F. W. Neger, Eine Krankheit der Birkenkätzchen. (Mit einer Textfigur) 368
55 Ed. Fischer, Über einige kalifornische Hypogaeen. (Mit einer 'i'extfigur)
(Vorläufige Mitteilung) . 372
56. (x. Tischler, Weitere Untersuchungen über Sterilitätsursachen bei Bastard-
pflanzeu. (Vorläufige Mitteilung) 376
57. R. Kraus, L. von Portheim und T. Yanianouchi, Biologische Studien
über Immunität bei Pflanzen. I. Untersuchungen über die Aufnahme
präcipitierbarer Substanz durch höhere Pflanzen. (Vorläufige Mitteilung.) 383
58. M. Tswett, Über die Spektrophotometrie der Chlorophylliue und die
Energetik des Chlorophylls 388
59. M. Nordhausen, Über die Bedeutung der papillösen Epidermis als Organ
lur die Lichtperception des Laubblattes 398
Register. (101)
Seite
60. Erwin Baur, Über infektiöse Chlorosen bei Ligustrum, Laburnum,
Fraxinus, Soi'bus und Ptelea 410
61. 1). Iwauowski, Über die Ursachen der Verschiebung der Absorptions-
bäuder im Bhitt. (Mit. Tafel XU.) 410
62. W. Voss, Über Merkmale normaler Organe in monströsen Blüten .... 425
63. Hans Fitting, Sporen im Buntsandstein — die Makiosporen von Pleuromäa? 434
64. Erwin Baur, Untersuchungen über die Erblichkeitsverhältnisse einer nur
in Bastardform lebensfähigen Sippe von Antirrhinum majus 442
65. A. Ernst, Über androgyne Infloreszenzen bei Dumortiera. (Mit Tafel XIII) 455
66. Ernst Lehmauu, Vorläufige Mitteilung über Aussaatversuche mit Veronicis
der Gruppe agrestis 464
67. W. J. Uocters van Leeuweu-Reijuvaan, Über das Färben der jüngsten
Zellwände in Vegetationspunkten 470
68. J. Kovoholt', Enzjmatische Eiweisszersetzung in erfrorenen Pflanzen. . . 473
6i}. L. Wittmack, Funde in alten chilenischen Gräbern 479
70. A. Usteri, Studien über Carica Papaya L. (Mit einer Abbildung im Text) 485
71. Haus Hallier, Zur Frage nach dem Ursprung der Angiospermen. (Vor-
läufige Mitteilung.) 496
72. F. Brand, Über charakteristische Algen-Tinktionen, sowie über eine
Gongrosira und eine Coleoc/iaete aus dem Würmsee 497
73. A. Marinoff, Eiuüu:;s des Lichtes und der Feuchtigkeit auf die Zu-
sammensetzung der Pflanzen. (Vorläufige Mitteilung.) 507
74. H. Miehe, T/iermo'idium sulfureum n. g. n. sp , ein neuer Wärmepilz.
(Mit (•> Textfiguren.) 510
75 A. Schulz, Über die Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen phanero-
gamen Flora und Pflanzendecke des norddeutschen Tieflandes 515
76. Z. Woycicki, Über pathologische Wachstumserscheinungen bei Spirogi/ra-
und .17o«^eo/ia-Artcn in Laboratoriumskultureu. (Vorläufige Mitteilung.) . 527
77. E. Stahl, Über das Vergilben des Laubes. (Vorläufige Mitteilung.). . . 530
78. A. Schulz, Über die Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen phanero-
gamen Flora und PÜanzendecke des norddeutschen Tieflandes 536
79 A. Nestler, Das Sekret der Drüseuhaare der Gattung Cgpripedium mit
besonderer Berücksichtigung seiner hautreizenden Wirkung. (Mit Tafel XIV.) 554
80. Haus Wink 1er, TJljer Pfropf bastarde und pflanzliche Chimären. (Mit
drei Textfigiiren.) 568
Sl. F. C. von Faber, Über Verlaubung von Cacaoblüten. (Mit einer Ab-
bildung im Text.) 577
-"o
82. Zygmuut Woycicki, Einige erklärende Worte zur Kritik meiner Ab-
handlung: „Neue Beiträge zur Entwicklungsgeschichte von BasicUobolus
Ranarmn Eid." in den „Vorlesungen über botanische Stammesgeschichte"
von Professor LOTSY 581
83. Wilhelm Figdor, Über den Eifluss des Lichtes auf die Keimung der
Samen einiger Gesneriaceen 582
84. P« Claussen, Zur Kenntnis der Kernverhältnisse von Pyronema confluens,
(Vorläufige Mitteilung.) (Mit einer Abbildung im Text.) . .' 586
b) Alphabetisch nach den Autoren geordnet.
Baur, Erwin, Über infektiöse Chlorosen bei Ligustrum, Laburnum, P^axinus,
Sorbus und Pcelea 410
(102) Register.
Seite
Banr, Erwlu, Untersuchungen über die Erblichkeitsverhältnisse einer nur in
Bastardform lebensfähigen Sippe von Antirrhinum majus 442
Benecke, W., Über stickstoif bindende Bakterien aus dem Golf von Neapel . 1
— , Über die Giftwirkung verschiedener Salze auf Spirogi/ra und ihre Ent-
giftung durch Calciumsalze 322
Brand, F., Über charakteristische Algen-Tinktionen, sowie über eine
Gongrosira und eine Coleochaete aus dem Würmsee 497
Bubäk, Fr., Über Fuccinia Carlinae E. Jacky in bisheriger Begrenzung ... 56
Chocensky, Karl, s. Stoklasa.
Clausseii, P., Zur Keuntnis der Kernverhältnisse von Pi/ronema confluens.
(Vorläufige Mitteilung.) (Mit einer Abbildung im Text.) 586
Eruest, A., s. Stoklasa.
Ernst, A., Über androgyne Inflorescenzen bei Ditmortiera. (Mit Tafel XIII.) . 455
Faber, F. C. v., Über Verlaubung von Cacaoblüten. (Mit einer Textfigur.) . 577
Figdor, 'Wilhelm, Über den Einfluss des Lichtes auf die Keimung der Samen
einiger Gesneriaceen 582
Fischer, Alfred,«Erklärung 22
— , Wasserstoff- und Hydroxylionen als Keimungsreize 108
Fischer, Ed., Über einige kalifornische Hypogäen. (Mit einer Textfigur.)
(Vorläufige Mitteilung) 372
Fltting', Uans, Sporen im Buutsandstein — die Makrosporen von P/euroineia? 434
Friedenthai, Hans. s. W. Magnus.
tJassner, Gustav, Zur Frage der Elektrokultur. (Mit 2 Textfiguren.) .... 26
Gecrts, J. M., Über die Zahl der Chromosomen von Oenothera Lainarckiana.
(Mit Tafel VI.) 191
Hallier, Haus, Zur Frage nach dem Ursprung der Angiosporen. (Vorläufige
Mitteilung) 496
Harms, H., Über Kleistogamie bei der Gattung CUtoria. (Mit Tafel V.) . . 165
\/ Heydrich, F., Einige Algen von den Loochoo- oder Riu-Kiu-Inseln (Japan).
(Mit Tafel II) 100
Inanowski, 1>., Über die Ursachen der Verschiebung der Absorptionsbänder
im Blatt. (Mit Tafel XII.) 416
Jahn, E., Myxomycetenstudien 23
Junitzky, N., Über Zymase aus Aspergillus nie/er 210
Kiuzel, Wilhelm, Über den Einfluss des Lichtes auf die Keimung. „Licht-
harte" Samen 269
Euiep, Haus, Über das spezifische Gewicht von Fucus vesiculosus. (Mit drei
Textfiguren.) 86
Kohl, F. Gr.. Über das Glykogen und einige Erscheinungen bei der Sporulation
der Hefe. (Mit Tafel I und 2 Textfiguren.) 74
Kostytschew, S., Über die Alkoholgärung von Aspergillus niger 44
— , Zur Frage der Wasserstoffbilduug bei der Atmung der Pilze ...... 178
— , Über anaerobe Almung ohne Alkoholbildung 188
— , s. auch W. PALLADIN.
Kovchoff, J., Enzymatische Eiweisszersetzung in erfrorenen Pflanzen .... 473
Kraus, R., L. von Portheim und T. Yamauouchi, Biologische Studien über
Immunität bei Pflanzen. I. Untersuchungen über die Aufnahme
präcipitierbarer Substanz durch höherePflanzen. (Vorläufige Mitteilung.) 383
Lauterboru, Robert, Eine neue Gattung der Schwefelbakterien (Ttiioploca
Schmidlei nov. gen. nov. spec.) (Mit einer Abbildung im Text.) . . 238
Register. (103)
Seite
LeeuTcn-Reijevaaii, Docters, W. und J. vau, Über das Färben der jüngsten
Zellwände in Vegetationspunkten 470
'Lehmaun Ernst, Vorläufij^e Mitteilung über Aussaatversuche mit Veronicis
der Grupi)e agrestis 464
Marchlewski, L., Über Herrn Tswett's historische Chlorophjllforschungen
und seine Chlorophylline 225
Magnus, P., Beitrag zur morphologischen Unterscheidung einiger Uromi/ces-
Arten der Papiiionaceen. (Mit Tafel IX.) 250
— , Über die Benennung der Septoria auf Ckri/santliemum indicum und deren
Auftreten im mittleren Europa 299
— , Nachschrift zu meinem Beitrag zur morphologischen Unterscheidung
einiger Uroniyces-Arten der Papiiionaceen. S. 250—255 d. Jahrg. d.
Berichte 340
Magnus, Werner, und Hans Friedenthal, Über die Specificität der Ver-
wandtschaftsreaktion der Pllauzen 242
— , und Hans Friedenthal, Über die Avtspecilicität der PÜanzenzelle . . . . 337
Meyer, Arthur, und Ernst Schmidt, Die Wanderung der Alkaloide aus dem
Pfropfreise in die Unterlage 131
Miehe, H., Therinu'idium sulfureum n. g. n. spec, ein neuer Wärmepilz. (Mit
G Textfiguren.) 510
Möbins, M., Die Erkältung der Pflanzen. (12. Mitteilung aus dem Botanischen
Garten zu Frankfurt a. M.) 67
— , Notiz über schlauchbildende Diatomeen mit zwei verschiedenen Arten.
(Mit einer Abbildung im Text.) 247
Murinoff, A., Einfluss des Lichtes und der Feuchtigkeit auf die Zusammen-
setzung der Pflanzen. (Vorläufige Mitteilung.) 507
Neger, F. W., Eine Krankheit der Birkenkätzchen. (Mit einer Abbildung im
Text.) 368
Nestler, A., Das Sekret der Drüsenhaare der Gattung Cypripedium mit be-
sonderer Berücksichtigung seiner hautreizenden Wirkung. (Mit
Tafel XIV.) 554
Nordhauseu, M,, Über die Bedeutung der papillösen Epidermis als Organ
für die Lichtperception des Laubblattes 398
Falladin, W., und S. Kostytsehew, Über anaerobe Atmung der Samen-
pflanzen ohne Alkoholbildung 51
Porthelm, L. v., s. E. Kraus.
Reagan, Albert B., Beobachtungen aus der Flora der Rosebud-Iudian-
Reservation in South-Dakota 342
Ritter, G., Über Kugelhefe und Riesenzellen bei einigen Mucoraceen. (Mit
Tafel X und einer Textfigur.) 255
Rnhland, W., Zur Physiologie der Gummibildung bei den Amijydaleen. (Mit
3 Abbildungen im Text.) 302
Rywosch, L., Über Palissadenzellen. (Mit Tafel VII.) 196
Schellenberg, H. C, Über das primäre Dickenwachstum des Markes von
Sambucus nigra L 8
Scherlfel, A., Algologische Notizen. (Mit einer Abbildung im Text.) .... 228
Schmidt, Ernst, s. A. Meyer.
Schulz, A., Über Briquet's xerothermische Periode II 286
— , Über die Entwicklungsgeschichte der gegenwärtigen phanerogamen Flora
und Pflanzendecke des norddeutschen Tieflandes 515
(104) Eegister.
Seite
SchnlZ; A., Über die Entwicklungsgescliichte der gegenwärtigen phanerogamen
Flora und Pflanzendecke des norddeutschen Tieflandes 536
Schnlze, E., Zur Frage der Bildungsweise des Asparagiiis und des Glutamins
in den Keimpflanzen 213
Soraner, P., Blitzspuren und Frostspuren. (Mit 2 Textfigaren.) 157
Stahl, E., Über das Vergilben des Laubes. (Vorläufige Mitteilung) 530
Stoklasa, Jiilins, Adolf Eriiest und Karl Cboceiisky, Über die anaerobe
Atmung der Samenpflanzen und über die Isolierung der Atmungs-
enzyme 38
— , Adolf Eruest und Karl Chocensky, Über die anaerobe Atmung der
Samenpflanzen und über die Isolierung der Atmungsenzyme .... 122
Tischler, G., Weitere Untersuchungen über Sterilitätsursachen bei Bastard-
pflauzen. (Vorläufige Mitteilung.) 372
Thomsen, Peter, Über das Vorkommen von Nitrobakterien im Meere. Vor-
läufige Mitteilung aus dem botanischen Institut der Universität Kiel 16
TsTvett, M, Zur (leschichte der Chloroi)hyllforschung. Antwort an Herrn
Marchlewski 71
— , Spektralanalytische Untersuchungen über die Chlorophylline und deren
nächste Säurederivate (Chlorophyllane). (Mit Tafel III.) 137
— , Über die Spektrophotometrie der Chlorophyllinc und die Energetik des
Chlorophylls 388
Ursprung, Ä., Weitere Beobachtungen über das Dickenwachstum des Markes
von Sanibucus nigra L 297
Usteri, A., Studien über Carica Pnpaya L. (Mit einer Abbildung im Text.). 485
Voss, W., Über Merkmale normaler Organe in monströsen Blüten 219. 276. 425
Weber, C. A., Euryale europaea nov. sp. foss. (Mit Tafel IV ) 150
Wesselowska, H^-lene, Apogamie und Aposporie bei einigen Farnen. (Vor-
läufige Mitteilung.) 85
Winkler, Hans, Über Pfi-opfbastarde und pflanzliche Chimären. (Mit drei
Textfiguren.) 568
Wittmack, L., Funde in alten chilenischen Gräbern 479
Wollenweber, Wilhelm, Das Stigma von Haematococcus. (Mit Tafel XI). . 316
Woycicki, Z., Über pathologische Wachstumserscheinungen bei Spirogyra-
und AJougeotia-Artun in Laboratoriumskulturen. (Vorläufige Mitteilung.) 530
— , Einige erklärende Worte zur Kritik meiner Abhandlung: „Neue Beiträge
zur Entwicklungsgeschichte von liasidiobolas Ranaruvi Eid." in den
„Vorlesungen über botanische Stammesgeschichte" von Prof. LOTSY 581
Yamanouchi, T., s. R. Kraus.
Zaleski, W., Über den Umsatz der Phosphorverbindungeii in reifenden Samen 58
— , Über den Umsatz der Nucleinsäure in keimenden Samen 349
— , Über die autolytische Ammoniakbildung in den Pflanzen. (Vorläufige
Mitteilung.) . 357
— , Über den Aufbau der Eiweissstoffe in den Pflanzen 360
Zopf, W., Biologische und morphologische Beobachtungen an Flechten. (Mit
Tafel VIII.) 233
Verzeichnis der Tafeln.
Tafel I zu F. G, Kohl, Über das Glykogen und einige Erscheinungen bei der
Sporulation der Hefe. Erklärung auf S. 84.
Keffister.
-o
(105)
Tafel II zu F. Heydrich, Einige Algen von den Loochoo- oder Riu-Kiii-Tnseln
(Jajian). Erklärung auf S. 107.
Tafel III zu M. Tswett, Spektralanalytische Untersuchungen über die Chlorophylline
und deren nächste Säurederivate (Chlorophyllane). Erklärung auf S. 150.
Tafel IV zu C. A. Weber, Euri/ale europaea nov. sp. foss. Erklärung auf 8. 157.
Tafel V zu H. Hanns, Über Kleistogamie bei der Gattung CUtoria. Erklärung auf
S. 175.
Tafel VI zu J. M. Geerts, Über die Zahl der Chromosomen von Oenothera
Lamarckiana. Erklärung auf S. 195.
Tafel VII zu S. Rywosch, Über die Pallisadcnzellen. Erklärung auf S. 208.
Tafel VIII zu W. Zopf, Biologische und morphologische Beobachtungen an
Flechten. Erklärung auf S. 237.
Tafel IX zu P. M.agnus, Beitrag zur morphologischen Unterscheidung einiger
üroiii//ces- Arien der Papilionaceen. Erklärung auf S. 254.
Tafel X zu U. Ritter, Über Kugelhefe und Riesenzellen bei einigen Mucoraceen.
Erklärung auf S. 265.
Tafel XI zu Wilüelm Wolleuweber, Das Stigma von llaematococcus. Erklärung
auf S. 321.
Tafel XII zu I>. Ivraiiowski, Über die Ursachen der Verschiebung der Absorptions-
bänder im Blatt. Erklärung im Text.
Tafel XIII zu A. Ernst, Über androgyne Inflorescenzen bei Dumortiera. Erklärung
auf S. 464.
Tafel XIV zu A. Nestler, Das Sekret der Drüsenhaare der Gattung Cypripedium
mit besonderer Berücksichtigung seiner hautreizenden Wirkung. Erklärung
auf S. 5(J7.
Verzeichnis der Textabbildungen.
Seite
Gustav Gassner, Zur Frage der Elektrokultur:
Fig. 1 29
Fig. 2 29
F. G. Kohl, Über das Glykogen uud einige Erscheinungen bei der Sporulation
der Hefe:
Fig. 1. Kernteilung ohne restierenden Mutterzellenkern 82
Fig. 2. „ mit „ „ 83
Hiins Eniep, Über das spezifische Gewicht von Fuciis vesiculosus.
Fig. 1-3 93
P. Sorauer, Blitzspuren und Frostspuren:
Fig. 1. Kiefer, künstlicher Frost 160
Fig. 2. Fichte, künstliche Blitzspur 162
A. Seherffel, Algologische Notizen
Fig. 1. Pandorina morum 231
Fig. 2. ^M^6ocÄae^e-Schwärmer 231
Fig. 3. Carteria dubia 231
Fig. 4. Chamaesip/ion hyalinus 231
Robert Lauterbom, Eine neue Gattung der Schwefelbakterien {TIdoplüca
Schmidlei) nov. gen. nov. spec):
Fig. 1. Thioploca Sclimidlei Lauterb 239
M. Möbius, Notiz über schlauchbiidende Diatomeen mit zwei verschiedenen
Arten :
Fig. 1-4 249
(106) Register.
Seite
0. Ritter, Über Kugelhefe und Riesenzellen bei einigen Mucoraeeen:
Fig. 1 a 257
W. Ruhland, Zur Physiologie der Gummibildung bei den Amygdaleen:
Fig. 1. Schnitte durch das gummibildende Gewebe 305
Fig. 2-3 312
F. W. Neger, Eine Krankheit der Birkenkätzchen:
Fig. 1. Hirkenkätzchen mit gebräunter Spitze 369
Ed. Fischer, Über einige kalifornische Hi/poyaeen:
Fig. 1 di-i
A. üsteri, Stndien über Carica Papaya:
Fig. 1. Carica Papaya f. Ernesti, Fruchtknoten. Übergang von
StanbLlättcrn in Carpelle 488
H. Miehe, Theriiio'idium svlfureum n. g. n. sp., ein neuer Wärmepilz.
Fig. 1. Keimende Sporen 512
Fig. 2. Junges, bei 43'^ in 24 Stunden herangewachsenes Mycel . . 512
Fig. 3. Einige sporogene Hyphen . . . . 513
Fig. 4. Reife Sporen 514
Fig. 5. Verschiedene Sporenlbrmen 514
Fig. 6. Knotige Hyphen 514
Hans Winliler, Über Pfropf bastarde und pflanzliche Chimären:
Fig. 1. Schematische Darstellung der regenerierenden Schnittflächen 571
Fig. 2. Habitusbild der Chimäre 573
Fig. 3. Blattformen 574
F. C. von Faber, Über Verlaubung von Cacaoblüten:
Fig. 1. Normale und deformierte Blüten 578
P. Claussen, Zur Kenntnis der Kernverhältnisse von Pyronema confluens:
Fig. 1. Tantrentialer Schnitt durch ein junges Apothecium .... 588
L. Kny, Nacliruf auf C. Müller, Porträt C. Müllers (41)
Übersicht der Hefte.
Heft 1 fS. 1-42) ausgegeben am 21. Februar 1907.
Heft 2 (S. 43-98) ausgegeben am 25. März 1907.
Heft 3 (S. 99-176) ausgegeben am 23. April 1907.
Heft 4 (S. 177—216) ausgegeben am 28. Mai 1907.
Heft 5 (S. 217—266) ausgegeben am 26. Juni 1907.
Heft 6 (S. 267—340) ausgegeben am 24. Juli 1907.
Heft 7 (S. 341—414) ausgegeben am 28. August 1907.
Heft 8 (S. 415-482) ausgegeben am 27. November 1907.
Heft 9 (S. 483-534) ausgegeben am 24. Dezember 1907.
Heft 10 (S. 535-590) ausgegeben am 27. Januar 1908.
Generalversammlungsheft I. Teil, S. (1) — (12), ausgegeben am 1. September
1907.
Generalversammlungsheft II. Teil (Schlussheft), S. (13)— (107), ausgegeben
am 27. Februar 1908.
Berichtigungen.
Seite 138, Zeile 15 von oben lies „Somit" statt „Sonst".
„ 138, „ 3 von unten lies „gemeinen" statt ..gewöhnlichen".
„ 138, „ 8 von unten lies „später" statt „sptäer".
Register. (107)
8 von unten lies J— V" statt „I-IV«.
13 von oben lies „Göö-GGT" statt „605—662*.
21 von oben lies „alkoholischer" statt „allkalischer".
23 von oben lies „nach 660-670" statt „nach 660^
8 von unten lies „Preyer" statt „PIEPER".
1 von oben
lies ^VI > I > III ^- V > TI = IV" statt „VI > I > III > II = IV.
2 von oben lies „erscheinen" statt „erschienen".
9 von oben lies „gelbere" statt „gelbe''.
10 von oben lies „Lösung benennen" statt „Farbe bemessen".
20 von oben lies ., genuinen'' statt „Gemeinen".
19 von unten lies „mich'" statt „noch".
7 von unten lies ,, genug" statt „ganz".
2 von unten lies „genuinen" statt „gemeinen".
4 von oben lies „Chlorophjllin a" statt „Chlorophjllin".
17 von oben lies „zerriebenen" statt „geriebenen".
18 von oben lies ,passenfier" statt „fallender".
1 von oben lies „Phylloxanthin in Phyllocyanin" statt „Phyllo-
cyanin in Phylloxanthin".
147, Tabelle, lies „Intensitätsskala'' statt „Inscositätsskala-'.
149, Zeile 8 von oben lies „des V. Chlorophyllan-a-Bandes" statt „des
V. Chlorophyllin-a-ßandes".
204, Zeile 16 von oben lies „kürzere" statt „längere".
437, „ 17 von oben, ist hinter „Schieferletten" einzuschieben: „vorkommen,
haben die Sporen bisher nur in Schieferletten".
Seite
138,
Zeile
•n
140,
t)
,' "
140,
•i
??
140,
n
n
140,
»1
5>
141,
r
n
141,
rt
»
141,
r>
n
141,
y*
»?
141,
TT
D
141,
vt
rt
142,
n
.,
144,
„
»
145,
n
?i
145,
?'
«
145,
n
•n
146,
T)
Beric/iied.Dmtsrhen. Bot. GeseUsch. Bd. XXV
Taf:i.
.^^'=»0
. i 9/
^\) {^r
FG.KoUffe2.
KZazi£, hth-
Berichte dJ)eutsdien Bot. GeselLscIuBd.ÄX V.
TafJ.
FIfei/dncÄyg&z.
ELoaM,lü/v^
Bericfite d Deutschen Bot Gesell seh £d^ ÄXl.
TafM.
B C
MTsweibgez.
ElouiAUtk
Belichte d.Deidschen£ot.CrPsellscA..Bd.JiXY.
Tarn:
^
6.
7.
C. V/eier tu dJ/aiffez.
£.ZoaL&iUhy.
SericMe d.J)eutscAen£ot. &eseUsdh..,BdJOa\
TnrV.
■E.Zaiie üt/iy
Berichte d. deutschen Jiot IreseUsr/i. Bd.XYK
Tcif. 17.
M
*.
\
B«*-0
i?
J.M.&eertsg&z.
S £azc£ lüh
ßerichfe il.DeiftscTien Bot. (resellsch.JBd.ÄXl''^
TafM.
£Z<7Ju.i Ml .
Berichte d. Deutschen Bot. Gesellsch. Bd. XXl\
Tcif.m
\
a.p
~( 1
> \ i /
/
i
I
I!LciU£ Ittk .
ßerichte d.DeiäscAen Bot.üeselLsrh.ßd .XXV.
Taf.lX.
7.
'^v-.
'■■'M
^m
.<*:-
: .1^^^^
^i^''i
'<:^>^y
S''
■^.^
V::^^
jzjsec£.~ oez.
ßericktc dJJaUsc/LmBol.GcscUsch. Bd.XXl'.
1.
Tnf.X.
:'^rci'0~
{P3
.■i^^^
■aiA /-^
Berichte d.ßeiUschen Bot. GesdlscA. Bd.XkY
Tarjil.
Z.
\.
3
¥cu.
it.
■•.•\/- ■»'«
't'l^'bUviToeiergez.
E.Lazce. lilk.
BgricTite ([.Deutschen Bot. GesellsduBd. XX\^.
J^- 700 6SO 660 ßtfO 6ZO 600
JSO
JßO
3^0
JZO
300
ra£M
'tSO
1
Xt_
— •*-*.
^9
/
1
1
^.
T
.
/
/
1 1
"•y
V
L .. .
!
/
/
n—
1
/
/
1
K
\
y
1
1
1
y
'
1
t
,V
v.^
_.--
^^
-••'
- 1
/
v\
f
1
1
\
\
...
3'
1
1
1
1
1
\
/
•
/
1
1
1
•
/
\\
1
t
1
f —
1
f
/
t
/
\
-''-.
1
/
/
/
1
1
~~
-<:.
••'^
"^U;
^
/
/
/
/
1
■"■•-—
--«*
~~*<
<:.--
...-
---'
-''
~7
p"
•
r
-.-.
— • —
-y
/
V
•
/
1
/' \
S^
/
/
\
»
1
\
A
f —
.1
\
/
t
V
/
f
/
-•4..-
— ^
/
r
«
)
1
j
--^
.
— •^—
_/
/
iy
•''
\
1
'-■
/"~
^\
y
y\
,"'
"■'i
o.
<f 1 V
/^^
^ '
\
\
y
,''
•
y
^
\
V
— '
^ —
"^
-— '
,---
'""
't-?
'\
■--^-
-'"
,p^
I.t_
—
/
/,
/
'%
1
/
/
"\
s
y
/
-•
V
j
^y
//
\^
/
t
/
"V
■^.^
i
1
1
_.--
^'
^•'
•
y
t'
\
,,--'
\^
'-^.
,_..^-
,--''
^.--
El
jOJJ^
,1xßh.
Belichte cLDeidscfien ßot.OeseIlscA.ßcl.XXV.
Taf.XlK.
AErTLStge^z.
KLctue.lithj.
ßfrichtR d.ßmiscJmi Bot. üvseUsc/i. Bd. XX'K.
\
■■■■' \
i1
• .f
.<22>.,
4-.
A'
■\^ -5^
L
M
■'%
7- ;..
/^
C^
TafXIV.
'^ ■
.. :^A
IN >• i^^
\ ■^•.
)^^'<^^i^
A.Festler^e
--1
.. ih
'Av^ai
.y.
0
ELniiebUh
New York Botanical Garden Librar
3 5185 00259
707
«.^Äjai^i
«; >iÄ»K
^•^:>r
jK'-a
-l"^** ft ,
.y%^-'t^^.-^,,^ij8^
^'^
j^^?^;
*Ä„^
%'#*
V^,.^'*^*il
"^■♦.^Ap*
%»•'»