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Full text of "Berichte des Naturwissenschaftlich-medizinischen Vereins in Innsbruck"

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BERICHTE 


naturwissenschaftlich- medizinischen 


YEREINES 


in 


INNSBRUCK. 


XVII. Jahrgang 1887/88. 


INNSBRUCK. 
Druck und Verlag der Wagner’schen Universitäts-Buchhandlung. 


1887. 


Vereinsnachrichten. 


|. Bericht Uber die im Jahre 1886/87 vom Vereine 
abgehaltenen Sitzungen. 


I. Sitzung. 16. November 1886. 


1. Herr Prof. Dr. Lang demonstrirt einen 3jährigen 
Knaben mit hereditärer Lues, bei welchem an zwei Stellen 
der knöchernen Schädelkapsel Nekrosen der Kuochen einge- 
treten sind und zeigt die abgestossenen Sequester, sowie 
andere einschlägige Präparate und Abbildungen vor. 

2. Herr Prof. Dr. v. Dalla-Torre trägt vor „über 
einige interessante Thiere der Fauna Tirols“. 

Zunächst erwähnte der Vortragende, dass im heurigen 
Sommer (1886) ein Gordius in ganz auffallender Massen- 
haftigkeit am Nordabhange der Centralalpen bei Lans, Al- 
drans und Sistrans (ca. 1000 m) in Locusta viridissima be- 
obachtet wurde, indem nicht blos in jedem Individuum ein 
Stück, sondern bei vielen (15°/,) 2—5 Gordien von 3—5 cm 
Länge zu beobachten waren. Vielleicht ist die feuchte Wit- 
terung als Ursache dieses Phänomens anzusehen, resp. war 
vom Einfluss auf die Entwicklung. — Weiters legte derselbe 
ein Exemplar von Ascalaphus Coccajus Schiffm. vor, 
das auf dem Aelpele bei Feldkirch in Vorarlberg (ca. 1325 m) 
gefunden worden war. — Ferners beobachtete der Vortragende 
bereits im Jahre 1862 im Mittelgebirge bei Innsbruck unweit 
des Dorfes Igels (ca. 900 m) ziemlich zahlreiche Stücke vo: 


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IV 


Valerianella dentata Poll. a. lejocarpa, welche von Trioza 
centranthi Vall, befallen waren und am Stengel 1—2 
Zoocecidien trugen. Es dürfte dies wohl die ersteBeobachtung 
dieser Art in Tirol gewesen sein; später fand sie Prof. Gredler 
um Bozen, v. Kerner im Gschnitzthal und Prof, Peyritsch bei 
Riva‘), Interessant ist hiebei Kerners Beobachtung, dass das 
Zoocecidium der Pflanze einen Baldriangeruch verleiht, sowie, 
dass seither diese Form wiederholt an der nämlichen Stelle 
bei Innsbruck beobachtet wurde, ein Zeichen, dass die Indi- 
viduen nur geringes Ausbreitungsvermögen besitzen. Analog 
scheint auch das Vorkommen von Livia junci L. an dem 
gegenüberliegenden Mittelgebirge bei Mühlau, wo sie seit 
ca. 20 Jahren eingebürgert und Jahr für Jahr zahlreiche 
Pflanzen befallend, sich immer mehr und mehr ausbreitet. — 
Bezüglich Cnethocampa pithyocampa ist zu bemerken, 
dass diese höchst auffallende Art nicht nur, wie immer an- 
gegeben wird, bei Bozen und Meran, sondern noch weit nörd- 
licher bei Brixen im Mittelgebirge angetroffen wird und nord- 
ostwärts noch bei Schabs und Wolkenstein-Rodenegg beob- 
achtet wurde. Als Inquilinen sind Dermestes mustelinus Er, 
und Paramecosoma abietis Pk. zu verzeichnen und es erscheint 
deren Vorkommen daselbst um so weniger als zufällig, als 
verwandte Arten der ersteren, D. lardarius, laniarius u. a. m., 
die ausgelegten Cocons von Bombyx mori nach Dir. Gredlers 
Beobachtung ?) gleichfalls massenhaft aufsuchen, dieselben 
durchfressen und die Puppen aufzehren, somit zu den schäd- 
lichsten Feinden der Seidenzucht zählen. — Interessant ist 
weiters das Vorkommen von Cryptus divisorius Tschek 
in Tirol, und zwar bei Gossensass, wo die Art von Dr. E. Löw 
in Berlin Anfangs Juli 1885 gefangen wurde; bisher war 
dieselbe nur aus der Gegend von Wien 3) bekannt. In der 


1) Löw Fr., Beiträge zur Kenntnis der Psylliden in: Verhandl. 
d. zool.-bot. Gesellsch. Wien. Bd. 36. 1886 p. 166. 

2) Gredler V., Zweite Nachlese zu den Käfern von Tirol in: 
Coleopterolog. Hefte. Bd. 6. 1871. p. 8 Note. 

3) Tscheck C., Ueber einige Cryptoiden meist aus der öster- 


W 


Sammlung der Akademie in Miinchen befinden sich Stiicke, 
welche von Dr. J. Kriechbaumer bei Chur und bei München ge- 
fangen worden sind. — Bezüglich Bufo viridis Laur. (va- 
riabilis Gmel.) beinerkt der Vortragende, dass er diese Art, 
welche Dir. Gredler nur für das wärmere Tirol angibtt), seit 
Jahren auch in Nordtirol zu beobachten Gelegenheit hatte; 
auch Leydig?) hatte sie bereits aus dem Unterinnthal con- 
statiert. Es ist dies um so interessanter, als dieselbe, ob- 
wohl vom südlichen Schweden bis Italien und noch im nörd- 
lichen Afrika verbreitet, stellenweise gänzlich fehlt, und gerade 
Nordtirol wies eine solche Lücke auf. Die Exemplare sind 
nicht besonders gross, zeigen jedoch im übrigen von jenen 
Südtirols keinen Unterschied. — Bei dieser Gelegenheit con- 
statirt der Vortragende auch des auffallenden Vorkommens 
von Pelias Berus L. in der nächsten Umgebung der Stadt 
Innsbruck, wie es letzter Zeit wiederholt beobachtet wurde, 
Bisher war die Art nur von den Zirler Mähdern und der 
Höttinger-Alpe bekannt, an ersterer Stelle freilich so häufig, 
dass wohl jeder aufmerksame Besucher Exemplare derselben 
zu Gesicht bekam und historisch beglaubigte Unglücksfälle, 
namentlich von botanisirenden Studenten constatirt wurden. 
Voriges Jahr nun fand sich Mitte August ein ziemlich grosses, 
doch nicht ausgewachsenes Stück auf der Weiherburg bei 
Innsbruck (Sammlung der k, k. Lehrerbildungsanstalt); heuer 
fieng der Vortragende 2 Stücke, ein ziemlich junges (Samm- 
lung des k. k. Gymnasiums in Feldkirch) und ein ausge- 
wachsenes Stück (Sammlung des k. k. Gymnasiums in Inns- 
bruck) direct im Weichtheile der Stadt, in der Kohlstadt auf 
Thorplatten sich sonnend. Bei diesem Anlass mag es nicht 
uninteressant sein zu constatieren, dass in jüngster Zeit 


reichischen Fauna in: Vorhandl. d. zool.-bot. Gesellsch. Wien. Bd. 22. 


1872 p. 235. 

1) Gredler V., Fauna der Kriechthiere und Lurche Tirols in: 
14. Programm des k. k. Gymnasiums in Bozen 1871/72 p. 36. 

2) Leydig Fr., Die anuren Batrachier der deutschen Fauna, 
Bonn, 1877 p. 30, 


VI 


Dr. Nothaft nachzuweisen versucht hat !), dass sich die Ver- 
breitungsgebiese von Pelias Berus und Coronella laevis gegen- 
seitig ausschliessen (wenigstens in Deutschland). Für unser 
Gebiet sind die Beobachtungen noch zu wenig zahlreich; doch 
scheint es insoferne zu stimmen, dass letztere Art in der 
Umgebung von Innsbruck sehr selten ist — Gredler kennt 
sie von daher noch nicht 2). Umgekehrt fand sie der Vor- 
tragende im Tobelbad bei Graz in zahlreichen Stücken, wo- 
gegen nach eigenen Beobachtungen und eingezogenen Erkun- 
digungen sich ergibt, dass Pelias Berus in der unmittelbaren 
Umgebung nicht beobachtet wurde. — Weiters ist von In- 
teresse das Vordringen von Vipera ammodytes durch 
das Eisackthal, wie auch Dir. Gredler eine ganz auffallende 
Erweiterung des Verbreitungsgebietes dieser Art zu constatiren 
im Stande war). Allerdings bezieht sich selbe mehr auf 
den südlichen Horizont; nordwärts wurde diese Art, die gif- 
tigste und gefährlichste aller einheimischen Schlangen, die 
von Scopoli merkwürdigerweise mit Vipera Berus verwechselt 
wurde ®), bereits bei Klausen gefunden. Es ist dies der Weg, 
den alle von Süd nach Nord ziehenden Thiere einschlagen, 
und auf welchem Lacerta muralis, ein Charakterthier unseres 
Südens nun auch Nordtirol resp. Innsbruck erreicht hat, wo 
es sich auf der sogenannten Brennerstrasse an Mauersteinen 
in gewohnter Hurtigkeit umhertummelt 5). Gerade in diesem 
letzterwähnten Vorwärtsziehen gegen Norden findet vielleicht 
auch G. v. Cobellis schöne Entdeckung 6) von Ooronella 


1) Notthaft J., Die Verbreitung der Kreuzotter in Deutsch- 
land im: Zoolog. Anzeiger. Jahrg. IX. 1886. p. 450 ff. 

2) Gredler a. a. O. p. 17 und 23. 

3) Gredler V., Herpetologische Beobachtungen in: Correspon- 
denzbl. d. zool.-min. Vereines in Regensburg. Jahrg. XXXVI. 1882 
p- 26. 

4) Scopoli J., Iter tirolense in: Annus histor.-natural. Vol. 2. 
1769 p. 40. 

5) Krauss H., Beitrag zur Orthopteren-Fauna Tirols in Verhandl. 
d, zool.-bot. Gesellsch. Wien. Bd. XXIII. 1873 p. 24. 

6) Cobelli G. de, Prospetto sistematico dei Rettili, Anfibi 


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Ricciolii Met. (Girondica Daud.) am Monte Baldo, und das 
Vorkommen von Coluber Aesculapii, Tropidonotus tessellatus 
in den einstigen Römerstätten bei Ems, Salzburg u. s. w. 
verdankt demnach wohl auch nicht einer künstlichen Ueber- 
tragung und Einsetzung, sondern einem natürlichen Wander- 
zuge seine naturgemässe Erklärung. Sandberger hat auf 
anderem Wege nachgewiesen, dass die letztere Art endogen 
ist 1). Bezüglich derartiger Einwanderungen ist auch Turdus 
pilaris, Bombus fragans u. a. bekannt. Weiters legte der 
Vortragende ein halbalbines Eichhörnchen (Seiurus vul- 
garis) vor, das bei Kufstein erlegt wurde und in der Samm- 
lung des Museums sich befindet; auch die Krallen sind 
rein weiss, Schliesslich besprach der Vortragende das Vor- 
kommen von Haematopus ostrealegus und Carbo 
Cormoranus in Tirol. Beide Arten bewohnen die Meeres- 
küsten von Norddeutschland, insbesondere die Ost- und Nord- 
see. Ein Stück ersterer Art wurde vom Forstmeister 
A. Götz am Plansee erlegt (Sammlung des Ferdinandeums); 
von letzterer Art, welche übrigens auch in Ungarn und an 
der Mündung der Donau angetroffen wird, wurden am Inn 
5 Exemplare gesehen, von denen 2 erlegt wurden; die Exem- 
plare zeigen prächtige Altersfärbung, doch sollen auch junge 
Stücke in deren Begleitung gewesen sein (Sammlung des 
k. k. Gymnasiums und des Kaufmanns J. Reiter). Von allen 
Vögeln Tirols verdient aber die grösste Aufmerksamkeit der 
Lämmergeier (Gypaetus barbatus L.), über dessen Vor- 
kommen in Tirol der Vortragende einen besonderen Artikel 
vorlegt, der mit den in demselben weggelassenen Citaten hier 
republizirt wird 2), 

e Pesci del Trentino finora studiati in: Programma d. scuola reale sup. 
Rovereto 1872/73 p. 6. 

1) Sandberger F., Ueber eine Löss-Fauna vom Zollhause bei 
Hahnstetten unweit Diez in: Neu. Jahrb. f. Mineral. Geol. Palaeontol. 
1883 II. p. 182— 183. 

2) Dalla Torre Dr. v., Der Bart- oder Lämmergeier in Tirol 
in: Mittheilungen des Deutschen und österr. Alpenvereins XII. 1886 
p. 236—238, 


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„Die sprichwortliche Ruhe auf den Alpenhöhen wird 
bald Thatsache geworden sein: der Steinbock, dieser schönste, 
kühnste und interessanteste Hochalpenbewobner, ist bereits 
verschwunden und nur die Cultur vermag noch einige Heerden 
zu erhalten; die Murmelthier-Ansiedelungen werden immer 
seltener und den Schneehuhnschaaren ergeht es unter den 
Tücken menschlicher Verfolgung auch nicht besser; am 
Längsten wird sich immerhin noch der Zwerg der Alpen- 
bewohner, die Schneemaus, erhalten: hat man an ihr doch 
noch nichts Mystisches und nichts Schädliches aufzuspüren 
vermocht, um damit die Culturmission des „Herrn der Schö- 
pfung*, Alles zu vernichten, legal zu entschuldigen! — Das 
nächste Opfer unserer hochalpinen Thierwelt ist der Bart- 
oder Lämmergeier (Gypaetus barbatus L.), vulgo „Jochgeier® ; 
erst als alpines Ungethüm verrufen, später Object eines natur- 
wissenschaftlichen Federkrieges — ob Menschen gefährlich 
oder nicht — ist er heute eine Seltenheit ersten Ranges ge- 
worden. Verfolgen wir seine Spuren auf tirolischem Boden! 

In den Aufzeichnungen im Innsbrucker Statthalterei- 
Archive, welche mir Herr Baron Lazarini zur Verfügung 
zu stellen die Freundlichkeit hatte, wurden in den Jahren 
1500—1585 für folgende Vögel Fang- und Schussgelder 
ausbezahlt: Für 1 Paynbruchel- oder Steingeiern, für 1 Adler- 
geiern, für 1 Jochgeiern, für 1 Gemsgeiern, für 1 grossen 
Aasgeier, für 1 grossen Geier, für 1 Geier und für 1 Adler 
je ein fl. rhein.; dann für 1 Hühnergeier, für 1 Amentgeier 
(nach Dr. M. Lexers, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch 
1872 p. 50 = Ohreule), für 1 Hornvogel (nach Göch- 
hauser, Notabilia venatoris 1741 p. 148 „von der Horn- 
oder Stein-Eule* also — Athene noctua L., was auch durch 
Döbel, Jäger Prakt, Bd. 1 p. 180, Wildungen, Neu- 
jahrsgeschenke 1795 p. 67, Bechstein, Vögel Thi. I, Bd.2 
p- 383, Aus dem Winkel Bd. 3 p. 370 und Brehm, Vögel 
Bd. 2 p. 90 bestätigt wird), für 1 Auffenvogel (—Uhn), für 
1 Ohreil, für 1 Schlitzgeier — Milvus spec.?), dann für 1 
Möver (—Mergus?), für 1 , Elgriesvogel* (sowohl Br. La- 


IX 


zarini, als auch mir undeutbar, wenn man nicht an Velb, 
Elbs, Elb in Gessner’s Vogelbuch 1557 p. 319, oder an 
Elbiss in Schmellers Lexikon p. 66 == Schwan denkt), 
und für 1 Schermvogel (Cormoranus Carbo L.) je 30 kr. rhein, ; 
endlich für 1 Alennpockvogel (zweifellos die Lachmöve, Xema 
ridibundum, was auch von Walchner, Beiträge zur Orni- 
thologie des Bodenseebeckens p. 145 bestätigt wirg) und einen 
„Vogel so die Visch ysst“ (vermuthlich dieselbe Art, wie 
voriger) je 20 kr. und für „Rappen“ 2 kr. rhein. Betrachtet 
man diese 300 Jahre alte Liste kritisch an der Hand der 
heute im Lande zu beobachtenden Vogelarten, so entgeht 
uns der Eindruck nicht, dass die in Frage stehenden Vögel 
nur in der ersten, mit 1 fl. Abschussgeld bezahlten Reihe 
zu suchen sind. 

Von diesen entfällt nun zunächst wohl die Bezeichnung 
„Grosse Geiern® und „Grosse Aasgeiern“, welche mit ziem- 
licher Sicherheit auf den grauen Geier (Gyps fulvus Gm.) 
zu deuten ist, für welche Deutung die Seltenheit und die 
Vertheilung der Fundorte sprechen. Es werden nämlich von 
ersteren im December 1503 zwei Stücke aus Ried und zwei 
Stücke aus Ellpogen eingeliefert; dann 1522 drei Stücke im 
März und 1526 ein Stück im April; von letzterem sogar 
sechs Stück im April 1522 aus dem Putzenthal. — Für die 
übrigen sechs Formen ist eine Bestimmung der Art absolut 
unmöglich, da man die Bezeichnungen „Adler“ und „Greier® 
in gleicher Weise untereinander geworfen und verwechselt hat, 
wie noch heute. Der erstere Name erscheint überhaupt nur 
dreimal, nämlich 1503, wo drei, 1504, wo vier und 1516 
wo drei Sücke eingeliefert wurden; von „Adler-Geiern * wur- 
den im Jahre 1500 zehn Stücke, im Jahre 1501 (oder 1503) 
drei Stücke aus Schmirn, im Jahre 1504 zwei Junge, im 
Jahre 1516 zwei Stücke und im Jahre 1536 gleichfalls zwei 
Stücke aus Petersberg und Steinach eingesandt, Der Selten- 
heit nach — ja schliesslich auch dem Namen nach, denn 
der Lämmergeier ist ja ein ,adlerartiger Geier“ — könnte 
dieser Name auf die vorliegende Art bezogen werden, doch 


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wage ich es nicht zu thun und glaube viel eher, dass die 
heute doch im Volke verbreitete Namensconfusion damals 
ihren Anfang nahm — und unter diesem Namen Adlergeier, 
sowie unter den folgenden Namen „Paynpruchel-, Joch- und 
Gemsgeiern*, sowohl der Adler, als auch der Bartgeier ver- 
standen wurden, weshalb eine kritische Scheidung ein Werk 
der Unmöglichkeit ist. Das aber steht fest, dass der Begriff 
Paynbrüchel der älteste Name für diesen Artcomplex ist, 
welcher von 1500—1521 ausschliesslich, dann nur mehr 
einmal, nämlich 1536 erscheint; von 1522 finden sich neben- 
einander die Namen „Geier“ und ,Jochgeier“ und von 1545 
ab erscheint noch ein weiterer ominöser Name , Gemsgeier “, 
Weiter steht fest, dass die Anzahl der damals erlegten Stücke 
sehr gross war, da von erster Art jährlich im nördlichen 
Theile Tirols allein 17 Stücke, im Durchschnitt von allen 
zusammen etwa 10 Stücke erlegt wurden. Was nun die ein- 
zelnen Namen anlangt — denn nur als solche, aber nicht 
als Arten können wir sie bezeichnen — so sei Folgendes er- 
wähnt: Die „Paynbrüchel* enthalten zweifelsohne auch 
Lämmergeier (wohl deutet auch der Name auf deren Sitte, 
die Beute zu stürzen); sie wurden iv ganzen, oft lebenden 
Stücken und in Geierköpfen eingeliefert; lebende wurden 
namentlich im Hofe der Burg zu Innsbruck gehalten und 
wiederholt wurde auf Befehl der Landesfürsten für solche ein 
doppeltes Fanggeld bezahlt. Sie wurden aus allen Theilen 
Nordtirols geliefert, sehr häufig und zwar in den Monaten 
Mai und Juni junge, lebende, dem Horst entnommene Stücke. 
Von 1522 erscheint nur mehr der Name Geier und Joch- 
geier. Auch von ersteren wurden im Mai und Juni einige- 
male Junge den Horsten entnommen und eingeliefert, was auf 
eine Analogie mit voriger Art hinführt; ausser an den bei 
folgender Bezeichnung zu nennenden Orten finden wir noch 
verzeichnet: Stubai, Patsch, Pirgitz, Pitzthal, Gschnitz, Etz- 
thal, Imbst, Martinsperg u. s. w. Jochgeier kamen vornehm- 
lich aus dem damaligen Landegg, Mieders, Etzthal, Passeier, 
Sterzing, Pfunds, Aldrans, Leuten, Petersberg — also wie 


XI 


vorige; ebenso verhält es sich mit den Gemsgeiern. Von 
Jungen der letzteren zwei Formen wird nirgends gesprochen! 


Haben wir somit aus diesen Daten für das Vorkommen 
dieser Art in Tirol thatsächlich nur sehr vage Angaben er- 
halten, die uns keinerlei greifbare Schlüsse gestatten, so wollen 
wir im Folgenden versuchen, dasjenige hier zusammenzustellen, 
was im Laufe unseres Jahrhunderts darüber bekannt geworden 
ist; auch da verhalten sich die Autoren sehr reservirt. — 
Die ältesten Nachrichten stammen von Professor Schwae- 
grichen'), welcher dieses Vogels im Jahre 1804 in der 
Nähe des Grossglockuers erwähnt; dreissig Jahre später be- 
merkt Gistl2), dass er in Tux, „an der Grenze Salz- 
burgs*, geschossen wurde; nach Professor A. Wagner?) in 
München wurde 1827 noch ein Männchen bei Berchtesgaden 
erlegt, woher ihn auch Schrank 4) bereits zu Ende des vo- 
rigen Jahrhunderts erhalten hatte. Das Vorkommen in diesem 
östlichen Theile Tirols wird in späterer Zeit nur noch durch 
ein paar, wegen zu leichten Verkennens der Art, entschieden 
verdächtige Notizen in Tagesblättern constatirt; es ist diesen 
Argaben kein Gewicht beizulegen, ehe Belegexemplare ein- 
gebracht werden. Anders verhält es sich im Westen des 
Landes, so dass Jaekel®) und Heller‘) ganz Recht haben, 
wenn sie die Art als „höchst selten“ oder als „in Tirol fast 


1) Schwägrichen in: Schultes, Reise nach dem Glockner 
1804 Bd. II. p. 349. 

2) Gistl Joh., Uebersicht der Vögel des österreichischen Salz- 
kammergutes und des Salzburgischen Gebietes in: Faunus II. 1885 
p- 180—191 (p. 180 n. 2). 

3) Wagner Andr., Beitrag zur Kenntnis der baierischen Fauna 
in: Münchner Gelehrten-Anzeiger Bd. XXII. 1846 p. 663. 


4) Schrank Franz Paula, Naturhistorische Briefe 1785 I. p.298. 


5) Jaekel J., Materialien zur baierischen Ornithologie etc. in: 
Abhandlungen d. zool.-min. Ver. Regensburg 1. Heft 1849 p. 23 n. 3. 

6) Heller C., Ueber die Verbreitung der Thierwelt im Tiroler 
Hochgebirge in: Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. Wien. Mathem.- 
naturw. Cl. Bd. 83, 1. Abthl. 1881 p. 118. 


XI 


ganz ausgerottet* bezeichnen; auch Althammert) nennt 
ihn, ohne auf die Sache näher einzugehen, ,rarissimo* und 
bemerkt in der deutschen Uebersetzung?): „Seit 1810 erinnert 
sich Niemand, diesen Vogel in Tirol gesehen zu haben. In 
jenem Jahre wurde ein Männchen und ein Weibchen in der 
Nähe von Innsbruck erlegt; es sind dieselben Exemplare, 
glaube ich, welche man in der ornithologischen Sammlung 
der Universität Monaco sieht. Seit dieser Zeit ist meines 
Wissens kein anderes Exemplar mehr in Tirol erlegt worden *. 
Auch über diese Belegstücke in München ist heutzutage nichts 
Positives mehr zu erfragen; sie scheinen entweder nie inven- 
tirt oder ausgemustert worden zu sein. 

Sichere Angaben über das Vorkommen dieser Art be- 
sitzen wir nur aus dem Gebiete der Rhäticonkette, des Boden- 
sees, wo ihn Walchner?) erwähnt, und des Ortlergebietes, 
wo Baldamus#) seiner gedenkt. So beobachtete ihn 
Zimmerl5) im Gebiete der Scesaplana und Bruhin ®) 
schreibt im Jahre 1868: „Leider auf den Hochalpen kein 
so seltener Gast. Auf dem Hohen Iffer, an der Grenze gegen 
das baierische Allgäu, wo jährlich Hunderte von Schafen ge- 
sommert werden, hat er schon arge Verwüstungen unter der 


1) Althammer L., Catalogo degli uccelli finora osservati nel 
Trentino. Padova, 1856 p. 5. 

2) Althammer L., Verzeichnis der bis jetzt in Tirol beob- 
achteten Vögel (Aus dem Italienischen) in: Naumannia VII. 1857 
p. 394 n. 28. 

3) Walchner H., Beiträge zur Ornithologie des Bodensee- 
beckens. Karlsruhe, 1835 p. 166. 

4) Baldamus E., Ornithologische Mittheilungen. Brutvögel in 
Unter- und Oberengadin in: Zeitschrift f. d. gesammt. Naturwissensch. 
XXX. 1867 p. 100. 

5) Zimmerl F., Beschreibung einer Excursion auf die Scesa- 
plana etc. in: 6. Rechenschaftsbericht d. Musealver. in Bregenz 1863 
p. 16. 

6) Bruhin P. Th., Zur Wirbelthierfauna Vorarlbergs in: Zool. 
Garten. VII. 1867 p. 436. — Bruhin P. Th., Die Wirbelthiere 
Vorarlbergs etc. in: Verhandl. d. zool.-bot. Gesellsch. Wien, XVIII. 
1868 p. 244. 


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Heerde angerichtet. Die Hirten glauben, wenn man den 
Schafen einen rothen Lappen umhänge, werden sie vom Joch- 
geier nicht behelligt. Ein Mann, der über den Arlberg ging, 
wurde unversehens angegriffen, er schlug ihm die Fänge um 
die Achseln und hackte mit dem Schnabel nach dem Kopfe, 
so dass er eine Beute geworden wäre, wenn nicht Hilfe ge- 
kommen wäre. Ein Hirte im Bregenzerwalde wurde von 
einem bis in die Hütte verfolgt. In Madona im Walserthale 
bei Bad Rothenbrunn kam ein Mann einem so nahe, dass er 
ihn hätte mit dem Stock erschlagen können, wenn er durch 
den Anblick nicht so sehr überrascht gewesen wire.“ Sein 
Vorkommen beschränkt sich nach demselben Autor auf die 
„südlichen und östlichen Alpen Vorarlbergs*. Von ganz 
eminenter Bedeutung war es für diese nur wahrscheinlichen 
und zweifelhaften Angaben, ein Corpus delicti zu erhalten, 
und dieser für die Wissenschaft so wichtige Fang gelang im 
Februar des Jahres 1881. „Der Berg“, schreibt Girtanner!) 
nach Mittheildng des Baron Lazarini?), „auf welchem der 
Vogel gefangen wurde, heisst der Rauhe Kopf; auf der Kobl- 
alp, Gemeinde Pfunds, Tirol. An der Holzgrenze richtete ein 
Bauer eine sogenannte Mardertrappel für einen Marder auf 
und gab das Gedärme eines Kalbes als Köder dazu. Als 
er nach mehreren Tagen nachsah, fand er anstatt des Mar- 
ders den Geier gefangen. Vor vier Jahren soll in der näm- 
lichen Gegend ein ebensolcher gefangen worden sein und sollen 
sich noch andere jetzt dort herum aufhalten. Wie lange dieses 
Exemplar sich vor dem Fange dort aufgehalten hat, ist nicht 
bekannt, da es dem Bauern beim Aufstellen der Falle zum 
ersten Male zu Gesicht kam. ... .“ Aehnliches theilt über 
dasselbe Thier, das von da nach Innsbruck kam, wo es Kauf- 


1) Girtanner A,, Ein Bartgeier (Gypaetus barbatus St.) in 
Tirol gefangen in: Mittheilungen d. ornithol. Vereins in Wien. VY. 
1881 p. 45. 

2) Lazarini L., Ornithologische Beobachtungen aus Tirol in: 
1. Jahresbericht d. Comités f. ornithol. Beobachtungsstationen in Oester- 
reich-Ungarn (1882), 1883 p. 21. 


XIV 


mann Reiter mit grösster Sorgfalt aufzieht, R. v. Tschusit) 
mit, der an anderer Stelle auch noch über weitere Beobach- 
tungsorte berichtet, nämlich in Vorarlberg und im Oetzthal. 
Bezüglich des ersteren Gebietes theilte ihm Keller mit: 
„1860 sah ich die zwei ersten Exemplare auf der Wöstner- 
alpe, wo ein Hirte behauptete, iu einem unzugänglichen Felsen 
den Horst zu kennen und die Jungen gehört zu haben. Ich 
selbst konnte mich davon nicht überzeugen. 1861 jagten 
zwei Exemplare eine Schafheerde über den Schadonakopf in 
einen Abgrund und hielten sich dort auf, bis der Frass auf- 
gezehrt war. (Beide Alpen liegen nahe der Vorarlbergisch- 
tirolischen Grenze). 2863 beobachtete ich während eines 
l4tägigen Aufenthaltes in der Rhäticonkette drei Exemplare, 
von denen das eine auffallend lichte Färbung trug, 1867 
machte ich eine dreiwöchentliche botanische Excursion in die 
Lepontinischen und Rhätischen Alpen, bei welcher Gelegen- 
heit ich öfters den Bartgeier sah; auch versicherten mir 
Alpenhirten, dass sich dieselben dort alljährlich zeigen. 1879 
sah ich noch ein Exemplar in der Silvretta-Gruppe und 1880 
ein Exemplar auf der Alpe Tilisuna im Montavon und ein 
Exemplar bei der Gemsjagd auf Canisfluh im Bregenzer- 
walde*. — Diesen Notizen sei auch noch eine Mittheilung 
des Arlberg-Geologen Dr. G. A. Koch?) in Wien beigefügt, 


der in einem längeren Artikel seine wiederholten Begegnungen 


dieses Thieres ausführt und schliesst: „Fasse ich Alles, was 
ich in Vorarlberg und Tirol über den Bartgeier in Erfahrung 
bringen und beobachten konnte, zusammen, so möchte ich 
wohl die Behauptung aufstellen, dass gewisse Theile Vorarl- 
bergs und Tirols, die in die Nachbarschaft des Silvrettastockes 
und des Rhäticon fallen, auch heute noch häufig von Bart- 


1) Tschusi V. v., Ein Bart- oder Lämmergeier (Gypaetus barbatus 
St.) in Tirol gefangen in: Wiener Jagdzeitung XIV. 1881 p. 309; 
Mittheilungen d. ornithol. Vereins Wien V. 1881 p. 40. 

2) Koch G. A., Der Bartgeier (Gypaetus barbatus) in den Alpen 
von Oberösterreich, Vorarlberg und Tirol in: Mittheilungen d. nieder- 
österreichischen Jagdschutz-Vereins, Wien, 1882 p, 141. 


XV 


geiern auf ihren Jagdziigen besucht werden; diese Besuche 
erfolgen anscheinend mit grosser Regelmässigkeit. Eine Haupt- 
flugrichtung zieht sich von St. Antönien und dem Partnun- 
thale im Prätigau ostwärts in’s Vorarlbergische Gebiet hin- 
über; in der Verbella hinter dem Tafamont und im Tscham- 
breu scheint jedoch der Bartgeier noch heute zu horsten. 
Bestätigt werden diese Aussprüche noch durch ganz präcise 
Angaben über das Vorkommen des Bartgeiers im benachbarter 
Schweizergebiete*. — Aus eigener Erfahrung kann auch ich 
beifügen, dass mir im im Paznaun ein frisches Exemplar zu 
Gesicht kam, von welchem die Bewohner nur soweit Notiz 
nahmen, als sie die Federn unter sich vertheilten; das Thier 
für eine Sammlung zu retten, gelang nicht. Ueber sein Vor- 
kommen im Oetzthaler-Complexe berichtet Holzmüller!), 
dass der Förster seit langer Zeit im Kaunserthale und Ge- 
patsch ihn nicht mehr beobachtet habe, doch sah Keller 
nach Tschusi’s?) Publication noch im Jahre 1866 ein 
Exemplar und es steht ziemlich sicher, dass auch im ver- 
gangenen Jahre ein Stück erlegt wurde, das mit dem Tou- 
risten in’s Ausland kam, ohne dass es mir trotz vielfacher 
Correspondenzen gelungen wäre, Nihereres in Erfahrung zu 
bringen. Die Angaben über das Vorkommen im Trentino 
sind nach Untersteiner?) und Bonomi‘) ganz unverläss- 
lich und somit ist jede Notiz über seinen Aufenthalt von 


1) Holzmüller H., Berg-, Thal- und Gletscherfahrten im 
Gebiete der Oetzthaler-Ferner in: Zeitschrift f. d. gesammt. Naturwis- 
sensch. XXXVIH. 1871 p. 101. 

2) Tschusi zu Schmidhoffen Victor R. v., Ornithologische 
Notizen. 1. Ueber im Alpengebiete beobachtete Lämmergeier in: Mit- 
theilungen d. ornithol. Vereins. Wien VII. 1883 p. 163. 

3) Untersteiner E., Aggiunta al catalogo degli uccelli osser- 
vati nel Veneto di A. P. Ninni ecc. in: Commentario della flora, 
fauna e gea del Veneto, 1869 p. 252. 

4) Bonomi A., Die Vögel des Trentino (deutsche Uebersetzung 
von Dr. v. Dalla-Torre) in: Mittheilungen d. ornitholog. Vereins. Wien, 
VII. 1883 p. 171 n. 2). — Bonomi A., Avifauna Tridentina in: 
Programma d. i. r. ginnasio superiore di Rovereto 1884 p. 5 n. 2, 


Xvi 


höchstem Interesse, Solche zu erhalten, war der Zweck dieser 
Zeilen, die ich wohl nicht besser schliessen kann als mit den 
Worten Dr. A. Girtanners: „Steinadler und Gemse, diese 
zwei anderen Gegenstücke in der Alpenthierwelt, zäher in 
ihrer Körperbeschaffenheit, scheuer, intelligenter und lebhafter 
als jene zwei ernsthaften, reservirten Bergfürsten — der Stein- 
bock und der Lämmergeier, aber den unvermeidlichen Unan- 
nehmlichkeiten, welche die Veränderungen in den Verhält- 
nissen um sie her mit sich brachten, mit Widerstreben sich 
anpassend, erfreuen sich eben deswegen auch noch einer er- 
träglichen Existenz und sie werden voraussichtlich ihr gutes 
und uraltes Anrecht auf die Mitbewohnung des noch so un- 
endlich grossen, für alle seine Geschöpfe genügenden Raum 
bietenden Alpengebäudes selbst dann noch mit Erfolg be- 
haupten, wenn schon längst, aufzuckend unter dem tödtlichen 
Blei, der letzte Bartgeier, im Todeskampfe zitterad, noch 
einmal die gewaltigen Fittige entfaltet und dann sein Dasein 
geendet haben wird *. 

Im Anschlusse an den vorstehenden Vortrag theilt Herr 
Prof, Pfaundler die folgenden Notizen über Vipera 
(Pelias) berus, Coronella laevis und Coluber na- 
trix mit, 

Pelias berus habe ich gefunden: 1 Exemplar schwarze 
Abart des Weibchens auf dem Wege von der Klamm auf 
die Zirlermähder, 1 Exempl. unter der Frau Hütt oberhalb 
der Höttingeralpe, 4 Exempl. (je 2 Pärchen in Paarung be- 
griffen) oberhalb der Hungerburg, 1 Exempl. im Achenthal 
am Westufer, 3 Exemplar im Gchnitzerthal, 2 in der Thal- 
sohle, 1 auf der Alpe, 

Coronella laevis wurde gefunden: 1 Exempl. auf der 
Höttingeralpe, 2 Exempl. auf Taurerschloss, 2 Exempl. an 
einer Mauer beim Amraser See, 1 Exempl. bei Egerdach, 
1 Exempl. wurde von der in der Klamm gefangenen Viper 
ausgespieen. 

Coluber natrix wurde gefunden: zahlreich in der Umge- 
bung des Lansersees uud des dortigen Tümpels, am Amraser 


XVII 


See, in den Wassergräben bei Tratzberg, auch sonst häufig 
an Ufern, jedoch häufiger Exemplare ohne gelbe Flecken als 
mit solchen. 

Am häufigsten ist Coluber, am seltensten Coronella, 
Letztere kommt auch neben Pelias vor, z. B. Höttingeralpe, 
Klamm Taur. 

Die Viper liebt sonnige Höhen des Kalkgebir- 
ges zwischen 1000 und 2000 Metern, insbesondere Buchen- 
gestrüppe und Alpenrosenstauden. Sie scheint auf Schiefer- 
gebirge selten oder gar nicht vorzukommen, So fehlt sie 
z. B. im Oetzthal, während sie im nahen Gschnitz häufig ist. 
Nie habe ich sie in feuchten Mulden oder auf Moorboden 
gesehen. 

Die Coronella scheint im Mittel weniger hoch zu gehen, 
liebt sonnige Hügel, Mauern des Mittelgebirges, kommt, wie 
erwähnt, neben Pelias oder auch neben Coluber vor. 

Die Coluber geht am wenigsten hoch, zieht die Thal- 
sohle vor, immer nur in der Nähe von Wasser. 

Die Viper frisst insbesondere Mäuse, aber auch Coronella 
lävis, doch nach meinen Beobachtungen nie in Gefangenschaft, 
Sie flieht nicht oder nur langsam, ist überhaupt träge, aber 
frisch gefangen sehr heftig und beisslustig. Beisst immer nur 
mit Vorschnellen des Kopfes, scheut das Wasser. 

Coronella lävis frisst Eidechsen und Blindschleichen (viel- 
leicht auch Viper), sie ist auch langsam im Fliehen, Frisch 
gefangen beisst sie selten sofort, aber fast immer nach einiger 
Zeit, während man sie in der Hand hält, aber ohne Vor- 
schnellen des Kopfes. Zeigt stets ein eigenthümliches An- 
schmiegen des Halses an einen angelegten Finger. Frisst 
auch in Gefangenschaft. Scheut das Wasser. 

Coluber natrix frisst am liebsten Grasfrésche, Molche 
und Fische, nicht Kröten und Eidechsen; auch in Gefan- 
genschaft. Sie fliekt hastig, meist in’s Wasser, wo sie so 
schnell schwimmt, dass ein Schwimmer ihr nicht nachkommt. 
Frisch gefangen geberdet sie sich wüthend, zischt und verun- 
reinigt die haltende Hand, um welche sie sich windet, beisst 

Naturw.-med. Verein 1887/88. 2 


XVIII 


aber nicht. Unter cirea 50 Exemplaren hat ein einziges 
(schwarze Abart) beim Fangen gebissen. Färbung sehr man- 
nigfaltig, doch fehlen bei Innsbruck meistens die gelben Flecken. 

Ausser obigen 3 Species wurde von mir nur einmal 
eine Würfelnatter beim Lehmenhof gefangen (im Museum 
befindlich), Eine Anzahl der von mir gesammelten Exem- 
plare hiesiger Schlangen werden von Graf Enzenberg unter 
Dach aufbewahrt. 


3. Herr Prof. Pfaundler zeigt das Auer’sche Licht vor. 


4. Herr Prof. Stolz theilt die folgende interessante Aus- 
führung des von ihm auf p. XXII des XV. Berichtes gege- 
benen Satzes über Convergenz und Divergenz rein- 
periodischer Kettenbrüche mit. 

Satz. Der reinperiodische Kettenbruch mit 
der Periode 

a u 8 pio 

i + i En RENT == er 
divergirt, wenn die a.a.O. erwähnte quadratische Glei- 
chung 

Nm—1x2+ (N,,—Zm—1) x—Z,,—0 (1) 
verschiedene (endliche) Wurzeln hat und ausserdem entweder 
1) der Ausdruck 
S= mt Zm—1 

verschwindet; oder 2) bei reellen Werthen der Ausdrücke S 
und 

P=Z,, Nm—1—N,, Zm—1==(—1)m—1 a, ag «2 AQ, 
die Wurzeln der Gleichung (1) nicht reell sind; oder 3) bei 
nicht reellem Werthe von § die Gleichung 

I (2) 
besteht, worinp eine reelle Zahl kleiner als —Y, 
bedeutet*. 

Der Satz ist leicht zu zeigen. Er geht daraus hervor, 
dass unter jeder der Voraussetzungen 1)—3) der Ausdruck 

Qi Nn+Nm—1 x 
N„+Nn— 1X 
worin X, X, die als verschieden angenommenen Wurzeln der 


XIX 


Gleichung (1) bezeichnen, den absoluten Betrag 1 hat, Man 
findet durch Auflésung von (1) 


N,,-Nm—1x=S+S2--4P. 


Setzt man 
S—a+fi P=o'-+-8'i 
vS?--4P=1 438i, (3) 
so erhält man aus der Gleichung |Q|?—1 unmittelbar 
ay-+-Be—=0 (4) 


Ist nun erstlich 
aB--2p’—6 

nicht Null, so bilde man 

OM—2y(ay+B)—alr HEN tal? —0%)-F2B.78. 
Setzt man hier für yo y?—-5°, 7240? die aus (3) sich er- 
gebenden Werthe, so findet man- leicht, dass M nur dann 
verschwinden kann, wenn 

(2— 22)’ —2aßa’—0 

ist, d. i, wenn entweder die Gleichung (2) besteht oder 


a—ß—0 ist. Im letzteren Falle ist Q——1, im ersteren 
ist jedoch nur dann |QJ—1, wenn 

4p+1<0 
ist, 


Wenn zweitens 
aß-+28’—0 
ist, so besteht die Gleichung (4) nur dann, wenn entweder 
ß und ß’ verschwinden und die Wurzeln der Gleichung (1) 
nicht reell sind oder wenn S—ßi ist und P der Gleichung (2) 
genügt. 
Beispiel. Ist die Periode des Kettenbruches ein- 
gliedrig, und zwar a, : b,, so hat man 
Sn pP 4, 
zu setzen. Der Kettenbruch 
Be ie. 
FE + i + a ER ebuar (et 
divergirt nur dann, wenn a reell ist und die Gleichung 
x?--ax—a 
nicht reelle Wurzeln hat. 


2% 


XX 


II. Sitzung. 15. December 1886. 


Herr Prof. Holl trägt vor über die Geschmacks- 
organe des Frosches, 


III. Sitzung. 19. Jänner 1887. 


1. Der Vorsitzende theilt mit, dass Herr Prof, V. Dant- 
scher von Kollesberg zwei Abhandlungen: 1) Bemer- 
kung zur Theorie der irrationalen Zahlen, 2) Zur analytischen 
Darstellung der Wurzeln algebraischer Gleichungen für die 
Vereinszeitschrift eingesandt hat, 

2. Herr Prof. Pfaundler führt einige Versuche über 
Polarisation des Lichtes vor. 


IV. Sitzung. 9. Februar 1887. 


1. Vortrag des Herrn Prof. Nicoladoni über Sco- 
liose durch Ischias. 

Professor Albert machte zuerst (Wr. med. Presse 1886, 
Nr. 1) auf eine Form der Wirbelsäuleverkrümmung aufmerk- 
sam, die durch Hüftschmerz bedingt ist, — eine Erklärung 
hiefür brachte er nicht bei. 

Nicoladoni beobachtete seit 1886 zwei Fälle dieser Art, 
welche ihn auch zur Erkenntnis des Zusammenhanges zwischen 
Ischias und Skoliose führten. Der erste Fall betraf einen 
3öjährigen Mann, welcher nach zweitägigem Uebungsmarsche 
im Schneegestöber an linksse‘tigem Ischias erkrankte und 
6 Monate daran litt — erst nach Ablauf dieser traten 
Schmerzen im Verbreitungsbezirke des Plexus lumbalis auf, 
gleichzeitig damit wurde der Kranke schief. 

Die genauere Analyse der Symptome ergab, dass es sich 
um Neigung des Lenden- und unteren Brustsegmentes nach 
der gesunden (rechten) Seite handelte. Diese Neigung war 


XXI 


eine sehr beträchtliche und musste durch eine Krümmung des 
oberen Dorsalsegmentes nach der entgegengesetzten Richtung 
(links) compensirt werden, wodurch die Sförmige skoliotische 
Verkrümmung der Wirbelsäule gegeben war. Solche Leute 
haben auch das Bestreben, das der kranken Seite entsprechende 
Bein vorzusetzen, was Albert als etwas für die Affeetion cha- 
rakteristisches anzusehen geneigt ist, während N. darin nur 
eine Forderung der Körperbalance erblickt, Sowıe der Kranke 
versuchte, die Neigung nach recnts aufzugeben, steigerten sich 
die Schmerzen, ebenso, wenn man ihn am Kopfe emporhob. 
Schmerzhafte (Druck-) Punkte fanden sich an der Hinter- 
fläche des Oberschenkels, dem Verlauf des Nervus ischiadicus 
entsprechend, und am Rücken neben dem 5. Lendenwirbel. 

N. gibt für das Zustandekommen der Schiefheit folgende 
Erklärung: Die Hyperaemie und Schwellung des Perineuriums 
und des intenstitiellen Bindegewebes, welche als anatomische 
Grundlage der Neuralgie anzusehen sind, pflanzen sich nach 
oben auf jene langen Nervenstrecken fort, die zwischen dem 
Ursprung der einzelnen Wurzelbündel des Plexus ischiadicus 
und dessen Austritt aus den Interventebrollöchern der Lenden- 
wirbelsäule, beziehungsweise den Foram. ant. des Kreuzbeines 
innerhalb des Wirbelkanals gelegen sind. So nimmt die an 
Neuritis ascendens erkrankte Hälfte der Cauda equina an 
Volum zu, und die dadurch hervorgerufene Raumverminderung 
steigert die Schmerzen. Jene wird aber ausgeglichen durch 
Neigung des Rumpfes nach der gesunden Seite hin, weil sich 
dann die gesunde Hälfte der Canda equina in eine seitliche 
Nische des Wirbelkanals hineinbegibt und so Raum für die 
erkrankten und geschwellten Nervenwurzeln schafft. 

Mit dieser Anschauung steht es im Einklang, dass die 
Schiefheit sich erst entwickelte, nachdem das Auftreten von 
Schmerzen im Gebiete des Genitocruralis und Lumboinguinalis 
das Ascendiren der Neuritis signalisirt hatte. 

Nach zweimonatlicher elektrischer Behandlung wurde der 
Kranke geheilt entlasser. 

Ein zweiter im December 1886 beobachteter analoger 


XXII 


Fall bestärkte N. in der oben gegebenen Erklärungsweise der 
Schiefheit bei Ischias, 

2. Vortrag des Herrn Prof. v. Vintschgau über 
Wirkung der Inductionsströme bei einer langen 
intrapolaren Nervenstrecke, 

Vortragender gibt zuerst eine kurze Schilderung der An- 
ordnung der Apparate und erwähnt, dass die intrapolare 
Nervenstrecke bei den einzelnen Versuchen zwischen 32 und 
49 mm schwankte. 

Seine Versuche zerfallen in jene mit dem Oeffnungs- 
und in jene mit dem Schliessungsinductionsschlage; in beiden 
Gruppen wurde der Nerv sowohl mit absteigender, wie auch 
mit aufsteigender Richtung des Inductionsstromes erregt. Die 
Reizung der Nerven begarn mit den schwächsten Induc- 
tionsströmen; die Stärke des Inductionsstromes wurde aber 
im Verlaufe eines Versuches geändert, um womöglich bei 
beiden Stromesrichtungen Myogramme zu erzielen, welche 
gleiche oder fast gleiche Höhen besitzen. 

Bei einigen Versuchen wurden auch stärkere Inductions- 
ströme angewendet, nämlich solche, welche maximale Zuckun- 
gen veranlassen. 

Nach einer kurzen Schilderung, wie die einzelnen Myo- 
gramme mit einander verglichen wurden, um zu erfahren, wie 
sich die Latenzzeiten bei Anwendung der ab- und aufstei- 
genden Richtung des Stromes bei gleicher oder fast gleicher 
Myogrammenhéhe verhalten, bespricht der Vortragende die 
von ihm erzielten Resultate. 

Es wurde nämlich zuerst beobachtet, dass bei untermaxi- 
malen Inductions- (sowohl Oefinungs- als auch Schliessungs-) 
schlägen, der Unterschied der beiden Latenzzeiten für die auf- 
und die absteigende Richtung ziemlich klein ist, oder mit 
anderen Worten, dass bei schwachen Inductionsströmen die 
Latenzzeit bei Anwendung der aufsteigenden Richtung nur 
um sehr wenig länger ist als jene, die bei Reizung mit der 
absteigenden Richtung erhalten wurde. 

Vortragender führt folgende Beispiele an. 


XXI 


Die verglichenen Hubhöhen sind gleich 


a) Oeffnungsinductionsschlag !) 


an 4 oo 55 2 3 Ss 3338 
a9 | “ad SEEa | o BB Bee 
SE | EBR 8333 |255:| 225 
62 | dae |Sfe4|2ee2| 25s 
> FS geN SIE 
A 515 40 6% | 0'00051 
” “ „ 9 0:00042 
6 18 39 6 000083 
18 191% of) 109% 1000083 
b) Schliessungsinductionsschlag 
6 IS Yeas val ae oh 000083 | 
7 14 43 91, | 000063 
” n ” 10 000021 
9 EU), 38 13Y, | 000062 


1) Die Hubhöhen sind in den Tabellen so angeführt, wie die- 
selben direct an den Myogrammen gemessen wurden; die wirkliche 
Hubhöhe ist wesentlich kleiner, da dieselbe durch den langen Schreib- 
hebel des Myogramms vergrössert gezeichnet wurde. 


Ein weiteres Ergebniss war, dass der Unterschied zwischen 
den gefundenen Latenzzeiten bei der Wirkung der auf- und 
absteigenden Richtung grösser wird, als jener bei der Reizung 
mit schwachen Strömen, sobald die Reizstärke eine gewisse 
Höhe erreicht, wenn nämlich dieselbe nahezu maximal oder 
schon maximal ist. Es lässt sich dies auch so ausdrücken, 
dass in dem gegebenen Falle die Latenzzeit bei Anwendung 
des aufsteigend gerichteten Stromes wesentlich länger ist als 
jene bei der Reizung mit dem absteigend gerichteten Strome. 


Auch für dieses Ergebniss führt Vortragender einige 
Beispiele an. 


XXIV 


a) Oeffnungsschlag 


aa 
& 5 ldtnductions| Hubbohe | ES 8 ty kao os 
3 5 rollen inmm) mm aye fa 2 jG E = = 
© 7, |aufst.| abst. | aufst. | abst. & u's oe § = = 
Richtung | Richtung | 338 P 723 
5 | 180) 2001213/,|22 34 | 000125 
6 | 210) 200/174, |1744| 39 | 0:00177 
=.190,.1901184,118 5 0:00115 
g (ol TOP 17008 | | LS ee 0:00167 
b) Schliessungsschlag 
4 | 140) 150114 114 32 | 000125 
8 | 115) 140116%, 116%, | 32 | 000151 
af ALO) DAG ait, - 000145 
9 | 120) 1201174,|17%,| 38 | 0:00141 


Vortragender erwähnt nun, dass bei einem weiteren Ver- 
stärken des Reizes, wobei der Reiz schon gewiss maximal 
geworden ist, der Unterschied zwischen den zwei Latenzzeiten 
wieder ziemlich klein wird. 

Es wird bemerkt, dass die eben angeführten Ergebnisse 
sowohl für den Oefinungs- wie auch für den Schliessungs- 
inductionsschlag gelten. 

Bei Anwendung des Schliessungsinductionsschlages und 
bei einem weiteren Verstärken des Stromes vergrössert sich 
neuerdiugs der Unterschied der Latenzzeiten zwischen auf- 
und absteigender Richtung. Der Oeffnungsinductionsschlag 
wurde bei so starken Strömen nicht geprüft. 

Vortragender entwickelt zuletzt eine theoretische Erklä- 
rung der von ihm beobachteten Erscheiuungen, welche sich 
auf folgende Punkte stützt: 


Vor Allem wird bemerkt, dass, so lange der Inductions- 
strom nicht sehr stark ist, die Erregung bloss an der Cathode 
stattfindet (Harless, Fick, Lamansky, Engelmann, Hermann, 
Biedermann, Br. Werigo), woraus wenigstens theilweise erklärt 
wird, warum die Latenzzeit bei Anwendung des aufsteigenden 
Stromes länger ist, als bei jener des absteigenden Stremes. 

Die Erklärung stützt sich weiter auf die Angabe, dass 


XXV 


der Electrotonus sich auch bei den allerschwiichsten Induc- 
tionsschlägen entwickelt (Sewall, Br. Werigo); man muss 
desshalb annehmen, dass bei schwachen Inductionsstrémen die 
cathodische Zone fast die ganze intrapolare Nervenstrecke ein- 
nimmt, und daraus erklärt sich, warum bei schwachen Induc- 
tionsströmen der Unterschied der I.atenzzeiten zwischen auf- 
und absteigender Richtung des Stromes klein ist. 


Endlich stützt sich die Erklärung auf die Angabe Fick’s, 
dass die Erregung an der Cathode und die Hemmung an der 
Anode, sowohl bei Anwendung von constanten Strömen, wie 
auch bei solchen von Inductionsströmen zwei Grössen sind, 
welche zwar im Allgemeinen von der Stromstärke abhängen, 
aber auch bei Vermehrung der Reizstärke nicht in gleicher 
Weise wachsen. 


Diese Angabe Fick’s in Verbindung mit dem Electrotonus, 
welcher sich auch bei Anwendung von Inductionsströmen ent- 
wickelt, erklären ziemlich leicht, wie es komme, dass beim 
Verstärken des Stromes zuerst eine Vergrösserung, später eine 
Verkleinerung des Unterschiedes zwischen der Latenzzeit der 
auf- und absteigenden Richtung des Inductionsstromes ein- 
trete, 


V. Sitzung. 22. März 1887. 


Jahresversammlung. 


1. Wahl des Bureau, Zum Vorstand wird Herr Prof. 
Pfaundler, zum Vorstandstellvertreter Herr Prof. Holl 
gewählt. Wiedergewählt sind Herr Prof. v. Dalla-Torre 
als Cassier, die Herren Prof, O. Stolz und Dr. Sachs als 
Secretäre. 


2. Jahresbericht des ersten Schriftführers 
Herrn Prof. O. Stolz. Im Jahre 1886/87 fanden fünf 
Vereinssitzungen statt, in welchen 10 wissenschaftliche Vor- 
träge und Mittheilungen, zum Theil von Demonstrationen 
begleitet, vorkamen, Hieran betheiligten sich die Herren 


XXVI 


Professoren v. Dalla-Torre, Holl, Lang, Nicoladoni, 
Pfaundler (3mal), O. Stolz (2mal), v. Vintschgau. 

Der XVI. Band der Vereinszeitschrift ist bereits er- 
schienen und wird demnächst vertheilt werden, Der Druck 
des XVII. Bandes hat begonnen. 

Der Tauschverkehr des Vereines hat sich auch im ab- 
gelaufenen Jahre erweitert. Jede der eingegangenen Publica- 
tionen wurde zuerst in einer Sitzung, hierauf im akademischen 
Lesecasino, welches im Universitätssaale (Aula) eingerichtet 
ist, durch einen Monat aufgelegt und endlich der k. k. Uni- 
versitäts-Bibliothek übergeben. 


3. Herr Prof. v. Dalla-Torre berichtet über die 
Cassagebahrung im Jahre 1886/87. Die Jahresrechnung 
bietet folgende Zahlen dar: Cassarest aus dem Jahre 1885/86: 
818 fl. 73 kr, im Jahre 1886/87 Einnahmen 240 fl, Aus- 
gaben 408 fl. 60 kr., so dass ein Cassarest von 650 fl. 13 kr. 
verbleibt. Die Herren Oberrechnungsrath v. Schmidt und 
Prof. Wieser werden um Revision der Jahresrechnung er- 
sucht. — Dem Diener des physikalischen Cabinets A. Wot- 
schitzky wird eine Remuneration von 10 fl. bewilligt. 


4. Herr Prof. Wieser theilt einen von der anthropo- 
logischen Gesellschaft zu Wien erlassenen Aufruf zum Bei- 
tritte zu derselben mit, hebt die Bedeutung und die Ver- 
dienste dieser Gesellschaft hervor und ladet die Anwesenden 
ein, ihr als Mitglieder beizutreten. Herr Prof. Holl schliesst 
sich den warmen Worten des Vorredners an und stellt den 
von der Versammlung angenommenen Antrag, den Aufruf im 
Auszuge mit einer durch die Vereinsleitung verfassten Einbe- 
gleitung in einigen Localblättern zu veröffentlichen. 


5. Herr Prof. O. Stolz trägt vor Bemerkungen zur 
Theorie der Functionen von mehreren unabhän- 
gigen Veränderlichen. 

a) Man sagt, dass die eindeutige Function f(x,y), wäh- 
rend x und y unabhängig von einander zu den endlichen 
Grenzwerthen a und b convergiren, einen endlichen Grenzwerth 


XXVII 


c= lim f(x, y) 


x—a V—D 
besitzt, falls jeder positiven Zahl = eine positive Zahl 6 sich 
so zuordnen lässt, dass für jedes Werthsystem x, y, wofür 
Ix«—al<ö ly—b|<6 ist f(x, y)—el<e 
ist. Gebraucht man Polarcoordinaten, d. h. setzt man 
X—a—Tc05p y—b=rsin (—Ir<yp<ihr), 
so besteht die notwendige und hinreichende Bedin- 
gung dazu, dass f(x,y) bei den soeben erwähnten Grenzüber- 
gängen limx—a limy—b den endlichen Grenzwerth c, hat, 
darin, dass 
ffa+rcosp, b--rsin ¢) 
bei limr—O gleichmässig für alle Werthe von 9 
im Intervalle (—Yr, Yyr) zum Grenzwerth c conver- 
girt, d. h, jeder positiven Zahl = entspricht eine positive Zahl 
p in der Art, dass wenn nur |rl<p ist, 
\f(a--r cos, b-Hrsinp)—c|<e 

ist, welchen der obigen Werthe » auch annehmen mag. 

b) Es seien F(x,y), P(x,y) ganze Functionen von x 
und y, die für x—0, yO verschwinden, und zwar sei 

F(x, y)=U,,(x, y)+Um-+1(x, wa ranch 8 
D(x, y)=2,(% y)+2n+41 (x, y)+ ae) 

worin Üp(xy)Qp(xy) homogene Functionen der pten Dimen- 
sion von x,y bezeichnen. Ferner sei m>n. Ist 9,(%,y) 
eine definite Form nter Ordnung von xy, so 
hat man 


F(x,y) 
lim —() 1), 
oe 
Beweis. Setzt man cosp=u sing—v und x=ru 
y—ıv, so ergibt sich 


F(ru, rv) nen U, (u,v)-Hr{Um+1(u, v)+ Be } 


Su) (u,v) -+r(Qn+1(u,v)-+-.-- } 
Bedeutet U’p(x,y) das aus Up(xy) dadurch hervorgehende 


1) G. Peano. Calcolo differenziale ece. Turin 1884 p. 189, 
Dort ist der Beweis auf andere Art geführt. 


XXVIII 


Polynom, dass man jeden Coefficienten durch seinen absoluten 
Betrag ersetzt, und C die grösste der Zahlen U’m+1(1,1)... 
so hat man unter der Voraussetzung, dass |r|<c1 ist, 
[Um-+1(u, v)-+ ... |<C: (1—Ir)). 
Auf ähnliche Weise lässt sich eine solche positive Zahl 
I’ angeben dass 
\Qn+-1(u,v)+.../<cP: @—tr)) 
ist. Wir werden ferner sogleich zeigen, dass es eine solche 
positive Zahl X gibt, dass wenn nur u?-+v2—1 ist, 
‘2, (u,v) |2a 
ist. Bezeichnet nun A die Zahl U’,,(1,1) und x eine posi- 
tive Zahl kleiner als X und ist |r| kleiner als x : (x-+C) und 
%: (xl), so hat man 
F(ru, F(ru,rv) A-4% 
(ru, rv) <r Ian Dez 
Aus dieser Ungleichung folgt unmittelbar, dass der Bruch 
F(ru,rv) : ®(ru,rv) 
gleichmässig für alle Werthe von » im Intervalle (—!%r, 
x) zur Null convergirt. 


c) „Setzt man unter den Veränderlichen x, X, .... Xx 
die Relation 
X,?-+x,?2+ ... +21 (a) 
fest, so liegen simmtliche Werthe der definiten homogenen 
Form nter Ordnung von x, Xy ... Xx 
Q,(%1 X... Xx) 
dem absoluten Betrage nach nicht uuter einer positiven Zahl X. 
n ist natürlich eine gerade Zahl“. 
Verwandelt man @, durch die Substitutionen 
x—cost; %,=sint, cost, X,—=sint, sint, cost, 
x, int, sin, Sins COS tyes ee ; 
wodurch die Gleichung (a) identisch befriedigt wird, in eine 
eindeutige Function der (x—1) Veränderlichen t, tz ... tx—1, 
so erhält man eine für jedes Werthsystem t, ty ...tx—1 
stetige Function, welche, auch wenn jede der neuen Verän- 
derlichen auf das Intervall (—z, r) eingeschränkt wird, ihre 
simmtlichen, durchaus gleichbezeichneten Werthe annimmt, 


XXIX 


Ihr absoluter Betrag muss daher seine untere Grenze X er- 
reichen; A kann also nicht 0 sein, 

d) Wenn eine eindeutige stetige Function f(x,y) an einer 
bestimmten Stelle xa y—b endliche partielle Differential- 
quotienten nach x und nach y besitzt, so folgt daraus allein 
nicht die Existenz eines vollstäudigen Differentials 
von f(xy) an der betrachteten Stelle. D. bh. mögen auch 
of 
2a 
Darstellung 

of of 

Kata tr) Fl +5) (1) 

oa ob 
möglich, worin p co Functionen von h und k sein sollen, welche 
bei den Grenzübergängen lim h—O lim k—0 verschwinden, 
so dass jedem e_>O ein ö&>>0 so entsprechen muss, dass 
neben 


of : , } : : 2 
und an endliche Zahlen sein, so ist nicht immer die 


3 [ko |pl<ce ole (2) 
ist. — Um diese von J. Thomae herrührende Bemerkurg') 
durch ein Beispiel zu erläutern, betrachte man die Function 

= \Vkyl 
OZ OZ 
an der Stelle =0 y=0. Es ist hier = =0 ae 
eine Gleichung 
2—= sl = Xp y)yo(% y) 
worin 
lim p(x, y)=0 lim ute Y—0 
X— 00 xy 
ist, ist jedoch unmöglich. Denn angenommen, es gäbe eine solche 
Darstellung von z, so würde daraus durch die Substitution 
x—Tc0sp y—rsing folgen 
Vl% sin 22] = c0sg p(r cosy, rsing)-+sin p o(rcos¢g, r'sin ¢). 
Die rechte Seite dieser Gleichung liefert bei limr—=0 den 
Grenzwerth 0, die linke nur, wenn o—0 oder Y/;r ist, worin 
ein Widerspruch liegen würde. 


1) Vgl. J. Thomae Einleitung in die Theorie d. best. Inte- 
grale 1875 p. 37. 


XXX 


Wie Thomae a. a. O, hervorhebt, ist zur Existenz des 
vollständigen Differentials von f(xy) an der Stelle xa y—b 
notwendig, dass der Ausdruck 

f(a+-r cos 9, b--r sin p) — f(a, b) (3) 

r 
bei limr—O gleichmässig für alle Werthe von p 
im Intervalle (—Y,rz, 2) zum Grenzwerthe 
f 
— cose + sing (4) 
convergire. Der Unterschied von (3) und (4) ist zufolge (1) 
cos p.p(T cos p,rsinp)+-sin p.o(r cos p, rsin p), 

somit ist er nach (2) in der That dem absoluten Betrage 
nach kleiner als 2e, wenn nur |r<ö ist. — Die soeben 
angeführte Bedingung ist aber auch hinreichend. 
Bezeichnet man den Unterschied von (3) und (4) mit w(t,¢), 
so hat man 


f(a+-rcosp, b+-r sin ~)—f(a, b) 
of ROL ag 
=i (— c0sp-+- =p im” ) + rw(1, ¢). 


und wenn rcosp—h rsinpg—k w(r,~)—wo(h,k) gesetzt wird, 


f(a+h, b-+ k)—f(a, b) = 
of of : 
= h+ a k-++(h cos p--k sin »)w(h,k). 
Zufolge Voraussetzung entspricht jedem ¢>O ein 6>0 in 
der Art, dass für 
N 2 Iwepl<e 
ist, welchen Werth im Intervalle (—!,;z, Yr) p auch an- 
nehmen mag. Somit ist, wenn nur |h] und |k| kleiner als 
6: \/2 sind, 
los Ki<e, 
Setzt man nun 
p=-aretan - @cosp—p(h,k) wsing—o(h;k), 
so ist unter denselben Bedingungen 
le Kyi<ce —|o(h, kK) <e. 


Man findet also in der That die Formeln 


XXKXI 
lim p(h,k)—=0 lim o(h,k)=0. 
h—0 k—=0 h=0 k—0 


Thomae gibt a. a. O. ein Beispiel für die merkwürdige 
Thatsache, dass, obgleich der Ausdruck (3) für jeden Werth 
von 9 bei lim r—0 den Grenzwerth (4) hat, die Function 
doch an der Stelle —=a y—b kein vollständiges Differential 
besitzt. Es oonvergirt derselbe im Falle der dort aufgestellten 
Funotion eben ungleichmässig zum Grenzwerth (4). 


U. Verzeichniss 


der Akademien, Gesellschaften, Institute und 

Redactionen, mit denen der naturwissenschaft- 

lich-medizinische Verein in Tauschverbindung 
steht. 


Agram. Kroatischer Naturforscher-Verein. 

American Gynecological Society. 

American Medical Association. 

Augsburg. Naturhistorischer Verein. 

Baden bei Wien. Verein zur Verbreitung naturwissenschaft- 
licher Kenntnisse. 

Basel. Naturforschende Gesellschaft. 

Berlin. Kgl. Akademie der Wissenschaften. 
Botanischer Verein für die Provinz Brandenburg. 
Physiologische Gesellschaft. 
Medicinische Gesellschaft, 
Gesellschaft naturforschender Freunde. 
Redaction der „Deutsche Medicinal-Zeitung *. 

Bern. Naturforschende Gesellschaft. 

Bistritz (Siebenbürgen). Gewerbeschule. 

Bonn. Naturhistorischer Verein der preussischen Rheinlande 
und Westphalens. 

Bordeaux. Société des sciences physiques et naturelles, 

Braunschweig. Verein für Naturwissenschaft, 

Bremen. Naturwissenschaftlicher Verein. 


XxXXIl 


Breslau. Verein für schlesische Insektenkunde, 
Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur. 

Brünn. Naturforschender Verein. 

Brookville Indiana U. S. Society of natural history, 

Bruxelles. Société entomologique di Belgique. 
Société r. malacologique de Belgique. 

Budapest. Redaction der „Naturhistorischen Hefte“ (Ter- 
meszetrayzi füzetek). 

Cassel. Verein fiir Naturkunde. 

Chemnitz. Naturwissenschaftliche Gesellschaft, 

Christiania. Université royale de Norwége. 

Cordoba (Republica Argentina). Academia nacional des 
ciencias. 

Chur. Naturforschende Gesellschaft Graubiindens. 

Danzig. Naturforschende Gesellschaft, 

Darmstadt. Verein fiir Erdkunde. 

Dorpat. Naturforscher-Gesellschaft. 

Dresden. Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis. 
Gesellschaft fiir Natur- und Heilkunde. 

Dublin. Royal Society. 

Edinburg. Geological Society. 

Elberfeld. Naturwissenschaftlicher Verein. 

Erlangen. Physikalisch-medieinische Societit. 

Firenze. Societa entomologica italiana. 

Frankfurt a, M. Senkenberg’sche naturforschende Gesell- 
schaft. 
Physikalischer Verein, 

Frankfurt a. 0. Naturwissenschaftlicher Verein. 

Freiburg i. B. Naturforschende Gesellschaft. 

Freiburg (Schweiz). Société Fribourgeoise des sciences na- 
turelles. 

Fulda. Verein für Naturkunde. 

Genova. Museo civico di Storia naturale. 
R. accademia medica. 

Giessen. Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heil- 
kunde, 

Naturw.-med. Verein 1887/88. 3 


XXXIV 


Görlitz. Naturforschende Gesellschaft. 

Graz. Naturwissenschaftlicher Verein für Steiermark. 
Verein der Aerzte in Steiermark. 

Greifswald. Naturwissenschaftlicher Verein für Neu. Vor- 
pommmer und Rügen. 
Geographische Gesellschaft. 

Halle a. d. S. K. Leopoldinisch-Carolinische deutsche Aca- 
demie der Naturforscher. 
Verein für Erdkunde. 
Naturforschende Gesellschaft. 

Hamburg. Verein für naturwissenschaftliche Unterhaltung: 

Heidelberg. Naturhistorisch-medieinischer Verein. 

Helsingfors. Societas pro Fauna et Flora Fenuica. | 

Jamaica Plain (Boston). Bussey Institution of Harvard 
University in Cambridge U. S. 

Jena. Gesellschaft für Mediein und Naturwissenschaft. 

Innsbruck. Ferdinandeum. 

Karlsruhe. Naturwissenschaftlicher Verein. 

Kiel. Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Holstein. 

Klagenfurt. Naturhistorisches Landesmuseum in Kärnten. 

Königsberg. Kgl. physikalisch-ökonomische Gesellschaft. 

Landshut (Bayern). Botanischer Verein. 

Lausanne. Societe Vaudoise des sciences naturelles, 

Leipzig. Naturforschende Gesellschaft. 

Liege. Société r. des sciences. 

Linz. Verein für Naturkuude in Oesterreich ob der Enns. 

London. Royal Society. 

Lüneburg. Naturwissenschaftlicher Verein für das Herzog- 
thum Lüneburg. 

Luxembourg. Institut royal granducal: Section des sciences 
naturelles, 

Lyon. Société Linnéenne. 

Marburg (Preussen). Gesellschaft zur Beférderung der ge- 
sammten Naturwissenschaften, 

Milano, Societa italiana di scienze naturali. 

Moscou. Societe imp, des naturalistes. 


XXXV 


München. Kgl. Academie der Wissenschaften: Mathema- 
tisch-physikalische Classe, 
Aerztlicher Verein. 

Münster. Westphälischer Provincial-Verein für Kunst und 
Wissenschaft. 

Nürnberg. Naturhistorische Gesellschaft. 

Offenbach. Verein für Naturkunde. 

Osnabrück. Naturwissenschaftlicher Verein. 

Padova. Societa Veneto-Trentina di scienze naturali. 

Palermo. Circolo matematico. 

St. Petersburg. Physikalisches Centralobservatorium, 

Prag. Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften. 
Naturhistorischer Verein. Lotos. 
Spolek chemikuy ceskych. 

Reichenberg. Verein der Naturfreunde. 

Rio de Janeiro. Museu National. 

Roma. Reale Academia dei Lincei. 

Salzburg. Aerztlicher Verein. 

Schweizerische Naturforschende Gesellschaft. 

Sion (Wallis). Société Murithienne de Botanique. 

Sondershausen. Irmischia, botanischer Verein für das 
nördliche Thüringen. 

Stockholm. Entomologiska Föreningen. 

Stuttgart. Verein für vaterländische Naturkunde in Würt- 
temberg. 

Thorn. Coppernikus-Verein fiir Wissenschaft und Kunst. 

Torino. R. Museo zoologico. 

Trenesin. Naturwissenschaftlicher Verein fiir das Trencsiner 
Comitat. 

Upsala. Regia Societas Sc'entiarum. 

Washington. Smithsonian Institution. 

Wien. K. k. zoologisch-botanische Gesellschaft. 
K. k. Gesellschaft der Aerzte. 
K. k. geologische Reichsanstalt, 
K. k. naturhistorisches Hofmuseum. 
Verein zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse. 


3 * 


XXXVI 


Section für Höhlenkunde des österreichischen Touristen- 
Club. 
Naturwissenschaftlicher Verein an der k. k. technischen 
Hochschule. ö 
Redaction der „medieinisch-chirurgischen Rundschau ®, 
Allgemeiner österreichischer Apotheker-Verein. 
Oesterreichische Gesellschaft für Gesundheitspflege. 
Wiesbaden. Nassauischer Verein für Naturkunde, 
Würzburg. Physikalisch-medieinische Gesellschaft. 
Zürich. Naturforschende Gesellschaft, 
Zwickau. Verein für Naturkunde. 


Ausser Schriften der genannten Gesellschaften u. s. w. 
ist im Jahre 1886/87 eingelaufen: 


Prof. A. F. Entleutner. Eine Promenade durch die An- 
lagen und Gärten des climatischen Curortes Meran. 
Meran 1886. 

Dr. H. Lechleitner. Zur Rofangruppe. — Das Sonnen- 
wendjochgebirge bei Brixlegg. — Die Kreide von 
Pletzach (Ladoi) auf dem Sonnenwendjoche bei Brix- 
legg. S. A. d. Verhandl. der geolog. Reichsanstalt zu 
Wien 1886. 

L. Rümelin in Klagenfurt. Das mathematische Problem 
der Natur und seine Lösung I. 

Dr. Saint-Lager. Histoire des Herbiers. Paris 1885. 

Dr. A. Lorenz. Die Lehre vom erworbenen Plattfusse. 
Stuttgart 1883. 


ga Es wird gebeten, für den naturwissenschaftlich- 
medicinischen Verein in Innsbruck bestimmte Sendungen an 
die k.k. Universitäts-Bibliothek daselbst zu adressiren. 
— Dem Vereine zugehende Publikationen werden auch im 
hiesigen academischen Lesekasino aufgelegt und schliesslich 
der k. k. Universitäts-Bibliothek einverleibt. 


III. Personalstand des Vereines. 


Vereinsleitung in den Jahren 188687 und 1887188. 


Vorstand im Jahre 1886/87: Herr Dr. M. Holl, 
k. k. Universitäts-Professor; im Jahre 1887/88 Herr Dr. L. 
Pfaundler, k. k. Universitäts-Professor. 

Vorstand-Stellvertreter im Jahre 1886/87: Herr 
Dr. A. Michaelis, k. k. Oberstabsarzt und Sanitätschef; im 
Jahre 1387/88 Herr Dr. M. Holl, k. k. Universitäts-Professor, 

Cassier: Herr Dr. C, v. Dalla Torre, k. k, Gym- 
nasialprofessor und Privatdocent, 

Secretäre: Herr Dr. O. Stolz, k. k. Universitats- 
Professor und Herr Dr. Th. Sachs, Privatdocent, 


Mitglieder am Schlusse des Jahres 1886187. 


Die P. T. Herren: 


Albert Eduard, k. k. Universitäts-Professor in Wien. 

Arz Graf Anton, k. k. Statthaltereirath, 

Barth Ritter v. Ludwig, Dr., k. k. Universitäts-Professor in 
Wien. 

Blaas Josef, Dr., Professor an der Handelsschule und Privat- 
docent. 

Buckeisen Friedrich, Dr., Realschul-Professor. 


*) Diejenigen P. T. Mitglieder, bei denen der Wohnort nicht an- 
gegeben ist, wohnen in Innsbruck. 


XXXVIII 


Czichna Karl, Kunsthändler. 

Daimer Josef, Dr., k. k. Statthalterei-Coneipist. 

Dalla Torre v. Karl, Dr, k. k. Gymnasialprofessor und 
Privatdocent. 

Dantscher Karl, R. v. Kollesberg, Dr. k. k. Hofrath und 
Universitäts-Professor 1. P. 

Dantscher Victor, R. v. Kollesberg, Dr., k. k. Universitäts- 
Professor in Graz. 

Ebner R. v. Robert, k. k. Statthalterei-Sekretär i. P. 

Enzenberg Graf Hugo. 

Ganner Johann, Dr., k. k. Berg- und Salinenarzt in Hall. 

Gegenbauer Leopold, k. k. Universitäts-Professor. 

Greil Franz, Dr., praktischer Arzt. 

P. Gremblich Julius, Gymnasial-Professor in Hall. 

Hammerl Hermann, Dr., Gymnasial-Professor in Mährisch- 
Trübau. 

Heinisch Anton, Dr., k. k. Statthaltereirath und Sanitäts- 
Referent. 

Heller Camill, Dr., k. k. Universitäts-Professor. 

Hofmann Eduard, Dr., k. k. Universitäts-Professor in Wien. 

Holl Moriz, Dr., k. k. Universitäts-Professor. 

P. Kofler Vigil, Gymnasial-Professor in Meran. 

Lang Eduard, Dr., k. k. Universitäts-Professor. 

Lantschner Ludwig, Dr., k, k. Universitäts-Professor. 

Lieber August, Dr., praktischer Arzt. 

Linser Johann, k. k. Oberstaatsanwalt. 

Löbisch Wilhelm, Dr., k. k. Universitäts-Professor. 

Mauthner Ludwig, Dr., k. k. Universitäts-Professor in Wien. 

Möller Josef, Dr., k. k, Universitäts-Professor. 

P. Neumayr Emanuel, Gymnasial-Professor in Bozen. 

Nicoladoni Kar!, Dr., k. k. Universitäts-Professor. 

Oellacher Guido, Magister Pharmaciae. 

Oellacher Josef, Dr., k. k. Universitäts-Professor. 

Oellacher Oswald, Dr., praktischer Arzt. 

Peche Ferdinand, Dr., k. k, Universitäts-Professor. 

Peyritsch Johann, Dr., k, k. Universitäts- Professor. 


XXXIX 


Pfaundler Leopold, Dr., k. k. Universitäts-Professor. 

Reichardt Johann, k. k. Oberstlieutenant i. P. 

Rembold Otto, Dr., k. k. Universitäts-Professor in Graz. 

Rokitansky Frhr. v. Procop, Dr., k. k. Universitäts- Professor. 

Sachs Theodor, Dr., Privatdocent. 

Sarlay Philipp, k. k. Telegraphen-Director i. P. 

Schauta F., Dr., k. k. Universitäts-Professor. 

Schmidt v. Wellenburg Josef, Dr., k. k. Statthalterei-Ober- 
rechnungsrath. 

Schnabel Isidor, Dr., k. k. Universitäts-Professor. 

Schnopfhagen Franz, Dr., Director der Irrenanstalt zu Niedern- 
hart bei Linz, 

Schorn Josef, Dr., k. k. Professor a. d. Gewerbeschule. 

Schott Ferdinand, Dr., k. k. Universitäts-Professor. 

Schumacher Anton, Universitäts-Buchhändler. 

Schwarz Ludwig, Dr., k. k. Regimentsarzt. 

Senhofer Karl, Dr., k. k. Universitäts-Professor. 

Sperk Bernhard, k. k. Landesthierarzt. 

Stapf Johann, Apotheker. 

Stern Julius, Bankier. 

Stolz Otto, k. k. Universitäts-Professor. 

Tapezierer Heinrich, Fabriksbesitzer. 

Tschurtschenthaler Anton, Dr., k. k. Universitäts-Professor. 

Vintschgau R. v. Maximilian, Dr., k. k. Universitäts-Professor. 

Waldner Franz, Dr., praktischer Arzt. 

Weiler Josef, k. k. Realschul-Professor. 

Werner Franz, Dr., Magistratsrath. 

Wieser Franz, Dr., k. k. Universitäts-Professor. 

Wildner Franz, Dr., k. k. Universitäts-Professor, 


Bemerkung zur Theorie der irrationalen Zahlen. 


Wenn man von einer unbegrenzten Folge von positiven 
rationalen Zahlen a,, a,...... weiss, dass es (positive 
rationale) Zahlen g gibt, welche grösser sind als die Summe 
aus jeder beliebigen endlichen Anzahl von Zahlen ar der 
Folge”), so kann man daraus unmittelbar den bekannten 
wichtigen Satz erschliessen: 


Ist ¢ eine beliebig klein anzunehmende positive (ratio- 
nale) Zahl, so muss es eine Anzahl nı geben von der Be- 
schaffenheit, dass 

am+1 +am+2 + ... +amir<e 


ist für jede Anzahl r, sobald m > ın ist, 


Diesen Schluss zu begründen ist der Zweck der vor- 
liegenden Notiz. 

Gabe es in der That zu dem vorgelegten = eine solche 
Anzahl nı nicht, so hiesse diess doch nichts Anderes, als die 
Summe am+1+am+2-+ .... + am+uy überschreitet für 
jede noch so grosse Anzahl m den Werth e, sobald nur p. 
eine gehörig grosse Anzahl n erreicht hat. 


Es gäbe somit sicher auch Anzahlen n,, ny, .- . Dy, 
für welche die Umgleichungen erfüllt wären: 


4t3.... fata, oe 
an, +1 a,4n,42-+ ... +a +n,4n, >e 


*) Diese Eigenschaft einer Folge hat Herr Weiertrass (als das 
Kriterium der Endlichkeit) seiner Theorie zu Grunde gelegt. Vor- 
lesungen im S. S. 1872. 


Naturw.-med. Verein 1887/88. 1 


ER 


tot... ++ ay pny... mya tr +... + 
ta,+m+...+ny >e 
wobei x eine beliebige Anzahl bedeutet. 

Daraus erkennt man aber sofort, dass es dann für die 
betrachtete Folge keine Zahl g geben könnte, wie sie Ein- 
gangs charakterisiert ist; denn wie klein auch ¢ sein mag, 
die Anzahl x kann stets so gross genommen werden, dass 
xe > g ist, 
dann wäre aber eben 

a fag... a, 4+nj4+n,4+... tm > 8; 
was nach der gemachten Voraussetzung tiber die Folge der 
Zahlen ar unmöglich ist”). 

Als eine Anwendung dieses Satzes möge das Verfahren 

erörtert werden, durch welches ermittelt werden kann, wie 


oft ein genauer Theil = der Einheit in Se enthalten ist, 
q* 
vl 
wobei q und % Anzahlen bezeichnen, q >1, x>0. Zunächst 
nimmt man die Anzahl m, so gross, dass 


1 
an ++... „Hausen re 


ist für jede Anzahl n. 


Dann ist ay = aol 0< y= 1 
i que! 1” 
m, +1 


Nun kann genau angegeben werden, wie oft 


I 

geb in der 
my 

rationalen Zahl a, enthalten ist; es ergibt sich eine Dar- 


vi 


m b 
stellung Se - + en , by eine Anzahl, O<ß, 


vl 


<1. Bringt man jetzt b, auf die Form b, —cx q-+4,, so 


*) Wie mir mitgetheilt wird, hat diese Schlussweise auch Herr 
J. Tannery im $24 seines jüngst erschienenen Buches: Introduction 
iu la théorie des fonctions d’une variable (Paris 1886), welches mir 
leider bisher nicht zugänglich war, angewandt. Januar 1887. 


le > 


dass die Anzahl g,<q ist, so erhält man: 
Zi — = Arch SB +1 


qx tl 
y—ı 
Ist somit 9, <qg—1, so weiss man, da ß,-+y,<C2 ist, 


1 : 00 F 
dass — cy, mal in = enthalten ist. 
q* 


vl 
Ist aber a= —q—1, so weiss man nur, dass 
c 4 1 1 
S 7 = = + quel Ist, 


y= 


es bleibt aber unentschieden, ob © c mal oder (cx-+-1)mal 


(oo) 
in De enthalten ist, 


ii 
Diess zu entscheiden nehme man die ss m; >m, so 


gross, dass am,+1-+ . pam ary ist fiir jede 
ce) ; 
Anzahl n. Dann ist Sy == ee Val. 
v=m,-+1 
Es kann leicht ermittelt werden, wie oft B in der 
qr+? 
ma 2 
rationalen Zahl Bı + Sa, < enthalten ist und 
et TS der 
v=m, +1 
ergibt sich dabei eine Darstellung 
en ED = get -H gura® wobei b, eine Anzahl 


bezeichnet <2q, O< B,<< 1 ist. 
Bringt mann b, auf die lurm b,=f,q-++-g,, wobei f,<1, 
ga <q ist, so erhält man: 


eo) 
Gaeta se gtBtra 
Sa az get TO ou 
| 
und bemerkt: Die gesuchte Entscheidung ist erreicht, wenn 
1* 


ag 


—]1 ist, dann ist = (0 +1)mal in Se enthalten; fer- 
v—1 
; „el 
ner, wenn f,—O und g<{q—1 ist, dann ist fe cx mal 
enthalten; sie ist aber nicht erreicht, wenn f,—O und g,— 
q—1 ist, dann weiss man nur, dass | 


Cx at + 1 


ear 


=! 


ist, es bleibt aber unentschieden, ob a mal oder (cx+1) 
% 


mal in Se enthalten ist. 
v—l 
Nun kann man allerdings das eben beschriebene Ver- 
fahren neuerdings zur Anwendung bringen; eine Anzahl m, 
m, so gross nehmen, dass 


Am, +1 + sa 6 Hand op 
ist für jede Anzahl n u. s. w. 

Es kann aber auch dann wieder der Fall 3—0, g;—= 
—qg—1 eintreten, d. h. keine Entscheidung erlangt werden. 
In dem Ausnahmsfalle, wo sich bei fortgesetzter Anwendung 
des Verfahrens jedesmal f—0, g;=q—1 ergibt, ist es da- 


her auf diesem Wege unmöglich zu entscheiden, ob = in 


@ 
> c, mal oder (cy +1)mal enthalteu ist, 


v— 
Man kann allerdings bemerken, dass dann 


ee) 

ie q—1 —1 2 eg ee 
= == a eee a a AES: +... in inf = qe ist; 
vl 

aber es ist doch nicht zu vergessen, dass die Entscheidung, 
ob dieser Fall eintrete oder nicht, mit den angegebenen 


Sr a 


Mitteln nicht erzwungen werden 
den Schwierigkeiten, welche in 
stimmung der Anzahlen m,, my 


kann, ganz abgesehen von 
besonderen Fällen die Bes 
. . . bieten mag. 

Graz im November 1885*). 


Victor Dantscher von Kollesberg. 


*) Das Manusscript des obigen Aufsatzes wurde dem Vereine 
am 17. Jänner 1887 übergeben. 


Das Bureau. 


Zur analytischen Darstellung der Wurzeln 
algebraischer Gleichungen. 


Es sei 
F(x; u,.. . u) wu =I2 0). ne 
die betrachtete Gleichung; u,, ... u, bezeichnen n von 
einander unabhängige Veränderliche, welche jeden beliebigen 
reellen oder complexen Werth annehmen können. Die Ge- 
sammtheit aller dieser Werthesysteme heisst eine 2nfache 
Mannigfaltigkeit; ein spezielles Werthesystem 
RE els U ans 
wird als die Stelle a bezeichnet. 
Nach dem Fundamentalsatze der Algebra hat die 
Gleichung 
4a, —l+... +a—0 (2 
wenn a eine endliche Stelle ist, n endliche Wurzeln, die 


1 n 
HELLAS aia ers alninn X, bezeichnet werden mögen, Unter diesen 


n Werthen kommen gleiche dann und nur dann vor, wenn 
die Discriminante D(u,,..... . u,) der Gleichung (1 an der 
Stelle a den Werth O erhält. 

Um nun die Wurzeln der Gleichung (1 in der Umge- 
bung der Stelle a zu betrachten, setze ich 


y 
xX=x,+6 Uy =a, +o, see U,=a, +a, 


y 
und erhalte aus der Entwicklung von F(x,+-&; a,+o,,... 
we uoch Potenzen von &, &, » . . &, die Gleichung: 


it Jas ft +... 0 @ 


\ ; oF 
in welcher die partiellen Ableitungen —,—,..... — 
dx’ du, du" 


mit Klammern versehen sind, um damit auszudriicken, dass 
y 


uach der Differentiation =x,, u,—a,. .... ua, Zu 
setzen ist. 


Ist nun =) der Coefficient von & von Null ver- 


y 

schieden, oder mit anderen Worten, ist x, eine einfache 
Wurzel der Gleichung (2, so gibt es eine nach ganzen posi- 
tiven Potenzen der Veränderlichen a,, . .. a, fortschreitende 
Potenzreihe Sy (a,, ... a), welche sicher convergiert, so 
lange die absoluten Beträge |a,|, .. . |a,| eine gewisse, von 
Null verschiedene positive Zahl p nicht überschreiten und für 
& in die Gleichung (3 eingeführt, dieselbe erfüllt. 

Die Begründung dafür ist in dem „ Vorbereitungssatze ® 
enthalten, welchen Weierstrass in den Abhandlungen aus der 
Functionenlehre, Berlin 1886, p. 107 ff, mitgetheilt hat. 

Ist somit [D(a,, ... a,)) 0, in welchem Falle die 
Stelle a als eine reguläre bezeichnet wird, so gibt es n ver- 
schiedene Polenzreihen 

Plan a Anh... Pılaı> Hy ++. An) 
welche die n Wurzeln der Gleichung (1 in einer hinreichend 
kleinen Umgebung der Stelle a darstellen. 

Die Glieder der ersten Dimension der Reihe ®, (o,,... 
a) werden aus (3 unmittelbar erhalten, indem man die linke 
Seite nach Einführung von 

y 
& = S, Is es Ay M Oy he 000 An 
a Van 01222720, . A, 0.1.2.7... Go 
Ai Ae ER: need 
auf die Glieder 1. Dimension beschränkt. 
Die Reihe hat somit die Form: 


B (uy)... a) =a — — = ot... (4 
: =) = 


Er gr 


Beschränkt man sodann die linke Ssite von (3 auf die 


Glieder 2. Dimension, so ergeben sich die Coefficienten 
0) 
EN 

in welchem %, + . . . A,=2 ist u. Ss. w. 

Dabei ist woh) zu beachten, dass die Entwicklung dieser 
Potenzreihen die Kenntnis der n Wurzeln der Gleichung (2 
voraussetzt; man wird daher mit Recht die Frage aufwerfen, 
was ist durch die vorangehende Betrachtung für die analy- 
tische Darstellung der Wurzeln der Gleichung (1 an irgend 
einer Stelle u gewonnen ? 

Die Beantwortung dieser Frage, welche der Zweck dieses 
Aufsatzes ist, besteht in Folgendem: 

Ist w=b,, ... u„—b, eine von der Stelle a ver- 
schiedene reguläre Stelle b, also |D(b,, . . . b,)| >0, so 
werden, wie eben gezeigt worden ist, die Wurzeln der Glei- 
chung (1 in einer hinreichend kleinen Umgebung der Stelle b 
dureh n Potenzzeichen 
O(uy—b,, w—b, . . . u,—D,), 

... Oy(u,—b,, y—b,, . . . u,—b,) 
dargestellt. 

Wenn sich nun zeigen lässt, dass diese Potenzreihen 
durch den bekannten Process der Fortsetzung aus den Potenz- 
reihen $,, Pa. - . . P, erhalten werden können, so lässt 
sich daraus in der That eine Methode ableiten (die allerdings 
zunächst nur ein theoretisches Interesse bietet), um zu einer 
analytischen Darstellung der Wurzeln der Gleichung (1 an 
jeder regulären Stelle u zu gelangen. Dieselbe besteht darin, 


1 n 
dass man fiir die Wurzeln x,,... x, irgend welche n von 
einander verschiedene Zahlen r,, ry, . .. r, nimmt; alsdann 


sind die Coefficienten a,,... a, der Gleichung (2 durch 

die bekannten elementarsymmetrischen Functionen der Gréssen 

Yj, ..+. 1, bestimmt, es ist 

lee ae race hee pe) @g—=Ty Ty Ny Tg... 
+m—1r, .- 


. a, —=(—1)" 1,7, ee ry 


et fo Ra 


An einer so gewählten regulären Stelle a sind somit 

auch die n Potenzzeichen 

Blum — au, Ug—ay, - . . Anh - . 

ns Pula, Ug—ag,-. . Un—a,). 
welche die Wurzeln der Gleichung (1 in der Umgebung der 
Stelle a darstellen, vollkommen gegeben, und handelt es sich 
somit nur darum, zu zeigen, dass aus diesen Potenzreihen die 
Potenzreihen Q,, . . . Q, durch Fortsetzung erhalten werden 
können. 

Hiezu ist zunächst erforderlich, einen stetigen Uebergang 
von der Stelle a zur Stelle b anzugeben, auf welchem keine 
singuläre Stelle d. h, kein Punkt des Gebildes von 2n—2 Di- 
mensionen D(u,, uz, .. . u,)—O liegt. 

Von dem einfachsten Uebergange von a nach b, wie er 
durch die Gleichungen: 

U, ay +(b, a a, )t, er: u, =a, +(b,—a,,)t 
dargestellt wird, wenn die reelle Veränderliche t das Intervall 
0<t<1 durchläuft, kann diess im Allgemeinen nicht behauptet 
werden, denn es gibt offenbar von a verschiedene reguläre 
Stellen b, für welche die Gleichung 

D(a, +(b, —ay )t, Sue ns a,+(b,—a,)t)—0 
eine reelle Wnrzel im Intervalle O<t<1 hat. 

Wohl aber lässt sich zeigen, dass man der Veränder- 
lichen A stets unendlich viele solche Werthe geben kann, 
dass auf dem Wege 

neu tet... 
Un—1=an—1-++¢en—1t, u,—=a,+(¢,-+A)t—At? (5 
Cy == by —ay (v=1.2. tefelie n) 0<t<1 
keine singuläre Stelle liegt, d. h. die Gleichung 
D(a, +o t, ... an—i+cen—it, a, +(¢,-+-d)t—t?)—=0 (6 
keine reelle Wurzel im Intervalle 0<t<1 hat. 

Um diese Behauptung zu begründen. denke ich mir die 
linke Seite der Gleichung (6 nach Potenzen von t geordnet 
in der Form: 


GOJM+O,A) tm1+ ... +0,=0 (7 


Beriicksichtigs man die Glieder (—1)2—1(n—1)n—1 


uy2u,2—1 und no” u,2—! von Diu, ... u,), so ersieht man 
leicht, dass m—-3n—4 ist (worauf es übrigens hier nicht an- 
kommt) und dass C)(A), . . . Cm—1(A) ganze Funetionen 


von A sind, deren Grad höchstens n-—1 ist und deren Coef- 
ficienten ganze ganzzahlige Functionen der Grössen a,, ag, 
an, as. = (C,, ind. 

C,(A) insbesondere ist vom Grade n—2, O)(A)--C, (A)-+ 
... +Cm—1(d) und C,, sind von A unabhängig. 

Hätte nun die Gleichung (7 für jeben Werth von i 
eine reelle Wurzel im Intervalle 0<t<1, so müssten die 
beiden Gleichungen, die sich ergeben, wenn man die linke 
Seite der Gleichung (6 nach Einführung von 

ANID” ay —=ay’+tiay” cy=cy’+ icy” 

v=12....0 
auf die Form 
GW, X”, t) + 1 HW, 2X”, t) 

bringt (wobei G und H reelle ganze Functionen der reellen 
Veränderlichen X, A”, t sind), somit die beiden Gleichungen 
EN O-ANMEHA, N, MNm—1I-... +A,=0 (8 
HX, Rt) Bl t= B, Oe I Sr +B,,=", (9 
in welchen A,, und B,, von X, A” unabhäng sind und nicht 
beide zugleich verschwinden können, ebenso wie die Summen 

Ao(M AHA, MY). +Am-10,9”)4-A,, und 

By(X,X”)-EB, (XN)... +Ba-1V, X) +B 
für jedes reelle Werthepaar A, A” eine reelle Wurzel t im 
Intervalle O<t<] gemeinsam haben. 

Wenn man daher den reellen Veränderlichen %, A’ 
solche Werthe >’, »” geben kann, für welche die beiden 
Gleichungen (8 und (9 überhaupt keine gemeinsame Wurzel 
haben, so hat für einen solchen Werth =) '+ix” die 
Gleichung (6 sicher keine reelle Wurzel im Intervalle O<t<1 
und wird somit durch die Gleichungen (5 für A=} ein 
stetiger Uebergang von der Stelle a nach der Stelle b dar- 
gestellt, auf dem keine singuläre Stelle liegt. 


ST 


Diess ist aber immer und zwar auf unendlich mannig- 
faltige Art möglich, wenn nur die Resultante nach t der 
beiden Functionen G(X,A”,t) und H(A,%”,t) nicht identisch 
verschwindet, d. h. für alle Werthepaare %, A’ den Werth 
Null hat, 

Dass dieser Umstand nicht eintritt, lässt sich, wie folgt, 
erkennen: 

Zerlegt man die Functionen G()’,d”,t) und H(,x”t) 
in ihre irreductiblen Factoren 

G—G, G,m, Se Gm) 

H—=H,4,H,% ... HH" 
in der Art, wie dies Herr Kronecker im 94. Bande, p. 344 ff. 
des von ihm und Herrn Weierstrass redigierten Journals ge- 
zeigt hat, so kann keiner dieser Factoren von t unabhangig 
sein, d. h. nur die Veränderlichen A’ und X” enthalten, weil 
die Grössen A, und B,, von A‘ und A” unabhängig sind. 


Die Resultante von G und H zerfällt dabei in Factoren, 
welche sämmtlich Resultanten irgend einer Function Gy und 
einer Function Hg sind, und kann offenbar nicht identisch 
verschwinden, wenn nicht wenigstens eine dieser letzteren Re- 
sultanten identisch verschwindet. 


Wenn aber die Resultante von Gy und Hy, identisch 
verschwindet, so folgt daraus nothwendig, dass die beiden 
Functionen Gy und Hg bis auf einen von den Veränderlichen 
x, A“, t unabhängigen Factor selbst identisch sind, denn es 
besteht dann eine Identität von der Form: 

AN Gp (A4 0% EA OHR, M4 t)=0, 
wobei, wenn wp und yq die Grade der Functionen Gy und 
Hy in t bezeichnen, der Grad von hy in t yq—l, der von 
Gp y.p—l ist, und gy und hg ganze Functionen von A’, A”, 
t sind. 

Die Resultante nach t der Functionen G(i‘,A‘,t) und 
H(\‘,A‘4,t) verschwindet somit nur dann identisch, wenn diese 
beiden Functionen einen gemeinsamen Factor @('‘,“,t) haben, 
der eine ganze Euncticn von A‘, A“, t ist, von der wir wissen, 


En |) 


dass sie nicht von t unabhängig sein kann, weil A,, und B,, 
von X‘, X unabhängig sind. 

Es lässt sich auch leicht zeigen, dass O(X',A“,t) nicht 
von A und X“ unabhängig sein kann. 

Wäre nämlich diess der Fall, so gäbe es Werthe von t, 
die Wurzeln der Gleichung ®=0, für welche 

D(a,-+o,t, . . . an—1-++cen—it, a, -+(c,-+2)t—At?) 
den Werth 0 erhält, welchen Werth man auch dem X geben 
mag. Betrachtet man aber die Entwicklung der vorstehenden 
Discriminante nach Potenzen von X: 


Da, tab... an—1-++-cen—it,a,+-(¢,+-A)t—At?)— (10 
(D) +a(i—t)(2”) te a 1 ( _ IE. 


n 


1 on—1D 
-H (a_i) Au—1 tn—1(1]—t)n--1 Ga ; 


wobei durch die Einklammerung von D u. s. w. wieder 


n 
angedeutet ist, dass in den Functionen D(u,,u,,..... un): 


oD(u,,u;,...u,) 
OU, 
zu setzen ist, so erkennt man, dass ein solcher Werth von 


f on—1D ; : 

t nur 0 oder 1 sein kann, da crepes case) ist. Die 
n 

Werthe 0 und 1 von t sind aber ausgeschlossen durch die 


Annahmen, dass a und b reguläre Stellen sind, d. h. 


Da, - . . 2) >0 und |D(h,, -- u) 
Ein gemeinsamer Factor O(A‘,A“,t) der Functionen G(i‘,A“, t) 
und H(\‘,A‘,t) ist somit eine ganze Function von )‘,i“,t, 
deren Grad in t und mindestens in einer der beiden Veränder- 
lichen A‘ und / von O verschieden ist. Einen solchen ge- 
meinsamen Factor können aber die Functionen G und H 
nicht haben, 
Wäre nämlich 
GR, N t) =o 1% oe tO‘, Neb t) 
HN, ee VUN Re to, on t), 


U.S. w ma 4t66b.... ma 


eras N 


wobei g und h ganze Functionen von A‘,X”,t bezeichnen, so 
würde daraus folgen: 

D(a, +¢,t, oO an—1-+ cn—1t, a,,+(¢,-+d)t—)t?)— (11 

[g(a th ThA AY, OR; 2% t) 

und gäbe es somit für jeden speciellen Werth t, von t, für 
welchen nur 80%, %“,t,) nicht von A’ und A“ unabhängig ist, 
(und solche Werthe t, gibt es sicher beliebig viele, da 
O0; A“, t) nicht von A‘ und X“ unabhängig ist) unendlich 
viele Werthesysteme )‘), A, und somit auch unendlich viele 
Werthe Au==%9 + ido, für welche die Gleichung 

D(a, +e,ty, . . . an—1-+-cn—ity,a,+(¢,-+d)typ —Aty 2)=-0 
deren Grad in A gleich n—1 ist, erfüllt wäre. 

Offenbar gilt dies auch dann, wenn die Function 
O(A',A,t,) nur eine der beiden Veränderlichen X‘, X” ent- 
halt, z. B. %; dann gibt es allerdings nur eine endliche 
Anzahl von Wurzeln der Gleichung O(A,A“,t,)—0, aber 
jede derselben kann mit jedem beliebigen Werthe von A“ 
combiniert werden. 

Daraus würde folgen, dass für t—t) auf der rechten 
Seite der Gleichung (10 die sämmtlichen Coefficienten der 
Potenzen von A verschwinden müssen; dass es aber solche 
Werthe t, nicht gibt, wurde bereits bemerkt. 

Damit ist nun in der That, wie ich glaube, zur völligen 
Evidenz gebracht, dass es unendlich viele Werthe von i 
gibt, für welche die Resultante nach t der Functionen 
G(A, Rt) und H(A,A“,t) einen von O verschiedenen Werth 
erhält, für welche somit sicher die Gleichung (6 keine reelle 
Wurzel hat, so dass auf dem Wege von a nach b der für 
A—ı durch die Gleichungen (5 dargestellt wird, keine sin- 
guläre Stelle liegt. 

Es hleibt jetzt noch zu zeigen, dass auf jedem solchen 
Wege aus einer Potenzreihe ®, (u —a,, . . . u,—a,), welche 
in einer gewissen Umgebung der Stelle a convergiert und eine 
Wurzel der Gleichung (1 darstellt, durch Fortsetzung eine 
Potenzreihe Sy(u—b,, . . . a,—b,) abgeleitet werden kann, 
welche im einer hinreichend kleinen Umgebung der Stelle b 


Re! Meer 


convergiert und in derselben eine Wurzel der Gleichung (1 
darstellt. 

Dabei möge noch darauf aufmerksam gemacht werden, 
dass der Uebergang von a nach b, der durch die Gleichungen 
(5 dargestellt wird, wohl zu unterscheiden ist von der Ge- 
sammtheit der Stellen, welche in den Formeln 


u,=a,+¢,t,, .. . Un—1—an—1-+-Cn—1 fn—1 
u,—=a,+(¢,+A) t,—At,, g 
enthalten sind, wenn t,,... t, von einander unabhängige 
reelle Veränderliche sind, deren jede das Intervall (0, 1) 
durchläuft. 

Bei dem hier betrachteten Uebergange von a nach b 
entspricht jedem Punkte einer der Strecken ay by (v=1,2...n) 
ein ganz bestimmter Punkt auf jeder der übrigen Strecken 
ay, by,, wofern cy und cy, von Q verschieden sind. 

Um nun die Möglichkeit der Fortsetzung festzustellen, 
sei Folgendes bemerkt. 

Ist t’ eine Zahl im Intervalle O<t’<1, so ist, wenn 

u, ‘=a, +¢,t', ... Una ı Im 
=a (Ca a) tat" 
gesetzt wird, |D(u‘,, ... u‘,)|/>>0. 

Sind h,,... h, von einander unabhängige complexe 

Veränderliche, so wird durch die Formeln 

0, ul th sun hr 
eine Umgebung der Stelle u‘ „vom Radius r“ dargestellt — 
nach einem von H. Weierstrass in den Vorlesungen, S. S. 
1872 gebrauchten Ausdrucke — wenn 


[ey Peet eS he anise 
Es lässt sich nun eine positive Zahl r so klein angeben, 
dass in der Umgebung jeder Stelle u — d. h. für alle 
Werthe von t‘ im Intervalle 0<t=1 — vom Radius r, keine 
singuläre Stelle liegt. 
In der Entwicklung 


3 oD)‘ 
Dear Hoy... wy Ph)=D(w'y « « «m4, -) +... 


aD)! 1 
ate fi i) + ee ec a 2 


Mt... +%D % 
Ohr, ee OU, % | ae . (%, + are)» —+%,2n—2) 


in welcher durch die accentuierten Klammern angedeutet wer- 
den soll, dass in den betreffenden partiellen Ableitungen der 
Bonetion D(u,,. . .u,) m =u4,..... un—u‘, zu setzen ist, 
ist das Anfangsglied D(u‘,,.. ... u’,) eine ganze Function 
von t’ und für alle in Betracht kommenden Werthe von t‘ 
von 0 verschieden. Es gibt daher für D(u‘,,.... u‘,)| im 
Intervalle O<t’<1 ein von Null verschiedenes Minimum m. 

Ebenso gibt es für die absoluten Beträge der ganzen 
out. - t+%nD 

RES. ur - OU, %2 2. OU,*n 
tervalle O<t’<1 ein eae Maximum WM. 

Beschränkt man somit die absoluten Beträge von h,, 
hy, ». . bh, so, dass 

Mm lb. Elby|)-H(Iba|+ «Ube. 
Lem 
a Nm 
[hy |<cr,.... |b„|<r macht, so kann man in der That be- 
haupten, dass in der Umgebung vom Radius r einer jeden 
Stelle u‘ keine singuläre Stelle liegt. 

Diess vorausgeschickt erkennt man die Möglichkeit der 
Fortsetzung durch folgende Ueberlegung. 

Um auf dem betrachteten Wege von a nach b eine 
Stelle u“ so nahe an u‘ zu bestimmen, dass u” in der Um- 
gebung vom Radius vr der Stelle u‘ l’egt, hat man, wenn 
“=a, +e (t+), .. 

un = 1=an—1+cn—1(t/+t) 
a, =a,+ (+ 2 )(t'++t) re) £ 
gesetzt wird, die positive Zahl t so klein anzunehmen, dass 
le, |t<<v,... |n-ılt<r, |e,-+(1—2t'—t) 2 |t<cv 
ist. Die letzte Forderung ist für alle Werthe von t‘ sicher 
erfüllt, wenn [|c,/+-(1-+t)|,|Jt<cv gemacht wird; fiir die- 


) von t’ im In- 


was sicher erreicht ist, wenn man für r— 


Sn ye 


jenigen Grössen c,, welche gleich 0 sind, sind diese Bedin- 
gungen von selbst erfüllt (v<n). 

Nunmehr kann man als erste vermittelnde Stelle für 
die Transformation der Reihe P,(u,—a,, ... n,—a,), welche 
nach einem bekannten Satze sicher in der Umgebung vom 
Radins r der Stelle a con vergiert, die Stelle a‘, deren Coor- 
dinanten 

a‘; a, tet, ... a‘n—1=an—1+¢n—11, 
a‘ =a, te tr )t—it? 
sind, wählen. 

Setzt man dann in $y uv—a»—(uy—a‘, )-+-(a‘y—ay) 
v—12,...n, so lässt sich das Resultat in eine Potenzreihe 
PO,(u—a,, Up—a‘g,... u„—a‘,) verwandeln. von der man 
weiss, dass sie sicher in der Umgebung der Stelle a’ vom 
Radius ry convergiert und eine Wurzel der Gleichung 

B(x; 0; 20) U 
darssellt. 

Stellt man nämlich F(®,; u,,...u,) als eine Potenz- 
reihe Py(u,—a,,...U,—a,) dar und wendet auf diese die- 
selbe Transformation an, durch welche $y in PB, ® übergeht, 
so erhält man eine Potenzreihe P, “(u,—a‘,,...u,—a’‘,), 
welche in der Umgebung der Stelle a‘ vom Radius r sicher 
convergiert und den Werth O hat. Diese Reihe ist aber 
nach dem Vorgange bei der Transformation identisch mit 
derjenigen, welche sich ergibt, wenn man F(P,®, u,,...u,) 
als Potenzreihe von u,—a‘,,...u,—a‘, darstellt. 

Liegt nun die Stelle b bereits in der Umgebung der 
Stelle a vom Radius r, so ist das Ziel erreicht; ist diess 
nicht der Fall, so wird man eine zweite vermittelnde Stelle 
a mit den Coordinaten 


a” =a‘, tet, ... aa -1—=an 10-11, a, at 
ee I —3t)i] t 
wählen. 
Setzt man dann wiederum in $y uy — a, —(uy—a”,)+ 
+(ay—a‘y), so ergibt sich eine Potenzreihe B,@) (u, —a“,, 
. un—a“,), welche sicher in der Umge bung der Stelle a“ 


Fein — 


vom Radius r convergiert und eine Wurzel der Gleichung. 
F(x;u,...u,)=0 in derselben darstellt. 
In dieser Art kann man nun offenbar fortfahren, bis 


(x) 
man zu einer vermittelnden Stelle a mit den Coordinaten 


(x) (x) 
a, ==a, fe, xt, . 2. . an—1—an—1-+-Cn—1%t 


(#) 

a,==a,+(¢, “bi )ut— (at) N 
gelangt, von der man behaupten kann, dass die zu erreichende 
Stelle b sicher in der Umgebung vom Radius r der Stelle 


R 
a liegt. 


Diess tritt offenbar dann gewiss ein, wenn O<1—xt<Tt 


= 1 Li { 
geworden ist, oder ache ae ist, also x die grösste 


Ä PR: 5 
ganze Zahl erreicht hat, welche in aa enthalten ist. 


Es ist somit in der That möglich, auf dem angegebenen 

Wege von a nach b aus den Potenzreihen 

$Y, (u,—a,,....U,—a,),.... Pla... u,—a,) 
Potenzreihen 

Qı (u, —=b; a8 u,—b,)s Sach sie Qn(Uy sabia + t=O) 
abzuleiten, welche in der Umgebung der Stelle b vom Radius r 
sicher convergieren und der Gleichung F(x; u,,.... u,)—0 
in derselben genügen. 

Da aus diesen letzteren Reihen umgekehrt auch wieder 
die Reihen $,, .... P, abgeleitet werden können, so sind 
die Reihen 9,,....Q, von einander verschieden, somit mit 
den Reihen Q,,.... Q,, durch welche in der Umgebung der 
Stelle b die n Wurzeln der Gleichung F(x; u,,....u,)—0 
dargestellt werden, in irgend einer Ordnung identisch. 

Um von dem hier benützten Uebergange von a nach b 
ein geometrisches Bild zu geben, stellt man jede der Verän- 
derlichen u,, ... u, in einer eigenen Zahlenebene in ge- 
wohnter Weise dar. 

Dann werden die Wege der Veränderlichen u,,... un—1 


Naturw.-med. Verein 1887/88. 2 


1 


durch die geradlinigen Strecken a,b,,...an—1bn—1 darge- 
stellt; fällt der Punkt by mit ay zusammen, so reduciert sich 
die Strecke a,b, eben auf den Punkt ay. 

Der Weg, den die Veränderliche u, von a, nach b, 
beschreibt, ist, wenn |a,—b,|>0 ist, ein parabolischer Bogen, 


der durch die Punkte a tn + b, hindurchgeht; der 


n? 
c DD se 
Punkt tg +> ist der Pol der Sehne a,b,. 
Ist a,—b,, so reduciert er sich auf die hin und zurück 
zu durchlaufende geradlinige Strecke vom Punkte a, nach 


dem Punkte + 


Dass sich noch mannigfaltig andere Wege mit denselben 
wesentlichen Eigenschaften angeben lassen, bedarf wohl kaum 
der Erwähnung. 


Graz im December 1886. 


Vietor Dantscher von Kollesberg. 


17), TE Hea 
\ 


Bericht der syphilitisch-dermatologischen Klinik 


des Professor Dr. Eduard Lang in Innsbruck 
für das Solarjahr 1886. 


Zusammengestellt vom klinischen Assistenten 


Dr. Franz Schuchter. 


A. Zahlenbericht. 


Zu Ende des Jahres 1885 
verblieben 
im Jahre 1886 sind zuge- 
wachsen vom Journal 
durch Transferirung 
insgesammt 
es standen somit im Jahre 
1886 in Behandlung 


Jahr 1887 über 
Es wurden also während des 
Jahres 1886 in Abgang 
gebracht i 
und zwar als geheilt . 
als gebessert 
als ungeheilt 
als gestorben 
transferirt wurden 


21M.-+ 


. 220 M. + 100 W.— 320 


OMe Wee 4 


13 W: == 34 stat. Kr; 


226 M. + 101 W. — 327 


. 247M. + 114 W. — 361 
Von diesen gingen auf das 


18M.+ 18W.— 36 


. 229M.-+- 96 W.— 325 
. 173M. + 73 W.— 246 


37M.+ 10W.= 47 


3M.-4..3W:=.,.6 
IM+ 4W.= 5 
15M.+ 6W.= 21 


229M.-+ 96 W. = 325 
9% 


— 20 


Ausserdem erschienen im Solarjahre 1886 zur Ordination 
620 ambulante Kranke, von denen 114 theils auf unsere 
Klinik und Abtheilung aufgenommen, theils anderen Kliniken 
zugewiesen wurden. Es wurden somit bei uns 506 Ambu- 
lante behandelt, die sich mit den 327 aufgenommenen sta- 
tionären Kranken auf die einzelnen Monate folgendermassen 


vertheilen : 


Im Januar sind zugewachsen: 
„ Februar „ 5 26 
» Marz 5 ‘ 36 
» April - s 27 
> Mai 5 N 57 
» Juni » » 48 
» Juli > » 51 
» August , > 52 
» Septemb. , A 88 
» October , x 47 
» Novemb. , . 35 
» Decemb. , x 32 


Zusammen . 506 


folgt: 


Selerose allein (zum Theil mit 
nicht syphil. Affectionen com- 
plicirt) : 

Constitutionelle Syphilis (dar- 
unter 26 hereditär) 

Ulcera venerea 

Herpes praeputialis 

Balanoposthitis 

Acute und chron. Urethritis 

Urethritis mit Phimosis 


eo 
lor) 


Urethritis und Epididymitis 9 
Cystitis und Haematurie 1 
Epididymitis allein 2 
Epididymitis mit Funiculitis 1 

Uebertrag: 142 


i 
o 
8» 
5 
= 


44444 


a 


| orl am 


35 stat. 


29 
19 
22 
25 
27 
33 


27, 


25 
28 
28 
29 


+ 327 


Nach den Diagnosen vertheilen sich die bei uns behan- 
delten 506 Ambulanten, zusammengehalten mit den im Jahre 
1886 in Abgang gebrachten 325 stationären Kranken, wie 


6 amb. 


75Kr. 


55 
55 
49 
82 
75 
84 
79 
80 
75 
63 
61 


= 833 


++++4+4+4+444+ 


— 


Fürtrag 


Strietura urethrae (in Folge 
von Urethritis) mit Cystitis 

Vaginitis m: 

Vaginitis mit Drtine 

Bartholinitis 

Katarrh des Ghcvicaleanaie 

Venerische Papillome 

Adenitis simplex und suppura- 
tiva (verschiedener Ursachen) 

Spermatorrhoea . 

Onania EN = 

Neurosis urethrae . . . , 

Orchitis epidemica . . . , 

Variola 

Faulecke . RE 

Stomatitis und rocken‘ in der 
Mundhöhle 

Rhinitis 

Laryngitis 

Pharyngitis 

Verätzung 

Verbrennung 

Erfrierung 

Quetschung 

Decubitus is Ee m a ange 

Tätowirung 

Erythema simplex 

Dermatitis acuta 

Erysipel 

Furunkel . 

Abscess 

Anthrax 

Phlegmone mit Tymphangeii 

Panaritium 

Phlebitis mit Fhrombose 

Varices ats 

Elephantiasis . , 

Ulcus simplex ay tow te 

Tuberculése Infiltrate, Ge- 
schwüre und fungöse Herde 


Uebertrag 


21 — 


¥ 


» 


om we om 


Hb FAALEEHETEFEF HEHEHE HH HH HH 


. 142 stat. + 130 amb. 


wee lel om 


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SHtHPerDD 


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Pee. | DTK OW PWR Dw Da 


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249°, 


voy vvy ¥° 


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Lor | 
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— it ot OD 
¥¥Y¥y-y¥ 


me bo 


Or oor RP WK OPN DOW Lf S DW DO 


bo 


er 


Fürtrag . 228 stat. 4- 249 amb, — 477 Kr. 


Scabies . . St. 169 \ 4. er 
Excoriationes (im Eblge von 
Schmutz. Pedicul. vestim. etc., 


einmal mit PlicaPolonica) 11, + 17, == 38, 
Dermatomycosis favosa . . 12.4.1, == 2, 
Dermatomycosis circinata . . —, + 5, Bs 
Dermatomycosis versicolor . —y, + 3, = 3, 
Psoriasis . . : 5g. ee eS 
Eczema , een le, 

Hothyma - .. « . .j. 87 5 +108), (=i 
Sycosis vulgaris . ope a ee. :. 
Acne vulgaris, Comedones. . 1, + 8, = = 94 
Seborrhoea capillitii 1s ++) TS Tr 
Hyperidrosis man. et ped. 1, + 521,000 
Acne rosacea f —, + 2, 2» 
Liodermia —, + 1,4273 
Neuralgien —» :+..5 > Sa 
Herpes Zoster gett ha Ne -+- 8 >. =a 
Gangraena circumscripta -.« ly + =) “eae 
Prurigo 5, + 45; Sie 
Pruritus ; 1, + 5,2, 2 
Hypertrichiasis er Ba 

bata) . Ney Hea ata: SONS + 1 > == 1 > 
Defluvium eapileeam ee GS ub airtel cokes 3» 
Area Celsi \.1..dı 2. ou. Er 
Leukoderma . ; - 1, + jx. Seana 
Urticaria (angioneurot. Dee 

tosen) . . ls + 1 Ss I Er 
Haemorrhagien i. d. Haut Scout) lL,» + =, ein 
Lichen ruber . . a a + Sala Se 
Lupus erythematodes ae a eu ee 
Lupus Willani © Narbenge- 

webe) . doe le 28 Se ee 
Lepra 5 1 » -+ Tri 1 >» 
Ichthyosis bogey HE ed 
PYMOItAS 6 ek 10h lds Vu lees = 29 So 
Teleangiectasie ee le 1» 
Verucca Lis) choot Rz 
Sarcoman: sv, tha! 1, + —, l, 
Carcinoma RR ae FT 4, + 1, = 5, 

Uebertrag . 325 , +485 , =810 , 


3 


Sern. So 


Fürtrag . 325 stat. 4 485 amb. = 810 Kr. 
Unbedeutende oder eingebildete 


Krankheiten. Waren. tsi gy t= 12.5 | = 2 

Untersuchung auf Lues mit 
negativem Resultat . . . —, + 9, = I, 
Zusammen . 325, +506, 831 , 


B. Allgemeine Uebersicht. 


Syphilitische Initialmanifestationen allein kamen 
einige Male vor. 

Der Sitz der Sclerose war zehnmal am äussern oder 
inneren Blatt des Präputium, zweimal im Sulcus retroglan- 
dularis und dreimal an der Glans. Bei einem 73jährigen 
Manne bestand eine gangränöse Sclerose am Praeputium ; als 
letzteres einmal vom Patienten zurückgestreift wurde, wich 
es wie unter einem Scheerenschlage auseinander; die Inguinal- 
drüsen waren nicht geschwellt; -auch Allgemeinerscheinungen 
traten bei ihm nicht auf. 

Bei Constitutionellsyphilitischen konnte die Ini- 
tialmanifestation in Form von Sclerose dreissigmal nachge- 
wiesen werden, und zwar neunmal am Präputium, fünfmal im 
Sulcus retroglandularis, dreimal am Frenulum, dreimal an der 
Glans oder am Orificium urethrae, zweimal an der Portio vaginalis, 
einmal am Labium majus, zweimal am Labium minus, ein- 
mal am Mons veneris bei einer Frau von 62 Jahren, dreimal 
am Mundwinkel und einmal an der Oberlippe. 

In 27 Fällen konnte man entsprechend der Initialmani- 
festation Narbenbildung nachweisen, und zwar dreizehnmal am 
Praeputium oder im Sulcus retroglandularis, sechsmal au der 
Glans, zweimal am Frenulum, einmal am Labium minus und 
fünfmal am Labium majus; darunter einmal bei einem 14jäh- 
rigen, im Wachsthum sehr zurückgebliebenen Mädchen, wel- 
ches den Coitus mit männlichen Individuen auch zugestand ; 
am rechten Labium majus fand sich eine dasselbe in zwei 
Hälften spaltende Narbe vor; das Hymen war links und 
rechts eingerissen, die Vagina leicht für einen Finger durch- 


BDA. 


gängig; am Anus sassen nässende Papeln. — In den übrigen 
Fällen fehlte auch dieser Nachweis. a 

Constitutionelle Erkrankungen der Haut 
allein kamen vor, und zwar wie folgt: Zwölfmal ein macu- 
löses und achtmal ein papulöses Syphilid; in 34 Fällen 
waren nässende Papeln und zweimal Psoriasis palmaris et 
plantaris vorhanden. 

Complicationen mit venerischen Geschwüren oder vene- 
rischen Papillomen konnten je einmal, mit Vaginitis achtmal 
beobachtet werden. JIritis fand sich neben constitutioneller 
Syphilis in zwei Fällen. 

Eine eigenthümliche Form eines maculésen Syphilids 
zeigte sich bei einem mit exulcerirter Sclerose am inneren 
Blatt des Praeputium behafteten Manne, Bei seiner Auf- 
nahme wies die Haut an der linken seitlichen Thoraxwand 
und in der Umgebung der linken Brustwarze einige grosse, 
scharfbegrenzte rothe Flecken auf; nach drei Tagen bemerkte 
man ebensolche rothe Flecken, von denen einzelne über thaler- 
gross waren, auch an der vorderen Brustseite, und in den 
folgenden Tagen traten die maculae, jedoch in geringerer 
Grösse, auch an der Haut des Rückens zu Tage, Am 
20. März 1886 verlies Patient das Spital und am 20. Juni 
stellte er sich mit einer erodirten Schleimhautpapel an der 
Oberlippe im Ambulatorium ein; an den seitlichen Brust- 
gegenden waren noch immer Spuren des gross-maculösen 
Syphilids in Form von ganz livid gefärbten, verschwommenen, 
~ theilweise fast thalergrossen Flecken zu bemerken, 

Syphilitische Erkrankung der Haut undder 
Schleimhäute fand sich in 19 Fällen, und zwar viermal 
neben einem Fleckensyphilid und vierzehnmal neben nässenden 
Papeln; darunter waren drei Fälle von Papeln im Rectum neben 
nässenden Papeln an den Genitalien und am Anus; ferner 
einmal Laryngitis specifica neben Syphilis papulosa und Pso- 
riasis palmaris et plantaris, 

Syphilitische Erkrankung der Schleimhäute 
allein fand sich vierzehnmal vor; davon mögen zwei 


Fälle hier erwähnt werden. Der erste betraf einen 37jäh- 
rigen Mann, bei welchem nebst Schleimhautpapeln in der 
Mundhöhle ein Infiltrat der Uvula und ein Papillom in der 
linken Nasenhöhle sich vorfand; im Sulcus retroglandu- 
laris sass ein blattförmiges Sclerosenresiduum. Im zwei- 
ten Fall, bei einer 37 Jahre alten Frau, waren einzelne 
magere, theilweise erodirte Papeln an den Genitalien; das 
linke Stimmband war gelähmt, über dem linken Giess- 
kannenknorpel ein kleiner Knoten, die Schleimhaut darüber 
geröthet; in beiden Nasenhöhlen exulcerirte Papeln, an den 
Lippen und Mundwinkeln Schleimhautpapeln und Rhagaden; 
in beiden Fällen wurde je 2.70 cub. om. eines 20%, Ol. einer. 
subeutan injicirt. 

Gummöse Erkrankungen konnte man bei 27 sta- 
tionären und 15 ambulanten Kranken constatiren, und zwar 
grösstentheils in Form von Geschwüren. 

Anfangs des Jahres 1886 befand sich eine 39jährige Frau 
auf unserer Klinik, bei welcher an der linken Nasenseite, nach 
innen vom inneren Winkel des linken Auges sich ein über 
kreuzergrosses, scharf begrenztes Geschwür vorfand, welches in 
der Mitte eine etwa halbkreuzergrosse, das linke Nasenbein 
betreffende Perforationsöffnung aufwies, durch welche 
man das ganze Naseninnere überblicken konnte. Ferner war 
bei ihr nebst anderweitigen Erscheinungen von Lues der 
Maleolus extern. sin. aufgetrieben und schmerzhaft; Schwel- 
lung und Schmerzhaftigkeit erstreckte sich auch längs der 
Sehne des Musculus peroneus, etwa bis zum mittleren Drittel 
desselben nach aufwärts, so dass die Diagnose auf eine Te- 
nosynitis specifica gestellt werden konnte. Unter der anti- 
syphilitischen Behandlung — local: Hydrarg. 5.0, Lanolini 
20.0, Calomel-Gaze, Lapis; innerlich: 66 Gramm Jodkali — 
gingen nicht nur die Erscheinungen der Sehnenscheidenent- 
zündung, sowie auch die übrigen Symptome der Krankheit 
zurück, sondern es gelangte auch die Perforation an der linken 
Nasenseite zu einem vollkommen narbigen Verschluss. 

Einen sehr acuten Verlauf von Syphilis — ausser dem 


MOR ea 


unter den casuistischen Mittheilungen berichteten Fall — 
beobachteten wir bei einem 28jährigen Kellner, der Ende 
Mai 1885 eine Sclerose acquirirt hatte. Am 4, October des- 
selben Jahres wurde der Mann bei uns aufgenommen mit 
ausgedehnten gummösen Ulcerationen an den Extremitäten, an 
der behaarten Kopfhaut, am Rücken, im Pharynx und mit 
gummöser Periostitis der linken Tibia; auch an der Glans 
befand sich in der unteren linken Hälfte derselben ein huf- 
eisenförmiges Gummageschwür, welches den Verlust ungefähr 
eines Drittels der Glans veranlasste. Ausserdem war Necrose 
des Processus palat. des Oberkiefers vorhanden. Nachdem 
Patient bei uns — nebst Local-Therape — 34 Flaschen 
eines Decoct. Sassap. inspissat. (20 : 400) und 55 Gramm 
Jodkali consumirt hatte, waren die zahlreichen Ulcerationen 
vernarbt; nur der necrotische Knochen hatte sich noch nicht 
abgestossen; Mitte Februar 1886 verliess Patient das Spital, 
um schon am 11. Mai desselben Jahres neuerdings mit fast 
unzähligen, theilweise über thalergrossen gummösen Geschwüren 
überschüttet, um Aufnahme anzusuchen. Während seines 
Spitalaufenthaltes kam es zur Entwicklung einer linksseitigen 
gummösen Mastitis. Diesmal erhielt Patient nebst 80 Gramm 
Jodkali 2.20 cub. otm. eines 20 %, Cl. einer. in Form von 
Injectionen; die Geschwüre wurden mit Empl. hydrarg. be- 
deckt; nachdem dieselben alle geheilt und mittlerweile sich 
auch der necrotische Knochen begrenzt hatte und mittels Korn- 
zange extrahirt worden war, wurde der Mann am 27. August 
entlassen. 

Ueber einen Fall von Carcinom an der Unterlippe, 
welches sich an Stelle einer früheren syphilitischen Papel ent- 
wickelte, ist in den Wiener Med. Blattern, Jahrgang 1886, 
Nr, 41 und 42 berichtet worden. 

Familiensyphilis (erworbene Syphilis bei mehreren 
Mitgliedern einer Familie) hatten wir zweimal zu beobachten 
Gelegenheit; das einemal waren Vater, Mutter und eine zwölf- 
Jährige Tochter von der Seuche befallen; bei allen dreien 
waren nässende Papeln am Anus und um die Genitalien vor- 


5 ea 


handen; die Frau zeigte überdies Reizungserscheinungen von 
Seite des Gehirnes — Anfälle von heftigem Schwindel, Kopf- 
schmerzen, — welche nach durchgeführter Allgemeinbehand- 
lung mit Injectionen von grauem Oel zugleich mit dem pa- 
pulösen Syphilid verschwanden. Im vordersten Antheil der 
Urethra des Mannes fand sich eine Verdickung vor, welche 
als Sclerosenresiduum gelten konnte. Aus derselben Familie 
befand sich gleichzeitig ein Knabe von 7 Jahren wegen Pru- 
rigo bei uns in Behandlung, welcher von der Seuche ver- 
schont geblieben war. 

Das zweitemal handelte es sich um 3 Geschwister im Alter 
von 5, 3und 2 Jahren. Die Untersuchung des Vaters der Kinder 
ergab mit Ausnahme einiger striemenförmigen Narben ar der 
linken Tonsille und einer eingezogenen Narbe entsprechend dem 
Zungenbein ein negatives Resultat; die Mutter zu untersuchen 
waren wir nicht in der Lage; wohl aber ergab die Unter- 
suchung der Kindsfrau, welche noch einen Monat vor Eintritt 
der Kinder in das Spital bei der Familie bedienstet gewesen 
war, deutliche Zeichen von Syphilis: 2 Plaques an der Zunge, 
Narben an beiden Mundwinkeln, striemenförmige Narben an 
der rechten Tonsille, ein über guldenstückgrosses Geschwür 
mit etwas infiltrirten Rändern und rothem Grunde am 
Muttermund; die 3 Kinder derselben starben im Alter 
von %, Jahren, 4 und 5 Wochen. — Beim ältesten der 
obgenannten drei Kinder, einem 5jährigen Knaben, war die 
Sclerose an der Oberlippe deutlich nachweisbar; die Sub- 
maxillardrüsen beiderseits vergrössert, in der Mundhöhle 
Schleimhautpapeln; nach 18 Tagen trat ein reichliches macu- 
löses Syphilid auf, Nebst Localtherapie erhielt Patient ianer- 
lich 34 ctgr. Hydrarg. tannic. oxydul. und später noch, als 
Reoidive in Form von Plaques in der Mundhöhle auftrat, 
Jodkali. Beim zweiten Kind, einem jährigen Mädchen, sass 
die Sclerose am rechten Mundwinkel; beide Tonsillen waren 
vergrössert und mit Geschwüren besetzt; an den Genitalien 
einige magere Papelchen; Inframaxillar- und Inguinaldrüsen 
beiderseits, jedoch mehr rechts, vergréssert. Das Kind erhielt 


PTR 
Pay x ? 


— 2 — pas 


94 ctgr. Hydrarg. tannic. oxydul. und später, als noch einige 
Schleimhautpapeln in der Mundhöhle auftraten, Jodkali; bei 
ihr zeigte sich die Syphilis viel hartnäckiger, als bei ihren 
zwei Brüdern; im weiteren Verlaufe kaın es auch an den 
rechtseitigen Inframaxillardrüsen zur Suppuration. Ihr jün- 
geres, 2jähriges Brüderchen hatte an beiden Mundwinkeln je 
eine Papel und eine Rhagade, beide Tonsillen waren ver- 
grössert und unrein belegt, die Inframaxillardrüsen beiderseits 
geschwellt, links vom Anus eine grosse, gegen das Rectum 
hinziehende Papel. Nebst entsprechender Localtherapie er- 
bielt er 47 ctgr. Hydrarg. tannic oxydul. Bei ihm wurden 
keine weiteren Attaquen der Seuche beobachtet. Zu bemerken 
bliebe noch, dass ein älteres Schwesterchen von der Krankheit 
frei geblieben war. 

Lues hereditaria fand sich bei 11 stationären und bei 
13 ambulanten Kranken; von den ersteren zählte der jüngste 
Patient 4 Wochen, der älteste 54 Jahre. Das eben erwähnte 
Jüngste Individuum mit Lues hereditaria, ein Mädchen von 
4 Wochen, kam am 15. Mai 1886 vollkommen ausgetragen, 
mit normaler Körperlänge und Gewicht auf der hiesigen Ge- 
barklinik zur Welt. Während der ersten Tage zeigte es 
keinerlei krankhafte Erscheinungen. Nach etwa 10 Tagen 
traten einige Infiltrationsherde in der Umgebung des rechten 
Ellbogengelenkes auf, weshalb das Kind ambulatorisch zu uns 
gebracht wurde. Die Haut über den mehr als bohnengrossen 
Infiltraten war bläulich verfärbt, da und dort Fluctation nach- 
weisbar. Die Lymphdrüsen in der rechten Achselhöhle waren 
geschwell. An den fluctuirenden Stellen wurde incidirt und 
mit Jodoformgaze verbunden. Ein kleineres Infiltrat am 
Dorsum man. sinist. resorbirte sich nach Application von 
Empl. hydrarg. in den nächsten Tagen. Auch die Incisions- 
stellen gingen einer baldigen Verheilung entgegen; dafür aber 
traten neue Herde am rechten Vorderarm und im weiteren 
Verlaufe am linken Oberschenkel, am linken Kniegelenk, in 
der Gegend des Steissbeines und an anderen Stellen des 
Rückens au. Am 16. Juni 1386 wurde das Kind sammt 


= 29 — 


der Mutter auf unsere Abtheilung transferirt. Die Unter- 
suchung der letzteren ergab mit Ausnahme einer etwa erbsen- 
grossen, etwas eingezogenen Narbe am linken Labium majus 
ein negatives Resultat. Das Kind wurde bei uns mit Subli- 
matbädern (1 Gramm pro balneo) behandelt; ausserdem 
wurde gegen die profusen Diarrhöen, an welchen es gleich- 
zeitig litt, eine entsprechende Therapie eingeleitet: Amylum 
klysma mit Zusatz einiger Tropfen Tinct. Op.; innerlich: 
Natr. salieyl. in kleinen Gaben, 2—3 Tropfen Opium-Tinctur 
in der Milch. Wo es an den Infiltraten zur Suppuration 
kam, wurde incidirt und Calomel-Bacillen eingelegt. Nichts- 
destoweniger entstanden fortwährend neue Infiltrate da und 
dort am Körper, welche Hand in Hand mit den fortbestehen- 
den, wenn auch etwas weniger profusen Diarrhöen einen 
raschen Kräfteverfall veranlassten, dem das Kind am 28. Juni 
erlag. Die Obduction ergab Cholera infantilis, die syphili- 
tischen Infiltrate waren rückgebildet, sonst negativer Befund. 
Ueber einen weiteren Fall von Syphilis heredit. mit tödt- 
lichem Ausgang siehe casuistische Mittheilungen. 

Von den übrigen Fällen von Lues heredit. betrafen fünf 
erwachsene Personen im Alter von 21—54 Jahren; 3 von 
denselben stammen aus einem und demselben Gebirgsthale; 
bei zwei Männere war die Erkrankung in Form von ulcerösen 
Zerstörungen im Gesicht und in der Nasenhöhle mit Perfo- 
ration des Septum, bei einer Frau in Form eines Infiltrates 
vorhanden, welches in Gestalt eines Schmetterlinges die Nase 
und die angrenzenden Wangenparthien occupirte und sich nach 
innerlicher Darreichung von Jodkali und Application von 
Empl. hydrarg. zuriickbildete. Einer der beiden Männer ge- 


langte vor Kurzem mit einem Recidiv — klein - gummöse 
Herde mit theilweiser Ulceration im Gesichte — wieder bei 
uns zur Aufnahme, — Bei einem anderen hereditär belasteten 


Patienten, einem 27jährigen Manne, dessen 32 Jahre alte 
Schwester bis vor Kurzem behufs Heilung von ausgedehnten 
gummösen Ulcerationen am linken Unterschenkel sich auf 
unserer Abtheilung befand, war der ganze linke Arm von 


Re. a 


mächtigen gummösen Geschwiiren und Narben besetzt, welche 
eine Contractur des Ellbogens (70—80°), sowie krallenför- 
mige Contractur der Finger veranlassten. Auch in der Mund- | 
höhle, am Hals und entsprechend der ganzen Ausdehnung 
des Unterkiefers waren Narbenzüge vorhanden, welche theil- 
weise am Knochen, an einer Stelle des Kinnes an einer Ex- 
ostose adhärirten; an der linken Seite des Unterkiefers konnte 
man einen fast haselnussgrossen grubigen Defekt durchtasten. 
— Bei einem jährigen hereditär syphilitischen Kinde mit 
zwei gummösen Geschwüren am vorderen und hinteren Ende 
des oberen Randes des linken Seitenwandbeines kam es zur 
Necrose des Knochens; es wurde ein über 20Kreuzerstiick 
grosses necrotisches Knochenstück am vorderen und ein klei- 
neres, gezacktes, unregelmässig gestaltetes und wie von Wurm- 
stichen durchsetztes aus dem rückwärtigen Geschwür ex- 
trahirt, worauf eine Uebernarbung der exulcerirten Partien unter 
innerlicher Darreichung von Jodkali sich allmählig einstellte. 
Ausser den erwähnten mit ererbter Syphilis behaf- 
teten Individuen stand noch ein 30jähriges Mädchen mit 
Ulcerationen in der Nasenhöhle, Perforation des Septums, 
Necrotisirung von verschiedenen, das Nasengerüste bildenden 
Knochen auf unserer Abtheilung in Behandlung, bei welchem 
wir gleichfalls mit grösster Wahrscheinlickeit hereditäre Sy- 
philis annehmen mussten; denn sowohl die anamnestischen 
Angaben — sie litt von Jugend auf an Halsschmerzen und 
ein Arzt sagte ihr auch, dass sie die Krankheit von ihrem 
Vater, der inwendig „ganz faul“ gewesen sei, und von dessen 
3 Kindern zwei gleich nach der Geburt starben, ererbt habe, 
— sowie auch der gänzliche Mangel irgend einer Narbe oder 
einer anderen Stelle, welche als Eingangspforte des syphili- 
tischen Virus hätte angesprochen werden können, nöthigten 
uns zu dieser Annahme, 
Seit 1885 (siehe Bericht des Innsbrucker naturw.-med. Ver- 
eins, Jahrg. XV p. XX) werden auf unserer Klinik Einspritzungen 
von Oleum cinereum 1) gegen Syphilis regelmässig angewendet; 


1) Nach unserer Erfahrung kann man sich die graue Salbe für 
das Oleum cinereum für einige Wochen voraus in der Apotheke bereiten 


Be 


nur einmal im Frühjahre 1886 kam es zur Abscedirung einer 
Injectionsstelle!). Wir begannen darum am 11, Mai 1886 
eine genaue Registrirung über Injectionen mit grauem Oel bei 
der Allgemeinbehandlung. Bis zum 10. Mai 1887, also genau 
innerhalb eines Jahres, wurden im Ganzen 60 Kranke (45 
stat. 15 ambul. Kranke) der genannten Allgemeinbehandlung 
unterzogen. Unter den stationären Kranken waren 21 Männer 
und 24 Weiber, unter den ambulanten waren 10 Männer 
und 5 Weiber. Es wurden 0.20—0.80 cubem., in der Regel 
0.3—0.4 cubem. des Praeparates per Woche injicirt, und zwar so, 
dass je nach der Tolerabilität und nach der durch den Fall 
gegebenen Nothwendigkeit zweimal in der Woche an zwei 
Stellen zu 0.05—0.20 cubem. subcutan beigebracht wurden; 
gewöhnlich wählten wir hiezu die Rückengegend; in einzelnen 
Fällen wurde jedoch die Injection auch an der Seite oder an 
der vorderen Brustwand und bei vorhandener Lymphadenitis 
in inguine in der Regel auch in der unteren Bauchgegend 
applieirt, worauf fast in allen Fällen eine prompte Rückbil- 
dung der vergrösserten Inguinaldrüsen sich einstellte. 

Es wurden auf diese Weise den betreffenden Kranken 
12, 15, 20—30 Theilstriche beigebracht (ein Theilstrich 
unserer Injectionsspitze entspricht 0.10 cubem.). Schien es uns 
für nöthig, eine grössere Menge des Praeparates beizubringen, 
so pflegten wir nach Einflössung von 20 Theilstrichen eine 
Pause von 8—14 Tagen eintreten zu lassen und den Rest 


lassen, und jede Woche die entsprechende Bedarfsmenge von grauem 
Oel verreiben. Die Präparate werden an einem kühlen Orte — im Sommer 
auf Eis — aufbewahrt; das starrgewordene Oel wird vor der Benützug 
durch die Wärme der Hand oder durch eine Spirituslampe verflüssigt. 
Gewöhnlich wird in die Spritze mehr als die zu injieirende Menge des 
Praeparates eingefüllt, um dadurch das Injieiren einer im oberen An- 
theil des Spritzencylinders vorfindlichen Luftblase, die manchmal nur 
schwer entweicht, hintanzuhalten, Unser Spritzencylinder fasst ungefähr 
1/, eubem., ist dünner als die Cylinder der gewöhnlich im Gebrauch 
stehenden Injectionsspritzen und hat eine Eintheilung von 0.01 eubem. 

1) In Nr. 35 der Wiener med. Wochenschrift 1886 ist des Falles 
gedacht. 


LAN es 


hierauf nachzusenden. Diesen 60 Individuen wurden 1078 Stiche 
beigebracht, die geringste Anzahl war 4, die grösste 38 Stiche. 
3 Individuen bekamen je 4 Injectionen zu 1 u. 11/, Theilstrichen 


4 ; AG L „ 1 u.1%, Theilstrichen 
3 3 5 mE 8 „ 1 u.1%, Theilstrichen 
9 H s „12 a „ 1u.1%, Theilstrichen 
1 5 % is 5 „ 1%, Theilstrichen 

2 if 2 „14 a , Lu.1}/, Theilstrichen 
5 N N 6 = » 1, 11%, od. 2 Theilstr. 
1 7 ı Bony i » 1%, u. 2 Theilstrichen 
4 Me : £18 ; » 1 Theilstrich 

6 2 5 „20 A » Va, 1 u. 11%, Theilstr. 
5 A i „22 3 » Lu. 1%, Theilstrichen 
3 - „24 5 „ lu. 11% Theilstrichen 
5 s 4 26 ; „ 1u.1!), Theilstrichen 
5 - O2 - „ 1u.1%Y, Theilstrichen 
3 k : » 30 » Ya, 3/41 0d. 114 Thist. 
1 “ h „38 a » ‘Vo Theilstrich, 


In dieser Zählung sind einige Kranke miteinbegriffen, 
bei welchen die Behandlung mit der Injection gegenwärtig 
noch nicht zu Ende geführt ist. 

Unter diesen 1078 Injectionsstichen ging nicht eine einzige 
in Suppuration über 1); die meisten Injectionsherde liesen nach 
8—14 Tagen kaum erkennbare Spuren zurück, nur einzelne 
derselben persistirten längere Zeit; dabei wurde mitunter die 
Haut daselbst bläulich verfärbt, glänzend, ja die Stellen liessen 
deutliche Fluctuation erkennen, und nichtsdestoweniger trat 
selbst dann noch Rückbildung des Infiltrates ein. Bei zwei 
Kranken, einem stationären Manne und einer ambulanten 
Frau, musste wegen Schmerzhaftigkeit von den Injectionen 
Abstand genommen werden; objectiv war auch bei diesen 
beiden Kranken an der Injectionsstelle nichts Abnormes zu 
constatiren; in der überwiegenden Anzahl der Fälle wurden 
die Schmerzen als ganz leicht erträgliche bezeichnet, ja viel- 


1) Auch in der Privatpraxis hat Prof. Lang die gleichen Injec- 
tionen angewendet, ohne je Vereiterung beobachtet zu haben, 


— 


fach wussten die Kranken schon uach wenigen Tagen kaum 
mehr die Stelle der Injection anzugeben. Die erwähnte Frau 
wurde mit den Injectionen behandelt, ehevor die genaue Re- 
gistrirung derselben begann, weswegen sie auch unter den 
früher angegebenen Ziffern nicht mitgezählt ist. Bei mehreren 
ambulanten Kranken konnte die Behandlung mit den Injec- 
tionen durch Ausbleiben derselben nicht zu Ende geführt 
werden; dies erklärt auch den Umstand, dass nach der früher 
angegebenen Ziffern mehreren Individuen nur eine geringe 
Anzahl von Injectionen ertheilt wurde, 

Ueber Localbehandlung von Syphilisproducten 
mit Oleum cinereum soll bei einer anderen Gelegenheit 
berichtet werden. Hier sei nur erwähnt, dass wir die Injec- 
tionen mit grauem Oel zum öÖftern auch bei einigen nicht 
syphilitischen Affeetionen mit sehr gutem Erfolge zur An- 
wendung brachten, nämlich bei nicht syphilitischen Drüsen- 
anschwellungen und bei Epididymitis; in diesen Fällen in- 


jicirten wir in die Umgebung der Geschwulst — bei Epi- 
didymitis meist am untern Pol der entsprechenden Scro- 
talhalfte — 1, oder 1 Theilstrich des Präparates, wor- 


auf schon in den nächsten Tagen eine beträchtliche Rück- 
bildung der Geschwulst sich einzustellen pflegte. 


Von den wenigen Fällen venerischer Geschwüre, die 
im verflossenen Jahre zur Aufnahme gelangten, betraf einer ein 
22jähriges Mädchen, das im Jahre 1834 wegen Syphilis auf 
unserer Abtheilung sich befand; diesmal lagen keine Erschei- 
nungen von Lues vor. 


* * 


Bei einem Manne mit Urethritis und rechtseitiger Epidi- 
dymitis trat Entzündung des rechtseitigen Vas deferens mit 
Erscheinungen peritonealer Reizung auf, Im rechten Hypo- 
gastrium bestand lebhafte Schmerzempfindung bei leiser Be- 
rührung, die Percussion ergab gedämpft tympanitischen Schall; 

Naturw.-med. Verein 1887/88. 3 


zB —& 


daneben war Fieber und Brechreiz vorhanden. Unter An- 
wendung von Eisbeutel und Jodtinetur verschwanden die Er- 
scheinungen nach einigen Tagen, 


* 
* * 


Um einen Einblick zu gewinnen, ob und wie häufig bei 
Urethritis Verdickungenin der Urethra oder im peri- 
urethralen Gewebe vorkommen, oder ob dieselben auch zu be- 
obachten sind bei Individuen, welche nie an Urethritis, wohl 
aber an Syphilis litten, wurden bei 200 männlichen Individuen 
in dieser Richtung Untersuchungen angestellt; dieselben ergaben 
folgendes Resultat: 

Es fand sich unter den 200 Individuen 30mal eine Ver- 
diekung in der Urethra vor. 

Davon litten oder hatten gelitten: 

- an Urethritis allein 17, 

„ Syphilis allein 2, 

„ Urethritis und Syphilis 7, 

» gar keiner venerischen Affection 4. 

Von den 170 Individuen, bei welchen keinerlei Ver- 
diekung im Verlaufe der Urethra oder des dieselbe umge- 
benden Zellgewebes nachweisbar war, litten oder hatten gelitten: 

an Urethritis allein 19, 

» Syphilis allein 27, 

„ Urethritis und Syphilis 5, 

„ vener, Geschwüren, Papillomen und Adenitis 4, 

» gar keiner vener, Affection 115. 

Was nun die Form dieser urethralen und periurethralen 
Zellgewebsverdickungen anlangt, so sassen dieselben in der 
weitaus überwiegenden Anzahl, in 26 Fällen, in der pars 
glandis, entweder die Urethra spindelförmig umgebend oder an 
einer Seite der Urethralwandung; davon litten oder hatten gelitten: 

an Urethritis allein 15, 

» Syphilis allein 2, 

» Urethritis und Syphilis 5, 

» gar keiner venerischen Affection 4. 


a 


In 2 Fallen betraf die Verdickung den knapp hinter der 
Glans liegenden Antheil der Urethra; bei dem einen Patienten 
lag Urethritis acuta vor: die Verdickung hatte hier eine scharf 
umschriebene knopfférmige Gestalt; der andere Patient litt 
an gummösen Geschwiiren; doch atte derselbe vor mehreren 
Jahren Urethritis. In einem Falle war nebst einer knorpel- 
artigen, sondenknopfgrossen, ganz circumscripten Anschwellung 
im mittleren Antheil der pars cavernosa eine ganz ähnlich 
beschaffene in dem knapp hinter der Glans liegenden Antheil 
der Urethra nachweisbar; der betreffende Mann litt an chro- 
nischer Urethritis. In einem anderen Falle war die pars 
glandis spindelförmig verdickt und ausserdem sass je eine 
knopfförmige Verdickung im vorderen und im hinteren An- 
theil der pars cavernosa; nebst einer chronischen Urethritis 
lagen hier specifische Geschwüre am Unterschenkel vor. 


* 
* * 

Von Verbrennungen beobachteten wir zwei schwere 
Fälle; der eine betraf eine 46jährige, gutgenährte Frau, welche in 
der Nacht vom 1.—2. October in der Nähe eines Neubaues 
in eine mit halbgelöschtem Kalke gefüllte Grube stürzte, aus 
welcher sie erst nach qualvollen 3%, Stunden befreit wurde. 
Die Haut mehr weniger am ganzen Körper war mit ausge- 
dehnten Verschorfungen bedeckt, zwischen welchen geröthete 
and ein wenig infiltrirte Hautinseln übrig blieben; sowohl an 
den verschorften, wie an den von der Verschorfung frei ge- 
bliebenen Hautparthien haftete eine dünne Kalkschichte in 
Form von Pulver oder ähnlich einem weissen, dünnen An- 
striche; nach 4 Tagen erlag die Unglückliche ihrem qual- 
vollen Zustande; die Obduction wurde nicht vorgenommen. 

Im zweiten Falle wurde die Verätzung durch eine in 
‘einer Kleidertasche getragene und zerdrückte Flasche mit 
, Vitriol* veranlasst; die ätzende Flüssigkeit ergoss sich über 
die äussere und hintere Fläche des linken Ober- und Unter- 
schenkels und rief hier ausgedehnte, doch nirgends bis zur 
Muskulatur reichende Verschorfung hervor. Erst wurde mit 


3% 


) ae 


Carbolgaze verbunden, welche jedoch wegen Carbolharn durch 
einfache in Alkohol gewaschene Gaze ersetzt wurde. Die 
ganze Wundfläche wurde mit einer grossen Anzahl von Haut- 
läppchen bedeckt, von denen die grösseren ungefähr eine Aus- 
dehnung von 4 [_jem. besassen; dieselben waren einem auf 
der chirurgischen Klinik frisch amputirten Unterschenkel ent- 
nommen; jedoch der grössere Antheil derselben gieng durch 
Gangrän verloren und nur ein Bruchtheil heilte theils ganz, 
theils an einzelnen Spitzen und Säumen an. Als später ein 
starrer Verband behufs Verhütung einer Contractur mit Jodo- 
form-Gaze angelegt wurde, traten Erscheinungen von Jodo- 
formintoxication zu Tage, — Patient wurde sehr unruhig und 
delirirte — und andererseits verursachte die Geradestellung 
des Beines dem Kranken so bedeutende Schmerzen, dass davon 
Abstand genommen werden musste. Die Intoxicationserschei- 
nungen giengen im Laufe von 1—2 Wochen zurück, eine 
langsame Uebernarbung der Wundfläche stellte sich ein, aber 
zugleich bildete sich eine Contracturstellung des Kniegelenkes 
bis zu einem Winkel von etwa 80° heran. Auf der chi- 
rurgischen Klinik wurde eine theilweise Correctur auf unblu- 
tigem Wege erzielt, da sich der Mann angesichts seines vor- 
geschrittenen Alters (60 Jahre) zu keinem operativen Ein- 
griff entschliessen konnte, 

Zur Heilung von chron, varieösen Unterschenkel- 
geschwüren hat uns die Quecksilberoxydulgaze immer 
gute Dienste geleistet; selbst bei mächtig ausgedehnten Ulce- 
rationen — und wir hatten es fast in allen Fällen mit hand- 
tellergrossen Geschwüren zu thun, welche häufig mehr weniger 
den ganzen Umfang eines oder beider Unterschenkel be- 


trafen — trat unter Verband mit dieser Gaze und fortge- 
setzter Bettruhe — allerdings oft erst nach 2—4monatlicher 
3ehandlungsdauer — stets eine solide Narbenbildung ein. 


Eine Frau mit Uleus crur, dextr. varic, und hochgra- 
digem Vitium cordis starb plötzlich in einem Anfalle von 
acuter Herzschwäche, als sie den Stuhl absetzen wollte. Die 
Section ergab auch hochgradigen atheromatösen Process fast 


Na eens 


sämmtlicher Arterien, namentlich der Aorta, mit Insuff. et 
Stenos. valv. aortae und fettige Degeneration des Herzmuskels. 

Ein Fall von Scabies war mit Lymphangoitis und 
phlegmonöser Entzündung an beiden Unterschenkeln — Fieber- 
bewegung bis zu 39.5 — complieirt. Es konnte als Eingangs- 
pforte der Entzündungserreger keine andere Verletzung constatirt 
werden, als die durch das Kratzen veranlassten Excoriationen. 
Nachdem eine antiscabiöse Therapie eingeleitet worden war, gieng 
auch die Phlegmone unter Anwendung einer gewöhnlichen 
antiphlogistischen Behandlung bald zurück. 

Bei Sycosis incidirten wir Bläschen und Pusteln, reinigten 
mit desinficirenden Lösungen, trockneten ab und bepinselten 
mit 1/,°% Sublimatcollodium oder 1/,% aeth. Sublimatlösung. 

Ein Kind mit ausgebreitetem nässenden Eczem des Ge- 
sichtes und der behaarten Kopfhaut zeigte so intensive Licht- 
scheu und infolge dessen krampfhafte Contraction der Mus- 
kulatur der Augenlider und der Stirne, dass sich an der Stirne 
oberhalb der Nasenwurzel ein mächtiger, dicker Wulst bildete; 
ähnliche etwas kleinere Wülste sprangen in der Gegend der 
Augenbrauen hervor; an den Augen lag keinerlei Erkrankung 
vor, wohl aber litt das Kind gleichzeitig an Pertussis. Der 
früher erwähnte dicke Wulst über der Nase, sowie jene in 
den Gegenden der Augenbrauen blieben neben der Lichtscheu 
noch durch einige Zeit bestehen, selbst als das Eezem sich 
zurückgebildet hatte. 

Ein anderes 9 Monate altes Kind mit Eczem im Gesicht 
und einzelnen eczematös erkrankten Hautparthien am Stamme 
und an den Extremitäten wurde am 15. Jänner 1886 in 
einem sehr elenden Zustande auf unsere Klinik gebracht; 
schon in der darauffolgenden Nacht starb es; die Section er- 
gab hochgradige katarrhalische Entzündung der Magen- und 
Darmschleimhaut. 

Einen Fall von universeller Psoriasis behandelten wir 
durch innerliche Darreichung von grossen Dosen Jodkalı. 
Ausserdem wurde Patient mit 10%, Naphtol-Salbe oder mit 
Naphtol-Oel und .später mit 5%, Jodkali-Salbe eingerieben ; 


ee. eos 


wöchentlich 2mal erhielt Patient ein Bad. Am ersten Tage 
wurden 6 Gramm Jodkali gereicht; allmählig stieg man mit 
der Dosis, bis Patient am Ende des dritten Monats nach 
Beginn der Behandlung 40 Gramm pro die zu sich nahm. 
Der Mann vertrug das Jodkali, wovon er während der drei 
Monate im Ganzen 2704 Gramm consumirte, ganz gut, und 
es trat auch eine wesentliche Besserung ein. 

Im Ambulatorium stellte sich ein junger Mann vor mit 
dem Ersuchen, eine Tätowirung zwischen Daumen und Zeige- 
finger am Dorsum der linken Hand zu entfernen; dieselbe, 
vor Jahren in einer ınuthwilligen Laune beigebracht, enthielt 
einen blauen Farbstoff und stellte die Anfangsbuchstaben des 
Namens mit einer verschlungenen Linie als Verzierung dar. 
Wir erreichten den Zweck dadurch, dass wir successive ein- 
zelne Partien der Buohstabenlinien punktförmig mittels Pa- 
queline mit spitzem Brenner verschorften. Unter den Schorfen 
kam es zur Eiterung und mit dem Eiter stiess sich auch der 
grösste Theil der Pigmentkörner ab; das zurückbleibende 
Pigment liess sich ganz leicht mit einem kleinen scharfen 
Löffel herausheben. Nachdem auf diese Weise etwa die 
Hälfte der Tätowirung entfernt war und an deren Stelle 
Narbengewebe sich gebildet hatte, blieb Patient aus uns 
unbekannten Ursachen weg. 

Eines Falles von Angioneurose aus dem Ambulatorium 
möge hier kurze Erwähnung geschehen. Ein 19jähriger Schlosser 
zog sich vor zwei Jahren eine an und für sich unbedeutende Ver- 
letzung durch Einstossen eines kleinen dicken Eisennagels in 
das Gewölbe des linken Fusses zu. Der Eisenstift, welcher 
angeblich etwa Y, cm. tief eingedrungen war, wurde sofort 
entfernt und Patient beachtete die Sache nicht weiter, da ihm 
die Wunde nicht den geringsten Schmerz verursachte. Nach 
10—15 Minuten stellte sich ein Gefühl von Brennen und 
Jucken an der verletzten Stelle ein, das innerhalb einer Stunde 
sich zu einer ganz unerträglichen Höhe steigerte; dabei 
schwollen die umgebenden Parthien des Fusses derart an, dass 
Patient weder Schuh, noch Pantoffel tragen konnte und bar- 


Ta 


fuss vom Arbeitslokale nach Hause gehen musste. Ein kaltes 
Fussbad verschaffte ihm momentane Erleichterung, bald traten 
aber dieselben intensiven, brennenden und juckenden Schmerzen 
ein. Während der darauffolgenden Nacht verschwand Röthung, 
Schwellung und Schmerz am linken Fusse fast vollständig, 
dafür waren aber ganz dieselben Erscheinungen an analogen 
Hautparthien des rechten Fusses aufgetreten und nach einigen 
Stunden entwickelten sich ähnliche Veränderungen der Haut 
an anderen Körperstellen. Seit dieser Zeit habe ihn die 
Krankheit nie mehr verlassen; im Anfang der Erkrankung 
war das Jucken und Brennen so stark, dass ihm dadurch 
während zwei Wochen die Nachtruhe fast vollständig geraubt 
wurde. Er consultirte verschiedene Aerzte und gebrauchte 
verschiedene Curen, doch ohne wesentlichen Erfolg; auf 
2—3 Wochen besserte sich manchmal der Zustand, um aber 
dann mit erneuerter Heftigkeit wiederzukehren. Die ein- 
zelnen Quaddeln erreichten nach seiner Angabe höchstens 
eine Dauer von 3 Tagen; dann waren sie wieder ver- 
schwunden, dafür aber neue an anderen Körperstellen aufge- 
treten. — Bei der Untersuchung des Patienten am 29. August 
war die Haut von zahlreichen, über das umgebende Niveau er- 
habenen, kreuzer- bis über handtellergrossen angioneurotischen 
kffloresceenzen (Quaddeln) bedeckt. Viele derselben zeigten 
eine serpiginöse Form in der Weise, dass die jüngeren Par- 
thien lebhaft roth gefärbt und ziemlich bedeutend über die 
umgebende Haut erhaben waren und die Convexität des Bogens 
einnahmen, während bei dem länger bestehenden, die concave 
Bogenseite einnehmenden Antheil der Efflorescenz eine all- 
mählig blasser, ja weiss werdende Färbung und im gleichen 
Masse eine allmählig abnehmende Schwellung und endlicher 
Uebergang in das umgebende Hautniveau zu bemerken war. 
Bei anderen Efflorescenzen erfolgte Ausheilung vom Centrum 
aus, während gegen die Peripherie hin eine Ausbreitung 
stattfand, welche an einzelnen Stellen, sowie auch das 
Abblassen und Kleinerwerden derselben förmlich unter den 
Augen des Beobachters vor sich gieng. An einzelnen Haut- 


=) Wig 3S 


parthien, so namentlich an den Fusssohlen, welche tiberhaupt 
ein Lieblingssitz der Quaddeln zu sein schienen, verursachten 
dieselben dem Patienten ganz unerträgliches Jucken, An der 
ursprünglichen Verletzungsstelle, wo der Nagel in die Fuss- 
sohle eingedrungen war, war gar nichts Bemerkenswerthes zu 
sehen. — Es wurden erst grosse Dosen Natr. salieyl, dann Arsenik 
(Solut. arsenic. Fowleri 3.0 Tinct. ferri pomat. 12.0) gereicht, 
ohne dass ein nennenswerther Erfolg zu verzeichnen gewesen 
wäre, Nun erhielt Patient Chinin, welches ihm entschieden 
einige Erleichterung verschaffte; ob aber ein definitiver Erfolg 
erreicht wurde, ist uns unbekannt geblieben, da Patient sich 
nicht mehr vorstellte. 

Von der chirurgischen Klinik wurde ein 26jähriges Mädchen 
mit Elephantiasis der rechten unteren Extremität zu uns 
transferirt. Die Patientin gab an, dass sie, wie auch ihr 
Vater und dessen 3 Schwestern zu wiederholtenmalen an 
Erysipel gelitten habe; einmal dauerte die Erkrankung, 
welche, an der Innenseite des rechten Oberschenkels begin- 
nend, langsam gegen die unteren Parthien der Extremität zog, 
mit geringen Unterbrechungen einen ganzen Winter hindurch. 
Auch als sie zu uns gebracht wurde, zeigte sich die Haut 
an der Innenseite des rechten Oberschenkels von Erysipel be- 
fallen, welches sich am folgenden Tage auch auf Unterschenkel 
und Fuss ausdehnte. Nach Ablauf der erysipelatösen Ent- 
zündung wurde der Umfang des rechten und -tinken Beines 
an verschiedenen Stellen abgemessen. Die L*ngenmasse der 
Ober- und Unterschenkel waren rechts und links dieselben; 
hingegen der Umfang des Fusses über der Ferse und dem 
vorderen Antheil des Sprunggelenkes betrug rechts 34, links 
31 cm.; der Umfang des Unterschenkels oberhalb der Wade 
rechts 37, links 34 cm., über der Patella rechts 41,, links 
37 cm.; der Umfang des Oberschenkels unterhalb der Gesäss- 
falte rechts 57, links 54 em. Die Haut des rechten Beines 
war überall verdickt, schwer faltbar, das subcutane Gewebe 
überall prall, so namentlich an der Innenfläche des Ober- 
schenkels in der Breite von 3—4 Querfingern, so dass man 


N 5 lel 


dahier den Eindruck gewann, als ob der Umgebung der Lymph- 
gefässe entsprechend eine derbe Infiltration bestande. Finger- 
druck blieb an einzelnen intensiver geschwollenen Parthien 
dauernd zurück; an den früher erysipelatös erkrankten Haut- 
gebieten schuppte sich die Epidermis in grossen Lamellen ab. 
Vorne reichten diese Veräuderungen bis zum Poupart’schen 
Bande, rückwärts bis zur Gesässfalte. Das rechte Gresäss 
selbst sah mit Ausnahme einer 4 cm. langen, 2 cm. 
breiten, bläulich veränderten, sich abschülfernden und 
etwas rauh anzufühlenden Stelle wie auf der gesunden Seite 
aus. Entsprechend der Gesässfalte befand sich eine der Innen- 
fläche angehörende, 81/, cm. lange, 31, cm. breite, in der 
Richtung der Falte liegende, derb anzufühlende, auf Druck 
nicht empfindliche Geschwulst; nach aussen war dieselbe — 
in Folge des Sitzens — abgeplattet, während sie nach innen, 
oben und unten in ziemlich scharfer Weise mit einem 2 cm. 
hohen Rande abfiel; die Begrenzung der Geschwulst war deut- 
lich für das Auge, für die Tastempfindung hingegen ein Unter- 
schied der Covsistenz zwischen dem Rande und der Umge- 
bung nicht gut wahrnehmbar. Das kleine rechte Labium 
war daumendick, oedematös angeschwollen, die Lymphdrüsen 
in der Leistenbeuge und einzelne Schenkeldrüsen, soweit man 
dieselben durchtasten konnte, theilweise bis zur Grösse einer 
Kastanie geschwellt; die rechte Mamma erschien in ihrem 
Drüsengewebe etwas umfangreicher als die linke; in den unteren 
Theilen der rechten Wange fanden sich gleichfalls derbere Par- 
thien eingelagert. — Die Geschwulst in der Gesässfalte wurde, um 
der Patientin das Sitzen zu erleichtern, excidirt, die ganze Ex- 
tremität mit Flanellbinden eingewickelt; nach etwa 2 Monaten 
war die Operationswunde geheilt, das ganze Bein hatte be- 
trächtlich an Umfang abgenommen. Im weiteren Verlaufe 
trat noch dreimal Erysipel am rechten Oberschenkel und am 
rechten Gesäss auf, oberhalb der Operationsnarbe, sowie am 
rechten Gesäss entstanden einzelne harte Stellen. Nichtsdesto- 
weniger nahm das Bein bedeutend an Umfang ab, die Haut 
gewann so ziemlich wieder ihre normale Glätte, so dass Pa- 


ee 


tientin nach 4 Monaten das Spital im wesentlich gebesserten 
Zustand verlassen konnte, 


Arsenik als Aetzmittel wendeten wir in Form einer 
10%igen Salbe (Acid. arsenic. 1.0, Ung. glycerini 10.0) bei 
einem 18jährigen Mädchen an. Das untere Ende des linken 
Nasenflügels und das Septum membran, war mit kleinen papil- 
lomatösen Wucherungen besetzt, auf welche das ebeu 
erwähnte Arsenikpräparat zweimal täglich applicirt wurde; 
dieselben wurden jedoch, um Schmerzen hintanzubalten, vor- 
her mit Coccainlésung bepinselt; ein nach 14 Tagen bestehen- 
der Rest wurde mit dem Paqueline zerstért. 


Kin Epitheliom an der rechten Seite der Nasenwurzel 
einer 64jährigen Frau zerstörten wir gleichfalls durch Auf- 
streuen von Arsenikpulver (Acid. arsenic. Morph, mur. aa. 0.25, 
Calomel 2.0, Sacch alb. 12.0). Das Aetzmittel wurde etwa 
20mal aufgestreut, ohne dass die Application der Patientin 
schmerzhaft gewesen wäre; nur die letzten paarmale klagte 
sie über ziehende Schmerzen. Nach etwa 7—8 Wochen war 
die Verheilung und Vernarbung vollständig. Doch stellte sich 
Patientin nach 5'/, Monaten mit einem Recidiv wieder vor 
und gab an, dass schon 3 Wochen nach ihrem Spitalsaus- 
tritt wieder ein kleines Knötchen an derselben Stelle ent- 
standen sei; das krebsige Infiltrat war ungefähr bohnengross, 
an der Oberfläche exuicerirt. Dasselbe Streupulver kam 
wieder in Anwendung und wurde später, um eine rascher 
fortschreitende Zerstörung zu erzielen, in stärkerer Form auf- 
getragen (Acid. arsenic. Morph. mur. aa, 0.10, Calomel 1.0, 
Sacch. 3.0). Es konnte auch diesmal wieder eine allmablige 
Zerstörung und Verkleinerung der carcinomatésen Neubildung 
beobachtet werden; doch da die Heilung sich zu lange hinaus- 
schob, wurde sie durch gründliche Ausschabung mit dem 
scharfen Löffel auf einem rascheren Wege herbeigeführt, 


a Ve 


C. Casuistische Mittheilungen. 


1. Hartnäckig recidivirende Syphilis. 


Der Fall betrifft die 30 Jahre alte Tagléhnerin K. V. 
von welcher schon im Berichte über das Solarjahr 1885 sub 
Nr. 30 Mittheilung gemacht wurde. Am 9,/Il. gelangte Pa- 
tientin, wie daselbst erwähnt, abermals — nun zum 4. Male — 
auf unserer Abtheilung zur Aufnahme. Angeblich schon um 
Weihnachten, also 20 Tage nach ihrem letzten Spitalsaustritt, 
trat Geschwiirsbildung am rechten Nasenflügel auf und seit 8 
Tagen bemerkte sie Halsschmerzen, Am Hinterhaupte, in der 
Nähe der Haargrenze, befanden sich zwei über kreuzergrosse 
Infiltrate in der Haut, welch letztere entsprechend denselben 
exulcerirt war: die Geschwüre mehr weniger scharf begrenzt, 
mit unebenem Grund. Am rechten Nasenflügel fand sich ein 
etwa erbsengrosses seichtes Geschwürchen mit etwas infiltrirter 
Basis. Am linken Nasenflügel vom Rande nach aufwärts war 
ein etwa 2 cm. langes und 1 cm. breites Geschwür, dessen 
Ränder scharf, etwas aufgeworfen, dessen Grund fein - höckerig 
mit speckigem Belage versehen, und entsprechend demselben 
ziemlich scharf begrenzte Infiltration. An der hinteren Rachen- 
wand, rechts zum Theil vom Gaumenbogen bedeckt, ein beinahe 
_nussgrosses, hartes, etwa 1 cm. hervortretendes Infiltrat, welches 
in der Mitte eine etwa erbsengrosse, mit eiterig belegten Wänden 
versehene Zerfallshöhle aufwies; Submaxillardrüsen beiderseits, 
jedoch links mehr vergrössert. — Es wurden nun der Patientin 
täglich 2 Esslöffel eines Decoct. Sassap. inspissatum gereicht. 
Ausserdem wurde als Localtherapie Aetzung mit starker alkohol. 
Sublimatlösung (1 : 4) und mit Lapis, ferner Verband mit 
Hydrarg. Oxydulgaze angewendet. Am 17./III. trat eine Blu- 
tun g aus dem zerfallenen Infiltrat an der hinteren Rachenwand 
ein — es entleerten sich etwa 20 Gramm Blut, — welche nach 
Anwendung von Eispillen jedoch bald stand. Während ihres 
Spitalaufenthaltes trat eine Erosion am Orific. uteri auf, weshalb 
ein grauer Salbentampon in die Vagina eingelegt wurde. Am 
13./IV. wurde Patientin, da mittlerweile die Geschwüre über- 
narbt und die verschiedenen Infiltrate zurückgebildet waren, aus 
dem Spital entlassen; seit dieser Zeit kamen wir nicht mehr 
in die Lage, von ihr etwas zu hören. 


ae es 


2. Verlust der Oberlippe. — Gummöse Ulcera- 
tionen in der Mundhöhle und an den Lippen. 


M. C., 39 Jahre alte Köchin, aufgenommen am 2,/III. 86, 
gibt folgende anamnestische Daten: Vor 8 Jahren hatte sie 
Geschwüre an den Genitalien, welche unter Application von 
warmen Umschlägen innerhalb 14 Tagen heilten. Vor 6 Jahren 
bekam sie Halsschmerzen, weshalb sie im Spital zu Frankfurt 
während eines Monates mit Inhalationen, Bepinselungen mit Jod 
und innerlichem Gebrauch einer braunen Medicin behandelt wurde. 
Im gebesserten Zustande verliess sie das Spital. Hier wurde 
sie mehrere Wochen lang von einem praktischen Arzte mit Jod- 
einpinselung und innerlicher Darreichung von Jodkali behandelt, 
welch letzteres sie bis vor 2 Jahren mit geringen Unterbre- 
chungen nahm (täglich 3 Esslöffel). Vor 3 Jahren schwoll die 
Unterlippe an und gleichzeitig traten daselbst kleine Geschwür- — 
chen auf, wogegen sie 3 Wochen lang Bepinselungen mit einer 
braunen Flüssigkeit gebrauchte. Vor 1 Jahr trat Schwellung 
und Geschwiirsbildung auch an der Oberlippe auf; verschiedene 
Salben dagegen angewendet hatten keinen Erfolg. Seit dem 
vergangenen Herbst ist die Oberlippe narbig verändert. 

Status am 2./III. 86. Patientin mittelgross, mässig ge- 
nährt. An der Innenseite des rechten grossen Labium hinten 
und in der rechten Genitocruralfalte je eine zarte Narbe. Va- 
ginalportion vergrössert; an derselben, und zwar noch der hin- 
teren Lippe angehörig, befindet sich ein über kastaniengrosses 
Infiltrat, welches ein ziemlich scharf begrenztes, in der Mitte 
vertieftes, viel Eiter secernirendes Geschwür trägt. Die Zunge 
bietet nur an ihrer Spitze normales Ansehen, im übrigen An- 
theil ist dieselbe von linsen- bis erbsengrossen, drusigen Höcker- 
chen besetzt, welche sich derb anfühlen und von Epithel bedeckt 
sind, das von der gesunden Umgebung nicht besonders differirt. 
Zwischen den einzelnen Höckerchen finden sich tiefe Einziehungen. 
Entsprechend der rechten Tonsille und dem rechten hinteren 
Gaumenbogen befindet sich Narbengewebe. Die linke Tonsille 
ist mit einem neukreuzergrossen Geschwüre versehen, welches 
einen unebenen, höckerigen, schmutzig belegten Grund aufweist. 
Die hintere Rachenwand gleichfalls narbig verändert und mit 
festhaftendem Belage bedeckt. Die Mundspalte ist zu einer 
runden Oeffnung von etwa 2.2 cm, Quer- und kaum 2 cm. 
Höhendurchmesser umgestaltet. Die Umrandung nach unten 
bildet die Unterlippe, jene nach oben eine hufeisenförmige Narbe, 
durch welche die Oberlippe substituirt erscheint. Die Narbe 


WA 


zieht sowohl das Filtrum der Nase, wie die angrenzenden Wan- 
genparthien und zum Theil auch die Unterlippe gegen sich 
heran, welch letztere in ihrem Schleimhauttheile fast mehr als 
um die Hälfte umgestülpt ist; in der Umgebung sieht man ober- 
flächliche zarte Narben, welche in der Nähe der Mundwinkel 
auf die Schleimhaut übergehen. Der narbenartige Saum, welcher 
die Oberlippe vertritt, setzt sich in einigen Strahlen gegen die 
Nasenfliigel und Wangenschleimhaut fort. Durch den Defect 
der Oberlippe liegen die oberen Schneidezihne und das Zahn- 
fleisch vollkommen bloss, während durch das Herabgestiilptsein 
der Unterlippe es nur zur Blosslegung der Zähne kommt. Wenn 
der Mund ad maximum erweitert ist, wird dadurch eine Distanz 
von 2 em. zwischen den obern und untern Schneidezähnen er- 
reicht: der Breitendurchmesser der Mundspalte wird dadurch auf 
2 cm. redueirt, so dass es schwer fällt, die Parthien der Mund- 
höhle zu besichtigen, 

Therapie. Patientin erhielt täglich 2 Löffel eines Decoct. 
inspissat. Sassap, (150.0: 1000.0). Das Geschwür an der Ton- 
sille und an der Port. vagin. wurde einer entsprechenden Local- 
therapie unterzogen: Bepinselung mit 1°/, aeth. Sublimatlösung, 
Lapis, Gargarisma, Nasen-, Rachen-Douche; Einlegen von grauen 
Salbentampons in die Vagina. Bis zum 28./II[. war das Ge- 
schwiir an der Tonsille fast ganz geheilt, so dass die Tou- 
chirungen mit Lapis wegblieben und nur mehr die Bepin- 
selung mit aeth. Sublimatlösung fortgesetzt wurde. Desgleichen 
war das Geschwür am Orificium uteri zum grössten Theil über- 
narbt, die Eitersecretion daselbst nur mehr gering. Vom 23./IV. 
an wurde Quecksilber-Oxydulgaze in die Vagina eingelegt, bis 
vollständige Uebernarbung eingetreten war. Ausserdem erhielt 
Patient noch Injectionen von 20%, Ol. einer. Nach Injection 
von l cubem. des Praeparates musste davon theils wegen Schmerz- 
haftigkeit der Injectionsstellen, theils wegen Eintritt einer Sto- 
matitis Abstand genommen werden. Letztere wurde durch Be- 
pinselung des Zahnfleisches mit 10%, Kal. chlor. Lösung und 
Gargarisma behandelt. Am 12,IV. wurde Patientin behufs 
plastischer Operation des Mundes auf die chirurgische Abtheilung 
transferirt. 


3. Syphilitisches Infiltrat im pararectalen 
Zellgewebe, 
Patientin stand im Jahre 84 (vom 14,/X. 84—21,/IL85) 


wegen Vaginitis, venerischen Papillomen auf der Scheidenschleim- 
haut und Sclerose am Introitus vaginae bei uns in Behandlung, 


= AR oe 


Vor einigen Monaten sei nach rechts vom Anus ein schmerz- 
hafter Herd aufgetreten, den ein Arzt eröffnete; im Uebrigen 
habe sie sich stets gesund gefühlt. 

Status am 25./VII. Patientin gross, ziemlich gut ge- 
nährt. Inguinaldrüsen rechts bis zu Haselnussgrösse geschwellt. 
Am vorderen Winkel des Introitus vag. eine bohnengrosse mit 
einer Borke bedeckte Erosion. Rechts von der Analöffnung eine 
etwa erbsengrosse, papelähnliche Efflorescenz, welche in der 
Mitte geschwürig zerfallen ist; bei Druck lässt sich aus der 
Tiefe eine beträchtliche Menge Eiter hervorpressen; die Sonde 
gelangt circa 3 cm. nach rückwärts und unten gegen die Rec- 
talwand in eine Höhle; bei der Digitaluntersuchung vom Rectum 
aus kann entsprechend derselben deutliche Infiltration wahrge- 
nommen werden Vaginalschleimhaut geröthet, mit reichlicher 
schleimig-eitriger Secretion; auch aus der Urethra lässt sich 
eitriges Secret hervorpressen. Am 27./VIII. wurde der fistulöse 
Gang mittels Bistouri gespalten und Jodoformgaze eingelegt. 
Ausserdem wurden die Vaginitis und Urethritis, sowie die ge- 
schwellten rechtseitigen Inguinaldrüsen durch Einlagen von Alaun- 
tampon, Injeetionen mit Kal. hypermang. (0.06 : 150.0) und Be- 
pinselung mit Jodtinctur einer entsprechenden Localbehandlung 
unterzogen. Nach 10 Tagen war eine oberflächliche Verklebung 
an der Incisionsstelle eingetreten; sobald aber die Sonde mit 
grösserer Energie angesetzt wurde, fiel dieselbe in die noch in 
gleicher Weise fortbestehende Höhle nach unten und rückwärts 
hinein. Nun wurde abermals ausgiebiger gespalten und die 
Wände der Höhle mit Jodoformgazestreifchen gereinigt, wobei 
es sich zeigte, dass der Fistelgang und die Wände des Eiter- 
herdes mit weichen, fungusähnlichen Massen bekleidet waren. 
Nach weiteren 2—3 Wochen war abermals eine oberflächliche 
Verheilung erfolgt, während in der Tiefe die Höhle mit den 
infiltrirten Wänden bestehen blieb. Nun wurden (am 28./IX.) 
Wickel aus Emplast. hydrarg. in den Fistelgang eingelegt, um 
auf diese Weise das Infiltrat zur Resorption zu bringen. Nach- 
dem aber auch mit dieser Behandlung bis zum 13./X. kein 
wesentlicher Fortschritt erzielt werden konnte, wurde von der 
Fistel aus ein gekrümmter Troicart in das Rectum durchge- 
stochen und mittels gekrümmten Dockes eine elastische Ligatur 
eingeführt, durch welche die nun bestehende Zwischenbrücke 
fest abgeschniirt wurde. Am 18./X. hatte die Ligatur die 
Brücke durchschnitten, Patientin konnte den Stuhl nicht mehr 
halten. Nun trat aber eine rasche Verkleinerung an der schön 
granulirenden Wundfläche ein; am 22./X. konnte Patientin den 


BEN = 


Stuhl bereits wieder halten und am 16./XI. konnte sie, nach- 
dem sie mittlerweile ausserdem 1.2 cubem. eines 20%, grauen 
Oeles in Form von Injectionen erhalten hatte, das Spital geheilt 
verlassen. 


4. Syphilis haemorrhagica. — Nephritis. 


G. M., 30jährige Magd, aufgenommen am 22.JIII. 86 gibt 
an, vor 5 Jahren ein Kind geboren zu haben, das jetzt noch 
gesund ist. Etwa 14 Tage nachher bemerkte sie Halsweh, 
welches mit geringen Unterbrechungen ungefähr durch 2 Jahre 
andauerte; seit 10 Tagen habe sie wieder über Halsschmerzen 
zu klagen, sowie über allgemeines Unbehagen und Gefühl von 
Schwäche. Auch beobachtet sie seit dieser Zeit, dass da und 
dort an den Unterschenkeln Knoten entstehen, jeden Tag ein 
oder mehrere neue; seit 2 Tagen stellten sich auch Schmerzen 
am linken Ellbogengelenk ein. A 

Status am 22,/III. 86. Patientin klein, schlecht genährt. 
Die Untersuchung der Genitalien ergibt mit, Ausnahme einer 
geringen Secretion aus der Vagina und ein wenig Eitersecretion 
aus der Urethra einen negativen Befund. Nach rückwärts und 
nach unten vom inneren Mal. dextr. und an der vordern äusseren 
Seite des rechten Sprunggelenkes sind einige zarte, weisse, scharf 
begrenzte Narben, von denen Patientin einige auf einen Ge- 
schwürsprocess aus ihrem 17. oder 18, Lebensjahr bezieht; über 
andere kann sie keine Auskunft ertheilen. An der vorderen 
und inneren Seite des Oberschenkels befinden sich Scarifications- 
narben von Schröpfköpfen herrührend, welche sich Patientin im 
20. Lebensjahr wegen Congestionen appliziren lies. Die Ober- 
schenkel und zum Theil die Unterschenkel sind von derben, 
schmerzhaften, theils der Haut, theils dem subcutanen Gewebe 
angehörenden Infiltraten besetzt, von denen einige roth bis bläu- 
lichroth sind und sich sehr warm anfühlen, andere weisen eine 
Farbe auf, in der das Blau vorherrscht, und wieder an andern 
ist das Roth vollends verschwunden und nur eine blaue Farbe 
schimmert durch die Haut durch, als wenn sie an dieser Stelle 
contusionirt worden ware. Die Infiltrate, welche, insoferne sie 
für sich allein vorkommen, deutlich begrenzt sind, weisen einen 
Umfang von einer Erbse bis über Kastaniengrösse auf. An ein- 
zelnen Stellen, wie an der vorderen äusseren Fläche des rechten 
Oberschenkels und vorderen Fläche des rechten Unterschenkels, 
fliessen mehrere solche Infiltrate zusammen und führen dadurch 
zu unregelmässigen Begrenzungen. Die frischen Infiltrate, wie 
z. B. am inneren Rande der linken Kniescheibe, welches gestern 


ae) Rae in Syn a 
h . i 


I 


noch nicht vorhanden war, zeichnen sich durch vorherrschendes 
Roth und durch eine erhöhte Temperatur aus, sowie durch 
einige Prominenz über die Oberfläche der umgebenden Haut, 
während die älteren Infiltrate bläulich erscheinen, viel weniger 
prominent sind und kaum heisser sich anfühlen. Der rechte 
Unterschenkel ist in den beiden obern Dritteln an der vorderen 
Fläche von einem solchen diffusen Infiltrate, welches stellenweise 
roth, stellenweise blau gefärbt ist, occupirt; an einzelnen Theilen 
desselben lässt sich die Haut bleibend eindrücken; den übrigen 
Stellen entsprechend weicht auf Fingerdruck ein Theil der Röthe 
zurück, ein anderer Theil bleibt bestehen; die zurückgedrängte 
Röthe kehrt nach aufgehobenem Druck sofort wieder zurück. 
Dem Köpfchen des linken Wadenbeines entsprechend ist die 
Haut in der Ausdehnung einer Kindeshand in gleicher Weise er- 
krankt, wie am rechten Unterschenkel, und auch oedematös; 
hier sowohl wie am rechten Unterschenkel lässt sich der Knochen 
nicht deutlich durchtasten, doch scheint er in die Erkrankung 
nicht einbezogen. Nach innen von der Spina tib. sin. ist ein 
solches kreuzergrosses Infiltrat. Der linke Oberschenkel wie der 
rechte zeigt an der Innenfläche einzelne Infiltrate von Erbsen- 
grösse und darüber und an der äusseren Fläche eine ganze An- 
zahl theils grosser diffuser, theils einzeln stehender, ähnlicher, 
solcher Stellen, so dass auf der linken Seite nicht viel gesunde 
Haut übrig bleibt; die entsprechende rechte Seite ist weniger 
erkrankt. Die hintere Fläche des linken Oberschenkels ist etwa 
3 Querfinger unterhalb der Gesässfalte durch ein mit dieser 
parallel laufendes, ziemlich tief liegendes, 2 Zoll langes, blau 
gefärbtes Infiltrat ausgezeichnet, das nicht sehr empfindlich ist; 
sonst ist die hintere Fläche frei von der Erkrankung. Dem 
linken Gesässe entspricht eine leicht infiltrirte, wenig geröthete, 
etwa bohnengrosse Parthie in der Haut und nach Aussen davon 
eine kleinere. Das linke Ellbogengelenk ist in allen Dimen- 
sionen geschwellt; der Streckseite entsprechend ist die Hant 
blauroth verfärbt, heiss anzufühlen, vom Condylus intern. bis 
zum Condyl. extern. humeri oedematös geschwollen. Ueber dem 
Olecranon selbst ist eine und die andere blasse Stelle, durch 
welche der Knochen, ohne druckempfindlich zu sein, durchgetastet 
werden kann; an den anderen Stellen ist wohl Empfindlichkeit 
bei Druck vorhanden, doch kann dieselbe auf die Weichtheile 
bezogen werden. Das ödematöse Infiltrat reicht bis über das 
obere Viertel des Vorderarms; die Beugeseite zeigt nichts Ab- 
normes, Das Ellbogengelenk wird im rechten Winkel gehalten, 
Beugung und Streckung, wie auch Pro- und Supination wird 


EN. 


schmerzhaft empfunden. Ausserdem sieht man an der äusseren 
Fläche des Oberarmes, der Mitte entsprechend, 4 Infiltrate von 
Erbsengrösse und darüber, ebenso beschaffen wie die andern. 
An der äusseren Fläche des Vorderarmes, dem unteren Drittel 
der Ulna entsprechend ein etwa mandelgrosses, der oberen Hälfte 
des Radius entsprechend ein etwas kleineres und zwischen beiden 
ein etwa linsengrosses Infiltrat. Die Infiltrate an der Streckseite 
des Ellbogens sind ziemlich diffus und gehören den Weichtheilen 
an. In der regio parotid. masseter. rechts ist eine kreuzergrosse 
Stelle der Haut und des subeutanen Gewebes infiltrirt, blauroth 
gefärbt, welche beim genauen Zusehen aus einzelnen, etwa 
linsengrossen Infiltraten, die in Form eines Kranzes angeordnet 
sind, besteht; nach vorn hin sind einzelne, etwa linsengrosse, 
singuläre Infiltrate, nach rückwärts sind ebensolche, linsengrosse 
infiltrirte Hautstellen. Rechte Ohrmuschel schmerzhaft, am obern 
Pol derselben kann man ein Infiltrat nachweisen in Form und 
Ausdehnung einer gespaltenen Bohne. Der weiche Gaumen zeigt 
linkerseits ein bohnenförmiges, 1/, cm. langes Geschwür, dessen 
Convexität nach oben und aussen, dessen Concavität nach unten 
und innen gekehrt ist; die linke Tonsille weist eine erbsengrosse 
Ulceration auf; beide Geschwüre sind mit Belag behaftet, die 
Umgebung geröthet, infiltrirt, so dass der weiche Gaumen und die 
Mandel linkerseits im Ganzen grösser und geschwollen erscheinen. 
Patientin ist sehr schwach, kann sich kaum auf den Füssen 
erhalten; Stuhl etwas angehalten, Abends Fieber (39°). 
Therapie. Patientin wurde gut genährt und erhielt 
innerlich täglich 2 Löffel eines Decoct. Sassap. inspissat. Die 
Localtherapie bestand in Gargarisma und Touchirung der Ulce- 
rationen in der Mundhöhle mit Lapis. Am 24./Ill. war am 
rechten Vorderarm ein neues kleines Infiltrat aufgetreten; das 
Roth des Infiltrates neben der Kniescheibe war etwas abgeblasst 
und zeigte einen bläulichen Schimmer. Am nächsten Tage konnte 
man auch an den übrigen Infiltraten constatiren, dass das helle 
Roth überall einer mehr bläulichen Färbung wich; an der 
Aussenseite des rechten Schenkels waren da und dort einige 
gelbliche Flecke ersichtlich; Schwellung des Ellbogengelenkes 
ziemlich zurückgegangen, Beweglichkeit in demselben wieder frei, 
Schmerzhaftigkeit verschwunden. Die Untersuchung des Urines 
ergab eine geringe Menge Eiweiss. Tags darauf befand sich 
Patientin bedeutend wohler; die Infiltrate am Ellbogen waren 
ganz zurückgegangen und auch die übrigen waren bedeutend 
blasser und theilweise zurückgebildet. - Nachtraglich bemerkte 
Patientin, dass sie vor 5 Jahren nach der Geburt ähnliche In- 


Naturw.-med. Verein 1887/88. 4 


Ade See 


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filtrate gehabt habe. Am 29./III. klagte Patientin über Schmer- 
zen in der linken Nierengegend und gibt an, wenig Urin zu 
lassen; Urin getrübt, sauer, sehr viel Eiweiss enthaltend; im 
Sedimente Blutkörperchen, Epithelien und verschieden breite und 
lange gewundene Cylinder. Infiltrate grösstentheils zurückge- 
gangen. Decoct Sassap. wurde weggelassen und an seiner Stelle 
Jodeisenpillen verabreicht !), von welchen Patientin während ihres 
weiteren Spitalaufenthaltes im Ganzen 130 Stücke consumirte. 
Die Urinmenge in den nächsten 24 Stunden betrug 565 cubem, 
Die Schmerzen hatten nachgelassen, der Eiweissgehalt im Urin 
weniger bedeutend, Temperatur (früher 39° und darüber) nie- 
driger. Die Harnmengen (von je 24 Stunden) wurden nun 
jeden Tag gemessen und man konnte dabei eine allmählige Zu- 
nahme derselben constatiren; Hand in Hand mit Zunahme der 
Urinmengen konnte eine Abnahme des Albumingehaltes im Harn, 
sowie eine stetige Verringerung des Sedimentes constatirt werden. 
Einstweilen giengen auch die Ulcerationen an den Tonsillen der 
Vernarbung entgegen, die am Körper zerstreuten Infiltrate bil 
deten sich sämmtlich zurück, so dass am 5./[V. als Ueberbleibsel 
der letzteren nur mehr da und dort kleine, bläulich-grünlich 
verfärbte Stellen bestanden, Mit der Rückbildung der Nieren- 
affection und der Infiltrate besserte sich auch das subjective Ge- 
fühl der Patientin. Am längsten konnten die Blutkörperchen 
im Harnsedimente nachgewiesen werden; diese waren noch auf- 
findbar, als sämmtliche übrigen Symptome von Seite der Nieren 
geschwunden waren (zum letztenmal am 12./IV.); als auch dieser 
Nachweis der Nierenaffection im Harnsedimente fehlte (am 20./IV.), 
wurde Patientin am 23./IV. entlassen, 


5. Spondylitis. — Ulcera gummosa ad brach. 
dextr. — Gumma ad tub. frontis dextr. 


Sch. Kr., 7 Jahre alt, Conducteurstochter, aufgenommen 
am 12./V. 85. Anamnestisch ist folgendes zu erfahren: Die 
Mutter des Kindes war angeblich stets gesund 2); der Vater, 
welchen zu untersuchen wir nicht Gelegenheit hatten, war bis 
zum 15. Lebensjahr kränklich, seit dieser Zeit jedoch voll- 


1) (Ferri pulv. 2.0, Jodi 4.0, Sacch. 3.50, Pulv. rad. liquir 7.0, 
Aq. dest. 2.50 m. f. 1. a. pill. N. 100. 

2) Die Untersuchung derselben ergibt: Die linke Tonsille zerstört, 
an ihrer Stelle Narbengewebe; am linken Unterschenkel und Fuss je 
ein Närbcehen; rechts am Introitus vaginae eine strahlige Narbe, 


= 


kommen gesund. Die Mutter gebar 6 Kinder, yon denen unsere 
Patientin das zweitgeborne ist. Von den übrigen starben das 
3. und 4. im Alter von 13 und 4 Monaten an , Zahngichtern $, 
das letztgeborne mit 2 Tagen an , Wassersucht“. Die übrigen 
2 Kinder angeblich ganz gesund, Unsere Patientin sei bis zu 
ihrem 8. Lebensmonate gesund gewesen; in diesem Alter wurde 
sie geimpft an beiden Armen; mit Erfolg jedoch nur am linken, 
wo auch thatsächlich 3 Narben zu sehen sind, und seit dieser 
Zeit datirt nach Angabe der Mutter die Krankheit. Der rechte 
Arm schwoll bald darauf an und nach einigen Monaten traten 
Abscesse auf, bald da, bald dort an dem Arme. Aus einzelnen 
von diesen Abscessen entleerten sich yon Zeit zu Zeit Knochen- 
stückehen, zum letztenmal vor 3 Monaten. Seit einem halben 
Jahr bemerkte die Mutter eine kyphotische Verkrümmung des 
Rückgrates und vor 3 Monaten entstand an der Spitze der 
Kyphose ein Geschwür und mehrere andere am Rücken. 
Status. Patientin in der Entwicklung ungemein zurück- 
geblieben, blass, anamisch, abgemagert. Im mittleren Drittel 
des rechten Vorderarmes radialwärts befindet sich ein etwa 
1!/, cm. langes und 1 cm, breites, mit scharfen Rändern und 
uneben höckerigem, etwas eiterig belegtem Grunde versehenes 
Geschwür ; ein dasselbe in der Breite von etwa 2 cm. umgebender 
Hautrand erscheint in scharfer Begrenzung blauroth verfärbt, 
von der Unterlage abgehoben, verschiebbar, teigig weich und 
lässt auf Fingerdruck überall dünnen, grünlichen Eiter hervor- 
quellen. Genau in der Ellbogenbeuge befindet sich ein linsen- 
grosses, mit unterminirten Rändern versehenes Geschwür, dessen 
Umgebung nach oben und aussen narbig verändert erscheint; 
etwa 2 cm. nach unten von diesem an der Beugeseite des Vor- 
derarmes befindet sich eine ca. bohnengrosse Ulceration von ähn- 
licher Beschaffenheit, und einen ebenso gearteten Substanzver- 
lust weist die Haut oberhalb des Condyl. extern. am rechten 
Oberarme auf; 1/, cm. von demselben entfernt befindet sich eine 
Perforationsöffnung, durch welche gleichfalls Eiter hervordrückbar 
ist. Ausserhalb des erwähnten bläulichen Saumes ist die Um- 
gebung sämmtlicher Geschwüre geschwollen, verdickt, an ein- 
zelnen Stellen derb anzufühlen, wobei die derben Parthien stellen- 
weise in die Umgebung in Form von Fortsätzen ausstrahlen, an 
anderen Orten sind diese Schwellungen teigig weich; insbeson- 
dere das erst genannte Geschwür ist von einer teigig weichen 
Infiltration in grossem Umfang umgeben, welche direct mit peri- 
ostaler Schwellung des Radius zusammenzuhängen scheint. Dem- 
gemäss erscheint auch die ganze Extremität von der unteren 


Aw. 


ce Rica! 


sist aD. eee 


Hälfte des Oberarmes bis zum Handgelenk entsprechend der 
Radialseite gegenüber dem linken Arm verdickt, ohne dass dabei 
eine auffällige Farbenveränderung der Haut zu bemerken wäre. 
Beugung im Ellbogengelenk überschreitet nur um ein geringes 
den rechten Winkel, Streckung ist ungefähr bis zu einem Winkel 
von 120° möglich. Supination wird nur im Schultergelenke 
ausgeführt, Druck der rechten Hand ist nicht ausgiebiger als 
der linken, obwohl auch diese sehr abgemagert ist. Bis zum 
8. Brustwirbel lassen sich die Dornfortsätze deutlich durchtasten, 
von da angefangen sind dieselben in einer teigig weichen, theils 
von normaler, theils gerötheter Haut bedeckten Geschwulst ver- 
graben und nur hie und da kann man einen Dornfortsatz durch- 
fühlen. Von der genannten Stelle bis zum 1. oder 2. Lendenwirbel 
ist die Wirbelsäule kyphotisch und leicht scoliotisch verbogen, 
mit der Convexität nach links. Vom 2. Lendenwirbel an sind 
die Dornfortsätze wieder deutlich durchtastbar, Unterhalb der 
am meisten vorragenden Spitze des Gibbus ist die Haut an einer 
thalergrossen Stelle ulcerös durchbrochen, jedoch ist entsprechend 
der Mitte und etwas nach links eine bis 11, cm. breite, von 
oben nach unten verlaufende Hautbrücke erhalten, welche, sowie 
auch die unterminirten Ränder des Geschwüres, bläulichroth ver- 
färbt ist. Gegen diese Hautbrücke hin vertieft sich beiderseits 
das Geschwür ganz bedeutend, dessen blasser Grund sich fort- 
während mit Eiter füllt. Unmittelbar unter diesen Geschwiiren 
sind blasse, halbmondförmige zarte Narben, denen der serpigi- 
nöse Charakter an einzelnen Stellen sehr deutlich aufgeprägt ist; 
die Umgebung derselben ist pigmentirt, zum Theil blauroth ver- 
färbt. Diese Narben befinden sich etwas nach links von der 
Medianlinie, während in der Medianlinie selbst in gleicher Höhe 
noch ein mit einer Borke bedecktes bohnengrosses Geschwür sich 
vorfindet. Unterhalb dem linken Darmbeinknechen und nach 
rückwärts von der Spina ant. sup. finden sich ebenfalls einige 
glatte Narben, die aber noch bläulich verfärbt erscheinen; die 
Gegend entsprechend der Symph. saer. iliac. sin. ist gleichfalls 
von mehreren bis über linsengrossen Ulcerationen durchsetzt, von 
denen einzelne in der Nachbarschaft narbenartig veränderte Haut 
aufweisen; die Umgebung derselben ist in mehr weniger grossem 
Umfang bläulichroth verfärbt und gegen das Gesunde scharf 
abgegrenzt. Entsprechend den Geschwüren erscheint die Sacral- 
gegend infiltrirt und geschwollen. Der Gibbus verändert die 
Stellung kaum beim Geben, Stehen und Liegen. Patientin zeigt 
abendliche Temperaturserhöhungen (38—39°), 

Die Therapie -bestand anfänglich in Verband mit grauer 


RE. 


Salbe, Bädern mit Zusatz von Halleiner Muttersalz und innerlich 
1/, Gramm Jodkali pro die, Statt des Jodkali wurde im spä- 
teren Verlaufe einigemale Calomel gereicht, wovon jedoch nach 
kürzerer oder längerer Zeit wegen Salivation Abstand genommen 
und an seine Stelle wieder Jodkali (!/,—', Gramm pro die) 
und dann Decoct Radic. Sassap. (10.0 : 200.0) verabreicht wurde. 
Desgleichen wurde im weiteren Verlaufe der graue Salbenver- 
band durch Jodkaliverband, Sublimatverband oder durch Verband 
mit Jodoformgaze und Hydrarg.-Oxydulgaze ersetzt. Am 18./V. 
war am rechten Stirnhöcker eine weiche, halbkugelig 
sich verwölbende, fast fluctuirende Geschwulst nachweisbar, 
deren wallartige Ränder sich knochenhart anfühlten. Im Laufe 
der Wochen bildete sich dieselbe nach Bepinselung mit Jod- 
tinetur zurück, während der Knochenwall bestehen blieb, so dass 
durch den letzteren nunmehr scheinbar eine Vertiefung um- 
schlossen wurde. Auch die Geschwüre am rechten Arme und 
an der Wirbelsäule entsprechend der Kyphose giengen unter 
dieser Behandlung einer stetig fortschreitenden Heilung entgegen, 
so dass von ersteren am 20./X. nur mehr ein Rest des vorder- 
sten vorhanden war, während alle übrigen bereits vernarbt 
waren. Am 24,X. wurde ein etwa eigrosser Abscess, der sich 
in der-Gegend der spin. sup. post. sin. gebildet hatte, incidirt; 
eine Drainageröhre, in die Abscesshöhle eingeführt, nahm die 
Richtung gegen die Kyphose. An der letzterwähnten Ulcera- 
tionsstelle fand stets eine reichliche Eitersecretion statt; am 20./XII. 
war ein Fluctuationsherd am os ilei sin. entstanden (Eitersen- 
kung). Am 12/I. 86 wurde ein etwa 1!/, cm. langes Knochen- 
stückchen rechts von der kyphotischen Stelle entfernt, von wel- 
chem jedoch nicht mit Sicherheit zu entscheiden war, ob es 
einem Wirbelbogen oder einer Rippe angehörte. Die abend- 
lichen Fieberbewegungen nahmen allmählig an Intensität und 
Häufigkeit zu und unter stetig fortschreitendem Kräfteverfall in 
Folge der schweren Eiterungsprocesse, Fieber und Appetitlosigkeit, 
starb die Patientin unter den Erscheinungen hochgradiger Anämie 
und Marasmus am 23./IV. 86. Die Obduction ergab folgenden 
Befund : Caries des 9.—12. Brustwirbels und des rechten Stirn- 
beines; beiderseitiger Psoas-Abscess, Anämia universalis. 


6. Syphilis und Gelenksrheumatismus. 


Die im Bericht des Solarjahres 1885 unter Nr. 6 erwälınte 
P. J., 24 Jahre alt, gelangte am 20. Jänner 86 abermals bei 
uns zur Aufnahme mit folgenden Status. Am linken grossen 


DT 


Labium sitzen 2 nässende Papeln. An Stelle der Selerose an 
der Port. vag. befindet sich eine rosenroth durchschimmernde, 
scharf begrenzte, mit zartem Epithel bedeckte Infiltration. Die 
Therapie bestand in Localapplication von Empl. hydrarg. und 
Einlegung von Globulis aus ung. ciner. in die Vagina; später 
wurde die Port. vag. noch mit 1%, aeth. Sublimatlösung be- 
pinselt, Ferner erhielt Patientin Injectionen von grauem Oel, 
welche jedoch, nachdem 0.60 cubcm. injieirt worden war, wegen 
Zahnschmerzen und Speichelfluss wegbleiben mussten. Nachdem 
Jedoch nach Anwendung einer entsprechenden Behandlung diese 
Mundaffeetion gewichen war und mittlerweile sich auch die 
Papeln zurückgebildet hatten, erhielt Patientin im ferneren Ver- 
laufe noch weitere 24 Theilstriche — 2.40 cubem. Ol. einer. in 
Form von Injectionen, was abermals eine Stomatitis veranlasste. 
Am 6./IV. klagte Patientin über Schmerzen im rechten Hand- 
gelenke und die objective Untersuchung ergab thatsächlich eine 
Anschwellung dieses Gelenkes; dabei zeigte Patientin abendliche 
Temperaturerhöhung: 38.6. Am nächsten Morgen war Patientin 
fieberfrei, klagte aber uun auch über Schmerzen im linken Hüft- 
gelenk. Es wurden nun grosse Dosen Natr. salieyl verabreicht 
(bis zu 8 Gramm), Am 9./IV. waren die Schmerzen verschwun- 
den; nichtsdestoweniger erhielt Patient noch an diesem und an 
den folgenden Tagen grössere Gaben von Natr. salieyl. bis zum 
14./IV. Patientin stand noch bis zum 29./V. wegen ihrer sy- 
philitischen Affectionen in Spitalsbehandlung; doch traten in 
dieser Zeit keinerlei Erscheinungen von Seite der Gelenke mehr 
zu Tage. 


7. Syphilis und Gelenksrheumatismus. 


J. J., 39 Jahre alt, Schneider, stand vom 10./XIL. 85 bis 
19./I. 86 auf der hiesigen Augenklinik wegen Iritis specifica in 
Behandlung; ausser der localen Therapie, bestehend in Atropin- 
Einträufelungen, erhielt Patient dortselbst 9 Inunctionen a 1 Gr. 
Ung. ein. und Hydrarg.-Pillen (8 Stücke. Am 19./I. wurde 
er auf unsere Abtheilung transferirt. Sämmtliche Erscheinungen 
waren zurückgegangen; nur noch an der inneren Fläche des 
unteren Drittels beider Tibien bestand Auftreibung des Knochens 
und etwas Schmerzhaftigkeit bei Percussion. Es wurde beider- 
seits in den Unterschenkel 0.05 cubem, eines 20%, Ol. einer. 
injieirt, und da Patient am 25./I. über Schmerzen in der Gegend 
des Mal. int. dextr. klagte, ohne dass dabei objectiv etwas 
nachweisbar gewesen wäre, wurde daselbst Unguent. ciner, ein- 
gerieben. Ausserdem erhielt Patient innerlich: Hydrarg tannic. 


ear tas 


ran, 


oxyd. 1.0, Ferr. lact., Sacch, lact. aa. 2.0 m. f. p. div. in 
dos. X., wovon er im Ganzen 14 Pulver consumirte. Am 27./I. 
klagte Patient über Schmerzen in den oberen Extremitäten, 
Druck auf beide Trochanteren war schmerzhaft, ebenso auf die 
Dornfortsätze vom 2. Lendenwirbel abwärts; dabei fieberte Pa- 
tient (39.2°). Es wurden 0.20 cubem. eines 20%, Ol. einer. 
in den Rücken injicirt. Am nächsten Tage hatten die Schmer- 
zen an der Lendenwirbelsäule nachgelassen; dagegen waren die 
Trochanterengegenden, namentlich die rechte, noch druckempfind- 
lich, wobei der Schmerz als gegen das Becken hin ausstrahlend 
bezeichnet wurde. Fieber bestand auch an diesem Tage (39.4) 
und hielt bis zum 1./II. an. Am 29./I. zeigte die Haut am 
linken Rippenbogen in Form eines Streifens eine zinnoberrothe 
Färbung. Am nächsten Tage war diese Färbung verschwunden, 
dafür aber war eine ganz gleiche Erscheinung entsprechend dem 
Verlaufe der III. rechten Rippe aufgetreten, welche jedoch gleich- 
falls am nächsten Tage verschwunden war. Die Schmerzhaftig- 
keit an der rechten Trochantergegend war beinahe ganz ver- 
schwunden, dagegen klagte Patient über reissende Schmerzen am 
linken Arm und besonders wurde Druck auf das Metacarpo- 
phalangeal-Gelenk des linken Daumens schmerzhaft empfunden. 
Die Schmerzen bestanden auch am nächsten Tage in gesteigertem 
Masse, dabei war die Haut über dem Metacarpo-phalangeal- 
Gelenk des linken Daumens, sowie über dem linksseitigen Carpo- 
radial-Gelenk etwas geröthet; es wurden nun die Quecksilber- 
Pulver weggelassen und dafür grosse Dosen Natr. salieyl. ge- 
reicht; schon am folgenden Tage war das Fieber geschwunden, 
die Schmerzen hatten bedeutend nachgelassen; Patient nahm 
auch noch an diesem und am folgenden Tage je 6 Gr. Natr. 
salicyl., wobei die Schmerzhaftigkeit endgiltig schwand. Aber 
schon während der letzten Tage hatte sich neuerdings Iritis 
specifica eingestellt, weshalb Patient auf die Augenklinik trans- 
ferirt wurde. 


8. Urethritis und linksseitige Kniegelenks- 
entzündung. 


Der Fall betraf den am 12./X. 86 aufgenommenen Hand- 
lungsreisenden W. L. Derselbe litt bereits vor 6 Jahren einmal 
an Urethritis. Ende Juni d. J. acquirte er abermals eine solche. 
Ungefähr 8 Tage lang gebrauchte er Urethralinjectionen mit 
1%, Zink. sulf, Carb.-Lösung, worauf sich der Zustand etwas 
besserte. Patient gieng nun wieder seiner Beschäftigung nach 
und nach ungefähr 10 Tagen hatte sich das Uebel wieder be- 


oe: BB - jee 


trächtlich verschlimmert. Nichtsdestoweniger wendete er keinerlei 
Therapie mehr an und liess der Sache ihren Lauf. Vor etwa 
10 Tagen bemerkte er ziehende Schmerzen am linken Knie- 
gelenk und nach etwa 3—4 Tagen trat daselbst eine Schwel- 
lung auf, welche jedoch den Patientin nicht abhielt, ausgiebige 
Fusstouren zu machen, so dass dieselbe seit etwa 4 Tagen bis 
zu ihrer gegenwärtigen Grösse anwuchs. 

Status am 12./X. Patient ziemlich gross, mässig ge- 
nährt. Aus der Urethra entleert sich bei Druck, welcher ziem- 
lich schmerzhaft empfunden wird, eine mässige Menge schleimig- 
eitrigen Secretes. Auch die zweite Hälfte des zweitheilig gelas- 
senen Urins ist trüb, etwas eitriges Sediment enthaltend, doch 
sauer. Die linke Kniegelenksgegend, besonders entsprechend der 
Gegend nach oben und innen von der Patella, beträchtlich ge- 
schwollen, so dass der normaler Weise nach innen und aussen 
von der Patella bestehende Sulcus ganz verschwunden und an Stelle 
des inneren ein länglicher, ziemlich breiter Wulst getreten ist, 
der deutliche Fluctuation darbietet. Beim Betasten ist das Ge- 
lenk fast gar nicht schmerzhaft; das rechte Kniegelenk bietet 
normale Verhältnisse. Patient litt nie an Gelenksrheumatismus, 
ist fieberlos; Herztöne rein. | 

Therapie. Täglich 2malige, späterhin 3malige Injection 
von 1%, wässriger Zink. sulf. Carb.-Lösung in die Urethra. 
Ausserdem erhielt Patient einige Injectionen von Yo — ho % 
Zink. sulf. Carb.-Lösung in die Blase, an welchen Tagen die 
Urethral-Injectionen ausfielen. Statt der Zinklösung wurde vom 
23.)X. an Kali hypermang. (0.05 : 150.0) in die Urethra täg- 
lich 2mal injicirt. Unter dieser Behandlung wurde der Urin 
allmählig fast ganz rein und ebenso verschwand die Secretion 
aus der Urethra bis auf einen kleinen Rest. Einmal, am 29./X. 
verursachte die Blaseninjection allerdings ein Urethralfieber bis 
zu 39.80, das aber bereits am nächsten Tage verschwunden 
war. Am linken Bein wurde am 14./X. nach Aufpinselung von 
Jodtinetur ein Gypsverband angelegt; ausserdem erhielt Patient 
innerlich einige Dosen Natr. salicyl. Am 20./X. Konnte nach 
Entfernung des Verbandeseine bedeutende Abnahme der Schwellung 
constatirt werden. Es wurde abermals einGypsverband, der Geschwulst 
entsprechend mit einem Fenster versehen, angelegt. Am nächsten 
Tage wurden in das ausgeschnittene Fenster zwei grosse, in warmem 
Wasser aufgeweichte und gut ausgepresste Badeschwämme kräf- 
tig aufgebunden, um durch Compression die weitere Resorption 
des Exsudates zu beschleunigen. Am 27./X. wurde der Druck- 
verband abgenommen. Die Schwellung war nun beträchtlich 


een. 


geschwunden, aber immerhin noch etwas Exsudat nachweisbar. 
Derselbe Druckyerband wurde am folgenden Tage noch einmal 
angelegt; diesmal konnte jedoch Patient den intensiven Druck 
auf das nun viel weniger Flüssigkeit enthaltende Gelenk wegen 
grosser Schmerzhaftigkeit nicht mehr vertragen und der Verband 
musste schon am nächsten Tage durch einen leichten Druckver- 
band mittels Watta ersetzt werden. Unter diesem trat eine 
weitere Resorption des Exsudates bis auf einen ganz geringen 
Rest ein, und mit einer Kniekappe versehen konnte Patient am 
16./XI, das Spital verlassen. 


9. Urethritis acuta; rechtseitige Ellbogen- und 
Hüftgelenksentzündung. 


J. G., aufgenommen am 13./X. 86, 23jähriger Schneider, 
gibt an, vor 8 Tagen den letzten Coitus vollführt zu haben. 
4 Tage später bemerkte er Brennen beim Uriniren, welches sich 
am nächsten Tage unter Eintritt einer eiterigen Secretion aus 
der Harnröhre beträchtlich steigerte. Therapie wurde bisher 
keinerlei angewendet. Vor 2 Jahren litt er an „hartem Schan- 
ker“, in dessen Gefolge auch ein Ausschlag am ganzen Körper 
und „Feuchtwarzen“ am Anus sich einstellten. Er befand sich 
damals während 2 Monate im Garnisonsspitale zu Rovereto. 

Status am 13./X. Patient klein, kräftig gebaut, ziem- 
lich gut genährt; an der allgemeinen Decke und den sichtbaren 
Schleimhäuten nichts Abnormes. Inguinaldrüsen beiderseits leicht 
angeschwollen, bei Druck etwas empfindlich, besonders rechts. 
An der Corona glandis, links von der Mitte, ein übernarbter Sub- 
stanzverlust. Die Urethra bei Druck in der ganzen Länge em- 
pfindlich; aus derselben ergiest sich in reichlicher Menge dicker, 
rahmiger, etwas blutig tingirter Eiter. — Therapie: Die Urethritis 
wurde mit Urethral-Injectionen von Zink. sulf. carb.-Lösungen und 
später mit Injectionen von Kali hypermang, (0.05 : 100.0) be- 
handelt. Ausserdem wurde Puly. Cubeb. rec. tus. zu innerlichem 
Gebrauche gereicht. Von letzterem Präparat erhielt Patient am 
ersten Tage 3 Pulver & 2 Gramm und jeden folgenden Tag 
wurden die Pulver um je ein Gramm stärker verabreicht bis 
zu 24 Gramm pro die; dann in absteigender Dosis in derselben 
Weise. Unter dieser Behandlung verschwand endlich die Se- 
eretion im Verlaufe einiger Wochen. Mittlerweile hatten sich 
aber am 9./XI. ziehende, herumfahrende Schmerzen im linken 
Kniegelenk und in verschiedenen Muskelparthien eingestellt. Am 
11./XI. war am rechten Ellbogengelenk eine mässige Schwellung 
und Druckempfindlichkeit zu constatiren; Abends Fieber (38.1); 

* 


Br 


Herztöne rein. Patient wurde nun angewiesen, den Arm in der 
Schlinge zu tragen und erhielt innerlich grosse Dosen Natr. 
salieyl. (6—7 Gramm). Das geschwellte Gelenk wurde jodirt. 
Die abendlichen Fieberbewegungen (bis zu 38.5) dauerten bis 
14./XI. Am nächsten Tage war eine geringe Abnahme der 
Schwellung am Ellbogengelenk zu bemerken; dabei war aber 
die Beweglichkeit des Gelenkes wegen Schmerzhaftigkeit sehr 
beschränkt. Da Patient auch über Ohrensausen klagte, wurde 
das Natr. salicyl. weggelassen. In den nächsten Tagen gieng 
aber sowohl die Schmerzhaftigkeit wie die Schwellung des Ge- 
lenkes bedeutend zurück, so dass am 19./XI, die Gelenkscon- 
touren wieder deutlich hervortraten, Nur noch eine ganz um- 
schriebene Stelle nach innen vom Cond. ext. war bei Druck be- 
deutend empfindlich, sonst die Schmerzhaftigkeit fast ganz 
geschwunden; Streckung war nun bis zu einem Winkel von 
150—160°, Beugung bis zu einem Winkel von etwa 20° 
möglich; beide Bewegungsexcursionen nahmen aber in den 
nächsten Tagen an Ausdehnung allmählig zu. Am 26./XI. klagte 
Patient über Schmerzen in dem obersten Antheil der Innenfläche 
des rechten Oberschenkels, namentlich bei Bewegungen im Hüft- 
gelenk. Bei passiver Beugung des Schenkels wird das Becken 
mitbewegt. Patient erhielt nun täglich 3 Gramm Natr, salicyl. 
Die Schmerzen verschwanden im Verlauf von 8 Tagen, und da 
mittlerweile der linke Arm seine freie Beweglichkeit wieder er- 
langt hatte, konnte Patient am 3./XII. das Spital geheilt ver- 


lassen. 
10. Hodenschwellung in Folge von Onanie. 
(Sperma-Anschoppung). 


K. A. 17 Jahre alt, Pädagoge, aufgenommen am 17./XH. 
1886, gibt an, seit einiger Zeit dem Laster der Onanie zu 
huldigen. Bisweilen sei es dabei zur Ergiessung einer weisslichen, 
schleimigen Flüssigkeit gekommen; das letztemal war dies vor 
14 oder 15 Tagen der Fall. Vor einigen Tagen habe er ohne 
bekannte Veranlassung plötzlich Schmerzen im linken Hoden 
empfunden, welche unter Grössezunahme des Hodens sich von 
Tag zu Tag steigerten. Urethritis, sowie auch jegliche sonstige 
Genitalerkrankung wird in Abrede gestellt. 

Status am 17./XII. Patient klein, schwächlich gebaut, 
mässig genährt. Die linke Scrotalhalfte vergrössert, bedingt 
durch eine etwa apfelgrosse Anschwellung, welche mehr den 
Hoden als den Nebenhoden betrifft uni gegen den leisesten 
Druck sehr empfindlich ist; ebenso wird Druck der unteren 


ia eee 


Parthien des Abdomens schmerzhaft empfunden, wahrend der 
Samenstrang gar nicht druckempfindlich ist. Sonst ist am Ge- 
nitale nichts Abnormes, Urin vollständig klar, keine Tripperfäden. 

Therapie. Am 18./XII. wurden 0.06 Cubcm. Ol. ciner. 
auf zwei Stellen vertheilt subcutan injieirt, ausserdem ein Sus- 
pensorium mit Watta angelegt. Schon am nächsten Tage war 
Schmerzhaftigkeit und Geschwulst bedeutend geringer, um in 
den nächsten Tagen ganz zu verschwinden. 


11. Lepra. 


Patient, der 36jährige Schmied D. F., stand schon iin 
Jahre 1885 vom 5./.—16./IIl. bei uns in Behandlung. Der 
Fall wurde in den Wiener med. Blättern 1885 veröffentlicht. 
Am 13./Ill. 86 gelangte Patient abermals auf unserer Klinik 
zur Aufnahme. Nun sind linker Daumen- und Kleinfingerballen 
noch mehr atrophisch als bei der ersten Aufnahme; an dem 
Stumpf des Zeigefingers hat sich nichts geändert. Das I. Inter- 
phalangealgelenk des Mittelfingers schlottert ein wenig, die 
II. Phalanx ist etwa nur zur Hälfte vorhanden, das Nagelglied 
fehlt gänzlich, wenn nicht etwa ein kleiner Rest desselben der 
II. Phalanx aufsitzt; vom Nagel ist keine Spur vorhanden. 
Gold- und Ringfinger dieser Hand sind intact, wenngleich die 
Volarsehne verkürzt erscheint und eine vollständige Streckung 
dieser beiden Finger unmöglich macht. Rechterseits ist gleich- 
falls die Atrophie des Daumens etwas weiter vorgeschritten ; 
das Nagelglied des Zeigefingers ist verkürzt, dem Nagelbett ent- 
sprechend narbig verändert und an einer linsengrossen Stelle ein- 
getrocknet, verschorft. Der Mittelfinger ist im Ganzen verkürzt; 
die Verkürzung scheint auf Kosten der dem II. Interphalangeal- 
gelenk anstossenden Knochen entstanden zu sein; die Volarseite 
der II. Phalanx ist gleichfalls wie mit einem starren, ziemlich 
tief greifenden Schorfe bedeckt, die Volarsehne verkürzt. An 
der Ulnarseite des II. Interphalangealgelenkes des Mittelfingers 
befindet sich eine Narbe, welche mit der oben erwähnten Ver- 
schorfung zusammenhängt. Das Nagelglied des Ringfingers ver- 
kürzt, der Pulpa entsprechend eine Narbe; daselbst dürfte das 
Knochenstück abgestossen worden sein. Von der Hohlhand zieht 
sich bis zum I. Interphalangealgelenk des Ringfingers eine Narbe, 
welche nach Angabe des Patienten die Stelle bezeichnet, wo vor 
einigen Wochen im Spitale zu Schwaz ein Stück Sehne sich 
abgestossen habe; der Finger kann nicht gestreckt werden. 
Der kleine Finger zeigt dem Nagelgliede und der II. Phalanx 
entsprechend trockene Verschorfung; vom Nagelglied ist nur ein 


EN en 


kurzes Stück mit verbildetem Nagelstumpfe vorhanden. Wird 
der Ulnarnery an der inneren Seite des Olecranon links gedrückt, 
so hat Patient ganz unbestimmte, jedoch keine schmerzhafte 
Empfindung am Vorderarm; rechterseits ist der Druck empfind- 
lich, jedoch nur bis zur Hälfte des Vorderarmes. Leise Berührung 
wird bis gegen die Mitte beider Vorderarme nicht empfunden, 
aber auch stärkere Berührung wird um so weniger empfunden, 
je näher man gegen die Finger kommt. Gegen die Oberarme 
nimmt die Empfindungsfähigkeit etwas zu, jedoch wird unrichtig 
localisirt, und zwar links schlechter als rechts. Stirne, Wange, 
Thorax, Rücken zeigen ziemlich gute Empfindungs- und Locali- 
sationsfahigkeit. Beim Schliessen der Augen findet man, dass 
der Bulbus beiderseits bedeckt erscheint, wenngleich die Lider 
in fortwährender Zuckung sich befinden, was einen Fortschritt 
gegen früher documentirt. An den unteren Extremitäten wird 
ziemlich gut empfunden, doch vielfach unrichtig localisirt. An 
der linken Hand, entsprechend der Dorsalseite des Carpo-meta- 
carpalgelenkes des Zeigefingers kann man eine Nadel tief ein- 
stechen, ohne dass Patient davon irgend welche Empfindung hat. 
— Therapie: Die geschwürigen Stellen, welche nach Abstossung 
der Borken und Schorfe zu Tage traten, wurden mit Jodo- 
formgaze verbunden, und nachdem dieselben fast gänzlich ver- 
narbt waren, verliess Patient am 22. Mai das Spital. 


12. Sarcom der Haut, 


J. A,, 48jährige Kaufmannsgattin, aufgenommen am 29./IIL, 
stand im Jahre 1880 vom 30./V.—17.)VI. wegen Seborrhoea 
capit. und Dermatomycosis versicolor auf unserer Abtheilung in 
Behandlung. Sie gibt an, bei ihrem Spitalaustritt eine weisse 
Salbe bekommen zu haben mit der Weisung, dieselbe durch 
mehrere Monate anzuwenden, was sie jedoch nicht that. Ein 
Jahr lang bemerkt» sie von ihrer damaligen Erkrankung nichts 
mehr, dann trat dieselbe wieder in gleicher Weise wie früher 
auf und blieb trotz Anwendung von verschiedenen Salben und 
Bädern bestehen. Im vergangenen Herbst bemerkte sie Jucken 
mehr weniger am ganzen Körper; die Flecken wurden dabei 
allmählig grösser und nahmen eine rothe Färbung an, bis sie 
schliesslich das gegenwärtige Aussehen und die gegenwärtige 
Grösse erreichten. In ihrer Familie und sonstigen Verwandt- 
schaft leidet niemand an einer ähnlichen Krankheit. 

Status am 29./III. 1886. Patientin mittelgross, schlecht 
genährt; schwache Musculatur, schlaffe, runzelige, abschilfernde 
Haut. Am Stamme ist die Haut mit grossen, 1 bis 5 und 6 cm. 


re 


im Durchmesser haltenden, gerötheten, wenig infiltrirten, scharf 
begrenzten Flecken eingenommen, deren freie Fläche stellenweise 
mit glänzenden, Psoriasis ähnlichen Schuppen, stellenweise wieder 
von grünlich schmutzigen, wie von vertrockuetem Eiter herrüh- 
renden Borkenlamellen bedeckt sind. Hebt man die trockenen, 
glänzenden Schuppenlamellen ab, so tritt eine zarte, geröthete 
Fläche zu Tage, die beim leisesten Kratzen leicht blutet; nach 
Abhebung der grünlichen Borkenlamellen kommt man an ein- 
zelnen Orten auf feuchte, mit Eiter belegte, lividrothe, aber 
nirgends exulcerirte Hautstellen, oder es ist die Haut gleichfalls 
geröthet, glatt und trocken; im letzteren Falle weist die untere 
Fläche der grünlichen Borkenlamelle eine ganze Menge zapfen- 
artiger Fortsätze auf. Rückwärts beginnt die Erkrankung in 
der Höhe der Spinae scap, und reicht nach unten bis zur Ge- 
gend des ersten Kreuzwirbels. Vorne nimmt sie den Anfang in 
der Höhe der zweiten Rippe und reicht links bis zur Leisten- 
beuge, rechts etwas tiefer. In der Axillarlinie links ist 
die Erkrankung intensiver als rechts; links ist die Haut in zu- 
sammenhängender Weise in der beschriebenen Art erkrankt und 
von solchen grünlichen Borken bedeckt. Unter einer solchen 
grünlichen, etwas dickeren Borke fand man die Haut in der 
Ausdehnung eines Neukreuzers sammtartig verändert, zart villös; 
von dem oberen Rande dieser Stelle breitet sich eine ähnlich 
veränderte Parthie wohl über eine grössere Fläche aus, wenn 
auch nicht so lange Villi zeigend; nach vorne und oben von 
dieser Parthie sieht man in der linken Axillarlinie, entsprechend 
der letzten falschen Rippe, ein kastaniengrosses Ulcus elevatum 
(Epithel scheint vollständig zu fehlen). Aehnliche solche villöse, 
sammtartige Zotten an der freien Fläche sind noch an anderen 
Orten zu bemerken. Am Mons Veneris rechterseits lässt die 
geröthete, eiterig belegte Hautparthie eine linsengrosse, papillom- 
artige Veränderung erkennen; andere derartig veränderte 
Stellen in der Grösse eines Stecknadelkopfes finden sich weiter 
nach Aussen vor. Viele der Plaques, die mit grünlichen Krusten 
bedeckt sind, weisen Zerklüftungen und Schrunden auf, aus 
welchen Blut hervorquillt oder die durch eingetrocknetes Blut 
markirt erscheinen. In der Mitte des rechten Oberarmes be- 
findet sich eine über thalergrosse, theils mit weissen Schuppen- 
lamellen, theils mit einer grünlichen, wie lederartigen Borke be- 
deckte Stelle. Die behaarte Kopfhaut ist mit festhaftenden 
Schuppen und Krusten in grosser Ausdehnung bedeckt. Die 
Haut der Stirne erscheint an einzelnen Stellen verdickt, desqua- 
mirend, ebenso die Gegend des rechten Augenbrauenbogens, so- 


a oe 


wie unterhalb desselben bis gegen die Mitte des oberen Lides; 
die übrige Haut des Gesichtes zeigt Abschuppung. Nach dem 
Waschen der Kopfhaut zeigte sich dieselbe grösstentheils ge- 
röthet, an einzelnen Stellen etwas nässend. Die Untersuchung 
des dem Ulcus elevatum entsprechenden Gewebes, vorgenommen 
vom Herrn Regierungsrath Prof. Dr. Schott, ergab zahlreiche, 
verschieden grosse, meist runde Zellen mit sehr zart contou- 
rirtem Protoplasma, grossen einzelnen oder häufig mehreren 
Kernen, Einfurchung des Kernes; auch einzelne mit Fortsätzen 
versehene Riesenzellen. Viele der Zellen sind reichlich mit Fett- 
molekülen bedeckt, welch letztere auch in grosser Menge im 
Safte sich vorfinden. Ausser den Zellen fanden sich auch ela- 
stische Fasern und ferner in mehreren Schnitten chlorophyll- 
hältige Algen in Gruppen (Palmella); (höchstwahrscheinlich hatte 
die Patientin Vegetabilien aufgelegt). Nach diesem Befunde 
war die Neubildung als Sarcom aufzufassen. — Patientin erhielt 
Bäder; die erkrankten Hautparthien wurden mit Empl. diachyl. 
bedeckt. Das sarcomatöse Ulcus elevatum wurde mit dem Pa- 
quelin zerstört und mil Jodoformäther bepinselt. Später wurden 
noch die der Epidermis entblössten und Eiter secernirenden Stellen 
zuerst gereinigt und dann bepinselt mit Guttaperch. 5.0, Alcoh. 
sulf. 100.0, Jodoform. 2.0. Am 10./V. wurde Patientin auf 
eigenen Wunsch gebessert entlassen, nachdem an Stelle des zer- 
störten Ulcus Narbengewebe getreten war. Nachträglich bringen 
wir in Erfahrung, dass die Frau am 28, Februar d. J. ge- 
storben ist, 
13. Liodermia rosacea. 


Im Ambulatorium erschien eine Patientin mit einer ganz 
eigenthümlichen Hautaffection, für die Prof. Lang die am Kopfe 
gegebene Bezeichnung wählte, Bei der 39 Jahre alten Kauf- 
mannsgattin T. E. entstand vor 2 Jahren ein rother Fleck in 
der Nähe des linken Auges an der Schläfe; ein Vierteljahr 
später breitete sich derselbe von hier auf die linke Wange hin 
aus, seit ungefähr einem Jahre sind ähnliche Flecken auch auf 
der rechten Wange aufgetreten. Seit 3 Monaten bildeten sich 
die gleichen Efflorescenzen unter dem rechten Auge, seit 6 Wochen 
unter dem rechten Stirnhöcker, seit 4 Wochen am rechten Ohr- 
läppchen. 14 Tage lang gebrauchte sie Bepinselungen mit einer 
nicht näher bekannten öligen Flüssigkeit. Der zuerst aufge- 
tretene rothe Fleck wurde zwar etwas blasser, dafür aber ent- 
standen neue an benachbarten Stellen. Von anderen Medica- 
menten wendete sie an: Schwefelpräparate, Collodium, Jodkali. . 
Dann kam sie auf die Klinik. Die Flecken verursachen der 


Patientin oft unerträgliches Jucken, welches besonders bei Ein- 
tritt von schlechtem Wetter sich steigert. Kratzen vermehrt 
noch das Juckgefühl, weshalb Patientin sich desselben möglichst 
enthält. Als Kind machte Patientin Schafblattern und Schar- 
lach durch, später litt sie an Bluthusten und im letzten Wochen- 
bett (vor 7 Jahren) während 3/, Jahren an Rippenfellentzün- 
dung: seit dieser Zeit fühlte sie sich nicht mehr so kräftig wie 
früher, insbesondere seit dem letztvergangenen Frühjahre habe 
ihre Schwäche bedeutend zugenommen. Ausserdem leide sie 
bisweilen an Magenbeschwerden, besonders nach dem Genusse 
von Obst; dagegen wird nervöse Reizbarkeit abgeläugnet. Eine 
hereditäre Belastung ist nach keiner Richtung hin nachweisbar; 
4 Kinder der Patientin leben und sind gesund. Zweimal (zwischen 
dem vorletzten und letzten Kinde, das 7 Jahre alt ist) hat sie 
abortirt, angeblich theils in Folge von Ueberanstrengung, theils 
Gemüthsaufregung. 

Status vom 13. August 1886: Patientin mittelgross, 
ziemlich gut genährt.e Ueber dem linken Stirnhöcker eine 
über linsengrosse, geröthete, das Niveau der Umgebung über- 
ragende Stelle; Röthung und Schwellung sind nicht scharf 
begrenzt, erstere lässt sich durch Fingerdruck nicht vermindern, 
Ueber der linken Augenbraue eine mehrere Centimeter in der 
Ausdehnung betragende Stelle derart verändert, dass die äussere 
Parthie grösstentheils weiss, fast narbenartig, die innere ein 
wenig geschwollen und geröthet erscheint; einige Gefässchen 
sind ectatisch. Auch oberhalb der rechten Augenbraue ist eine 
fingerspitzengrosse und eine fast linsengrosse Hautparthie mehr 
weniger narbenartig verändert und unterhalb dieser am be- 
haarten Theile zwei linsengrosse, mässig infiltrirte, geröthete 
Stellen; die Röthung verschwindet auf Fingerdruck. Am rechten 
Ohrläppchen, oberhalb der gestochenen Parthie, eine über linsengrosse, 
unregelmässig begrenzte Röthung und Schwellung mit ectatischen 
Gefässchen. Die rechte Wange von der Schläfe angefangen bis 
fast an die untere Grenze der reg. parot. mass. ist grossentheils 
glänzend, narbenartig verändert, etwa wie nach Lupus erythe- 
matodes. Man bemerkt ganz deutlich, dass es linsen- bis mün- 
zengrosse Einzelherde sind, die zusammengeflossen und durch 
eine wallartige Linie, besonders deutlich nach vorne hin, be- 
grenzt sind. Am Rande der nur eine Spur tiefer liegenden 
narbigen Parthien ist ein schmutzig bräunlicher Saum, wäh- 
rend an anderen Orten des Randes sich Gefassectasien befinden, 
die noch den narbig veränderten Stellen angehören. An den 
unteren Parthien des erkrankten Theiles der rechten Wange 


da 


sind theils stecknadelkopfgrosse, theils linsengrosse, bläulich weisse, 
etwas vertiefte Närbchen neben gleich grossen, bräunlichen Pla- 
ques, von denen einzelne gleichfalls erweiterte Gefässchen auf- 
weisen. Unterhalb des rechten Auges befindet sich an der 
Wange ein stecknadelkopfgrosser, brauner, einem Pigmentmal 
nicht unähnlicher — nach Angabe schon seit jeher bestehender 
— Knoten, der in unregelmässiger Weise peripher von einer 
etwas gerötheten und leicht geschwollenen, unregelmässig be- 
grenzten Hautparthie in der Ausdehnung einer Bohne umgeben 
ist; die Röthung lässt sich zum Theil wegdrücken. Im oberen 
Theil dieser letztbezeichneten Stelle sind Gefässeetasien deutlich, 
im unteren Theile jedoch nur andeutungsweise. Die linke Wange 
ist fast symmetrisch wie die rechte erkrankt, nur ist der Grad 
der Erkrankung und die Ausbreitung eine geringere. Auch be- 
kommt man den Eindruck, dass die narbenartige Veränderung 
hier das grosse Uebergewicht hat, als ob der Process daselbst 
sich nicht weiter entwickeln wollte. Auch hier sind die Narben 
lichter, gerade eine Spur unter das Niveau der gesunden Um- 
gebung eingesunken, da und dort von einem erweiterten Ge- 
fässchen durchsetzt. Die Grenze der Narbchen erscheint scharf, 
ihre Ränder gegen die nicht narbige Haut hin schmutzig bräun- 
lich veıfärbt, die Farbe stellenweise verwaschen. Seit den 
letzten Tagen befindet sich eine flache, stecknadelkopfgrosse, 
ganz rothe, von ausgedehnten Gefässchen durchsetzte und leicht 
geschwollene Stelle auch unterhalb des linken Auges. Die 
Röthung fast ganz verwischbar, die Begrenzung undeutlich und 
insbesondere durch Gefässreiserchen und erweiterte Gefässchen ver- 
wischt. Manche dieser geschwollenen Parthien, die solche erwei- 
terte Gefässchen aufweisen, erinnern ganz an Acne rosacea. Unter- 
halb des rechten Schulterblattes am Rücken eine Gruppe von 
theils pigmentirten, theils blauroth gefärbten, verdickten Stellen 
von Erbsengrösse und darüber. Ausserdem am Rücken da und 
dort zerstreut kleine, weich anzufühlende Narben, desgleichen 
an den Armen einzelne blasse Närbehen von unbekannter Her- 
kunft. Die Untersuchung des Genitales und seiner Umgebung, 
sowie der Mundhöhle bietet nichts Abnormes, — Die Therapie 
bestand anfänglich, 13./VIIL, in Einreibungen mit Ung. ciner.; 
zugleich wurden einzelne besonders juckende Parthien mit Celloid. 
2.0, Aeth. sulf. Alcohol. an. 10.0 jeden zweiten Tag bepinselt. 
Nachdem an den mit dieser angegebenen Celloidinlösung bepin- 
selten Stellen — wie übrigens auch an den mit Ung. ciner. 
behandelten — am 22./IX. in Beziehung auf Röthung und 
Juckgefühl ein entschiedener Schritt zur Besserung zu consta- 


— 6 — 


tiren war, wurde an diesem Tage die Celloidinbehandlung auf die 
ganze rechte Wange, soweit dieselbe yon der Erkrankung be- 
fallen war, ausgedehnt. Am 24./IX. klagte Patientin, dass bei 
Bewegungen des Gesichtes, beim Kauen, Sprechen, Lachen u. s. w, 
an der rechten Wange dort, wo am 22,/IX. das Celloidin auf- 
getragen worden war, sich schmerzhafte Rhagaden in der Haut 
bildeten, weswegen nun wieder kleinere Parthien mit Celloidin- 
lösung behandelt wurden. 27./IX. Die mit Celloidinlösung be- 
pinselte Umgebung des braunen Knotens an der rechten Wange 
ist weniger infiltrirt und nur durch die Röthung, welche aber 
auch nicht mehr so intensiv ist, noch in die Augen springend. 
Der an der Stirne befindliche Knoten ist gleichfalls ganz zurück- 
gegangen und bedeutend abgeblasst. 8./X. Ueber dem linken 
Jochbogen hat sich unter der Empfindung von Jucken ein etwa 
stecknadelkopfgrosser, etwas elevirter, gerötheter Knoten in der 
Haut gebildet, zu welchem radienförmig angeordnete, erweiterte 
Gefässchen hinziehen. Das Infiltrat an der rechten Wange ist 
noch beträchtlich blässer geworden und durch das Getaste kaum 
mehr nachweisbar; der Knoten am linken Stirnhöcker ist nun 
vollkommen abgeblasst, Auch der über dem linken Jochbogen 
neu entstandene Knoten wird mit Celloidinlösung bestrichen. 
11./X. An dem Knoten über dem linken Jochbogen ist keine 
Infiltration mehr zu fühlen, nur die erweiterten Gefässchen sind 
noch vorhanden. 14,/XI. An der rechten Wange ist theilweise 
noch immer Elevation über das umgebende Niyeau zu constatiren; 
andererseits ist daselbst bereits eine weitere Umwandlung wie 
in zartes Narbengewebe zu bemerken. Desgleichen ist der 
Knoten am linken Stirnhöcker und der über dem linken Auge 
am Augenbrauenbogen ganz abgeblasst; an letzterer Stelle ist 
am äusseren Rande eine narbenartige Veränderung ersichtlich, 
am inneren Rande gegen die Nase hin sind zarte Gefässerwei- 
terungen sichtbar. 8,/XII. An den hinteren Parthien der Wange, 
wie auch an der Stirne bildet sich Alles zurück ; an der rechten 
Wange hat sich jedoch ein neues Knötchen mit Gefässectasien 
gebildet. Am 1,/IlI. 87 stellt sich Patientin nach langer Unter- 
brechung wieder vor. Die Bepinselungen mit der Celloidinlösung 
gebrauchte sie bis gegen die Mitte des Monates Jänner. Auf 
der linken Wange vom Jochbogen bis gegen den Unterkiefer- 
winkel und nach rückwärts bis zum Tragus erscheinen die ur- 
sprünglich erkrankten Stellen schmutzig bräunlich und anstatt 
der narbenartigen Veränderungen von früher nur da und dort 
blasse, lichter gefärbte Parthien, an manchen Orten ein ecta- 
gisches Gefässreiserchen aufweisend, An der rechten Wange ist 


Naturw.-med. Verein 1887/88. 5 


he oe 


das narbenartige Aussehen noch deutlich und die bräunliche 
Pigmentation hauptsächlich nur auf die Umrandung beschränkt. 
Ectasirte Gefässchen sind daselbst noch in ziemlicher Anzahl vor- 
handen. Beide Augenbrauengegenden narbenartig verändert und 
diffus zart rosaroth gefärbt; entsprechend dem linken Stirnhöcker 
befinden sich zwei zarte blasse Narben. An der rechten Wange 
unterhalb des Auges ist an einer etwa kreuzergrossen Stelle 
deutliche Schwellung vorhanden, die mit ectasirten Gefässen in 
ziemlich reichlicher Menge versehen ist. Am 10,V. 1, J. sahen 
wir die Patientin noch einmal. Grösstentheils war nun der 
narbenartige Charakter der früher erkrankt gewesenen Haut- 
parthien fast ganz geschwunden. Doch erschienen dieselben 
fast überall ganz weiss, pigmentlos und an zahlreichen Stellen 
von einer lichtbraunen Pigmentirung umgeben. 


Betreffs des Oleum cinereum wird nachträglich bemerkt, 
dass dasselbe in den Sommermonaten sich mehr verflüssigt, als 
wünschenswerth ist, weshalb auf unserer Klinik für die warme 
Jahreszeit eine entsprechende Aenderung in dem Verhältnisse 
der starren Fette und des Oeles platzgreift; etwa wie folgt: 

Axung. pore. rec. 16.0 
Seb. ovil. rec. 4.0 
Hydrarg. de pur. 8.0 
7 Theile der Salbe mit 3 Theilen Olivenöl zu verreiben. 


Ueber die Hauptwerthe der Kreisfunctionen. 
Von 0. Stolz. 


(Vorgelegt in der Sitzung vom 26. Jänner 1888). 


Nach Einführung der complexen Zahlen wird die Potenz- 
function im Falle eines nicht-ganzen Exponenten und es wird 
der Logarithmus vieldeutig, wie es die cyclometrischen Func- 
tionen Arc sin x u. s. w. schon bei ausschliesslichem Ge- 
brauche von reellen Zahlen sind. Soll auch jetzt noch mit 
den Zeichen xs, |x, arc sin x u.s. w. gerechnet werden, so 
muss man sie für alle Werthe von x, wofür sie überhaupt 
einen Sinn haben, eindeutig erhlären, 

Man bezeichnet denjenigen Werth, welcher unter den 
zu einem Werthe von x gehörigen Werthen einer vieldeutigen 
Kreisfunction zu diesem Behufe ausgewählt wird, als den 
oder einen Hauptwerth derselben und die Gesamtheit 
dieser Werthe als den oder einen Hauptzweig der Func- 
tion. Solche Hauptwerthe wurden bereits von Cauchy ein- 
geführt, jedoch wenig beachtet. Weierstrass und Tho- 
maet!) haben sie neuerdings erklärt. Im Folgenden sollen 
die Unstetigkeiten der Hauptzweige und die wechselseitige 
Beziehung der Hauptwerthe von verschiedenen Kreisfunctionen 
angegeben werden, in welcher Hinsicht die Darstellung der 
Lehrbücher mancher Ergänzung bedarf. 


1) Vgl. Thomae Elementare Theorie d. analyt. Functionen 1880 
§§ 88, 108, 110, 132. 
5 * 


erg Jee 


1. Bringt man das Argument x in die trigonometrische 


Form 
x—p(cos p-Hi sin ¢) (r<p<r), (1) 
wobei die Neigung » zwischen —a und x (die obere Grenze 
eingeschlossen) anzusetzen ist, so wird der Hauptwerth 
der Potenz von x mit dem reellen nicht-ganzen 
Exponenten g durch die Formel 
x" = pl (cos np-Hisin up) (2) 
erklärt, unter p#, wie bisher, den positiven Werth dieser 
Potenz der absoluten Zahl p verstanden. lst w—1:m und 
m eine natürliche Zahl grösser als 1, so gibt (2) den Haupt- 


werth der m-ten Wurzel aus x, welcher mit Vx bezeichnet 
wird. 

Der Hauptwerth des Logarithmus von x ist 
lp-+-¢i, worin Ip den reellen Logarithmus von p bedeutet, der 
Hauptwerth der Potenz von x mit dem nicht-ganzen 
Exponenten s ist e‘!s, wenn eY die Summe der Exponential- 
reihe vorstellt. Die genannten Hauptwerthe (und nur sie) 
werden bezw. mit Ix xs bezeichnet. 

Der für alle Punkte der Ebene ausser x=(0 und x—=w 
eindeutig definirte Hauptwerth Ix ist in allen mit Ausnahme 
der Punkte der negativen reellen Axe stetig!). Das Näm- 
liche gilt vom Hauptwerthe xs; nur ist er, falls der reelle 
Theil von s positiv ist, auch im Punkte x==0 stetig 2). 

1. Der Hauptwert Ip(x), worin p(x) eine rationale Func- 
tion von x bedeutet, ist stetig in allen Punkten der Ebene 
mit Ausschluss derjenigen, in welchen p(x) verschwindet oder 
unendlich ist oder einen reellen negativen Werth annimmt. 
Die Unstetigkeitspunkte dieser Function erfüllen demnach stetige 
Theile der Curven, längs welcher der imaginäre Theil von 
p(&-Hni) verschwindet. Der Hauptwerth p(x)s zeigt das 
gleiche Verhalten; nur ist er, falls der reelle Theil von s 
positiv ist, auch in denjenigen Punkten stetig, wo p(x) Null 


1) Vgl. Thomae a. a, O, § 89. 
2) Vgl. Thomae a, a. O. § 110. 


A, 


ist. Zur Vereinfachung der Untersuchug kann man an Stelle 
von x eine andere Veränderliche x’ durch die Gleichung 
x’=-kx+1 
einführen, worin die Constanten k, 1 passend anzunehmen sind. 
Die Punkte, worin l(ax-+-b) unstetig ist, liegen auf dem 
vom Punkte —b:a ausgehenden Halbstrahl, der mit der 
positiven &-Axe den der Neigung der complexen Zahl —1:a 
gleichen Winkel bildet. 
Wenn o(x)=ax?+2bx-+¢ 
ist, so bringt man diese Function zunächst auf die Form 
x‘21¢/, wobei x‘=€’+/i zu derken ist, Falls c’ eine 
nioht-reelle Zahl y+öi ist, so liegen die Punkte, in welchen 
l(x’2-+c‘) unstetig ist, auf der Hyperbel 
2é'y'-+-d—0, 
deren Asymptoten die neuen Axen sind, und zwar erfüllen 
sie die dem Intervalle 
V2 (V EHEN) <E<VUlV 72422 — N) 
entsprechender Stücke derselben. Ist c‘ eine reelle positive 
Zahl 7, so sind es diejenigen Punkte der conjugirten Axe 
&—=0, welche von ihr nach Ausscheidung der Strecke 
(—iyy iy) übrig bleiben. Wenn endlich c‘ eine reelle 
negative Zahl % bezeichnet, so ist 1(x‘?-+c‘) unstetig in den 
Punkten der reellen Streeke (—/—y, y—y) und längs der 
ganzen conjugirten Axe &—0. 
Versteht man unter ¢(x) die Function 
ax—-b 
zur 
worin c,und ad—be nicht Null sein sollen, und betrachtet 
man a:c als eine nicht-reelle Zahl p-+si mit der Neigung 
a, so liegen die Punkte, in welchen lg(x) unstetig ist, auf 
einem Kreisbogen, welcher von den Punkten 
OP=—b:a O0Q—=—d:c 
begrenzt ist. Von den Punkten M desselben erscheint die 
Sehne PQ unter dem Winkel « — d. i. man hat 
/ 2PMQ—2a 


Be. 


— und er ist von P aus im positiven oder negativen Sinne 
zu beschreiben, je nachdem o positiv oder negativ ist. — 
Wenn a:c eine reelle von Null verschiedene Zahl p ist, so 
liegen die in Rede stehenden Punkte auf der Geraden PQ, 
und zwar erfüllen sie die Strecke PQ oder die nach Weg- 
nahme derselben verbleibenden Stücke, je nachdem p positiv 
oder negativ ist. Ist endlich a—O, so bilden die Punkte, 
wo Ip(x) unstetig ist, den von Q ausgehenden Halbstrahl, 
welcher mit der positiven reellen Axe einen der Neigung der 
Zahl —b :c gleichen Winkel einschliesst. 
3. Die Hauptwerthe der cyclometrischen Funotionen sollen 
durch die Silbe „arc“ angedeutet werden. 
Der Hauptwerth der Arcus tangens-Function 
wird durch die Formel 
A al 
arctan or es 
erklärt. arctanoo ist —Y,r. Der Hauptzweig arctan ist 
stetig in allen Punkten der Ebene mit Ausnahme derjenigen, 
welche von der imaginären Axe nach Ausscheidung der Strecke 
(—i, i) übrig bleiben. Ferner ist 
arctan x--arctan (—x)—0, 
die soeben erwähnten Punkte ausgeschlossen. Für dieselben 
hat man 
arctan yi--aretan (—yi)—=—z.!) (\q|>1) 
Für die Arcus cotangens-Function sei der Hauptwerth 
arc cot ot oth nal I 
x 2 xi—1 
Er ist in allen Puukten der Ebene mit Ausnahme der Strecke 
(—i, i) stetig. Man hat demnach 
arctan x--arc cot x=1/,r oder — 1/7, 
je nachdem x positiven reellen Theil hat oder nicht, und bei 
reellem n (ausser 47= +1) 
arctan (qi) + are cot (qi)=— Yan. 
1) In des Verfassers Vorlesungen über allgemeine Arithmetik II. 
p. 212 ist diese Relation irrthiimlich auf alle reellen Werthe von 7 
ausser 4 1 ausgedehnt. 
2) Die im T. angegebene Definition von arc cot x ist im Ganzon 
bequemer als eine andere, vom Verfasser a, a. O. II. p. 59 benutzte. 


Zu ae 


Ferner ist 
are cot x+-are cot (—x)—0 oder —r, 
Je nachdem x ausserhalb oder auf der Strecke (—i, i) liegt. 

Für die Arous sinus-Function gibt es zwei Haupt- 
werthe. Der „erste“ ist 

are sin =! I(xi+ 1x2), 
der „zweite“ 

are sin =! (Xi IR). 
Da xi4+y1—-x? weder negativ, noch Null werden kann, so 
ist der erste Hauptzweig arc sin x lediglich in denjenigen 
Punkten der Ebene unstetig, wo es \/1—x? ist, also in den 
Punkten, die von der reellen Axe nach Ausscheidung der 
Strecke (--1, 1) übrig bleiben. Der zweite Hauptzweig 
arc sin x ist ausserdem unstetig in allen Punkten der ima- 
ginären Axe. Man hat 

are sin x--are sin —r oder —z, 

je nachdem der reelle Theil von x positiv oder negativ ist, 
und bei reellem 7 

are sin (7 i)-Fare sin (qi)—=z. 
Ferner ist fiir jeden endlichen Werth von x 

are sin x-Larc sin (—x)—0. 

Der erste und der zweite Hauptwerth des Arcus co- 
sinus sind 

are cos —=Yi | (x-Hiy1—x?) 
are cos —Yı 1 (x—iV1—x?). 

Jeder Hauptzweig dieser Function ist in denselben 
Punkten unstetig, wie die Function arc sin x und nur in 
ihnen. Es ist 

are cos x-Larc cos x0, 
ausgenommen die Punkte des Stückes der negativen reellen 
Axe, welches sich von —1 in’s Unendliche erstreckt. In 
diesen hat die Summe den Werth 27. — Man hat in der 
ganzen Ebene mit Ausschluss von x—& , wofür weder 
are sin x, noch are cos x definirt ist, 

are sin x--are cos x-=1'/,7, 


SD ena 


4. Auf den Linien, welche von den Punkten, woriu einer 
der obigen Hauptzweige unstetig ist, gebildet werden, liegen 
die sämmtlichen singulären Punkte der betreffenden Functionen. 

Betrachtet man alle Linien der Construktionsebene, welche 
in’s Unendliche sich erstrecken, als im Punkte x—oo zu- 
sammenhängend, so darf man ein jedes System der vor- 
stehenden Unstetigkeitslinien als eine begrenzte, sich selbst 
nicht schneidende Linie ansehen. Z, B. das von der reellen 
Strecke (—\/—7, Y—y) und der conjugirten Axe gebildete 
System liefert die aus den Stücken: Strecke (Y—7,0), posi- 
tive conjugirte Axe Qco, negative c. A. co 0 und Strecke 
(0, y—y) bestehende, zusammenhängende, begrenzte Linie. Der 
Bereich, der von der Ebene nach Weglassung einer begrenzten, 
sich selbst nicht schneidenden Linie übrig bleibt, ist als ein 
einfach begrenzter, zu dem der Punkt x—o0 gehört oder auf 
dessen Begrenzung er liegt, zu bezeichnen. Auch für solche 
Bereiche gilt der bekannte Satz von Weierstrass, dass 
wenn das zu einem Punkte a innerhalb des Bereiches gehörige 
Functionselement ‘$(x\|a) auf allen innerhalb des Bereiches 
verlaufenden Wegen fortgesetzt werden kann, aus ihm eine 
für alle Punkte innerhalb des Bereiches eindeutige monogene 
Function entspringt. Es ist leicht zu zeigen, dass ein jeder 
der obigen Hauptzweige eine solche monogene Function bildet. 

Ist das Verhalten des oder eines Hauptzweiges bekannt, 
so hat es keine Schwierigkeit, einen eindeutigen Zweig einer 
cyclometrischen Function so zu definiren, dass er anstatt längs 
einer der oben erwähnten, die singulären Punkte der Function 
verbindenden Linie längs einer anderen einfachen, dieselben 
Punkte enthaltenden Linie unstetig ist. Z. B. zieht man vom 
Nullpunkte eine einfache Linie t, die vollständig auf der nega- 
tiven Seite der reellen Axe liegt, in’s Unendliche, - so erhält 
man einen in der ganzen Ebene eindeutigen und mit Aus- 
nahme der Punkte von t stetigen Zweig des Logarithmus, 
indem man für die Punkte x zwischen der reellen Axe und 
der Linie t (die ersteren ausgeschlossen) je den Werth Ix+2xi, 
für alle übrigen je den Werth Ix wählt. 


Die Myriopoden Tirols 


von Prof. Dr. K. W. v. Dalla Torre in Innsbruck. 


Durch das Erscheinen von Prof, Dr. R. Latzels prächti- 
gem Werke über die Myriopoden der österreichisch-ungarischen 
Monarchie ist es möglich geworden, das in den Sammlungen 
vorhandene Materiale zu studieren und dadurch einen Einblick 
in diese bisher ziemlich vernachlässigte Thiergruppe zu ge- 
winnen. 

Im Besitze zahlreicher Exemplare und Notizen und unter- 
stützt durch die Freundlichkeit Prof. Latzels, der mir 
seine Fundstellen für diese Arbeit zur Verfügung stellte, ver- 
suchte ich nun im Folgenden eine Zusammenstellung aller 
bisher in Tirol beobachteten Arten der Myriopoden zu geben, 
eine Arbeit, welche mir um so näher gelegen war, als ich 
auch im Besitze der ganzen einschlägigen Literatur mich befinde. 
Dieselbe umfasst, gewissermassen auch einen Einblick in 
die Erforschungsgeschichte bietend, folgende Arbeiten: 

1. Moll K. E, Beiträge zur naturhistorischen Provinzial- 
Nomenclatur in: Schrank und Moll, Naturhistorische 
Briefe über Oesterreich u. s. w. Salzburg, Mayr. 1785. 
8° Bd. 2. p. 324—368. 

Betrifft nur die Bemerkung, dass Julus sabulosus (und wohl auch 

andere Arten) im Zillerthale „Siebzehn-Füsse heissen. 

2. Pollini C, Viaggio al lago di Garda ed al Monte 
Baldo. Verona, Mainardi 1816. 8° 
Zählt p. 32 aus dem Gebiete des Gardasees auf: Scolopendra 

Gabrielis, Julus arborum und complanatus. 


Naturw.-med. Verein 1887/88, 6 


6. 


ee 


Ambrosi Fr., Prospetto delle specie zoologiche conos- 

ciute nel Trentino in: Perini A., Statistica del Trentino. 

Trento, Perini, 1852. 8° Tom. I. 

Erwähnt p. 298 Lithobius forficatus und Julus terrestris aus dem 
Trentino. 


Koch L., die Myriapoden-Gattung Lithobius. Nürnberg, 
Holzbeck. 1862. 8° IV. 92 pg.; 2 Taf. 


Beschreibt aus Tirol: Lithobius montanus C. Koch, alpinus n. sp. 
lucifugus n. sp. und L. erythrocephalus C. Koch. 


Gredler V., Vierzehn Tage in Bad Ratzes. Hine natur- 
geschichtliche Localskizze mit näherer Berücksichtigung 
der Fauna in: 13. Programm d. k. k. Obergymnasiums 
in Bozen 1863, p. 3—14. — Reimpr. Prosliner K. 
Das Bad Ratzes in Südtirol. Bilin, Plattig. 1883. 
8° 79 pg. 

Enthält ein Verzeichnis der Myriopoden von Bozen. 

Koch L., Die Myriapoden von Bad Ratzes, ebenda, 
Enthält ein Verzeichnis der daselbst von Prof. Gredler gesammel- 


ten Arten, darunter Glomeris Gredler n. sp., Julus alpinus n. sp. 
Polydesmus setiger n. sp. 


Koch C., die Myriopoden, Halle, Schmidt. 1863. 8° Bd. I. 
134 pg. Bd 2. 112 pg.; 119 Taf. 

Beschreibt Glomeris rufoguttata aus Vorarlberg und Lithobius 

montanus aus Südtirol. 

Leydig Fr, Beiträge und Bemerkungen zur württem- 
bergischen Fauna mit theilweisem Hinblick auf andere 
deutsche Gegenden in: Jahreshefte d. Ver. f. vaterl. 
Naturk. Württemberg. Jahrg. 27. 1871. p. 199— 271. 


Erwähnt p. 266 des Vorkommens von Cermatia araneoides Pall. 
bei Riva. 


9. Meinert Fr, Myriapoda musaei Hauniensis, Bidrag 


til Myriopodernes Morphologie og Systematik in: Natur- 
hist. Tidsskr. Kjöbenhavn. Raekke 3. Band 7. 1870 
bis 1871, p. 1—128, Taf. 1—4; Band 8. 1872—1873, 
p. 281—314. 


Enthält die Beschreibung von vielen neuen Arten aus Bad 
Ratzes bei Bozen, 


10. 


11. 


13. 


14. 


15. 


16. 


Page 


Fanzago F. J Chilopodi Italiani in: Atti d. soe. 
Veneto-Trentina di sc. nat, Padova, Vol. 3. Fase. 1. 1874. 
p. 17—64. 

Enthält folgende Arten aus dem Trentino: Lithobius fasciatus 

Newp., L. Leachii Newp., L. dentatus C. Koch, L. tridentatus 
n, sp., L. montanus C. Koch, Cryptops Savignyi Leach, Geophi- 
lus maxillaris Gerv., G. carpophagus Leach u. G. laevipes 
C. Koch. 

Canestrini G. de, Intorno alla fauna del Trentino. 
Notizie bibliografiche e nuovi studi in: Atti d. soc. 
Veneto-Trentina d. sc. nat. Padova, Vol. 4. 1875, p. 
14—55. 

Gibt ein Verzeichnis von Myriopoden-Arten des Trentino. 
Fanzago F., Alcune nuove specie di Myriopodi. Nota 
in: Atti d. soc. Veneto-Trentina d. sc. nat. Padova, 
Vol. 4. 1875, p. 147—152. 

Beschreibt Julus 4-punctatus n. sp. aus dem Trentino. 
Fanzago F., Nuove contribuzioni alla fauna mirio. 
podologica Italiana in: Annuar. d. soc. d. natural, Modena. 
Anno 10. 1876, p. 60—80. 


Aus Tirol; Julus nemorensis C. Koch, J. rubripes C. Koch, 
J. montanus C. Koch und J. 4-dentatus Menge. 

Fanzago F., Sui Chilognati Italiani. Studio in: Atti 

d.soc. Veneto-Trentina d. sc. nat. Padova, Vol. 3. fasc, 2. 

1876, p. 233—29%; tav. XI und XII. 


Verzeichnet aus Tirol: Glomeris marginata Vill., Craspedosoma 
polydesmoides Mont.. Cr. Rawlinsii Leach, Polydesmus testaceus 
C. Koch, P. pennsylvanicus C. Koch, Julus sabulosus L., J. 
ferreus C. Koch, J. nemorenis C. Koch, J. parallelus C. Koch, 
J. terrestris L. u, Julus pusillus Leach. 

Fedrizzi G., Sopra alcune specie nuove 0 poco note 

di Miriapodi Italiani in: Annuar. d. soc. d. natural. 

Modena. Anno 10. 1876, p. 125—141. 

Viele Arten aus Tirol. 

Fedrizzi G., Sopra due nuove specie di Geofili in: 

Atti d. soc. Veneto-Trentina d. sc. nat. Padova, Vol. 5. 

fasc. 1. 1875, p. 95—98. 


Aus Tirol: Geophilus Canestrinii n, sp. u. G. anauniensis n, sp. 


6* 


1 


1. 


18. 


1 


9. 


eg a 


Fedrizzi G., Myriopodi del Trentino in: Annuar, d. 
soe. d. natural. Modena Anno 11. 1877, p. 80—110; 
Anno 12. 1878, p. 74— 75. 

Beschreibt 42 Arten aus dem Gebiete. 

Fedrizzi G., J Litobi Italiani in: Atti d, soc. Veneto- 
Trentina d. sc. nat. Padova, Vol. 5. -fasce, 2. 1877; 
p. 184—233; tav. IV. 

Beschreibt viele tirolische Arten.: 

Fedrizzi G., Cordeumidi Italiani. Monografia in: Atti 
d. soc. Veneto-Trentina d. sc. nat. Padova. Vol. 5 
fasc. 2. 1877, p. 375—386. 
Enthält einige Arten aus Südtirol. 
Latzel R., die Myriopoden der österreichisch-ungarischen 
Monarchie. Wien, Hölder. 8° 1. Hälfte 1880. XV. u. 
228 pg.; Taf. I—X; 2. Hälfte 1884. XII u. 414 pg.; 
Taf. I—-XVI. 

Verfasser dieser grundlegenden Arbeit, die auch unser Gebiet 
vollauf berücksichtigt, sammelte an folgenden Punkten: Kufstein 
und ein Theil des Hochkaisers, Jenbach, Achensee und Pertisau, 
Zillerthal bis Zell, Jnnsbruck (nördliches und südliches Mittel- 
gebirge) Patscherkofel bis zum Gipfel, Stubaithal bis Ranalt, Bahn- 
station Brenner, Sterzing, Bozen, Meran, Mori, Riva, Bruneck, 
Lienz. 

Kooblauch H. Meran. Führer für Curgäste und 
Touristen. 3. Aufl. Meran Pöszelberger. 
Erwähnt p. 177 des Vorkommens von Scutigera coleoptrata bei 
Meran. 
Heller Cam. und Dalla Torre K. W. v. Ueber die Ver- 
breitung der Thierwelt im Tiroler Hochgebirge II. in: 
Sitzungsberichte der k. Akad. d. Wissensch. in Wien, 
Mathem.-naturwiss. Ol. Bd. 86. 1. Abth. 1882, p.8—53 und 
Dalla Torre K. W. von, Beiträge zur Arthropoden- 
Fauna Tirols in: Berichte d. naturwiss.-mediz. Ver. 
Innsbruck. Jahrg. 12. 1882, p. 32—73. 

Enthält p. 64—66 das Verzeichnis der alpinen Myriopoden nach 
den Resultaten der von den Herren Prof. C. Heller, H. Schönach, 
L. Mayer, H. Derold, H. Lechleitner, K. Biasioli, P. Quella- 
casa, A. Kirchlechner, J. Gstrein und von mir in den Jahren 
1876— 1878 durchgeführten Hochalpen-Durchforschung. Die 


I: A ze 


besuchten Punkte sind insbesonders: Stempeljoch, Sonnwend- 
joch, Lafatscherjoch, Muttekopf. Oetzthal, Patznaun, Windisch- 
Matrei, Seiseralpe, Schlern, Monte Lancia, Monte Baldo, 
Stilfserjoch, u. s. w. — Die Exemplare befinden sich zum 
grössten Theile in der Sammlung der k. k. Universität. 
Schliesslich sei es mir noch gestattet, Herrn Professor Dr. 
R. Latzel für seine grosse Freundlichkeit, mit welcher der- 
selbe diese Arbeit unterstützte, meinen wärmsten Dank aus- 
zusprechen*) 
Innsbruck, 1. November 1887. 


l. Ordn. Chilopoda Latr. 
1. Fam. Scutigeridae Gerv. 
1. Gattg. Seutigera Lam. 


1. Se. coleoptrata Linn. —Latzel, Myriopod. I. p. 24. 
Synon. Cermatia araneoides Pall, bei Gredler und Leydig; 
Scutigera variegata Risso bei Fedrizzi und Canestrini. 
Verbr: „Dies interessante südländische Thier* — schreibt 
Gredler — „findet sich im ersten Frühjahre in Häusern, 
wie im Kreuzgange, im Speisezimmer und anderen Localitäten 
des Franziskanerklosters in Bozen an Mauern, über die es 
pfeilschnell lauft, nicht ganz selten“ (Gredler 5, p. 35, n. 1). 
Einen zweiten Fundort verzeichnet Prof. Leydig (8, p. 266), 
der hierüber berichtet: „Im September 1869 stiess ich auf 
einige schöne Exemplare an der Mauer der Ledrostrasse bei 
Riva, während ich sonst sie nur in Häusern beobachtete. 
Die Thiere sassen bei sehr ausgesprochener Gewitterluft der 
Schattenseite der Mauer ruhig angedrückt; einmal auf- 
geschreckt entflohen sie mit der bekannten äussersten Behen- 
digkeit.“ An derselben Localität traf auch ich das Thier im 
Juli 1877 ziemlich zahlreich. Auch Fedrizzi (17, p. 51) fieng 
sie im Trentino (Canestrini, p. 34, n. 1) im Valle di Non, 


*) Diese Freundlichkeit ist um so höher anzuschlagen, als beim 
Brande der Wagner’schen Setzerei mein erstes Manuscript mit Prof. 
Dr. Latzels Notizen zu Grunde gieng und über mein Ersuchen die- 
selben sofort dem zweiten von mir angefertigten in promptester Weise 


nochmals beigefügt wurden. 


ms. dae 


im Valle d’Adige und Archese. Der nérdlichste Fundort end- 
lich ist Meran, wo sie Knoblauch (21, p. 177) angiebt. 
Latzel fieng anfangs August des Jahres 1877 viele junge 
Individuen in einem lichten und trockenen Laubwalde nächst 
dem Schlosse Durnstein bei Meran; weniger zahlreich traf er 
die Thiere im Freien nächst dem Bahrhofe von Mori (in 
einem steinigen Eichenwäldchen) und an der Strasse von Mori 
nach Riva. Auf dem Wege von Riva in das Val di Ledro 
sah er einige Stücke an den Kalkfelsen sitzen, welche stellen- 
weise die Strasse begleiten; andere sassen innerhalb der 
Ruinen eines verlassenen Hauses, das an einem Waldessaume 
gestanden. 
2. Fam. Lithobiidae Newp. 

1. (2.) Gattg. Lithobius Leach. 

1. (2.) L. grossipes ©. Koch — Latzel 1. c. I. p. 44. 

Synon: L. montanus C. Koch bei Koch, Fanzago, 


Canestrini, Fedrizzi und Heller; — L. macalatus Fedr. bei 
Fedrizzi; — L. fasciatus Newp. bei Canestrini, Fanzago und 
Fedrizzi; — L. punctulatus C. Koch bei Meinert; L. impressus 


C. Koch bei Fedrizzi. 

Verbr. I-IV. N. C. S. Ist, wie bereits C. Koch (4 p. 
27. n. 1), der Autor dieser Art anführt, im südlichen Tirol 
auf höheren Bergen „keine Seltenheit“; die ersten be- 
schriebenen Exemplare wurden demselben durch Prof. V. 
Gredler von der Seiseralpe übersendet, auch Meinert (9. p. 
286. n. 1) fand sie bei Ratzes, Weitere nördlich gelegene 
Fundorte sind Windisch-Matrei (Dalla Torre) und Korspitze 
(Quellacasa); Prof. Heller fing die Art bei Gurgl im Oetz- 
thaler Complexe (Heller 22, p. 52; Dalla Torre 23, p. 64 
und 65); Aus dem Bozener Gebiete befinden sich Exem- 
plare in der Gymnasial-Sammlung, von Lavogler gesammelt. 
Aus dem Trentino bei 1000—1400 m erwähnt sie Fanzago 
(10, p. 21 und 42), Canestrini (11, p. 34, n. 2, 7 und 8), 
Fedrizzi (18, p. 299, 201 und 232), und zwar aus Sfruzza, 
von Sporminore und Levico (Fedrizzi 17, p. 54, n. 4); dann 
aus Riva, Arco, Roveredo, Trient, Lavis, Mezzotedesco, Salurn, 


Bo 


und Val Sugana (Fedrizzi 17, p. 54, n. 3); auf dem Monte 
Baldo fing ich sie mehrfach (Dalla Torre 23, p. 65). Prof. 
Latzel sammelte diese Art in grossen und schönen Stücken 
sowohl nördlich als südlich vom Brenner und zwar: bei 
Kufstein an beiden Ufern des Inn, besonders am Fusse des 
Hochkaisers; in den Steinbrüchen und Steinhalden des Mittel- 
gebirges nördlich von Innsbruck; auf den Lanserköpfen bei 
Innsbruck; auf dem höchsten Punkte des Brennerpasses, 
nämlich unweit des Bahnhofes im Walde; ferner bei Ster- 
zing, Bozen, Meran, Mori, Riva, am Eingang ins Taufererthal 
bei Bruneck und bei Lienz. Im Hofmuseum in Wien sah 
Latzel Thiere aus der Umgebung von Cortina d’Ampezzo; 
auch lagen ihm jene Individuen vor, welche der bekannte 
Orthopterologe Herr Dr. Herm. Krauss (in Tübingen) in der 
Nähe des Bades Ratzes am Schlern gesammelt und die Herr 
Dr. L. Koch in Nürnberg als Lithob. festivus bestimmt hatte, 
Endlich kennt Latzel das Thier aus der Umgebung von 
Roveredo, woher ihm einige Stücke durch das Museo civico 
daselbst zugekommen sind. 

2. (3.) L. tridentinus Fanz.—Latzel |. c. I. p. 49. 
Verbr. Vom Autor bei St. Romedio im Val di Non gefun- 
den. (Fanzago 19, p. 36; Fedrizzi 17, p. 54). 

3. (4.) L. validus Mein.—Latzel |. c. I. p. 50. 
Verbr. VonProf. Meinert (9, p.291) bei Bad Ratzes entdeckt. 
Latzel sammelte das Thier am Fusse des Hochkaisers bei 
Kufstein, auf den Gehängen um den Achensee, im Zillerthale, 
bei Bozen und im untern Sarnthale. 

4. (5.) L. leptopus Latz.—Latzel |. c. I. p. 53. 
Verbr. Diese Art wurde vom Autor in allen Alpenländern 
Oesterreichs gefunden; in Tirol kamen ihm Stücke derselben 
am Fusse des Hochkaisers bei Kufstein in die Hände. Ausserdem 
kennt er das Thier aus der Umgebung von Roveredo (Museo 
civico). 

5. (6.) L. terreus Fedr.—Latzel |. c. I. p. 56. 
Verbr. Fedrizzi fing diese Art bei Rovenna im Val di Non 
in 1400 m Höhe. 


ee (Yap, 


6. (7.) L. forficatus Linn. —Latzel 1. c. I. 57. 
Synon. L, foreipatus Deg. bei Canestrini; L. parvolus Fedr. bei 
Fedrizzi; L. Leachii Newp. bei Fanzago und Canestrini, 
Verbr. I-IV; N.C. S. — Diese gemeinste aller Arten der 
Gattung, welche bereits von Ambrosi (3, p. 298) für das Trentino 
aufgeführt wird, wurde von Prof. Heller bei Gurgl im Oetz- 
thale und auf dem Stilfserjoche, von mir bei Windisch-Matrei 
und auf dem Monte Baldo gefunden (Dalla Torre 23, p. 65); 
Prof. Meinert führt sie vom Bad Ratzes auf; im Trentino ist 
sie (9, p. 316) nach Canestrini (11, p. 34) und Fedrizzi (17, 
p. 56) sehr gemein. Die Form parvolus stammt aus Rovenna im 
Val di Non, 1200 m (Fedrizzi 18, p. 213 u. 18, p. 58). Dr. 
Latzel sammelte zahlreiche Stücke am Fusse des Hochkaisers 
und am linken Ufer des Inn bei Kufstein, auf den Gehängen 
des Achensees, besonders bei Pertisau, ferner im Zillerthal, 
im Norden und Süden von Innsbruck, auf den Lanser Köpfen, 
in der Waldregion des Patscherkofels, im Stubaithal, bei Ster- 
ziug, Meran, Mori, Riva, Bruneck, Lienz; durch das Museo 
civico von Roveredo erhielt er die Art auch aus der Umgebung 
dieser Stadt. Die Exemplare im hiesigen Gymnasial-Cabinete 
stammer gleichfalls aus dem Innthale, 


7. (8.) L. piceus L, Koch—Latzel I. c. I. p. 64. 
Synon. L. ardesiacus Fedr., L. Fanzagoi Fedr., L. inaequidens 
Fedr., L. marginatus Fedr. bei Fedrizzi; L. fossor C. Koch bei 
Meinert. } 
Verbr. I—III; N. C. S. Diese von Meinert (9, p. 301) 
bei Bad Ratzes fiir Tirol neu entdeckte Art wurde von Prof. 
Heller bei St. Christoph am Arlberg gefunden (Heller 22, 
p. 52; Dalla Torre 23, p. 65); Fedrizzi erwähnt die Art 
unter obigen Namen insbesonders aus dem Val di Non, von 
Sfruzzo, Mezzotedesco, Coredo, Molaro, Sporminore, Salurn und 
Levico, in circa 1500m Höhe, Prof. Latzel sammelte die 
Art am linken Ufer des Inn bei Kufstein, am Achensee, im 
Zillertbal und auf den Lanser Köpfen. 

8. (9.) L. nodulipes Latz, — Latzel |. ec. I. p. 68. 
Verbr. Diese Art wurde vom Autor auch in Tirol gefunden 


22 = 


und zwar bei Kufstein, im Zillerthal, in der Waldregion des 
Patscherkofels, im Stubaithal, auf dem Brenner und bei Bruneck. 

9. (10.) L. tenebrosus Mein. —Latzel ]. c. I. p. 70. 
Verbr. Prof. Meinert fing diese Art bei Bad Ratzes; seit- 
her ist sie nicht mehr angetroffen worden. 

10.(11.)L.nigrifrons Latz.und Haas.—Latzel ].c.1.p.71. 
Verbr. I—IV. N. C. S. Nach dem Autor, Prof. Latzel, 
scheint diese Art „am häufigsten in Tirol zu sein“: Prof. 
Heller fing sie bei Gurgl im Oetzthal und auf dem Stilfser- 
joch; Prof. v. Vogl auf dem Muttekopf; Prof. Latzel 
in den Wäldern an beiden Ufern des Inn bei Kufstein, auf 
den Gehängen des Achensees, im Zillerthal, auf den Lanser 
Köpfen, in der Waldregion des Patscherkofels, im Stubaithal, 
bei Sterzing, Bruneck und Lienz. 

11. (12.) L. trieuspis Mein. —Latzel ]. c. I. p. 76. 
Syn. L, rhaeticus Mein. bei Meinert und Fedrizzi. 
Verbr. I-IIL,N.C.S.; nach Prof. Latzel bis in die baumlose 
Region vordringend. Mir sind nur die Fundorte Bad Ratzes (Meinert 
9, p. 297 und 298), dann Levico und Mezzotedesco bekannt 
geworden (Fedrizzi 17, p. 59). Dr. Latzel erbeutete viele 
Stücke bei Kufstein, am Achensee, auf der Nordseite von 
Innsbruck, in der Waldregion und auf dem baumlosen Gipfel 
des Patscherkofels, im Stubaithal, auf dem Brenner, bei Ster- 
zing, Bozen, im Sarnthal, bei Mori und Riva, Bruneck und 
Lienz. Auch sah er Stücke aus Roveredo (Museo civico). 

12. (13.) L. agilis ©. Koch—Latzel |]. e. I. p. 78. 
Synon, L. macilentus L. Koch bei Gredler und Fedrizzi. 
Verbr. Bei Bozen an Mauern und unter Steinen bei der 
Schwimmschule von Prof. Gredler (5, p. 36), im Trentino u. 
bei Molaro im Val di Non von Fedrizzi (18, p. 222 und 17, 
p. 58) beobachtet. Latzel sammelte die Art bei Kufstein und 
zwar sowohl am linken Ufer des Inn als auch am rechten 
(Fuss des Hochkaisers). 

13. (14.) L. dentatus ©. Koch-Latzel |. c. I. p. 81. 
Verbr. I—III.; N.C.S. — Von mirim Paznaunthale gefunden 
(Heller 22, p. 52; Dalla Torre 23, p.65); im Trentino zuerst von 


So in 


Fanzago (10, p. 35) bei Levico unweit des Badesim October 1871 
entdeckt. Nach Fedrizzi (18, p. 211) sehr gemein im Trentino; 
er führt sie speciell vom Val di Non, Val d’Adige, Mezzo- 
tedesco und Rochetta auf (17, p. 58). Prof. Latzel kennt das 
Thier von Kufstein (rechtes Ufer des Inn), von Bruneck und 
Lienz; die Exemplare im hiesigen Gymnasial-Cabinete stammen 
aus dem Innthale. 

14. (15.) L. aulacopus Latz.—Latzel ]. ce. I. p. 84, 
Verbr. Von mir im Patznaunthale aufgefunden (Heller 22, 
p. 52; Dalla Torre 23, p. 65). Von Dr. Latzel ward das 
Thier am Fusse des Hochkaisers und am linken Ufer des Inn 
bei Kufstein gefunden; desgleichen am Achensee, im Ziller- 
thal, bei Innsbruck, auf den Lanserköpfen, im Stubaithal und 
bei Sterzing. 

15. (16.) L. pygmaeus Latz.—Latzel l. c. I. p. 86. 
Verbr. Vom Autor der Art, Prof. Latzel, in Südtirol ge- 
funden bei Lienz. 

16. (17.) L. borealis Mein —Latzel l. « I. p. 90. 
Verbr. Nach Fedrizzi (17, p. 60u.18 p. 224) im Val di Non 
bis 1300m Höhe, gemein im Etschthale, bei Mezzolom- 
bardo u. s. w. — Doch ist die Identität der Meinert’schen 
mit der Fedrizzi’schen Art sehr zweifelhaft. 

17. (18.) L. subtilis Latz. —Latzel |. c. 1. p. 91. 
Verbr. „Diese Art lebt in Tirol und muss wohl sehr selten sein, da 
ich nur 4 erwachsene Individuen (3&, 19) erbeutet habe‘, 
sagt Prof. Latzel; leider ist er nicht in der Lage einen be- 
stimmten Punkt als Fundort anzugeben, da er die Thiere erst 
später als eine besondere Art erkannte, nachdem sie mit den 
zahlreichen Individuen einer anderen ähnlichen Art zusammen- 
geworfen worden waren. 

18. (19.) L. pelidnus Haase und Latzel |. o. I. p. 95. 
Verbr. I—IV; S. Für Tirol von Prof. Heller zum ersten- 
male aufgefunden, der sie auf dem Stilfserjoch sammelte. 
(Heller 22, p. 52; Dalla Torre 23, p. 65), Auch Prof. Latzel 
hat das Thier in Tirol gefunden, kann aber aus demselben 
Grunde, wie bei L. subtilis keinen bestimmten Fundort nennen. 


Bus 


19. (20.) L. mutabilis L. Koch—Latzel |. c. I. 97. 
Verbr. Bei Molaro im Val di Non von Fedrizzi (18, p. 228, 
17, p. 61) entdeckt. Vermuthlich gehören auch diese Fund- 
orte zu 

var. transalpinus Latz., welche ich im Patznaur- 
thale, Prof. Heller auf dem Stilfserjoch auffand (Heller 22, p. 
52; Dalla Torre 23, p. 65). Prof. Latzel gibt als Fundorte aus 
seiner Sammlung an: Kufstein (Fuss des Hochkaisers), Ziller- 
thal, nördliches Mittelgebirge bei Innsbruck, Lanser Köpfe, 
Waldregion und Gipfel des Patscherkofels, Sterzing, Mori, 
Riva, Bruneck und Lienz; endlich Roveredo (Museo civico). 
Von hier, wie von den meisten südlich des Brenners gelegenen 
Fundorten die Var. transalpinus. 

20. (21.) L. latro Mein.—Latzel 1. c. p. 102. 
Verbr. II—IV; N.C.S. — Diese von Prof. Meinert (9, p. 338) 
bei Bad Ratzes entdeckte Art wurde nachträglich von Prof. 
Heller wiederholt gefangen, so in dem nördlichen Kalkalpen- 
zuge auf dem Stempeljoch, im Central-Alpengebiete bei Ober- 
gurgl, und in den Südalpen auf dem Stilfserjoch und auf der 
Seiseralpe (Heller 22, p. 52; Dalla Torre 23, p. 65); Fedrizzi 
(17, p. 62) beobachtete sie bei Levico „sehr gemein“. Latzel 
fing diese Art auf dem Gipfel des Patscherkofels bis herab 
ip die Weldregion, gewöhnlich unter Moss verborgen; auch 
aus der Umgebung von Ranalt im Stubaithale und von 
Roveredo (Museo civico) ist ihm dieselbe bekannt geworden. 

21. (22.) L. calearatus C, Koch—Latzel ]. c. I. 105. 
Verbr. Von Fedrizzi (18, p. 231) im Trentino, doch nur 
wie es scheint im Val di Non bei Sfruzza und Coredo ge- 
funden. Dr. Latzel hat diese nach ihm in Frankreich, Belgien, 
Westdeutschland u. s. w. häufige Art weder in Tirol, noch 
im übrigen Oesterreich beobachtet. 

22. (23.) L. lapidicola Mein. —Latzel |. oc. I. p. 106. 
Verbr. I—IV; N. S. In den nördlichen Kalkalper auf dem 
Stempel- und Lafatsckerjoch von Prof. Heller und auf dem 
Sonnwendjoch von H, Lechleitner; in den südlichen Kalkalpen 
auf dem Stilfserjoch von Prof, Heller (22, p. 52; Dalla Torre 


2 a 


23, p. 65) und bei Bad Ratzes von Prof. Meinert (9, p. 328) 
gesammelt. Latzel sammelte ziemlich viele Stücke dieser Art 
_ bei Lienz, Meran, Mori und Riva, 

23. (24.) L. pusillus Latz—tLatzel lc I. p. 108. 
Verbr. Wurde vom Autor dieser Art, Prof. Latzel, bei Lienz 
gesammelt; ausserdem sah er sie aus der Umgebung von 
Roveredo (Museo civico), 

24. (25.) L. erythrocephalus C. Koch—Latzel |. c. 
1.927110; 

Verbr. I—IV; N. C. S. — Aus den nördlichen Kalk- 
alpen vom Muttekopf durch Prof. v. Vogl, vom Lafatscher- 
joch und Stanserjoch durch Prof. Heller, aus den südlichen 
vom Schlern (Heller 22, p. 52; Dalla Torre 23. p. 65) und 
aus der Gegend von Bozen bekannt geworden. (Koch 4, p. 84, 
Gredler 5, p. 36). Latzel verzeichnet die Art vom Fusse des 
Hochkaisers und vom linken Ufer des Inn bei Kufstein, dann 
vom Zillerthal, von Innsbruck (Nordseite), aus der Waldregion und 
vom an des Patscherkofels, vom Stubaithal und aus Sterzing. 

5. (26.) L. muticus C, Koch—Latzel l. c. I. p. 116. 
a r. I—I]1; N. C. S. von Prof. Heller auf dem Lafatscher- 
Joch, von mir im Patznaunthale beobachtet (Heller 22, p. 52; 
Dalla Torre 23, p. 63); Fedrizzi (17, p. 61) gibt die Art an aus 
Levico, Mezzolombardo und Sporminore. Prof. Latzel sammelte 
sie am Fusse des Hochkaisers und am linken Ufer des Inn bei 
Kufstein, am Achensee, bei Innsbruck und aufden Lanserköpfen. 

26. (27.) L. lucifugus L. Koch—Latzel ]. c. I. p. 120. 
Synon. L. alpinus L. Koch bei ©. Koch und Gredler; L. 
ochraceus Fedr. bei Fedrizzi. 

Verbr. II—IV. N. C, S. Diese, wie es scheint recht ver- 
breitete und häufig vorkommende Art, welche zuerst von 
L. Koch (4, p. 67 u. Gredler 5, p. 34) nach Exemplaren 
Gredlers von der Seiseralpe beschrieben wurde, wurde von 
Prof. Heller auf dem Lafatscherjoch und auf dem Arl- 
berg, sowie im Oéetzthale und auf dem Stilfserjoch, von 
mir im Patznaunerthale und auf dem Monte Baldo, von 
Derold und Biasioli auf dem Monte Lancia (Heller 22, 


—_— 


ze 


p. 52, Dalla Torre 23, p. 65) von Prof. Gredler (5, p. 36), 
weiters mit L. macilentus ©. Koch (= L, agilis L. Koch) 
unter Moos im Haslach bei Bozen, ferners von Fedrizzi (18, 
p- 230 u. 17, p, 61) in allen Thalern des Trentino, nament- 
lich häufig im Val di Non, so bei Sfruzzo, Molaro, Sporminore, 
dann bei Lavis und Levico, im Val Sugana, sowie im ganzen 
„ Valle d’Adige“ angetroffen. Dr. Latzel brachte das Thier 
mit vom Gipfel des Patscherkofels, vom Brenner, aus der 
Sterzinger Gegend, von der Strecke Mori-Riva und von 
Bruneck. Auch aus der Gegend von Roveredo lag ihm diese 
Art zur Bestimmung vor (Museo civico). Prof. Oskar Simony 
in Wien sammelte einige Stiicke dieser Art auf dem Rosetta- 
passe (Weg von S. Martino nach Pieve) und legte sie Prof. 
Latzel zur Bestimmung vor. Die Exemplare im Gymnasial- 
Cabinete stammen aus dem Iunthale. 


27. (28.) L. eximius Mein. —Latzel |. c. I. p. 123. 
Verbr. Nach Prof. Meinert (9. p. 333) reicht diese Art von 
Algier durch Spanien und Italien bis Südtirol herauf, wo sie 
derselbe bei Bad Ratzes antraf und beschrieb. Fedrizzis An- 
gabe (18, p. 225), dass er im südlichen Tirol verkomme, 
dürfte auf derselben Quelle beruhen. Latzel hat ihn nicht 
gefunden. Uebrigens sind die Grenzen zwischen dieser Art und 
der folgenden oft schwer festzuhalten, 


28. (29.) L. audax Mein. —Latzel 1. c. I. p. 124. 
Verbr. Von Prof. Meinert (9, p. 333) bei Bad Ratzes, von 
Fedrizzi (18, p. 225 und 17, p. 62) im Val di Non bei 
Coredo gefangen, Professor Latzel erbeutete dieses Thier auf 
dem Brenner, bei Sterzing, Bozen und Bruneck. 


29. (30.) L. aeruginosus L. Koch—Latzel |. c. p. 126. 
Verbr. Von Prof. Latzel auch in Tirol aufgefunden und 
zwar am Fusse des Hochkaisers; ein Stück ist aus Südtirol, 
wahrscheinlich aus der Bozener Gegend. 

30. (31.) L. crassipes L. Koch—Latzel |. c. I. p. 128. 
Verbr. Von Prof. Meinert (9, p. 340) bei Bad Ratzes, von 
Dr. Latzel bei Bruneck erbeutet. 


Ze Meg 


Weiters werden noch folgende nicht wohl eruirbare 
Lithobius-Arten aus Tirol verzeichnet: 

L. Bonensis Mein. bei Levico (Fedrizzi 17, p. 56). 
Nach Latzel wahrsch. synonym mit L. forficatus L. 

L. finitimus Fedr. bei Salurn und Sporminore (Fe- 
drizzi 17, p. 55.) Dürfte dem L. terreus Fedr. nahe stehen. 


L. meridionalis Fedr. Bei Sporminore im Val di 
Non (Fedrizzi 18, p. 60); scheint L. audax Mein. zu sein. 


L. violaceus Fedr. (— quadridentatus Fanz.) am Lago 
di Garda (Fedrizzi 18, p. 216) wahrscheinlioh identisch mit 
L. mutabilis L. Koch oder L. pelidnus Haase. 


Anmerkung: Es ist sehr möglich, dass die Gattung Henicops 
Newport durch die Art H. fulvicornis Meinert auch in Tirol 
vertreten ist, obwohl sie bis jetzt von keinem Forscher angezeigt 
wurde. Doch will dieses im allgemeinen seltene Thier eigens auf- 
gesucht sein (in der Nähe von fliessendem Wasser). Fedrizzi 
sagt, dass er auch nicht ein Exemplar der Gattung Scolo- 
pendra gefunden habe, vermuthet aber diese Thiere im Archese- 
thale in Gemeinschaft mit der echten Tarantel (Fedr. 18, 
1878 p. 51). 

3. Fam. Scolopendridae Newp. 

1. (3.) Gattg. Cryptops Leach. 

1. (32.) Cr. punctatus C. Koch—Latzel |. c. I. p. 151. 
Verbr. I—III. S. Diese bisher nur aus dem österreichischer. 
Küstenlande, aus Niederösterreich und Ungarn bekannt ge- 
wordene Art fing ich am Monte Baldo (Heller 22, p. 52, 
Dalla Torre 23, p. 65). 

2. (33.) Cr. hortensis Leach—Latzel |. c. I. p. 153. 
Synon, Cr. Savignyi Leach bei Fanzago, Canestrini, Fedrizzi. 
Verbr. Im Trentino gemein (Fanzago 10, p. 54, Canestrini 
12, p. 34 und Fedrizzi 17, p. 63); auch Gredlers unbe- 
kannte Cryptopsart vom Puflatschberge bei Ratzes wird 
wobl sicher hieher gehören (5, p. 64). Nach Latzel dürfte 
diese Scolopendride in ganz Tirol verbreitet sein. Als besondere 
Fundorte verzeichnet er Kufstein (Fuss des Hochkaisers und 


Ben rn 


linkes Ufer des Inn), Mittelgebirge im Norden von Innsbruck, 
Brenner, Sterzing, Bozen, Meran, Riva, Bruneck, Lienz. 
4. Fam. Geophilidae Leach, 

1. (4.) Gattg. Mecistocephalus Newp. 

1. (84.) M. carnidlolensis ©. Koch—Latzel |, c. 

Lp 162: 
Verbr. I—III. C. S. Wurde von Meinert (9, p. 95) bei 
Bad Ratzes, von mir im Windisch-Matreier Gebirge ge- 
funden (Heller 22, p. 52, Dalla Torre 23, p. 66), während 
ihn Prof. Latzel im Pusterthale bei Bruneck und Lienz 
sammelte. 

2. (5.) Gattg. Geophilus Leach, 

1. (35.)G.mediterraneus Mein. — Latzell.c. I. p. 169. 
Verbr. Prof. Latzel fing vier Stürke dieser Art in Süd- 
tirol bei Bozen und auf dem Wege von Mori nach Riva, 

2. (36.) G. ferrugineus C. Koch—Latzell. c. I. p. 171. 

Synon: G. maxillaris Gerv, bei Fanzago. 
Verbr. Nach Prof. Gredler (5, p. 35) bei Bad Ratzes allenthalben 
in Wäldern, in Strünken und unter Steinen; auch von Prof. 
Meinert (9, p. 89) daselbst gefunden. Im Trentino sehr gemein 
(Fanzago 10, p. 59) bei Sfruzzo, St. Romedio, Molaro, Spor- 
minore, Valie d’Adige, Roveredo, Mezzotedesco nach Fedrizzi 
(17, p. 69). Dr. Latzel fing das Thier am Fusse des Hoch- 
kaiser bei Kufstein, im Zillerthal, im Mittelgebirge nördlich 
vou Innsbruck, bei Sterzing, im Sarnthale bei Bozen und 
Bruneck. Ausserdem lagen ihm Stücke dieser Art aus der 
Umgebung von Roveredo (Museo civico) und Bad Ratzes vor; 
letztere hatte Herr Dr. H. Krauss gesammelt. 

3. (37.) G. flavidus C. Koch—Latzel |. c. I. p. 175. 
Verbr. Nach Fedrizzi (17, p. 74) im Trentino sehr gemein, 
so bei Roveredo, Trient, Mezzotedesco, Sporminor, und 
Sfruzzo. Latzel hat dieses in den übrigen Alpenländern 
Oesterreichs und auf der Balkanhalbinsel so häufige Thier 
in Tirol nicht erbeutet. 

4. (38.) G. longicornis Leach—Latzel |. c. I. p. 179, 
Synon, G, flavus Deg. bei Fedrizzi. 


ASS oa 


Verbr. Gemein im Val di Non, seltener im Etschthale: bei 
Salurn (Fedrizzi 17, p. 67). 

var. austriacus Latz. ist auch in Tirol anzutreffen ; 
Latzel verzeichnet ihn aus den Wäldern des linken Inn- 
ufers bei Kufstein, von den Gehängen des Achensees, des 
Zillerthales, von der Waldregion des Patscherkofels. Im Hof- 
museum in Wien befindet sich ein Stück von Kitzbühel. 


5. (39.) G. proximus C. Koch—Latzel 1. e. I. p. 184. 

Synon: G. alpinus Mein. bei Meinert, G. palustris Fanz,, 
non Koch bei Fedrizzi. 
Verbr, I—IV. N. Diese Art, welche von Prof. Gredler 
(5, p. 63) „am Ostabhange der Seiseralpe* entdeckt wurde 
und später auch von Prof. Meinert bei Bad Ratzes auf- 
gefunden wurde (9, p. 76), sammelte Prof, Heller auch auf 
dem Stempeljoch und bei Brixlegg (Heller 22, p. 52, Dalla 
Torre 23, p. 66) und Fedrizzi (15, p. 140 und 18, p. 66) 
im Val di Non und bei Levico. Nach Latzel bei Kufstein, 
am Achensee, im Norden von Innsbruck, im Stubaithal, auf 
dem Brenner und bei Lienz, 

6. (40.) G. electricus Linne—Latzel ].c. I. p. 187. 
Verbr. Nach Gredler (5, p. 36) bei Bozen in fetter Garten- 
erde, nach Fedrizzi (17, p. 72) bei Sporminore im Val di 
Non und bei Mezzotedesco, Von Latzel wurde dieses in Oester- 
reich ziemlich seltene Thier in Tirol nicht beobachtet. 

7. (41.) G. linearis ©. Koch—Latzel ]. c. I. p. 189. 
Verbr. Wird von Fedrizzi (17, p. 65) aus Sfruzzo im Val 
di Non und aus Salurn angeführt. Prof. Latzel fand diese Art 
bei Bozen und im Sarnthale; auch erhielt er vom Museo 
civico von Roveredo ein Stück aus dieser Gegend zur Be- 
stimmung. 

Ueberdies werden für Tirol noch folgende Arten an- 
gegeben : 

G. bistriatus C. Koch Von Roenna im Val di Non 
(Fedrizzi 17 p. 65); dürfte identisch sein mit Schendyla 
nemorensis ©, Koch. 


Bug, 2. 


G. Cavannae Fanz, (— carpophagus Fanz. non Leach.) 
aus dem Trentino (Fanzago 10 p. 60): Sfruzzo, Coredo, St. 
Romedio und Malaro im Val di Non, Mezzotedesco, Salurn 
und Levico. (Fedrizzi 17, p. 64.) Scheint synon. mit Chaete- 
chelyne vesuviana Newp. 

3. (6.) Gattg. Scolioplanes Bergs. u. Mein. 

1. (42.) Sc. acuminatus Leach—Latzel |. o. I. p. 192. 

Synon. Geophilus sanguineus Gerv. bei Canestrini. 
Verbr. Wurde von Meinert (9, p. 51) bei Bad Ratzes und 
nach Canestrini (12, p. 34) im Trentino gefunden. Prof. 
Latzel fieng einige Stücke auf den Gehängen am Achensee 
und auf den Lanserköpfen bei Innsbruck; ferner besitzt das 
Hofmuseum in Wien einige Stücke von Kitzbühel und vom 
Rosettapass (Weg von S. Martino nach Pieve.) 

2. (43.) Sc. crassipes C. Koch—Latzel |. c. I. p. 194. 

Synon. G. anauniensis Fedr. bei Fedrizzi. 
Verbr. I—III; 5. Von Prof. Meinert (9, p. 50) auf der 
Seiseralpe, von mir (Heller 22, p. 52; Dalla Torre 23, p. 66) 
auf dem Monte Baldo, von Fedrizzi (16, p. 97 und 17, p. 67) 
bei Sporminore und auf anderen höher gelegenen Punkten im 
Val di Non gefunden. Latzel kennt die Art von Innsbruck 
(nördl. Mittelgebirge), von Bozen, Meran und Bruneck. 

4. (7.) Gattg. Schendyla Bergs. und Mein. 

1. (44.)Sch. nemorensis C, Koch—Latzel |. e. I. p. 198. 

Synon. G. tirolensis Mein. bei Meinert. 
Verbr. Diese Art wurde zuerst von Prof. Meinert (9, p. 
56 und 73) bei Bad Ratzes, später von Fedrizzi (17, p. 71) 
bei Coredo im Val di Non gefunden; der Fundort Stempel- 
Joch im nördlichen Kalkalpenzuge ist durch kein Exemplar 
belegt. (Dalla Torre 23, p. 66). Latzel fand das Thierchen 
nur bei Sterzing. 

5. (8.) Gattg. Chaetechelyne Mein. 

1. (45.) Ch. vesuviana Newp.—Latzel l. c. I. p. 201. 
Synon. G. Canestrini Fedr. bei Fedrizzi. 

Verbr. Dr. Fedrizzi (16, p. 96 und 17, p. 63 fieng diese Art 
unter Steinen an feuchten und kalten Stellen in einer Höhe 

Naturw.-med. Verein 1887/88. 7 


a Ye ae, 


von 1000m im Val di Non, so bei Rovenna u. s. w. Dr. 
Latzel kennt dieses Thier von Bozen, aus dem Sarnthale und 
von Meran; auch von Roveredo (Museo civico) lagen ihm 
einige Stücke zur Bestimmung vor. 


2. (46.) Ch. montana Mein.—Latzel 1. c. I. p. 203. 
Verbr. Bisher nur aus Südtirol bekannt, wo Meinert (9, p. 47) 
ein Exemplar bei Bad Ratzes fieng. Prof. Latzel fieng ein weiteres 
bei Bruneck ; letzterem lag auch ein Stück aus Roveredo vor. 


6. (9.) Gattg. Dignathodon Mein. 

1. (47.)D. microce phalum Luc.—Latzel |. c. I. p. 209. 
Verbr. Von Prof. Latzel in Tirol zwischen Mori und Riva 
aufgefunden. 

7. (10.) Gattg. Stigmatogaster Latz. 

1. (48.) St. gracilis Mein —Latzel l. c. I. p, 212. 
Syuon. Geophilus laevipes ©. Koch bei Fanzago und Fedrizzi. 
Verbr. Gleichfalls bisher nur von Prof. Latzel im südlichen 
Tirol beobachtete, und zwar bei Meran; auch das Museo 
eivico von Roveredo besitzt ein Stück aus der Umgebung 
dieser Stadt. Fanzago (10, p. 62) verzeichnet sie aus dem 
Trentino, Fedrizzi (18, p. 74) aus Tavon und Sporminore im 
Val di Non. 

8. (11.) Gattg. Himantarium C. Koch. 

1. (49.) Hi. rugulosum C. Koch. 

Verbr. Prof. Latzel sah Himantarien aus der Gegend 
von Roveredo, welche sicher die Art H. regulosum 
C. Koch reprösentieren, da sie ungefähr 101 Beinpaare hatten; 
Fedrizzi (18, p. 74) gibt dieselbe von Maroche-Marco bei 
Roveredo an (Geopkilus rugulosus ©. Koch). 

Hi. Gabrielis Linne— Latzel ]. c. I. p. 215. 
Verbr. Dieses mediterrane Thier wird von Pollini (2, p. 32) 
aus der Gegend des Gardasees erwähnt. Es ist kein Grund 
vorhanden, an der Richtigkeit der Bestimmung zu zweifeln, 
wohl aber, an der Provenienz innerhalb der Grenzen Tirols. 

II. Ordn. Symphyla. Ryder. 

1. (5.) Fam. Scolopendrellidae Newp. 


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1. (12.) Gattg. Scolopendrella Gerv. 

1. (50.) Sc. immaculata Newp.—Latzel |. c. II.p. 15. 
Verbr. I-IIH. C. — Von Prof Latzel auch noch in der 
Hochgehirgsregion beobachtet; er fieng sie bei Kufstein, im 
Zillerthal, am Achensee, bei Innsbruck, auf dem Patscher- 
kofel u. s. w. 

II. Ordn. Diplopoda Blainv.-Gerv. 

1. (6.) Fam. Polyxenidae Gray und Jones. 

1. (13.) Gattg. Polyxenus Latr. 

1. (51.) P. Lagurus Linné—Latzel |. c. II. p. 74. 
Verbr. Zuerst von Prof. Canestrini (11, p. 35) im Trentino 
aufgefunden. Dr. Latzel sammelte das Thierchen bei Pertisau 
am Achensee und in der Nähe von Sterzing in trockenen 
Föhren- und Lärchenwäldern, theils unter der Rinde dieser 
Bäume, theils unter Steinen. 

2. (7.) Fam. Glomeridae Leach. 

1. (14.) Gattg. Glomeris Latr. 

1. (52.) Gl. tirolensis Latz.—Latzel |. c I. p. 97. 
Verbr. Von Prof. Heller in einem männlichen und zwei 
weiblichen Stücken in Tirol erbeutet. 


2. (53.) Gl. marginata Vill.—Latzel |. c. II. p. 98. 
Verbr. Diese besonders im westlichen Deutschland und Frank- 
reich einheimische Art wurde zuerst von Prof. Gredler 
(5, p. 35) bei Bozen „selten“ aufgefunden; Canestrini (11, 
p. 35) und Fanzago (15, p. 243) erwähnen sie aus dem Val 
di Non, Fedrizzi (17, p. 87) nennt sie geradezu „gemein im 
ganzen Trentino.“ Dr. Latzel hat sie nicht gefunden. 

3. (54.) Gl. cingulata C. Koch—Latzel l.o.1I. p. 100. 

var. intercedens Latzel — wurde von Prof. Latzel nach 
einem in Tirol aufgefundenen Exemplare aufgestellt; es stammt 
nach Prof. Heller aus Obergurgl (Heller 22, p. 53; Dalla 
Torre 23, p. 66.) 

4. (55.) Gl. trans alpinaC. Koch—Latzell.c. II. p. 101. 
Verbr. II—IV; C. S. Von Prof. Heller auf dem Arlberg, 
im Praxmar und auf dem Stilfserjoch, von mir im Paznaun 
gefunden. (Heller 22, p. 53; Dalla Torre 23, p. 66). 

1: 


Be de 


5. (56.) Gl. pustulata Fabr.—Latzel |. c. II. p. 104. 

Synon. Gl. rufoguttata C. Koch bei Koch u. Gredler; 
Gl. bimaculata Fabr. bei Fedrizzi. 

Verbr. Diese für Vorarlberg von Koch (7, p. 82) 
zweifelhaft angeführte Art ist nach Gredler (5, p. 35) „bei 
Bozen soweit porphyrische Unterlage reicht, auf warmen Ab- 
hängen überaus gemein, zu ganzen Gesellschaften unter allen 
Steinen — nach Koch (6 p. 33) bei Bad Ratzes mit Gl. 
connexa gegen das Grödner Thal anzutreffen; Canestrini (11, 
p. 35) erwähnt sie vom Val di Non, Arco und Levico; 
Fedrizzi (17, p. 88) nennt sie in allen Thälern des Trentino 
„sehr gemein“. Latzel kennt diese Art von Sterzing, Bozen, 
Meran, Roveredo, aus dem Val di Ledro bei Riva und von 
Bruneck. Bei Meran und Riva traf er stellenweise 20—50 
Stücke unter einem Steine beisammen. 

6. (57.) GL guttata Risso—Latzel |. c. II. p. 106. 
Verbr. Von Fedrizzi (17, p. 87) bei Sfruzzo im Val di 
Non aufgefunden. 

7. (58.) Gl. connexa C. Koch—Latzel 1. c. II. p. 107. 
Verbr. Von Koch (6, p. 33) bei Bad Ratzes gegen das 
Grödner Thal mit Gl. pustulata; von Fedrizzi (17, p. 89) 
aus Salurn, auf Kalkboden lebend („serr. cretaco“) erwähnt. 
Dr. Latzel sammelte diese Thiere im Zillerthal, im Norden 
von Innsbruck (in den Steinbrüchen und im Walde unter 
Steinen), auf dem Brenner, bei Sterzing und Bozen, sowie im 
Val di Ledro. Auch aus der Umgebung von Roveredo kam 
ihm das Thier zu. Im Gymnasial-Cabinete befinden sich 
Exemplare aus dem Innthale. 

8. (59.) Gl. hexasticha Brandt—Latzel |. c. II. p. 110. 
Verbr. Diese in der ganzen österr.-ungar. Morarchie weit 
verbreitete, in Tirol aber wie es scheint ziemlich seltene Art 
wurde von Prof. Heller auf dem Lafatscherjoch, von Gredler 
(Koch 6, p. 32) bei Bad Ratzes, von Derold auf Joch Grimm 
gefunden. (Heller 22, p. 53; Dalla Torre 23, p. 66); weitere 
Angaben aus dem südlichen Tirol fehlen, vermutlich wurde 
die Art von den italienischen Forschern verkannt. Professor 


er 


an: = 


Latzel verzeichnet diese Art von Kufstein, von den Gehän- 
gen des Achensees und von Bruneck. 

7.(60.) Gl. multistriata ©.Koch—Latzell.c.II.p. 115. 
Verbr. Von Prof. Latzel in Tirol bei Lienz aufgefunden. 

10. (61.) Gl. tridentina Latz.—Latzel |. c. II. p. 118. 

Synon. Gl. quadripunctata Fedr. non Brandt. 
Verbr. Von Fedrizzi (15, p. 129 und 17, p. 87) bei Mezzo- 
tedesco und häufig im Val di Non beobachtet. Dr. Latzel 
sammelte das Thier bei Bozen, im Sarnthale und bei Riva; 
auch die Exemplare im Gymnasial-Cabinete stammen aus 
Südtirol. 

11. (62.) Gl. conspersa C. Kooh—Latzel |. c. p. 120. 
Verbr. Von Prof. Latzel in mehreren Exemplaren in Tirol 
gefunden ; er unterscheidet darunter 

var. irrorata C. Koch 

var. coccinea Latz. und 

var. exoellens Latz. Als besondere Fundorte hat er 
verzeichnet: Lienz, Roveredo, Val di Ledro bei Riva. 

Eine weitere Art, 

Gl. Gredleri L. Koch (6, p. 33), ist undeutbar; sie 
wurde von Prof. Gredler bei Bad Ratzes im Anstiege zum 
Schlern gefunden und nach diesen Exemplaren beschrieben. 

3. (8.) Fam. Polydesmidae Leach. 

1. (15.) Gattg. Brachydesmus Hell. 

1. (63.) Br. superus Latz.—Latzel |. c. II. p. 130. 
Syn. Pol. pilidens Fedr. von C. Koch. 

Verbr. Von Fedrizzi (17, p. 110) bei Levico entdeckt. 

2. (16.) Gattg. Polydesmus Latz. 

1. (64.) P. tridentinus Latz.—Latzel |. c. II. p. 140. 
Verbr. Das einzige Stück, welches von Prof. v. Cobelli in 
Roveredo aus dem Museo civico an Prof. Latzel eingeschickt 
wurde, dürfte in der Umgebung von Roveredo selbst gefunden 
worden sein. 

2.(65.)P. denticulatus C. Koch—Latzel l.c. IL. p. 141. 
Synon. P. Fanzagoi Fedr. u. P. scabratus ©. Koch bei 
Fedrizzi; P. edentulus C. Koch bei Fanzago. 


De = 


Verbr. I—III; S. Die Exemplare der Universitats- 
sammlung stammen von der Seiseralpe (Heller 22, p. 53, 
Dalla Torre 23, p. 66); Fedrizzi (17, p. 107 u. 109) ver- 
zeichnet sie von Maser, Roveredo und Levico. Dr. Latzel 
sammelte diese Art am Fusse des Hochkaisers und am linken 
Ufer des Inn bei Kufstein, am Achensee, im Zillerthal und 
in der Waldregion des Patscherkofels. 


3. (66.) P. complanatus Linné—Latzel |. c. II. p. 150. 
Verbr. Diese bereits von Pollini (2, p. 32) vom Gardasee 
aufgeführte Art ist überall im Gebiete verbreitet; so ist sie 
nach Gredler, (5, p. 36) bei Bozen häufig auf Flussbeeten 
und in Wäldern unter Steinen und Laub, Canestrini (11, p. 35) 
erwähnt sie aus dem Val di Non und Arco, sowie Fedrizzi (17, 
p- 106) aus den Thälern des Trentino; Prof. Latzel fand das 
Thier überall, wo er nach Myriopoden suchte; ich besitze 
Stücke von 13 verschiedenen Fundstellen, darunter auch die 
aus den Tiroler Alpen bereits von Prof. Latzel angeführten. 


var. monticola Latz. aus der Centralalpenkette um 
Innsbruck, Lienz, Windisch-Matrei und Oetzthal; Prof. Heller 
sammelte sie im nördlichen Kalkalpenzuge auf dem Lafatscher- 
joch und Stempeljoch, ferner auf der Stamseralpe und auf 
dem Stilfserjoch; Derold auf Joch Grimm (Heller 22, p. 53; 
Dalla Torre 23, p. 66). 


4. (67.) P. edentulus C. Koch—Latzel 1. c. II. p. 154. 

Synon. P. testaceus C. Koch, P. pennsylvanicus C. Koch und 
P. macilentus C. Koch bei Fedrizzi. 
Verbr. I—III; S. Bisher nur im südlichen Tirol und zwar 
auf Joch Grimm von Derold (Heller 22, p. 53, Dalla Torre 
32 ,p. 66), dann im Trentino, so im Val di Non bei St. 
Romedio, Coredo und Sporminore, bei Salurn und Levico 
beobachtet von Fedrizzi (17, p. 107 u. p. 109). Latzel verzeich- 
net das Thierchen von Bozen und Roveredo. 


P. setiger L. Koch ist eine von Prof. Gredler auf dem 
Puflatsch bei Bad Ratzes unter Steinen gefundene, von L. Koch 
(6, p. 34) neubeschriebene, undeutbare Art; wahrscheinlich 


on Le 


aber synonym mit Atractosoma bohemicum Ros. und nach 
Latzel jedenfalls kein Polydesmus. 


3. (17.) Gattg. Strongylosoma Brandt. 

1. (68.) St. pallipes Oliv.-Latzel |. c. II. p. 168. 
Synon. St. corrugatum C. Koch bei Fedrizzi. 
Verbr. Fedrizzi (17, p. 105) sammelte diese Art bei Arco 
und Mezzotedesco. 


4 (9) Fam. Chordeumidae C. Koch. 

1. (18.) Gattg. Rhiscosoma Latz. 

1. (69.) Rh. alpestre Latz—Latzel |. c. II. p. 174. 
Verbr. Diese Art wurde von Prof. Latzel in Tirol entdeckt; 
er fand ein Exemplar auf den Gehängen um den Achensee. 

2. (19.) Gattg. Atractosoma Fanz. 

1. (70.) A. meridionale Fanz.—Latzel |. c. II. p. 177. 


var. alpinum Latz. wurde von Fedrizzi (17, p. 105) 
bei Levico und St. Michele gefunden. Latzel sammelte die 
Art auf dem kahlen Gipfel des Patscherkofels und im Sarn- 
thale bei Bozen; auch sah er Stücke, welche Dr. Herm. 
Kraus von Bad Ratzes mitgebracht hatte. 


2. (71.) A. Canestrinii Fedr.—Latzel |. o. II. 183. 
Synon. Crasp. polydesmoides Mont. bei Fanzago. 
Verbr. Diese zuerst von Canestrini (11, p. 35) für das 
Trentino neuaufgefundene Art wurde von Fedrizzi (17, p. 104 
u. 19, p. 380) bei Levico, Sporminore und San Michele 
gefunden. 


3. (72.) A. athesinum Fedr.—Latzel |. c. II. p. 183. 
Synon. Crasp. Rawlinsii Leach bei Fanzago. 
Verbr. Diese Art wurde zuerst von Fanzago (15, p. 256) 
aus dem Trentino angeführt; Fedrizzi (17, p. 105 u. 19, 
p- 382) fand sie bei St. Michele, Lavis und Levico an heissen 
Stellen. 


4. (73.) A. bohemicum Rsck.—Latzel |. c. II. p. 186. 
Verbr. Wurde von Prof. Latzel in Tirol in mehreren Stücken 
gefangen und zwar auf dem Patscherkofel und im Stubaithal- 


an 


3. (20.) Gattg. Craspedosoma Leach. 

1. (74) Cr. Rawlinsii Leach—Latzel ]. c. I. p. 191. 
Verbr. Prof. Canestrini (17, p. 35) verzeichnet diese Art 
aus Levico; nach ihm, ohne neue Fundstellen beizubriugen 
Fedrizzi (19, p. 384 u. 17, p. 104). 

2. (75.) Cr. oribates Latz.—Latzel |. c. II. p. 194. 
Verbr. Die Exemplare der Universitätssammlung stammen 
aus Tirol (Stilfserjoch ?). 

3. (76.) Cr. mutabile Latz.—Latzel. |. c. II. p. 199. 
Synon. Chordeuma sylvestre ©. Koch bei Fedrizzi. 
Verbr. Diese häufigste Art der ganzen Gattung Craspedosoma 
wurde von Fedrizzi (19, p. 386 u. 17, p. 103) bei Salurn 
gefunden; Prof. Latzel, welcher Exemplare am Achensee, auf 
den Lanserköpfen, bei Bozen, Lienz und Riva fieng, unter- 
scheidet unter den einheimischen Formen 

var. nigrescens Latz. und 

var. fasciatum Latz. 

4. (77.) Cr. levicanum Fedr.—Latzel s. c. II. 204. 
Verbr. Von Fedrizzi (19, p. 384 u. 17, p. 104) bei 
S. Michele und Levico gefunden; die Art blieb Prof. Latzel 
unbekannt. 

5. (78.) Cr. flavescens Latz.—Latzel |. c. II. p. 206. 
Verbr. In einem Stücke vom Autor, Prof. Latzel, auch in 
Tirol gefangen. 

4. (21.) Gattg. Chordeuma C. Koch. 

1. (79.) Ch. silvestre ©. Koch—Latzel, ]. c. Il. p. 210. 
Verbr. Von Prof. Latzel in mehreren Stücken bei Bozen 
und im Sarnthale gesammelt. Die meisten und schönsten 
Stücke dieser Art fand er auf der Südseite von Bozen unter 
moosbewachsenen Steinen, die das alte Bett eines Giessbaches 
bildeten. 

5. (10.) Fam. Julidae Leach. 

1. (22.) Gattg. Isobates Menge. 

1. (80.) I. variicornisC. Koch—Latzel 1. c. II. p. 240, 
Verbr. Von Prof. Latzel in Tirol gefangen und zwar im 
Zillerthal, nahe der Mündung ins Innthal. 


ng 


2. (83.) Gattg. Blaniulus Gerv. 

1. (81.) Bl. venustus Mein. —Latzel |. c. II. p. 244. 
Synon. Bl. pulchellus ©. Koch bei Fedrizzi. 

Verbr. Bisher nur aus der Gegend von Salurn von Fedrizzi 
(17, p. 102) verzeichnet, 

2. (82.) Bl. fuscus Am Stein—Latzel |. e. II. p. 248. 
Verbr. Von Prof. Latzel in 7 Stücken in Tirol gefunden 
und zwar auf den Gehängn um den Achensee und im 
Zillerthal. 

Bl. pallidus Fedr, ist nach Prof. Latzel (21, p. 244, 
Note) höchst wahrscheinlich ein junger Julus, der bei St. 
Michele gefunden wurde. 

3. (24.) Gattg. Julus Brandt. 

1. (83.) J. nanus Latz.—Latzel |. c. II. p. 264. 
Verbr. In einigen wenigen Exemplaren von Prof. Latzel in 
Tirol gefunden und zwar bei Kufstein, am Achensee und bei 
Lienz. Auch aus der Umgebung von Roveredo lag ihm das 
Thier zur Bestimmuug vor. 

2. (84.) J. molybdinus C. Koch—Latzel l.c. II. p. 272. 
Verbr. Gleichfalls nur in einigen wenigen Stücken von Prof. 
Latzel in Tirol gefunden, und zwar bei Lienz. 

3. (85.) J. foetidus C. Koch—Latzel |. ce. II. p. 278. 
Verbr. Diese in manchen Gegenden Oesterreich-Ungarns häufig 
vorkommende, sehr interessante Art wurde bisher nur vou 
Prof, Latzel in Tirol beobachtet; er fieng sie bei Lienz. 

4. (86) J. pusillus Leach—Latzel |. c. Il. p. 281. 
Verbr. Von Canestrini (11, p. 35) im Val di Non gefunden ; 
andere Fundstellen liegen nicht vor. 

5. (87.) J. boleti C. Koch—Latzel |. c. II. p. 286. 
Synon. J. Londinensis Leach bei Fedrizzi. 

Verbr. Von Fedrizzi (17, p. 92) bei Sfruzzo im Nonthale, 
dann bei Arco und Mezzotedesco aufgefunden. Die Art ist 
mehr im Osten der Monarchie verbreitet. 

6. (88.) J. italicus Latz—Latzel |. c. Il. p. 289, 
Synon. J. dalmaticus C. Koch bei Fedrizzi. 


Se (5) We 


Verbr. Nach Fedrizzi (17, p. 92) im Val di Non selten, 
sehr häufig dagegen in Mezzotedesco, bei Salurn, S. Michele, 
Lavis und Trient. 

7. (89.) J. luridus C. Koch—Latzel |. o II. p. 291. 
Synon, J. alpinus L. Koch bei Gredler. 

Verbr. I—IV; N. C. Von Prof. Heller auf dem Lafatscher- 
joch urd Sonnenwendjoch, von mir im Paznaun gefunden 
(Heller 22, p. 53; Dalla Torre 23, p. 66); von Prof. Gredler 
bei Bad Ratzes erinnerlich am Puflatschberge gesammelt und 
nach diesen Exemplaren von L. Koch (6, p. 33) beschrieben. 

Auch var. fulviceps Latz. wurde vornehmlich in Tirol 
beobachtet. Prof. Latzel erhielt dieses Thier aus der Umgebung 
von Roveredo zugeschickt und sammelte selbst ziemlich viele 
Stücke am Fusse des Hochkaiser und am linken Ufer des Inn 
bei Kufstein, auf den Gehängen des Achensees, im Mittel- 
gebirge nördlich von Innsbruck, auf den Lanserköpfen, in der 
Waldregion des Patscherkofels, im Stubaithale, bei Sterzing, 
Bozen und Lienz. 

8. (90.) J. austriacus Latz.—Latzel |. c. II. p. 296. 
Synon. J. fasciatus C. Koch bei Gredler. 

Verbr. Diese bei Bozen von Prof. Gredler (5, p. 35) eut- 
deckte Art wurde weiters von Prof. Latzel auch bei Lienz 
und auf den Lanserköpfen bei Inusbruck gefuiden. 

9. (91.) J. unilineatus ©. Koch—Latzel |. c. II. p. 302. 
Verbr. L—IV.; S. Diese Art wurde von Prof. Heller zuerst 
auf dem Stilfserjoch beobachtet; Latzel fieng sie im unteren 
Innthale, Zillerthale, sowie bei Bruneck. 

1”. (92.) J. albolineatus Luc—Latzel |. c. p. 305. 
Synon.J.unilineatus C. Koch bei Fedrizzi (p. pte.) u. Dalla Torre. 
Verbr. Nach Fedrizzi (17, p. 95) bei Roveredo und Arco 
sehr gemein; seltener um Trient und S. Michele, Salurn und 
Levico; auch Stiicke vom Stilfserjoch, von Prof. Heller mit 
voriger gesammelt, liegen vor. (Heller 22, p. 53; Dalla Torre 
23, p. 67.) Prof. Latzel sammelte das Thier auf dem Wege 
zwischen Mori und Riva; auch Julus spec. Gredler von Bad 
Ratzes und Gröden dürfte hieher gehören. 


Sat: Mes 


11. (93.) J. montivagus Latz.—Latzel |. c. II. p. 308. 
Verbr. Von Prof. Heller in Tirol gesammelt und zwar auf 
der Seiseralpe, dem Lafatscherjoch und Monte Baldo. 

var. elucens Latz, stammt aus Südtirol. 

12. (94.) J. trilineatus C. Koch—Latzel |. c. II. p. 310. 
Synon, J. ferreus ©. Koch bei Fanzago und Fedrizzi, J. 
serpentinus ©. Koch bei Canestrini, Fedrizzi und Gredler. 
Verbr, I—IV; N. C. Diese ziemlich häufige Art wurde 
zuerst von Prof. Gredler (5, p. 33) bei Bozen an Flussufern, 
und bei Bad Ratzes gefunden; Prof. Heller fieng sie im nörd- 
lichen Kalkalpenzuge auf dem Lafatscherjoch, ich bei Windisch- 
Matrei (Heller 22, p. 53, Dalla Torre 23, p. 67); nach 
Prof. Canestrini (11, p. 35) findet sie sich im Norsthale; 
Fedrizzi (17, p. 93 und 94) nennt sie sehr gemein um 
Roveredo und Arco, sehr häufig bei Sporminore, Denno, 
Molaro, Sfruzzo, Lavis, S. Michele und Salurn, Prof. Latzel 
kennt die Art aus dem Sarnthale bei Bozen, von Meran, 
Mori, Riva und Roveredo. 

13. (95.) J. longabo C. Koch - Latzel I. c. II. p. 313. 

Synon, J. nemorensis C, Koch bei Canestrini, Fanzago und 
Fedrizzi; J. colubrinus Fedr, bei Fedrizzi. 
Verbr. Im Val di Non nach Canestrini (11, p. 35), doch 
selten, z. B. bei Sfruzzo und Malaro; häufiger im Etschthale 
(Fedrizzi 17, p. 93 und 95). Prof. Latzel sammelte das Thier 
am Fusse des Hochkaiser und am linken Ufer des Inn, auf 
den Gehängen des Achensees, im Zillerthale, in der Wald- 
region des Patscherkofels, im Sarnthale bei Bozen, bei Meran, 
Mori, Riva, Bruneck und Lienz. 

14. (96.) J. fallax Mein. —Latzel |. o. Il. p. 316. 
Synon. J. terrestris Linn. bei Moll, Ambrosi, Gredler, 
Canestrini, Fanzago, Fedrizzi, Heller und Dalla Torre. J. eiliatus 
Fedr. bei Fedrizzi; J. albipes C. Koch bei Koch und Fedrizzi. 
Verbr. I—IV, N. C. S. — Von dieser zweifellos häufigsten 
Art der Gattung und wohl der Myriopoden überhaupt liegen 
Angaben mit oder ohne Belegexemplare vor aus den nörd- 
lichen Kalkalpen: vom Muttekopf (v, Vogl) Lafatscherjoch, 


— 100° — 


Stempeljoch und Stanserjoch (Prof. Heller), Sonnwendjoch 
(H. Lechleitner); aus den Centralalpen: Oetzthal (Prof. Heller), 
Zillerthal „Siebzehnfuss“ (Moll 1, p. 363), Bozen, mehr der 
montanen Region eigen (Gredler 5, p. 35) und Bad Ratzes 
(Koch 6, p. 33) endlich Trentino (Ambrosi 3, p. 298), wo 
sie im Val di Non, dann im Etschthal, bei Levico, Roveredo 
und Arco von Canestrini (11, p. 35) und Fedrizzi (17, p. 94, 
95 und 96) gefunden wurde, Dr. Latzel verzeichnet als 
tirolische Fundorte: Achensee, Zillerthal, Umgebung von Inns- 
bruck, Lanserköpfe, Patscherkofel einschliesslich des Gipfels, 
Stubaithal, Brenner, Sterzing, Roveredo, Windisch-Matrei. Aus 
Tirol wurden ferner folgende Varietaeten diagnostiziert: 

var. oribates Latz., 

var. vagabundus Latz, die gemeinste Form, und 

var. noricus Latz. Prof. Oskar Simony in Wien 
brachte einige weibliche Stücke vom Gipfel der Croda di Lago 
im Ampezzanerthale mit, die Prof. Latzel vorläufig als J. fallax 
var. monticola bezeichnet. Sie sind brausschwarz, grösser als 
var. oribates, kleiner als var. vagabundus, ihre Beine auf- 
fallend lang. 

15. (97.) J. sabulosus Linné—Latzel |. ¢. II. p. 327. 
Synon. J. parallelus C. Koch bei Canestrini und Fanzago; 
J. rubripes C. Koch bei Fanzago und Fedrizzi; J. roseus 
Fedr. bei Fedrizzi; J. quadripunctatus Fanz. bei Canestrini, 
Fanzago und Fedrizzi u. J. biliveatus C. Koch bei Heller 
und Dalla Torre. 

Verbr. I—IV; N. C. S. Auch diese Art ist sehr gemein. 
Die Exemplare der Universitätssammlung stammen vom 
Lafatscherjoch (Prof. Heller) nnd Muttekopf (v. Vogl); vom 
Arlberg und Obergurgl (Prof. Heller), aus Patznaun (Dalla 
Torre) und vom Monte Lancia (Biasioli und Derold); nach 
Prof. Gredler (5, p. 35) findet sich die Art um Bozen häufig 
zwischen den Beeren der Weintrauben; eine schöne Varietaet 
fieng er bei Bad Ratzes auf der Seiseralpe gegen den Com- 
munberg zu (Koch 6, p. 33); aus dem Trentino endlich ver- 
zeichnen sie alle italienischen Forscher (Fanzago 12, p. 150, 


Be; 


— 101 — 


13, p. 74; 14, p, 270 und 275), Fedrizzi 17, p. 97 u. 99); 
speciell Canestrini (11, p. 35) führt sie von Arco und Levico, 
sowie aus dem Val di Non an; (Fedrizzi 15, p. 136 und 
17, p. 98 und 99) führt die Fundorte Struzzo und Sporminore 
an. Dr. Latzel sammelte diese Art im unteren Innthal, beson- 
ders um Kufstein, im Zillerthal, bei Innsbruck, im Stubaithal, 
bei Bozen, wo das Thier bedeutend abändert, sowie bei Meran, 
Mori, Riva und Lienz, Ausserdem erhielt er einzelne Stücke 
aus dem obern Innthal, von Roveredo und vom Col di Chieri, 
einem Vorberge des M, Cristallo bei Cortina, 

In Tirol wurden gefunden: 

var. bifasciatus Fanz. 

var. punctulatus Fanz. 

var. apunctulatus Fedr. und 

var. extinctus Latz.; 

var. rubripes C. Koch wurde nach Fanzago (15, 
p. 74) und Fedrizzi (15, p. 136 und 17, p. 98) bei Sfruzzo 
im Val di Non gefunden. 

16. (98.) J. oxypygus Brandt—Latzel |], ce. II. p. 332. 
Verbr. Fedrizzi (17, p. 131 und 17, p. 93) giebt an, diese 
Art im Val di Non, bei Sfruzzo, Molaro und Sporminore 
gefunden zu haben, doch bezweifelt Prof. Latzel die Richtig- 
keit der Bestimmung dieser bisher blos aus Sizilien bekannt 
gewordenen Art, da ihm noch kein Exemplar aus Oesterreich- 
Ungarn vorgekommen ist. 

17.(99.) J.mediterraneusLatz. — Latzell. c. II. p.337. 
Verbr. Diese Art wurde bisher mit Sicherheit blos in 
Andalusien und den Östpyrenäen, dann in Mittelfrankreich und 
Oberitalien gefunden, dürfte jedoch höchst wahrscheinlich bis 
Südtirol nordwärts reichen ur.d in J. dalmaticus Can. Fedrizzi 
aus dem Trentino (s. J. italicus Latz. p. 289) enthalten sein. 

18. (100.) J. varius Fabr.—Latzel |. c II. p. 347. 
Synon, J. nigripes C. Koch bei Fedrizzi. 

Verbr. Diese zuerst von Prof. Canestrivi (12, p. 35) im 
Val di Non aufgefundene Art ist nach Fedrizzi (17, p. 90) 
im Trentino sehr gemein und wurde bei Arco, Roveredo, 


— 102 — 


Trient, im Val Sugana und Val di Fiemme gefunden. Prof. | 
Latzel sah das Thier aus der Gegend von Roveredo (Museo 
civioo); im Gymnasial-Cabinete befinden sich Exemplare vom 
Monte Brione. 

Ausser den genannten wurden noch folgende unbestimm- 
bare Arten aus dem Gebiete verzeichnet: 

J. arborum (Autor?) vor Pollini (2, p. 32) vom 
Gardasee angeführt — höchst wahrscheinlich identisch mit 
dem an Rebenstämmen lebenden J. sabulosus L,, 

J. montanus C. Koch und 

J. quadridentatus Menge werden von Fanzago (13, 
p. 76 und 77) aus dem Trentino angegeben. Endlich erwähnt 
L. Koch (6, p. 35) noch einer unbenannten Julus-Art, welche 
Prof. Gredler bei Bad Ratzes, Bozen und im Gröden auf- 
gefunden hat, ohne sie näher zu beschreiben. 

Anmerkung: Obwohl die Gattung Polyzonium bisher 
von keinem Forscher in Tirol aufgefunden wurde, ist es doch 
als wahrscheinlich anzunehmen, dass diese sehr versteckt 
lebenden Thiere auch in unserem Lande nicht ganz fehlen. 

Somit finden sich im Gebiete vertreten: 

3 Ordnungen, 
5 Familien, 
24 Gattungen und 
100 Arten von Myriapoden. 


Die Säugethierfauna von Tirol und Vorarlberg. 


Von Prof. Dr. K. W. v. Dalla Torre in Innsbruck.*) 


Wenn im Folgenden der Versuch gemacht wird, eine 
Säugethierfauna von Tirol und Vorarlberg zu veröffentlichen, 
so geschieht es einerseits um eine weitere Lücke faunistischer 
Studien in unserem Heimatslande auszufüllen, andererseits um 
auf diesem Wege die Anregung zu geben. möglichst zahlreiche 
Beiträge zur Completierung dieser Arbeit zu liefern. Ich bin 
mir dabei wohl bewusst, dass gar Vieles noch nachzutragen 
ist, wenn auch kaum zu erwarten ist, dass in geraumer Zeit 
neue Arten hinzukommen dürften. Man kann nämlich dem 
Laien gegenüber unter den Säugethieren zwei Gruppen unter- 
scheiden: 1) Arten, deren Unterscheidung dem Laien unmög- 
lich ist und über welche Angaben nur dann einen wissen- 
schaftlichen Wert haben, wenn die Objecte selbst mit zu 


*) Der vorliegende Aufsatz erschien bereits — um denselben einem 
engeren sich interessirenden Leserkreise zugänglich zu machen — in 
Nr. 238—242 (Extrabeilage) des Boten für Tirol und Vorarlberg Jahr- 
gang 1887, nnd hätte, wie projectirt war, durch Vertrieb von Separat- 
abzügen auf buchhändlerischem Wege eine weitere Verbreitung er- 
halten sollen. Ehe diese jedoch abgelegt waren, gieng der ganze Satz 
beim Brande der Wagner’schen Offizin am 21. Jänner d. J. zu Grnnde, 
weshalb ich einen Neudruck in diesen Berichten veranlasste. Begreiflicher- 
weise benützte ich diese Gelegenheit, um mir inzwischen bekannt- 
gewordene Daten und Notizen nachzutragen. 


— 104 — 


Hilfenahme wissenschaftlicher Werke bestimmt worden sind 
und 2) allbekannte seltene oder interessante Thierarten, über 
welche Angaben erwünscht sind. In die erstere Gruppe ge- 
hören eigentlich nur 3 „Arten“: Die Fledermäuse, die Spitz- 
mäuse und die frei vorkommenden Mäuse, und es wäre höchst 
wünschenswerth, wenn zur lösung der Frage nach ihrer 
jetzigen oder einstigen Verbreitung von recht vielen Orten her 
Exemplare in Spiritus, lebend oder getödtet (erwürgt) an den 
Verfasser dieser Zeilen eingesendet würden; derselbe würde sie 
stets irgend einer wissenschaftlichen Sammlung, der Universität, 
dem Gymnasium oder dem Ferdinandeum mit Angabe des 
Einsenders einverleiben und erklärt sich zur Rückerstattung 
der Portoauslagen gerne bereit. — Angaben über Thiere der 
zweiten Gruppe sind auch ohne Vorlage der Belegstücke 
brauchbar und würden sich auf folgende Arten beziehen: 
Wildkatze (nicht verwilderte Hauskatzen, ausgezeicknet dureh 
kurzen durchaus gleichdicken Schwanz!) Luchs, Wolf, Bär, 
Fischotter, Murmelthier, Gartenschläfer, (Schwanz nur am 
Ende buschig, unterseits wie der Körper weiss), Bilch (Schwanz 
der ganzen Länge nach buschig, unterseits etwas heller), 
Haselmaus (Körper ockergelb), Hausratte (nicht Wanderratte, 
von der sie sich durch angedrückt bis zum Auge reichendes 
Ohr, einfärbig dunkelgraues Fell und geringere Grösse, 16 gegen 
24 cm. unterscheidet), Biber, Edelhirsch, Steinbock und Wild- 
schwein. Belege über das Vorkommen dieser Arten in den 
verschiedensten Haupt- und Seiten-, Hoch- und Niederthälern 
dürften vielfach noch in der Erinnerung und Erfahrung glaub- 
würdiger Jäger, in Ortschroniken und vielleicht auch in 
Sammlungen vorhanden sein. Ueber das Vorkommen von Igel, 
Fuchs, Dachs, Marder, Iltis, Wiesel (Länge 175 cm.) und 
Hermelin (Länge 24°5 cm.) Eichhörnchen, Schneehasen, Reh 
und Gemse sind Notizen erst in zweiter Linie von Wichtigkeit. 

Wäre dieser ideale Wunsch zur Ausführung gebracht 
und lägen in solcher Weise gesammelt recht viele und ver- 
lässliche Angaben vor, dann könnte mit Zuhilfenahme des 
k. k. Statthalterei-Archivs und anderer öffentlicher oder zu- 


— 10 — 


gänglicher Sammlungen von Aufschreibungen über einstige 
Jagd- und Culturverhältnisse diese Arbeit wohl auf einen 
ganz anderen Standpunkt gestellt werden. In dieser Form, 
wozu das Materiale für die kleineren Thierarten der ersten 
Gruppe ausschliesslich von mir erst zusammengetragen werden 
musste, wogegen jenes für die Thiere der zweiten Gruppe der 
gewissenhaftesten Ausnützung der in den Fussnotena ngeführ- 
ten Literatur, sowie der genau durchgearbeiteten Tagesblätter 
von Tirol und Vorarlberg entnommen wurde, mag sie nur als 
Vorstudie zum Zwecke einer weiteren Anregung betrachtet werden. 

Von Vorarbeiten zu derselben ist nur ziemlich wenig 
vorhanden. Möge es gestattet sein, sie in Kürze zu mustern. 
Die ältesten Mittheilungen über die Säugethierfauna unseres 
Gebietes verdanken wir Rösch von Geroldshausent), der uns 
insbesonders über das Vorkommen von wilden Thieren um 
die Mitte des 16. Jahrhunderts benachrichtigt, wenn er es 
auch eigentlich nicht thun will: 

p- 232 v. 18 „Und die feisten Murmentl4 im Etzthal*... 
p. 244 v. 13 „Wir wollen gesohweigen der wilden Thier; 
14 fast allenthalben sich finden schier 
15 Pern®, Wildschwein’, grab°, weiss! Hasen, 
Tier®, Lüxf, 

16 Wölfe, Härml!, Märderi, Täx®, Otter!, Fiix™. « 


1) RöschGeorg von Geroldshausen (G. R. V. G.), Landt- 
reim der fürstlichen Grafschaft Tirol 1558 (herausgegeben von Fr. 
Wieser) in: Archiv f. Geschichte und Alterthumskunde in Tirol. 
Jahrg. 5. 1869 p. 209— 248. 

A Murmentl mhd. Murmendin, Murmelthierchen (Arctomys Marmotta). 
a Pern — Baeren (Ursus Arctos). b Wildschwein (Sus Scrofa). 
© grab — grau Hasen (Lepus timidus). 
d weiss — Schneehasen (Lepus variabilis). 
e Tier (im Originale Tiert) — Reh (Capreolus Capreolus.) 
£ Wolf — Wölfe (Canis Lupus). ¢ Lüx — Luchse (Felis Lynx). 
h Härm = Hermelin (Mustela Erminea) 
i Marder = Marder (Putorius abietum und fagorum, Martes u. Foina.) 
k Tix = Dachse (Meles Taxus). ! Otter = Fischotter (Lutra vulgaris). 
m Füx — Füchse (Canis Vulpes). 
Naturw.-med. Verein 1887/88. 8 


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Von den Naturforschern des vorigen Jahrhunderts be- 
handelt Roschmann?) die Thierwelt ausschliesslich nur unter 
dem Gesichtspunkte ärztlicher Verwendung und Verwerthung, 
Scopoli%) berichtet uns blos über das Vorkommen des 
Murmelthieres im Val di Sole und wenn auch K. v.. Molls®) 
Angaben über das Vorkommen der Steinböcke im Zillerthal 
einige Unrichtigkeiten enthalten, so sind sie doch die einziger 
verlässlichen und der unmittelbaren Antopsie entnommenen 
Mittheilungen über diese hochinteressante Frage, deren Resultate 
später von Fr. M. Vierthaler®) im Auszuge wiedergegeben 
wurden. Dagegen bringt er nur über das Schwein, das Schaf 
und den Steinbock Provinzialbenennungen aus dem Ziller- 
thale bei®). Auch G.L. Hartmann’) erwähnt von Be- 
wohnern des Bodensees nur 2 Arten, die Fischotter und die 
Wasserspitzmaus, die er erst Sorex Daubentonii, später S. 
fodiens nennt, Zu Anfang unseres Jahrhunderts berichtet 
Prof. Ch. Fr. Schwägrichen?) über das Vorkommen von 
Bären, Gemsen, Eichhörnchen und Erdmäusen (Mus amphi- 


2) Roschmann A., Regnum animale, vegetatibile et minerale 
medicum tyrolense. Dissertatio Academica. Oeniponte. 1730. 8° 29 pg. 

3) Scopoli J. A., Iter tyrolense in: Scopoli, Annus historico — 
naturalis Vol. 2. 1769. 8° p. 37—40. 

4) Moll K. v., Steinbiécke im Zillerthal in: Schrank und Moll, 
Naturhistorische Briefe über Oesterreich u. s. w. Salzburg, Mayer. 1785. 
8° II. Bd. p. 51—70. 

5) Moll K. v., Beiträge zur naturhistorischen Provinzial-Nomen- 
clatur. ibid. p. 324—368. 

8) Vierthaler Fr. M., Meine Wanderungen durch Salzburg, 
Berchtesgaden und Oesterreich. Wien, Gerold 1816. 8° 8 und 280 pg. 

7) Hartmann G.L., Thiere, die sich in dem (Boden-) See und 
um denselben herum aufhalten in: Hartmann G.L., Ueber den Boden- 
see. St. Gallen. 1795. 8° p. 73—93. 

8) Hartmann G.L., Thiere, die sich um den (Boden-) See und 
an seinen Ufern aufhalten in: Hartmann G.L., Versuch einer Be- 
schreibung des Bodensees. St. Gallen, Huber. 1808. 8° p. 103—173. 

®?) Schwägrichen Ch. Fr., Fauna der Gegend um den Glockner 
und auf demselben in: Schultes, Reise nach dem Grossglockner. 2. Theil. 
1804. 8° p. 347 —349. 


— 107 — 


bius var. terrestris) auf dem Grossglockner; C. L. Koch?°) 
macht beim Luchs, Bären und Siebenschläfer Bemerkungen 
über ihr Vorkommen in Tirol und Vorarlberg. Reichlicher, 
wenn auch nicht verlässlicher, als all das bisher Geleistete, 
sind die Angaben. welche J. J. Staffler!!) über das Vor- 
kommen von Steinbock, Wildschwein, Hirsch, Gemse, Reh, 
Feld- und Schneehasen, Murmelthier, Bären, Wolf, Luchs, 
Dachs, Fuchs, Marder, Iltis, Wildkatze, und Fischotter macht. 
Dagegen sind die Angaben, von A. Waguer!?) über das 
Vorkommen von Bären, Wölfen, Luchsen, Murmelthieren und 
Bibern in Tirol selbst oder an nahen Grenzpunkten sehr 
interessant; auch Jaeckel!?) machte Bemerkungen über 
Erscheinen von Wölfen in kalten Wintern am Bodensee. 
Weiters berichtete V. Gredler+4) gelegentlich über das Vor- 
kommen von Vespertilio Pipistrellus, murinus und Rhinolophus 
in Tirol, als der erste, der überhaupt des Vorkommens von 
Fledermäusen erwähnt, und Al. v. Franzius!5), machte von 
seiner Tiroler-Reise her Mittheilungen über Reh, Hirsch, 
Gemse, Feld- und Schneehasen, Murmelthier, Spitzmaus und 
Bären in der Gegend von Meran und dem Vintschgau. Die 
Ehre, eine erste Zusammenstellung aller vorkommenden Siuge- 
thierarten — wenigstens des Trentino verfasst zu haben, welche 
dem damaligen Wissensstande entsprach, gebührt dem Bib- 


10) Koch C. L., System der baierischen Zoologie. Bd. I. 1816. 8° 
47 uod 436 pg. 13 Taf. 

11) Staffler J. J., Wilde Thiere in: Staffler J. J., Tirol und 
Vorarlberg, Innsbruck, Rauch. 1839. 8° p. 313—317. 

12) Wagner Andr., Beitrag zur Kenntnis der baierischen Fauna 
in: Münchener Gelehrten-Anzeiger Jahrg. 22 1846. p. 649—656. 
p- 957—664; p. 665—682; p. 673—680; p. 697 — 700. 

13) Jaeckel J., Einzelne Beiträge zur baierischen Fauna in: 
Correspondenz-Bl. d. zool. mineral. Ver. in Regensburg. Jahrg. 3. 1849. 
p. 21—24. 

14) Gredler V., Die naturwissenschaftlichen Zustände Tirols in: 
1. Programm des k. k. Obergymnasiums in Bozen. 1851. 4° p. 14—21. 

15), Franzius Al., Naturhistorische Reiseskizzen etc. in: Zeitschr, 
f. wissenschaftl. Zoologie. Bd. 3. 1851. p. 333—346. 


g* 


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liothekar der öffentlichen Bibliothek in Trient, Fr. Ambrosi!®), 
der aus dem Gebiete 39 Arten, inclusive der domesticierten, 
aufführt, eine Zahl, die sich für das ganze Land nach 30jähri- 
gem Studium verdoppelt hat. In diese Zeit fallen weiters die 
fleissigen, auch unser Gebiet vielfach berührenden Arbeiten 
des Pfarrers J. Jaeckel!”). über das Vorkommen von Bären, 
Wölfen, Luchsen und Wildkatzen in Baiern, sowie die Ent- 
deckung der zwei neuen Fledermaus-Arten, Rhinolophus 
Euryale und Vesperugo Maurus in Tirol; auch eine dritte 
neue Art, Rhinolophus Blasii Peters (= cliviosus Blas. non 
Cretsch.) wurde in Tirol entdeckt und mit jenen beiden von 
von J. H. Blasius!®) beschrieben. Aus der Fauna von Bozen 
erwähnt V. Gredler!?) des Vorkommens von Iltis, Fisch- 
otter, Baummarder, Dachs, Fuchs, Feld- und Schueehasen; 
Jaeckel?°) brachte Nachträge bei über das Vorkommen des 
Luchses in Tirol; auch Gross?!) gedenkt tirolischer Fund- 
stellen. Die bedeutungsvollste Arbeit über diesen Zweig der 
heimatlichen Fauna verdanken wir J. H. Blasius??), eine 
Arbeit, welche in Bezug auf Kritik der Artunterscheidung wie 


16) Ambrosi Fr., Prospetto delle specie zoologiche conosciute nel 
Trentino in: Perini A., Statistica del Trentino. Trento, Perini. 1852. 
8° I. p. 262—346. 

17) Jaeckel J., Materialien zur baierischen Fauna etc. in: 
Correspondenzbl. d. zool. min. Ver. in Regensburg. Jahrg. 6. 1853. 
p- 97—112; p. 113—126; p. 129—144; p. 148—159; — Jahrg. 7. 
1853. p. 58—61; p. 75—80; p. 93—95; Jahrg. 8. 1854. p. 81—95 ete. 

18) Blasius J. H., Beschreibung zweier neuer Fledermausarten 
in: Archiv für Naturgesch. Jahrg. 19. 1853. Bd. I. p. 35—57. 

19) Gredler V., Faunistisches von Bozen in: Bergmeister A. J., 
Topographie der Stadt Bozen. 1854. 8° p. 27—33. 

20) Jaeckel J., Nachträge zu den drei Aufsätzen über den Bären» 
Wolf und Luchs in: Correspondenzbl. d. zool. min. Ver. in Regens- 
burg. Jahrg. 10. 1856. p. 145— 153. 

21) Gross Dr., Der Luchs im Algäuer Hochgebirge in: 10. Bericht 
des naturhist. Vereines in Augsburg. 1857. p. 65—75. 

22) Blasius J.H., Naturgeschichte der Säugethiere Deutschlands und 
der angränzenden Länder von Mitteleuropa. Braunschweig. Vieweg, 1857. 
8° 549 pg.; Holzschn. 


in: 


— 109 — 


auch in Bezug auf geographische Angaben das ungetheilteste 
Vertrauen erhalten hat; durch dieselbe steigt die Anzahl der Arten 
unseres Gebietes auf mehr als 50... ... Gredlers??) Samm- 
lung von Provinzial-Thiernamen, bezieht sich auf Murmelthier, 
Bilch, Maulwurf, Marder, Iltis und Hermelin; K olenati?*) 
bereicherte die Fauna mit einer vielleicht neuen Art, die er 
für Vesperugo (Nannugo) miuusissima Schinz ansieht. Eine 
ziemlich grosse Anzahl von Säugethieren vom Kreuzkofel ver- 
zeichnete der bekannte Geoplastiker Fr. Keil?5); die meisten 
Arten sind Ubiquisten. Weiters berichtete J. Jaeckel?®) 
neuerdings über das Vorkommen von Bären und Luchsen in 
Tirol, und Gredler??) verzeichnete einige Säugethiere aus 
der Umgebung des am Fusse des Schlern gelegenen Bades 
Ratzes; auch die hier aufgezählten Arten sind meist Ubi- 
quisten. Zimmerl2®) erwähnt des Vorkommens des Schnee- 
hasen auf der Scesaplana, ©. Heller??) eines Rehes mit ab- 
normer Geweihentwicklung, im Besitze des Ferdinandeums in 
Innsbruck, und einer ähnlichen Deformität bei einer Gemse 


23) Gredler V., Beitrag zu einem zoologischen Idiotikon (von 
Tirol) in: Fromman, deutsche Mundarten. Jahrg. 4. 1857. p. 51—56. 

24) Kolenati Fried., Zwei für Oesterreich neue Arten von Fleder- 
mäusen in: Sitzungsberichte d. k. Akad. d. Wissenschaften. Wien. 
Mathem.-naturw. Cl. 1. Abthl. Bd. 28. 1858. p. 243—248. 

25) Keil Fr., Ueber die Pflanzen- und Thierwelt der Kreuzkofel- 
Gruppe nächst Lienz in Tirol in: Verhandl. der zool. botan. Gesell- 
schaft. Wien. Bd. 9. 1859. p. 165—166. 

26) Jaeckel J., Materialien zur baierischen Fauna etc. in: Cor- 
respondenzbl. d. zool. min. Ver. in Regensburg. Jahrg. 16. 1862. 
p- 88—117; p. 121—135; — Jahrg. 17. 1863. p. 39—53; p. 66—93 ; 
— Jahrg. 22. 1768. p. 33—48. 

27) Gredler V., Vierzehn Tage in Bad Ratzes etc. in: 13. Pro- 
gramm d. k. k. Ober-Gymnasiums in Bozen. 1863. 8°. p. 3—41. 

28) Zimmerl Fr. A., Beschreibung einer Excursion auf die Scesa 
plana etc. in: 6. Rechenschaftsbericht d. Musealvereins in Bregenz. 1863. 
4° p. 12—17. 

29) Heller C., Rehkopf mit monströser Geschwulst in: Verhandl. 
d. zool. botan. Gesellschaft. Wien, Bd. 16. 1866. Sitzungsberichte 
p- 55. 


— Vato == 


gedenkt Th. Bruhin®°), welcher in demselben und dem fol- 
gender Jahre noch eine Reihe vielfach ganz interessanter Auf- 
sätze über die Wirbelthierfauna Vorarlbergs publizierte 31-35) 
die er mit einer Wirbelthierfauna von Vorarlberg mit Nach- 
trägen abschloss3®). Recht interessant ist weiters Gredlers?”) 
Mittheilung, dass sich ein vierhörniger Bock durch mehrere 
Generationen forterhielt. Ueber das Vorkommen von Gemsen 
und Murmelthieren im Oetzthalergebietemachte Holzmüller3®) 
einige Mittheilungen ; Leydig*®) berichtete über den Sieben- 
schläfer in Südtirol, Cornalia*®) über Bären auf dem Monte 


5°) Bruhin Th., Missbildung an einem Gemshorn in: Zool. Garten. 
Jahrg. 8. 1857. p. 36. 

31) Bruhin T., Zur Wirbelthier-Fauna Vorarlbergs in: Zool. 
Garten. Jahrg. 7. 1867. p. 394—397; p. 434—437; — Bozner Ztg. 
1868 Nr. 79, 82, 84, 87, 89 und 90. 

8°) Bruhin Th., Gemsen Albinos und Gemsenfang in den rhätischen 
Alpen in: Zoolog. Garten. Jahrg. 9. 1868. p. 39. 

33) Bruhin Th., Periodische Erscheinungen in der Thierwelt von 
St. Gerold, aufgezeichnet in den Jahren 1866 und 1867 in: Zoolog. 
Garten. Jahrg. 9. 1868. p. 104—106; p. 100—191. 

34) Bruhin Th., Periodische Erscheinungen in der Thierwelt von 
St. Gerold, aufgezeichnet im Jahre 1868 in: Zoolog. Garten. Jahrg. 9. 
1888. p. 283— 234. 

85) Bruhin Th., Thierpreise in Vorarlberg im Jahre 1867 in: 
Zoolog. Garten. Jahrg. 9. 1868. p. 286—287. 

368) Bruhin Th., Die Wirbelthiere Vorarlbergs u. s. w. im Ver- 
handl. d. zool. botan.” Gesellsch. Wien. Bd. 18. 1868. p. 233—262; 
Nachträge p. 877—880. 

87) Gredler V., Beitrag zu den monströsen Erscheinungen. thieri- 
scher Organe in: Correspondenzbl. d. zool. min. Ver. zu Regensburg. 
Jahrg. 23. 1869. p. 34—36. 

38) Holzmüller H., Berg-, Thal- und Gletscherfahrten im Gebiete 
der Oetzthaler Ferner in: Zeitschrift f. d. gesammt. Naturwissenschaft. 
Bd. 38. 1871. p. 91—138, 

5°) Leydig Fr. v., Beitrag und Bemerkungen zur württembergi- 
schen Fauna ete. in: Jahreshefte d. Ver. für vaterl. Naturk. Württem- 
berg. Jahrg. 27. 1871. p. 159—271. 

4°) Cornalia Em., Fauna d’Italia. 1. Mammiferi in: Vallardi Fr. 
L’Italia sotto l’aspetto fisico etc. Milano. 1873. 4° p. 1—80. 


— 111 — 


Baldo, Weitere Mittheilungen Gredlers?!) betreffen das Vor- 
kommen von Myoxus nitela im Sarnthal und Farbenabände- 
rungen beim Eichhörnchen, Hermelin und Maulwurf, dann#?) 
die Traubenschädlichkeit von Bären, Fuchs und Dachs und‘) 
die Beschreibung eines in Kitzbühel geworfenen monströsen 
Schweines. Nach den Untersuchungen von König-Wart- 
hausen*‘) findet sich eine grosse Anzahl von Säugethierarten, 
die heute noch leben, auch in dem Pfahlbautenschutte des 
Bodensees vor; insbesonders sei hier des Bibers in dieser 
Hinsicht gedacht. Der Aufzählungen von Thieren des Sannen- 
gebietes und der Rieserfernergruppe, wie sie J. v, Trenti- 
nag lia*>-46) gelegentlich vorbringt, sei nur im Vorüber- 
gehen erwähnt; desgleichen Ambrosi’s*’) Mittheilung über 
das Vorkommen von Gemsen im Valle di Tesino; ebender- 
selbe verzeichnet auch eine grosse Zahl von Säugern des 
Valsugana®®), und aus dem Trientiner-Gebiete*?). Auf Grund 


41) Gredler V., Ueber Farbenabänderungen bei Vögeln und Säuge- 
thieren in: Zoolog. Garten. Jahrg. 14. 1875 p. 74—75. 

42) Gredler V., Die Thiere des Rebstockes in: 10. Bericht d. 
naturf. Gesellsch. in Bamberg. 1875 p. 49—53. 

48) Gredler V., Beitrag zu den monströsen Erscheinungen thieri- 
scher Organe in: Correspondenzbl. des zool. mtner. Ver. in Regensburg. 
Jahrg. 28. 1875 p. 145— 149. 

44) König- Warthausen P. v., Verzeichnis der Wirbelthiere 
Oberschwabens. I. Abth. Säugethiere in: Jahreshefte d. Ver. f. vaterl. 
Naturk. Würtemberg. Jahrg. 31. 1875 p. 193—335. 

45) Trentinaglia Jos. v., Das Gebiet der Rosanna und Trisanna etc. 
Wien, Gerold. 1875. 8°. p. 204. 2 Taf. 

48) Trentinaglia Jos. v., Die Rieserferner- oder Antholzer. 
Gruppe im Pusterthal in: Bericht der naturw.-medicin. Ver. Innsbruck. 
Jahrg. 6. Heft 2. 1875. p. 3—16. 

47) Ambrosi Fr. La Valle di Tesino in: Annuar. d. soc. alpina 
d. Trentino. 1877 p. 14—29. 

48) Ambrosi Fr., Contribuzioni ad una guida del Trentino. La 
Valsugana descritta al viaggiatore in: Annuar. de soc. d. alpinisti 
Trident. 1878—79. 1879. p. 1—84. 

49) Ambrosi Fr., Animali in: Trento eil suo circondario. Trento, 
G. Zippel. 1881. 8°. p. 14—20. 


— 12 — 


all dieser Publicationen sowie eigener Notizen veröffentlichte 
der Verfasser dieser Zeilen®°) eine synoptische Uebersicht der 
Säugethiere von Tirol und Vorarlberg, nach welcher, die jüngst 
ausgestorbenen, sowie die domesticierten Arten mit eingerech- 
net, 71 Arten beobachtet wurden; vielfach werden auch ver- 
ticale Grenzwerte angegeben. Eine genauere Erörterung dieser 
Frage aber hatte sich C. Heller’!) zum Vorwurfe seiner 
Arbeit gemacht und nach ihm gehören 27 Arten der alpinen 
Thierwelt an. Weiters ist nach einer Mittheilung Dr. 
Frattinis®?) über das Vorkommen von Bären, und einer 
Aufzählung von 11 Säugethierarten aus dem Montavon durch 
W. Fronmüller5s) zu gedenken; Gredler*) berichtete 
über einen alpinen Edelmarder und Wiedemanns°?) 
Arbeit zieht auch einzelne Vorkommnisse aus Tirol und 
Vorarlberg herein. Endlich mag noch einer von mir>®) 
geschehenen Besprechung einer alten Karte vom Nonsberg aus _ 
dem 16. Jahrhundert, auf welcher Hirsche, Bären, Gemse, 
Luchs und Steinbock als Incolinen dieses Thales eingezeich- 


50) Dalla Torre K. W. v., Die Wirbelthierfauna von Tirol und 
Vorarlberg ete. in: Bericht der k. k. Lehrer- und Lehrerinnen-Bildungs- 
anstalt in Innsbruck. 1879. 8°. p. 1—70. 

51) Heller C., Ueber die Verbreitung der Thierwelt im Tiroler 
Hochgebirge in: Sitzungsber. der k. k. Akad. d. Wissensch. Wien. 
Mathem.-naturw. Cl. I. Abth. Bd. 83. 1881 p. 193—175 (1). 

52) Frattini E., Lungo il Senaiga in: 6. Annuar. d. soc. di 
alpinisti Trident. 1879—80. 1880 p. 215240; tav. 8. 

53) Fronmüller W., Zoologisches und Botanisches in: Pfister 
O. v., das Montavon mit dem oberen Patznaun. Lindau und Leipzig, 
Ludwig 1882. 8°. p. 121—223. 

54) Gredler V., Kleiner Beitrag zum Melanismus und Leuko- 
melanismus in: Mittheil. d. ornithol. Ver. Wien. Jahrg. 7. 1883 
p- 11—13. 

55) Wiedemann Andr., Die im Regierungsbezirk Schwaben und 
Neuburg vorkommenden Säugethiere in: 27. Bericht d. naturhist. Vere 
Augsburg. 1883 p. 1—112. 

56) Dalla Torre K. W. v., Thierarten auf einer Karte des 
Nonsthales aus dem 16. Jahrhundert in: Bericht d. naturw.-mediein. 
Ver. Innsbruck. Jahrg. 15. 1884—85 und 1885—86 1886. Sitzungs- 
bericht p. XXVIII— XXX. | 


— 13 — 


net sind, sowie der interessanten Arbeit A. Zimmeters?”) 
über das Alpenmurmelthier gedacht werden. — 

Und wenn nun zum Schlusse noch einmal auf die Not- 
wendigheit recht zahlreicher Beiträge, — sei’s in brieflichen 
Mittheilungen oder in selbstständigen Zeitungsnotizen hin- 
gewiesen wird, so möge noch insbesonders betont werden, dass 
vielfach selbst anscheinend die geringfügigsten Anhaltspunkte 
genügen, um zu neuen und werthvollen Angaben zu führen — 
eines vorausgesetzt: Amicus Plato, amicus Aristoteles, summa 
amica veritas! 

1. Ord. Chiroptera, Fledermäuse. 

1. Fam. Phyllostomata, Blattnasen. 

1. Gatt. Rhinolophus Geoffr., Hufeisennase. 

1. Rh. Hipposideros (Bechst.) Kleine Hufeisennase, — 
In Höhlen, Kellern und Dachböden, meist gesellig, oft zu 
Dutzenden überwinternd; allverbreitet und häufig, vertical bis 
über 1800 m. aufsteigend (Dalla Torre 49 p. 9 n. 1), so im 
Oetzthal (Blasius 21 p. 31 n. 1), in den Tauern u. s. w. 
Bruhin (31 p. 394) beobachtete im Walsertkale durchgehends 
Stücke mit fast ganzrandigen Hufeisen und fand in Sonntag 
einmal (36 p. 229) 70 Stücke unter dem Giebel des Kirch- 
daches hängend. Sie erwachen nach demselben (33 p. 190 
u. 34 p. 283) anfangs Mai. Var. alpinus Koch?) findet 
sich auf den Alpen. 

2. Rh. Ferrum equinum (Schrb.) Grosse Hufeisen- 
nase. — Wie vorige in Höhlen, Kellern und Dachböden gleich - 
falls gesellig überwinternd namentlich im südlichen Tirol 
häufig??) (Dalla Torre 49 p. 9 n. 2): sie steigt bis 2000 m. 


57) Zimmeter A., Das Alpenmurmelthier (Arctomys Marmota) in: 
Zeitschrift d. deutsch. und österr. Alpenvereines. Bd. 17. 1886. p. 
242 — 262. 

58) Koch C., Das Wesentliche der Chiropteren u. s. w. in: 
Jahrb. d. Ver. f. Naturk. im Herzogthum Nassau. Heft 17—18. 
1862—63 p. 530. 

59) Literatur: Ambrosi (16 p. 265: Rh. unihastatus). Gredler 
(19 p. 15), Ambrosi (48 p. 9), Ambrosi (47 p. 14), Heller (52 p. 117). 


— 114 — 


hoch, z. B. in den Tauern (Blasius 21 p. 33 n. 2). Im Inn- 
thale sah ich bisher uur ein Stück dieser Art aus der 
Gegend von Innsbruck. Im Süden begegnet man ab und zu 
der Var: italicus Koch®°) so bei Mori (la busa del barbaz). 

3. Rh. Blasii Pet.6!) (Rh. clivosus Blas. non Cretschm.) 
Spitzkammige Hufeisennase — Einzeln am Südfusse der Alpen 
(Dalla Torre 49 p. 9 n. 3.) Sie lebt gleichfalls in Höhlen 
und Felsenklüften, unter einsamen Dächern und scheint bei 
uns nur auf das südlichste Gebiet beschränkt zu sein; aus- 
warts wurde sie schon in Ungarn und Mähren gefunden®?), 
Sie wurde zuerst von Blasius mit folgender bei Riva am 
Gardasee entdeckt (Blasius 18 p. 57 u 21 p. 33 n. 3: 
Rh, clivosus Cretschm.) 

4. Rh. Euryale Blas. Rundkammige Hufeiseunase. — 
Gleichfalls bis jetzt nur in Südeuropa a uem Südabhange 
der Alpen nämlich bei Riva am Gardasee gefunden. (Dalla 
Torte 49 p. 9 n. 4), wo sie Blasius entdeckte (Blasius 18 
p. 57 u. 21 p. 35 n. 4; Cornalia 41 p. 23). 

2. Fam. Vespertiliones, Glattnasen. 

2. Gatt. Plecotus Geoffr. 

1. (5.) Pl. auritus (Linr.). Langohrige Fledermaus. — 
In hoblen Bäumen und Gebäuden; fliegt an lichten Wald- 
stellen, Waldwegen und -rändern, in Baumgärten und Alleen; 
vertical bis 1500 rn. verbreitet und häufig®3) (Dalla Torre 49 
p. 9 n. 5). Bruhin (36 p. 230 u. 877) fieng sie einmal am 
offenen Licht in St. Gerold. 

3. Gatt. Synotus Keys. u. Blas. 

1. (6) S. Barbastellns (Schreb.) Breitohrige Fleder- 
maus. — In Mauerlöchern und Gewölben, fliegt an Waldes- 


60) Koch C., 1. c. p. 523. 

61) Peters in: Monatsber. preuss. Akad. d. Wissensch. Berlin 
1:66 p. 17. 

62) Roth C., Die Säugethiere in Niederösterreich in: 3. Jahresbr. 
d. k. k. Staats-Realgymnasium in Hernals 1875. 8°. p. 14. 

63) Literatur: Ambrosi (16 p. 265: Plecotus vulgaris 48 p. 9), 
Ambrosi (51 p. 14). 


— 15 — 


rändern, in Obstgärten, und zwischen Häusern, vertical bis 
1800 m. aufsteigend, doch ziemlich selten und einzeln (Dalla 
Torre 49 p. 9 n. 5). Ich hatte 3 Stücke aus dem Innthale 
in der Hand; Blasius (21 p. 45) fand sie im Oetzthale und 
im Fassathale; nach Wiedemann (54 p. 6) findet sie sich in 
der Bodenseegegend. 

4. Gatt. Miniopterus Bonap. 

1. (7.) M. Schreibersii (Natt.) Langflügelige Fleder- 
maus. — In Südtirol, vertical bis 1000 m., selten und ein- 
zeln (Dalla Torre 49 p. 10 n. 7). Ich sah ein Stück aus 
Cavalese, ein zweites vom Monte Baldo. Auswärts wurde sie 
in St. Pélten®?) und in Ungarn gefunden®*). 

5. Gatt. Vesperugo Keys. u. Blas. 

1. (8.) V. Noctula Schreb. Frühfliegende Fledermaus. 
— In Nordtirol häufiger als im südlichen Theile; vertical 
bis 1200 m. (Dalla Torre 49 p. 10 n. 8). Ich fieng und 
erhielt sie vom Georgenberg bei Schwaz, am Schwarzsee bei 
Kitzbühel, von Steinach; nach Keil (25 p. 166) kommt sie 
am Kreuzkofel vor; ich fieng ein Stück im Tauernhaus; nach 
Gredler findet sie sich bei Bozen, nach Ambrosi (19 p. 265) 
im Trentino und (48 p. 9) im Valsugana. 

2. (9.) V. Leisleri (Kuhl) Rauharmige Fledermaus. — 
Im ganzen Gebiete, vertical bis fast 2000 m. nicht selten, 
doch immer nur einzeln#5). (Dalla Torre 49 p. 10 n. 9) 
Blasius (21 p. 57) fieng sie im oberen Oetzthal, ich sah 
Stücke aus der Gegend von Innsbruck, Sterzing, Bruneck, 
Bozen und Cavalese, 

3. (10.) V. Nathusii Keys u. Blas. Rauhhäutige 
Fledermaus. — Im ganzen Gebiete bis 1000 m., einzeln und 
selten (Dalla Torre 49 p. 10 n. 10). Ich erhielt ein Stück 


64) Jeitteles L. H., Eine für Niederösterreich neue Fledermaus 
in: Verhandl. d. zool. botan. Gesellsch. Wien. Bd. 18. 1886 p. 
121— 124. 

65) Literatur: Heller (52 p. 117), 


— 116 — 


aus Kitzbühel, ein zweites aus Brixen, und sah ein weiteres 
aus Mori, 

4. (11) V. Pipistrellus (Schreb.) Zwergfledermaus. — 
Überall besonders in Nordtirol, vertical bis 2000 m. auf- 
steigend; gemein®®) (Dalla Torre 49 p. 10 n. 11). Auffallend 
ist, dass sie Bruhin (36 p. 230) nicht aus Vorarlberg, son- 
dern nur aus dem benachbarten Appenzell kennt, wo sie selten 
ist, wogegen sie Gredler (19 p. 15) geradezu als die gemeinste 
Art bezeichnet und mir brieflich mittheilt, dass ein Stück 
einmal am 8, März zwischen 12 und 1 Uhr bei hellem 
Sonnenschein im Klostergarten umherflog, eine Beobachtung, 
die auch ich im nördlichen Tirol mehrmals machen konnte. 
Vom Trentino fehlen mir jegliche Angaben gänzlich, doch 
kommt sie gewiss auch dort vor. 

Var. flavescens Koch6”) findet sich gelegentlich, 

Var. nigricans Koch®’) auf Hochalpen. 

5. (12.) V. Kuhlii (Natt.) Weissgerandete Fledermaus, 
— In Südtirol bis 300 m. aufsteigend, nicht selten (Dalla 
Torre 49 p. 10 n. 12). „Ich sah sie im südlichen Tirol von 
Bozen bis zum Gardasee“ schreibt Blasius (21 p. 65 u. 5); 
meine Exemplare stammen vom Calvarienberg bei Bozen und 
von Mori. 

6. (13.) V. Maurus Blas. Alpenfledermaus — Unter 
Dächern von Sennhütten und Alpenkapellen, in Felsklüften; 
fliegt an hellen Stellen, Alpenweiden und Waldrandern im 
ganzen Gebiete zwischen 1000 und 2500 m. häufig, nament- 
lich in den Centralalpen (Dalla Torre 49 p. 10 n. 13). 
Auch diese Art ist eine Entdeckung von Prof. Blasius, 
„Diese Fledermaus, schreibt er (18 p. 44), scheint die Cen- 
tralkette der Alpen der ganzen Ausdehnung nach zu be- 
wohnen. Ich habe sie aus den höchsten Sennhütten am 
Montblane und St. Gotthardt, aus dem oberen Oetzthal in 
Tirol, aus den Sennhütten in der Nähe des Pasterzengletschers 


66) Literatur: Gredler (27 p. 15), Heller (52 p. 117). 
Koch Ge 1 0.9.49, 


— 17 — 


unter dem Grossglockner und im Nassfelde bei Gastein er- 
halten. Sie scheint überall bis zur letzten Grenze der Senn- 
hütten hinauf vorzukommen. Wie weit sie abwärts in den 
Gebirgsthälern oder seitwärts von der Centralkette in den 
nördlichen und südlichen Kalkalpen oder noch weiter hin 
verbreitet ist, muss die Folge lehren. Ich kann nur bemerken, 
dass ich sie nirgend in den Seitenzügen der Alpen und 
niedrigen Alpenthälern bis jetzt bemerkte, während ich sie 
oft in den höheren Thälern der Centralalpen habe fliegen 
sehen®®), Es wäre interessant auszumachen, ob sie in den 
hohen Regionen ihres Sommeraufenthaltes auch überwintert 
oder wie V. discolor und V. Nilsonii sich wärmere Gegenden 
zu ihrem Winterschlaf aufsucht.* Weitere Fundorte sind ihm 
nicht bekannt geworden (21 p. 68). Ich habe die Art seit- 
her mehrmals und zwar stets in den Voralpen- oder Alpen- 
region angetroffen, und wenn auch allermeist in den Central- 
alpen, doch in einem Individuum am Haller Salzberg in der 
nördlichen Kalkalper. gefunden; vermutlich ist das Stück nur 
verflogen gewesen. Dass sie Heller (51 p. 116) unter die 
alpinen Arten zählt, ist selbstverständlich ; auffallend ist, dass 
sie Bruhin (36 p. 230) aus den Vorarlberger-Alpen nicht 
kennt, denn, wenn man liest, „in Damils soll sich eine kleine 
Fledermaus aufhalten, die schwarz gefärbt und viel wilder, 


als die gewöhnliche (die Rb, Ferrum equinum) seit — so 
wird man daraus noch lange nicht auf die vorliegende Art 


gefihrt. 6°) 


68) Aus diesem Grunde kann ich auch unmöglich an die Identität 
dieser Art mit V. Savii Bp. oder Bonapartii Sv. glauben, einer rein 
mediterranen Form, oder soll diese in den Mediterrangegenden Winter- 
aufenthalt nehmen ? Vgl. J. Kolombatovic, Imenik Kraljesnjaka Dal- 
macije I. Splito 1855 d. 7. n. 3. 

69) Als Curiosum sei es gestattet, die Verbreitung dieser Art nach 
F. A. Kolenati (Monographie der europäischen Chiroptern. Brünn 1860. 
8°. p. 62) hier zu notiren; sie findet sich um „..... .„ im oberen 
Oetzthale in den hohen Kalkalpen nördlich vom Inn in Tirol, in der 
Nähe des Pasterzengletschers unter dem Grossglockner und im Nass- 
felde in Engadin (bei Gastein) . . . .“ factum 1859! 


— 118 — 


V. Nilsoni Keys. u. Blas. Nordische Fledermaus — 
ist zwar aus den Alven bekannt, wo sie nach Kolenati bis 
fast 2000 m. aufsteigt, doch wurde sie im Gebiete noch nicht 
mit Sicherheit nachgewiesen (Dalla Torre 49 p. 10). 

7. (14.) V. discolor (Natt.) Zweifärbige Fledermaus. 
— Im ganzen Gebiete vertical bis 2000 m. nicht selten ”?0) 
(Dalla Torre49 p. 11 n. 14). Ich sah Stücke aus der Gegend 
von Innsbruck und Kitzbühel, Brixen, Lienz, Bozen und Mori, 

8. (15.) V. serotinus (Schreb.) Spätfliegende Fleder- 
maus. — In hohlen Bäumen und Hauswinkeln; fliegt zwischen 
Bäumen, Alleen, Kirchhöfen; vertical bis 1300 m. im ganzen 
Gebiete nicht selten?!) (Dalla Torre 49 p. 10 n. 15). — 
Während ich die Art mehrmals gefunden habe, kennt Bruhin 
(36 p. 230) keinen Fundort in Vorarlberg; Keil (25 p. 166) 
verzeichnet sie vom Kreuzkofel, Ambrosi (16 p. 265 u. 51 
p. 14) aus dem Trentino. 

V. minutissima Schinz. Schienhaarige Fledermaus — 
mag auf Kolenatis Autorität hin (24 p. 248) als „bei Feld- 
kirch und im Oetzthale* vorkommend hier angeführt werden. 

6. Gatt. Vespertilio Linn. 

1. (16.) V. murinus Schreb. Gemeine Fledermaus, — 
Ueberall im Gebiete, vertical bis 1700 m. ziemlich häufig?!) 
(Dalla Torre 49 p. 11 n. 16). Bruhin (36 p. 230) bemerkt, 
dass diese Art in der Pfarrkirche zu Ludesch so häufig ist, 
dass der Koth der Thiere den Estrich stellenweise über 
11/, Fuss bedeckt. 

Var. alpinus Koch’?) findet sich im Hochgebirge. 

V. Bechsteinii Leisl. Grossöhrige Fledermaus — 
dürfte vielleicht noch anzutreffen sein. 


2. (17.) V. Nattereri Kuhl, Gefranste Fledermaus. — 
Bisher nor in Nordtirol bis 1000m., nicht selten (Dalla Torre 


70) Literatur: Heller (52 p. 117). 

”1) Literatur: Ambrosi (16 p. 265), Gredler (19 p. 15), Keil 
(25 p. 166), Ambrosi (48 p. 9), Ambrosi (51 p. 14), Heller (52 p. 117). 

7) Koch L. l. c. p. 444. 


— 19 — 


49 p. 11 n. 17). Ich sah Stücke aus dem Innthale, nämlich 
von Innsbruck und Schwaz. 


V. eiliatus Blas, Gewimperte Fledermaus — wohl 
noch im Gebiete zu trefien (Dalla Torre 49 p. 11). 


3. (18.) V. mystacinus Leisl. Bartfledermaus. — In 
den Nordalpen einzeln, doch noch bei 1200m. (Dalla Torre 
49 p. 11 n. 18). Ich sah ein Stück vom Bodensee, ein anderes 
vom Pulverthurm bei Innsbruck. 


Var. nigricans Koch’??) am Achensee, 

4. (19.) V. Daubentoni Leisl. Wasserfledermaus. — 
Bis 1300 m. im ganzen (sebiete häufig (Dalla Torre 49 
p. 11 n. 19). Ich fand sie am Bodensee, von wo sie Bruhin 
(36 p. 230) anhofft, dann am Inn und am Brennersee, sowie 
auf der Haid bei S. Valentin; weiters bei Brixen und 
Torbole — überall einzeln. 


V. Blasii Maj. (V. Capacinii Blas. non Bonap.) Lang- 
füssige Fledermaus. — Wahrscheinlich in Südtirol noch zu 
erbeuten (Dalla Torre 49 p. 11). 


V. dasyeneme Boie. Teichfledermaus — vielleicht auch 
im Gebiete noch anzutreffen (Dalla Torre 49 p. 11). 


II. Ordn. Insectivora, Insectenfresser. 

1. (3.) Fam. Talpina, Maulwürfe, 

1. (7.) Gattg. Talpa Linn.. Maulwurf. 

1. (20.) T. eurrpaea Linn. Gemeiner Maulwurf. — 
„Schermaus, Scheer“, , Wiilscher* (Bozen) „ Wülschger * 
(Drauthal). Auf Wiesen und Culturgründen bis 2000 m. im 
ganzen Gebiete, stellenweise gemein ’3). (Dalla Torre 49 p. 12 
n. 20) Farbenabänderurgen wurden mehrfach beobachtet. So 
wurde nach Bruhin (31 p. 394) ein ächter Albino, der ein- 
zige in 40 Jahren, anfangs der Dreissiger Jahre auf dem Brühl 
in St. Gerold gefangen; gefleckte Exemplare sind nach dem- 
selben Autor (36 p. 230) weniger selten. Gredler (27 p. 16) 


73) Literatur: Ambrosi (16 p. 265), Gredler (19 p. 16), Keil 
(25 p. 166), Ambrosi (48 p. 9), Ambrosi (51 p. 14), Heller (52 p. 117), 


— 120 — 


erwähnt eines isabellgelben Blendlings, der auf den Höhen 
der Seiseralpe erbeutet und ihm überbracht wurde; ein zweites 
isabellgelbes Exemplar stammt aus Olang im Pusterthale 
(Gredler 40 p. 75); ich habe mehrmals und von verschiedenen 
Stellen her solche gesehen; auch das Ferdinandeum besitzt 
einen. 

T. coeca Savi. Blinder Maulwurf. — Vielleicht in Süd- 
tirol; angeblich im Rheinthal. Bruhin (36 p. 230) schreibt: 
„nach Theobald wahrscheinlich im ganzen Rheinthale, folg- 
lich auch in Vorarlberg“. Nach Camerano’*) ist es höchstens 
eine Varietät von T. europaea. 

2. (4.) Fam. Soricina, Spitzmäuse. 

1. (8.) Gatt. Crossopus Wagl. 

1. (21.) Cr. fodiens (Pall.) Wasserspitzmaus. — An 
und in Wassergräben, Fluss- und Seeufern bis 2000m. im 
ganzen Gebiete nicht selten?) (Dalla Torre p. 49 n, 21). 
Der erste Entdecker auf unserem Gebiete Hartmann (6 p.75 
n. 2: Sorex Daubentonii) schreibt über das Vorkommen dieser 
Art: „Ungeachtet sie erst seit einigen Jahren auch als ein 
helvetisches Thierchen bekannt ward, nur an wenigen Orten 
in der Schweiz und nicht häufig angetroffen werden soll, so 
ist sie hier am Bodensee doch gar nicht selten. Sie halten 
sich in morschen Dämmen und unterhöhlten Ufern u. s, w. 
überall auf und nisten nicht selten auch auf Felben (Salix 
sp.) und Weidenbäumen; sie fressen die kleinen Wasser- 
schrecken sehr gerne, tauchen bis 3 Fuss tief nach ihnen und 
spielen dann im Sonnenscheine durch das Wasser im vor- 
trefflichsten ,Sonnenglanze* und ergänzt weiter (8 p. 105 
n. 2): „Dieses Thierchen ist an unseren Seeufern so wenig 
selten, dass es mir fast unbegreiflich ist, wie es den Natur- 
Forschern so lange unbekannt bleiben konnte .... es 


74) Camerano L., Ueber die Talpa europaea L. und die Talpa 
coeca Savi in: Zool, Anzeiger. Jahrg. 8. 1885 p. 295 —296. 
75) Literatur: Ambrosi (46 p. 9), Ambrosi 51 p. 14), Heller (52 
Dp. Lili). : 


— 121 — 


‚schwimmt überhaupt sehr fertig und bringt seinen Balg, wie 
der Fischotter, so trocken aus dem Wasser, als wenn es nie 
in demselben gewesen wäre“. Bruhin (36. p. 230) fand die 
Art auch bei St. Gerold. König (44, p. 209 n. 13) be- 
ıstätigt Hartmanns Angaben. Nach Gredlers Mittheilung war 
die Art ehedem im Franziskaner-Garten in Bozen häufig; am 
Gardasee sah ich sie von Ringelnattern verfolgt. 


2. (9.) Gatt. Sorex Linn. 

1. (22) S. alpinus Schinz. Alpeuspitzmaus. — An 
Wald- und Gebüschstellen namentlich zwischen 1000 und 
2300m. im ganzen Gebiete häufig?®) (Dalla Torre 49 p. 12 
n. 22). Obwohl diese Art keinem Punkte des Gebirges fehlen 
dürfte, konnte sie doch Bruhin (36, p. 230) für Vorarlberg 
nicht mit Sicherheit constatieren; Blasius (21, p. 128 n. 1) 
entdeckte sie für das Gebiet 1. J. 1844 im oberen Oetzthal. 

2. (23.) S. vulgaris Linn. Waldspitzmaus. — In 
Wäldern, an Gewässern and unter Gebüsch bis 2000 m, 
überall gemein??) (Dalla Torre 49 p. 12 n. 23). 


3. (24.) S. pygmaeus Pall. Zwergspitzmaus. — In 
Wäldern und an Waldrändern unter Gebüsch bis 1000 m., — 
doch nur in Nordtirol (Dalla Torre 49 p. 12 n. 24). Ich 
fieng bisher 3 Stücke: Eines bei Innsbruck, ein zweites am 
Wege zwischen Jenbach und Achensee, ein drittes bei Kitz- 
bühel. Bruhin (36 p. 230) beobachtete sie in Vorarlberg nicht, 

3. (10.) Crocidura Wagl. 

1. (25.) Cr. leucodon (Zimm.) Feldspitzmaus, — In 
Feldern und Gärten, an Waldrändern und trockenen Gräben 
bis 1200 m. im ganzen Gebiete nicht selten. (Dalla Torre 
49 p. 12 n. 25). Nach Bruhin (31 p. 394) wurde sie in 
St. Gerold oft in Kellern gefangen, und ist häufiger als fol- 
gende Art (36 p. 231). 


76%) Literatur: Heller (52 p. 117). 
77) Literatur: Franzius (15 p. 345), Bruhin (36 p. 230), 
Ambrosi (48 p. 9), Heller (52 p. 117), 
Naturw.-med. Verein 1887/88, g 


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2. (26.) Or. araneus (Schreb.) Hausspitzmaus. — Wie 
vorige Art und kaum seltener’8) (Dalla Torre 49 p. 12 n. 26). 

3. (5.) Fam. Erinacei, Igel. 

1. (11.) Gatt. Erinaceus Linn. Igel. 

1. (27.) E. europaeus Linn., Gemeiner Igel. — In 
Wäldern und Gärten, unter Gebüsch, einzeln noch bei 2000 m., 
entfernt von menschlichen Wohnungen, häufiger im nördlichen — 
Gebiete, als im südliehen, wo er nur stellenweise vorkommt ”?). 
(Dalla Torre 49 p. 11 n. 27). So schreibt mir Gredler; 
„diesseits des Brenners unbekannt — doch in Telfs, Seefeld, 
Reutte u. s. w.,“ wogegen ihn Ambrosi (16 p. 265) aus dem 
Trentino, Keil (25 p. 166) vom Kreuzkofel bei Lienz anführt. 


Ill. Ord. Carnivora, Raubthiere, 

1. (6.) Fam. Felina, Katzen, 

1. (12.) Gatt. Felis Linn. Katze. 

1. (28.) F. Catus Linn, Wildkatze. — Im nördlichen 
Gebiete fast ausgerottet, im südlichen noch zahlreicher, (Dalla 
Torre 49 p. 13 n. 28). Eine genauere Feststellung der 
einstigen und selbst der jetzigen Verbreitung ist wegen der 
häufigen Verwechslung der Wildkatzen mit der verwilderten 
Hauskatze, sog. „Holzkatze* sehr schwierig. So bemerkt 
Bruhin (31 p. 395 u. 36 p. 231: Soll vor mehreren Jahren 
bei Feldkirch erlegt worden sein; ob nur verwilderte Haus- 
katze, wie man solche nicht selten in den Schluchten des 
Walserthales trifft? — Auch Jaeckel (17 p. 83) constatiert 
sie nur aus der Gegend von Immenstadt (1846) und Augs- 
burg (1840) mit der Bemerkvng: „sonst nur verwilderte 
Hauskatzen“; dass sie aber in Vorarlberg vorkam, beweist 
das Vorkommen von Knochenrestes im Pfahlbautenschutte 
des Bodensees (König 44 p. 216). Ueber ihre Verbreitung 
in Tirol gibt Staffler (11 p. 313) an, dass sie allenthalben 
im Lande verbreitet, wenn auch nicht überall gleich zahlreich 


78) Literatur: Ambrosi (16 p. 265), Bruhin (31 p. 394), Bruhin 
(36 p. 331), Ambrosi (48 p. 9 und 51 p. 14). 
79) Literatur: Bruhin (36 p. 231), Heller 52 p, 117). _ 


— 123 — 


sel, Was gewiss auf Verwechslungen hinweist; Ambrosi (16 
p- 267) verzeichnet sie auch für das Trentino. Einer Jagd- 
statistik entnehme ich, dass im Jahre 1876 in den Bezirken 
Landeck, Schwaz, Kitzbühel, Kufstein und Bozen zusammen 
29 Stücke erlegt worden seien: nach anderen Angaben soll 
der Adamello das einzige Gebiet sein, wo man thatsächlich 
noch Wildkatzen antrift. Nach der Wiener Jagdzeitung 
(Bd. VII. p. 412) wurden in den Reichsforsten Tirols vom 
1. November 1863 bis 1. Jänner 1865 zwei Stücke ab- 
geschossen. — Dagegen schreibt mir Herr Baron Lazarini 
über das Vorkommen der echten Wildkatzen: „Dieses ist, 
wie mir scheint, weder für das nördliche, noch für das süd- 
liche Tirol nachgewiesen. Ich habe die meisten hiesigen 
Kiirschner, welche doch ihrem Geschäfte nach auch Bälge 
von Wildkatzen einkaufen und von Bälgen von Hauskatzen 
unterscheiden könzten oder sollten, darüber befragt und keiner 
wusste mir zu sagen, dass er je eine Wildkatze oder deren 
Balg aus Tirol erhalten habe. Ich möchte daraus schliessen, 
dass sie im ganzen Gebiete fast ausgerottet sei und die Ein- 
sendung einer echten in Tirol erlegten Wildkatze ist daher 
sehr wünschenswert. Es wurde mir auch öfters von Wild- © 
katzen erzählt; bei genauer Nachfrage stellte es sich aber 
immer heraus, dass es sich doch höchst wahrscheiulich nur 
um verwilderte graue Hauskatzen handelte, “ 

2. (29.) F. domestica Briss. Hauskatze. — Gezähmt 
in Häusern und Stillen; auch in Auen und “Wäldern ver- 
wildert (Dalla Torre 49 p. 13 n. 29). Sie heisst in Vorarl- 
berg „Ralle* (Männchen) und „Bringerin“ (Weibchen); die 
verwilderten Katzen heissen ,Holzkatzen*. Die Farbenab- 
änderungen sind schwarz, grau, gelb, weiss, dann grauschwarz- 
scheckig und gebändert, sowie obige 4 Farben zu zweien, 
dreien oder vieren nach Binden und Flecken vereinigt. Im 
Walserthal galt i. J. 1867 ein Pelz 2 Fr. 50 Ctm. (Bruhin 
35 p. 286): nach Wiedemann (55 p. 23) seien die tirolischen 
Katzen haarreicher als die baierischen. Eine monströse Katze 
wurde im Zillerthale beobachtet, (Tiroler Bote 1873 p. 991). 

g# 


== 194 = 


3. (30.) F. Lynx Linn. Luchs. — Seit 5—6 Decennien 
fast gänzlich ausgerottet (Dalla Torre 49 p. 13 n. 30). Die 
Ausrottung des Luchses im Gebiete lässt sich insbesonders 
im nördlichen Theile desselben sehr gut schrittweise verfolgen 
und es finden sich die interessanten Daten über sein Vor- 
kommen in Oberbaiern chronologisch von Jaeckel (17 p. 58) 
verzeichnet. Nach ihm war er früher das häufigste Raubwild 
und wie häufig er noch im 16. Jahrhunderte in Tirol war, 
geht daraus hervor, dass nach den freundlichst mitgetheilten 
Archivexcerpten des Herrn Baron Lazarini in den Jahren 
1521— 1589 im Gebiete 645 Stücke erlegt und zur Prämiierung 
eingeschickt wurden. Es erscheint daher sehr wohl begreiflich, 
dass er auch nach den Jagdordnungen 1551 und 1616 
vogelfrei erklärt wurde, „Anno 1519 den 9. Februar zu 
Innsbruck auf erfolgtes Absterben Kaiser Maximilians ein 
Landtag gehalten und_hiebei beschlossen worden ist, dass jeder 
sein Feld, ohneracht der Waldmeister und der Forstknechten 
Verhinderung mit gespaltenen Holz einzäumen und schädliche 
Thiere als Bären, Lux, Wölf ete. wie vom Altersherkommen 
fangen und jagen dürfe“ (Arch. f. Süddeutschland. J. p. 290). 
Trotzdem erhielt er sich bis in die zweite Hälfte unseres 
Jahrhunderts insbesonders im bairischen Hochgebirge bei Kreuth 
und im Algäu (König 44 p. 219). In einem Manuskripte 
über die Cultivierang von Pillersee aus dem Jahre 955 heisst 
es (Tiroler Bote 1877 p. 68): „Die Schafweide war trefflich 
gut, nur dass viele wilde Thiere als Bär, Wolf und grosse 
Tieger selbe beunruhigten.* Diese „grossen Tieger* sind wohl 
zweifellos Luchse gewesen. — So wurden im Jahre 1691 
zwei Bälge von Luchsen im Königsegger Rechnungsbuch ver- 
rechnet, welche bei Blumenegg erlegt wurden; im Jahre 1699 
liess sich der Klosterjäger von St. Georgenberg, Sebastian 
Rofner von dem Abte Alphons Schabel bezengen, dass er 
einen 49 Pfurd schweren Luchs — und einen „Jochgeier « 
21 Pfund schwer — erlegt habe (Ruefs Chronik v. Achen- 
thal p. 77); im Jahre 1784 wurden bei Berchtesgaden, 
i, J. 1809 bei Chiemsee, i. J. 1812 bei Weilheim Luchse 


re 


erlegt. Im Jahre 1816 constatiert Koch, (9 p. 14 n. 7) dass 
er in den Hochgebirgen von Tirol und Vorarlberg „nicht gar 
selten sei* und Gross (23 p. 65) schreibt: „Bis in die 
Zwanziger Jahre ist der Luchs in dem Gebiete der oberen 
Iller und der Osterach eine gewöhnliche Erscheinung. Er 
wechselte meist von Ost und Süd aus den Tiroler Bergen hier 
herein, angezogen von dem starken Wildstande u. s. w.“ Im‘ 
Jahre 1820 kam nach Jaeckel (17 p. 94) dem Forst- 
warte Agerer auf der Zipfelalpe an der Grenze von Tirol 
auf dem Anstande eine Luchsin mit 3 Jungen unter, welch. 
erstere er aber nur anschoss, worauf sie sich mit ihren 
Jungen über die Grenze nach Tirol flüchtete. Ende Novem- 
ber 1520 wurden bei Reutte 3 Luchse erlegt. (Tiroler 
Bote 1820 p. 400; im Winter 1820/21 wurden um Ettal 
17 Stücke, im Winter 1822 in den Alpen um Mittenwald 
3 Stücke erlegt. (Jaeckel 26 p. 43). Im Jahre 1826 wurden 
bei Kreuth 6—12 Stücke, bei Berchtesgaden im Winter 
- 1825/26 7 Stücke erlegt, worunter sich allerdings das letzte 
befand, das man in dieser Gegend schoss; man bezahlte hie- 
für 25 fl. Dagegen war der Luchs noch immer „gemein im 
Hochgebirge“, was schon daraus hervorgeht, dass nach Bruhin 
(31 p. 395) im vorarlbergischen Walserthale noch in den 
Zwanziger Jahren ein Stück bei Raggal geschossen wurde, 
obwohl im benachbarten Canton Appenzell nach Steinmiiller’°) 
schon 1791 der letzte Luchs erlegt worden war, und dass 
im Bregenzerwald ein Luchs in der Nähe des hohen Iffer 
600 Schafe in einen Abgrund gejagt habe, wodurch der 
Eigenthümer gänzlich verarmt sei. Auf der Losen, einem 
Gebirgspasse zwischen Dornbirn und Schwarzenberg, pflegte 
man die Oeffnungen in den Hütten äusserst klein zu machen, — 
„damit der Luchs nicht hineingelange“! (Brubin 36 p. 231). 
Viel ärger trieb er noch sein Unwesen in der Gegend von 
Partenkirch, wo im Winter 1829/30 bei 13 Stücke erlegt 


80) Steinmüller J. R, Anmerkungen und Zusätze ete. in: 
Alpina I. p. 512, 


— 126 — 


wurden; im Jahre 1832 erschien einer im Markte selbst; in 
den folgenden Jahren wurden in jener Gegend jährlich 
2—6 Stiicke geschossen; der letzte Luchs, welcher im All- 
gäuer Gebirge gefangen wurde, datiert vom Jahre 1838 und 
wurde der Kopf desselben an der Vorderseite des Forsthauses 
zu Hindelang aufgenagelt. Im Jahre 1833 wurden in Tirol 
zwei Stücke, im Jahre 1834 wurde ein Stück erlegt; zwischen 
1837 und 1852 wurde ein Stück (Q) bei Brixen und eines 
(2) in Vorarlberg erlegt (Tiroler Bote 1836 p. 32 u. 1839 
p- 32). Ungleich zahlreicher scheint er sich in Tirol erhalten 
zu haben, denn Staffler (11 p. 314) theilt mit, dass er zwar 
nicht überall und nicht so oft erscheine, als die Bären und 
die Wölfe, dass sich Luchse aber „nicht ungern in den Ge- 
birgen des Wippthales, in den Gehegen des ‚ Castelbell, im 
Achenthale, im Martinswand-Gebirge und im Bezirke von 
Feldkirch * fänden. Bei Mittelberg wurde ein Stück von dem 
noch jetzt lebenden Jäger Huber in Hirschegg geschossen 
(i. 1. 1882). Noch im Jahre 1830 schreibt ein Correspondent 
aus Vils: „der blutgierige Luchs wird öfters erlegt, wenn er 
zu frech auf Beute lauert.“ (Tiroler Bote 1830 p. 240). Im 
Bezirke Lenzberg war er im Jahre 1834 selten (Tiroler Bote 
1834 p. 368). Bereits 1846 meldet aber Wagner schon 
(12 p. 653 n. 3) „dass er im baierischen Hochgebirge nur 
noch zuweilen als grösste Seltenheit auf seinen Streifereien 
aus Tirol her verspürt werde“, und dass sich jetzt nur noch 


in einzelnen und strengen Wintern ein oder das andere Stück — 


auf seinen Raubzügen von Tirol her zeige. Thatsächlich 
wurden auch noch im Jahre 1842 im Stubaithale 2 Luchse 
beobachtet, welche unter den Hasen und Rehen um Mieders 
grossen Schaden anrichteten; das Männchen wurde 1842 bei 
Telfes unter dem Sailjoch vom Wegereuter Pfarrach, das Weib- 
chen 1845 bei Grün im Navisthale vom Osterbauern erlegt, 
Im Jahre 1845 wurde in Hinterhornbach im Lechthal einer 
erlegt (Dalla Torre 55 p. XXIX). Herr Graf H. Enzenberg 
theilte mir mit, dass einmal — vielleicht zu Ende des vorigen, 
vielleicht zu Anfang dieses Jahrhunderts — in einer Nacht 


- 


— 12% — 


4 Luchse über 20 Stück Hirschwild niedergelegt hätten; nach 
desselben freundlicher Mittheilung wurde noch im Jahre 1857 
im Lechthal einer „gespürt“, ein anderer von dorther öffent- 
lich herumgezeigt; auf einer Alpe bei Biberwier oder doch in 
dortiger Umgebung riss ein Luchs ein Pferd. Im Jahre 1847 
erschienen um Traunstein, Kreuth, Tegernsee noch ein- 
zelne Stücke, in der. Folge aber nur alle 10—15 Jahre 
eines, aus Tirol versprengt. Der letzte Luchs wurde im 
baierischen Gebiete im Winter 1850 auf der Zipfelalpe 
gespürt, zwei Stücke, welche sofort nach Tirol zurückwechselten 
(Jaeckel 17 p. 94); doch brachten nach Jaeckel. (20 p. 153) 


und Wiedemann (54 p. 27) Zeitungsberichte aus dem Algäu 


die Nachricht, dass im Dezember 1855 ein Luchs im 
Bregenzer Walde geschossen wurde, welcher der ganzen Ge- 
birgskette entlang unter dem Wildstande seit geraumer Zeit 
erheblichen Schaden angerichtet habe, und in demselben Jahre 
wollen auch Jäger von Tannheim in Tirol nach der baierischen 
Grenze ebenfalls einen Luchs verspürt haben; ja auch im 
Winter 1866 soll dies der Fall gewesen sein (Wiedemann 
54 p. 27). Weiters wurde ein Luchs in Tirol in den fünfziger 
Jahren im Sarnthale erlegt; der letzte wurde am 3. Mai 1872 
dicht an der Schweizergrenze oberhalb Tenders bei Nauders 
vom Färber Mathoy in Nauders beim grünen See unterhalb 
dem Piz Lat tödtlich angeschossen, entkam, und wurde 10 Tage 
später über Tenders verendet gefunden. Er hatte im an- 
geschossenen Zustande noch einen Hasen gerissen. Das Schuss- 
geld wurde von der Landesregierung ausbezahlt. Der Balg 
wurde um 200 Fres. verkauft und präpariert und das Exemplar 
prangt nun in der Cantonschule in Chur®!), Auch auf dem 
Friedhofe in Schlanders soll in demselben Jahr 1872 ein 
Luchs erlegt worden sein; er wurde für einen Wolf gehalten 
und die rechte Pranke wurde daher auf die Bezirkshaupt- 
mannschaft gebracht, wo sie als einem Luchs angehörig er- 
kannt wurde. (Dalla Torre 56 p. XXX). Ueber das Vor- 


$1) Illustr. Jagdztg. I. 1873—74 p. 13. 


— 128 — 


kommen von Luchsen im südlichen Tirol liegen mit Ausnahme 
von Stafflers Notiz keine Angaben vor, obwohl an seinem 
Auftreten nicht zu zweifeln ist; dass er im 16. Jahrhurderte 
im Val di Non angetroffen werden konnte, beweist das Bild 


auf der beim Steinbock näher ausgeführten Karte des Val 


di Non. (Dalla Torre 55 p. XXIX.) 

2. (7.) Fam. Canidae, Hunde. 

2. (13.) Gatt. Canis Linn. 

1. (31.) ©. Lupus Linn. Wolf. — Seit 4—5 Dezennien 
fast gänzlich ausgerottet (Dalla Torre 49 p. 13 n. 31). 
Jaeckel (13 p. 23) schreibt im Jahre 1849 über sein Vor- 
kommen in Baiern: „in allen grossen Waldungen Baierns 
vorhanden, aus denen sie in harten Wintern, wie dies z. B. 
1271, 1491, 1572 im Bodenseebecken durch Kälte und 
Hunger getrieben in grossen Schaaren hervorbrachen und viele 
Menschen und Thiere zerrissen. * 1494 jagte Kaiser Maximilian L, 
der mannhafte Ritter Theuerdank, mit Herzog Wilhelm von 
Schwangau und- verschrieb sich vom Erzherzog Sigmund von 
Tirol einen gewissen Conrad Steck zur Aufrichtung von Selbst- 
geschossen auf Wölfe (Jaeckel 17 p. 129). Nach Stein- 
müller®?) hausten zu Conrad Gessners Zeiten (1516—1565) 
die Wölfe noch im Rheiathale, wo es nebst der gewöhnlichen 
Art noch eine schwärzliche, die grösser und stirker als die 
gewöhnliche war, gegeben haben soll. Auch unter den Raritäten 
der Burg in Innsbruck werden „schwartze Wölffe in der 
Herrschaft Gerold Eck gefangen“, erwähnt. (Beschreibung der 
gefürsteten und sehr mächtigen Grafschaft Tirol. 1703. Augs- 
burg p. 115.) Im Jahre 1548 erschienen Wölfe bei Tegernsee 
(Jaeckel 17 p. 129) und dass im kalten Winter 1572/73 
Wölfe über den gefrorenen Bodensee setzten, bestätigt auch 
König (44 p. 232). Im Jahre 1629 zeigten sich Wölfe bei 
Hohenschwangau. Im Jahre 1697 wurde von 12 Jägern ein 
Wolf erlegt in Schwand ob dem Höfle, Gemeinde Mittelberg 


°2) Steinmüller G. K., Anmerkungen und Zusätze ete. in: 
Neue Alpina I. p. 379, 


— 129+ — 


(i. 1. 1882), und noch 1798 kamen nach Schrank aus Tirol 
zuweilen auch Wölfe nach Baieru. Ja noch im März 1813 
befanden sieh im Amtsbezirke Mittenwald 2 Wölte, welche 
auch im Blomberg, Brandenberg und Steinberg streiften. Die- 
selben richteten in. verschiedenen Orten in Baiern grossen 
Schaden an, hatten bis zum 22. Mai 1813 nicht weniger als 
42 Schafe und 2 Geisse, an Wild 20 Rehe, 5 Stück Wild 
und 2 Hirsche zerrissen und seit der Charwoche noch weit 
grösseren Unfug in Brandenberg und Steinberg angerichtet. 
Erst im Jahre 1815, nachdem der eine dieser Wölfe in dor- 
tiger Gegend sich schon seit 8 Jahren aufgehalten hatte, 
gelang es dem Forstgehilfen Mathias Bauer, denselben im 
Revier Schliersee zu erlegen. Dem Schützen wurde von Sr. 
Majestät dem Könige Max, durch Verordnung vom 19. Mai 1815 
eine Gratification von 75 fl. verwilligt. Diese Wölfe hatten 
ihre Wechsel mit Tirol über den Schiltenstein und die baierische 
Windalm, Auch im Winter 1826 wechselte ein starker Wolf 
aus Tirol über die baierische Grenze nach der Benedicten- 
wand über den Kleinweilberg nach dem Hohenpeissenberg, 
wobei Jaeckel (17 p. 52) bemerkt, dass die Wölfe in früherer 
Zeit gerne diesen Wechsel einhielten, so dass nach der Sage 
alter Leute in Benedictbeuern regelmässig in jedem siebenten 
Winter ein Wolf in diesen Gegenden beobachtet wurde, Im 
Jahre 1826 wurde er von einem alten Jäger Math. Neu- 
bauser, der sich zur Frühpirsche auf einem Baume befand, 
im Revier Reit im Winkel auf dem Lemberg an der Winkl- 
moos-Hochalpe bei Verfolgung einer Anzahl Schafe gesehen 
und geschossen. Anfangs der Dreissiger Jahre wurde nach 
Bruhin (31 p. 395 u. 36 p. 231) ein Wolf unfern Bludenz 
beim „hängenden Stein“ erlegt, weiters (Jaeckel 17 p. 129) 
im Jahre 1837 einer bei Kreuth. Noch im Jahre 1839 
schreibt Staffler (p. 312) über sein Vorkommen in Tirol, er 
habe seinen Aufenthalt in den nördlichen und südlichen 
Schluchten und vorzüglich im Thale Matsch „die Heimath 
der Wölfe“ genannt, im Val Sugana und auf dem Nons- 
berge und fügt bei: „in strengen Wintern kommen diese heiss- 


— 130 — 


hungerigen Thiere nicht selten auf einen überraschenden 
Besuch bis an die Wohnungen der Menschen und würgen den 
Haushund oder ein anderes unverwahrtes Stück Vieh. Doch 
zum Glück erscheinen sie in Tirol fast nie in grösserer Gesell- 
schaft* und noch im Jahre 1852 erwähnt Beda Weber (das 
Thal Passeier p. 199), dass in kalten Wintern die Wölfe den 
Häusern näher rücken und dem Viehe gefährlich werden. ‘Im 
Wielenbacherthal (Pustertbal) schützte man nach Prof. H, 
Schönachs Mittheilung über Nacht die Schafe dadurch, dass 
man sie auf einer einziehbaren Brücke auf einen grossen 
flachen Felsen trieb, auf welchem ein Angriff seitens dieser 
Thiere unmöglich war; der Felsen wird heute noch gezeigt 
und dessen Benützung überallherum erzählt. Nach des Herrn 
Grafen Enzenberg mir zur Verfügung gestellter Notiz wurde 
in Enneberg der letzte Wolf Mitte der Vierziger Jahre in 
einem Ziegenstall erschlagen; im Vintschgau wurde noch in 
diesem Jahrkunderte eine Magd des Polsterhofes bei Maria- 
berg, als sie in der Dunkelheit zum Brunnen gieng, zerrissen. 

Weiters mögen hier noch einige von Hr. Br. Lazarini 


mir freundl’chst mitgetheilte Daten Platz finden. In den Acten 


der k. k. Statthalterei-Registratur findet sich folgender Auf- 
trag an das königl. Salinen-Waldamt in Hall. „Gemäss der 
vom königl. Waldamt Mattrey gestern erhaltenen Anzeige hat 
den 30. v. M. früh im Mitterberg] im Arzthal ein Wolf drei 
Schafe zerrissen, da nun dieses Schadenthier sich bald da 
bald dort aufhält, so wird das k. Waldamt Hall angewiesen, 
die Gemeinden Volders und Wattenthal, dann das k. Forst- 
personale hierüber aufmerksam zu machen und zur nöthigen 
Nachspürung anzuhalten. Hall, den 2. October 1811. Ign. 
K. Miller, Forstinspector mp.“ — Nach einer Mittheilung 
aus Hinterhornhach hielt sich in den Dreissiger Jahren über 
‘Winter ein Wolf dortselbst auf. (Brief im Besitz des Baron 
Lazarini), 1858 wurde von einem gewissen Josef Steck bei 
Tschengels (Vintschgau, Post Eyrs) ein Wolf geschossen, 
(Mittheilung des Hr. Altbürgermeisters Schueler von Bozen). 


1864 wurde bei Schueeberg im hinteren Passeier ein Wolf . 


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— 131 — 


in einer Prügelfalle gefangen, der sich längere Zeit dort 
herumtrieb und die von den Bergwerksarbeitern weggeworfenen 
Knochen und Speiseabfälle nächtlicher Weise auflas. Der 
Schädel dieses Thieres befindet sich jetzt im Besitze des 
Baron Lazariui. (Nach Mittheilung eines Bauern in Mareith, 
der früher in Schneeberg arbeitete, den Wolf selbst sah und 
dessen Schädel lange Zeit aufbewahrte). Das Thier war dem 
Schädel nach zu schliessen, etwa 3/,—1 Jahr alt. Ueber 
einen Kampf gegen Wölfe — nächst dam Dorfe Gosaldo an der 
italienischen Grenze vergl]. , Innsbrucker Nachrichten * 15. Dezem- 
ber 1885. Keil dagegen bemerkt (25 p. 166), dass sie im Gebiete 
des Kreuzkofels schon seit langer Zeit ausgerottet sind. a/l. Ueber 
ihr Vorkommen im Trentino (16 p. 267) und im Valsugana 
speciell (48 p. 9) berichtet Ambrosi; nach demselben fanden 
sich Wölfe in Valsugana noch zu Anfang dieses Jahrhunderts. 
Im Jahre 1833 wurden in Tirol sechs, im Jahre 1834 fünf 
und im Jahre 1835 zehn Stücke erlegt, zwischen 1837 und 
1852 achtzehn Stücke, von denen vier auf Brixen, 13 auf 
Trient und 1 auf Vorarlberg entfallen. (Tiroler Bote 1836 
p. 32 etc); weitere Berichte finden sich in der Schützen- 
zeitung 1852 p. 97 u. 1853 p. 726 und im Tiroler Boten 
1877 p. 77. 

2. (32.) C. familiaris Linn. Haushund. — In zahl- 
reichen Rassen gezähmt®®) (Dalla Torre 49 p. 13 u. 32.) 
Nach Bruhin (36 p. 231) heisst in Vorarlberg das Männchen 
„Bracke“, das-Weibchen „Feutsch oder Leutsch“, in Tirol 
ersteres „Brack *, letzteres , Matz* oder „Latsch“. In Bregenz 
wurde auch ein nackter Hund beobachtet. 


3. (33.) C. Vulpes Linn. Fuchs. — In Wäldern und 
Gebüsch bis 2000m, stellenweise hänfig®*), (Dalla Torre 49 


83) Literatur: Ambrosi (16 p. 266). 

84) Literatur: Staffler (11 p. 313), Ambrosi (16 p. 267), Gred- 
ler (19.p. 25), Keil (25 p. 166), Gredler (42 p. 51), Trentinaglia (45 
p. 149) n. 4 u. 46 p. 9), Ambrosi (51 p. 15), Heller (52 p. 117), 
Fronmüller (53 p. 121). 


ER 


p. 13 n, 33). Nach Bruhin (31 p. 395) entschieden das 
häufigste Raubthier des Walserthales. Fast jede Walserin 
besitzt einen sog. „Schlupfer“, d. h. aus 2—3 Bälgen ver- 
fertigten Handpelz; die Bewohner einer Gemeinde im Walser- 
thale heissen geradezu „Fuchsjäger* und man unterscheidet 
daselbst Kohl- (Brand-) und Sonnen- (Edel)füchse; Stein- 
müllers®5) Bisam- und Kreuzfuchs wurde scheint’s im Gebiete 
voch nicht beobachtet. Ein Pelz galt im Jahre 1867 nach 
Bruhin (35 p. 286) 5 Fre, und es ist nach Bruhin (36 
p- 231) nichts seltenes, dass man im Walserthale am hellen 
Tage Füchsen begegnet. Insbesonders im Maikäferjahr 1867 
konnte man sie öfter in geringer Entfernung sehen; überall 
begegnete man der Losung dieses Thieres, welche fast lauter 
unverdaute Flügeldecken des Maikäfers enthielt. Auch König 
(44 p. 232) erwähnt, dass er in der Bodenseegegend in ein- 
zelnen Jahren z. B. 1838, 1841 so zahlreich war, dass man 
in Einöden kein Federwild halten konnte, Vertical steigt er 
sehr hoch. So traf ihn Br. Lazarini nach freundlicher Mit- 
theilung noch auf der „Telfser Weissen“, zwischen Ridnaun 
und Pflerschthal, wenige Schritte unter der etwa 2400 m. 
hohen Spitze; ebenso am Zunderkopf bei Thauer oberhalb- 
der Kaisersäule und verspürte ihn öfters im Schnee, wenn er 
in der Gegend vom bloben See’el (blauer See) nächst dem 
„gschriebnen Stein* im Vicar in dieser Höhe Jagd machte 
auf Mäuse, Schnee- und Steinhühner u. s. w. oder die von 
den’ Bauern zum Fang dieser Wildhühner aufgerichteten Stein- 
fallen revidierte. Im Jahre 1876 wurden in ganz Deutsch- 
tirol 1052 Stücke erlegt. Weisse Füchse wurden in der Hinter- 
riss (Tiroler Bote 1878 p. 1176) und in der Scharnitz erlegt 
(Schützenzeitung 1865 p. 27). 

3. (8.) Fam. Ursini, Bären. 

3. (14.) Gatt. Ursus Linn. 

1. (34.) U. Arctos Linn. Br. — In dichten Wäldern 
und auf freien Waldstellen der Hochthäler, namentlich im 


85) Steinmüller J, R., Anmerkungen und Zusätze etc. in: 
Neue Alpina I. p. 385, 


—. 13 — 


westlichen Theile des Gebietes (Nonsberg, Engadin u. s. w.) 
einzeln, doch fast alljährlich®®) (Dalla Torre 49 p. 13 n. 34), 
Unter den grössten Raubthieren ist der Bär das einzige, das 
sich bis in jüngste Zeit herauf noch immer erhalten hat, wenn 
er auch an Zahl ungemein vermindert erscheint; infolge dessen 
finden sich auch in den Tagesblättern allerorts vielfache An- 
gaben über Bärenjagden und Bärenfang. Aus denselben sei 
hier angeführt, dass im Jahre 1833 in Tirol 27, im Jahre 1834 16, 
im Jahre 1835 22, im-Jabre 1838 22 Stücke und von 
-1837—52 im ganzen Gebiete 162 Stücke erlegt wurden, 
2 um Innsbruck, 11 um Brixen, 146 im Trentino und 3 in 
Vorarlberg; unter letzteren 70 Männchen, 61 Weibchen und 
15 Junge. — Die älteste Nachricht des Vorkommens stammt 
aus dem Jahre 746, in welchem der Apostel St. Magnus, 
dem die Auffindung des Eisenerzes zugeschrieben wird, Bären 
in den Wildnissen des hohen Säuling bei Füssen antraf. 
(Jaeckel 26 p. 97). Dass er im 10. Jahrhunderte auch im 
Walserthale hauste, geht aus der Geschichte von der Grün- 
dung St. Gerolds hervor, die im 10. Jahrhunderte erfolgte”) 
(Bruhin 31 p. 395). Im Jahre 1347 wurde einer bei Dorf 
Puch erlegt und 1494 weilte Kaiser Maximilian I., angelockt 
durch die dortigen Bären gerne und oft in Hohenschwangau 
und Füssen und jagte mit dem Baiernherzog Wilhelm im 
dortigen Gebirge bis hinab an den Kaiserbrunnen am wild- 
schönen Plansee diese zottigen Unholde. Aus einem von Füssen 
aus datierten Schreiben des Kaisers an den Erzherzog Sig- 
mund von Tirol ist ersichtlich, dass es in jener Gegend viele 
Bären gab, auf die der Kaiser „grussen Hass und Verlangen 
getragen,“ Sie hausten vorzüglich gegen den Schnaitberg und 
Picheleck, allwo sie nur für Schwangaus hohen Herren auf- 
gejagt werden durften. Noch Herzog Albrecht befahl dd. Fried- 


8) Literatur: Koch (9 p. 23 n. 19), Franzius (15 p. 346), 
Gredler (42 p. 51), Frattini (50 p. 240), Heller (52 p. 117), Fron- 
müller (83 p. 122). 

87) Urbarium praepositum ad St. Geroldum a 1678 Fol. 3 u, 4, 


— 134 — 


berg 8. Juni 1570: „Da sollen sy ounserm Lust ungeirrt 
gelassen und derselben Orten nit gefangen, noch vertrieben 
werden.“ Im Jahre 1548 wurden bei Tegernsee, 1551 bei 
Reichenhall, 1569 bei Rottenbach, 1629 bei Hohenschwan- 
gau ein Bär erlegt und zwar am letzteren Orte nach Wagner 
(12 p. 652 n. 1) der letzte. Im September 1643 wurde auf 
bitterliches Ansuchen der österreichischen Prinzen Ferdinand 
Karl und Sigmund Franz um Hohenschwangau jagen zu 
dürfen, der Pfleger Franz Mormann beauftragt, eine „herrliche “ 
Jagd in dem durch seinen Wildbann berühmten Schwangau 
auf Hochwild, Wölfe, Wildschweine und Bären vorzubereiten. 
— Während des 30jährigen Krieges nahmen die Bären in 
den oberbaierischen Wildnissen wieder sehr überhand ; 1675 
erschienen solche am Königssee. 1760 fanden sich wieder 
Bären bei Hohenschwangau, 1761 bei Schwarzenberg, und 
im Herbste des Jahres 1789 kam ein Bär in die Alpen von 
Oberstdorf, von wo er durch die Bauern nach Tannberg und 
dort durch grosse Feuer nach Tirol vertrieben wurde. 1804 er- 
wähnt sie Schwaegrichen (8 p. 347) vom Grossglockner, 1807 
erschien einer in der Riss, 1812 mehrere um Tegernsee und 
am Achensee, 1822 um Mittenwald und Ruhpolding; um 
dieses Jahr finden sich auch bei Hohenschwangau die letzten 
Bären. 1824 wurde ein Bär bei Miessbach, 1826 einer bei 
Tegernsee, 1826—28 einer um Traunstein, und von 1826—28 
einer auch um Tegernsee und den angrenzenden Tiroler- 
Gebirgen verspürt; im letzteren Jahre wurde er auch erlegt. 
(Wagner 12 p. 652 n. 1). Auch am Plansee und bei Kreuth 
trieb sich 1828 ein Bär umher, der von dem Forstwarte 
Sollacher und dem Jagdgehilfen Seb. Riosch an den Stangen 
unter den Halserspitz angeschossen wurde, dann seinen Weg 
über das Schmaleck in das Thierseeische nahm, von da in 
das Brandenbergische flüchtete und sich dann noch längere 
Zeit herumtrieb, bis er von einem Hirten im Achenthale er- 
legt wurde. (Jaeckel 26 p. 86). Im Winter 1833/34 hielt 
sich um Tegernsee ein Bär auf, der im Achenthal später 
geschossen wurde. Ein anderer Bär der in demselben Jahre 1834 


— 15 — 


in der Hinterriss öfters gesehen wurde, und der zuletzt noch 
im benachbarten Reviere Riss, woselbst er auf einer Alpe 
bei seinem Fortwechsel noch ein einjähriges Rind zerrissen 
hatte, gespürt wurde, ward bald darauf, 8 Stunden entfernt, 
im sog. Steinberge in Tirol erlegt. 1835 zeigte sich ein Bär 
bei Ruhpolding, 1838 bei Reichenhall (Jaeckel 17 p. 125). 
Ungefähr in demselben Jahre wurde auch nach Bruhin (31 
p. 395) ein Bär bei Nenzing geschossen, wahrscheinlich ein 
Ueberläufer aus dem benachbarten Graubünden; auch König 
(44 p. 236) theilt mit, dass 1848 bei Meran einer erlegt 
wurde, der mit Weibchen und Jungen ausgestopft nun im 
Schlosse Lebenberg sich befindet. Nach Keil (25 p. 166) 
findet er sich auch im Pusterthale ein urd wurde Ende 
October 1854 bei Klammbrück (unweit Lienz) ein Männchen 
geschossen, das 174 Pfund wog; ein junges Männchen trieb 
sich 1858 längere Zeit in den Gräben des Lesachthales 
herum. 1864 wurde ein Bär bei Partenkirchen un Mitten- 
wald gesehen, wechselte dann über das Wettersteingebirge bei 
den 3 Thörlein in das Geiss- und Leutaschthal und erschien 
selbst im Oberinnthale (Jaeckel 26 p. 33); im Jahre 1867 
trieb sich ein Bär den ganzen Sommer auf der Alpe Gamp 
bei Nenzing herum und richtete nach Bruhin (36 p. 2.2) 
einigen Schaden an. 1873 erschienen anfangs August 2 Stücke 
aus dem Engadin bei Reutte, frassen in 14 Tagen 8 Stück 
Rinder und entkamen nach König (44 p. 2°26) — trotz der 
Prämie von 100 fl. Eigenthümlich ist es, dass im Sannen- 
gebiete der letzte Bär schon im Jahre 1849 und zwar von 
dem berühmten Jäger und Bergsteiger Fr. Pöllt aus Valzur 
erlegt wurde hinter dem Jamthalergletscher auf der Schweizer- 
seite; er wog 4 Centner. Auch in der nördlichen Kalk- 
kette dieses Gebietes soll nach Trentinaglia (45 p. 149) 
das letzte Stück, ein kleines lichtbraunes Exemplar, im Alper- 
schonerthale, nördlich von Flirsch schon im Jahre 1854 er- 
legt worden sein; gespürt wurden allerdings auch Ende der 
Sechziger Jahre Bären im Fimber- und Klosterthale, aber 
ohne dass man trotz der angestellten Suche ihrer ansichtig 


— 156 — \ 
geworden wäre. Dagegen wurden im September 1879 2 Bären 


am Wege zwischen Lünersee und Schruns gesehen; im Juli 
desselben Jahres hatte ein Bär auf der Dornbirneralpe „weisse 


„Fluh“ eine Kuh, und auf dem Alpweg 2 Kälber zerfleischt 


und im August 1880 zerriss ein Bär im Hinterhornbach 
7 Rinder (Wiedemann 54 p. 42.) — Auch aus dem süd- 
lichen Tirol sind viele Bärenvorkommuisse aus früherer und 
jetziger Zeit bekannt; ich verweise hier nur auf Ambrosi 
(16 p. 266), der ihn aus dem Trentino überhaupt und aus 
Val Sugana (48 p. 9) notiert, auf Wiedemann (p. 42), nach 
welchem bei Tione ein ertrunkener Bär aus dem Wasser ge- 
zogen wurde, auf Cornalia (40 p. 30), der ihn vom Monte 
Baldo kennt und auf Dalla Torre (55 p. XXIX), nach 
welchem auf dem beim Steinbocke angezogenen Bilde nicht 
weniger als 5 Stücke verzeichnet sind. Weitere Daten über 
das Vorkommen von Bären in Tirol theilte mir Bar. Lazarini 


mit. Nach Prof. Biedermann wurde 1817 einer bei Steinach _ 


geschossen. 1830 trieb sich ein Bär bei Dornauberg und 
Zemmthal im Zillerthal durch kurze Zeit herum und es 
wurden öfters vergebliche Jagden auf ihn gemacht, woran sich 
ältere Leute noch gut erinnera können. (Brief des Ober- 
försters Hochleitner an Bar. Lazarini). 1854 wurde ein starker 
grauer Bär im Stubaithale unweit der Hegereiter weissen Wand 
bei Neder vom Hegereuter Zuckerpaul aus Vulpmes geschossen; 
1855/56 wurde ein kleiner Bär, nachdem er sich eine Zeit 
lang bei der Waldrast aufgehalten hatte, auf dem Trinserjoch 
erlegt. — Dass damit die Fundstellen dieses Thieres noch 
lange nicht erschöpft sind, ergibt sich auf den ersten Blick in 
die Tagespresse, in weicher alljährlich noch mehrere Fälle 
vom Auftreten dieser Thiere gemeldet werden — und wenn 
man alles zusammenfasst, so dürfte sich wenig geändert 
haben, seit Staffler (11 p. 312) schrieb: „Dieser zeigt sich, 
wenngleich nur einzeln oder im Gefolge der jungen Brut in 
verschiedenen Gebirgsstrichen des Nordens und Südens als in 
den Seitenthälern des Wippthales, in der Gegend von Nauders, 
im Trafoithale, in den südlichen Gebirgsschluchten von Schlan- 


— Bt — 


ders, im Thale Ulten, bei Tisens gegen den Nonsberg, am 
Mendelgebirge bei Kaltern, im Fleimsthale, selbst auf den 
Hügeln von Vezzano und im Bezirke von Ala. Auch im 
Pusterthale, als in der Gegend von Sillian lassen sich diese 
unwillkommenen Gäste sehen. 4 


4. (9.) Fam. Mustelina, Marder. 
4. (15.) Gatt. Meles Briss. Dachs. 


1. (35.) M. Taxus Schreb. Dachs. — In Wäldern, 
vertical bis 1200m. im ganzen Gebiete stellenweise häufig, 
stellenweise ausgerottet.°5) (Dalla Torre 49 p. 13 n. 35). 
Nach Bruhin (35 p. 286) kostete das Fell dieser einem 
baldigen Untergange entgegensehenden Art im Walserthale im 
Jahre 1867 5 Fre. Im Jahre 1876 wurden in Deutschtirol 
170 Stücke erlegt. 


5. (16.) Gatt. Mustela Linn. 


1. (36.) M. Martes Briss. Baum- oder Edelmarder. 
— In hohlen Bäumen und Felsspalten von Wäldern, meist 
ferne von menschlichen Wohnungen bis 1000 m. stellenweise 
nicht selten; namentlich in Nordtirol stellenweise ausgerottet >?) 
(Dalla Torre 49 p. 14 n. 36). Der Pelz wurde im Walser- 
tbale im Jahre 1867 mit 11 Fre. bezahlt, wie Bruhin (35 
n. 285) angiebt; 1878 bezahlte man hier ein Edelmardertell 
mit 14 fl. und mehr; der Preis wechselte eben mit der Mode, 
abwärts bis 6 oder 7 fl. Gredler (53 p. 12) beschreibt eine 
abnorm gefärbte Form dieser Art, bei welcher der Körper 
zur Hälfte weiss ist. 


88) Literatur: Staffler (11 p. 312), Ambrosi (16 p. 266), 
Gredler (19 p. 25), Keil (25 p. 166), Bruhin (36 p. 232), Gredler (42 
p. 51), Trentinaglia (46 p. 9), Ambrosi (48 p. 9 u. 51 p. 14), Fron 
müller (52 p. 121). 

89) Literatur: Staffler (11 p. 313), Ambrosi (16 p. 266), Gred- 
ler (19 p. 25), Keil (25 p. 166), Gredler (27 p. 15), Bruhin (31 
p- 396), Bruhin (36 p. 232), Trentinaglia (46 p. 9), Ambrosi (48 p. 9 
u. 51 p. 14), Fronmüller (p. 52, p. 121.) 

Naturw.-med. Verein 1887/88, 10 


ne 


2. (37.) M. Foina Briss, Haus- oder Steinmarder. — 


Seltener als vorige Art, doch vertical bis 1500 m. aufsteigend ; 
oft selbst in der Nähe der Städte vordringend?®) (Dalla Torre 
49 p. 14 n. 37). Bruhin (31 p. 396) besass eine Abnormität 
mit 7 Vorderzähnen im Oberkiefer aus Blons; nach demsel- 
ben hatte der Bale im Walserthale im Jahre 1867 einen 
Wert von 12 Fre. (35 p. 286), ein Beweis, dass der Haus- 


marder seltener wird (Bruhin 36 p. 232). In Deutschtirol. 


wurden im Jahre 1876 von beiden Marder-Arten zusammen 
429 Stücke erlegt. Die Erlegung der Marder wird häufig 
durch die Bodenbeschafienheit erschwert oder erleichtert; so 
z. B. im Walde ober Igels bei Innsbruck, in welchem beinahe 
alle Jahre mehrere Edelmarder geschossen werden. Wenn die 
Jäger daselbst verspüren, dass der Marder gegen hl. Wasser 
oder weiter aufwärts strich, so kehren sie um und gehen 


‚ heim, weil sie selbe ein anderesmal unter der Ellbogner Strasse 


sicherer bekommen. 

6. (17.) Gatt. Foetorius Keys. u. Blas. — 

1. (38.) F. Putorius Linn. Ilti. — In Wäldern, 
Steinlöchern und zerfallenen Gebäuden bis 1500m. nicht 
selten; doch auch in Feldern nicht selten, selbst an Wasser- 
läufen z. B. Hallerau, Ambraserau, dann an Heu- und Ge- 
treidestädeln?!) (Dalla Torre 49 p. 14 n. 38). Es heisst in 
Leisach „Elgas“, im Etschthal „Ölgas“; der Balg galt nach 
nach Bruhin (35 p. 286 im Jahre-1667 7 Fres. 

2. (39.) F. Erminea Linn. Hermelin. „Hermele oder 
Harmele.* — Im ganzen Gebiete bis fast 2500 m. häufig in 
Mauerlöchern, Baumhöhlen und Steinhaufen®?) (Dalla Torre 


90) Literatur: Ambrosi (16 p. 266), Keil (25 p. 166), Gredler 
(27 p. 15), Bruhin (26 p. 232), Ambrosi (48 p. 9 u. 51 p. 14), Heller 
(51 p. 117). 

91) Literatur: Staffler (11 p. 313), Ambrosi (16 p. 266) Gred- 
ler (19 p. 25), Keil (25 p. 166), Gredler (27 p. 15), Bruhin (36 
p. 232), Ambrosi (48 p. 9 u. 51 p. 14), Heller (52 p. 117). 

92) Literatur: Ambrosi (16 p. 266), Keil (25 p. 166), Bruhin 
(36 p. 232), Heller (52 p. 117). 


— 1239 — 
~ 49 p. 14 n. 39). Nach Gredler (41 p. 75) im Sarnthale im 


Winter bis auf die Spitze weiss werdend, „was im übrigen 
Südtirol nicht“, wohl aber in Nordtirol,“wie’s scheint, all- 
gemein der Fall ist; derselbe glaubt es auf dem Niederjoch- 
ferner bei 8000 Fuss (—2700 m.) gesehen zu haben, (i. ].). 
Nach König (44 p. 245) findet es sich ach im Pfahlbauten- 
Schutt des Bodensees. 

3. (40.) F. vulgaris Briss. Wiesel. ,Harmala* — 
Im ganzen Gebiete bis etwa 2500m. in Erd- und Baum- 
löchern; auch auf bebautem Boden, wie vorige, doch ungleich 
seltener?) (Dalla Torre 49 p. 14 n. 40). Bruhin (36 p. 232) 
bemerkt, dass er es in Vorarlberg nicht antreffen konnte; 
doch wurde ein Stück beı Gams im schweiz. Rheiuthale nach 
Stölker erlegt; Fronmüller (52 p. 121) dagegen kennt es „in 
den Thälern und Bergen“ des Montavon. Auch nach meiner 
_ Beobachtung ist es in Tirol nicht gar so selten, was mir auch 

Gredler (i. 1.) bestätigt, der es bei Telfs, Antholz, Bozen, 

* Neumarkt, Cembra u. s. w. fand. Ich sah wiederholt im 
Winter, wie Stücke im Garten der k. k. Lehrerbildungsan- 
_ stalt, dann am Innquai auf Feldmäuse Jagd machten und 
reiche Beute erhielten; das Stück im Musezm, ein Geschenk 
Br. Lazarinis, stammt aus dem Birgitzerwald. 

7. (18.) Gatt. Lutra Linn. 

1. (41) L. vulgaris Linn. Fischotter. — An Bach-, 

Fluss- und Seeufern vertical bis 1000 m. stellenweise häufiger, 

_ mehrerenorts ausgerottet. (Dalla Torre 49 p. 13 n. 41). — 
Bezüglich des Vorkommens dieser interessanten Art am Boden- 
see schreibt Hartmann bereits im Jahre 1795: „Er ist zwar 
kein eigentlicher Seebewohner, hält sich aber an mehreren 
Flüssen auf, die sich in unseren See ergiessen. Ausser dem, 
was ihm absichtlich nachgestellt wird, wurde er bereits an 
den Mündungen dieser Flüsse auch schon in Fischreusen 
gefangen.“ (7 p. 74 n. 1 u. 8 p. 105.n. 1). Die nach König 


93) Literatnr: Ambrosi (16 p. 266), Gredler (27 p. 15), Trenti- 
naglia (46 p. 9), Ambrosi (48 p. 9 u. 5l p. 14), Heller (52 p. 117). 
10* 


— 140 — 


(44 p. 246) im Pfahlbautenschutt des Bodensees aufgefundenen 
Reste dürften demnach wohl auca nur durch die Zuflässe in 
diesen gelangt, oder als Speisereste einstiger Pfahlbauern vor- 
handen sein. Nach Bruhin (31 p. 396) findet sie sich bei 
Ludesch und Thüringen, von wo sie bis in die Vorberge, 
sog. Quadern steigt (nach Douglas); ein Individaum gerieth 
in das Wasserrad und brachte es zum Stehen. Er zweifelt 
nicht, dass sie der Ill entlang bis zur Lutz, die im Walser- 
thal entspringt, gekommen ist. Weiters wurde sie nach dem- 
selben (36 p. 232) bei der Bersbucher‘ Brücke zwischen 
Bezau und Andelsbuch im Bregenzerwalde sowie in Lustenau 
(6 p. 877) geschossen. Das Exemplar im vorarlbergischen 
Museum in Bregenz wurde in der Nähe von Hard an dem 
fischreichen Lauterachbache erlegt. — In Tirol fehlt sie keinem 
grösseren Flusse; so wird sie alljährlich im Winter im Inn 
bei Innsbruck gefangen, findet sich aber auch in der Sill, 
Grossache, Eisack, Etsch, Drau und Rienz, sowie in den 
meisten Nebenflüssen, so im Oetzthale, im Zillerthale, im 
Spertenthale, in Alpach und Brandenberg, im Wippthale, im 
Kggenthale (Gredler i, 1.), im Villgratenbach (Staffler 11 
p. 313); Keil (25 p. 166) fand sie am Kreuzkofel selten, 
selbst in den Bächen und Flüssen des Hochgebirges fehlt sie 
nicht, wie am Lech, an der Amper, Loisach, Isar u. s. w. 
(Jaeckel26). Weiters findet sie sich im Kalterersee (Gredler 
i. 1.) und um Bozen (Gredler 19 p. 25), sowie nach Ambrosi 
(16 p. 266 u. 5! p. 15) im Trentino und (50 p. 9) im 
Val Sugana. Im Jahre 1876 wurden in Deutschtirol 29 Stücke 
erlegt. Im Jahre 1874 wurde im Inn bei Volders ein Stück 
im Gewichte von 15 Pfund gefangen. (Tiroler Bote 1874 
p. 164). 


IV. Ordn. Glires, Nagethiere. 
1. (16.) Fam. Sciurina, Eichhörnchen. 
1. (19.) Gatt, Seiurus Linn. Eichhörnchen. 


1. (42.) Se. vulgaris Linn. Gemeines Eichhörnchen, 
„Eicher“, „Dicherl“. , Eichkatzl*. — In Nadelholzwäldern 


— {41 — 


des ganzen Gebietes bis 1500 m gemeint). (Dalla Torre 49 
p- 17 n. 42). Bezüglich der Färbungen bemerkt Bruhin (36 
p. 232), dass im Walserthale, namentlich um St. Gerold, 
meist schwarzbraune Exemplare vorkommen, doch erhielt er 
auch ganz rothe; die letztere Färbung scheiut mir in Tirol 
entschieden die häufigere zu sein, doch erhielt ich im heurigen 
Herbste (1886) ein prächtiges Stück mit eisengrauem Fell. 
Gredler (41 p. 75) berichtet von einem theilweisen oder 
Halbblendling aus dem Sarnthale: ein dreifärbiges Stück mit 
hellgrauem Mantel, weissem Bauch und rothgelber Grenz- 
linie, dessen Albinos-Natur durch die im Leben rein weissen 
Augen und trübmilchweissen Krallen bestätigt wird, wurde 
dem Ferdinandeum aus Kufstein eingeschickt und ist dort- 
selbst aufgestellt. 

Eine andere Abnormität wurde im Bregenzerwald erlegt. 
Dieselbe ist ein schönes grosses Exemplar von auffallend 
intensiv rother Farbe, Um die Mitte des Körpers läuft ein 
3cm. breiter, weisser ganz regelmässiger Ring; ein ebensolcher 
nur ein wenig schmälerer theilt in der Mitte den buschigen 
Schweif. (Weidmannsheil II. 1882 p. 135.) Um Innsbruck 
kommen 3 Hauptfärbungen vor; schwarze, rothe und schwärz- 
liche mit rothbrauner Berandung — alle drei mit weissem 
Bauche. Die rothen werden im Winter etwas dunkler gräu- 
lich-rothbraun, die schwarzen bleiben schön schwarz; die 
schwarzbraunen erscheinen mehr oder weniger dunkel schwärz- 
lich graubraun und behalten zugleich die braune Berandung 
des dunklen Mantels; der Bauch bleibt bei allen weiss, 
Diese letzte Form ist hier wohl die häufigste; ihr zunächst 
steht die rothe; am seltensten ist die schwarze. Zu den 
ersteren zählt auch obiger Albinos aus Kufstein; Baron 
Lazarini besitzt eine ähnliche Form mit noch lichter Schwanz- 
spitze; ein rein weisser Albinos befindet sich im Museum 
Ferdinandeum und stammt aus Natters. Diese sind sehr selten; 


*4) Literatur: Schwägrichen (7 p. 347), Ambrosi (16 p. 276), 
Keil (25 p. 166), Gredler (27 p. 16), Ambrosi (48 p. 9 u. 51 p. 15). 


a emia 


weniger selten sind scheckige Stücke. Ein solches besitzt Herr 
Andreis, ein anderes mit weissem Schwanzringel Herr Baron 
Lazarini. Auf diese Färbungsdifferenzen wäre sehr zu achten. 

2. (z0.) Gatt. Arctomys Schreb. Murmelthier. 

1. (43.) A. Marmotta Linn. Alpenmurmelthier, , Mur- 
mentl, Urament], Urmentl, Paramentl“. — Auf Alpenjöchern 
bei 2000 m. stellenweise zahlreich, theilweise ausgerottet®®) 
(Dalla Torre 49 p. 17 n. 43). Ueber sein Vorkommen in 
Vorarlberg ,Bormenta* (2 mure montano) bemerkt Bruhin 
(31 p. 396): Ziemlich häufig. Im Walser- und Marulathale, 
Nova, Laguiz, Formarin, Schellen, Clesenza bei Buchboden, 
von wo mit Erfolg auf die Fontaneller Alpen verpflanzt; soll 
sich auf Sentim bei Blons finden. Wird auch im Klosterthal 
im Montavon — was Fronmüller (52 p. 121) bestätigt — 
im Gamperton Thal u. s. w. gefunden, bewohnt ‚also die 
Alpen des ganzen südlichen und einen grossen Theil des öst- 
lichen Vorarlberg uid bemerkt weiters (36 p. 233): „in 
Sonntag entwichen diesen Sommer (1867) zwei gefangene 
Exemplare, gruben sich aber nicht weit von der Kirche einen 
Bau, in welchem sie sich bei der Annäherung eines mensch- 
lichen Wesens laut pfeifend flüchteten.* Für einen Pelz wurde 
im Jahre 1867 10 Fre. gezahlt. (Bruhin 35 p. 286). — 
Bezüglich des Vorkommens von Murmelthieren in Tirol schreibt 
Staffler (11 p. 311): „Hat nur in einigen Hochgebirgen des 
Nordens, z. B. im Kaunserthal, im Pitzthale, im Oetztbale, 
in der oberen Gegend des Patznaunthales und in den Seiten- 
thälern des Wippthales seinen Aufenthalt.“ Bei der zu- 
nehmenden Gefahr der allmähligen Ausrottung dürfte vielleicht 
eine genauere Darlegung der heutigen Fundstätten nicht ganz 
ohne Interesse sein, Für das Rhaeticon, speziell für das Patz- 
nauntbal präzisiert J. v. Trentinaglia (45 p. 146 n. 2) das 
Vorkommen dieser Thierart ziemlich genau. „Das Patznaun- 
thal“ schreibt er, „erfreut sich ausnahmsweise eines sehr 
guten Murmelthierstandes; vorzüglich ist es das Vorder- und 


»5) Literatur: Heller (52 p. 116). 


—e+143, — 
‘ 
Hintervermunt, das Ochsen- und Klosterthal, Cromer- oder 
Schweizervermunt, welches noch gegenwärtig sehr reich an 
solchen Thieren ist; am reichsten ist aber das Fimberthal, 
wo es in der sogenannten neu g’fund’nen Welt an den Ab- 
hängen des Berglerkogels, Schwarzwandspitzes und Gamblaies- 
spitzes deren so viele gibt, dass sie nach Ansicht der dortigen 
Leute den Alpenwiesen durch ihre unterirdischen Bauten 
schadeten und massenweise in Fallen gefangen wurden. In 
den Bergen des Verwall-, Maroy- und Vasulthales kommen sie 
auch noch ziemlich zahlreich vor, während sie in den Kalk- 
bergen nördlich vom Stanzerthale total ausgerottet sind. In 
den östlich vom Jamthaler Eisstocke gelegenen Thälern 
Gribele, Pflatt, Isgolauz, Schaller sind sie zur Seltenheit 
geworden und auch der östliche Theil zwischen Stanzer- und 
Paznaunthal wird kaum mehr als 10 bis 12 Thiere avfzu- 
weisen vermögen, Bemerkenswerth ist, dass vor circa 5 Jahren 
im Cromerthale ein hellgraues Männchen erlegt und als 
Curiosum nach Chur geliefert wurde. — Dagegen ist nach 
Zimmeter (56 p. 245) das Stanzerthal und die Lechthaler 
Alpen, wie das „Uramentathal“ nördlich unter dem Almeur- 
joch schon durch seinen Namen erkennen lässt, dann die 


Umgebung von Tannheim, Steg und Holzgau (Mädelejoch), 


sowie die nördlichen Algäuer-Alpen, so die Berge um Hinde- 
lang, woz. B. auf der Blettele- ud Wengenalpe 200—300 Stück 
gezäblt werden, reich an Alpenmurmelthieren. Die grösste 
Massenansiedlung weist der Oetzthalerstock auf und dessen 
radienférmig nach allen Himmelsrichtungen ausstrahlenden 
Seitenthäler, das Kaunser-, Pitz-, Oetz-, Ridnaun-, Passeier-, 
Stubai-, Gschnitz-, Pflersch- und Sellrainthal (Längenthal, 
Finsterthal, Kühthai) sowie Langtaufererthal (Holzmüller 38 
p- 101 n. 126), und Schnalserthal (Gredler i. 1); auch im 
Ortlerstock sind sie anzutreffen, so im Suldener-, Ulten- und 
Martellthale (Franzius 15 p. 345) — überall ziemlich häufig. 
Im Passeyerthale erwähnt B. Weber (das Thal Passeyer 
1852 p. 199) als „Brutstätten von Bergmausen*, besonders 
das Kalmthal, Lazins und die Bergübergänge von Stulo nach 


— 144 -— 


Ratschings. Weiter  ostwarts von der Sill und Eisack 
scheinen sie in Tirol zu fehlen, wenigstens sind sie nach 
Keil (25 p. 166) auf dem Kreuzkofel meist verschwun- 
den und für das Gebiet der Rieserfernergruppe gibt sie J. v. 
Trentinaglia (46 p. 9) nicht an. Dagegen. findet sich die Art auf 
dem Nonsberg und Sulzberg (Scopoli 3 p. 39), sowie im 
Sarnthale. — Dass sie früher in Tirol weiter verbreitet waren, 
steht sicher; so finden sich alte nunmehr unbewohnte Baue 
im Arzthale und auf dem Glungezer, dann nach Prof. von 
Pichler im Nauderkar zwischen Achensee und Stallenthal, 
Um diesen Abgang zu decken, wurden an den verschiedensten 
Punkten neue Ansiedelungen versucht, meist mit wenig Erfolg. 
So berichtet Br. Lazarini von einer Ansiedelung im Arzthal, 
einem östlichen Seitenthale des Wippthals, wo Murmelthiere 
aus dem Vintschgau wiederholt in die alten ausgestorbenen 
Baue eingesetzt wurden; die Thiere verschwanden aber hier, 
um plötzlich in den alten Bauen auf dem Glungezer in 2—3 
Stunden Entfernung wieder aufzutauchen. Dagegen blieben im 
Arzthal später ausgesetzte Murmentel sesshaft und sind die 
dortigen Baue recht bevölkert. Im Votscherthal (Sellrain) hat 
Hr. Agent A. Margreiter in Innsbruck schon im Jahre 1869 
drei Stück Murmelthiere eirgesetzt, die sich bis heute auf 
eirca 200 Stücke vermehrt haben und die, während sie früher 
ihren Aufenthalt thaleinwärts wählten, jetzt thalauswärts sich 
ausbreiten. Weniger günstig verliefen die Einsetzungen im 
Kalkgebirge, wohl namentlich deshalb, weil in demselben das 
Anlegen der Gänge bedeutend erschwert ist, So wurden schon 
1860 über Anregung des Statthalters Fürst Lobkowitz Mur- 
melthiere an dem hohen Gleirsch im Karwendelgebiet und 
über Anregung des Grafen Sternberg solche im Riegelkar bei 
Imst eingesetzt; der jetzige Stand soll sich auf 50—80 Stücke 
belaufen; ebenso fanden sich Murmelthiere im Kirchlkar 
(Karwendelthal), doch nur in sehr geringer Anzahl. Diesbezüg- 
lich berichtet auch die Wiener Jagdzeitung (1864 p. 562 ff). 
„ Auch der Herzog Ernst von Sachsen-Coburg-Gotha versuchte es, 
an der Karwendlwand der Hinterriss Murmeltbiere auszusetzen, 


— 145 — 


doch scheint die Voraussetzung, dass diese Hochgebirgsbewohner 
in den nordwärts liegenden Wänden sich gedeibend einbürgern 
werden, nicht sicher in Aussicht zu stehen. Herzog Nicolaus 
von Württemberg, k. k. Major im Tiroler Jäger-Regiment, 
der während der Jagden auf einen Tag aus Innsbruck in die 
Hinterriss kam, um einmal zu sehen, wie es bei einer Gems- 
jagd zugeht, hatte nicht allein das Glück einen Kapitalbock 
zu schiessen, sondern auch mehrere Murmelthiere zu erschauen, 
welche Nachricht überall Verwunderung hervorrief, da das 
besagte Terrain ziemlich entfernt von den Bauen der Mar- 
motten gewesen, Wie der hohe Jagdgast mehrere Male wieder- 
holte, beruhte seine Wahrnehmung auf keiner optischen 
Täuschung.“ Von weitergehendem Interesse scheint nur die 
Mittheilung zu sein, dass „der Wollgeborne und Gestrenge 
Herr Conrad von Parssberg“ und Begleitung auf seiner Reise 
ins gelobte Lanndt, Türgkey, auf Berg Sinnaj unnd Oreb* 
im Jahre 1598 auf dem Zirler Berge ein Murmelthier jagten 
und fiengen (Tiroler Bote 1875 p. 1223), ein sicherer Beweis, 
dass eiust in der Solstein-Gruppe sich Murmelthiere aufgehal- 
ten haben, woraus wohl der weitere Schluss nicht zu gewagt 
sein dürfte, dass sie einst in der ganzen Kalkalpenkette 
heimisch gewesen seien. Ungleich ausgiebiger war die Ein- 
setzung auf der Alpe Klein-Femees in Finneberg durch Baron 
Sommaruga, wo sich dieselben sehr stark vermehrt haben. 
Schliesslich sei noch gestattet, auf eine von Sommaruga 
schon 1775 in Enneberg gemachte Beobachtung hinzuweisen, 
die neuerdings durch Herrn Hofrath v. Kerner bestätigt wird. 
„Der verlässliche Gewährsmann und Bergführer G. Pitracher 
in Gschnitz versicherte“ — schreibt Zimmeter — » beobachtet 
zu haben, dass die Murmelthiere dieses Thales Wanderungen 
im grossen Massstab ausführen; früher seien sie in der Um- 
geburg des Pflerscher Pinkels, des Uebergangs von Gschnitz 
‚nach Pflersch, im Westen des Tribulaun sehr zahlreich an- 
zutreffen gewesen; seit Jahren aber seien dort alle Baue ver- 
lassen und die Hauptmenge habe sich in der letzten Zeit an 
den. Gehängen der Wetterspitzen neben dem Simmingferner 


\ 


— 146 — 


angesiedelt. Die Entfernung beider Oertlichkeiten beträgt in 
der Luftlinie etwa 6 Kın.; gegenwärtig soll neuerdings eine 
Veränderung ihrer Wohnung im Zuge sein“. Begreiflicher 
Weise handelt es sich hier um etwas ganz anderes, als um 
einen allbekannten Wechsel zwischen Sommer- und Winter- 
wohrung und es liegt ziemlich nahe, dass hier Nahrungs- 
mangel wohl als Hauptmotiv anzusehen sein dürfte, indem 
diese Thiere gewohnt sind, nur die nächste Umgebung, ihrer 
Baue abzuweiden. 

2. (11.) Fam. Myoxini, Schläfer. 

3. (21.) Gatt. Myoxus Zimm. 

1. (44) M. quercinus (Linn.) Gartenschläfer. — 
In Wäldern und Gebüsch, einzeln, doch bis 2000m. im 
ganzen Gebiete verbreltet, namentlich in der Centralalpenkette. 
(Dalla Torre 49 p. 16 n. 44). Ich sah diese Art mehrmal 
im Innthale z. B. bei Hall, im Pusterthale bei Bruneck. 
Baron Lazarini beobachtete sie gleichfalls bei Vill am Pasch- 
berg und im Ahrnthale bei Innsbruck; Gredkr (27 p. 16) 
traf ein Thier in einer hohlen Linde bei Kastelruth und 
notiert es aus Sarnthal (41 p. 75); Ambrosi (48 p. 10) 
nennt es als Bewohner des Val Sugana. 

2. (45.) M. Glis (Linn.) Siebenschläfer „Greil, Gleir, 
Bilch, Vascher * (Sette Communi). — In Laubwäldern nament- 
lich im siidlichen Tirol einzeln und bis 1000m. nicht selten 
(Dalla Torre 49 p. 16 n. 45). Die erste Mittheilung tiber 
das Vorkommen dieser interessanten Art in Vorarlberg machte 
Koch (9 p. 41 n. 36), der bemerkt: ,Bei Bregenz ist es 
gemein und verursacht bedeutenden Schaden *, wogegen Bruhin 
(36 p. 233) schreibt: „Ich erhielt ihn den 31. August 1867 
vom Thüringerberg; auch in St. Gerold soll diese Art schon 
zu wiederholtenmalen gesehen und geschossen worden sein, 
wenigstens zeugt für das Vorhandensein einer Haselmaus der _ 
Umstand, dass man hie und da unter Bäumen angelresseue 
Birnen findet, aus denen die Kerue geschickt herausgeholt 
waren.“ Erst zu Anfang des Sommers 1868 erhielt er 
2 Exemplare, welche in St. Gerold (Lehen) auf einem Kirsch- 


- — 147 — 


baum erbeutet worden waren.%%) (Bruhin 36 p. 877). In 
Nordtirol sah ich das Thier noch nie und glaubte fest, dass 
es daselbst fehlt. Nach Herrn Grafen H. Enzenberg kommt 
bei Tratzberg eine „Bamratz oder Gleiern* genannte Art auf 
Buchen und Obstbäumen vor, welche vielleicht zur vorher- 
gehenden, vielleicht zu dieser Spezies zu zählen sein dürfte; 
er sah nur junge Thiere, ich gar nie eines; dagegen findet es 
sich im Pusterthale, wo es schon Keil (25 p. 166) vom 
Kreuzkofel angibt; besonders häufig aber ist es im Etsch- 
lande, worüber uns Leydig (39 p. 205) folgendermassen 
berichtet: „Als ich mich in dem Dörfchen Gratsch im Etsch- 
thal. aufhielt, wurden in etwa 14 Tagen von einem Nachbarn 
gegen 40 Stück lebend gefangen. Man legte hölzerne Röhren, 
(wie enge Teichelröhren) das eine Ende mit Steinen geschlossen, 
das andere offen, in die Obstgärten. Die Thiere mochten, 
nachdem sie nachts ihrer Nahrung nachgegangen waren, die 
Röhren als passende Schlupfwinkel ‚ansehen und wurden frühe 
in ihrem schlaftrunkenén Zustand aus den Röhren geschüttelt?) , 
Auch im Trentino wird diese Art gefunden (Ambrosi 16 
me 260.46. B:10:W.51:p.15). 
3. (46.) M. avellanarius (Linn.) Haselmaus.. — 
In Laubholzwäldern bis etwa 1000m. einzeln, doch ver- 
breitet (Dalla Torre 49 p. 16 n. 46). Bruhin (36 p. 233) 
sah die Art in der Sammlung des Museums in Bregenz; ein 
Stück wurde im Sitterwald bei St. Gallen erlegt (26 p. 877). 
Ich kenne ihr Vorkommen im Sillthale bei Steinach, bei 


96) Auf dem Tabor bei Ragatz hatte ich durch lange Zeit Gelegen- 
heit, dem Thun und Treiben dieses durch seine bunte Färbung dem 
Baumleben prächtig angepassten -Thierchens zuzusehen. Ein neuer Fall 
von Mimiery in der heimatlichen Fauna! 

97) Wohl ist es mir gestattet, Leydigs weitere Worte hier anzu- 
führen: „Ob Myoxus Glis, ein bekanntlich zwar hübsches aber wenig 
liebenswürdiges Thierchen, gar so schädlich ist, als unsere Forstleute 
oder die Bauern des Etschthales versichern? Ich könnte wenigstens von 
den Siebenschläfern, welche ich in Gefangenschaft hielt, sagen, dass sie 
zur Zeit, als es Maikäfer gab, diese Allem vorzogen, und in erstaun- 
licher Menge verzehrten. © 


— 148 — 


Brixen und Bozen; aus dem Trentino verzeichnet es Ambrosi 
(16 p. 267 u. 51 p. 15). Leider ist es nicht sichergestellt, 
welche „Billich“art im Jahre 1884 im Stubaithale als 
Schädlinge der Lärchenbestände auftrat, (Oesterr. Forst- 
zeitung 1884 p. 295 u. 349), welche Erscheinung auch ander- 
in Tirol beobachtet wurde (ibid. 1885 p. 34). 
3. (12.) Fam. Murina, Mäuse. 
h (22.) Gatt. Mus Linn. 

. (47.) M. decumanus Pall. Wandertahte — Von 
an ne eingewandert hat sie die Hausratte fast überall 
verdrängt und sich 1800 m. in Gebäuden, Aborten und 
Canälen u. s. w. verbreitet?®). (Dalla Torre 49 p. 15 n. 47). 
Ueber die Zeit dieser Einwanderung liegt mit Ausnahme von 
Brukins Mittheilung gar nichts vor. Dieser schreibt nämlich 
(31 p. 396): „Die Wanderratte scheint in Vorarlberg zu 
Anfang dieses Jahrhunderts eingewandert zu sein und von da 
über den Rhein nach der Schweiz, weil sie zuerst in Rheineck, 
dann iu St. Gallen bekannt wurde; die Hausratte war damals 
in St. Gallen noch gemein, Weiters schreibt er (36 p. 233): 
„Die Wanderratte scheint die Hausratte in Vorarlberg wie 
anderwärts gänzlich verdrängt zu haben; letztere soll vor 
circa 30 Jahren in Feldkirch noch häufig gewesen sein. Die 
älteste Nachricht über das Erscheinen der Wanderratte in 
Rheineck hart an der Grenze Vorarlbergs rührt von G. L. 
Hartmann her, nach welchem eine solche im Anfang dieses 
Jahrhunderts an dem besagten Orte gefunden und Steinmiiller 
zur Determinierung übergeben wurde “9°). Ich sah überall nur 
diese Art, auch in Ratzes, wo Gredler (27 p. 16) wohl als 
„gemeine* Ratte auch diese verstanden haben dürfte100), 

M. alexandrinus Geoffr. Egyptische Ratte. — Viel- 
leicht wenigstens im südlichen Gebiete einheimisch. (Dalla 
Torre 49 p. 15). 


98) Literatur: Ambrosi (51 p. 15). 

9%) Meissner, naturwiss. Anzeiger yom Jahre 1819 Nr. 5. 

100) Dalla Torre K. v., Rattenlist in: Zoolog. Anzeige Jahrg. 
3. 1889 p. 430 —431, 


— 149 — 


2. (48.) M. Rattus Linn, Hausratte — Von der 
‚stärkeren Wanderratte stellenweise ganz verdrängt, einzeln und 
selten. (Dalla Torre 49 p. 15 n. 48). Ich habe die Art im 
ganzen Gebiete noch nie gesehen; doch verzeichnet sie Ambrosi 
(16 p. 267) u. 51 p. 15) aus dem Trentino. Ob da eine 
Verwechslung vorliegt? Angeblich vor circa 30 Jahren noch 
im Pusterthale. 

3. (49.) M. Musculus Linn. Hausmaus. — Ueberall, 
soweit menschliche Wohnstätten gehen, verbreitet und stellen- 
weise nur zu häufig!®1). (Dalla Torre 49 p. 15 n. 49). In 
St. Gerold ist sie nach Bruhin (36 p. 233) lange nicht so 
häufig, wie die Waldmaus. Ich habe nur einmal ainen Albino 
aus dem Gebiete gesehen. 

4. (50.) M. silvaticus Linn. Waldmaus. — An 
Waldrändern, in Gärten, Kellern und Gebäuden bis 2000 m. 
weitum verbreitet und stellenweise haufig!®?), (Dalla Torre 
49 p. 15 n. 50). Wird nach Bruhin (36 p. 233) im Wal- 
serthale zur Sommerszeit häufig in Häusern gefangen; ich 
beobachte sie alljährlich massenhaft unter Maisschobern in der 
Umgebung von Innsbruck. 

5. (51.)M. minutus Pall. Zwergmaus. — In Südtirol, 
bei Mori beobachtet — (Dalla Torre 49 p. 15 n. 5l), 
dürfte sich gewiss aber auch anderwärts vorfinden. 

5. (23.) Gatt. Arvicola Lac. 

1. (62.) A. glareolus Schreb. Waldmühlmaus. — In 
Wäldern und Erdlöchern bis 2000m. nicht häufig (Dalla 
Torre 49 p. 16 n. 52). Bruhin (36 p. 233) erhielt ein Stück 
in St. Gerold, doch ist sie im Sitterwald bei St. Gallen 
häufig (36 p. 877). Im Innthale habe ich sie bei Innsbruck, 
im Unterinnthal bei Kitzbühel gesehen; weiters kommt sie 
noch bei Bruneck vor. 

var. Nageri Schinz besitze ich aus der Umgebung des 
Kühetais und aus dem Oetzthal 103), 


fol) Literatur: Ambrosi(16p.267 u. 51 p. 15), Heller (52 p. 117). 
102) Literatur: Ambrosi(16p. 268u. 51 p. 15), Heller (52 p. 117), 
108) Literatur: Heller \52 p. 117), 


1 

2. (53.) A. amphibius (Linn.) Wasserratte , Scherr, 
Scheermaus. © — Ueberall im Kulturlande und auf Wiesen 
bis fast 1500 m. namentlich an trockenen Orten, (Dalla Torre 
49 p. 16 n. 53). Ich sah Stücke der Art am Bodensee und 
am Schwarzsee bei Kitzbühel, dann bei Brixen und Neu- 
markt. Nach Keil (25 p. 166) ist sie am Kreuzkofl. nach 
Ambrosi (16 p. 268 u. 51 p. 15) im Trentino häufig. 

Var. terrestris auct. ist ungleich häufiger. Bruhin 
(31 p, 396) berichtet, dass sie im Walserthale so häufig sei, 
dass einzig auf dem Brühl, einer mittelgrossen Wiese in St. 
Gerold, in einem Frühling 1000 Stücke, darunter mehrere . 
gefleckte gefangen wurden. Nach demselben (36 p. 233) 
wurden auch in Rieden bei Bregenz, sowie in Teufen, Canton 
Appenzell — ein Albino gefangen. Ich habe die Art mehr- 
mals, doch nie so massenhaft angetroffen; Schwägrichen 
(7 p. 347) fand sie am Grossglockner, Gredler (41 p. 75) 
im Sarnthal. 

3. (54.) A. nivalis Mart. Alpenratte. — Im ganzen 
Alpengebiete zwischen 1000 m. und 3000 m. überall, stellen- 
weise zahlreich1°+) (Dalla Torre 49 p. 16 n. 54). Im Museum 
in Bregenz befindet sich ein weisses Exemplar; auffällig er- 
scheint, dass aus dem Trentino gar kein Fundort vorliegt. 

Var. petrophilus Wagn. habe ich in den nordöst- 
lichen Kalkalpen in Nordtirol, sowie in den südlichen Kalk- 
alpen angetroffen. 

A. agrestis (Linn.) Erdmaus — vielleicht auch in den 
Alpen vorfindig. (Dalla Torre 49 p. 16). 

4. (55.) A. arvalis (Pall.) Feldmaus, — Ueberall im 
Gebiete bis 2000 m., stellenweise auf Aeckern und Wiesen- 
boden sehr zahlreich und dadurch schädlich105) (Dalla Torre 


104) Literatur: Blasius (21 p. 362), Gredler (27 p. 16), Bruhin 
(36 p. 234), Heller (52 p. 116) wozu noch die i. 1. von Gredler mit- 
getheilten Fundorte: Joch Grimm, Reiterjoch, Fleischbachferner, Jagd- 
haus-Alpe. 

105) Literatur: Ambrosi (16 p. 268), Blasius (21 p. 385 n. 6), 
Bruhin (36 p. 234), Ambrosi (51 p. 15), Heller (52 p. 116). 


— bi — 


49 p. 16 n. 55), so im Sommer 1868 im Vorarlberger 
Unterlande1°*). Im Museum in Bregenz befindet sich ein 
Albino. Berühmt ist der Mäuseprocess in Vintschgau. 

Var. rufescente-fuscus Schinz bewohnt das Hoch- 
gebirge. 

5. (56.) A. subterraneus Sel. Kurzohrige Erdmaus. — 
besitze ich in einem Exemplare aus der Gegend des Bodensees 
(Dalla Torre 49 p. 16 n. 56.) 

4. (13.) Fam. Castorina, Biber. 

6. (24.) Castor. Linn. Biber. 

1. (57.) C. Fiber Linn. Biber. — In Tirol und Vor- 
arlberg früher einheimisch, jetzt ausgerottet!°’) (Dalla Torre 
49 p. 14 n. 57). Der einzig sichere Nachweis über das 
einstige Vorhandensein des Bibers im Gebiete wurde von 
Jaeckel (26 p. 14) erbracht, der berichtet: „Bei Einführung 
der christlichen Religion verbot der Apostel Bonifazius auf 
Befehl des Papstes Zacharias den Deutschen den Genuss des 
Bibers. Nachmals ist Biberfleisch beliebte Fastenspeise gewor- 
den und man findet es schon auf den Küchenzetteln der 
Klöster am Bodensee im 11. Jahrhundert und lernt es aus 
der Taxe für die Lebensmittel in Reichenthälers Geschichte 
des Kostnitzer Conciliums 1414 als Speise kennen, die damals 
gegessen wurde: „„Es gab Biber, Dachs, Otter, alles genug. * * 
König (44 n. 274) bemerkt hiezu, dass man im ‚Bodensee 
_ auch noch in den Pfahlbauten Reste dieses interessanten Thieres 
aufgefunden habe; nach ihm verschwand er 1685. Weiters theilt 
A. Wagner mit (12 p. 656 n. 6), dass nach den ihm zu 
Gebote stehenden forstamtlichen Einzelnberichten der Lech im 
Jahre 1846 noch an verschiedenen Punkten von Bibern be- 
wohnt war. Erst 5 Jahre zuvor, also 1841, wurde ein Biber 
im Lechthale bei Füssen gefangen. Zu Anfang unseres Jahr- 
hunderts c. 1813 fieng ein Jäger einen schönen lebendigen 
Biber, „der neben dem Vilsfliisschen kunstreich die Erde 


106) Vergl.: Bote für Tirol und Vorarlberg 1867 Nr. 168, 
107) Literatur: Bruhin (36 p. 233). 


— 12 — 


untergrub“ (Tiroler Bote 1830 p. 36);-auch früher schon, 
namentlich 1809 oder. 1810 wurden bei Vils zwei Stücke 
geschossen, wovon ein Jagdausweis des Jagdergebnisses in der 
Registratur der Forstverwaltung in Reutte Zeugnis gibt. In 
einer Papierhandschrift aus dem 16. Jahrhundert 4° 9. Blatt. 
im k, k. Statth. Archiv in Innsbruck findet sich folgeude 
» Ruegal in der herrschaft Kroptsperg“: Gleichfalls wer lux 
scheusst, piber oder otter faht, soll auch die Haut oder palg 
einem pfleger zu Kropfsberg zuebringen.* (Tiroler Weisthm. 
Il. Bd. 2. Thi. S. 367.) Schliesslich sei auch des Orts- 
Namens „Biberwier* an der Loisach im Bezirk Reutte er- 
wähnt, sowie „Biberberg* an der Tirolisch-Vorarlbergischeu 
Grenze, zu hinterst im Lechthal, an dessen Nordseite baierischer- 
seits das Rappenalpenthal liegt, in der Zoller’schen Karte von 
Tirol , Biber A.* bezeichnet. 

5. (14.) Fam. Leporina, Hasen, 

7. (25.) Lepus Linn. Hase. 

1. (88.) L. timidus Linn. Feldhase. — An Wald- 
rändern, aut Feldern und Wiesen, unter Gebüsch bis 1000 m. 
häufig im ganzen Gebiete!0®) (Dalla Torre 49 p. 14 n. 58). 
Im Walserthal galt ein Fell i. J. 1867 2 Fre. 50. (Bruhin 
35 p. 266). 

2. (59.) L. variabilis Pall. Schneehase. — Auf den 
Alpen nicht selten bis 2600 m., einzeln bis 3700 m. auf- 
steigend und im ganzen Gebiete zwischen Steinen, Felsen und: » 
Gebüsch verbreitet10%) (Dalla Torre 49 p. 14 n. 59). Nach 
Bruhin (31 p. 397) steigt er bei Buchboden von circa 1000 m. 
bis in die Thalsohle herab. 


108) Literatur: Staffler (11 p. 311), Franzius (15 p. 345), 
Ambrosi (16 p. 258), Gredler (19 p. 25), Keil (25 p. 166) Bruhin 
(36 p. 234), Trentinaglia (45 p. lol n. 6 u. 46 p. 9), Ambrosi (48 
p. 10 u. 51 p. 151), Fronmüller (53 p. 121). 

109) Literatur: Staffler (11 p. 311), Franzius (15 p. 345), Am- 
brosi (16 p. 268), Gredler (19 p. 25), Keil (25 p. 166), Zimmerl 
(28 p. 15), Bruhin (36 p. 234), Trentinaglia (46 p. 9), Ambrosi (48 
p. 10 u. 51 p. 15), Heller (öl p. S]). 


— 13 — 


3. (60.) L. Cuniculus Linn.11°) Kénighase, Kaninchen, 
» Kiiniglhas*. — In Häusern, Stallungen und Gärten ge- 
zähmt; aus Südeuropa!1t), (Dalla Torre 49 p. 14 n. 60). 

6. (15.) Fam. Subungulata, Halbhufer. 

8. (26.) Gatt. Cavia Marcgr. Meerschweinchen. 

1. (61.) C. Cobaya Marcgr. Gemeines Meerschweinchen, 
— Gezähmt in Häusern und Stallungen; aus Südamerika 112) 
(Dalla Torre 49 p. 14 n. 61.) 


V. Ordn. Ruminantia, Wiederkäuer. 

1. (16.) Fam, Cervidae, Hirsche. 

Gatt. Alces Sm. 

A. palmatus Klein, Elen — mag hier in so ferne 
erwähnt werden, als Wiedemann (54 p. 82) den Namen 
Ellwangen vom einstigen Vorhandensein von Elchen her zu 
leiten versucht ist. Weitere Anhaltspunkte fehlen gänzlich. 
Man vergleiche auch das Citat bei Brentano 116. 


1. (27.) Gatt. Cervus Linn. 

1. (62.) C. Elaphus Linn. Edelhirsch. — In Wäldern 
bis 1500 m. mehr einzeln und nunmehr ziemlich ausgerottet ; 
auch gehegt, namentlich an der baierischen Grenze (Dalla 
Torre 49 d. 17 n. 62). — In Vorarlberg fanden sich nach 
Prugger!13) früher Hirsche in Damils und am Eschnerberg; 
nach Staffler (11 n. 310) waren im Jahre 1839 noch deren 
im Branderthale, im Gamperdon- und Saminathale, auf dem 
Alpele und im Montavonthale; im letzteren sind sie noch 
gegenwärtig nach Fronmüller (52 p. 121) bis 1500 m. Höhe 
verbreitet. Im Saminathale, an der Grenze gegen das Fürsten- 
thum Liechtenstein, werden sie nach Bruhin (31 p. 397) und 
in dem strengen Winter 1866/67 wurden an verschiedenen 
Orten Vorarlbergs Hirsche eingefangen, so im österreichischen 


110) Die Bastarden, Kaninchen oder Liövre-lapins sind hier zu Lande 
noch sehr seltene Zuchtthiere. 

111) Literatur: Ambrosi (16 p. 268), Bruhin (36 p. 234). 

112) Literatur: Bruhin (36 p. 234), 

113) Prugger, Beschreibung von Feldkirch p. 129 u. 137. 


Naturw.-med. Verein 1887/88. 11 


a 


Rheinthale bei Höchst und Wolfurt, dann (36 p. 234) bei 
Hittisau im Bregenzerwalde. Im Saminathale wurde im Spät- 
sommer des Jahres 1868 auch ein Hirsch mit monströsem 
Geweih, „Zwitter oder Zwick“ genannt, gefällt. In Tirol 
findet er sich noch auf den nördlichen Bergen um Innsbruck, 
Rattenberg, in der Riss und in den Grenzwäldern um Kitz- 
bichl; weiters im Sill- und Eisackthale z. B. um Mareit, im ° 
Pusterthale bei Ehrenburg, Pfalzen im Gsiessthale und im 
Antholzerthale — nach Staffler (11 p. 310). Unter den Er- 
werbungen des Kaisers Maximilian I. wurden auch die dem 
Kloster Wilten gehörigen Jagden und unter diesen das Sell- 
rainthal als Hauptstandort der Hirsche genannt. (Hugo’s Jagd- 
zeitung 1836 p. 557). In Südtirol wurden die letzten Hirsche 
vor 35—40 Jahren erlegt (d. i. 1824—1819) und sie waren 
vor 80—100 Jahren noch so zahlreich, dass sie von jedem 
einzelnen Gebirgsbewohner fast täglich gesehen wurden. (Hugo’s 
Jagdzeitung 1859 p. 578.) Auf dem Kreuzkofel wurde nach 
Keil (25 p. 166) i. J. 1822 der letzte erlegt. Im Vintschgau 
finden sich Hirsche bei Lichtenberg und Franzius (15 p. 345) 
theilt mit, dass um Meran seit ungefähr 10 Jahren d. i. seit 
1840 kein Hirsch mehr gesehen wurde Auch im Passeier- 
thal war nach Beda Weber (das Thal Passeyer 1852 p. 199) 
das Rothwild fast ganz ausgerottet, während vor 40 Jahren, 
also ungefähr zu Anfang dieses Jahrhunderts am Ifinger und 
Hirzer im Kalmthale und an anderen Weideplätzen des 
Thales noch grosse Thiere erlegt wurden. Wesentlich änders 
gestalten sich die Verbreitungsverhältnisse heutzutage. Wenn 
auch der Edelhirsch vertical ziemlich hoch geht und sich 
z. B. im Karwändlgebirge bis ober der Hochalpe findet, dann 
über das Kreuzjöchl wechselt, sowie in der Pfeisalpe, im 
Gleirschthal, bei der Erlhütteim Zirlerberg, um Eppzirl u. s. w. 
angetroffen wird, ist er doch horizontal sehr beschränkt, indem 
er mit Ausnahme der am linken Innufer gelegenen Landes- 
theile vollständig ausgerottet ist; daselbst aber wird er stellen- 
weise gehegt, so” im Gaisthal, Glairschthal, Karwändlthal, 
Hinterriss, Achenthal, Steinberg und Thiersee. Hirsche, welche 


— 155 — 


am rechten Innufer erscheinen, wurden vom anderen Ufer 
herübergesprengt und streichen mitunter sehr weit herum, bis 
sie erlegt werden; so z. B. bei St. Sigmund im Sellrain, bei 
Oberperfuss (2mal), bei Vill, und in den übrigen südlich von 
Telfs, Innsbruck, Jenbach, Kufstein gelegenen Stellen. Bei 
Kitzbühel sind nur mehr versprengte Thiere zu treffen; im 
Sill-, Eisack- und Pusterthale ist er seit etwa 1830—36 
ausgerottet! Aus jenen Jahren datieren die alten resp. relativ 
neuesten Erinnerungen. Alle übrigen Erlegungen, wie z. B. 
bei Taisten (Pusterth. Bote 1884 p. 189) oder am Ritten 
(Bozen Zeitg. 1883 Nr. 273 p. 3) sind nur auf versprengte 
Stücke zurückzuführen. Aus dem weiteren Süden von Bozen 
etschabwärts fehlen jegliche Mittheilungen. Sei es gestattet, 
hier auf die prächtige Sammlung von Hirschgeweihen im 
Habsburgsaale des gräfl. Enzenbergischen Edelsitzes Tratzberg 
hinzuweisen, die sowohl ihrer Stärke als auch ihrer Enden- 
zahl und Abnormitäten halber (Schaufeltriebe) wahre Unica 
enthält. Im Thiergarten in Rothholz wurden vom Grafen 
v. Tannenberg neben Edelhirschen auch Damhirsche gehalten, 
welche 1848 u. 1849 abgeschossen wurden, als das Lehen heimfiel. 

2. (28.) Gatt. Capreolus HSm. 

1. (63.) C. Capreolus (Linn.) Reh. — In Wäldern 
bis 1500 m. selten: ebenfalls ziemlich ausgerottet!1#). (Dalla 
Torre 49 p. 17 n. 63). Heller (29. p. 55) beschreibt ein 
Stück mit krankhafter Geschwulst auf dem Kopfe, das in 
Welsberg erlegt wurde und sich im Besitze des Ferdinandeums 
in Innsbruck befindet; abnorme Rehgehörne aus der Gegend 
von Jenbach beschreibt Pfretzschner (Oesterr. Forstzeitung 1855 
p. 56, Weidmann XVIII p. 81.) nach Bruhin (31 p. 397) 
wurde in Blons ein Sechser mit rudimentärer dritter Stange 
geschossen; eine ähnliche 3 stangige Form besass Hr. Reiter 
lange Zeit lebend. (Weidmann 1883 p. 73 und der deutsche 


114) Literatur: Staffler (11 p. 311), Franzius (15 p, 344), 
Ambrosi (16 p. 269), Keil (25 p. 166), Gredler (27 n. 16), Bruhin (36 
p. 234) Trentinaglia (45 p. 151 u. 46 p. 6), Ambrosi (48 p. 10 und 
51 p. 15) Fronmüller (53 p. 121). 

11* 


— 156 — 


Jäger 1884 p. 267.) Das Fell wurde nach Bruhin (35 
p. 286) in St. Gerold im J. 1867 mit 2 Fre, 50 ctm., das 
Pfund Fleisch mit 50 ctm, bezahlt. Rehstände von bedeuten- 
der verticaler Erhebung sind in der Umgebung von Innsbruck: 
die Patscher Alpenhütte, der Sistranser Riss, Viggar u. s. w.; 
an manchen Orten sind sie in Zunahme begriffen. 

2. (17.) Fam. Cavicornia, Hornthiere. 

3. (29.) Gatt. Ovis Linn, Schaf. 

1. (64.) O. Aries Linn. Hausschaf. — Gezähmt in 
mehreren Abarten!15) (Dalla Torre 49 p. 18 n. 64) insbe- 
sonders weiss-, schwarz- und brauuwollig. Der Kosenamen ist 
„Pamper“; in Vorarlberg heisst das Weibchen „Aue“, im 
Zillerthal „Kilperlar“; das Mutterschaf „Eben“, das Schaf 
überhaupt „Gigal, Gigelar, Kälber] *. 

4. (30.) Gatt. Capra Linn. 

1. (65.) C. Ibex Linn. Steinbock. — Einst auf den 
höchsten Alpenzinken, nunmehr ausgerottet (Dalla Torre 49 
p- 18 n. 66). Ueber das Vorkommen dieser hochinteressanten 
Art in Tirol und Vorarlberg ist von je her Richtiges mit 
Unrichtigem gemischt worden, und es war ein äusserst dank- 
bares Unternehmen des Br. L. Lazarini in Innsbruck, die 
Frage quellenmässig nach Literatur und Archivalien zu er- 
örtern; hoffentlich steht die Publication nicht mehr lange aus! 
Was bis heute — ohne jener Publication vorzugreifen — 
feststeht, ist, dass Steinböcke einst im Gebiete stellenweise 
zu Hause waren. So schreibt Brentano1!6): „Früher konnten 
die um den Bodensee gelegenen Landschaften den Jägern 
Auerochsen, Elenthiere, Steinböcke, Büffel, Waldesel u. s. w., 
die nur noch den Wäldern des fernen Nordens eigen sind, 
liefern.“ Nach Steinmüller!1”) gab es noch im 16. Jahr- 
hundert im Engadin, Cant. Graubünden, Steinböcke; und im 


115) Literatur: Ambrosi (16 p. 269), Bruhin (36 p. 234). 

116) Vorarlberger Chronik, Bregenz 1793. 8° p. 4. 

117) Steinmüller J. R. Ueber die Verbreitung und den Auf- 
enthalt der Steinböcke in: Alpina III. p. 492. 


— 157 — 


Jahre 1824 wurden nach Bruhin (35 p. 234) beim Hirschen- 
sprung im Rheinthale halbfossile Hörner des Steinbockes aus- 
gegraben, Ein zweiter mit Sicherheit nachgewiesener Aufent- 
haltsort dieser Thiere , Fallwild* war das Gebiet der Floite, 118) 
Gunggl und Stillup im Zillerthale, worüber Moll (4 p. 61—70) 
ziemlich ausführlich, wenn auch nicht immer ganz richtig, 
Bericht erstattet, Das Resumé theilt in Kürze Vierthaler 
(10 p. 183) mit, indem er schreibt: „Die südlichen Querthäler, 
die Floite und die Gunkel, welche nur während der kurzeu 
Sommermonate von Hirten und Heerden bewohnt werden, 
waren einst der Steinböcke wegen berühmt, die daselbst ihre 
Stände hatten. Der Floitenthurm, die höchste Granitkuppe 
weit umher, war ihr Lustort, Sie wechselten wohl auch 
hinüber in die Stillupe. Der Erzbischof Marcus Sitticus war 
ein vorzüglicher Verehrer dieser Thiere. Er stellte Wächter 
auf, um sie zu schützen und baute ihnen Hütten auf den 
höchsten Bergen. Er liess junge Steinböcke fangen und theils 
nach Hellbrunn in seinen neuen Thiergarten, theils in das 
Lamerthal versetzen. Auf allen Denkmälern dieses Erzbischofes 
und selbst in seinem Wappen prangt ein Steinbock: Golden 
in grünem Felde. Unter Guido kamen die Falb- oder Stein- 
thiere noch mehr zu Ansehen. Oswald Krembs, der Leibarzt 
des Erzbischofs und Verfasser des Werkes: Arbor integra et 
ruinosa hominis. Monacii 1657 hatte in demselben die wirk- 
samste Pharmakopoe entdeckt; ihre Augensteine, Herz, Lunge, 
Leber, Blase und vorzüglich das Blut wurden für die herr- 
lichtsen Arzneimittel erklärt und der Befehl ertheilt, alles an 
die Hofapotheke einzusenden. Man setzte Preise auf Gemse, 
Hirsche und Steinbécke. Der Häger erhielt einen Dukaten 
Schussgeld und für jede Gamskugel insbesondere zwei Gulden 
und für das Horn eines Steinbockes zwei Reichsthaler, Der 
Fang der lebenden Thiere wurde eifrig und mit grossen Kosten 
fortgesetzt. Im Jahre 1660 hatte das stille Thal der Floite die 


118) Eine Abbildung dieser interessanten Localität findet sich in 
der Oesterr. Touristenzeitung. IV. 1884 p. 139 ff. 


— 18 — 


Ehre, von dem Erzherzog Sigismund und 1698 von dem 
Erzbischofe Ernst besucht zu werden. Der letztere, ein gewalti- 
ger Jäger vor den Augen des Herrn, verweilte mehrere Tage 
in der Floite, wo er sich ein Jagdhaus hatte bauen lassen, 
und sorgte mit zärtlicher Sorgfalt für die Erhaltung der edlen 
Thierart. Gegen eine Vergütung von 100 Reichsthalern durften 
weder Ziegen noch Schafe auf die hohen Weidgänge getrieben 
werden. Die Kühe konnten zwar auf den niederen Alpen 
weiden, aber nicht Glocken um den Hals tragen. Den Sennen. 
selbst war jeder Alpenruf und Gesang untersagt. Diese Strenge 
rettete die guten Thiere nicht, sondern regte nur noch die 
Erbitterung gegen sie auf. Im Jahre 1694 zählten die Wild- 
thäter noch 179 Steinböcke in der Floite und Gunggel und 
im Jahre 1706 wurden noch 12 Stücke gefangen; dies ist 
aber auch das letzte Jahr, da der Steinböcke Erwähnung 
geschieht. Sie verloren sich ganz aus Salzburg (d. i. Ziller- 
thal); denn jene Thiere, welche noch unter dem Erzbischofe 
Hieronymus im Schlossgarten zu Hellbrunn aufbehalten wurden, 
waren nicht aus dem Zillerthal, sondern aus dem fernen 
Piemont“. Dieselbe Jahreszahl 1706 setzt auch Staffler (11 
p. 310) an; nach Wiedemann (54 p. 102) fanden sie sich 
noch in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in Tirol, 
Ein dritter Punkt endlich ist das Val di Non, was daraus 
geschlossen werden kann, dass auf einem Felsen bei Facine 
auf einer höchst wahrscheinlich von J. Gastaldo gearbeiteten 
Karte des Nonsthales!1°) aus dem 16. Jahrhunderte120) ein 
unzweifelhafter Steinbock, mit der Ueberschrift „Capricorno * 
abgebildet ist; daneben fungieren Gemse, Bären, Hirsche und 
Auerhahn (und Luchs), also lauter einheimische Thiere (Dalla 
Torre 55 p. XXX.) Nach Rufs Chronik von Achenthal 
(p. 75) kamen 1670 im Steinberg und Brandenberg noch 
einige Steinbécke vor, wurden aber bald nachher theils durch 


119) Wieser, über eine Karte vom Nonsberge aus dem 16. Jahr- 
hundert in: Bericht der naturwiss. mediz. Ver. Innsbruck XV. Heft 
1886 Sitzber. p. XXIV ff. 

120) Bibl. Dipaul. Nr. 1375 a. im Ferdinandeum — jetzt im geogr. Saale. 


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Wildschützen, theils durch eine unter ihnen ausgebrochene 


. Seuche (?!) gänzlich ausgerottet. Sei es schliesslich gestattet, 


im Hinblick. auf das grosse Interesse, das diese Art bean- 
sprucht, die gesammte Literatur der Tagesblätter zu ver- 
zeichnen, selbst auf die Gefahr hin, dass einzelne Arbeiten, 
die hier nicht speciell namhaft werden, weniger kritisch be- 
handelt sind: Wildstand im Zillerthal in: Tiroler Bote 
1828 p. 36; — Ein lebender Steinbock ir Wien, mit hi- 
storischen Daten, Tirol betreffend in: Tiroler Bote 1847 
p- 96 u. 100 (von C, Weidmann); — das Rennthier auf 
den deutschen Hochgebirgsböden in Wiener Jagdzeitg. V. 
1862 p. 485; — die fürstl. Vinzenz Auersperg’sche Jagd 
im Zillerthale und die Steinwildfrage in: Wiener Jagdzeitg. 
VI. 1863 p. 325 u. IX. p. 325 (von Dr. H. J. Bidermann); 
— Jagdbericht aus Tirol in: Wiener Jagdzeitg. VII. 1864 
p- 636 (von Dr. H. J. Bidermann); — Erzherzog Ludwig 
Josef in: Wiener Jagdzeitg. VIII. 1865 p. 1. (enthält Be- 
merkungen über Steinbockgehege in Hellbrunn); — Rück- 
blicke auf die Schusswaffen des deutschen Jägers vom Mittel- 
alter an bis zur Neuzeit in: Wiener Jagdzeitg. XII. 1869 
p. 65 (von Haugwitz; enthält Daten über Kaiser Maximilian 1.); 
— Steinbock bestand in St. Johann in: Pusterthaler Bote 
1873 p. 31, Wiener Jagdzeitg. XVI. 1873 p. 80, zoolog, 
Garten 1874 p. 192 u. s. w.; — Am Achensee in: Weid- 
mann 1875 p. 266 (wurde dort 1670 ausgerottet); — ‘Stein- 
wildcolonie in der Hinterriss in: der deutsche Jäger I. 1879 
Nr. 9 u. Nr. 11; — Steinbockhörner gefunden im Eisack- 
bette bei Sterzing in: Bozener Zeitg. 1880 Nr. 133 p. 2; 
— die letzten Steinbécke in Tirol in: Bozener Zeitg. 1881 
Nr. 175 p. 3; Wiener Jagdzeitg. XXIV. 1881 p. 340 u. 
XXV. 1882 p. 504. 

2. (66.) C. Hircus Linn. Hausziege. — Gezähmt in 
mehreren Abänderungen!21) (Dalla Torre 49 p. 18 n. 65). 


121) Literatur; Ambrosi (16 p. 269; C. Aegagrus); Bruhin (31 
p- 397 p. 36 d. 234), 


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Als solche wären etwa hervorzuheben: a) mit und ohne Horn ~ 
(cornuta-inermis); b) mit und ohne Bart (barbata und im- 


berbis); e) mit 1—2 oder ohne Halsläppchen (collaris und 
nudicollis); d) einfärbig schwarz, braun, roth, grau, weiss und 
buntfärbig (unicolor, nigra, fusca, rufa, grisea, alba und 
variegata) und lang- und kurzhaarig (villosa und glabrata). 
Gredler (37 p. 35) gedenkt auch einer vierhörniger Form, 
die sich durch mehrere Generationen erhalten hat. 

5. (31.) Gatt. Capella Keys. u. Blas. Gense, 

1. (67.) ©. Rupicapra (Linn) Gemse. — Auf den 
höchsten Alpenjöchern zwischen 2000 und 5000 m. zahlreich ; 
auch gehegt!22) (Dalla Torre 49 p. 18 n. 67). Nach Bruhin 
(31 p. 397) sollen noch vor wenigen Jahrzehnten auf dem 
Breitenberg bei Dornbirn Gemsen gewesen sein; man unter- 
scheidet in Vorarlberg Waldthiere und Grat-, Stein- oder 
Gletscherthiere; letztere finden sich mehr im Süden gegen 
Graubünden zu. Nach König (44 p. 314) werden Knochen 
auch im Pfahlbautenschutt des Bodensees angetroffen. Weiters 
finden sie sich „vornehmlich im Thale Matsch, welches mit 
zehn anderen Thälern, namentlich mit Schnals, Passeier und 
Oetzthal zusammenhängt“, so am Ifinger, Hirzer u. s. w. 
Am Anfange dieses Jahrhunderts fand’ man sie noch in 
Rudeln zu 6—10 beisammen, selbst auf solchen Berges- 
höhen, wo sie jetzt nicht mehr vorkommen. So war die 
Alpe Pfistrad hinter St. Leonhard gegen Sarnthal einst von 
ihnen sehr besucht; auch auf der hohen Warte an der 
Grenze von Sarnthal finden sich Gemsen. (Beda Weber, 
das Thal Passeyer p. 198 u. 205). Am 12. August 1884 
wechselte ein Gemsbock von der Valmerizalpe im Gschnitz- 
thal zum und durch das Dorf Trins (Oesterr. Forstzeitg. 


122) Literatur: Schwaegrichen (7 p. 47), Staffler (11 p. 310), 
Franzius (15 p. 335), Ambrosi 16 p. 269), Keil (25 p. 166), Gredler 
(27 p. 16), Bruhin (36 p. 235), Holzmüller (38 p- 179), König (44 
p- 315), Trentinaglia (44 p. 140 n. 1 u. 45 p. 9), Ambrosi (47 
p- 28), Ambrosi 48 p. 10 u. 51 p. 15), Heller (52 p. 116), Fronmüller 
(53 p. 121.) 


— 161 — 


1885 p. 232). Weiters berichtet Bruhin (30 p. 36) von einer 
deformierten 12jährigen Geis, welche bei Blons erlegt wurde; 
das linke Horn war wulstig verdickt, abgestumpft, nach vorne 
gebogen und nur halb so lang als das rechte. Im Duvinor 
Thale wurde nach demselben (32 p. 39) von Hanns Koller 
in Bruz ein Albinos erlegt. Ein abnorm gefärbter Gemsbock 
mit reinweissen Hinterläufen und ebenso weissen Schalen an 
denselben sonst aber mit normaler Färbung wurde i, J. 1883 
vom Notare K. Sonvico im sog. Ebbser-Kaiser bei Kufstein 
geschossen (Wiener Jagdzeitg. XX VI. 1883 p. 504; Weid- 
mannsheil III. 1883 p. 223); theilweise weissscheckige Gemsen 
wurden wiederholt im Vomperthal erlegt, von welchen ein 
Bock auch beim Schützenfeste im Jahre 1885 und dann im 
Ferdinandeum eine Zeit lang ausgestellt war. Ueber andere 
abnorme Bildungen aus Tirol vergleiche Weidmann (1877 p. 45 
u. 70, 1884 p. 187 u. 1884 p. 207 in Weidmannsheil 1886 
p. 53). Eine Gemse mit Hauthorn, erlegt im Jahre 1876 in 
der Hinterriss steht ausgestopft im Museum in Coburg (Weid- 
manntheil 1887 p. 15); ein Gemsbock mit gebrochenem und 
verheilten Hinterlauf, im November 1886 in Tirol erlegt, ist in 
Weidmann (XVII p. 171) abgebildet. Für das Fell bezahlte 
man im Walserthale i. J. 1857 10 Fre., für das Pfund 
Fleisch 46 ctm. (Bruhin 35 p. 286). Auch der Gemsen- 
stand hat in Tirol vielfach zugenommen, wo eine weid- 
männische Hege Platz gegriffen hat; von solchen geheg- 
ten Revieren aus verbreitet sie sich auch in die nächste 
und oft auch weitere Umgebung. So sollen Gemsen in das 
Wattenthal, Volderthal u. s. w. kommen, wenn einzelne west- 
lich gelegene Reviere des Zillerthales stark bejagt werden; 
auch Vorarlberg hat nun wieder prächtige Gemsbestände. Von 
Literatur sei erwähnt Fr. Gerstaecker: Eine Gemsjagd in 
Tirol. Vergl. auch: Hugo’s Jagdzeitg. 1858 p. 17, 54, 59 
119. Ferner Ch. Boner: Chamois Hunting in the Mountains of 
Bavaria, Jagdzeitg. 1861 p. 532, 557; und F, C. Keller, 
die Gemse 1885, wo pg. 13 die weisse Gemse vom Ebbser: 
Kaiser, p. 22 über Gemskrikelmaase, p. 79 eine Jagdepisode 


— 162 — 


im Montavon und p. 179 Jagdverhältnisse in Tirol behandelt 
werden; abnorme Gemskrikeln aus Vorarlberg (Oesterr. Forst- 
zeitg. 1884 p. 167). ? 

32. Gatt. Bos Linn. 

1. (68) B. Taurus Linn. Hausochse, — In ver- 
schiedenen Rassen und Abarten gezähmt!?3) (Dalla Torre 
49 p. 17 n. 68). Ueber das Duxer Rind vergleiche Tiroler 
Bote 1876 p. 1236; über das ungehörnte Rind Jochbergs — 
Tiroler Bote 1877 p. 293; ebenda werden auch Kalbs- 
monstra beschrieben (1876 p. 695 u. 1877 p. 1153). 

B. Bison Linn. und B. primigenius auct. Der 
Büffel und der Urochse waren wohl auch im Gebiete ein- 
heimisch, dort dürften sie wohl schon vor sehr langer Zeit 
ausgerottet worden sein. Vergl, das Citat Brentano 116. 

VI. Ordn. Solidungula, Einhufer. 

1. (18.) Fam. Equidae, Pferde. 

A (33.) Gatt. Equus Linn.12®) 

1. (69.) E. Caballus Linn. Pferd. — In vielen Rassen 
und Abarten gezihmt125) (Dalla Torre 49 p. 17 n. 69). 

2. (70.) E. Asinus Linn. Esel. — Ebenfalls gezähmt 126) 
(Dalla Torre 49 p. 17 n. 70). > 

VII. Ordn. Multungula, Vielhufer, 

1. (19.) Fam. Suinae, Schweine. 

1. (34.) Gatt. Sus Linn. Schwein. 

(71.) S. Serofa Linn. Hausschwein. — Gezähmt in 
mehreren Grössen-, Form- und Farbenabarten1?”) (Dalla 
Torre 49 p. 17 n. 71). Das zahme Schwein heisst in Vor- 
arlberg jung „Färle“, das männliche „ Hessen“, das weibliche 
„Mütterli“; im Zillerthal wie vielfach in Tirol ,Fack* (der 


128) Literatur: Ambrosi (16 p. 269), Bruhin (36 p. 235). 

124) Die Bastarten Maulesel ,Mulli« (E. Hinnus) und Maulthier 
(E. Mullus) stehen in vielfacher Verwendung, namentlich im südlichen 
Tirol. 

125) Literatur: Ambrosi (16 p. 268), Bruhin (36 p. 235). 

126) Literatur: Ambrosi (16 p. 168), Bruhin (36 p. 235). 

427) Literatur: Ambrosi (16 p. 268), 


— 168 — 


und die); „Facklar“ sind die jungen Milch- bis halbjährigen 
Thiere; ,Ranzler* oder ,Sterchen* die Männchen. Ueber ein 
monstréses Hausschwein, das in Kitzbichl geboren wurde, 
berichtet Gredler (34 p. 147). Bezüglich des Vorkommens 
von wilden Schweinen sei bemerkt, dass es nach Bruhin (36 
p. 235) in der Herrschaft Bregenz noch im 16. Jahrhunderte, 
im benachbarten Canton Appenzell noch im 17. Jahrhundert 
Wildschweine gab. Ueber ihr Vorkommen in früherer Zeit 
berichtet Prugger128): „Anno 1363 in den Herbst seynd 
16 wilde Schwein durch den Illfluss biss nacher Veld-Kirch 
geschwummen und haben in das Reichen Veld hinausgesetzt, 
allwo acht Stuck erlegt und gefangen worden. Gleich darauff 
an dem Fest des heiligen Michaelis ist ein anders schwartzes 
Wild-Stück durch des Früllers Thor und durch die Statt biss 
in den Johanniter Bezirk geloffen, allwo es auch mit absunder- 
licher Kurtzweil der Burger erlegt ist worden.“ Nach König 
(44 p. 265) finden sich im Bodensee sowohl vom wilden als 
auch vom Hausschwein Reste im Pfahlbautenschutte. — Ueber 
das Vorkommen des Wildschweines in Tirol berichtet die 
„Wiener Jagdzeitg.* (XXI. p. 110): „Als Ernst der Eiserne zur 
Schlichtung der Händel seines Bruders, Friedl mit der leeren 
Tasche, in Tirol war, jagte er an der Tiroler Grenze gegen 
Mittenwald und traf mit seinem bayerischen Vetter Ludwig 
und dessen Gefolge zusammen. Bei dieser Jagd im Scharnitz- 
grund wollte er einen ungeheuren Eber, welcher bereits einen 
Pfeil im Leibe stecken hatte, mit der Schweinsfeder anlaufer 
lassen, wobei jedoch die Schweinsfeder entzwei sprang. In 
diesem gefährlichen Augenblicke, wo der Herzog wehrlos 
dem erbosten Ungeheuer gegenüber war, schwirrte es in der 
Luft und ein schwerer Wurfspiess durchbohrte das rünstige 
Unthier bis an des Schlundes hurtig pustende Wandungen. 
Das Unthier wandte sich und der Herzog fand Zeit, seinen 
Dolch zu zücken und denselben mit Aufwand ailer Kraft bis 
ins Herz zu bohren, worauf es zusammenbrach und bald 


128) Prugger, Chronik von Feldkirch p. 23. 


— 164 — 


verendete, Vor den Augen des Herzogs erschien auf edlem 
Zelter des Herzogs Gemalin Cimburgis von Massovien, welche 
durch kühnen und sicheren Speerwurf den Herzog gerettet 
hatte.“ — Auf den am 24. Jänner 1520 in Innsbruck ab- 
gehaltenen Landtage wurde beschlossen, 6° „das roth und 
schwarz Wildpräth zu jagen solle allen verbothen sein“ u. s. w., 
Anno 1590 ist zu Innsbruck in April durch Erzherzog im 
Namen Ihrer Majestät etc. der Landtag gehalten und be- 
schlossen worden, 10° über der Gerichter Kuefstein und Kitz- 
bichel Beschwerde wegen Menge der Wildschwein solche 
schiessen zu lassen. Desgleichen wird Anno 1590 auf dem 
Landtage in Innsbruck 11° des roth und schwarze Wildpräth 
wegen verursacheuden grossen Schaden zu schiessen erlaubt 
und 1594 am 11. Februar ist „landesfürstl. Resolution erfolgt, 
des Inhaltes: Texto: Schwarzwildbräth solle jeder Zeit zu 
fällen der Jägerey anbefolchen werden“ (Arch. f. Süddeutsch- 
land I, p. 301 u. 347; I. 312 u. 314.) Ueber ein 
noch viel späteres Vorkommen gibt folgende Instruction 
vom 24. Februar 1620, welche unter dem tirolischen Landes- 
fürsten Erzherzog Leopold dem Forstverwalter an der Etsch 
im Burggrafenamte und in Vintschgau Wolfgang Franzin er- 
theilt worden war Aufschluss. In derselben wird diesem unter 
anderem aufgetragen, „oft im Jahr theils selbst, theils durch 
die Forstknechte zu erforschen, wie viel Wildschweine und 
anderes Wildpret an der Etsch vorhanden sei, und so oft 
er’s für nöthig halten würde, zu jagen, es dem Oberstjager- 
meister anzuzeigen.“ — In Tirol wurde nach Staffler (11 
p. 310) der letzte Eber im Jahre 1700 in der Gegend der 
Reisäcker bei Kaltern erlegt, weshalb diese heute noch 
Sauacker(anger) heissen, 


Inhalt. 


Vereinsnachrichten. 


I. . Bericht über die im Jahre 1886/87 vom Vereine ab- 
gehaltenen Sitzungen . - » : 
Derselbe bringt Ausziige von den fulgenden! en 
K. v. Dalla Torre, über einige interessante Thiere 
der Fauna Tirols . 

L. Pfaundler, Notizen über Vipers wane ee 
laevis und Coluber natrix . 5 > 2 

O0. Stolz, Ueber Convergenz und Divergenz rein periodi- 
scher Kettenbrüche - 

5 Nicoladoni, über Scoliose äurch iedhins 
O. Stolz, Bemerkungen zur Theorie der Funktionen von 
mehreren unabhängigen Veränderlichen - 

II. Verzeichniss der Akademien, Gesellschaften, Institute 

und Redactionen, mit denen der naturwissenschaftlich- 
medicinische Verein in Tauschverbindung steht 

III. Personalstand des Vereines 


Abhandlungen. 


V. v. Dantscher, Bemerkungen zur Theorie der irrationalen 
Zahlen : 
V. v. Dantscher, zur oF aaeribelion Darstellung ales Wanalı 
algebraischer Gleichungen 
. Schuchter, Bericht der syphilitisch - emetölognehbn 
atk des Prof. Dr. Ed. Lang in Innsbruck fiir das Solar- 
jahr 1886 
K. W. v. Dalla Torre, die Meviapaden Tirols, 
K. W. v. Dalla Torre, die Säugethierfauna von Tirol a 
Vorarlberg 


Seite 


III 


III 


XVI 


XVII 
XX 


XXVI 


XXII 
XXXVII 


103 


BERICHTE 


naturwissenschaftlich - medizinischen 


VEREINES 


INNSBRUCK. 


INNSBRUCK. 


Druck und Verlag der Wagner’schen Universitäts-Buchhandlung. 


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